Protokoll-Nr. 19/47

19. Wahlperiode Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Wortprotokoll der 47. Sitzung

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Berlin, den 27. Mai 2020, 09:30 Uhr Marie-Elisabeth-Lüders-Haus - Anhörungssaal - (3.101)

Vorsitz: Dr. , MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

Tagesordnungspunkt 1 Seite 8 a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Federführend: Ausschuss für Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation stärken – Technikfolgenabschätzung Strukturen sichern, neue Möglichkeiten schaffen Mitberatend: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend BT-Drucksache 19/16044 Ausschuss für Kultur und Medien Ausschuss Digitale Agenda Haushaltsausschuss Berichterstatter/in: Abg. Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU] Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD] Abg. Dr. Marc Jongen [AfD] Abg. Dr. h. c. [FDP] Abg. Dr. [DIE LINKE.] Abg. Dr. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

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b) Antrag der Abgeordneten Dr. h. c. Thomas Federführend: Ausschuss für Bildung, Forschung und Sattelberger, , Dr. Technikfolgenabschätzung (Rhein-Neckar), weiterer Abgeordneter und der Mitberatend: Fraktion der FDP Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Kultur und Medien Echte Wissenschaftskommunikation – Ausschuss Digitale Agenda Glaubwürdig und beteiligungsstark Berichterstatter/in: Abg. Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU] BT-Drucksache 19/17517 Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD] Abg. Dr. Marc Jongen [AfD] Abg. Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP] Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE.] Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Abercron, Dr. Michael von Erndl, Thomas Albani, Stephan Grotelüschen, Astrid Altenkamp, Norbert Maria Heilmann, Thomas Benning, Sybille Henke, Rudolf Gienger, Eberhard Irmer, Hans-Jürgen Kaufmann, Dr. Stefan Lenz, Dr. Andreas Kemmer, Ronja Loos, Bernhard Magwas, Yvonne Pantel, Sylvia Mannes, Dr. Astrid Radomski, Kerstin Rupprecht, Albert Schmidtke, Dr. Claudia Schipanski, Tankred Schön, Nadine Staffler, Katrin Sorge, Tino Stefinger, Dr. Wolfgang Steiniger, Johannes Steier, Andreas Vaatz, Arnold Tiemann, Dr. Dietlind SPD Bahr, Ulrike Bas, Bärbel Diaby, Dr. Karamba Felgentreu, Dr. Fritz Esdar, Dr. Wiebke Gerdes, Michael Fahimi, Yasmin Glöckner, Angelika Kaczmarek, Oliver Herzog, Gustav Paschke, Markus Katzmarek, Gabriele Röspel, René Nietan, Dietmar Rossmann, Dr. Ernst Dieter Rabanus, Martin Völlers, Marja-Liisa Schulz (Spandau), Swen AfD Espendiller, Dr. Michael Hampel, Armin-Paulus Frömming, Dr. Götz Heßenkemper, Dr. Heiko Höchst, Nicole Kleinwächter, Norbert Jongen, Dr. Marc Pasemann, Frank Reichardt, Martin Peterka, Tobias Matthias FDP Brandenburg (Rhein-Neckar), Dr. Jung, Dr. Christian Jens Neumann, Dr. Martin Brandenburg (Südpfalz), Mario Seestern-Pauly, Matthias Dassler, Britta Katharina Suding, Katja Heidt, Peter Ullmann, Dr. Andrew Sattelberger, Dr. h. c. Thomas DIE LINKE. Bull-Bischoff, Dr. Birke Domscheit-Berg, Anke Gohlke, Nicole Freihold, Brigitte Pellmann, Sören Lenkert, Ralph Sitte, Dr. Petra Müller (Potsdam), Norbert BÜNDNIS 90/DIE Christmann, Dr. Anna Ebner, Harald GRÜNEN Gehring, Kai Hajduk, Anja Stumpp, Margit Kotting-Uhl, Sylvia Walter-Rosenheimer, Beate Rüffer, Corinna fraktionslos Mieruch, Mario

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Teilnehmende Sachverständige

Name Institution Prof. Dr. Peter-André Alt Präsident der Hochschulrektorenkonferenz

Prof. Dr. Antje Boetius Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Vorsitzende des Lenkungsausschusses von Wissenschaft im Dialog

Dr. Stefan Brandt Direktor Futurium Berlin

Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, Halle

Nicola Kuhrt Vorstandsmitglied WPK - Die Wissenschaftsjournalisten Wissenschafts-Pressekonferenz e. V., Köln

Beatrice Lugger Geschäftsführerin und Direktorin des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik), Karlsruhe

Dr. Steffi Ober Initiatorin und Leiterin des Projektes Forschungswende, Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende, Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW e.V.), Berlin

Volker Stollorz Science Media Center Germany gGmbH, Köln

Dr. Jan-Martin Wiarda Wissenschafts- und Bildungsjournalist

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Angeforderte Stellungnahmen Ausschussdrucksachen 19(18)192a Dr. Jan Martin Wiarda, Wissenschaftsjournalist 19(18)192b_neu Hochschulrektorenkonferenz 19(18)192c_neu Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation 19(18)192d Science Media Center Germany g GmbH 19(18)192e Futurium 19(18)192f Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende 19(18)192g Wissenschaftspressekonferenz (WPK) 19(18)192h Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften 19(18)192i Alfred-Wegner-Institut, Wissenschaft im Dialog

Unangeforderte Stellungnahme

Ausschussdrucksache

19(18)214 Prof. Dr. Annette Leßmöllmann, KIT-Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften, Institut für Technikzukünfte, Department für Wissenschafts- kommunikation

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Sprechregister Abgeordnete

Seite CDU/CSU

Dr. Stefan Kaufmann 17

Albert Rupprecht 31

Stephan Albani 31

Katrin Staffler 32

SPD

Dr. Ernst Dieter Rossmann 18, 32

Oliver Kaczmarek 32

AfD

Dr. Marc Jongen 19

Dr. Götz Frömming 32

FDP

Dr. Thomas Sattelberger 19

Peter Heidt 33

DIE LINKE.

Dr. Petra Sitte 20, 33

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dr. Anna Christmann 20, 34

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Sprechregister Sachverständige

Seite

Prof. Dr. Peter-André Alt 9, 21, 34

Prof. Dr. Antje Boetius 10, 22, 35

Dr. Stefan Brandt 11, 36

Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug 12, 23, 37

Nicola Kuhrt 13, 24

Beatrice Lugger 14, 25, 38

Dr. Steffi Ober 15, 26, 38

Volker Stollorz 16, 27, 39

Dr. Jan-Martin Wiarda 16, 29, 40

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Tagesordnungspunkt 1 Frau Beatrice Lugger, Geschäftsführerin und Direktorin des Nationalen Instituts der a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Wissenschaftskommunikation in Karlsruhe, Frau Dr. Steffi Ober, Initiatorin und Leiterin der Wissenschaftskommunikation stärken – Zivilgesellschaftlichen Plattform Strukturen sichern, neue Möglichkeiten schaffen Forschungswende, Vereinigung Deutscher BT-Drucksache 19/16044 Wissenschaftler in Berlin. Ich begrüße ebenfalls Herrn Volker Stollorz, Science Media Center

Germany gGmbH, Köln und last but not least b) Antrag der Abgeordneten Dr. h. c. Thomas Herrn Dr. Jan-Martin Wiarda, Wissenschafts- und Sattelberger, Katja Suding, Dr. Jens Brandenburg Bildungsjournalist. Dann ist also doch ein (Rhein-Neckar), weiterer Abgeordneter und der Journalist heute hier mit von der Partie. Fraktion der FDP Vielen Dank zunächst einmal den Echte Wissenschaftskommunikation – Sachverständigen dafür, dass Sie sich heute die Glaubwürdig und beteiligungsstark Zeit genommen haben, hier bei uns mitzuwirken, physisch vor Ort zu sein. Ich bedanke mich auch BT-Drucksache 19/17517 vor allem dafür, dass Sie uns Ihre Stellungnahmen haben schriftlich zukommen lassen. Das hat den Ausschussmitgliedern die Arbeit sehr erleichtert. Der amtierende Vorsitzende : Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass heute meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich nicht der Vorsitzende, Herr Dr. Rossmann, hier begrüße Sie zu unserem öffentlichen sitzt, sondern ich. Herr Dr. Rossmann wollte heute Fachgespräch über Wissenschaftskommunikation. als Berichterstatter aktiv in das Geschehen dieses Ich begrüße nicht nur die Ausschussmitglieder, Fachgespräches eingreifen. Die stellvertretende sondern auch die anwesenden Mitglieder der Vorsitzende, Frau Benning, hat auf ärztliche eingeladenen Ausschüsse sowie alle Gäste und Weisung hin diesen Vorsitz ebenfalls abgegeben. Pressevertreter, die ich momentan allerdings noch Aus diesem Grunde sitzt der lebenserfahrenste nicht so zahlreich erkennen kann. ohne Berichterstattung in diesem Ausschuss vor Ihnen. Ich bedanke mich bei Ihnen für das Die eingeladenen Ausschüsse für dieses heutige Vertrauen und dafür, dass ich heute diesen Fachgespräch sind der Ausschuss für Familie, Ausschuss führen darf. Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für Wirtschaft und Energie, für Kultur und Medien, Zur Strukturierung des Fachgespräches ein paar für die Digitale Agenda und der kurze Anmerkungen. Gemäß einer Haushaltsausschuss. interfraktionellen Vereinbarung werden die Sachverständigen die Gelegenheit haben, ein ca. Ich begrüße ganz besonders unsere dreiminütiges Statement abzugeben. Ich darf Sie Sachverständigen für den heutigen Tag. Diese bitten, diese drei Minuten nicht selbständig zu sind: Prof. Dr. Peter-André Alt, der Präsident der verdoppeln. Der Aufruf wird in alphabetischer Hochschulrektorenkonferenz, Frau Dr. Antje Reihenfolge erfolgen. Boetius, die Direktorin des Alfred Wegener Instituts und Vorsitzende des Die Fragerunden werden nach einer Lenkungsausschusses von Wissenschaft im interfraktionellen Vereinbarung grundsätzlich wie Dialog, Herr Dr. Stefan Brandt, Direktor Futurium folgt gestaltet: Ein Mitglied jeder Fraktion stellt Berlin. Ebenso begrüße ich Herrn Prof. Dr. Gerald pro Fragerunde zwei Fragen. Entweder zwei Haug, Präsident der Deutschen Akademie der Fragen an einen Sachverständigen oder nur eine Naturforscher Leopoldina und Nationale Frage an zwei Sachverständige. Es waren Akademie der Wissenschaften in Halle, Frau ursprünglich zwei Minuten dafür vorgesehen, Nicola Kuhrt, Vorstandsmitglied Die aber jetzt haben wir es doch auf drei Minuten Wissenschaftsjournalisten, erhöht. Das heißt, zunächst wird es eine Runde Wissenschaftspressekonferenz e. V. aus Köln, der Berichterstatter geben und dann die

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Nachfragerunden nach dem sogenannten Neuner- welche Weise man sich auszeichnet. Schlüssel nach der Fraktionsstärke. Das Wissenschaftskommunikation war weniger Fragerecht für eventuell anwesende Abgeordnete, Erklärung von Wissenschaft als Werbung für die nicht Mitglieder dieses Ausschusses sind, Leistung. Das hat sich in den letzten Jahren im richtet sich nach dem Kontingent der jeweiligen Bewusstsein der Hochschulen durchaus Fraktion. Das Ende des Fachgesprächs ist für verändert, ohne dass dieses erste Ziel aufgegeben 12:00 Uhr anberaumt. Es wird ein Wortprotokoll wird. Wissenschaftskommunikation ist stärker in darüber erstellt. Das Fachgespräch wird im den Modus des Erklärens gegangen. Die Parlamentsfernsehen übertragen und ist danach Hochschulen haben in dieser Hinsicht eine im Internet über die Mediathek des Bundestages doppelte Funktion. Sie produzieren Wissen, das abzurufen. Gegebenenfalls können einzelne Teile sie erklären müssen. Sie qualifizieren aber auch in der Presse zitiert oder auch als O-Ton junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, verwendet werden. denen sie vermitteln müssen, auf welche Art und Weise ihre Erkenntnisse an die Öffentlichkeit Zudem sind aufgrund der Covid-19 bedingten gelangen und wie sie diese Erkenntnisse erläutern Abstandsregeln im Saal von den Fraktionen einige können. Mitglieder gebeten worden, die Sitzung über das Parlamentsfernsehen oder – wenn sie sich an den Diese Qualifizierungsaufgabe gehört zu den Fragerunden beteiligen wollen – über Webex zu zahlreichen neuen Aufgaben, die das verfolgen. Hochschulsystem übernehmen muss. Man muss offen sagen, dass sie noch nicht verbindlich im Für den Fall, dass jemand im Rahmen eines Aufgabenkanon der Hochschulen verankert ist. Redebeitrags über Webex zugeschaltet wird, muss Viele Hochschulen haben bereits Programme für eine möglicherweise bei dem Teilnehmer parallel die Qualifizierung im Bereich der laufende Liveübertragung der Sitzung über das Wissenschaftskommunikation etabliert, aber das Parlamentsfernsehen lautlos geschaltet werden, da ist noch nicht flächendeckend und im ansonsten Rückkopplungen entstehen. Im Übrigen ausreichenden Maße geschehen. Qualifizierung zur Erinnerung noch Hinweise zur Nutzung von für die Wissenschaftskommunikation ist eine Webex im Saal. Bitte das Mikrophon und die Aufgabe, die sich nicht nur an die jungen Lautsprecher der Endgeräte zu Beginn der Sitzung Doktorandinnen und Doktoranden richtet, stummschalten, eben wegen dieser sondern eine Aufgabe, die ebenso auch für andere Rückkopplungen. Im Saal erfolgt die Beratung wie Karrierestufen, auch für die schon im gewohnt über die Saalmikrophone und die Karrieresystem weiter Gekommenden, eine Saallautsprecher. wichtige Aufgabe ist. Das schließt ein, dass wir Die Vorlagen im Übrigen, aber das wissen Sie mehr Studiengänge für selber, liegen draußen aus. Wissenschaftsjournalismus brauchen. Hier ist ein außerordentliches Defizit zu konstatieren. Ich bin Nun darf ich übergehen und das öffentliche der Meinung, dass wir ein hohes Fachgespräch offiziell eröffnen und darf Herrn Entwicklungspotential haben. Professor Dr. André Alt um sein dreiminütiges Statement bitten. In die Curricula muss das Thema Wissenschaftskommunikation ab dem Master und Prof. Dr. Peter-André Alt (Hochschulrektoren- gerade auch in den Promotionsprogrammen konferenz): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Aus unbedingt eingebracht werden. Es muss dort fest der Perspektive der Hochschulen, die ich als verankert werden. Das schließt ein, dass es Präsident der Hochschulrektorenkonferenz zusätzliche Finanzquellen geben muss. Die vertreten darf, acht Punkte. Hochschulen haben damit eine weitere Das Erste: Wissenschaftskommunikation war für Zusatzaufgabe zu übernehmen, die sie nicht ohne die Hochschulen lange Zeit institutionelle Weiteres stemmen können. Kommunikation, vorrangig mit dem Ziel, die Wissenschaftskommunikation war für die eigenen Leistungen darzustellen und zu zeigen, Hochschulrektorenkonferenz immer ein wichtiges was man im Wettbewerb geschafft hat und auf Thema. Sie hat sich für das PUSH-Memorandum

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engagiert. Sie hat damals Wissenschaft im Dialog werden. Dazu braucht es ebenso eine (WiD) mitgegründet. Sie hat über viele Jahre den unabhängige äußere Kraft jenseits der Preis für Hochschulkommunikation vergeben – Wissenschaft als Korrektiv – den mit zwei großen Stiftungen, der Zeit-Stiftung und Wissenschaftsjournalismus. Die Frage ist: Wie der Bosch-Stiftung. Wir sind der Auffassung, dass kann dieses System der Wissenschaftskommunikation in Zukunft sehr Wissenschaftskommunikation insgesamt am viel stärker jenseits der Frage, wie erklärt man besten gefördert werden? Wenn man schaut, Inhalte, auch auf das Thema „Was ist eigentlich welche übergreifenden Akteure es gibt, wie eine wissenschaftliche Haltung, eine Wissenschaft im Dialog, NaWik, Science Media wissenschaftliche Methode, ein Center, aber auch andere. Es sind nur wenige – wissenschaftlicher Streit, was sind Formen des man kann sie an einer Hand abzählen. Sie sind wissenschaftlichen Diskurses?“ abstellen muss. gut abgestimmt, kooperieren und geben die ganze Nicht zuletzt auch, um Missverständnissen zu Zeit Angebote, schaffen Experimentierräume, begegnen. Wissenschaftlicher Streit ist nichts, arbeiten an Methoden, aber nichts ist wirklich was Wissenschaft in ihrer Qualität herabsetzt. nachhaltig. Die meisten der Akteure werden Unterschiedliche Positionen heißen nicht, dass projektförmig gefördert. Es ist an der Zeit, dass einer die Wahrheit sagt und der andere lügt. die Hochschulen verlässliche Partner haben – Wissenschaft ist kein Glaubensartikel, kein außeruniversitäre, aber auch journalistische – die Mythos, kein Ritual, sondern eine rationale in mindestens einer ebenso schnellen medialen Angelegenheit. Das ist ein wichtiges Thema auch und geschäftsmodellartigen Transformation sind. in Zukunft für die Wissenschaftskommunikation. Es braucht Partner und langfristige Unterstützung. Daher würden wir von Wissenschaft im Dialog, Dr. Antje Boetius (Alfred Wegener Institut, aber auch von der Helmholtz-Gemeinschaft gerne Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung): Ich unterstützen wollen, dass unabhängige würde da genau anschließen. Unterstützer der Wissenschaftskommunikation – Wissenschaftskommunikation ist also ein Teil der die viel mehr ist, als sich selbst darzustellen, als Leistung der Wissenschaft neben Forschung, zu erklären, wie Herr Alt sagt – dass diese Lehre, Infrastruktur-Methodenentwicklung – also gesichert ist und sich entwickeln kann, dass man auch Teil des Transfers. Da setzt das Papier des langfristige Strategien mit Bürgerinnen und BMBF an, zu sagen: In der Wissenschaft muss Bürgern abstimmen kann. klar sein, dass der Transfer – also sich von innen nach außen zu wenden – ein Element ist, was mit Diese Absicherung einer Leistung durch gefördert werden muss aus der Wissenschaft langfristige Förderung ist unerlässlich. Sie hat vor heraus. Die Papiere, die Sie selbst vorgelegt allen Dingen mit systemübergreifender haben, die Fraktionen CDU/CSU, SPD und FDP, Zusammenarbeit und Qualitätssicherung zu tun. fragen: Wie muss das gefördert werden? Wie kann Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen das gestärkt werden in Zeiten, wo man arbeitet und spricht zusammen, aber es ist ein niemanden erklären muss, dass es die großer Unterschied zu einer Institution, die Kommunikation über jegliche Form von Wissen unterstützen kann, die einzelne Angebote schafft, und über das Ableiten von Lösungen geben muss. z. B. für den Einzelnen, der die ersten Schritten In einer Zeit, wo die Probleme immer stärker macht, über vielfältige Kanäle in der wachsen und komplexer sind. Wie wird das Wissenschaftskommunikation zu arbeiten bis hin gefördert? In meiner Stellungnahme würde ich zur elementaren Sicherung der Qualität. gerne vor allen Dingen auf die Frage der Stärkung Bei der Förderung von innovativen Ansätzen in von Unterstützung guter der Wissenschaftskommunikation sieht es noch Wissenschaftskommunikation eingehen. Es ist eng aus. Die Bereiche, wo Wissenschaft auf klar, dass entlang des Ausbildungsweges, gerade andere Formen von Wissen trifft – sagen wir für die, die überlegen, sich vielleicht im Bereich einmal Kunst, Kultur, Medien oder auch der Kommunikation zu professionalisieren, eine Wirtschaft – sind ganz dünn. In diesem Bereich Anzahl von Angeboten vorhanden sein muss. gibt es praktisch keine strategisch arbeitende Gleichzeitig müssen entlang des öffentliche Hand. Es gibt Stiftungen die Ausbildungsweges Experimentierräume gestellt

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ausprobieren, aber wenn diese einmal schon gesagt, es wird darauf ankommen, wegbrechen, dann liegt das Feld brach. Daher Wissenschaft als Prinzip, als Haltung zu habe ich als letzten Punkt noch einmal die vermitteln. Denn guter Wissenschaft geht es nicht Forderung, die eigentlich Ihre Papiere unterstützt: nur um richtig oder falsch. Sie ist keine reine Wir sollten systemisch auf die Frage der Ergebnislieferantin, wie sich das vielleicht Wissenschaftskommunikation als wesentlicher manche Medien vorstellen. Es geht ihr um die Teil vom Transfer schauen. Es ist sogar so, dass Wahrhaftigkeit in einer durch Neugier die Wertschöpfung der angetriebenen, nie endenden Suche um Wissenschaftskommunikation als Teil von Transparenz, um Offenheit für sachliche Kritik. Transfer vielen noch nicht einmal klar ist. Wir Das unterscheidet sie am Ende dann auch von Außeruniversitären, wenn unser Transfer Ideologie und Verschwörungstheorien. Ich gemessen wird, dann werden Patente gezählt oder glaube, eine zentrale Rolle bei der Vermittlung andere Dinge. Aber wir haben gar keine dieses – ja, man kann sagen – demokratischen Möglichkeit, die Leistung und die Veränderung Potentials von Wissenschaft hat ein starker der Wissenschaftskommunikation zu evaluieren, Wissenschaftsjournalismus. Die reflexiv zu betrachten und unsere Leistung so Arbeitsbedingungen sind freilich nicht leichter darzustellen, dass jeder, der die Wissenschaft geworden und es sollte deshalb – das möchte ich fördert oder das Business-Modell im Draußen auch aus Sicht des Futuriums unterstützen – pflegt, klar weiß, dass Wissenschaftsjournalismus ergebnisoffen geprüft werden, wie unter Wahrung wirkt. inhaltlicher Unabhängigkeit finanziell gefördert werden kann. Kriterien für gute Wissenschaftskommunikation zu erarbeiten, gehört grundsätzlich zu diese Im Positionspapier habe ich dargelegt, dass sich Strategie dazu. Ansonsten ist unsere Bitte, auf die das Futurium als Haus der Zukünfte einer offenen langfristige Förderung dieser wenigen Akteure zu Wissenschaftskommunikation verschrieben hat. achten. Wir hatten in den ersten sechs Monaten seit der Öffnung über 500 000 Besucherinnen und Dr. Stefan Brandt (Futurium): Vielen Dank für die Besucher. Aus den Erfahrungen dieser Einladung und dafür, dass ich hier aus der Eröffnungsphase lassen sich einige Schlüsse für Perspektive von Publikumsinstitutionen, die sich den weiteren Ausbau der mit Zukunftsthemen, mit Wissenschaftskommunikation in Wissenschaftskommunikation beschäftigen, Publikumshäusern ziehen. Darauf möchte ich einige Punkte beisteuern kann. Wie die Umfragen mich konzentrieren. Sie sind in dem Sinne derzeit zeigen, befindet sich die Wissenschaft im Ergänzungen zu den Überlegungen der Zuge der Corona-Krise offenbar in einem Regierungsfraktionen und der FDP, die Vertrauenshoch. Die grundsätzlich sehr begrüßenswert sind. Zum Wissenschaftskommunikation hat einen Schritt Ersten geht es mir um eine Vorwärtsstrategie für nach vorne gemacht. Erstmals überhaupt, glaube diese Publikumsinstitutionen. Da denke ich bei ich, traten Wissenschaftlerinnen und weitem nicht nur an das Futurium, das natürlich Wissenschaftler so stark in die Öffentlichkeit, wie weiter ausgebaut werden sollte, etwa durch wir das jetzt gesehen haben. Aber das heißt mobile Formate für die Fläche oder auch eine natürlich nicht, dass wir in puncto Ausbau der erweiterte digitale Plattform. Nein, ich denke Wissenschaftskommunikation jetzt die Hände in auch an ein Förderprogramm für die vielen den Schoß legen können. Es ist zum einen noch beispielweise Naturkunde- und Technikmuseen völlig offen, wie stabil diese Vertrauensbasis oder deutschlandweit. Das sind hunderte, die könnten das gestiegene Vertrauen überhaupt ist und zum zu Zentren moderner anderen bedeuten diese hohen Reichweiten Wissenschaftskommunikation weiterentwickelt einiger Top-Wissenschaftlerinnen werden. Dort kann man sich dann auch über und -Wissenschaftler noch nicht, dass damit Zukunftsfragen austauschen. Das schließt schon ein Verständnis für Forschung, für Partizipation ausdrücklich mit ein. wissenschaftliche Herangehensweisen geschaffen ist. Deshalb glaube ich, das hatten einige vorhin Zweitens zeigt die Corona-Krise, dass es nicht

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ausreicht, nur Inhalte einer wissenschaftlichen Zusammenhängen und um die Schaffung eines Disziplin zu transportieren und zu institutionellen, übergreifenden Referenzraums kommunizieren. Interdisziplinarität ist extrem für diese drängenden gesellschaftlichen und wichtig. Ich glaube, sowohl was Projekte selber, politischen Fragen. Der muss verlässlich sein, der aber auch die Kommunikation darüber angeht, ist muss maximal unabhängig sein, der muss geprägt es wichtig, dass wir sein von wissenschaftlicher Exzellenz. Es ist doch Wissenschaftskommunikation interdisziplinär sehr heterogen teilweise, was wir hören. Er muss denken. transparent und völlig frei von Partikularinteressen sein. Dazu rekrutiert die Drittens geht der Blick auch über die Grenzen des Leopoldina Arbeitsgruppen weltweit Wissenschaftsbetriebs hinaus. Formate an der herausragender Wissenschaftlerinnen und Schnittstelle von Forschung und Kunst zeigen, Wissenschaftler. Wir arbeiten international mit dass man sich wissenschaftliche Inhalte auch auf unseren Partnerakademien und auch national einer emotionalen Eben erschließen kann. Solche sehr eng zusammen, auch mit weiteren spartenübergreifenden Ansätze könnte man durch Einrichtungen wie der Deutschen gemeinsame Programme von BMBF und BKM Forschungsgemeinschaft oder dem Deutschen gezielt fördern. Um es auf den Punkt zu bringen: Ethikrat usw. So können wir Institutionen Mut zum Risiko ist gefragt. Wir brauchen gerade disziplinübergreifend Erkenntnisse integrieren beim Kommunizieren von Wissenschaft und zu wichtigen Themen der Gesellschaft wie Disruption und Sprunginnovation, dann kann die dem Klimawandel, Gentechnik, Artenvielfalt gegenwärtige Krisenzeit zum Impuls für eine Stellung nehmen. nachhaltige Weiterentwicklung von Wissenschaftskommunikation werden. Kritik. Der sehr geschätzte Kollege aus dem BMBF hat mir einmal vor einiger Zeit sehr drastisch Dr. Gerald Haug (Deutsche Akademie der erklärt: Ihr seid häufig viel zu lahm. Wir müssen Naturforscher Leopoldina, Nationale Akademie diese Beratung beschleunigen und schneller, der Wissenschaften): Vielen Dank Herr prägnanter, klarer werden. Natürlich immer ohne Vorsitzender. Die Rolle der Wissenschaft, ihre die Qualität unserer Papiere, unserer Arbeit zu Ergebnisse, die wissenschaftsbasierte Politik- und verlieren. Wir sind dabei, eine Pilotgruppe Gesellschaftsberatung, das Verständnis dafür, wie einzurichten – das hatten wir einmal rapid policy Forscherinnen und Forscher arbeiten, gehören advice genannt –, die binnen kurzer Zeit Politik zum Fundament einer informierten und und Gesellschaft zu bestimmten entscheidungsfähigen Gesellschaft, gerade in Themenkomplexen beraten, Optionen aufzeigen einer Zeit, wo wir ein sehr starkes Wachstum an und Empfehlungen aussprechen kann. Beispiele wissenschaftlicher Erkenntnis haben. Im Moment dafür waren im letzten Jahr unsere geht es manchmal um das Tagesgeschäft, das Stellungnahmen zur sauberen Luft oder zu den relevant wird, was aber eigentlich nicht so unser Klimazielen 2030 oder jetzt diese ad hoc- Stil ist. Bei einer zunehmenden Komplexität der Stellungnahmen zur Corona-Pandemie. Zwischen Forschungsergebnisse müssen diese eingeordnet, 10.00 und 11.00 Uhr läuft jetzt vermutlich gerade kritisch hinterfragt und das Thema vermittelt eine zum großen Thema Gesundheitssystem über werden. Das geht nur in einem engen den Ticker. Zusammenspiel zwischen Wissenschaft, Gesellschaft, Politik, aber auch im sehr starken, Der Wissenstransfer muss reflektiert sein. Es hochqualifizierten, unabhängigen bedarf immer der Selbstvergewisserung der Wissenschaftsjournalismus. Auch mit Blick auf Wissenschaft im Spannungsfeld zwischen die neuen sozialen Medien. Autonomie und Politik. Wir sehen eine Stärkung der Kommunikationskompetenz als entscheidend Als Nationale Akademie der Wissenschaften an, aber wichtig ist, Anreize zu schaffen und haben wir fünf Punkte aufgeschrieben, wo wir keinen Zwang. Nicht alle Kolleginnen und Beiträge leisten können. Der Wichtigste ist Kollegen sind gleich talentiert. Manche können vielleicht: Wir können einen Referenzraum ganz toll rechnen, aber sind nicht die besten schaffen. Es geht immer wieder um das Kommunikatoren. Das ist wichtig. Betrachten von interdisziplinären

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Last but not least ist es ganz entscheidend, den Großereignis, bei der nächsten größeren Welle, Wissenschaftsjournalismus stark und unabhängig die hoffentlich nicht kommt, wird zu fördern. Die Leopoldina gibt hier verschiedene systemrelevante Arbeit von Unterstützungen. Die Wissenswerte unterstützen Wissenschaftsjournalisten in der Form nicht mehr wir, die Wissenschaftspressekonferenz usw. Ich möglich sein, weil es viele Kolleginnen und möchte vielleicht einmal beispielhaft ein Event Kollegen nicht mehr gibt. erwähnen, das mir ganz große Freude machte. Mit Ich will aber nicht nur jammern. Ich möchte Volker Stollorz hatten wir am 13. Februar 2020, natürlich ein bisschen in die Zukunft gucken, nachdem wir eine Woche vorher mit der weil es auch Bestrebungen gibt, Strukturen Chinesischen Akademie der Wissenschaften über aufzubauen und neue Modelle zu finden. Das Corona gesprochen hatten, ein Corona-Gespräch sind zum Beispiel Indie-Startups, Blogs, Podcasts, gemacht mit Lothar Wieler, Christian Drosten, Online-Magazine wie „Übermedien“, Hajo Krömer. Das fand ich, war beispielhaft. Und „RiffReporter“ oder auch „MedWatch“, wenn ich damit bin ich am Ende, Herr Vorsitzender. das einmal so sagen darf. Sicherlich sind das Nicola Kuhrt (WPK - Die Nischenprodukte, aber wir erfüllen einen großen Wissenschaftsjournalisten Wissenschafts- Informationsbedarf. Das finanziert sich über Pressekonferenz): Ich werde mich bemühen, die Abos, die die Leser bei Plattformen wie „Steady“ drei Minuten zu schaffen. Ich freue mich sehr, für abschließen. Ein Beispiel, das schon oft genannt die WPK – das ist der Verband der wurde, ist das Science Media Center (SMC), das Wissenschaftsjournalisten in Deutschland – als gerade in der Corona-Krise gezeigt hat, wie Medizinjournalistin meine Einschätzung wichtig es ist. Weitere Ideen gibt es zur Genüge. abzugeben, wie man den Was immer fehlt, ist das Geld, diese umzusetzen, Wissenschaftsjournalismus stärken kann und zu beginnen, anzudenken, die Transformation sollte. Derzeit bewegt sich der überhaupt zu entwickeln und weiter zu starten. Wissenschaftsjournalismus in einer ziemlich Wir wissen aus vielen paradoxen Lage. Auf der einen Seite wird ihm kommunikationswissenschafltichen höchste Systemrelevanz attestiert, die Untersuchungen, dass Strukturen für Pioniere in Öffentlichkeit reagiert mit großer Nachfrage auf Deutschland fehlen. Das war die Idee auch für die wissenschaftsjournalistische Beiträge, aber der Wissenschaftspressekonferenz, die Gründung Journalismus funktioniert nicht nach den einer Stiftung anzuregen. Wir schlagen vor, dies üblichen Regeln des Marktes. Das aktuelle zu tun, um Anschubfinanzierungen zu leisten für Geschäftsmodell des Journalismus krankt schon zum Beispiel journalistische Startups, seit langem. Eine wachsende Nachfrage führt Inkubatoren, um Prozesse zu starten. somit nicht unbedingt zu größeren Einnahmen bei Entscheidend ist immer die Unabhängigkeit des den Medienhäusern, den Verlagen. So beginnen Journalismus. Ich weiß, dass bei dem Vorschlag die Verlage trotz steigender Klicks und viele gezuckt haben und noch zucken. Ich bin fest Verkaufszahlen zu sparen. Es gibt davon überzeugt, dass es möglich ist, den Kurzarbeitsmodelle und es werden teilweise auch Journalismus in diesem Stiftungsmodell Ressorts geschlossen. Weitere Verlage gehen unabhängig anzulegen. Beispiele dafür gibt es davon aus, dass sie im Herbst spätestens international. Es ist nicht so, dass das nur in Mitarbeitende kündigen müssen. Im Zuge der Deutschland stattfindet. Zum Beispiel in den Corona-Krise werden auch komplette Budgets Niederlanden, in Kanada, in Australien oder auch gestrichen, gerade im Rundfunk. So erfolgt mit in Österreich. Die Stadt Wien hat gerade eine der Corona-Krise auch ein Abbau der Qualität im Förderinitiative ausgeschüttet, 2,5 Millionen für Journalismus. Direkt betroffen sind auch viele 23 innovative Medienprojekte. Für mich wird freie Journalisten – und viele sich zeigen und für uns alle auch, wo der Wissenschaftsjournalisten sind freie Journalisten. Wissenschaftsjournalismus landet und wie man Es gibt eine prekäre Lage, die Aufträge gehen ihn auf die nächste Stufe heben kann. Ich finde, zurück oder bleiben ganz aus. Es gibt zwar wir sollten – Herr Brandt sagte das auch schon – Nothilfefonds, die sind aber schon relativ leer. mutig sein. Ich bin es auch. Vielen Dank. Um es ganz klar zu sagen: Beim nächsten

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Beatrice Lugger (Nationales Institut für Forschenden brauchen. Sie wollen neben Wissenschaftskommunikation (NaWik)): verständlicher Kommunikation beispielsweise Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. Ich werde auch wissen, wie eine dialogorientierte mich jetzt auch noch einmal insbesondere auf die Kommunikation gelingen kann, die ein Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der hineinhorchen in die Gesellschaft ermöglicht. Kommunikation, ihre Rolle in der Öffentlichkeit Oder sie wollen wissen, was man in der und auf Stakeholder und natürlich auf Kommunikation alles falsch machen kann. Sie Wissenschaftsjournalisten konzentrieren. Ich wollen wissen, wie man Unwissenheiten schließe mich ganz stark den Worten von Herrn kommunizieren kann und wie sie Alt und Frau Boetius an. Und zwar aus folgendem wissenschaftlichen Konsens als Thema vermitteln Grund: Die kommunizierenden können. Solche Qualifikationsmodule müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben meines Erachtens zwingend Hand in Hand mit in diesem Gefüge eine sehr zentrale Rolle, denn der Vermittlung von Wissenschaftsethik und den sie sind diejenigen, die aus erster Hand über ihre Regeln guter wissenschaftlicher Praxis Forschung berichten oder die stattfinden. Es gilt nämlich, sowohl die Qualität Forschungsergebnisse anderer in ihrem jeweiligen der Forschung als auch die Kommunikation Fachgebiet bewerten können. Sie genießen laut darüber zu stärken. Außerdem benötigen wir Umfragen regelmäßig das höchste Vertrauen und Bewertungssysteme. Wir haben heute vielzählige können somit Vertrauen in Wissenschaft und Formate für einen direkten Austausch von Technik fördern. Das ist gerade in diesen Zeiten Forschenden mit Teilen der Öffentlichkeit, von der lauten wissenschaftskritischen Stimmen von Slams über Bürgerdialoge bis hin zu Instagram. Skeptikern und Verschwörungstheoretikern sehr Wir brauchen daher nicht nur und vor allem wichtig. Das wir in der aktuellen Corona-Krise in deshalb eine weitere nachhaltige Stärkung der Deutschland teilweise so hervorragend transdisziplinären Erforschung von kommunizierende Forschende haben, ist aber ein Wissenschaftskommunikation. Wie wirken diese Glücksfall, denn Aus- und Fortbildung in Teile eigentlich? Warum funktioniert etwas, externer Wissenschaftskommunikation sind warum funktioniert etwas anderes eigentlich immer noch nicht im System verankert. Wir nicht? haben auch keine substanziellen Anerkennungs- Wir brauchen eine Erforschung der Rollen der und Anreizsysteme für ein solches Engagement. verschiedenen Akteure, der Wir können nicht weiterhin auf dieses Wissenschaftsjournalistinnen und Engagement von einzelnen Naturtalenten bauen. Wissenschaftsjournalisten, der Deshalb sind die in den Anträgen der Fraktionen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren sowie skizzierten Ansätze in den Punkten Fortbildung, der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Anerkennung und Anreizsysteme für selbst. Außerdem möchte ich abschließend darauf Kommunikation außerordentlich wichtig und hinweisen, dass es im Übrigen keineswegs neu sollten in der Umsetzung so konkret wie möglich ist, dass sich Wissenschaftlerinnen und mit entsprechenden Zeit- und Finanzbudgets Wissenschaftler an der externen ausdifferenziert werden. Kommunikation muss zu Wissenschaftskommunikation beteiligen. Es gibt einem Merkmal wissenschaftlicher Reputation heute nur neue Möglichkeiten, dies zu tun. werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind Für zentral halte ich den Erwerb von heute über Webseiten und Open Science- Kommunikationskompetenzen innerhalb der Publikationen mit ihren Kontaktdaten sofort wissenschaftlichen Ausbildung – idealerweise erreichbar und werden direkt angefragt. Deshalb curricular, also in den Studiengängen, spätestens sollten alle Forschenden, auch wenn sie nicht aber in der Promotionsphase in den kommunizieren müssen, zumindest wissen, wie Graduiertenkollegs. Wir haben mit unserem Kommunikation mit Nichtexperten und Medien Institut inzwischen über 6 700 Personen- funktioniert. Sie sollten Position beziehen Seminartage in Wissenschaftskommunikation können, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse gegeben. In diesen interaktiven Seminaren infrage gestellt werden, egal ob in klassischen erfahren wir ziemlich genau, was die oder sozialen Medien oder im eigenen privaten

19. Wahlperiode Protokoll der 47. Sitzung Seite 14 von 42 vom 27. Mai 2020

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Umfeld. Vielen Dank. für die Region, für die Kommune, wenn wir Klimapläne für 2030/2050 aufstellen? Was Dr. Steffi Ober (VDW e.V.): Ich komme vom bedeutet das Thema Dekarbonisierung der Objekt Ihrer Wissenschaftskommunikation zum Wirtschaft, was verändert sich für die Subjekt, nämlich der Gesellschaft, den Menschen, Arbeitnehmer und für die Menschen vor Ort? Das die es erreichen soll. Wie passiert das? Sie haben sind gemeinsame Fragen, die wir lösen können. gesagt, Zivilgesellschaftliche Plattform Da erzielen wir sehr viel mehr Wissen darüber, Forschungswende. Nur kurz zu uns. Wir sind wie Wissenschaft funktioniert. Das sehen wir jetzt eine Plattform von Verbänden und zwar von gerade in der Corona-Krise wie unter einem Umweltverbänden über Brennglas. Wissenschaft ist vorläufig. Wir können Entwicklungshilfeverbänden bis hin zu immer quasi nur auf Sicht der Datenlage fahren. Sozialverbänden, die versuchen, ihre eigenen Sie muss sich revidieren. Das sehen wir ganz Mitglieder, ihre eigene Klientel mit schön bei Professor Drosten in seinem Blog, der hineinzunehmen in das System Wissenschaft, die Menschen immer wieder mitnimmt und sagt: Innovation und Forschung, dort vermittelnd tätig Das haben wir eben gestern noch anders bewertet zu sein, damit die Menschen vor Ort viel besser als heute. Heute sind wir ein stückweit schlauer verstehen können, wie Wissenschaft funktioniert und haben wieder mehr Wissen. Wir müssen und sich auch ein Stückchen weit „empowern“ trotzdem unter diesem Menetekel der können, selbst mitmachen können, selbst Vorläufigkeit entscheiden. Auch das ist etwas, Wirksamkeit erleben können, um in diesem was die Gesellschaft lernen muss, was nicht so Wissenschaftstransfer selber aktiv zu werden. Das einfach zu vermitteln ist, aber immer wichtiger funktioniert ganz gut mit Reallaboren oder Citizen wird, gerade angesichts der großen Science, mit transdisziplinärer Forschung, wo es Herausforderungen, vor denen wir stehen. von der Problemdefinition her darum geht, worüber reden wir überhaupt, was ist unser Ich würde gerne noch einmal an Frau Boetius gemeinsames geteiltes Problem, bis hin zur anschließen. Was wir momentan sehen ist, dass Forschung und zur Kommunikation immer beide vieles in diesen Projekten sehr vorläufig ist, aber Seiten mitzunehmen, die Praxispartner, es ist nicht prozedural verankert. Es ist auch nicht diejenigen, die es betrifft, und die Wissenschaft. institutionell abgesichert, auch nicht im Das ist etwas anderes, als Wissenschaftssystem, weil die Wissenschaftskommunikation am Ende der Belohnungssysteme für die Wissenschaftlerinnen Forschung mit aufzusetzen, sondern quasi im und Wissenschaftler sehr auf den Output, der in Prozess die Menschen mitzunehmen und die der Wissenschaft relevant ist – Publikationen, Menschen zu Betroffenen, zu Beteiligten zu Patente – und nicht auf den Transfer für die machen und nicht nur zu Objekten. Gesellschaft gerichtet sind. Vielen Dank. Die Frage, die sich uns stellt, ist: Wie können wir Volker Stollorz (Science Media Center Germany): die Gesellschaft sehr viel besser in den Krisen, Vielen Dank, dass ich hier sein darf. Stellen Sie die wir zu bewältigen haben, mitnehmen? Wir sich kurz vor, der unabhängige Journalismus ist haben nicht nur eine Corona-Krise. Die ist gerade ausgestorben. Es gibt keine unabhängigen aktuell, wir stecken aber immer noch mittendrin Nachrichtenagenturen mehr, erst recht keine in der Frage der Klimakrise, im Verlust der professionellen Redaktionen mit Biodiversität, in der Frage, wie transformieren wir Wissenschaftsjournalisten. Stattdessen gibt es nur unsere Wirtschaft zu einer dekarbonisierten noch mächtige digitale Plattformen für die Wirtschaft? Was uns noch zu ganz anderen massenmediale Kommunikation. Diese stehen Problemen und zu ganz anderen jeder Frau bzw. jedermann mit Herausforderungen bringen wird. Sendungsbewusstsein offen. Hochbezahlte Influencer dominieren in öffentlichen Arenen. Ich sagte zum einen, der Transfer vor Ort ist Klingt das nicht irgendwie auch für die wichtig. In den Gemeinden, in den Kommunen, Wissenschaft sehr verlockend, Botschaften live in den Regionen. Dort wo wir konkret leben, und ohne funktionierende vierte Gewalt können wir sehr viel besser mit Wissenschaft verbreiten zu können? Aber was, wenn irgendwo gemeinsam Angebote machen. Was bedeutet das

19. Wahlperiode Protokoll der 47. Sitzung Seite 15 von 42 vom 27. Mai 2020

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entfernt eine Seuche auftaucht? In einem Staat, Journalismus über Wissenschaften in Zeiten dessen BürgerInnen nicht erfahren sollen, was digitaler Disintermediation und Desinformation wirklich vor sich geht. Die Corona-Pandemie finanziert werden? Als langjähriger Praktiker habe zwingt uns zum kollektiven Gebrauch der ich dazu eine Haltung. Es braucht in diesen Vernunft. Wir sind mehr denn je auf eine den fluiden Zeiten staatliche Ressourcen für mutige Mächtigen gegenüber unbestechliche und integre Pioniere, die mit klugen Experimenten Wissenschaft angewiesen und auf einen erforschen, wie guter Journalismus über unabhängigen und für sein Publikum Wissenschaft sein Publikum erreicht. Staatsferne glaubwürdigen Journalismus über Wissenschaft. Fördermodelle für Journalismus werden derzeit Auf den heutigen digitalisierten Content- in vielen Ländern erkundet. Mit dem Marketing-Märkten herrscht beileibe keine Stiftungsmodell des Verbandes der Knappheit an Daten und Informationshäppchen Wissenschaftsjournalisten (WPK) liegt ein mehr. Aber Daten alleine sind noch keine Entwurf einer möglichen Rechtskonstruktion auf Informationen. Information ist noch kein Wissen. dem Tisch, mit dem die faktische Unabhängigkeit Und Wissen alleine bedeutet längst noch keine aller mit staatlichen Hilfen geförderter klugen Entscheidungen im Interesse aller. Reich Pilotprojekte für den Wissenschaftsjournalismus zu sein, bedeutet heute vor allem, vor garantiert werden könnte. Gerade die Entscheidungen unmittelbar Zugang zum Forschungspolitik könnte bei der ohnehin bestmöglichen Wissen zu haben. Wir wissen notwendigen Neuorganisation des Journalismus nicht erst seit der Corona-Krise, dass sich irrige die Geburt des Neuen fördern. In der freien und wirre Botschaften manchmal viraler Forschung ebenso wie im Fall des freien und verbreiten als verifizierte Tatsachen. Gefühlte unabhängigen Journalismus über Wissenschaft. Wahrheiten erreichen zum Teil enorme Vielen Dank. Reichweiten. Es fühlt sich bildlich gesprochen Dr. Jan-Martin Wiarda (Wissenschafts- und ein bisschen so an, als ob jemand ständig Öl in Bildungsjournalist): Was mich wirklich freut ist, unser Trinkwasser kippt. Der Journalismus als dass – wir können es an dem heutigen Wasserwerk der Demokratie aber zunehmend Fachgespräch sehen, wir können es aber auch an seinen Dienst versagt. Künftig solle doch jeder den vorliegenden Anträgen sehen – sich die im selbst für sauberes Trinkwasser sorgen, sprich vertretenen Fraktionen sehr mehr Medienkompetenz im Umgang mit digitalen problembewusst mit der Frage moderner Inhalten entwickeln, heißt es oft. Aber können Wissenschaftskommunikation auseinandersetzen. wir so saubere Trinkwasserquellen, also Auch das Bundesministerium für Bildung und verlässliches Wissen auch wirklich für alle zur Forschung will ich an der Stelle erwähnen und Verfügung stellen? Brauchen wir nicht dringend das Strategiepapier, das die Debatte befördert hat. mehr Umweltschutz in öffentlichen Ich habe in meiner Vorlage ein „erneut“ stehen. Kommunikationsräumen? Hat das deutsche Es ist schön, dass der Bundestag sich erneut mit Parlament nicht auch den Auftrag der Verfassung dem Thema beschäftigt, es ist aber auch ein in Artikel 5 GG, die Freiheit der Berichterstattung bisschen ein vergiftetes Kompliment. Manches über Wissenschaft zu gewährleisten? Weil auch kommt mir so ein bisschen vor wie ein Dèjá-vu- die Wissenschaft professionelle journalistische Erlebnis. Ich saß hier 2015 schon einmal. Ich Beobachtung braucht. Wir haben es gehört. Es gibt glaube auch einige andere der eingeladenen Güter, die für die Allgemeinheit so unersetzlich Sachverständigen, um über die Gegenwart und sind, dass der Staat bei ihrer Bereitstellung helfen Zukunft der Wissenschaftskommunikation zu darf. reden. Viele der heute diskutierten Meine These ist: Ein freier Gesichtspunkte kommen mir bekannt vor. Wissenschaftsjournalismus ist in der künftigen Passiert ist 2015 im Anschluss relativ wenig. Die Wissensgesellschaft ein ebenso hohes Gut wie die Debatte ist versandet. Ich will gar nicht die Frage freie Grundlagenforschung. Die ungelöste Frage stellen, warum das so war. Ich kenne einige aber bleibt: Wie kann ein für die liberale Antworten. Die Frage ist nur: Droht dieser Debatte Demokratie unersetzlicher, kompetenter, dasselbe Schicksal? Ich hoffe nicht, bin aber nicht unbestechlicher und gemeinwohlorientierter nur optimistisch.

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Drei kurze Punkte, was ich für wichtig halte. Bundestages in den Fraktionen diskutiert wird. Ohne Verpflichtung läuft nichts. Wir können Herzlichen Dank. lange darüber reden, wie wichtig Der amtierende Vorsitzende: Wir bedanken uns Wissenschaftskommunikation ist. Wenn wir die ebenfalls für Ihre Ausführungen. Wir treten nun Wertigkeiten und Karriereanreize verändern in die Fragerunde ein. Ich darf noch einmal wollen, dann müssen wir wiederholen. Eine Frage an zwei Sachverständige Wissenschaftskommunikation zum oder zwei Fragen an einen Sachverständigen. Und verpflichtenden Bestandteil in jedem größeren ich darf nun den Kollegen Stefan Kaufmann drittmittelgeförderten Forschungsprojekt machen bitten, drei Minuten nicht zu überschreiten. und darüber hinaus in Forschungsprojekten. Darüber muss man diskutieren, wie das Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU): Spätestens funktionieren kann. Aber ich glaube, dieser durch die Corona-Pandemie sind Wissenschaft Pflichtbestandteil darf nicht nur Alibicharakter und Wissenschaftler verstärkt in das Rampenlicht haben. Ich hatte auch das Papier im BMBF gerückt. Die Bedeutung der vergangenes Jahr so verstanden. Vielleicht war Wissenschaftskommunikation ist noch das aber auch Wunschdenken. Ich bin mir nicht offensichtlicher geworden, und dass das Thema mehr ganz so sicher, ob dort tatsächlich eine uns nicht erst jetzt beschäftigt, sondern schon Verpflichtung gefordert war. länger, hat gerade noch einmal Herr Wiarda bestätigt. Bereits in der letzten Legislaturperiode Ich glaube, das ist ganz wichtig und ist auch in hatten wir eine Anhörung dazu. Aber in dieser den Anträgen ausgedrückt worden: die Legislaturperiode sind wir gemeinsam als Forderung, alle aktuellen und künftigen Koalitionsfraktionen das Thema nochmal Initiativen, Projekte, Förderprogramme der engagiert angegangen. Es gab viele Gespräche in Wissenschaftskommunikation regelmäßig und Vorbereitung unseres Antrages. Das Ergebnis ist unabhängig evaluieren zu lassen. Das ist heute diese Anhörung. einerseits die Forschung, was Wissenschaftskommunikation eigentlich Die Wissenschaft erfüllt im Moment eine sehr ausmacht, aber auch ganz speziell sich die wichtige, doppelte Rolle als Orientierungsinstanz. Projekte anzuschauen und abhängig vom Sie berät politische Entscheidungsträger zu Evaluationsergebnis bereit zu sein, Initiativen zu Fragen der Virologie und vielen anderen beenden oder auszubauen. Disziplinen und zur Bekämpfung der Pandemie. Sie erklärt gleichzeitig wissenschaftliche Drittens, es freut mich wirklich sehr, dass das Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit und Thema Förderung des Wissenschaftsjournalismus liefert damit die wissenschaftliche Begründung heute einen deutlich breiteren Raum einnimmt, für die in Verbindung mit der Pandemie als es vor fünf Jahren im Gespräch war. Die getroffenen politischen Maßnahmen. An dieser damals von mir schon vorgestellte Idee oder Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an all die, erhobene wiederholte Forderung einer Stiftung die mit großer Expertise und Verantwortung diese zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus ist Aufgaben in den letzten Monaten wahrgenommen heute doch recht breit vorgekommen. Das war haben. damals noch nicht so. Ich sehe darin einen Fortschritt. Natürlich geht es darum, dass man Was wir nun brauchen – und das haben auch die genau fragen muss, wie eine solche unabhängige Stellungnahmen heute hier gezeigt – ist eine Stiftung arbeiten kann, wie sie funktionieren wirksame Wissenschaftskommunikation, sowohl kann. Ich bin der Meinung, es darf keine in Form der institutionellen Kommunikation und Dauerfinanzierung sein. Es muss um Anschub für der direkten Kommunikation von neue Ideen und Konzepte gehen. Dass dafür eine Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als Form der neuen Unterstützung durch eine auch des Wissenschaftsjournalismus. Hier sehen unabhängige Stiftung nötig ist, scheint mir ganz wir durchaus den Handlungsbedarf. Das hat sich eindeutig. Ich freue mich, dass diese Idee jetzt in der Tat, Herr Wiarda, in den letzten Jahren auch von einigen Sachverständigen vertreten verändert. Dafür müssen wir die worden ist und von einigen Mitgliedern des Wissenschaftskommunikation in ihren Strukturen

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und auch in ihrer Qualität nachhaltig stärken – möchte ausdrücklich die Solidarität mit allen das wurde angesprochen – und auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, und entsprechend fördern, auch finanziell. Das ist nicht nur mit einer Person, hier für die SPD- jedenfalls die Überzeugung der Fraktion ausdrücken. Das Zweite: Heute vor 21 Koalitionsfraktionen. Jahren war das PUSH-Memorandum beschlossen worden. Das war die Mutter aller Papiere. Ich will In unserm Antrag haben wir als für die SPD knapp elf einfache Sätze zu unserem Koalitionsfraktionen eine Liste von 13 Grundverständnis sagen und zwei Fragen stellen. Maßnahmen vorgeschlagen, die dem Ziel der Weiterentwicklung der Erster Satz: Wissenschaft braucht Interesse, Wissenschaftskommunikation dienen sollen. Es Vertrauen, Verstehen, Kritik. Sie gehört in die freut mich sehr, dass unsere Impulse bei den Mitte der Gesellschaft bis hin zur Sachverständigen auf breite Unterstützung Bürgerwissenschaft. gestoßen sind. Gleichzeitig bin ich Ihnen allen Zweitens: Wissenschaft hat eine methodisch auch für Ihre weitergehenden Empfehlungen begründete, besondere Form der Autorität und heute sehr dankbar. Wir werden diese gemeinsam muss darin auch geschützt werden. mit dem Koalitionspartner bewerten und über weitere Maßnahmen entscheiden. Drittens: Wissenschaftskommunikation ist systemrelevant und zugleich systemerweiternd. Nun aber zu meinen zwei Fragen an die Sachverständigen. Zum einen an Sie, Frau Viertens: Wissenschaftskommunikation übersetzt Boetius. Sie haben in Ihren Ausführungen den Kompetenz aus der Wissenschaft heraus und Aspekt der Wissenschaftskommunikation als Teil Kritik und Kontrolle in die Wissenschaft hinein. des Transfers nochmals hervorgehoben und eine Sie sollte, fünftens, eine Grundkompetenz jedes nachhaltige Unterstützung jenseits der Wissenschaftlers / jeder Wissenschaftlerin sein. Projektförderung wie auch andere angemahnt. Sie regen hierzu in Ihrer Stellungnahme eine Sechstens: Wissenschaftskommunikation braucht Vorwärtsstrategie an und schlagen konkret den wissenschaftlich qualifizierten und Experimentierräume vor sowie ein multimedialen Journalismus. Konjunkturprogramm. Wenn Sie das vielleicht Siebtens: Sie muss auf Breitenwirksamkeit nochmals etwas erläutern könnten, was es angelegt sein. konkret meint. Achtens: Das System der Wissenschaft und das Und Sie, lieber Herr Wiarda, haben natürlich als System der Politik haben eine respektvolle Journalist besonders noch einmal das Thema Partnerschaft zu pflegen. Wisssenschaftsjournalismus betont, dass wir in der Tat auch als große Herausforderung sehen. Sie Neuntens: Wissenschaftliche Politikberatung haben in Ihrer Stellungnahme auch schon vor braucht gesicherte Strukturen und diverse Jahren in der Tat die Einrichtung von Formate von der Taskforce bis zur Förderstrukturen für einen unabhängigen Zukunftsvorausschau. Wissenschaftsjournalismus in Form einer Zehntens: Wissenschaftskommunikation unabhängigen Stiftung angeregt. Wenn Sie uns und -beratung bedürfen Aus- und Weiterbildung vielleicht über das, was Sie gerade gesagt haben, der kontinuierlichen Innovation, zum Beispiel an doch noch einmal ein paar Details geben könnten, den Hochschulen im Rahmen einer Agentur oder wie Sie sich eine solche Stiftung vorstellen und über eine Akademie. wie insbesondere die Unabhängigkeit in dieser Stiftung gewährleistet werden kann, die uns hier Und elftens: Der Wissenschaftsjournalismus ist in der politischen Debatte umtreibt. Herzlichen ein öffentliches Gut, das in einer öffentlichen und Dank. privaten Partnerschaft dauerhaft gefördert werden muss, zum Beispiel in einer Stiftung. Zum letzten Dr. Ernst-Dieter Rossmann (SPD): Zwei Punkt: Dafür ist die SPD explizit. Vorbemerkungen. Wir erleben aktuell in der Bild- Zeitung, wie Wissenschaft verwurstet wird. Ich Eine Frage geht an Frau Kuhrt: Welches Modell

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zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus in interessierter Kreise. Insbesondere dann, wenn anderen europäischen Staaten haben Sie mit zunehmend nur noch diejenigen Blick auf die deutschen Verhältnisse aus welchen Forschungsbereiche finanziert werden sollen, wie Gründen für besonders vorbildhaft angesehen? es sich ja hier in den Plänen der Regierung abzeichnet, die auch entsprechend attraktiv Herrn Haug möchten wir fragen: In welcher Weise kommuniziert werden können oder schlimmer sollte die Leopoldina als Nationale Akademie ihr noch, die eben diejenige Richtung vertreten, die besonderes Leistungsprofil noch ausbauen die Regierung als politisches Ziel vorgegeben hat, können, und zwar in Ergänzung, nicht in beispielsweise den Klimawandel, der dann als Konkurrenz zu den spezifischen Möglichkeiten hauptsächlich menschengemacht definiert wird, der Wissenschaftsallianz und der Hochschulen? zu stoppen. Dr. Marc Jongen (AfD): Vielen Dank an alle Gäste Der kommunizierende Wissenschaftler wird von und Vortragenden. Wissenschaft ist neben der Rolle des ehrlichen Maklers, der eigentlich Demokratie eine wichtige Säule der Moderne, der nur unterschiedliche Modelle und modernen Gesellschaft. Ohne Wissenschaft Lösungsvorschläge vorstellen sollte und es dann könnte man sich eine freiheitlich demokratische den demokratischen Institutionen überlässt, Grundordnung wahrscheinlich gar nicht welchen Weg sie einschlagen wollen, vorstellen. So wie Regierungen in der Moderne weggedrängt, hinein in die Rolle eines abgewählt werden können, so können interessierten Advokaten für eine bestimmte wissenschaftliche Theorien falsifiziert werden Sache, der den Regierenden dabei hilft, einen und müssen sich als falsifizierbar erweisen. Auf alternativlosen Weg oder eine vermeintlich diese Parallele hat schon Karl Popper alternativlose Position mit dem Nimbus der hingewiesen. Insofern sehen wir es als sehr wissenschaftlichen Autorität zu versehen. Das wichtig an, dass die Bürger über kann bis zum religiösen Eiferertum gehen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse informiert sind, wir es an dem Phänomen Greta Thunberg ablesen dass diese Erkenntnisse in die Bevölkerung können. Das ist für uns ein Paradebeispiel dafür, hinein diffundieren. Wir halten deswegen auch wie Wissenschaftskommunikation nicht Wissenschaftskommunikation als solche für funktionieren soll. notwendig, auch einen guten Wissenschaftsjournalismus, der nicht zuletzt die Meine Frage ist in diesem Zusammenhang an Aufgabe hat, Deutsch als Wissenschaftssprache Herrn Professor Alt, ob Sie diese Gefahren auch weiterhin zu erhalten – zumindest auf dem sehen, dass die Wissenschaft politisiert wird und populären Niveau, nachdem viele Studiengänge die Politik sozusagen verwissenschaftlicht, was bereits auch in Deutschland nur noch in Englisch beiden Bereichen nicht gut tut. Dieselbe Frage angeboten werden. möchte ich auch an Herrn Dr. Stollorz stellen. Vielen Dank. Aber, es liegen jetzt Pläne der Regierung vor, die Wissenschaftskommunikation zu einer Dr. h. c. Thomas Sattelberger (FDP): Danke an die regelrechten Third Mission neben Forschung und Expertinnen und Experten. Ich glaube, Professor Lehre auszubauen. Man spricht hier vor allem Streek und Professor Drosten haben sehr davon, Forschungsbereiche von hoher praktisch erlebt, dass Corona ein Test, ein gesellschaftlicher Relevanz gegen Fakenews Prüfstand oder eine Katakombe für verteidigen zu wollen und gegen Wissenschaftskommunikation ist. Wer gewinnt Wissenschaftsfeindlichkeit im Allgemeinen. Vor die Lufthoheit über den Stammtischen? dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Art, Verschwörungstheorien vs. solide wie über den Klimawandel kommuniziert wird Wissenschaftskommunikation. Wie stilisieren und jetzt teils auch über Corona, haben wir hier oder bekämpfen Medien ernste Sorgen. Nämlich, dass unter dem Wissenschaftskommunikatoren, wie werden Deckmantel der Wissenschaftskommunikation Wissenschaftler politisch instrumentalisiert oder eine Indienstnahme der Wissenschaft für lassen sich politisch instrumentalisieren? Sind es politische Ziele, für gesellschaftspolitische Ziele Programme oder ist es die Persönlichkeit des stattfinden könnte seitens bestimmter Wissenschaftlers und der Wissenschaftlerin? Ist

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es fachliche Bildung dafür oder ist es fokussieren, sowohl aus der Perspektive des Persönlichkeitsbildung für dieses Thema? Wissenschaftsjournalismus, als auch aus der Perspektive der Wissenschaftlerinnen und Wir haben uns in unserem Antrag sehr Wissenschaftler und der Aufstellung des Systems, substanziell mit diesem Thema in dem sie sich bewegen, sondern dass wir es – auseinandergesetzt. Ich möchte nur einige der deshalb möchte ich meine Fragen an Forderungen aufgreifen. Wir wollen nicht nur die Frau Dr. Ober stellen – als gesellschaftlichen Koryphäen und Gurus, sondern die vielen Prozess verstehen. Deshalb also – Sie haben ja hunderttausenden Wissenschaftlerinnen und vorhin mit einem Parforceritt Ihr Verständnis von Wissenschaftler dafür gewinnen. Das heißt aber Wissenschaftskommunikation versucht auch, dass Kompetenzen aufgebaut werden. darzulegen – würde ich das gerne noch einmal Diesen Kompetenzerwerb wollen wir ab der ein wenig erweitern. Insbesondere aus der Promotionsphase verpflichtend verankern. Wir Perspektive, die Sie als NGO in den letzten Jahren wollen aber auch, dass Hochschulen und mit Ihren Projekten gemacht haben. Wie kann Forschungseinrichtungen Compliance-Strukturen dieser Dialog, wie kann diese Flut von Wissen, aufbauen, denn die Integrität der Wissenschaft von Erkenntnissen einerseits aus der und der Wissenschaftler und Wissenschaft heraus, aber umgekehrt auch zu Wissenschaftlerinnen ist Voraussetzung für die dem Alltagswissen, den Bedürfnissen von Glaubwürdigkeit nach außen, die Nicht- Menschen zurückgekoppelt werden und die Replizierbarkeit sehr vieler Forschungsergebnisse gegenseitige Durchdringung erreicht werden? Es spricht hier Bände. Wir wollen, dass die wäre mir sehr wichtig, dass wir das noch einmal Wissenschaftskommunikation verpflichtender mitaufnehmen in die Diskussion. Teil von Forschungsprojekten wird anstatt nur Kommunikation zwischen Eliten. Das hat mich Die zweite Frage: Ich mache es jetzt einmal ein bisher am meisten beschäftigt. Das ist im bisschen platt, aber das darf man ja hier. Ich habe Augenblick im Grunde eine bildungsbürgerliche immer wieder beobachtet, dass die gleichen Elitendebatte: Wie gelingt es, die Menschen zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an erreichen, die die Wissenschaft normalerweise Universitäten, die an Hochschulen in Projekten nicht erreicht? Und – last, not least – natürlich drinstecken, die an ihren Einrichtungen eine gute Unterstützung für die Stiftung, die Sie, megafokussiert sind, die Projekte in kurzen Zeiten Herr Wiarda, gefordert haben. mit Arbeitsverträgen usw. – das wissen Sie alles selbst, muss ich nicht erklären – also mega unter Zwei Fragen an Frau Lugger: Sie sprechen von Druck stehen, aber sich doch außerhalb dieser Anreizen, von Credits, von Wertschätzung für Einrichtungen wiederum in Strukturen wie NGOs Karriere. Sie sprechen aber auch von der Frage engagieren, um gesellschaftlich mitzuwirken, der Diskreditierung durch starke Hierarchien. gesellschaftlich mitzugestalten. Deshalb hätte ich Was meinen Sie damit? Und zum zweiten: Wer von Ihnen gerne noch einmal gewußt – wenn Sie sollte die Forschenden in der es nicht so sehen, müssen Sie es sagen –, ob es Wissenschaftskommunikation schulen? Ist das denn tatsächlich neben diesen Einrichtungen ein offener Weiterbildungsmarkt, ist es der auch der Förderung, der Öffnung einer anderen Arbeitgeber, ist es das Studium selber? Wo und in Kultur bedarf, in der Leute umgekehrt sich an welchem Umfang? Wer soll das organisieren? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Sollte die Teilnahme verpflichtend sein? Recht wenden können, neue Räume finden können, um herzlichen Dank. diesen kritischen Diskurs zu führen, was Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.): Es kommt nicht so aufgenommen werden soll und wie es umgesetzt oft vor, dass ich direkt an der FDP anschließen werden soll. Wie kann das ausgestaltet sein? kann, aber mir geht es in der Tat darum – das Soweit zu meinen beiden Fragen. Danke. merken wir auch ein bisschen an der Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE Zusammensetzung der Expertinnen- und GRÜNEN): Auch wir freuen uns sehr, dass dieses Expertenrunde –, dass wir Fachgespräch heute endlich stattfindet, nachdem Wissenschaftskommunikation nicht zu eng wir aufgrund der aktuellen Lage ein bisschen fassen, nicht zu sehr auf den Wissenstransfer

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verschieben mussten. Umso wichtiger ist es, dass wenn wir zu etwas verpflichten, ist das vielleicht es heute stattfindet, weil die Pandemiesituation kontraproduktiv, weil nicht jeder dazu geboren uns das sehr deutlich vor Augen führt. Wir ist. Auf der anderen Seite kenne ich auch ein schätzen es auch sehr, dass neue Ideen zur bisschen die Rückmeldung, dass natürlich in dem Wissenschaftskommunikation und auch was den Sinne, was professionell an Wissenschaftsjournalismus anbetrifft, in der Wissenschaftskommunikation von den Debatte sind. Ich glaube das ist das ganz Institutionen kommt, natürlich auch sehr stark Entscheidende, dass wir uns jetzt auf diese neuen angewachsen ist. Das wäre jetzt, auch wenn dazu Ideen fokussieren sollten und wirklich gucken, wahrscheinlich viele von Ihnen antworten was es an neuen Instrumenten braucht, die wir könnten, meine Frage an Frau Kuhrt von der nicht schon haben. Das ist ein bisschen die WPK. Wenn ganz viel von der Wissenschaftsseite Schwierigkeit, wenn wir über Dinge wie Citizen kommt, brauchen wir auf der anderen Seite auch Science reden. Die bessere Sichtbarkeit von jemanden, der das rezipieren kann. Da sind wir Frauen in der Wissenschaft, die Weiterförderung wieder beim Wissenschaftsjournalismus, dass des Hauses der Kleinen Forscher, das sind alles man von der sehr ansteigenden, permanenten Dinge, die auch uns als Grüne seit langem ein Wissenschaftskommunikation aus jedem Projekt Anliegen sind und die ja glücklicherweise in nicht quasi erschlagen wird. Wie ist das noch Teilen auch bereits gefördert werden. Das sollte händelbar? An dieser Perspektive wäre ich man sicherlich weiter tun und auch noch stärker interessiert. Vielen Dank. unterstützen. Aber ich glaube, das sind nicht die Der amtierende Vorsitzende: Ich bedanke mich wirklich neuen Impulse für die ebenfalls für die interessanten Fragen von allen Wissenschaftskommunikation oder für den Kolleginnen und Kollegen, darf nun in die Wissenschaftsjournalismus, sondern ein Stück Antwortrunde eintreten und als Erstes Herrn Dr. andere Formate aus anderen Bereichen. Deswegen Peter-André Alt bitten, die Fragen von Dr. Jongen finde ich die Debatte um die Frage der Stiftung, zu beantworten. die von einigen Akteuren vorgeschlagen ist, die heute hier auch in der Anhörung sitzen, sehr Prof. Dr. Peter-André Alt (Hochschulrektoren- wesentlich. Dazu wäre meine erste Frage: Die konferenz): Herr Jongen hatte gefragt, ob die Bundesministerin Karliczek hatte sich bei der Wissenschaftskommunikation und die Vorstellung ihres Papiers eher kritisch dazu Wissenschaft generell in eine problematische geäußert, den Wissenschaftsjournalismus Zone gerät, wenn sie die Politik berät und ob überhaupt in irgendeiner Form staatlich zu womöglich die Gefahr bestehe, dass sie unterstützen und sehr betont, dass die instrumentalisiert werde. Zunächst einmal muss Unabhängigkeit aus ihrer Sicht quasi dem man prinzipiell festhalten, dass die vollkommen entgegenstünde, da überhaupt etwas Wissenschaftskommunikation in der zu tun. Deswegen geht meine Frage an Herrn wissenschaftlich fundierten Politikberatung einen Stollorz, wie Sie diese Problematik des Teilsektor hat, der nicht nur legitim, sondern Stiftungsmodells sehen. Wird durch das Modell auch demokratisch erwünscht ist. Die aktuelle dem entgegengetreten, dass trotzdem die Situation zeigt, dass es Phasen in unserer Unabhängigkeit gewahrt wird? Das ist ein valider Weltgesellschaft geben kann, in der diese Punkt, aber ich würde jetzt ein Fragezeichen wissenschaftliche Fundierung der politischen daran machen, ob man nicht mit so einem Entscheidung sogar unabdingbar ist. Wir müssen, Stiftungsmodell vielleicht einen Weg finden glaube ich, bei der Beantwortung der Frage von kann, diese Unabhängigkeit zu wahren. Das wäre dem Umstand ausgehen, dass es die Wissenschaft meine erste Frage an Sie. nicht gibt, sondern auch wissenschaftliche Positionen innerhalb eines Faches, und dass die Dann ist da noch die Debatte: Machen wir einen Wissenschaftsfreiheit – das ist die zweite Teil von Fördergeldern verpflichtend für Prämisse – eine Festlegung ist, ein Wert ist, der Wissenschaftskommunikation? Auch das wäre nicht eine Einbahnstraße bedeutet. ein neuer Schritt. Das wird in Teilen gemacht, Wissenschaftsfreiheit bedeutet für die aber eben nicht überall flächendeckend. Wissenschaft die Freiheit ihrer Methoden- und Einerseits gab es Stimmen, die gesagt haben,

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Themenwahl, bedeutet aber umgekehrt auch, dass keine unteilbaren Wahrheiten gibt. Das lässt sich die Wissenschaft – das wird zu selten beachtet – sehr wohl auch mit einer wissenschaftlichen auch Freiheit an die Gesellschaft zurückgibt. Politikberatung verbinden, setzt aber gute Nämlich insofern, als sie nicht nur einfach Fakten Qualifizierung in diesem Sektor voraus. vermittelt, sondern immer auch Spielräume für Prof. Dr. Antje Boetius (Alfred Wegener Institut, die Deutung dieser Fakten. Das ist, was uns Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung): Herr häufig als Laien Schwierigkeiten bereitet, dass es Stefan Kaufmann hat gefragt, wie ein gutes nicht einfache, ungeteilte Wahrheiten gibt, Konjunkturprogramm für sondern Entscheidungsmöglichkeiten innerhalb Wissenschaftskommunikation aussehe. Von von Varianten. Ich denke, dass eine gute einzelnen von Ihnen kam schon der Hinweis, es Wissenschaftskommunikation genau diesen gibt doch schon so viel. In den Papieren ist auf Spielraum sichtbar machen muss und dass einer Seite aufgelistet, was es alles schon gibt und insofern die Beratung der Politik durch die was gefördert wird. Aber wenn ich Sie jetzt zum Wissenschaft nicht die Gefahr birgt, dass es zu Beispiel fragen würde, was es außer dem Haus Verzerrungen oder Einseitigkeiten kommt. Am der Kleinen Forscher gibt oder was es gibt, das Ende hat natürlich die Politik das Primat der Angebobte wie das SMC schneidert, oder was es Entscheidung und auch die Notwendigkeit, wie NaWik noch gibt, dann wird es sehr dünn. Prioritäten zu setzen. Insofern glaube ich nicht, Alle diese Dinge, die Sie aufgezählt haben, die es dass das hohe Gut der Freiheit sowohl der schon gibt, sind nicht nachhaltig, verlässlich, Wissenschaft als auch unserer Gesellschaft langfristig gefördert. Wenn man bedenkt, was ein gefährdet ist, wenn Wissenschaft Politik berät, Konjunkturpaket erst einmal schaffen soll. Das sondern im Gegenteil, es ist gerade ein Ausdruck braucht eine systemische Analyse, wie fördert der Freiheit, die durch die Wissenschaft an die man, wie schafft man einen Anreiz zu mehr Gesellschaft zurückgegeben wird, dass hier Selbständigkeit, um bestimmte Zeiträume, in Deutungsspielräume entstehen. Das ist etwas, was denen es mit der Konjunktur hier und da nicht wir auch bei der Qualifizierung der klappt, zu überbrücken. Diese Papiere liegen vor. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Es ist zum Beispiel im Wissenschaftsrat-Papier guten Wissenschaftskommunikatoren immer im klar gemacht worden, dass die Blick haben müssen, dass wir allen das Wissenschaftskommunikation – und zwar sowohl Bewusstsein vermitteln, dass sie nicht nur über in der Wissenschaft als auch im Journalismus – bestimmte Fakten aufklären, sondern dass sie erst einmal mit Digitalisierung und der Vielzahl immer auch zeigen, wo Meinungsunterschiede von Kanälen umgehen muss. Das ist eine Palette, entstehen könnten und für unterschiedliche die aus dem Lauf bewältigt werden muss und die Methoden sensibilisieren. Wir haben das im Zuge nicht in den Ansprüchen, die da sind, gefördert der Corona-Diskussion im wird. Das geht nicht so nebenher. Auf die zweite Wissenschaftsjournalismus sehr gut gesehen. Das Sache, die wir immer wieder gehört haben, will Beispiel der vier Modelle für Impfungen, das den ich nicht so weit eingehen, weil noch drei Fragen Menschen deutlicher vermittelt, auf welchen dazu kommen. Die veränderten Arbeitsbedingung Mechanismen Impfungen beruhen können, wie der medialen Akteure und die veränderten unterschiedlich das ist. Das zeigt, dass die Arbeitsbedingung der Wissenschaft sind einfach Wissenschaftskommunikation im besten Sinne nichts, was aus dem Stand nebenher läuft. Gute Aufklärung ist. Und zwar Aufklärung in dem Wissenschaftskommunikation braucht all die Sinne, dass sie erstens zeigt: Wissen ist nichts Dinge, die genannt worden sind. Sie braucht statisches, sondern prozessual. Zweitens, dass sie Strategie, sie braucht Wirksamkeitsanalysen, sie Optionen zeigt: Wissen ist nichts, was immer nur will evaluiert werden, sie kriegt Feedback, sie in eine Richtung weist, sondern Möglichkeiten muss auch lernen. Diese Dinge sowie die für den Menschen und damit auch für die systemische Beforschung der Wirkung von individuelle Selbstbestimmung und für die Wissenschaftskommunikation und die Politik bietet. Das schließt dann auch die Qual Entwicklung von Qualitätskriterien sind nicht der Entscheidung manchmal mit ein. Und nachhaltig aufgestellt, nicht systemisch gefordert. Wissenschaftskommunikation zeigt auch, dass es Es reicht nicht zu sagen, aber wir haben doch

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eins, zwei, drei…, denn wenn Stiftungen Wissenschaftskommunikation den sogenannten wegfallen, können diese Projekte genauso schnell bildungsfernen Bürger, der zu Teilen tatsächlich wieder weg sein. Man muss einmal genau ein bildungsnaher, wissenschaftsferner Bürger hingucken. Nur ein Beispiel: Es geht darum, ist? Das braucht eine kräftige Unterstützung der einen Preis von „Jugend forscht“ Forschung. Das kann kein Nebenher sein, sondern öffentlichkeitswirksam mit Begleitung von es braucht Drinnen wie Draußen. Die systemische Medien zu übergeben. Dann gucken alle in die Analyse muss zur Chefsache werden. Da freuen Töpfe und staunen, weil es gar nicht so aufgestellt wir uns, dass das BMBF das auch einfordert. Aber ist, dass dieser Preis medial wirksam in der wir sehen auch mit Schrecken – wie Herr Wiarda Öffentlichkeit mit einer Veranstaltung gefördert schon gesagt hat – diese Debatte führen wir seit wird. Der Alltag von uns ist geprägt von einer 20 Jahren. Wir sind noch nicht soweit, dass so ein wirklich sehr kleinteiligen, kurzfristigen reiches Land wie Deutschland seine Kinder, seine Förderung in der Wissenschaftskommunikation, Menschen, seine Journalisten so fördert, dass man die dem, was sie leisten soll, nicht gerecht wird. der Rolle von Information, Kommunikation und Beratung gerecht wird. Da sind wir im völlig Wenn Sie sich selbst einmal einen Moment untermaßigen Bereich. In der Wissenschaft sind fragen, wie viel Geld wir eigentlich in die es nicht einmal ein Prozent der Leistung, die in Wissenschaftskommunikation als Teilleistung der diesen Bereich geht. Und draußen wackelt es Forschung oder als Teilleistung der Medien eben. Das Konjunkturpaket sollte wie die anderen geben, werden Sie feststellen, dass Sie die Frage Konjunkturpakete auf Basis systemischer gar nicht beantworten können. Sie werden Analysen und mit dem Blick für Kurzfristigkeit, erstaunt sein, wenn Sie Umfragen von für Regeln, für Qualität erfolgen. Aber vor allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern oder Dingen braucht es einen langfristigen Rahmen, Institutionen lesen würden, wieviel dort den Institutionen wie NaWik, SMC, WID – das reinfließt. Es ist nicht einfach, weil es immer sind die wenigen, die zusammen mit den nebenher gefördert wird. Die Herausforderungen Stiftungen die Arbeit in diesem Bereich geleistet noch einmal: Vielfalt der Kanäle, Digitalisierung, haben – sicherlich gerne ausführlich vorlegen veränderte Arbeitsbedingungen, zunehmender können. Aber Hilfe ist wirklich dringend Wettbewerb, in dem die Frage der notwendig. Es stehen hier wirklich nicht Wissenschaftskommunikation nicht gut geklärt Wissenschaft gegen Journalismus. Die ist: Welche Rolle spielt sie im Wettbewerb? Das Wissenschaft fordert genauso ein, dass diese Kraft braucht Unterstützung. draußen, die ja mithilft, Wissenschaft auch Für uns sieht ein Konjunkturprogramm so aus, kritisch zu sehen und zu fordern, ebenso gestärkt dass man auf die Wissenschaftskommunikation wird. Danke. als Leistung der Wissenschaft, der Medien, der Der amtierende Vorsitzende: Danke, Frau Dr. Gesellschaft, zum Beispiel von Boetius. Herr Dr. Brandt, Sie werden sicherlich in Bürgerbewegungen schaut und wie diese sich der zweiten Runde mit Fragen beglückt. ergänzen. Wie können diese langfristig wirken, Deswegen darf ich gleich weitermachen mit Herrn sich zusammen mit den Kanälen mit verändern? Dr. Haug, der die Frage von Herrn Dr. Rossmann Wie können von klein auf, durch lebenslanges beantworten wird. Lernen – was eine Bedingung ist – Angebote geschaffen werden? Wie kann so unterstützt Prof. Dr. Gerald Haug (Deutsche Akademie der werden, dass es Rahmeninstitutionen gibt, die Naturforscher Leopoldina, Nationale Akademie hinschauen und nachsteuern können, die auch der Wissenschaften): Vielen Dank. Die Frage war: überwachen und verändern. Da haben wir schon Was könnte eine zusätzliche Rolle der Leopoldina einiges etabliert, aber die kämpfen um sein, ohne in der Allianz zu stören? Die Projektmittel, müssen sich an den Markt Leopoldina kann als Nationale Akademie der anpassen, können sich also nicht so weit in völlig Wissenschaften einen Konsens erzeugen. Unsere neue Experimentierräume trauen. Diese große rund 1 600 Mitglieder sind alles Frage, die zurecht gestellt wird: Erreicht die Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher, die Politikberatung die Politik? Erreicht die außergewöhnliche Expertise haben. Ein Drittel

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der Mitglieder sind internationale Mitglieder. zu halten, weil wir um 12.00 Uhr fertig sein Wenn wir Arbeitsgruppen zusammenstellen, wollen. Da machen wir mit unserer Sitzung werden auch jüngere Wissenschaftlerinnen und weiter. Deswegen bitte ich nochmals um kurze Wissenschaftler dafür rekrutiert, immer Antworten. Das gilt natürlich für die zweite exzellenz- und expertisenbasiert. Die Kritik, die Runde nachher in gleicher Weise. Bitte Frau häufig kommt ist – das gilt nicht nur für uns als Kuhrt. Nationale Akademie der Wissenschaft, es gilt Nicola Kuhrt (WPK - Die häufig auch für die Allianz der Wissenschaftsjournalisten Wissenschafts- Forschungseinrichtungen –, dass wir zu langsam Pressekonferenz): Bei den Fördermodellen für sind. Wenn wir eine Stellungnahme schreiben Wissenschaftsjournalismus sieht man sehr schön, und diese dann üblicherweise zwischen 100 bis dass jedes Land unter den eigenen 400 Seiten hat, zwei Jahre braucht und das jetzt Startbedingungen Lösungen findet. auf Corona anwenden, dann bringt das natürlich nichts. Gut finden wir zum Beispiel das, was in Österreich gerade passiert ist. Da ging es aber Was wir geschafft haben und zeigen konnten ist, auch wirklich darum, schnell qualitativ guten dass wir mit einer Art schnellen Eingreifgruppe, Wissenschaftsjournalismus zu fördern. Das läuft mit einer Art Task Force diese wissenschaftliche über die sogenannte Wiener Medieninitiative. Das Exzellenz bündeln können. Wir können das Geld kommt von der Wirtschaftsagentur Wien. schnell und ohne Qualitätsverlust integrieren, Das ist relativ schnell gegangen. Es wurde weil all diese Personen herausragende ausgeschrieben und die Projekte, die sich in Forscherinnen und Forscher sind, Max-Planck- einem Katalog als gut erwiesen haben, wurden Direktoren und -Direktorinnen, aus der Helmholtz gefördert. Gemeinschaft hervorragende Universitätsprofessorinnen und Professoren und In Kanada ist es zum Beispiel ein langfristiges Fraunhofer. Das ganze kriegen wir integriert, das Projekt. Da wurden sozusagen alle können wir schaffen. Für diese Taskforce Forschungsinstitutionen und alle großen Medien bräuchten wir tatsächlich vielleicht etwas Hilfe, in einem großen Panel zusammengeschnallt und dann kann man diesen Austausch zwischen haben sich dann zusammen überlegt, was man Wissenschaft und Politikgesellschaft erhöhen. tun muss, um qualitativ hochwertigen Dazu gehört auch ganz entscheidend das Wissenschaftsjournalismus zu unterstützen. Dann antizipieren von Themen. Es ist besonders sind verschiedene Task Forces und erfreulich, wenn man das im Journalistenkolleg Steuererleichterungsmodelle geschaffen worden gemeinsam machen könnte, wo wir es teilweise und werden noch diskutiert. auch schon tun, um den Austausch zwischen In den Niederlanden zum Beispiel, das finden wir Wissenschaft, unabhängigem auch gut, gab es einen Vorlauf. Es wurden Wissenschaftsjournalismus, Politik und Studien im Rahmen der Wahl 2018 gemacht. Es Gesellschaft zu haben. gab dann auch einen Thinktank, wo Menschen Das ist also diese zusätzliche Pilotgruppe Rapid- zwischen 20 und 30 Jahren Ideen erarbeitet Policy-Advise. Gestern hatten wir eine haben. Dort gibt es auch verschiedene Fonds und Allianzsitzung. Kollege Alt hat so schön gemeint: Fördermaßnahmen, woraus zum Beispiel auch „Das kann ich ja mal probieren. In einem „Blendle“ oder „De Correspondent“ entstanden Abstimmungsprozess mit 268 Kolleginnen und sind. Kollegen.“ Schnell heißt in unserer Welt, so ein Die Stiftung, die wir vorschlagen, ist auch eine konsensuales Verfahren, wie wir es jetzt gemacht Verbrauchsstiftung, die schnell aufgesetzt werden haben, in zwei bis drei Wochen durchzuführen. kann, um den jetzt gerade stattfindenden Der amtierende Vorsitzende: Vielen Dank. Wir Transformationsprozess zu unterstützen. Dass fahren fort mit Frau Nicola Kuhrt, die die Fragen man da, wo die Not am größten ist, direkt was tun von Dr. Rossmann und Frau Dr. Christmann kann. beantworten wird. Ich darf Sie allerdings Die zweite Frage: Wie kann man als nochmals bitten, Ihre Antworten möglichst kurz

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Wissenschaftsjournalist der Flut der Infos, die Zeitenge eingepfercht. Topthema ist hereinkommen, begegnen? Ich glaube, das geht, wissenschaftliche Publikation; publizieren, wenn man das schon ein bisschen länger macht publizieren. Dazu haben sie dann noch und relativ schnell kanalisieren kann, ob es eine administrative Tätigkeiten. Sie sind vielleicht gute Studie ist, also verlässliches Wissen ist. Man auch noch in der Ausbildung integriert. Sie weiß, wo man anruft, wen man fragt und wo man begutachten andere Dinge, Peer-Review-Prozesse checken kann, ob es stimmt. Für Kollegen, die das usw., da bleibt einfach auf dieser ganzen Liste nicht immer machen oder noch nie gemacht keine Zeit und kein Geld für das Thema haben, wird es schon schwieriger, das zu „Kommunikation“. Dafür ist auch eigentlich erkennen. Da ist es super, dass es das Science keine Zeit und Geld konkret vorgesehen. Es gibt Media Center gibt, wo sich jeder hinwenden kann keinen Ressourcentopf, der dafür zur Verfügung und relativ schnell eine Einschätzung bekommt, steht. ob die Studie gut ist oder nicht. Leider passiert Jetzt komme ich zum Thema Credits/Anreize. das noch nicht so häufig. Es gibt immer wieder Genau das ist es: Zeit hierfür in der Fortbildung Geschichten, wo Journalisten, aus welchen vorzusehen und als integralen Bestandteil der Gründen auch immer, einfach aus irgendwelchen Ausbildung bzw. es standardisiert in den Dingen zitieren und aus dem Zusammenhang graduierten Kollegs vorzusehen, damit es etabliert reißen, um Schlagzeilen zu machen. Gerade da ist wird. es wichtig, dass die grundlegenden Strukturen im Wissenschaftsjournalismus gestärkt werden. Sehr gut finde ich auch den Ansatz, dass ein bestimmter Anteil in Forschungsprojekten, der Der amtierende Vorsitzende: Vielen Dank für Ihre noch nicht näher definiert ist, in die Ausführungen und nun Frau Lugger zu den Forschungskommunikation fließt. Fragen von Herrn Sattelberger. Damit haben interessierte Wissenschaftler und Beatrice Lugger (Nationales Institut für Wissenschaftlerinnen, die Kommunikation Wissenschaftskommunikation (NaWik)): Vielen betreiben wollen, das entsprechende Budget zur Dank für diese Fragen. Ich steige mit der Frage Verfügung. Innerhalb der jeweiligen zur Diskreditierung durch Hierarchien ein. Was Forschungsgruppe ist ein Zeitkontigent in unseren Seminaren von vielen Teilnehmenden vorgesehen und etabliert. Das schafft Freiräume. genannt wird, ist, dass ihre Vorgesetzten sagen: Wenn du Zeit für Wissenschaftskommunikation Was die Anerkennung von Credits/Anreizen hast, dann bist du wohl nicht so sehr an deiner angeht, ist es sehr schwierig, am Ende Äpfel mit Forschung interessiert. Beziehungsweise haben Birnen zu vergleichen, denn Kommunikation ist sie bei uns etwas gelernt und kommunizieren uns divers. Es fehlen derzeit noch später zurück, dass sie sozusagen von ihren Evaluationsmechanismen, wie wir bewerten Vorgesetzten wieder eingefangen wurden: Sie können, was das jeweilige Engagement in dürfen jetzt nicht einfach mit dieser Wissenschaftskommunikation Wert ist, was Wissenschaftskommunikation loslegen. Also auch jemand beigetragen hat, während bei so eine Art von Kontrollfunktion, die dort wissenschaftlichen Publikationen der Wert sehr gegeben ist. schnell gemessen werden kann. Hier ist die Messbarkeit tatsächlich noch ein Problem. Es gibt auch internationale Umfragen, wo im Deswegen brauchen wir die Querschnitt zum Beispiel 75 Prozent der Wissenschaftskommunikationsforschung ganz Nachwuchsforschenden sagen, dass intensiv, das ist sehr wichtig. Wissenschaftskommunikation in ihre Kariere einzahlt. In Deutschland sind wir nur bei Perspektivisch wünsche ich mir, dass 50 Prozent. Wir sind dort hinten dran. Kommunikation zum Berufsbild Wissenschaftlerin/Wissenschaftler demnächst Natürlich ist ein ganz zentraler Faktor – das hat dazu gehört und dass es ein ganz zentraler gar nichts mit Hierarchie zu tun, das ist einfach Bestandteil ist. unser System Wissenschaft selbst –, die Forschenden sind in einer unglaublichen Sie hatten die zweite Frage gestellt, wer dort

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schulen sollte. Das ist tatsächlich ein schwieriger Der amtierende Vorsitzende: Vielen Dank, Frau Punkt. Herr Alt hat genannt, dass er es sich Lugger. Der Staatssekretär hat das sehr wohl zur curricular vorstellt. Wir haben aber einen Kenntnis genommen. Nun sind zwei Fragen an föderalen Staat. Das heißt, was in den Sie gestellt worden, Frau Dr. Ober, von Frau Dr. Hochschulen gelehrt wird, ist Ländersache. Das Sitte. wird man also nicht so einfach in die Dr. Steffi Ober (VDW e.V.): Herzlichen Dank. Ich Studiengänge hineinbekommen. Immerhin gibt es beginne gleich mit der zweiten Frage, weil das den einen oder anderen Studiengang, der schon sehr gut an das Vorangehende anschließt. Wie ist Wissenschaftskommunikation integriert und denn die Situation der Doktorandinnen und damit sehr gute Erfahrungen macht. Davon kann Doktoranden in diesen transdisziplinären man in jedem Fall lernen und sich etwas Projekten, nämlich derjenigen, die meistens dafür abschauen, auf jeden Fall in der zweiten Stufe, in verantwortlich sind, dass die den Graduiertenkollegs. Da wird immer öfter das Wissenschaftskommunikation, dass der Thema aufgerufen und sollte standardisiert sein. Austausch mit den Stakeholdern gelingt. Wir sind Ich habe noch einen sehr basalen Ansatz: Es gibt Projektpartner in mehreren BMBF-Projekten zur sehr gut aufgebaute Kommunikationsabteilungen gesellschaftlichen Transformation Energiewende an den Forschungseinrichtungen. Die könnten und von Reallaboren vom ihren Forschenden mit verschiedenen Wirtschaftsministerium. Deswegen spreche ich Handreichungen unter die Arme greifen, aus unserer Erfahrung. Wir sehen bei vielen vielleicht auch mit internen Schulungen. Das Doktorandinnen und Doktoranden, dass sie mit muss nicht alles das NaWik machen. Wir können null Wissen über Stakeholder-Kommunikation in das nämlich gar nicht leisten. Wir können nicht die Projekte kommen. Wir machen dann quasi die überall mitwirken. Deswegen sind diese Ansätze Weiterbildung mit diesen Doktorandinnen und sehr bemerkenswert. Ich verweise zum Beispiel Doktoranden, wie ich zielgruppenorientiert auf die TU Braunschweig, die ganz tolle Pakete kommuniziere, welche Formate des Austauschs und Hintergrundmaterialien hinterlegt hat, auch es gibt. für die Forschenden. Wir sehen in den Doktorandenseminaren, die Tatsächlich scheitern wir an der Skalierbarkeit, stattfinden, ist dieser transdisziplinäre Diskurs was ich gerade genannt habe. Wir haben schon nicht vorgesehen. Das ist dort kein Inhalt. Wir ein E-Learning und denken darüber nach, als wissen aus den Statistiken, aus den Erfahrungen NaWik noch mehr E-Learning-Module und aus den Auswertungen von aufzubauen, die wir dann potentiell für transdisziplinären Projekten im BMBF, dass es Hochschulen zu einem niedrigschwelligen Preis ein Trade-off gibt. Entweder schaffen die anbieten können. Mit einem Train-the-Trainer Doktorandinnen und Doktoranden es, viele gute würden wir dann additiv zum E-Learning, das ja Publikationen zu verfassen und ihre Promotion in schon gewisse Qualitätsstandards sichert, vor Ort der Zeit fertig zu bekommen, oder sie machen auf in Präsensform nochmal die Themen vertiefen. der anderen Seite einen guten transdisziplinären Das wäre ein potentieller Weg. Diskurs und schaffen auch die Politik- und Gesellschaftsberatung. Aber dann leidet die Ich möchte nur noch eins sagen. Wir sind nicht wissenschaftliche Seite. Genau deswegen vom BMBF gefördert. Wir haben zum Glück eine brauchen wir zum einen mehr Zeit, zum anderen bislang sehr gute, dauerhafte Finanzierungszusage mehr Ressourcen, damit es keinen Trade-off mehr von der Klaus Tschira Stiftung und vom für die Wissenschaftler bleibt, sondern beides Karlsruher Institut für Technologie. Das heißt, es gemeinsam geht und dass man auch darüber sind andere Akteure, die hier am Werk sind und nachdenkt, dass diese die Aktivitäten, die wir betreiben, unterstützen. Wissenschaftskommunikation als Credit mit Es wäre gut, wenn man hier auch nochmal mehr aufgenommen wird und jenseits von der zusammenführen könnte, von dem, was vom wissenschaftlichen Publikation zum einen, für BMBF gemacht wird und was von den die Promotion zum anderen, auch für die Stiftungsinitiativen ausgeht. wissenschaftliche Karriere mit dazu zählt.

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Wir sehen es bei vielen anderen Evaluationen von Wir machen in diesen BMWi-Projekten den außeruniversitären Einrichtungen. Auch dort Austausch zwischen dem Bundesverband der haben wir immer den Trade-off zwischen Deutschen Industrie, der Arbeiterwohlfahrt, den gesellschaftlicher und Politikkommunikation auf Naturschutzverbänden, Wissensaftlerinnen und der einen Seite und Publikationen auf der Wissenschaftlern zum Beispiel darüber, wie ein anderen Seite. Da müssen wir noch besser sozialgerechter CO2-Preis verhandelt werden werden, noch bessere Lösungen finden. kann. Das sind doch relevante Fragen, die die Menschen betreffen, wo wir auch ganz andere Der zweite Punkt ist, Zielgruppen erreichen als nur durch Wissenschaftskommunikation zu befördern, so Wissenschaftskommunikation, wenn wir das mit wie jedes Projekt gefördert wird. Wir brauchen der Arbeiterwohlfahrt, mit dem Deutschen Roten aber auch Leute, die es rezipieren wollen. Wer Kreuz und mit der Parität diskutieren. Ich glaube, will das denn wissen? Die einen kommunizieren hier muss dringend nachgesteuert werden, dass ohne Ende, aber wir brauchen auch einen diese wissenschaftsferneren – nicht bildungsferne Resonanzraum. Dieser Resonanzraum muss – Kreise auch erreicht werden, indem sie mit erweitert werden. Auch daran müssen wir ihren Themen abgeholt werden. denken. Es muss die Leute erreichen, die damit zu tun haben, damit die Das bringt mich zum letzten Punkt. Wir haben Wissenschaftskommunikation überhaupt zum Beispiel eine acatech, eine Akademie aufgenommen und angenommen wird. Es reicht zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, wo sich nicht, was jetzt an Wissenschaftskommunikation diese beiden Partner hinsetzen und sagen, was vorgesehen wird. Es gibt eine Homepage, es gibt die gemeinsamen Fragen und Positionen sind, einen Flyer. Die Homepage ist nach zwei, drei wie das gemeinsam entwickelt werden kann. Jahren auch wieder weg, weil es projektbezogen Dafür haben wir diesen Ort, wo wir uns treffen. ist. Es gibt „Deliverables“ und Es gibt aber keinen Ort, an dem sich Politikempfehlungen, die irgendwo abgegeben institutionalisiert gesellschaftliche Kräfte, werden. Aber dieser eigentliche Transfer, der Interessenverbände, Organisationen gemeinsam Austausch mit einer Zielgruppe, der fällt mit der Wissenschaft treffen. Das haben wir nicht. meistens am Projektende irgendwo hinten Ein Pendant für acatech gibt es auf dieser Seite herunter. Und das kann es nicht sein. Das müssen nicht. Das wäre etwas Innovatives zu sagen: Da wir in der Wissenschaftskommunikation mit haben wir einen Ort, so etwas wie eine Akademie geeigneten Methoden und Ressourcen oder eine Bürgerwissenschaftenakademie, wo sicherstellen, dass wir einen Resonanzraum sich die entsprechenden Interessenten mit der erreichen und dass wir mit Wissenschaft zusammen für eine gemeinsame Wissenschaftskommunikation was bewirken. Der Fragestellung und gemeinsame Lösungsansätze Impact fehlt in dieser ganzen Diskussion. überhaupt erstmal versammeln können. Vielen Dank. Wir haben mit der Wissenschaftskommunikation quasi den Output, aber brauchen auch den Impact Der amtierende Vorsitzende: Danke, Frau Ober. auf der anderen Seite. Was wird denn damit Herr Stollorz, Sie haben jetzt die Fragen von bewirkt? Was haben wir denn damit erreicht? Wie Herrn Jongen und Frau Christmann. haben wir die Demokratie gestärkt, weil die Leute Volker Stollorz (Science Media Center Germany): kompetenter sind, mehr Wissen und besser Ich möchte gerne mit der Frage von Frau entscheiden können. Das fehlt mir noch ganz Christmann anfangen: Darf der Staat entschieden. unabhängigen Journalismus fördern oder nicht? Wenn es um Citizen Sciences oder Reallabore Das ist eine Kernfrage. Die Sorge, dass dabei geht, das sind ja alte Hüte. Ja, das mag sein. Aber Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit leiden, ist sie sind auch nicht unumstritten. Wir haben das berechtigt. Der Grund, warum der Verband der in einer Nacht- und Nebelaktion im letzten Wissenschaftsjournalisten eine Stiftung speziell Haushaltsausschuss gesehen. Da wurden einfach für Wissenschaftsjournalismus im Sinne einer mal die Mittel für Reallabore um die Hälfte Verbrauchsstiftung vorschlägt, ist ja, dass gekürzt. Ressourcen freigesetzt werden, die unter einer

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klugen Governance in experimentellen Projekten erproben. Daran arbeiten viele Profis mit vielen – sie sprachen die neuen Wege an, es geht ja nicht guten Ideen. Es erfordert Mut, eine günstige darum, das Alte stehen zu lassen – neue Wege Governance und – das ist existenziell – eine gehen und neue Publika mit neuen medialen Unabhängigkeitserklärung für eine solche Angeboten erreichen. Das wäre möglich, wenn Stiftung. Wenn diese nicht erteilt werden kann, die Unabhängigkeitserklärung des Geldgebers und dann darf man dieses nicht fördern. Es wäre aber damit des Staates in der Governance einer vorstellbar, dass man zum Beispiel mehrere solchen Einrichtung sichergestellt ist. Das ist Akteure in so einer Stiftung bündelt, wenn diese genau der Clou unseres Vorschlages. Und ganz bereit wären, dort Mittel einzuzahlen. ehrlich, in der Freiheit der Wissenschaft und in Insofern habe ich in meiner Stellungnahme ein der Förderung der unabhängigen bisschen ausgeführt, dass man dieses Modell Grundlagenforschung ist genau das vorgegeben. finden kann. Es liegt ebenfalls ein Das passiert jeden Tag im Max-Planck-Institut Eckpunktepapier vom Verband der oder wo auch immer, wo der Staat für Wissenschaftsjournalisten vor. Wenn die Politik unabhängige Forschung Geld gibt, und dort den Mut hätte, diesen sehr wichtigen Kernbereich hoffentlich, glauben wir jedenfalls als von Journalismus sozusagen experimentell zu Journalisten, nicht in unabhängige und autonome erproben, dann könnte das möglicherweise später Forschung eingreift. Es gab in der Moderne einen einmal ein Modell für die gesamte langen Machkampf, in dem diese Freiheit der Transformation von Journalismus sein. Denn wir Forschung erkämpft wurde. haben bisher noch keine kluge Antwort darauf, wie der Erlös der Modelle künftig aussehen soll. Das gleiche gilt auch für den Wissenschaftsjournalismus. Ich würde dafür Das wäre sozusagen mein Plädoyer, Förderung für plädieren, dass der Wissenschaftsjournalismus Experimente unter Unabhängigkeitserklärung, die ein geeignetes Feld für die Politik wäre – dieser die Politik geben müsste. Wenn sie das nicht kleine Spezialbereich des Journalismus, der wie kann, darf sie das auch nicht machen. Das macht wir alle jeden Tag in der Zeitung lesen, immer keinen Sinn. Dann wäre die Glaubwürdigkeit und wichtiger wird –, auf dem erprobt werden könnte, die Unabhängigkeit einer solchen Einrichtung wie Experimente und Transformationshilfen für nicht gewährleistet. den künftigen Journalismus sichergestellt werden Die Frage von Herrn Jongen war so ein bisschen können: Experimente, Ausprobieren und den die Sorge, wie es mit der Politisierung der neuen Institutionen auch mal Zeit geben, zu Wissenschaft oder der honest Broker, der erproben, wie und ob und unter welchen ehrlichen Makler, die Sie angesprochen haben, Umständen sie ihr Publikum erreichen können. aussieht. Das Science Media Center wurde 2012 konzipiert. Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Es ist 2015 inauguriert worden. Jetzt haben wir Machtkampf zwischen der Wissenschaft und den 2020, das heißt, es hat eine achtjährige Mächtigen über die Jahrhunderte dazu geführt Geschichte. Heute stehe ich mit dem guten Gefühl hat, dass die Wissenschaft autonome Freiräume vor ihnen, in der Corona-Krise das Publikum, das erobert und erkämpft hat, und zwar im Interesse wir erreichen wollen und auch erreicht haben, der Gesellschaft und der Bürger dieses Staates. den Journalismus in ganz Deutschland in allen Medien mit der Expertise aus der Wissenschaft zu Insofern gibt es viele Governancemodelle, die die versorgen, und kann sagen: Ja, wir haben unabhängige Forschung und die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit Grundlagenforschung in Freiheit nach dokumentiert, obwohl wir Förderer haben, die Artikel 5 GG sicherstellen sollen und auch uns die Mittel dafür geben. sicherstellen können. Auch wenn es vielleicht temporär in einzelnen Bereichen immer wieder Das Plädoyer ist, eher nicht Überlebenshilfe für Diskussionen geben kann, ob die Politik zu viel eine aussterbende Art, sondern Mut zu geben, steuert, ist mein Plädoyer als Journalist ganz klar: neue Wege zu gehen, neue experimentelle Die Wissenschaft muss frei und unabhängig Verfahren im Journalismus über Wissenschaft zu forschen können, unabhängig von der Politik

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forschen dürfen. Die Staaten, die das vergessen, kann, ob es einen Klimawandel gibt oder nicht. zahlen dafür einen sehr hohen Preis, weil sie Ohne die Wissenschaft wüssten wir gar nicht, nicht mehr mit dem Wissen versorgt werden, das dass ein Klimawandel existiert. Dank man heute in einer modernen funktionalen Wissenschaft wissen wir, dass der Klimawandel Gesellschaft braucht. existiert und können politisch darauf reagieren. Ich gehe noch kurz auf die Sache mit dem Dass es dabei zu extremen Wertkonflikten führt, informierten Bürger ein. Da ist das Problem, dass die in der Politik verhandelt werden müssen, ist der sogenannte informierte Bürger sich natürlich völlig unbestritten. Aber das ist ein Konsens der trotz aller Wissenschaftskommunikation nicht in Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dank allen Belangen der Wissenschaft jemals so wissenschaftlicher Forschung, und zwar kompetent machen kann, dass er alles verstehen unabhängiger Forschung, ist überhaupt bekannt, kann, was Forscher erforschen. Das ist schlicht dass die Menschheit das Klima in massiver Form und einfach eine Illusion. Der hängen viele an, verändert und nachfolgende Generationen daran aber das wird nicht funktionieren. Da müssen schwer zu leiden haben, wenn wir jetzt nicht Mechanismen wie Journalismus, Kontrolle, gegensteuern. Das ist nur dann zu bezweifeln, Parlamente greifen, die sicherstellen, dass dort wenn man Wissenschaft per se bezweifelt. Dafür nichts passiert, was nicht legal ist. Das kann der gibt es auch in der Klimaforschung keinen informierte Bürger allein nicht leisten. Hinweis. Was er leisten kann, ist, ein informiertes Der amtierende Vorsitzende: Danke schön, Herr Vertrauen in Wissenschaft zu entwickeln. Stollorz. Als letzten in dieser ersten Runde darf Informiertes Vertrauen kann der Laie dann ich Herrn Dr. Martin Wiarda bitten, die Frage von entwickeln, wenn drei Bedingungen der Stefan Kaumann zu beantworten. Forschung und auch des Journalismus Dr. Jan-Martin Wiarda (Wissenschafts- und letztendlich erfüllt sind. Bildungsjournalist): Die Frage von Stefan Das Erste ist, es muss kompetent gemacht werden. Kaufmann war nach der Governance oder nach Die Wissenschaft ist fachliche Exzellenz. Wenn der Möglichkeit einer solchen Stiftung, wie sie sie das nicht ist, haben wir ein Problem. Sie muss unabhängig funktionieren kann. Das ist schon ein integer sein. Wenn die Forschung nicht integer bisschen angesprochen worden, Frau Christmann ist, also wenn sie von Interessen beeinflusst wird, hatte auch danach gefragt, aber es ist natürlich die praktisch teilweise von US-Präsidenten eine ganz zentrale Frage. Man darf es sich in der irgendwie reindiffundiert werden – mach mal das Beantwortung als Fordernder nicht so einfach und mach mal das – dann ist sie nicht mehr machen und sagen, es geht dann schon irgendwie. integer, weil sie nicht unabhängig ist. Sie muss Wir sehen auch an anderen Beispielen, wo neue gemeinwohlorientiert sein. Forschung, die nicht Formen von Agenturen auf den Weg gebracht gemeinwohlorientiert ist, ist im Blick des Bürgers werden, die einen hohen Grad der nicht vertrauenswürdig. Unabhängigkeit haben sollen, wie schwer sich tatsächlich der Staat und die Administration tut, Wenn der Bürger nicht ohne Weiteres alles an der Stelle Unabhängigkeit zu gewähren. verstehen kann, was die Forscher erforschen und er vertrauen muss, dann kann dieses Vertrauen Und wir sehen auch, dass es Rechnungshöfe gibt sehr leicht und genau dann erschüttert werden, und alle anderen, die auch noch dabei sitzen. wenn er nicht genau weiß, wie es mit der Wenn dann für irgendeine Stiftung mit Klimaforschung im speziellen geht. Wenn dann Steuergeldern eine Zustiftung gemacht wird, Populisten oder Desinformationskanäle – in den dann kommt nochmal die Frage: Ja Moment, wie USA mittlerweile vom Präsidenten – hergestellt ist das jetzt eigentlich? Das sind doch werden, dann haben wir eine große Gefahr für die Steuergelder, da muss es doch irgendeine Form Demokratie, denn dann wird Desinformation in von Accountability geben. Insofern darf man das die Gesellschaft über digitale Kanäle gespült, die nicht einfach so wegwischen – das tut auch der gemeine Bürger nicht beurteilen kann, weil er keiner – nach dem Motto, so ist alles ganz kein fachlich kompetentes Urteil darüber fällen einfach. Das darf uns aber nicht davon abhalten,

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diese Debatte zu führen. den ich mache, ist, wenn das jetzt der Wissenschaftsbereich macht, dann könnte auch Es gibt tatsächlich ein Stück weit Analogien. Ich jeder Politikbereich auf die Idee kommen, eine würde jedoch weniger sagen, dass die Max- Stiftung für den Ressortbereich des jeweiligen Planck-Gesellschaft eine Analogie ist, sondern Ministeriums zu gründen. Wir haben zu wenig dass eher die DFG eine Analogie ist, weil es Journalisten, die über soziale Themen berichten. darum geht, dass dort Fördergelder vergeben Wir haben zu wenig Kulturjournalisten und werden. Die Stiftung würde ja nicht selber Sportjournalisten. Machen wir doch überall eine Journalismus betreiben. eigene Stiftung. Was kann man von der Governance lernen? Ich Das Thema ist nicht ganz einfach von der Hand würde zum einen sagen, die Vergabe von solchen zu weisen. Warum Wissenschaftsjournalismus, Mitteln müsste durch ein unabhängiges Gremium, warum manch andere Bereiche nicht? Wir als unabhängige Gremien laufen, in denen Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten Journalistinnen und Journalisten sowie vielleicht sind der Meinung, es gibt kein anderes Medienwissenschaftlerinnen und vergleichbar wichtiges Gebiet. Das werden andere Medienwissenschaftler sitzen, aber keine anders sehen. Diese Debatte muss geführt werden. Politiker und Politkerinnen und auch keine Das ist etwas, wo ich ehrlicherweise die größten Zivilgesellschaft. Probleme bei diesem Vorschlag sehe. Dass dann Dann gibt es aber noch ein Zweites. Es muss in eine Relativierung von nicht wissenschaftsaffinen irgendeiner Form ein Aufsichtsgremium geben. Leuten hereinkommen kann, die fragen, warum Darin sehe ich neben Journalisteninnen und gerade in der Wissenschaft. Das ist eine Journalisten, Medienwissenschaftlerinnen und interessante Debatte. Medienwissenschaftlern sehr wohl auch eine Meine Fragestellung, ob man nicht Rolle für die Politik und auch eine Rolle für die grundsätzlicher über einen Einstieg in eine Zivilgesellschaft. Das darf aber nicht ausarten. Stiftung für die Förderung von Journalismus in Das darf dann nicht so werden, wie wir es in den irgendeiner Form nachdenken sollte und das Rundfunkräten haben. Aber natürlich ist es auch nicht nur auf den Wissenschaftsjournalismus, illusorisch zu denken, dass man einfach als Staat erweckt vielleicht den Eindruck, dass ich das Geld in die Stiftung reinschießt und dann sagt: selber so fordere, aber diese Debatte müssen wir Macht damit was ihr wollt, es ist uns egal. Es auch an dieser Stelle führen. muss eine Rückbindung geben. Der amtierende Vorsitzende: Ja, mit diesen Man kann auf der einen Seite die Vergabe Worten von Herrn Dr. Wiarda schließt die erste unabhängig gestalten und im Aufsichtsgremium Runde. Wir treten gleich in die zweite Runde ein. muss auf der anderen Seite die Politik eine Rolle Ich darf mal ganz kurz vorlesen, wer sich alles zu haben. Diese Politik muss sich sehr zurückhalten, Wort gemeldet hat. Wir werden zunächst nach sie muss mit klaren Regeln gestaltet sein. Das ist der Reihe der Fraktionen vorgehen. Das wäre möglich, aber es ist nicht einfach. , , Katrin Staffel, Ich sehe nicht ein, warum man sich dann nicht Herr Kaczmarek, Herr Rossmann, Herr Frömming, auf diesen Versuch einlassen würde. Weil es zu Herr Heidt, Frau Dr. Sitte und Frau Dr. komplex ist? Die Politik muss sich selbst Christmann. beschränken. Herr Stollorz sprach von einer Ich möchte Sie bitten, wir haben jetzt noch eine Unabhängigkeitserklärung: Wir halten uns da dreiviertel Stunde Zeit, die Fragen möglichst raus. Aber es ist illusorisch zu denken, dass die unter zwei Minuten zu stellen, damit wir noch Politik sich völlig raushalten kann, wenn es um die entsprechende Zeit für die Antworten finden. Steuergelder geht. Mit diesem Spannungsfeld Das heißt also, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss man umgehen. Wir sind in der Debatte liebe verehrte Wissenschaftler, die dann noch die soweit, dass wir in der Lage sind, das zu tun. Fragen beantworten, bitte kurze Fragen und Eine Anmerkung noch: Was ich an dieser Debatte entsprechend kurze Antworten. Albert Rupprecht eher problematisch finde, auch an dem Vorschlag, bitte.

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Abg. Albert Rupprecht (CDU/CSU): Zunächst im Grunde genommen keine kulturelle danke für die vielen Aspekte, Ideen und Weiterentwicklung entsteht. Deswegen war unser Anregungen. Die große Kunst ist letztendlich, das Ansatzpunkt zu sagen, es muss zur Kultur der zu verdichten auf die Maßnahmen, die den Max-Planck-, der Helmholtz-Gemeinschaft usw. größten Impact haben, die eine Dynamik passen. Es muss aus der eigenen Kultur eine erzeugen. Ich möchte zwei Themen vertiefen, Weiterentwicklung entstehen. wohlwissend, dass vieles schon gesagt wurde, Sie haben mehrere Punkte genannt, aber letztendlich muss es sozusagen so verdichtet Anreizsysteme usw. Aber was heißt das werden, dass man es auch anwenden kann und in letztendlich im Konkreten? Was heißt das im Jahr die Umsetzungsreihenfolge läuft. 2020, wenn wir mit dem Präsident der Die erste Frage richtet sich an Herrn Wiarda. Außeruniversitären die Überprüfung dieser Meine Beobachtung ist seit 18 Jahren Deutscher Umsetzung und die Weiterentwicklung dieser Bundestag, dass die Bevölkerung immer stärker Umsetzung angehen? Was heißt das im Konkreten orientierungslos ist. Die Flut der Information, die bei den Größen, die Sie angesprochen haben, Komplexität der Themen nimmt zu. Im Grunde angewandt an das konkrete Anwendungsbeispiel genommen will ein Teil der Bevölkerung einfach außeruniversitärer Forschungseinrichtungen im seinen Frieden und seine Ruhe, weil vieles nicht Pakt für Forschung und Innovation? mehr verarbeiten werden kann. Der amtierende Vorsitzende: Freunde, es hilft Wissenschaft funktioniert diametral anders, nichts, wenn wir jeder zwei bis drei Minuten vertieft in komplexen Systemen Sachen auch in Fragen stellen. Dann ist es zwölf Uhr und dann Ruhe herauszuarbeiten. Deswegen noch einmal haben wir für die Antworten keine Zeit mehr. die Frage, alles was wir jetzt diskutiert haben Deswegen Stephan, mach eine Minute, keine muss ja letztendliche der Journalist Vorrede. transportieren. Wie bekommen Sie den Abg. Stephan Albani (CDU/CSU): Wenn wir über Spannungsbogen in diesem Spannungsfeld Wissenschaftskommunikation reden, dann reden zwischen dem Anspruch der wir über drei Ebenen. Das eine ist die Wissenschaftskommunikation und andererseits Kommunikation in der Wissenschaft selbst, die dem, die Bevölkerung so zu nehmen, wie sie ist, Kommunikation aus der Wissenschaft heraus und hin? die Kommunikation über die Wissenschaft. Jede Aus diesen vielen Vorschlägen noch einmal die dieser Ebenen hat eigene Spielregeln, eigene Frage: Was wäre für den Akteur des Journalisten Rahmenbedingungen, Schwächen, Stärken. Wenn bei den Rahmenbedingungen das entscheidende? auf der Ebene der Kommunikation in der Ich könnte aus 18 Jahren viele Erlebnisse Wissenschaft – Arbeitshypothese, Verifikation, berichten, die ich mit Wissenschaftsjournalisten Valsifikation –, der Diskurs letzten Endes hatte und ich sage, da war vieles ziemlich immanent ist, und, wenn er aus der Wissenschaft Ungutes dabei. Da stimmt irgendwas nicht mehr herauskommuniziert wird, dann zu Lernkurven, richtig. also auch zur Veränderung von Auffassungen, führt, führt dies auf der dritten Ebene, also der Zweiter Punkt, Frau Boetius. Bei den Kommunikation über die Wissenschaft, häufig außeruniversitären Forschungseinrichtungen, bei zum Umfallen und zu Unsicherheiten und der Paktverlängerung ware eines der zentralen Ähnlichem. Themen für uns als Unionsfraktion der Transfer. Kommunikation ist nur ein Teil dieses Frau Boetius, die Frage ist: Inwiefern können wir Transferaspektes, auf den wir uns heute die Einigkeit über die Tatsache, dass mehr konzentrieren. Wir haben außerordentlich darum qualitative Kommunikation notwendig ist, gerungen, dass es eine neue Bedeutung bekommt, sicherstellen, so dass diese erste Ebene, nämlich aber wir wollten vermeiden, dass irgendwann die Kommunikation in der Wissenschaft, formalistisch mit irgendwelchen Berichtswesen, geschützt bleibt? Weil ich glaube, dieses in die wo irgendwelche Indikatoren abgebildet sind, Kommunikation nach außen gestellt, führt in irgendein Assistent irgendwas zusammenschreibt, unmittelbarer Form zu Schwierigkeiten und im

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schlimmsten Fall sogar zur Beeinflussung der nochmal deutlich geworden ist. Ich glaube, dass Wissenschaft, diesen Diskurs zu vermeiden, um das schon ehrlich gesagt in der Klimadebatte am Ende nicht in eine Position gedrängt zu deutlich geworden ist, bis hin zu der Frage, dass werden nach dem Motto: Die fallen um, was man sich auch völlig absetzen kann von haben sie gestern erzählt oder dergleichen mehr, eigentlich entschiedenen wissenschaftlichen um damit sozusagen etwas glatt zu bügeln. Debatten und dem Ignorieren davon, dass bestimmte Debatten entschieden sind. Herr Wiarda, die zweite Frage: Wie kann sichergestellt werden, dass eine finanzielle Das, was wir gerade erleben mit der BILD-Zeitung Unterstützung nicht zur Loslösung von den und Herrn Drosten, das ist nochmal eine andere üblichen Erfolgsfaktoren Reichweite, Interesse, Dimension. Das ist nämlich Kritik an der Wahrnehmung und Ähnlichem führt und Wissenschaft mit unwissenschaftlichen andererseits Unabhängigkeit nicht zur Nutzung Methoden. Also wer redet wie über wen. der üblichen Mechanismen innerhalb des Eigentlich sind wir jetzt schon so weit, wer Journalismus führt, nämlich dazu, Spektakuläres könnte wie über wen geredet haben. Und das zu verstärken, weil es sich leichter breiten wir jetzt mal alles aus. Ich will sie nicht kommunizieren lässt? dazu verleiten, die Arbeit von Journalisten und Journalistinnen zu bewerten. Ich will nur sagen, Abg. (CDU/CSU): Dankeschön. ich glaube das löst Erkenntnisgewinne auf. Das Frau Professorin Boetius, sehr gute löst am Ende Orientierung für die Menschen auf. Kommunikation läuft nicht nebenher. Sie haben Und meine Frage ist: Welche Form der Regeln, in dort einiges ausgeführt, was praktisch zu der dem Falle wahrscheinlich Selbstverpflichtungen, Kommunikation dazu noch getan werden muss. für alle Journalisten und Journalistinnen Ich möchte ergänzen. Aus meine Sicht braucht es brauchen wir für die Kommunikation über auch ein umfassendes Monitoring. Wir brauchen Wissenschaft und wie können wir dafür sorgen, Frühwarnsysteme, welche Themen hochkommen. dass die auch eingehalten werden? Wir brauchen auch eine Möglichkeit, wo sich Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann(SPD): Herr Alt, verunsicherte Bürger hinwenden können. Ich Sie haben eine Stellungnahme im März glaube nicht, dass das die Wissenschaft in diesem abgegeben. Die haben Sie jetzt erweitert in drei vollen Umfang ausführen kann. Punkten, Work in Progress. Deswegen würde ich meine Frage an Herrn Dr. Meine Frage: Ist von der Brandt richten, der zu einer Einrichtung gehört, Hochschulrektorenkonferenz ein Konzept mit die eigentlich genau das tut. Ich meine mich auch Leitsätzen und Selbstverpflichtungen zu zu erinnern, Sie haben einmal erzählt, dass Sie so erwarten, dass das Thema ein bisschen in die Richtung Frühwarnsystem, Wissenschaftskommunikation adressiert oder Monitoring, was sind eigentlich die Themen, die woran scheitert das? momentan relevant sind, arbeiten. Meine Frage an Sie: Wie kann man so proaktive Kommunikation Die Frage an Frau Lugger: Die auch in Einrichtungen wie der Ihrigen umsetzen? Koalitionsfraktionen haben in ihrem Antrag eine Was brauchen wir noch viel mehr, um dort auch Ziffer 5, wo der Wissenschaftsrat um eine wirklich umfassend eine gute Kommunikation Bestandsaufnahme zur Situation der leisten zu können? Danke. Wissenschaftskommunikation gebeten werden soll. Wie sehen Sie den Status, was einen solchen Abg. (SPD): Vielen Dank Herr Gesamtbericht angeht? Gibt es den schon oder Vorsitzender und vielen Dank an die könnte das auch für die weitere politischen Sachverständigen für die außerordentlich Entwicklung hilfreich sein, einen zwei- oder spannende Diskussion. Ich möchte noch einmal dreijährigen Bericht und Evaluationsbericht von auf den Aspekt Kommunikation über welcher Adresse zu bekommen? Wissenschaft kommen. Meine Frage geht an Herrn Stollorz und Herrn Wiarda. Einige Redner Abg. Dr. Götz Frömming (AfD): Vielen Dank, Herr haben gesagt, dass mit der Coronakrise sozusagen Vorsitzender. Ich möchte eine Frage in zwei die Bedeutung von Wissenschaftskommunikation Teilen adressieren. Zum einen an Herrn Professor

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Alt und auch an die Bundesregierung. Ich glaube, die Wissenschaftskommunikation ist jahrelang es ist im Gespräch deutlich geworden, dass bewusst oder unbewusst durch die Medien Wissenschaftskommunikation und Freiheit vielleicht sogar unterbunden worden, weil untrennbar zusammen hängen. Ohne Freiheit der Themen gerade nicht ins Bild gepasst haben. Wissenschaft und Forschung selbst, aber auch Deshalb müssten in dieser Hinsicht unsere ohne Meinungsfreiheit kann es keine gelingende Universitäten vielmehr physisch gestärkt werden, Wissenschaftskommunikation geben. auch vor allem eine moderne Medienkompetenz erworben werden, gerade in Verbindung mit Zu Beginn der Corona-Krise haben wir gesehen, freier Lehre, Forschung, Experimentierräumen, wie in China Berichte von Ärzten und Anschubfinanzierung für Sprunginnovationen. Wissenschaftlern zensiert und gelöscht worden sind. Es war übrigens die Netzgemeinde, es waren Und an Herrn Professor Dr. Gerald Haug: Die Zahl Blogger, die diese Nachrichten in andere der Kommunikationskanäle hat sich multipliziert, Sprachen übersetzt haben, dass sie dann Zielgruppen haben sich sehr stark fragmentiert, überhaupt gelesen werden konnten. während die vermittelnden Botschaften zugespitzter und schneller geworden sind. In den Ich möchte Herrn Professor Alt fragen: Wie sozialen Medien sind neben den etablierten bewerten Sie in diesem Zusammenhang den journalistischen Medien neue Akteure und neue Ausbau der Zusammenarbeit mit China Formen der Wissenschaftskommunikation insbesondere die Konfuzius-Institute, den Ausbau entstanden. Ist die Leopoldina entsprechend der Konfuzius.Stipendien? Es gibt dazu eine vorbereitet? Schafft sie neue Strukturen, neue anhaltende kritische Berichterstattung, Formate, um die Verlässlichkeit der insbesondere zur FU, der sie ja früher vorstanden. Kommunikation sicher zu stellen bei Beachtung Es soll Verträge gegeben haben, wo auf deutschem der Regeln des Marktes? Und haben Sie Boden chinesisches Recht eingehalten werden möglicherweise sogar ein PR-Konzept? Denn soll usw. durch die Dynamik der sozialen Netzwerke Die Bundesregierung, das BMBF bewirbt diese besteht die Gefahr, dass Fehlinformationen Stipendien auf ihrer Seite. Wie bewerten Sie überhand nehmen und sie sich in den diese Zusammenarbeit? Netzwerken extrem rasch verbreiten. Der amtierende Vorsitzende: Kollege Frömming, Abg. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.): Danke schön. das mit der Bundesregierung müssen wir auf den Falls sich jemand zu diesem Stiftungsmodell Ausschuss verschieben. Dann dürfen wir äußert, würde mich interessieren, wie kriegen wir fortfahren mit von der FDP. das hin, dass wir nicht die Substanz auffressen? Da muss nach gegenwärtigen Zeiten immer Abg. Peter Heidt (FDP): Ja, vielen Dank. Die nachgeschossen werden. Freien Demokraten haben mit ihrem Antrag unter anderem die Initiative „Haus der kleinen Meine Frage richtet sich an zwei Expertinnen. Forscher“ angesprochen und dort gefordert, das Einmal an Frau Professor Boetius und zum dauerhaft abzusichern und weiter auszubauen. anderen an Dr. Ober. Wir reden jetzt im Nach unserer Auffassung muss Wesentlichen über Wissenschaftskommunikation. Wissenschaftskommunikation auch schon im Ich erinnere daran, dass der Prozess zuvor dafür Kita- und Grundschulbereich beginnen und im auch entscheidend ist. Mich bewegt immer, dass Ergebnis für die Menschen alltäglich werden. die Art, wie geforscht wird, über einen längeren Zeitraum ja doch ein „Closed Shop“ ist. Deshalb Herr Dr. Stefan Brandt an Sie die Frage: Wir müsste sich eigentlich auch die Kultur, verzeichnen ja positiv, dass wissenschaftlich zu arbeiten, ändern. Wissenschaftskommunikation in den letzten Beispielsweise haben wir in den letzten Jahren Monaten durchaus einen Schritt nach vorne immer wieder über Open Access geredet. Das gemacht hat, auch, dass Wissenschaftler in würde bedeuten, dass die Fehlerdiskussion viel umfassender Weise ins Rampenlicht der früher beginnen könnte, sowohl in der Öffentlichkeit treten konnten, gerade auch durch Wissenschaftscommunity als auch darüber neue Netzwerke. Man kann allerdings auch sagen, hinaus. Deshalb würde mich interessieren, in

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welchem Spannungsverhältnis Sie Bereich für die Doktorandenprogramme als auch Wissenschaftskommunikation, Open Access und in dem Sektor für Weiterbildung für die weiteren Rückwirkung auf wissenschaftliches Arbeiten Karrierestufen zu bringen. Wir haben aber und offenen Umgang mit Fehlern sehen. Das wäre natürlich keine Regelungskompetenz. Die meine Frage an zwei Expertinnen. Kompetenz, die wir haben, ist die Kompetenz der Mitglieder. In diesem Sinne werden wir Abg. Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE sicherlich an einer größeren – sagen wir einmal – GRÜNEN): Vielen Dank. Ich würde in der zweiten Nachhaltigkeit der Maßnahmen in diesem Bereich Runde gern nochmal auf die Verbindung in die arbeiten. Das ist auf jeden Fall eine Konsequenz Gesellschaft Bezug nehmen und auf die Frage, der Erfahrung des letzten Jahres. Wir haben die wie Wissenschaftskommunikation gucken muss, Herausforderung anzunehmen, dass wir die wen sie anspricht und wer kommuniziert. Ich jungen Wissenschaftlerinnen und würde gern Herrn Haug von der Leopoldina Wissenschaftler, die ohnehin schon unter einer fragen. Dort hatten wir die große Debatte über die Vielzahl von Aufgaben leiden, jetzt auch in Stellungnahme hinsichtlich der weiblichen diesem Sektor stärker qualifizieren müssen. Das Mitglieder im Team. Deswegen die Frage, was Sie müssen wir so leisten, dass es nicht auf Kosten dort für Rückschlüsse für Ihre Organisation der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit geht. mitgenommen haben und wie Sie in Zukunft Das ist nicht so ganz trivial bei einem enorm damit umgehen. belastetet Arbeitsalltag. Aber mehr Und Herrn Brandt würde ich gern ansprechen für Verbindlichkeit in diesem Sektor – übrigens das Futurium. Sie sind als Institution auch genauso wie bei der Lehrqualifizierung, wo ich prädestiniert dafür, als Experimentierraum neue mir das auch wünsche – ist erforderlich. Formate auszuprobieren, die auch andere Herr Frömming, die Gruppen ansprechen als diejenigen, die Wissenschaftskommunikation ist in der Tat klassischerweise Wissenschaftskommunikation etwas, was in unterschiedlichen Ländern rezipieren. Deswegen die Frage: Was für Formate unterschiedlich gehandhabt wird. China ist in der machen Sie schon? Denken Sie auch weiter, dass Tat ein Beispiel dafür, wo man sehen kann, dass Sie Menschen ansprechen, die normalerweise freie Wissenschaftskommunikation nicht vielleicht nicht den Wissenschaftsteil in der Zeit stattfindet oder massiven Einschränkungen lesen. Was sind Ihre Projekte? unterliegt. Wir haben immer als Der amtierende Vorsitzende: Wir bedanken uns Wissenschaftssystem – ich spreche jetzt glaube ebenfalls für die Fragen und treten gleich in die ich nicht nur für die Hochschulen, sondern für Antwortrunde ein. Wir haben jetzt noch eine alle Einrichtungen des Wissenschaftssystems – halbe Stunde. Das würde bedeuten, wenn ich die das Prinzip gehabt, dass wir auch mit schwierigen neun Personen hier mit jeweils drei Minuten im Partnern reden, dass wir mit ihnen kooperieren, Durchschnitt nehme, dann sollte das vielleicht auch in der Erwartung, dass es ja nicht darum der Richtwert werden. Deswegen darf ich gleich geht, dass wir uns deren Regeln unterwerfen, Prof. André Alt bitten, die Fragen von Ernst sondern dass wir unsere Prinzipien, unsere Dieter Rossmann und Götz Frömming zu Grundsätze in dieser Kooperation stark machen beantworten. und vertreten. Dazu gehört auch, dass man mit China arbeitet. Die Konfuzius-Institute werden in Prof. Dr. Peter-André Alt den einzelnen Hochschulen mittlerweile (Hochschulrektorenkonferenz): Herr Rossmann, unterschiedlich gesehen. Das hat aber sehr Ihre präzise Frage kann ich präzise beantworten. verschiedene Gründe, über die ich mich hier jetzt Die Hochschulrektorenkonferenz ist sich der nicht auslassen kann, weil ich diese Gründe auch Notwendigkeit des Themas und einer nicht kenne. Entscheidend ist, dass man für die Weiterentwicklung des Themas Regeln der Zusammenarbeit eine gute Basis Wissenschaftskommunikation sehr bewusst. Es schafft. Wir haben jetzt gerade in der gehört zu unseren wesentlichen Hochschulrektorenkonferenz eine Arbeitsgruppe Herausforderungen, da tatsächlich mehr laufen, die Regeln für die Zusammenarbeit mit Verbindlichkeit sowohl in dem curricularen internationalen Partnern – auch solchen, die wir

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als schwierig bezeichnen oder wahrnehmen – hin zu WiD, zur Leopoldina. Es geht um die aufstellen. Dazu gehört, dass man beim Einstieg Strategie. Die kann man diskutieren, anfassen. in die Verhandlungen die eigenen Grundsätze Daran kann man zusammen weiterarbeiten und und Prinzipien offenlegt, um am Ende nicht auf aus dem Bereich der Politik natürlich hinschauen der anderen Seite vielleicht falsche Erwartungen und dann auch dafür einmal Wertschätzung zu schüren. Ohne dass ich, das werden Sie sich äußern. Im neuen Zeitalter Corona wird jetzt klar, vorstellen, in Details der Vertragssituation an der was Wissenschaftler aber auch Journalisten da FU einsteigen will und kann, kann ich Ihnen leisten. Dass zu loben oder dann auch darauf stolz versichern, dass wir bei den Verhandlungen über zu sein und international zu gucken, wie andere die Förderung des Chinesischunterrichts durch Länder dastehen, wie geht das? Sich diese Zeit die chinesischen Partner genau diese Grundsätze überhaupt zu nehmen, auch hier im eingehalten haben. Das ist wichtig. Es ist auch Forschungsausschuss, ist sicherlich ein Beitrag. entscheidend, dass man keine Brücken abbricht Dann komme ich gleich zur Frage von Herrn und zugleich – das gilt nicht nur für die Albani. Wie kann bei dieser Frage nach mehr Wissenschaftskommunikation – die Prinzipien, Kommunikation die Wissenschaft trotzdem denen wir im Zuge und im Rahmen der geschützt sein? Da sind natürlich zwei Sachen Wissenschaftsfreiheit folgen, am Anfang jeder anzuschauen. Natürlich muss Forschen in einem Vertragsverhandlung deutlich mitteilen und klar Ruheraum, in dem man auch einfach nur denkt kommunizieren. und ausprobiert, möglich sein. Das hat auch Prof. Dr. Antje Boetius (Alfred Wegener Institut, niemand, so verstehe ich das BMBF-Papier, Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung): Ich gefordert, dass alles und jeder die ganze Zeit beginne mit der Frage von Herrn Rupprecht. Die quatscht, wenn er gleichzeitig repetiert oder Paktziele die gesetzt sind, enthalten mehr Ehrgeiz rechnet. Sondern es geht grundsätzlich um den im Transfer. Aber welche Indikatoren gereichen, Beitrag, den Wissenschaft zur Gesellschaft leistet, um das dann zu monitoren, um dann auch stolz immer wieder die – und da eignen sich eben auf die Forschung zu sein, wie man es ist, wenn manche besonders dafür –, die erklären: Wie sie Drittmittel reinholt oder viele Publikation hat? funktioniert Wissenschaft, woher kommt unser Für die Wissenschaft insgesamt gilt, dass diese Wissen, wie sicher ist es, wo trägt es uns hin? quantitativen Indikatoren, die man besser Aber auch diese tolle Sache: Was denken wir darstellen kann, die man schneller messen und überhaupt Neues als Menschen? Bitte vergessen vergleichen kann, abgelehnt werden. Immer mehr Sie nicht, dass ein Element der sagen, es kann nicht die Zahl der Publikationen Wissenschaftskommunikation diese Entdeckung sein, es muss um Qualität gehen. Und so geht es ist, die dauernde Verschiebung der Grenzen des dann natürlich gerade bei der Kommunikation. Wissens enthusiastisch als unser Menschsein Man kann Agenturen bitten, Reichweiten zu darzulegen. Das ist ein ganz fundamentales ermitteln. Die kann man auch vergleichen. Das Element der Wissenschaftskommunikation – und sind dann Zahlen – aber was sagt einem das eben nicht nur die großen Herausforderungen zu genau? Und da ist empfohlen – und ein bisschen bewältigen, aber das auch. Wie kann man das geprobt haben wir schon im Rahmen der schützen? Die Wissenschaftler müssen Methodik Exzellenzstrategie auch auf hoher Flughöhe von lernen. Die müssen selber ein Repertoire Institutionen – eine Strategie, die man hat. Wie bekommen, wie sie sich bei kritischen Themen so wird eins daraus, wenn man forscht, wenn man hinstellen, dass sie als Mensch rüberkommen, das ausbildet, wenn man Infrastrukturen, Daten ihre Haltung rüberkommt. Wie halte ich es aus, bereitstellt? Was hat das mit der Aufgabe zu wenn ich danach beschimpft und bedroht werde? kommunizieren zu tun, mit verschiedenen Dass da Hetze ist, dass Hetze überall gegenüber Sektoren der Gesellschaft etwas zu teilen. Die Wissen zu spüren ist, das ist klar, das hat auch Strategie von Institutionen, von kleinen Einheiten uns in Deutschland erwischt. Einerseits ist dann bis zur großen außeruniversitären Organisation, der Schutz zu stärken und in der Institution muss die muss besser aufbereitet sein, klarer sein, die es Anlaufpunkte geben, auch einmal von außen muss Chefsache werden. Das fordern wir aus verteidigt zu werden. Sprich, wir arbeiten mit einer Reihe von Kreisen vom Siggener Kreis bis dem Journalismus, dem es ähnlich geht, Hand in

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Hand, weil dieser Geschichten von Menschen Dr. Stefan Brandt (Futurium): Ich glaube, dass aufgreifen kann. Aber die Wissenschaft ist alle drei Fragen, jedenfalls interpretiere ich sie so ehrgeizig. Die jungen Leute heute wollen raus und versuche sie auch so zu beantworten, auch und das, was sie wissen, teilen, gerade wenn es schon auf die Rolle von Publikumsinstitutionen kritisch ist und gerade, wenn es mal weh tut. bei der Wissenschaftskommunikation hinweisen. Aber man muss sie auch einfangen und ihnen Ich möchte es auch noch einmal unterstreichen: helfen können, wenn es schief geht. Bei uns zum Es ist ein ganz wichtiger Kanal, den man nicht Beispiel bei Helmholtz wird gefordert, dass der unterschätzen sollte. Wenn Sie sich alleine die Nachwuchs in dieser Methodenkompetenz drei Häuser Naturkundemuseum, gefördert wird. Das müssen wir noch Technikmuseum und Futurium in Berlin organisieren. Das ist auch kein Nebenher. anschauen, haben wir zusammen schon fast zwei Millionen Besucher und physische Letzte Frage: Forschen als Closed Shop. Gibt es Besucherkontakte pro Jahr. Wenn Sie es Bereiche der Forschung, die so ganz deutschlandweit sehen, können Museen generell weggeschlossen sind? Wo die Öffentlichkeit ganz spannende Orte der nichts mitbekommt? Was macht Open Access? Wissenschaftskommunikation sein. Neutrale Orte, Open Access ist ja toll. Es erlaubt, dass jeder wo Menschen zusammenkommen können und unsere Forschungspapiere herunterladen und die interdisziplinäre Kommunikation starten lesen kann. Aber die Umfragen zeigen, es gibt oft können. nicht einmal 10 Leser pro Papier. Wir wissen das über Zitationen und wir wissen auch, wie unsere Aber jetzt konkret zu den Fragen. Frau Staffler, Forschungspapiere sind. Sie sichern einen Sie hatten gefragt: Wie kommen wir an die Forschungsprozess, aber man liest sie nicht zum Themen? Wie kann man da mit diesem Frühstück und weiß dann, aha, hier ist wieder Frühwarnsystem herankommen? Dazu muss ich das erforscht worden. sagen, da sind wir auch absolut noch in der Experimentierphase. Da würde ich jetzt keine Ich halte Forschung gar nicht für einen Closed endgültigen Wahrheiten, falls man das dort Shop, denn die, die forschen, sind Menschen. Die überhaupt machen kann, verkünden wollen. Ich haben ein Zuhause, die haben eine Familie, die möchte versuchen, deutlich zu machen, wie wir werden befragt, die lesen Zeitung, die kommen uns den Themen annähern. Da gibt es mit einer Idee zu ihrer Forschung. Indem sie verschiedene Wege. Wir haben zum einen die Forschungsförderung haben, legen sie offen, klassischen Umfragen. Wir fragen unsere woran sie forschen. Dann in Ruhe, Closed Shop Besucherinnen und Besucher, was sie interessiert, noch repetieren zu können und wirklich den was die Themen sind, die wir vielleicht auch Raum zu haben, auszuprobieren, da meinen Sie noch nicht im Futurium abgedeckt haben, die sie auch sicher nicht, Frau Sitte, dass da jemand bei uns sehen wollen. Und da waren noch vor nebendran stehen muss und über die Schulter Corona drei Themen ganz besonders wichtig. Das schauen. Wir liefern Berichte ohne Ende ab. Aber war das Thema Mobilität, das war das Thema lesen Sie die? Beschäftigen Sie sich mit all dem Klimaschutz und auch da schon das Thema Zeug, was wir von morgens bis abends berichten? Gesundheit. Natürlich noch ohne dieses Wissen Letzter Punkt: Vertrauen. Alle müssen auf über Corona. Wir haben uns dann entschieden, Forschung und Wissenschaft und ihre Leistung als nächstes das Thema Mobilität noch stärker in vertrauen können. Wir müssen beweisen, dass die Ausstellung und auch in unser Haus zu wir dieses Vertrauen nicht missbrauchen. Da bringen. Wir bringen jedes Jahr neue Themen in drinnen braucht es eben die unser Haus. Das soll nicht statisch bleiben. Wie Wissenschaftskommunikation. Das ist wieder nähern wir uns nun diesem Thema Mobilität an? Qualitätsanspruch, Methode. Und es ist nach wie Wie kommen wir da an die Unterthemen heran? vor: Nicht alleine die Forschung verantwortlich Da wollen wir verschiedene Quellen machen für die Wissenschaftskommunikation, zusammenführen. Da gibt es natürlich die sondern aufpassen, dass unser Spiegelbild da Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, draußen mit uns Hand in Hand und genauso unsere Gesellschafterinstitutionen sind ja fast alle arbeiten kann. Danke. großen Forschungsgesellschaften in Deutschland.

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Da kommen wir natürlich gut an die bedeutet also an der Stelle konkrete Inhalte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heran. zusammen mit Technologie zu vermitteln und Wir haben eine eigene Rechercheabteilung. Die nicht die Technologie abzusetzen. Um zu versucht, dies auch quasi über den verstehen, wo vielleicht auch Grenzen von Medienspiegel, aber auch über Publikationen Technologie und vielleicht auch die Gefahren wissenschaftlicher Art zu erschließen. Wir haben sind. Wir wollen neben den Chancen immer auch Horizon Scanning, also letztlich eine Agentur, die mögliche Probleme und Risiken im Blick halten. uns bei dem Thema noch einmal unterstützt, wie Dann schließlich das dritte Thema. Frau man an Themen kommt. Wir haben den Christmann, Sie hatten nach den innovativen Bürgerinnen- und Bürgerinput. Den wollen wir Formaten gefragt. Auch da vielleicht ein paar besonders in den Mittelpunkt stellen. Wir konkrete Punkte, was wir schon gemacht haben. möchten die Themen dann schon am Beginn mit Wir haben schon relativ viel ausprobiert. Wir den Bürgerinnen und Bürgern erarbeiten. Wir haben beispielsweise ein Kneipenquiz, wo wir wollen nicht erst dann, wenn schon die Messe Zukunftsfragen tatsächlich in spielerischer Form gesungen ist, das Publikum einbinden, sondern auch einmal bei einem Glas Wein oder Bier am schon vorher. Wir haben schon mehrere Abend mit Teams erarbeiten. Das funktioniert Workshops gemacht und schon ganz interessante sehr gut. Das ist sehr niedrigschwellig. Wir hatten Ergebnisse, was Mobilität angeht, dass die schon einen Arztbesuch der Zukunft mit Virtual Menschen, mit denen wir gesprochen haben, die Realitiy und einem Game-Theater, also auch das Bürgerinnen und Bürger, systemische probieren wir an der Stelle. Wir haben Speed- Zusammenhänge besonders wichtig finden. Die Datings mit Expertinnen und Experten, die sich haben gesagt, technische Innovationen – eins zu eins mit Bürgerinnen und Bürgern treffen. wunderbar –, aber kleistert uns nicht nur damit Ich glaube, auch da muss man sagen, sind wir zu. Wir brauchen den Zusammenhang. Wenn wir absolut am Experimentieren. Wir schließen auch Mobilität neu denken wollen, brauchen wir nicht aus, dass das eine oder andere auch einmal größere Zusammenhänge und nicht nur einzelne schief geht, dass wir auch einmal sagen, das singuläre technische Lösungen. Das finde ich haben wir uns so gedacht, aber das war es einen spannenden Input, der natürlich in unsere vielleicht noch nicht. Oder beim nächsten Mal Arbeit einfließen wird. Soweit vielleicht ein machen wir es etwas anders. Wir entwickeln das kleiner Blick in die Werkstatt zu diesem Punkt. auch immer weiter. Herr Heidt, Sie hatten das Thema Ich möchte vielleicht noch einmal die Medienkompetenz und die Frage: Muss man da internationale Perspektive mit einbringen. Gerade nicht schon in jungen Jahren Kompetenzen was die Schnittstelle zwischen Kunst und schaffen? Ich würde sagen, da sind wir auch Wissenschaft angeht. Da sind wir gerade dran, komplementär unterwegs, auch zum Haus der aber das ist manchmal gerade auch in kleinen Forscher. Wir setzen ein bisschen später Deutschland immer noch so ein bisschen etwas mit unseren Projekten in unserem Futurium Lab Ungewöhnliches, wenn man das probiert. Da sind an, ab Sekundarstufe 1. Wir haben in der Tat das andere teilweise schon weiter. Wenn ich Ziel, Kinder und Jugendliche an neue internationalen Einrichtungen davon erzähle, Technologien heranzuführen, auch an Museu do Amanha in Rio de Janeiro, auch Kommunikationstechnologien, aber eben auch an anderen, merkt man, für die ist es völlig normal, Technologien wie Virtual Reality, wie Big Data dass man auch diese Sphären versucht und andere Dinge. Das möchten wir immer mit zusammenzubringen. Kunst, Wissenschaft, aber einem konkreten Inhalt verbinden. Wir wollen auch andere gesellschaftliche Bereiche. Ich nicht die Technik einfach so in den Mittelpunkt glaube, da müssen wir noch viel stellen, sondern beispielsweise bieten wir experimentierfreudiger sein. Das werden wir Workshop-Formate an „Wie stellt ihr euch die versuchen und nehmen dabei in Kauf, dass Stadt der Zukunft vor?“ mit Virtual Reality. Sie vielleicht auch einmal das eine oder andere nicht lernen dabei, wie sie die Stadt der Zukunft quasi funktioniert. entwerfen können und sehen das Ergebnis dann in 3D quasi schon vor den eigenen Augen. Das Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug (Leopoldina): Ich

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kann mich kurzfassen. Herr Heidt, Sie hatten gemacht. nach der Verlässlichkeit der Kommunikation in Die andere Frage ist natürlich, wenn daraus dann den sozialen Netzwerken gefragt. Die Leopoldina Empfehlungen abgeleitet werden sollen, reicht hat eine achtköpfige Kommunikationsabteilung. das Quantitative natürlich nicht aus. Es geht sehr Wir bespielen die sozialen Netzwerke um die Frage der Qualität dessen, was da mittlerweile intensiv, sind auf Twitter. Wir gemessen und erhoben wird. Es zeichnet sich ab, tweeten und retweeten, wenn das irgendwie wenn man sich so umhört, dass sehr viele ernsthaft ist und sind da wirklich mit großem Kommunikationsabteilungen auch heute noch Engagement unterwegs. einiges an Kommunikation betreiben, ohne sich Frau Christmann, ich habe mich sehr geschämt tatsächlich vorher richtige Ziele gesetzt zu haben, für diese Gender-Geschichte, sehr darunter ohne klar definiert zu haben, welche Zielgruppen gelitten. Mein erster Präsidiumsbeschluss – ich sie konkret damit erreichen wollen, mit welchen bin ja noch nicht so lange Präsident – war, dass Medien machen sie eigentlich was. Da könnte wir ab sofort in allen Arbeitsgruppen 30 Prozent alleine schon eine Nachfrage im Zuge einer Frauen haben. Bitte berücksichtigen Sie, dass die solchen Erhebung sozusagen zu einem Professorinnenschaft hier nur bei 25 Prozent ist Reflexionsprozess führen und eine Qualität und die typischen Mitglieder W3-/C4- steigern. Insofern finde ich es sehr lohnenswert, Professorinnen sind noch deutlich geringer. Aber in diese Richtung noch einmal reinzugehen und wir werden das immer entsprechend genau diese Faktoren, welche Medien, warum, für hinbekommen, dass wir auch jüngere Kolleginnen welche Zielgruppe und wie häufig wird das in Arbeitsgruppen einbinden. Wenn Sie die eingesetzt, gibt es eine Wirkungsmessung Gesundheitsstellungnahme, die jetzt gerade im hinterher. Das kann auf jeden Fall eine Spiegel durchtickert, anschauen: 15 Frauen, 16 Qualitätssteigerung bewirken, alleine indem man Herren. Wir haben eine Bildungsgruppe laufen nachfragt. Für Empfehlungen finde ich auch noch mit neun Frauen, sieben Männern. Sogar bei der wichtig, Best-Practice-Beispiele einzubeziehen, Energiewende sind wir mit vielen Ingenieurinnen auch so etwas mit aufzuheben und aktuelle dabei, über 30 Prozent. Das machen wir in Ergebnisse aus der Zukunft besser. Wissenschaftskommunikationsforschung in solche Empfehlungen auf jeden Fall mit Beatrice Lugger (NaWik): Danke für die Frage, aufzunehmen. Denn das ist immer noch ein Herr Rossmann. Meines Wissens gibt es vor allem großer Gap, dass hier zwar geforscht wird, aber eine große Bestandaufnahme von der Kollegin die Akteure nicht unbedingt mitbekommen, was Professor Lies-Möllmann von unserem KIT, die Ergebnisse zu der aktuellen Forschung sind. gefördert über den Bundesverband Insofern danke, wenn Sie da dran bleiben. Hochschulkommunikation. Eine große Erhebung, wie die Kommunikationsabteilungen in den Dr. Steffi Ober (Forschungswende): Die Frage war Hochschulen aufgestellt sind. Das ist aber nach dem Thema Open Access. Sie haben so mehrheitlich eine strukturelle Befragung über den schön gefragt, Frau Boetius, wer soll das denn Ausbildungsgrad derer, die dort aktiv sind. Es alles lesen? Das gilt natürlich auch für Open geht mehr um Organisationsstruktur, Access. Insofern kann ich nur noch einmal darauf Qualifikation, Aufgabenverteilung und solche zurückkommen. Wir brauchen mehr Menschen, Dinge. Aber darauf kann man mit Sicherheit gut die sich für die Wissenschaft interessieren. Wie aufbauen. Das ist die eine Seite für eine kommen wir dazu, dass aus den Befragten – was Bestandsaufnahme. Die andere Seite für eine ja in vielen Umfragen auch gemacht wird, was Sie Bestandsaufnahme sind mit Sicherheit auch die auch sagen aus dem Museum – Fragende werden, gut erfassten Kommunikationserhebungen von dass wir aktiv die Leute mit hineinbringen, dass den einzelnen Forschungsgemeinschaften. Die sie das Wissen suchen, dass sie es wissen wollen, machen das schon sehr frequentiert. Von dass sie es nachfragen? Bei allem Respekt vor Helmholtz weiß ich sehr dezidiert, dass hier Wissenschaftskommunikation. Es ist alles genau erhoben wird, wer wo wie aktiv war. Also wichtig. Wir brauchen zusätzlich dieses alleine schon rein quantitativ wird hier viel Empowerment, dieses aktivierende Moment.

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Wenn wir darauf schauen: Die Freiheit der Kommunikation dienen, aber nicht von Wissenschaft wurde in der Pauls-Kirchen- Journalismus. Das ist erst einmal das Erste. Und Verfassung von einem Bildungspolitiker ganz platt, Sie hatten nach Corona gefragt. Was eingeführt, von einem Herrn Fröbel. Der sagte, die Bildzeitung in der Causa Drosten macht, ist wir brauchen die beste Wissenschaft, damit der kein Journalismus, sondern eine Kampagne. mündige Bürger gute demokratische Punkt. Dazu kann ich nicht viel mehr sagen. Entscheidungen treffen kann. Und das hat ja zwei Gerade in Zeiten von Corona heißt es nämlich, Aspekte. Zum einen: Wie kommt die klarer zu unterscheiden zwischen Debatten, die Wissenschaft zum mündigen Bürger? Aber auch: sich wirklich um den epistemischen Kern von Wie wird denn der Bürger mündig, damit er sich Wissenschaft und Forschung drehen: Also, was orientieren kann, mit der Wissenschaft auch wissen wir eigentlich, wer weiß was über was. kommunizieren kann? Und deswegen noch Davon müssen wir die echten Wertkonflikte strikt einmal mein Appell, auch diese transdisziplinäre unterscheiden. Was wir aufgrund eines Forschung zu stärken, gerade in den komplexeren bestimmten verlässlichen Wissens tun sollen. Da Bereichen wie Gesundheit, Mobilität, sage ich einmal ein Beispiel. Wer heute nichts für Klimawandel. Genau darum geht es ja. Nicht nur den Klimaschutz tut, weil er zum Beispiel auf das wissenschaftliche Systemwissen, sondern seine persönliche Freiheit pocht, der bürdet den auch das Zielwissen von den Bürgerinnen und künftigen Generationen den Freiheitsentzug auf. Bürgern brauchen wir. Wo wollen sie denn hin? Das ist eine Wertdebatte. Ist das okay? Soll ich Wie wollen sie leben? Und wie kommen wir das machen? Ist das verboten? Darüber wird eine dahin? Auch da ist schon viel Wissen in den gesellschaftliche Debatte wichtig. Kommunen, in Verbänden, in Vereinen. Die Selbstverpflichtungsregeln: Also, guter Menschen viel aktiver in diese ganze Journalismus – jetzt in dem Sinne den ich meine, Wissenschaft von vornherein mit einzubeziehen, also nicht einfach massenmediale daran kann ich nur noch einmal appellieren. Kommunikation oder influenzergetriebene Damit machen wir nämlich Befragte zu selber Berichterstattung – guter Journalismus hat Fragenden, zu selber Betroffenen, zu natürlich über die Jahrhunderte Prinzipien Selbstaktiven, die sich miteinbringen in die entwickelt. Es gibt das Prinzip Redaktion. Es gibt Wissenschaft und auch lernen, wie schwierig es ethische Regeln. Dazu zählen ergebnisoffene manchmal mit der Wissenschaft ist. Dass ich kein Recherche, Vielfalt der Stimmen, redaktionelle Ergebnis in einem Jahr bekomme, sondern erst in Überprüfung von Aussagen und Tatsachen, drei Jahren, dass ich irre, dass ich revidieren Fehlerfreundlichkeit, Selbstkorrektur. Weil der muss, dass ich Risikoabschätzung lernen muss, Journalismus, anders als die Wissenschaft, am all das sind ganz wichtige Kompetenzen, die wir offenen Herzen der Weltgeschichte operiert. Das in den nächsten Jahrzehnten dringender denn je haben wir ja bei Corona schön gesehen. Der Erste, brauchen werden. Vielen Dank. der da am Start war, war natürlich die Volker Stollorz (Science Media Center Germany Wissenschaft selbst. Aber auch der Journalismus, gGmbH): Sie hatten nach der Kritik an der der über diese fragile Wissenschaft berichtet hat. Wissenschaft mit unwissenschaftlichen Methoden Um diese hären Ziele erfüllen zu können, das gefragt – das fand ich ein schönes Wort, das hat wissen wir alle, braucht es Ressourcen und Zeit – mir gefallen – und nach ohne Moos nix los. Das gilt auch im Journalismus. Selbstverpflichtungsregeln, die sich sozusagen Die Erlösmodelle sind das, worüber wir Journalisten auferlegen. Ich würde das vielleicht diskutieren müssen, wie künftig guter so fassen. Wir müssen in Zeiten dieser digitalen Journalismus unabhängig zum Beispiel von Informationsüberflutung zunächst einmal auf Werbung, aber auch unabhängig vom Publikum, allen Kanälen analytisch unterscheiden zwischen finanziert werden kann, weil auch das Publikum dem, was Journalismus ist und was natürlich Ansprüche an Journalismus hat. Das Kommunikation in digitalen Medien ist. Das ist kann dazu führen, dass die ethischen Regeln, die nicht mehr das Gleiche. Das ist jetzt nicht mehr der Journalismus entworfen hat, vergessen oder einfach gleichzusetzen. Es gibt Journalismus und nicht mehr richtig eingehalten werden. Was von es gibt auch Medien, die der Verbreitung von draußen vielleicht nicht so sichtbar ist: Guter

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Wissenschaftsjournalismus ist extrem relevant für in der Wissenschaft, vielleicht sogar bei reichen den Rest des Journalismus in den Redaktionen, Mäzenen, vielleicht auch irgendwann einmal in denn nur Wissenschaftsjournalistinnen den dann wieder erstarkenden weniger und -journalisten können professionell mit journalistischen Medien. Wir wissen es noch Wissenschaft umgehen. Deswegen können sie nicht. Aber wenn man nicht sichtbar ist und auch intern in der Redaktion für wenn man nicht erproben darf, welche Wege am Qualitätssicherung sorgen. Das ist ein Effekt, der Ende ein Publikum finden, dann wird gar nichts ist von draußen vielleicht nicht so klar. Aber sichtbar. Deswegen ist die Dauerhaftigkeit der wenn darum gerungen wird, was wir eigentlich Förderung nicht das Entscheidende, sondern erst wissen, dann ist der Wissenschaftsjournalist, einmal der Mut, ein Experiment auch einmal fünf jedenfalls in Zeiten von Corona, mit am Tisch Jahre laufen zu lassen, damit es überhaupt zeigen und diskutiert und streitet und kann erkennen, kann, ob es ein Publikum findet. was ein Preprint ist, was ein verlässlicher Der amtierende Vorsitzende: Danke Herr Stollorz. Konsens ist, wo eine echte Kontroverse herrscht. Die letzten Fragen von Kollegen Rupprecht, Das kann er viel besser einschätzen, weil er sich Albani und Oliver Kaczmarek wird dann Dr. seine ganze Karriere lang mit der professionellen Wiarda beantworten. Und ich bin auch ganz Beobachtung von Wissenschaft beschäftigt hat. Es gespannt, was Sie zur Priorität des ist in Corona-Zeiten sichtbar geworden, dass man Sportjournalismus sagen. nicht einfach in die Wissenschaft reinrennen kann wie in einen Dschungel und den ersten Dr. Jan-Martin Wiarda (Wissenschafts- und Forscher, den ich da finde, der ist die Opposition, Bildungsjournalist): Da ziehe ich mich jetzt ganz und dann stelle ich ihn in die Öffentlichkeit und einfach aus der Affäre und sage, es geht gar nicht das soll ein Diskurs sein. So funktioniert das halt darum, welche Priorität ich sehe. Es geht darum, nicht. Deswegen braucht es ja professionellen welche Priorität die Gesellschaft oder die Politik Wissenschaftsjournalismus und deswegen hat sieht. Natürlich werde ich als Wissenschafts- oder Politik, aber auch die Wissenschaft selbst, ein Bildungsjournalist nicht sagen, dass ich genuines Interesse daran, dass gerade dieser Wissenschaft oder Bildung besonders nachrangig professionelle Beobachter der Wissenschaft finde. Aber der Punkt ist halt einfach, wir müssen sozusagen nicht verloren geht. Ich widerspreche diese Debatte trotzdem führen, weil es noch da ein bisschen dem Martin, obwohl ich an sich andere gesellschaftliche Bereiche gibt – so viel mit ihm einig bin. Ich würde argumentieren, der dazu. Ich glaube nicht, dass wir einen Wissenschaftsjournalismus ist in einer Unterschied darin haben, was wir für wichtig Wissenschaftsgesellschaft eben wirklich erachten. Ich glaube eher, man muss sich fundamental wichtiger als der Sportjournalismus. überlegen, was andere für wichtig erachten. Das würde ich behaupten, aber nicht im Sinne Zu den Fragen. Ich versuche es ganz kurz zu von deswegen soll der Sportjournalismus machen. Herr Rupprecht, wie gehen wir damit verschwinden, überhaupt nicht, er ist völlig um, dass wir auf der einen Seite eine Flut an legitim. Aber wenn ich als Politik entscheiden Nachrichten aus der Wissenschaft haben und auf müsste, wen ich fördere, würde ich mich für den der anderen Seite eine nicht immer vorhandene Wissenschaftsjournalismus entscheiden. Bereitschaft der Bevölkerung, sie aufzunehmen? Dann noch eine ganz kurze Antwort zu der Frage So habe ich das verstanden. Das geht eigentlich der Dauerhaftigkeit der Förderung. Da würde ich nur, indem wir im Journalismus eins tun, was wir vielleicht noch ein Wort anschließen, denn sowieso tun. Wir sind Gatekeeper, waren Dauerhaftigkeit der Förderung heißt keine Gatekeeper, wir bleiben Gatekeeper, das war so. Ewigkeitsgarantie. Das Entscheidende ist, dass Und ehrlicherweise gibt es heute schon viel zu sich ein neues Experiment, wie das SMC erst viel, ob es jetzt noch einmal mehr wird, ist auch einmal bewehren muss. Es muss erst einmal schon fast egal. Aber der Punkt ist, es gibt wenig möglich sein, sichtbar zu sein. Es muss möglich Hochqualitatives. Das herauszusuchen, ist eine sein, dass Journalistinnen und Journalisten in so Aufgabe des Journalismus. Das andere ist: Wie eine Einrichtung Vertrauen fassen und dann im vermitteln wir das? Wir müssen als Journalist auf zweiten Schritt findet man Förderer in Stiftungen, Augenhöhe kommunizieren. Wir müssen auf

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Augenhöhe schreiben. Wir dürfen nicht Bedingungen anschaue, dann haben wir ja genau belehrend sein. Wir müssen anschaulich zeigen, das, dass wir einen Trend haben hin zu mehr wie Wissenschaft funktioniert. Wir müssen über Klickzahlen, zu den großen Schlagzeilen. Ich Menschen schreiben. Menschen fühlen sich wüsste ehrlicherweise nicht, dass das jetzt durch Menschen eher angesprochen als durch dadurch, dass ein neues Element dazu käme, abstrakte Konzepte. Das heißt wir müssen schlimmer werden würde. Ich glaube eher im verdeutlichen, veranschaulichen, welche Gegenteil. Eine Stiftung, die keine Relevanz Konzepte, Erkenntnisse, Debatten für Dauerfinanzierung bieten dürfte, das ist mir ganz Menschen haben. Wir müssen auch zeigen, dass wichtig. Es geht nicht darum, irgendwie eine der Streit in Wissenschaft und auch in Politik institutionelle Dauerförderung zu machen, spannend und wichtig ist und nichts Schlimmes sondern anzuschieben, Innovationen zu fördern, ist, nicht destruktiv ist, sondern dazu gehört und nachhaltige Geschäftsmodelle zu ermöglichen, dass das tatsächlich auch eine Spannung bei den die sich dann natürlich auch beweisen müssen Beobachtern erzeugen kann. Man muss halt und Recherchen zu ermöglichen. Das ist etwas, einfach aufhören, von so einer dozierenden Ebene das wird eher zu einer Versachlichung vielleicht aus kommunizieren zu wollen. Das passiert im auf eine gewisse Weise beitragen, als dass das Journalismus auch noch ganz häufig. Gegenteil passiert. Ich glaube nicht, dass eine Stiftung dem Spektakulären noch Vorschub Sie haben gefragt, was Wissenschaftsjournalismus leisten würde. braucht. Da fällt mir natürlich vieles ein, was man braucht, aber ich glaube, vor allem auch die Die Frage der möglichen Selbstverpflichtung von Bereitschaft der Politik und von Institutionen, Herrn Kaczmarek ist ja schon ein Stück weit sich ein Stück weit zu öffnen. Wenn ich mir viele beantwortet worden. Ich möchte nur ganz kurz Kommunikationen im wissenschaftspolitischen ergänzen. Es ist eben nicht eine Frage der Regeln, Bereich ansehe, dann ist das doch oft sehr der Selbstverpflichtung. Wir wissen das ja alles. formelhaft. Man trifft Entscheidungen auch gerne Es ist eine Frage der Professionalisierung in der hinter verschlossenen Türen und möchte Breite. Wir brauchen mehr Professionalisierung möglichst wenig rausgeben. Ich sehe es als im Bereich des Journalismus. Wir brauchen mehr Aufgabe als Wissenschaftsjournalist, diese Türen Zusammenarbeit mit Medienwissenschaft, mit ein bisschen zu öffnen. Das ist manches Mal mehr Journalistik. Wir brauchen aber eben auch, da gewollt, manchmal weniger gewollt. Ich würde sind wir beim Thema Stiftung, eine andere mich manchmal freuen, wenn es dafür mehr Möglichkeit neue Ideen auszuprobieren. Wir Bereitschaft gebe, auch in früheren Phasen der brauchen auch neue Geschäftsmodelle. Wenn das Entscheidungsfindung, auch übrigens in da ist, dann ist es so, dass diese Regeln, die Forschungseinrichtungen und in früheren Phasen eigentlich da sind, auch stärker beachtet werden. offener zu kommunizieren und offener bereit zu Ich will aber auch sagen, in vielen Fällen läuft es sein, Zweifel, die vielleicht da sind, zu ja auch ganz gut. Es ist ja nicht so, dass das, was debattieren. Oft hat man das Gefühl, dass die wir jetzt gerade um Drosten erleben, die ganze Lieblingskommunikation in Zeit der Normalfall ist. Ich finde, wenn man sich Wissenschaftseinrichtungen oder auch in der die letzten Wochen und Monate der Politik Closed Shop ist. Und dann kommt Berichterstattung in der Corona-Krise anschaut, irgendwann hinten etwas Strahlendes heraus. Ich dann ist da auch vieles journalistisch gut glaube, das ist nicht immer gut. gelaufen, würde ich einmal sagen. Vor allem, wenn ich es mit der Situation in anderen Ländern Herr Albani hat gefragt, wenn wir jetzt so eine vergleiche. Die Probleme sind da und die müssen Stiftung hätten – so habe ich Sie verstanden –, wir adressieren, aber ich glaube, dass die dann ist das losgelöst von irgendwelchen Mehrheit der Journalistinnen und Journalisten finanziellen Bewegungen und dann gehts ins diesem Kodex durchaus folgt. Spektakuläre. Dann gelten andere Regeln mit einem Mal. Ich würde jetzt einmal so sagen: Der amtierende Vorsitzende: Vielen Dank, Herr Wenn ich mir den gegenwärtigen Stand im Dr. Wiarda. Das beschließt nun unser Journalismus unter den gegenwärtigen Fachgespräch Wissenschaftskommunikation. Ich

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