Fledermäuse Fledermäuse im Naturpark Nassau Naturpark im im Naturpark Nassau

01.08.17 08:49 01.08.17 1 Fledermäuse.indd *RZ_Titel *RZ_Titel Fledermäuse.indd 1 01.08.17 08:49 VORWORT DER MINISTERIN

Viel hat sich getan auf dem Gebiet der Fledermausforschung, seit die erste Broschüre über Fledermäuse des Naturparks Nassau im Jahr 1992 erschienen ist. Durch die Weiterentwick- lung von Ultraschalldetektoren konnten vertiefende Untersuchungen im Freiland durchge- führt werden. Zudem erfolgen alljährliche Besatzkontrollen von Fledermauskästen. Dadurch ist das Wissen über das Vorkommen der Arten im Naturpark gewachsen, wodurch auch die Entwicklung verdeutlicht wird. So zeigt sich beispielsweise, dass zwar einige Arten aus dem Gebiet des Naturparks verschwunden sind, aber auch neue entdeckt wurden. Die naturkundliche Forschung ist nur ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Natur- parks Nassau. Ebenso wichtig ist es, das Interesse einer breiten Öffentlichkeit für die unge- wöhnlichen Tiere zu wecken. Zahlreiche der Legenden, die sich um die nachtaktiven Flat- termänner ranken, konnten inzwischen wissenschaftlich widerlegt werden. Die Furcht, die früher in der Bevölkerung allgemein verbreitet war, ist heute einer gesteigerten Faszination gewichen. Das ist nicht verwunderlich, sind Fledermäuse doch ganz besondere Lebewesen. Die Säugetiergruppe bildet mit den Flughunden die Ordnung der Fledertiere. Diese sind die einzigen Säugetiere und neben den Vögeln die einzigen Wirbeltiere, die aktiv fliegen können. Weltweit gibt es rund 1.100 Fledermausarten. In Deutschland flattern 25 unterschiedliche Fledermausarten durch die Nacht. Von 22 Arten in Rheinland-Pfalz sind 19 im Naturpark Nassau nachgewiesen. Die neu konzipierte Broschüre stellt die im Naturpark Nassau vor- kommenden Fledermausarten vor, beschreibt deren Lebensräume und zeigt Möglichkeiten auf, wie sie geschützt werden können. Es freut mich sehr, dass es dem Zweckverband Naturpark Nassau seit mehr als zwei Jahr- zehnten ein großes Anliegen ist, der Bevölkerung diese faszinierende Tiergruppe näher zu bringen. Und es freut mich auch, dass dies mit großem Einsatz und viel Engagement erfolg- reich gelingt. Auch die Neuauflage der Broschüre, die wir gerne unterstützt haben, wird einen wertvollen Beitrag dazu leisten, das Bewusstsein für Fledermäuse zu stärken. Gleichzeitig verdeutlicht sie auch, wie vielfältig und wundervoll die Region ist, die wir unsere Heimat nennen dürfen.

Ulrike Höfken Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz FLEDERMÄUSE IM NATURPARK NASSAU

Manfred Braun, Ursula Braun, Rolf Klenk

1. Einleitung Von Interesse ist auch der Jahresrhyth- mus der Fledermäuse, der in Mitteleuropa Zu den attraktivsten Tiergruppen bei Na- bestimmt ist von den klimatischen Verhält- turfreunden und weiten Kreisen der Bevölke- nissen und der Verfügbarkeit von Insekten- rung gehören die Fledermäuse. Dies hängt nahrung. sicherlich mit ihrer in der Regel nachtaktiven Der Naturpark Nassau mit seiner viel- Lebensweise zusammen. „Wenn die Sonne gestaltigen Landschaft ist als „fledermaus- untergeht, beginnt die Zeit der Flattertiere“, reich“ zu bezeichnen. 20 Arten konnten bis- ist eine Aussage, die in weiten Teilen des her nachgewiesen werden; nur wenige Arten Jahresverlaufes ihre Gültigkeit hat. Dazu fehlen zur vollständigen Fledermausfauna kommt das Interesse an der genialen Ultra- von Rheinland-Pfalz. Doch von den aktuell schallortung, dem Beutefang und der Orien- 19 Arten fallen nur wenige auf und diese sind tierung durch von Menschen nicht hörbaren im Fokus der an der Natur interessierten Be- Lauten. völkerung. Bemerkenswert ist auch das Leben der Schon seit fast zwei Jahrzehnten ist es ein Fledermäuse in direktem menschlichem Um- großes Anliegen des Naturparks, der Bevöl- feld. Viele Arten sind Kulturfolger und fliegen kerung diese Tiergruppe näherzubringen. So nachts um die Häuser und durch die Gärten wurden bisher weit über 100 Fledermaus- und sind beliebt, zumindest interessant. Dies exkursionen angeboten und mit jeder Veran- gilt auch für den vom Menschen genutzten staltung wird auch für den Schutz der Tier- Wald, wo sich zahlreiche Arten aufhalten. gruppe geworben.

Abb.1: Braunes Langohr im Flug. Foto: Rolf Klenk

1 Abb. 2: Von Blutgefäßen durchzogene Flughaut des Mausohres. Foto: Rolf Klenk

1993 erschien ein erstes Heftchen über Weltweit sind rund 1.100 Fledermausarten „Fledermäuse im Naturpark Nassau“. Mitt- beschrieben, damit sind sie nach den Nage- lerweile ist unser Wissen um das Vorkom- tieren die artenreichste Säugetierordnung. men der Arten im Naturpark gewachsen. Verwandte Arten sehen immer sehr ähnlich Grund genug, die seit vielen Jahren vergrif- aus und sind oft nur molekulargenetisch si- fene Broschüre in der Naturparkreihe neu zu cher zu unterscheiden. konzipieren. Es hat sich bei den Fledermäusen eine Leichtbauweise entwickelt, was z. B. für die aktiven Flugbewegungen von erheblichem 2. Biologie und Ökologie Vorteil ist. Betrachtet man die stark durch- der Fledermäuse bluteten und elastischen Flughäute, so fal- len direkt die Säugetiermerkmale ins Auge. Der Daumen besitzt eine Kralle, die ein 2.1. Körperbau der Fledermäuse Klettern ermöglicht. Zudem gibt es vier wei- tere Finger. Unterarm, Oberarm, Unterschen- Fledermäuse begegnen dem Naturfreund kel und Oberschenkel sind zusammen mit in der Regel als lautlos in der Dämmerung Füßen und Krallen säugetiermäßig entwi- oder in der Nacht flatternde Tiere, häufig an ckelt. Zwischen den Knochen in Leicht- Gewässern oder im Garten, manchmal auch bauweise ist die Flughaut ausgebildet, die an der Straßenlaterne. Optisch wahrgenom- bezeichnenderweise Handflughaut genannt men wird der zackige Flug. wird. Zwischen den Beinen befindet sich Fledermäuse sind vor ca. 70 Millionen die Schwanzflughaut. Die Flughäute dür- Jahren, also am Ende der Kreidezeit, zu flie- fen nicht austrocknen und spröde werden. genden Säugetieren geworden. Die ältesten Sie werden beim Reinigen, einer wichtigen Fledermausfossilien sind 50 Millionen Jahre Tätigkeit von Fledermäusen, mit einem alt und stammen aus der Grube Messel bei Sekret aus Fettdrüsen eingerieben. Blut- Darmstadt. Vermutlich waren die „ersten“ gefäße, Nerven, Sinneszellen und Muskeln Fledermäuse schon damals Insektenfänger. sind in der Flughaut zu finden. Dadurch

2 Abb. 3 und 4: Ein spezieller Sehnenmechanismus lässt die Fledermäuse, hier Mausohren, ohne Muskelspannung kopfüber hängen. Fotos: Rolf Klenk wird ein weicher Flug möglich; die Fle- lichen Paarungsphase die stark vergrößerten dermaus kann sogar stehend in der Luft Nebenhoden auf. fliegen und z. B. ein Blatt nach Insekten ab- Durch einen großen Magen und einen suchen. kurzen Darm ist eine schnelle Verdauung Das geringe Körpergewicht ermöglicht möglich. Sie ist notwendig, um bei der hoch- ein schnelles und gewandtes Fliegen. Der aktiven Lebensweise der Fledermaus eine Abendsegler kann z. B. als Spitzenge- dauernde Energieverfügbarkeit zu gewähr- schwindigkeit durchaus 50 km/Stunde er- leisten. reichen. Daneben ist die Zwergfledermaus Fledermäuse besitzen kleine Augen und in mit einem Gewicht von drei, im Herbst sie- der Regel große Ohren; letztere sind bei der ben Gramm, das leichteste Säugetier un- Echoortung von Wichtigkeit. Die Flughunde serer Region; die Hummelfledermaus mit besitzen dagegen keine Echoortung und fal- einem Gewicht von zwei Gramm das welt- len durch große Augen und kleine Ohren auf. weit leichteste Säugetier. Durch die großen Nasenlöcher stoßen einige Fledermäuse hängen in den Quartieren Arten Ultraschalllaute zur Orientierung aus. mithilfe ihrer Fußkrallen ohne Anstrengung Die starke Kaumuskulatur ermöglicht einen kopfüber, was ein einfaches Abfliegen durch kräftigen Biss. Fallenlassen ermöglicht. Selten werden die Fledermäuse sehen schwarz-weiß und Tiere liegend angetroffen, etwa im Winter- sind in der Lage, sich auf dem Zug nach quartier in Schutthalden oder in Bohrlöchern. dem Erdmagnetfeld zu orientieren. Sie ha- Eine schnelle Fortbewegung am Boden ist ben zudem ein großes Herz, viele rote Blut- für die Tiere möglich. körperchen und ihre Lunge ist ein Hochleis- Beim Weibchen sind vor allem in der Jun- tungsorgan. Fledermäuse sind durch ein Fell genaufzuchtphase die Zitzen gut zu erken- geschützt und führen im Herbst einen Haar- nen; beim Männchen fallen in der herbst- wechsel durch.

3 Abb. 5: Mausohr im Flug. Foto: Rolf Klenk

2.2. Echoorientierung hohe Frequenzen, etwa von 40 Kilohertz, und Jagdstrategien notwendig. Alle Fledermausarten senden kurze Peilrufe aus, nur bei den Hufeisen- Schon vor über 200 Jahren, exakt 1794, nasen sind konstante Frequenzen feststell- wurden in Italien Experimente mit Fleder- bar. Das Echo kommt zu der Fledermaus mäusen durchgeführt, um das damals un- zurück und sie erhält dadurch Informationen bekannte System der Orientierung zu erkun- über Flughindernisse, Beute, die Entfernung den. Bei völliger Dunkelheit konnten in einem zu Hindernissen oder zur Beute, zur Rich- Raum Fledermäuse Hindernissen auswei- tung und auch zur Raumveränderung eines chen. Doch erst 1938 wurde der Nachweis fliegenden Insektes. Fledermäuse registrie- von für das menschliche Ohr nicht hörbaren ren nur die eigenen Peillaute und blenden Rufen erbracht. andere störende Echos aus. So entsteht die Nunmehr gibt es ein Hilfsmittel, die Rufe Beobachtung von einer sich lautlos bewe- hörbar zu machen: den Ultraschalldetektor. genden Zwergfledermaus im dunklen Gar- Dessen Mikrofon nimmt die für den Men- ten, zwischen den Bäumen hindurchfliegend schen nicht hörbaren Ultraschalllaute auf und mühelos Stechmücken fangend. und übersetzt diese in für uns hörbare Fre- Bei den bei uns nicht vorkommenden Huf- quenzen. eisennasen sind kurze Pfiffe zu vernehmen, Schall breitet sich in Wellen unterschied- bei den meisten anderen Arten knatternde lichster Art aus, wird in elektrische Spannung oder ratternde Laute. Die Sache wird in der umgewandelt und über Lautsprecher wie- Analyse noch schwieriger, wenn man weiß, dergegeben. dass ein und dieselbe Art in unterschied- Die Tonhöhe wird in Hertz (Hz) gemessen. lichen Lebensräumen oder unterschiedlichs- Für das Entdecken von Beuteinsekten sind ten Lebenssituationen verschiedene Rufe

4 abgibt. Oft ist nur durch eine Analyse am PC Mausohr die Art zu bestimmen.  Großlaufkäfer, Heuschrecken An der Flugbeobachtung und der Fre- Großer Abendsegler quenzhöhe von etwa 40 Kilohertz kann man  Maikäfer, Nachtfalter mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem gu- Bechsteinfledermaus ten Detektor Zwergfledermaus, Mückenfle-  Ohrschlitzen, kleine Nachtfalter dermaus, Fransenfledermaus oder Wasser- Braunes und Graues Langohr fledermaus unterscheiden. Kleinabendsegler  Ohrschlitzen, kleine Nachtfalter, Wanzen und Abendsegler sind gut bei einer Frequenz Wasserfledermaus von 25 Kilohertz und die Breitflügelfleder-  Zuckmücken, Wasserläufer maus bei 30 Kilohertz zu bestimmen. Man- Zwergfledermaus che Fledermausarten sind aufgrund ihrer  Stechmücken flatternden Jagdweise „Flüsterer“ und ihre Es sei aber betont, dass Fledermäuse Ge- leisen Rufe sind kaum mit einem Detektor neralisten sind und durchaus ein sehr breites feststellbar. Beutespektrum nutzen können. Die Jagd der Fledermäuse erfolgt nachts bzw. in der Dämmerung. Im Herbst wird 2.3. Das Fledermausjahr zur Erlangung des notwendigen Überwinte- rungsgewichts, wenn auch selten, tagsüber Insekten sind im Naturpark Nassau nicht gejagt. Sie gehen damit möglichen Fein- ausreichend ganzjährig als Nahrung verfüg- den, wie etwa Baumfalke oder Wanderfalke, bar. Vor allem durch diesen Sachverhalt wird aus dem Weg. Zudem haben sie nachts das Fledermausjahr bestimmt. So haben fast keine Konkurrenz mit ebenfalls im freien alle Fledermausarten bei uns einen sehr ein- Luftraum jagenden Schwalben oder Mauer- heitlichen Jahresrhythmus. seglern. Ab Mitte April beginnt bei günstigem Steht man an einem größeren Teich, so Wetter die Trächtigkeit bei den Fledermäu- sind im Naturpark Nassau in der Regel sen. Die Weibchen einer Art sammeln sich Abendsegler, Zwergfledermaus oder dicht in mehr oder weniger großen Wochenstu- über dem Wasser die Wasserfledermaus zu ben. Hier werden die Jungen geboren. Der entdecken. Sie jagen Insekten im freien Luft- Hauptgeburtsmonat ist bei uns der Juni. Alte raum, zumeist in hohem und schnellem Flug. Die Wasserfledermaus ist oft jagend an ste- henden Gewässern zu finden. Hier werden zum einen dicht über der Wasseroberfläche fliegende Zuckmücken, zum anderen auf der Wasseroberfläche schwimmende Insekten erbeutet. Das im Naturpark Nassau häufig vorkommende Mausohr jagt Insekten, wie z. B. Laufkäfer, auf dem Waldboden. Dabei wird in niedrigem Suchflug der Waldboden, bevorzugt in Hallenwäldern, abgeflogen. Das Rascheln der Käfer ermöglicht dann die Beu- tefindung, ggf. auch durch kurze Verfolgung zu Fuß am Boden. Das Beutespektrum der Fledermäuse ist durch Kotanalysen feststellbar. Das Insekt wird nach dem Fang zerkaut. Die nicht ver- daubaren Chitinteile werden zerbissen und sind im krümeligen und trockenen Kot nach- Abb. 6: Wasserfledermaus (links) weisbar. und Mausohr (rechts) überwintern gemein- Hier einige Beispiele für das Beutespek- sam in einem Stollen. trum diverser Fledermausarten: Foto: Rolf Klenk

5 Abb. 7: Wochenstube der Fransenfledermaus in einem Fledermauskasten. Foto: Rolf Klenk

Männchen halten sich nicht in den Wochen- die Winterquartiere aufgesucht, bei uns z. B. stuben auf, sondern verbringen den Sommer Höhlen oder Bergwerksstollen. Die Fleder- in kleinen Gruppen oder einzeln. mäuse schlafen in der Höhle bei herunter- Nach der Geburt werden die Jungen ge- gefahrenem Stoffwechsel die Wintermonate säugt. Sie sind oft schon Anfang August durch. Der Herzschlag von 880 Schlägen pro flugfähig und lernen den Beutetierfang. Minute wird z. B. auf 1 Schlag pro Minute September und Anfang Oktober ist die Paarungszeit bei Fledermäusen. Sie treffen sich oft in großen Mengen in Balzquartieren, z. B. Höhlen, Baumhöhlen oder tiefen Kellern. Man nennt dieses Verhalten „Schwärmen“. Es ist häufig mit mehr oder weniger langen Wanderungen verbunden und hat den Vor- teil, dass durch das Zusammentreffen vie- ler Tiere ein guter Genfluss möglich ist. Die Weibchen fliegen dann im Oktober mit den Spermazellen, oft von mehreren Männchen, zu ihren Winterquartieren. Die Spermazellen werden in einer Samentasche gespeichert und erst genutzt, wenn es im nächsten Früh- jahr zur Eizellenbefruchtung kommt. September und Oktober werden benötigt, um genügend Fettreserven für den Winter- schlaf anzufressen. Eine 7–8 Gramm schwe- re Wasserfledermaus kann ihr Gewicht dann Abb. 8: Muttertier des Mausohres auf 12–13 Gramm steigern. Im Oktober bei kommuniziert mit dem Nachwuchs. Temperaturen um 10 Grad C werden dann Foto: Rolf Klenk

6 Abb. 9: „Kindergärtnerin“ beaufsichtigt den Nachwuchs der Mausohren. Foto: Rolf Klenk

Abb. 10: Jungtier des Mausohres saugt an der Zitze der Mutter. Foto: Rolf Klenk zurückgefahren. Zu den Winterquartieren die Trächtigkeit dauert, je nach Witterung, werden oft größere Wanderungen unternom- 6–8 Wochen. men, allen voran bei der Rauhautfledermaus. Im März/April setzt mit wärmerem Wetter 3. Zum Stand der draußen der Insektenflug wieder ein. Dann beginnt an warmen Abenden ebenfalls der Fledermauserfassung Fledermausflug. Die Tiere sind in der Regel im Naturpark Nassau abgemagert und eine warme und insekten- reiche Frühjahrswitterung ist für die Fitness von Vorteil. Die diesem Heft zugrunde liegenden Da- Die Fledermäuse suchen nunmehr Zwi- ten sind rein ehrenamtlich ermittelt worden. schenquartiere auf und fliegen dann im Vom Naturpark Nassau gibt es eine gute April in die jeweilige Wochenstube. In dieser Grundlage im Hinblick auf die Fledermaus- Zeit erfolgt der Eisprung. Die Befruchtung erfassung, die jedoch immer noch Lücken mit den eingelagerten Spermazellen und offenlässt und Defizite aufzeigt.

7 Einen Schwerpunkt bildet die alljährliche 4. Lebensräume von Fleder- Kontrolle von über 600 Fledermauskästen, mäusen im Naturpark Nassau die im gesamten Naturpark in Absprache mit der Forstverwaltung aufgehängt wur- den. In der Regel erfolgen die Kontrollen im Durch den sehr differenzierten Jahres- Spätsommer und ermitteln den Besatz, dif- rhythmus spielen die verschiedensten Le- ferenziert nach Arten und der Quantität. Die- bensräume bei den Fledermäusen eine Rol- se Erfassungen laufen seit über 20 Jahren, le. Zudem sind Fledermäuse sehr traditionell, ausschließlich in Wäldern. Auch Winterkon- sowohl was Winterquartiere als auch Wo- trollen werden seit mehr als 30 Jahren durch- chenstuben anbelangt. Tagesverstecke bzw. geführt. Über Detektorbegehungen kommen Wochenstuben und Jagdreviere sind zum weitere Verbreitungsdaten zusammen. Dazu Teil weit voneinander entfernt. So können gehören auch Exkursionen mit den unter- Mausohren einer Wochenstube, etwa der in schiedlichsten Gruppen, die schon seit über Kamp-Bornhofen, durchaus in den Wäldern 25 Jahren durchgeführt werden. bei oder nach Die aktive Quartiersuche, oft durch Hinwei- Käfern jagen. se aus der Bevölkerung, ergänzt den Daten- pool um bekannte Wochenstuben. So sind 4.1. Wälder z. B. die Großkolonien beim Mausohr be- kannt und werden auch alljährlich quantifi- Von Spechten gehämmerte Baumhöhlen ziert, auf Totfunde kontrolliert und gereinigt. sowie trockene Faulhöhlen sind für Fleder- Tote Fledermäuse fallen bei guter Wetter- mäuse in Wäldern bewohnbar. Oft bilden lage im Frühjahr nur in geringer Zahl an. Zu- sich hier größere Wochenstuben aus, etwa dem sind diese kleinen Tiere, vor allem in der bei der Bechsteinfledermaus, oder es hän- freien Landschaft, kaum zu entdecken. gen einzelne Männchen dort. Dabei können Der Fledermausschutz in Rheinland-Pfalz sogar kaum erkennbare Spalten, etwa in al- wird über den Arbeitskreis Fledermausschutz ten Baumstubben in einem Niederwald, be- organisiert. Hier finden sich für die einzelnen flogen werden. Typische Arten sind Bech- Kreise Betreuer, die bei Fragen weiterhelfen steinfledermaus, Fransenfledermaus oder können (www.fledermausschutz-rlp.de). Abendsegler. Mopsfledermäuse sind Rin- denspaltenbewohner und suchen Bäume mit abstehender Rinde, weil sie mit Bauch und Rücken Kontakt mit dem Holz in der Spalte halten. Nistkästen sind anthropogene und gut kontrollierbare Zusatzquartiere, die von Fledermäusen genutzt werden. Die einzigen „hausähnlichen“ Vertikalstruk- turen in Wäldern sind Hochsitze, die beim Vorhandensein von Doppelwänden oder außen angebrachten Fledermausnistkästen ebenfalls angenommen werden. Mausohren jagen in freien Hallenwäldern, da sie mit dichter Naturverjüngung nicht zurechtkom- men. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass z. B. eine Bechsteinfledermauswochenstu- be, die einen 60 Hektar großen Wald be- wohnt, über 10 Quartiere benötigt, da die Kolonie wegen einer möglichen Parasiten- belastung oder durch den Kotanfall öfters Abb. 11: Kontrolle eines Fledermauskastens wechseln muss. durch Mitarbeiter des Naturparks Nassau. Es sei noch auf „offene“ Strukturen im Wald Foto: Rolf Klenk hingewiesen, die von Fledermäusen beflogen

8 Abb. 13: Hallenwald, Jagdgebiet für das Mausohr. Foto: Rolf Klenk

Säume an Waldwegen, Kleinkahlschlägen, Windwurfflächen oder Waldwiesen.

4.2. Siedlungsbereiche

Jagend können Fledermäuse im Sied- lungsbereich in strukturreichen Gärten, an Alleen, an insektenreichen Straßenlaternen, Heckenstrukturen, Waldrändern sowie über Obstwiesen beobachtet werden. Große Abb. 12: Stehengelassenes Totholz bietet Speicher sind für das Mausohr von Wichtig- einen geeigneten Ort für Bechsteinwochen- keit. Hier können die bis zu 2.000 Weibchen stuben. Foto: Rolf Klenk einer Wochenstube gut hängen, ihre Jun- gen zur Welt bringen und betreuen. Zudem sind dort vor dem Ausflug Flugübungen der werden, weil diese oft ein höheres Insekten- Weibchen ebenso möglich wie solche der angebot aufweisen. Zu nennen sind offene Jungtiere vor dem Selbstständigwerden. An-

Abb. 14: Zwergfledermäuse zwischen Hauswand und Dachrinne. Foto: Rolf Klenk

9 Abb. 15: Breitflügelfledermäuse an einer Hauswand. Foto: Rolf Klenk sonsten können alle Spalten an Häusern von reiche Insekten. Zudem haben stehende Fledermäusen bewohnt werden. Zumeist Gewässer vor allem im Spätsommer höhere sind die trockenen kleinen Kotklümpchen Temperaturen als die Umgebung und damit der erste Hinweis auf eine Zwergfledermaus- auch höheren Insektenflug. Dabei werden wochenstube oder einzeln hängende Zwerg- von Fledermäusen aus Ortungsgründen ste- fledermausmännchen. hende Gewässer oder nicht stark fließende Andere häusliche Quartiere wären hinter Gewässerabschnitte eindeutig bevorzugt. Klappläden, in Rollladenkästen, in offenen Insbesondere Wasserfledermäuse, Zwerg- Hohlblocksteinen oder auch unter Dach- fledermäuse, Fransenfledermäuse und, zu- rinnen möglich. meist höher fliegend, Abendsegler sind als Nutzer des guten Insektenangebotes zu 4.3. Gewässer nennen.

Fließgewässer und stehende Gewässer sind die Ei- und Larvenlebensräume für zahl-

Abb. 16 u. 17: Stillgewässer wie der Hauser- bach-Stausee bei (l.) oder der Teich am Kennelbachtal bei (o.) bieten di- versen Fledermausarten ein Nahrungshabitat. Fotos: Rolf Klenk

10 4.4. Winterquartiere 5. Die Fledermausarten im Naturpark Nassau Baumhöhlen in Wäldern oder in Parkanlagen werden vom Abendsegler zur Überwinterung genutzt. Hier bilden sich große Gruppen von Für den Laien ist die Unterscheidung über 100, manchmal bis über 200 Tieren, die der einzelnen Fledermausarten zumeist versuchen, dort den Winter zu überdauern. In nicht möglich; selbst für Fachleute ist dies einer bergbaureichen Gegend wie dem Natur- nicht immer einfach. Die unterschiedlichs- park Nassau, gibt es in einer Vielzahl größere ten Körpermaße bis zur Krallenlänge sind und kleinere Erz- und Schieferstollen, die bei dabei wichtige Parameter. Aber auch Fell- einer Temperatur von um oder unter 8–10 Grad farbe (Rücken und Bauch oft unterschied- C bei entsprechender Feuchtigkeit und Ruhe lich), Flügelform, Ohrgröße und Ohrform, ideale Winterquartiere sind. Dazu sind auch Gesichtsfärbung oder die Fußform und Bahntunnel und alte kühle Keller zu nennen. Fußgröße sind zu berücksichtigen. Zudem Nicht vergessen werden sollten in einer fels- sind junge Fledermäuse in der Färbung in reichen Gegend die zahlreichen Felsspalten, der Regel grauer. kaum zu kontrollieren, aber bei Frostfreiheit Nachfolgend sollen die einzelnen im Na- gute Spaltenquartiere für die Überwinterung. turpark Nassau nachgewiesenen Arten kurz Anzuführen sind auch Holzstapel, Geröllhalden vorgestellt und im Hinblick auf deren Auf- in großen Bergwerksanlagen, von Säugetieren treten beleuchtet werden. gegrabene Erdlöcher oder Spalten in Wurzel- strünken.

Abb. 18: Bechsteinfledermaus in einer Abb. 20: Vergleich der Bartfledermaus (links) Baumhöhle. Foto: Rolf Klenk und der Bechsteinfledermaus (rechts). Foto: Rolf Klenk

5.1. Kleine Hufeisennase Rhinolophus hipposideros

Kleinste europäische Hufeisennase. Ober- seits bräunlich-rauchfarben, unterseits grau- braun. Spannweite bis 25 cm In den 50er-Jahren in Stollen im Naturpark Nassau allgemein verbreitet, hier ausgestor- Abb. 19: Mausohren überwintern in einem ben um 1970. Die Art nimmt derzeit im Osten Stollen. Foto: Rolf Klenk Deutschlands wieder zu.

11 Weiher bei Ransbach-Baumbach, der Spieß- weiher bei Montabaur oder der Hauserbach- Stausee bei Miehlen.

Abb. 21 u. 22: Kleine Hufeisennase in einem Stollen. Die Fotos wurden nicht im Naturpark Nassau aufgenommen. Fotos: Rolf Klenk

5.2. Wasserfledermaus Myotis daubentonii

Eine kleine Fledermausart mit großen Füßen. Sie besitzt ein braungraues Fell mit heller Bauchseite. Spannweite bis 27 cm Im Naturpark Nassau verbreitet an stehen- den Gewässern und der Lahn fliegend. Quar- tiere in Gebäuden und vor allem in Baum- höhlen. Zu nennen wären als Jagdhabitate Abb. 23 u. 24: Wasserfledermaus in einem z. B. die Weiher im Mühlbachtal Nassau, Stollen mit Tautropfen überzogen. der Herthasee , die Landshuber Fotos: Rolf Klenk

12 5.3. Teichfledermaus Myotis dascyneme

Größer als die Wasserfledermaus mit einer graubraunen Oberseite mit silbrigem Glanz, während die Unterseite eine weißgraue Fell- farbe hat. Spannweite bis 30 cm Bisher gibt es aus dem Naturpark Nassau einen Sommernachweis und zwei Winter- nachweise.

Abb. 25: Bauchansicht der Teichfledermaus. Abb. 26 u. 27: Brandtfledermaus. Foto: Rolf Klenk Fotos: Rolf Klenk

5.4. Brandtfledermaus 5.5. Bartfledermaus Myotis brandtii Myotis mystacinus

Die Brandtfledermaus, früher Große Bart- Eine sehr kleine Fledermausart, mit lan- fledermaus genannt, besitzt lange rötlich- gen, krausen braungrauen Fellhaaren. goldbraune Fellhaare. Spannweite bis 22 cm Spannweite bis 24 cm Im Naturpark Nassau in Wäldern und an- Die Brandtfledermaus fliegt im Naturpark grenzenden Siedlungsbereichen verbreitet. Nassau zerstreut in Wäldern. Die Quartiere Quartiere in Baumhöhlen, Nistkästen, in finden sich in Baumhöhlen und Nistkästen, Hochsitzen und an Häusern. seltener an Häusern.

13 Im Naturpark Nassau bisher ein Detek- tornachweis aus dem Stelzenbachtal, mög- licherweise in „urwaldähnlichen“ Waldbe- reichen weitere Vorkommen.

5.7. Wimperfledermaus Myotis emarginatus

Mittelgroße Fledermausart, deren Rand der Schwanzflughaut mit kleinen Härchen (Wimpern) besetzt ist. Das „wollige“ Fell ist oberseits rötlich-graubraun und unterseits heller. Spannweite bis 24 cm Im Naturpark Nassau gibt es von der wär- meliebenden Art bisher nur einen Detektor- nachweis aus dem Stelzenbachtal.

Abb. 28 u. 29: Bartfledermäuse in einem Stollen und in einer Felsspalte. Fotos: Rolf Klenk

5.6. Nymphenfledermaus Myotis alcathoe

Eine sehr kleine Fledermausart mit sehr großer Ähnlichkeit mit der Bart- bzw. Brandt- fledermaus. Spannweite bis 20 cm Abb. 31: Wimperfledermaus kopfüber hängend in einem Stollen. Foto: Rolf Klenk

5.8. Fransenfledermaus Myotis nattereri

Mittelgroße Fledermausart, die an dem Schwanzflughautrand steife Härchen (Fran- zen) aufweist und lange Ohren besitzt. Die weißgraue Unterseite kontrastiert zur braun- grauen Fellfarbe auf dem Rücken. Spannweite bis 27 cm Im Naturpark Nassau eine typische und Abb. 30: Nahaufnahme der Nymphenfleder- bei entsprechendem Quartiervorkommen wohl maus. Foto: Dr. Christian Dietz verbreitete Waldfledermausart. Wochenstuben

14 Abb. 32: Fransenfledermaus. Abb. 34: Bechsteinfledermaus verlässt den Foto: Rolf Klenk Fledermauskasten. Foto: Rolf Klenk auch in Nistkästen, z. B. bei Bettendorf, Kamp- 5.10. Mausohr Bornhofen oder auf der Montabaurer Höhe. Myotis myotis

5.9. Bechsteinfledermaus Das Mausohr ist die größte Fledermausart Myotis bechsteinii in Deutschland. Sie hat ein dichtes grau-

Mittelgroße Fledermaus mit auffallend großen Ohren und einem oberseits braun- grauen Fell und einer weißlichen Bauchseite. Spannweite bis 28 cm Typische Waldfledermaus im Naturpark Nassau. Sie kommt in alten quartierreichen Laubwaldgebieten vor und scheint abzu- nehmen. Wochenstuben auch in Fleder- mauskästen und manchmal sehr versteckten Baumhöhlen.

Abb. 33: Bechsteinfledermaus. Abb. 35: Beringtes Mausohr. Foto: Rolf Klenk Foto: Rolf Klenk

15 Abb. 36: Großkolonie des Mausohres bei Nassau. Foto: Rolf Klenk

Abb. 37: Großkolonie des Mausohres in Kamp-Bornhofen. Foto: Rolf Klenk

16 braunes Fell und ist auf der Unterseite hell lenreiche Waldstandorte. Die Art reproduziert gefärbt. sich nicht bei uns, sondern in den Ostländern Spannweite bis 42 cm Deutschlands bzw. in Osteuropa. Daher sind Das Mausohr ist eine Charakterart des Na- hier im Sommer nur Männchen anzutreffen. turparks Nassau mit drei bekannten großen Der Zuzug der Weibchen beginnt Ende Au- Wochenstuben mit je über 2.000 Weibchen. gust. Die sich dann in Baumhöhlen aufhal- Die Wochenstuben befinden sich allesamt tenden Männchen locken diese zur Paarung in klimagünstiger Lage (Kamp-Bornhofen/ an. Männchennachweise, zumeist in Nist- Rheintal, Nassau/Lahntal und / kästen oder Detektornachweise, liegen aus Lahntal). Unter Einbeziehung der zu jeder allen Regionen des Naturparks Nassau bis Wochenstube gehörenden Männchen des etwa 350 m Höhenlage vor, nehmen jedoch Mausohres ist im Naturpark Nassau, zusam- ab. Der Abendsegler kann an geeigneten men mit den in wettergünstigen Lagen pro Stellen schon in der frühen Dämmerung bei Wochenstube 1.500 Jungtieren, von einem der Insektenjagd im freien Luftraum beob- Gesamtbestand von über 15.000 Tieren aus- achtet werden. zugehen. Im Hinblick auf die Fläche dürfte dies eine bundesweit einmalige Dichte sein. 5.12. Kleinabendsegler Wie über Beringung nachgewiesen ist, gibt Nyctalus leisleri es zwischen den Wochenstuben im Lahn- tal sowie nahen hessischen Wochenstuben Mittelgroße Fledermausart mit dunkel- (z. B. Marburg, Niederzeuzheim) einen Aus- brauner Fellfarbe. Das Fell wirkt glänzend. tausch, ebenso zu großen Balzquartieren Spannweite bis 32 cm im Bereich Mayen/Mendig. Die Mausohren Der Kleinabendsegler bewohnt zusam- jagen in Wäldern, vereinzelt auch über menhängende Waldgebiete. Wochenstu- Wiesen. Sie orten die sich am Boden unter ben befinden sich in Baumhöhlen und Fle- Geräuschentwicklung bewegenden Insek- dermausnistkästen. Er jagt, wie auch der ten, besonders Käfer. Abendsegler, im freien Luftraum.

5.11. Abendsegler Nyctalus noctula

Der Abendsegler ist eine große Fleder- mausart mit einem kurzhaarigen rötlichbrau- nen Fell und rundlichen kurzen Ohren. Die Flügel sind lang und schmal. Spannweite bis 40 cm Der Abendsegler ist eine typische Wald- fledermaus und daher angewiesen auf höh-

Abb. 38: Abendsegler. Foto: Rolf Klenk Abb. 39: Kleinabendsegler. Foto: Rolf Klenk

17 Im Naturpark Nassau ist die Art zerstreut nachgewiesen, so z. B. bei Dessighofen, , , Nassau, , Holzappel oder Kamp-Bornhofen.

5.13. Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus

Große Fledermausart mit kurzen Ohren, langem dichtbraunen Fell mit oberseits glän- zenden Haarspitzen. Die Flughäute sind schwarzbraun. Spannweite bis 38 cm Die Art bewohnt Spaltenquartiere an Ge- bäuden. Sie ist eine Fledermaus des Flach- landes und im Naturpark Nassau nur zerstreut nachgewiesen. Wochenstuben sind aus Abb. 41: Zweifarbfledermaus. Foto: Rolf Klenk Nassau und Sulzbach bekannt. Weitere Ein- zelnachwiese aus Miehlen, Nastätten, Holz- appel, , Lahnstein, Hömberg und 5.15. Zwergfledermaus . Pipistrellus pipistrellus

Zweitkleinste europäische Fledermaus und häufigste Art im Naturpark Nassau. Das Zwergfledermausfell ist oberseits rötlich- dunkelbraun, unterseits heller. Schnauze, Ohren und Flughäute sind schwarzbraun. Spannweite bis 22 cm Die Zwergfledermaus ist im Naturpark Nassau verbreitet und die häufigste Fleder- mausart. Sie kommt in allen Orten, teilweise auch in Gehöften und Einzelhäusern vor. Die Abb. 40: Breitflügelfledermaus. Wochenstuben befinden sich in Spalten an Foto: Rolf Klenk Gebäuden. Die Weibchen gebären in der Re- gel zwei Junge und wechseln während der 5.14. Zweifarbfledermaus Aufzucht öfters ihr Quartier. Die Männchen Vespertilio murinus

Mittelgroße Fledermausart mit langem und dichtem Fell, zu den Haarwurzeln schwarz- braun mit markanten silbrigweißen Spitzen bei weißgrauer Unterseite. Spannweite bis 31 cm Von der auf hohe Gebäude fixierten Fle- dermausart gibt es aus dem Naturpark Nas- sau fünf Nachweise, sogar einen Fortpflan- zungsnachweis aus Nassau. Es sind weitere Vorkommen zu erwarten. Besonders im Spätherbst bei Balzflügen und Balzrufen an Gebäuden ist die Art nachweisbar. Abb. 42: Zwergfledermaus. Foto: Rolf Klenk

18 Abb. 43: Zwergfledermaus im Flug. Foto: Rolf Klenk

leben während der Wochenstubenzeit meist einzeln, hängen an Gebäuden, aber auch in Baumspalten oder Nistkästen in Wäldern. Die Zwergfledermaus nutzt alle insekten- reichen Jagdhabitate, sowohl in Wäldern, an Waldrändern oder im Siedlungsbereich, aber auch an Gewässern. Massenüberwin- terungsplätze dieser Art sind bei uns nicht bekannt.

5.16. Mückenfledermaus Pipistrellus pygmäus

Die Mückenfledermaus ist noch etwas kleiner als die Zwergfledermaus und damit die kleinste europäische Fledermausart. Sie ist schwer von der Zwergfledermaus zu un- terscheiden. Spannweite bis 20 cm Die Mückenfledermaus kommt im Natur- park Nassau vor, jedoch gibt es noch unzu- reichende Kenntnisse über ihre Verbreitung. Nachgewiesen ist sie im Wald von Nassau und Kamp-Bornhofen. Offensichtlich werden die klimagünstigen Tallagen bevorzugt. Die Mückenfledermaus reproduziert sich oft in individuenreichen Wochenstuben an Gebäu- den. Solche sind aus dem Naturpark Nassau nicht bekannt. Abb. 44: Mückenfledermaus. Foto: Rolf Klenk

19 5.17. Rauhautfledermaus geformten Schnauze. Sie hat ein seidig- Pipistrellus nathusii schwarzes Fell, oberseits mit weißen Haar- punkten. Die Art ist etwas größer als die Zwergfle- Spannweite bis 29 cm dermaus. Das Fell ist oberseits dunkelbraun, Die im Winter kältetolerante Art ist nur im Sommer eher kastanienbraun. Die Unter- bei tiefen Wintertemperaturen in Stollen zu seite hat ein hell gelbbräunliches Fell. Die finden. Aus dem Naturpark Nassau existiert Flügel sind relativ lang. ein Sommernachweis (Stelzenbachtal) und Spannweite bis 25 cm mehrere Winternachweise wohl eines Ex- Das Vorkommen der Art im Naturpark emplares (Gelbachtal). Wochenstuben hin- Nassau ist noch unklar. Es gibt keine Hin- ter abstehender Rinde sind im Naturpark weise auf eine Wochenstube. Durchzügler Nassau eher unwahrscheinlich. und ggf. Überwinterer (Haus in Höhr-Grenz- hausen) sind belegt. Die Hangplätze sind in 5.19. Braunes Langohr Baumhöhlen, Spalten von Hochsitzen und in Plecotus auritus Fledermauskästen. Die wandernde Art ist bei uns wohl regelmäßiger Durchzügler.

Abb. 45: Rauhautfledermaus. Foto: Rolf Klenk

5.18. Mopsfledermaus Barbastella barbastellus Abb. 47: Braunes Langohr. Foto: Rolf Klenk

Die Mopsfledermaus ist eine mittel- Das Braune Langohr ist eine mittelgroße große Fledermausart mit einer mopsartig Fledermaus mit auffallend langen Ohren. Im Schlaf werden die Ohren oft nach hinten zusammengefaltet. Das Fell ist oberseits braungrau. Spannweite bis 28 cm Im Naturpark Nassau von den beiden Langohrarten die häufigere Art. Sommer- quartiere sind in Baumhöhlen und in Fle- dermauskästen der Wälder. Es gibt aber ebenfalls Nachweise aus Gebäuden (Dach- böden und Rollladenkästen). Wegen des flatternden Jagdfluges auch im Gartenbe- reich nur sehr schwer zu beobachten und die leisen Ultraschalllaute sind kaum zu Abb. 46: Mopsfledermaus. Foto: Rolf Klenk hören.

20 Abb. 48: Braunes Langohr im Flug. Foto: Rolf Klenk

5.20. Graues Langohr Plecotus austriacus ist meist grauer und das Tier hat eine spitze- re Schnauze. Spannweite bis 29 cm Das Graue Langohr ist, wie die Schwester- Die wärmeliebende Art ist im Naturpark art, eine mittelgroße Fledermausart. Sie ist Nassau selten. Wochenstuben befinden sich dem Braunen Langohr sehr ähnlich. Das Fell oft in Kirchen. Der Jagdflug des Grauen Lang-

Abb. 49: Graue Langohren in einer Kirche. Foto: Rolf Klenk

21 Niederschläge. Die Witterung im Frühjahr ist oft lang anhaltend kalt, was zu Nahrungs- engpässen bei Fledermäusen führt. Sie kom- men schon untergewichtig in die Fortpflan- zungszeit. Die energetische Sanierung von Gebäuden berücksichtigt den Fledermausschutz nicht. Durch das „Einpacken“ der Häuser ver- schwinden Spaltenquartiere oder Einflüge in Speicher werden verschlossen. Diese nicht artenschutzgerechten Maßnahmen werden leider auch bei der Verwendung von öffent- lichen Mitteln zur Sanierung von Kirchen, Burgen oder sonstigen Gemäuern durch- geführt. Zudem ist ein Verlust bei den Winterquar- tieren zu beklagen und winterliche Störungen in Stollen nehmen zu. Nach dem Bundesna- turschutzgesetz ist z. B. das Begehen von Abb. 50: Graues Langohr. Foto: Rolf Klenk Stollen, Erdkellern und Höhlen in der Zeit vom 01.10. bis 31.03. grundsätzlich verbo- ten, damit Fledermäuse während der Über- ohres ist leise. Die Art lebt in der Kulturland- winterung nicht gestört werden. schaft. Windkraftanlagen sind nachweislich für einige Fledermausarten ein Problem, weil 6. Gefährdung der Fleder- sie den Rotoren nicht ausweichen können. Besonders wandernde Arten wie Abendseg- mäuse im Naturpark Nassau ler oder Rauhautfledermaus sind betroffen. Dazu kommen in größeren Höhen jagende Nach dem massiven Rückgang bis auf Zwerg- oder Mückenfledermäuse. Für den teilweise 10 % in den 70er-Jahren hat der Abendsegler sind in einigen Regionen starke Bestand vieler Fledermausarten seit den Rückgänge belegt. Verschiedene und vor 80er-Jahren wieder zugenommen. Die In- allem am Boden jagende Arten haben nur tensivierung der Fledermauserfassung hat geringe Probleme mit Windkraftanlagen. Zu zum Nachweis weiterer Arten geführt. Im nennen ist hier etwa das Mausohr. Für die Moment scheinen die Bestände zu stagnie- Bechsteinfledermaus ist belegt und für an- ren bzw. wieder abzunehmen. Eine Hauptur- dere Waldarten ist dies zu vermuten, dass sache ist dabei der Rückgang an Insekten. der Lärm der Windkraftanlagen den Jagd- Hier trägt vor allem die intensive Landwirt- erfolg erheblich beeinträchtigt. Die ganz- schaft die Hauptverantwortung. Jeder Auto- jährige und immer mehr industrielle Wald- fahrer kann einen über Jahre abnehmenden nutzung bei immer größeren Forstrevieren Anflug von Insekten an der Windschutz- und die Zunahme der Arbeitsbelastung der scheibe seines Autos feststellen. Nicht nur Förster machen Kontrollen von zu fällenden den insektenfressenden Fledermäusen fehlt Bäumen hinsichtlich Höhlen und Faulstel- es an Nahrung, auch insektenfressende Vö- len schwierig, wenn nicht gar unmöglich. gel sind betroffen und nehmen im Bestand So werden mit der Freistellung der forst- ab. Vor allem die Saatgutbeize mit Neoni- wirtschaftlichen Nutzung im Bundesnatur- kotinoiden scheint dafür eine Hauptursache schutzgesetz zwangsläufig Quartiere besei- zu sein. tigt. Dies gilt, oft unwissend, auch für den Ebenfalls sind zunehmend extreme Wet- Niederwald und „Krüppelwald“, wo Quar- terlagen zu beobachten. Lange Trockenperi- tiere häufig sehr versteckt in den Wurzel- oden wechseln ab mit Phasen sehr starker strünken sind.

22 Abb. 51: Durch die FFH-Richtlinie geschützte Bechsteinfledermaus im Flug. Foto: Rolf Klenk

7. Fledermausschutz bestände und auch höhlenreiche Einzelbäu- im Naturpark Nassau me sollten verstreut über den Wald erhalten werden. Nistkästen sind nur sinnvoll, wenn diese betreut werden und eine Registrierung Alle Fledermausarten sind nach dem und Auswertung des Fledermausbesatzes Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. erfolgt. Die Schaffung von neuen stehenden Müssen Tiere für Untersuchungen gefangen Gewässern muss ein Ziel von Naturschutz werden, geht dies nur über die Ausnahmege- und Wasserwirtschaft sein. Solche Maßnah- nehmigung der Oberen Naturschutzbehörde. men dienen nicht nur den Fledermäusen. Bei der Quartierbeseitigung ist dies leider Wasserkäfer, Libellen sowie Amphibien wer- nicht so effektiv geregelt. Zu dem strengen den dadurch gleichermaßen gefördert. Schutz aller Fledermausarten kommen noch Streuobstbestände sind wichtige Jagdge- all die Arten, die nach der Fauna-Flora-Ha- biete für Fledermäuse, vor allem auch in der bitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der EU ge- insektenreichen Blütezeit. Leider sind viele schützt sind. Dazu gehören in unserer Region Streuobstgebiete durch Nicht-Nutzung dem verschiedene Waldbereiche der Montabaurer Verfall preisgegeben. Insbesondere Neu- Höhe oder des Lahntals. Die wichtigen Arten pflanzungen und deren Pflege sind in der sind hier Mausohr und Bechsteinfledermaus; Zukunft wichtig. Dies gilt auch für Hecken in bei erstgenannter Art auch ganz besonders der Landschaft, die von ausreichend breiten die Wochenstuben. Brachestreifen begleitet werden müssen. Bei dem für Fledermäuse sehr wichtigen Im Siedlungsbereich ist bei der energe- Lebensraum „Wald“ ist mittelfristig die Eta- tischen Sanierung von Häusern mehr auf blierung eines lichten Mischwaldes anzustre- Quartiere und Einschlupfmöglichkeiten zu ben. Einheimische Baumarten fördern die achten. Es lassen sich bei fachlicher Bera- Insektenvielfalt und Fledermäuse profitieren tung auch neue Quartiere schaffen. davon. Gewässer sind Produktionsstätten Ganz entscheidend ist es, die Aufklärungs- von Insekten und stark genutzte Jagdge- arbeit für die Bevölkerung fortzusetzen. Über biete von Fledermäusen. Höhlenreiche Alt- 100 Fledermausexkursionen wurden in den

23 letzten Jahrzehnten im Naturpark Nassau durchgeführt und hatten oft eine große Be- teiligung. Zu erwähnen sind auch mehrere Fledermausfestivals in Kamp-Bornhofen zu- sammen mit der dortigen Kirchenleitung und der Ortsgemeinde. Organisiert ist der Fle- dermausschutz in Rheinland-Pfalz über den verbandsübergreifenden Arbeitskreis Fleder- mausschutz. Über die Internetseite sind für die jeweiligen Landkreise, hier also für den Rhein-Lahn-Kreis und den Westerwaldkreis die Ansprechpartner zu ermitteln: www.fle- dermausschutz-rlp.de.

Abb. 52 und 53: Fledermausgitter an einem ehemaligen Stollen in Arzbach. Fotos: Stefan Eschenauer

8. Literatur

BRAUN, M., SIMON, L. und G. WAGNER Lahn-Kreis. – In: KIEFER, A. & M. Veith (1983): Zwei bemerkenswerte Fledermaus- (Hrsg.): Beiträge zum Fledermausschutz in funde (Chiroptera: Rhinolophus hipposiderus Rheinland-Pfalz. Fauna und Flora in Rhein- und Vespertilio murinus) in Rheinland-Pfalz. land-Pfalz, Beiheft 21: 87–94. Landau. Naturschutz und Ornithologie in Rheinland- KRAPP, F. (Hrsg.) (2011): Die Fledermäuse Pfalz, Band 2, Nr. 4: 773–775. Landau. Europas, Aula-Verlag, Wiesbaden, 1202 S. DIETZ, C., HELVERSEN O. und D. NILL RICHARZ, K. (2004): Fledermäuse, Kos- (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas, mos-Verlag, Stuttgart, 126 S. Kosmos-Verlag, Stuttgart, 399 S. SCHORR, K. (2001): Fledermauskartierung DIETZ, C. und A. KIEFER (2014): Die Fle- im Naturwaldreservat Stelzenbach, Forstamt dermäuse Europas, Kosmos-Verlag Stutt- Nassau (Rheinland-Pfalz). – Fauna und Flora gart, 394 S. in Rheinland-Pfalz 9 (3): 995–1010. Landau. GRIMMBERGER, E. (2014): Die Säugetiere Deutschlands, Quelle & Meyer Verlag, Wie- Anschriften der Verfasser: belsheim, 561 S. Manfred und Ursula Braun, KLENK, R., SCHMIDT, W. &. A. KIEFER Im Mühlbachtal 2, 56377 Nassau (1996): Telemetrie zweier Wasserfledermäu- Rolf Klenk, Mittelpfad 9, 56377 Nassau se (Myotis daubentoni Kuhl, 1819) im Rhein-

24 Impressum:

Herausgeber: Zweckverband Naturpark Nassau Bachgasse 4, 56373 Nassau Telefon / Fax: 0 26 04/43 68 www.naturparknassau.de

Nachdruck aus den Heimatjahrbüchern der Kreise Rhein-Lahn und Westerwald

Druck: Verlag + Druck Linus Wittich KG, Rheinstraße 41, 56203 Höhr-Grenzhausen

Umschlagentwurf: designwerkstatt. dipl. des. Claudia Wirsch. www.designwerkstatt-nassau.de

Fotos Umschlag: Rolf Klenk

Titelbild: Mausohr (Myotis myotis), Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii), Abendsegler (Nyctalus noctula)

Hinweis: Das Copyright sämtlicher Bilder verbleibt bei den jeweiligen Fotoautoren.

Anschriften der Verfasser:

Manfred und Ursula Braun Im Mühlbachtal 2 56377 Nassau Mail: [email protected]

Rolf Klenk Mittelpfad 9 56377 Nassau Mail: [email protected]

Wir danken dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz für die finanzielle Unterstützung bei der Herausgabe dieses Heftes.

Nassau, im November 2017