Stellungnahme Der Oö. Umweltanwaltschaft Im
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Oö. Umweltanwaltschaft 4021 Linz • Kärntnerstraße 10-12 Geschäftszeichen: An das UAnw-010283/3-2014-Pö Amt der Oö. Landesregierung Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche Bearbeiter: Mag.Dr. Mario Pöstinger Tel: (+43 732) 77 20-134 54 und ländliche Entwicklung Fax: (+43 732) 77 20-2134 59 Abteilung Naturschutz E-Mail: [email protected] Bahnhofplatz 1 www.ooe-umweltanwaltschaft.at 4021 Linz Linz, 31. Jänner 2014 _ zu N-200830/186-2013-Has/Jo Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der das Gebiet "Waldaist und Naarn" als Europaschutzgebiet bezeichnet und mit der ein Landschaftspflegeplan für dieses Gebiet erlassen wird; Begutachtung - Stellungnahme der Oö. Umweltanwaltschaft Sehr geehrte Damen und Herren! Die Oö. Landesregierung beabsichtigt, das SCI "Waldaist und Naarn" durch Verordnung als Europaschutzgebiet zu bezeichnen und für dieses Gebiet, welches sich über die Gemeinden Allerheiligen i.Mkr., Bad Zell, Gutau, Kaltenberg, Liebenau, Pierbach, Pregarten, Rechberg, Sandl, St. Leonhard b.Fr., Schönau i.Mkr., Tragwein, Unterweißenbach, Weitersfelden und Windhaag b.P. erstreckt, einen Landschaftspflegeplan zu erlassen. Der Verordnungstext beinhaltet u.a. den Schutzzweck (§ 3) zur Erhaltung und ggf. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der angeführten Arten und Lebensräume sowie die Erlaubten Maßnahmen (§ 4), die keinesfalls zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzwecks des Europaschutzgebiets führen. Des weiteren enthält die Verordnung einen Landschaftspflegeplan (§ 6), in dem stichwortartig die Maßnahmen und Ziele zum Erhalt bzw. zur Erreichung des Schutzzwecks zusammengefasst sind. Der nunmehr zur Begutachtung vorgelegte Verordnungsentwurf weist Mängel auf, wodurch zu erwarten ist, dass den Zielsetzungen von Natura 2000 nicht Rechnung getragen werden kann. Unvollständige Auflistung der vorkommenden Schutzgüter Artikel 2 Abs 2 FFH-Richtlinie legt fest: Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. DVR: 0652334 (N:\Alle\_Post\PÖSTINGER\Sonstiges\010283_3_VO_ESG-Waldaist-Naarn_Stellungnahme.doc) Zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten wird gemäß Artikel 3 Abs 1 ein kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung "Natura 2000" errichtet. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten. Artikel 3 Abs 2 FFH-Richtlinie besagt: Jeder Staat trägt im Verhältnis der in seinem Hoheitsgebiet vorhandenen in Absatz 1 genannten natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten zur Errichtung von "Natura 2000" bei. Zu diesem Zweck weist er nach den Bestimmungen des Artikels 4 Gebiete als besondere Schutzgebiete aus, wobei er den in Absatz 1 genannten Zielen Rechnung trägt. Diesen Bestimmungen entsprechend und unter Berücksichtigung der Regelungen hinsichtlich der Schutzgutfestlegung sind zumindest alle in einem Gebiet signifikant vorkommenden Arten und Lebensraumtypen rechtlich verbindlich als Schutzgut auszuweisen [1]. Schutzgutlisten haben demnach nicht eine mehr oder weniger repräsentative Auswahl an Schutzgütern zu enthalten, sondern alle (zumindest) signifikant vorkommenden. Als Grundlage für eine vollständige Schutzgutliste kann der Standard-Datenbogen für das jeweilige Gebiet herangezogen werden. Dieser Anforderung auf Vollständigkeit kann nur dann Rechnung getragen werden, wenn auch tatsächlich alle in einem Gebiet vorkommenden Arten des Anhangs II und Lebensraumtypen des Anhangs I berücksichtigt werden bzw. in den Standard-Datenbögen auch erfasst sind. Dies setzt eine entsprechende Grundlagenforschung voraus. Im ggst. Fall ist anzunehmen, dass der Kenntnisstand über die im Gebiet dauerhaft oder vorübergehend vorkommenden Arten und Lebensraumtypen entweder unzureichend ist oder mit unzureichender Sorgfalt in den Verordnungsentwurf eingearbeitet wurde. Es ist anzunehmen, dass der Standard-Datenbogen als Grundlage für die Festlegung der Schutzgüter herangezogen wurde. Die Angaben im Standard-Datenbogen sind jedoch nicht vollständig. Einige Schutzgüter sind aufgrund der bekannten Faktenlage jedenfalls rechtlich verbindlich als Schutzgut in der Verordnung zu ergänzen. Konkret handelt es sich dabei um die Schutzgüter "8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation", Luchs (Lynx lynx) und Biber (Castor fiber). 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation Weite Bereiche des Schutzgebiets sind von mäßig steilen bis steilen Einhängen zu den namensgebenden Flüssen Waldaist und Naarn sowie zu deren Zubringern geprägt. Ein Charakteristikum dieser Hang- und Schluchtwaldbereiche ist auch das Vorkommen von unterschiedlich mächtigen Felsformationen, die als Felswände oder als Felsblöcke (Restlinge mit charakteristischer Wollsackverwitterung), zum Teil aber auch in Form kleinflächiger Blockschutthalden in Erscheinung treten. Der Reichtum an Felsformationen im Gebiet ist bekannt und lässt sich sogar ohne Lokalaugenschein bereits anhand des digitalen Geländemodells (zB in Form der Schummerungsdarstellung im DORIS intraMAP webGIS) erahnen (vgl. dazu Abb. 1). Im Standard-Datenbogen [2] zum Gebiet "Waldaist und Naarn" wird unter Pkt. 4.2 festgehalten, dass das Gebiet für die Erhaltung der Silikatfelsen wesentlich ist. Die Signifikanz bzw. Repräsentativität des Lebensraumtyps Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation im Gebiet steht jedenfalls außer Zweifel. Seite 2 Abb. 1 Waldaisttal im Bereich Haslmühle; Felsformationen im mit Forstwegen erschlossenen Wirtschaftswald Der weitaus größte Teil dieser Felsformationen liegt im Wald bzw. ist von Wald umgeben und ist aufgrund der Beschattung und des Lokalklimas als frische bis (luft)feuchte Ausprägung dieses Bio- bzw. Geotoptyps ausgebildet. Kennzeichnend sind eine Vielzahl an Mikrohabitaten, eine geringe Bodenbildung und eine individuenreiche Kryptogamenflora. Die naturschutzfachliche Wertigkeit dieses Lebensraumtyps liegt insbesondere darin begründet, dass dieser aufgrund seiner Unzugänglichkeit in der Regel einen hohen Grad an Natürlichkeit aufweist und diese Felsformationen daher im Wirtschaftswald, der den Großteil der Schutzgebietsfläche einnimmt, wichtige "Biodiversitätsinseln" darstellen (vgl. dazu Abb. 1). Das Schutzgebiet hat eine Gesamtfläche von rd. 4158 ha. Davon sind ca. 3200 ha Wald, und von diesem rd. 473 ha Schutzgut entsprechend den Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH- Richtlinie. Die in diesen Waldtypen vorkommenden Felsformationen sind somit zumindest indirekt – als Teil des Waldökosystems – geschützt. Etwa 2727 ha bzw. mehr als 85 % der Gesamtwaldfläche im Schutzgebiet repräsentieren aber kein Schutzgut gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie! Diese von standortfremden Nadelhölzern überprägten Wälder bzw. Forste zeigen einen reduzierten bis nur geringen Grad an Natürlichkeit. Ausgenommen davon sind in der Regel die in diesen Wäldern situierten Felsformationen. Und obwohl diese über weite Bereiche eindeutig dem Lebensraumtyp "8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation" zugeordnet werden können, blieben sie im Verordnungsentwurf unberücksichtigt. Der Lebensraumtyp "8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation" ist als repräsentativ im Gebiet vorkommendes Schutzgut des Anhangs I der FFH-Richtlinie in der Schutzgebietsverordnung zu berücksichtigen. Die Häufigkeit und Dichte von Felsformationen in bewaldeten Abhängen beeinflusst maßgeblich die naturschutzfachliche Qualität des Standorts. Die erschwerte Zugänglichkeit führt zu einer deutlichen Reduktion anthropogen bedingter Störungen. Seite 3 Das Vorantreiben der forstwirtschaftlichen Nutzung und die verbesserten Möglichkeiten, bislang erschwert zugängliche Waldbereiche durch den Einsatz leistungsfähiger Maschinen zu erschließen, stellt aktuell eine große Gefahr nicht nur für den Lebensraumtyp "8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation" selbst (vgl. dazu Abb. 1), sondern auch für die Sicherung nachhaltiger Ökosystemleistungen der umgebenden Wälder dar. Felsdurchsetzte Bereiche bestimmen direkt und indirekt die Habitatqualität von Waldlebensräumen, wobei im europäischen Kontext hier besonders auf die Bestandssituation und –entwicklung des Luchses Rücksicht zu nehmen ist. Luchs (Lynx lynx) Ein großer Teil des Mühlviertels kann und wird vom Luchs nachweislich als Lebensraum genutzt (Abb. 2). Von besonderer Bedeutung sind dabei die großen (grenzübergreifenden) Waldgebiete im Böhmerwald, Freiwald und Weinsbergerwald. Zwischen diesen Kerngebieten finden Aus- und Verbreitungswanderungen statt, die je nach Landschaftsausformung und Lebensraumausstattung entweder diffus oder sehr zielgerichtet entlang von Migrationskorridoren stattfinden. Mittlerweile gibt es auch Belege für Weitwanderungen (> 100 km) im Böhmischen Massiv und Nachweise, dass einzelne Exemplare die Donau überquert haben [3]. Abb. 2 Luchshinweise im Mühlviertel (Quelle: Engleder 2013; [3]) Die Europaschutzgebiete des Mühlviertels stellen daher strategisch wichtige Trittsteine und Vernetzungselemente für die Ausbreitung des Luches sowohl in Nord-Süd-Richtung (Böhmerwald/Freiwald – Alpen) als auch West-Ost-Richtung (Böhmerwald – Weinsbergerwald – Karpaten) dar [3]. Nicht zuletzt aufgrund der Verordnung