Marianne Kirchgessner (In Begleitung Des Musikverle- Gers Heinrich Philipp Bossler Und Dessen Frau) Jahrelan- Ge Konzertreisen Und Wurde So Enorm Populär
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Kirchgessner, Marianne und aufgrund seines obertonreichen, „gläsernen“ Klangs zahlreiche Künstler, Dichter und Musiker der Empfind- samkeit faszinierte. Obgleich sie blind war unternahm Marianne Kirchgessner (in Begleitung des Musikverle- gers Heinrich Philipp Bossler und dessen Frau) jahrelan- ge Konzertreisen und wurde so enorm populär. Schrifts- teller wie Johann Wolfgang von Goethe und Jean Paul wurden durch ihr Spiel inspiriert, zahlreiche Komponis- ten, darunter Wolfgang Amadeus Mozart, komponierten für sie. Ihr früher, plötzlicher Tod gab der These Auft- rieb, dass das Spiel der Glasharmonika gesundheits- schädlich sei (vgl. Bosseler 1809). Sie starb jedoch an den Folgen von Unterkühlung, zugezogen auf einer win- terlichen Fahrt während einer ihrer Konzertreisen. Orte und Länder Aus Bruchsal stammend und in Karlsruhe ausgebildet Scherenschnitt von Ursula Kühlborn ging Marianne Kirchgessner ab 1791 mehrfach auf ausge- dehnte Konzertreisen. Die erste, die fast 10 Jahre dauer- Marianne Kirchgessner te (mit zeitweiliger kurzer Rückkehr in ihre Heimat und Varianten: Marianne Kirchgäßner, Marianne Maria Eva mehrmonatigen Aufenthalten in London u.a.), führte sie Theresia Kirchgessner, Marianne Maria Eva Theresia u.a. auch nach Linz, Wien, Dresden, Leipzig, Berlin, Kirchgäßner Hamburg, London, Kopenhagen und Petersburg. Nach- dem sie sich in Gohlis (bei Leipzig) niedergelassen hatte, * 5. Juni 1769 in Bruchsal, Deutschland schränkte sie ihre Reisetätigkeiten etwas ein, wobei sie † 9. Dezember 1808 in Schaffhausen, Deutschland auch von dort aus mehrfach Konzertreisen unternahm. Biografie Glasharmonika-Virtuosin Am 5. Juni 1769 wurde Marianne Kirchgessner in Bruch- „…ihr himmlisches Spiel auf diesem ausserordentlichen sal geboren. Mit etwa vier Jahren erblindete sie in der kostbaren Instrumente entzückte jedes an reine Harmo- Folge einer Blatternerkrankung, dennoch wurde ihre of- nie gewöhnte Ohr und zwar ganz über alle unsere Erwar- fensichtliche musikalische Begabung früh gefördert. Sie tung; denn bis daher hörten wir nur blosse schwerfällige, kam ab 1780 zur Ausbildung zum Karlsruher Kapellmeis- melancholische Adagios mit einzelnen heulenden Tönen ter Johann Alois Schmittbauer. Im Januar 1791 brach auf der Harmonika. Aber diese junge blinde Künstlerin Kirchgessner in Begleitung des Speyrer Musikverlegers behandelt dieses Instrument ganz anders; die vortreffli- Heinrich Philipp Bossler zu einer mehrjährigen Konzert- che Kompositionen, worauf sie sich hören läßt, spielt sie reise auf, die sie im ersten Jahr über Linz nach Wien vollgriffig mit ganzer Harmonie, ihre Nüanzirungen, führte, wo sie Wolfgang Amadeus Mozart begegnete. Die- Wachsen und Hinsterben der Töne, Mordenten u.d.gl. ser komponierte für sie das Quintett für Glasharmonika, sind unnachahmlich; Allegros, welche vor ihr noch kein Flöte, Oboe, Viola und Violoncello KV 617 und das Ada- Künstler gewagte hat, spielt sie mit einer unglaublichen gio KV 356/617a für Glasharmonika solo, weitere Werke Fertigkeit, voll von sanfter Grazie und Empfindung.“ Mozarts für die Glasharmonika blieben Fragment. Kirch- Auszug aller europäischen Zeitungen. Wien. Freytag den gessner gab mehrere Konzerte in Wien, bei denen sie u.a. 13. May 1791, Nr. 109 (zit. nach Schneider 1985, S. 324). auch die Werke Mozarts uraufführte. 1792 konzertierte sie u.a. in Prag, Dresden, Leipzig, Berlin, Hamburg und Profil Magdeburg; von März 1794 bis Herbst 1796 ließ sie sich Marianne Kirchgessner war eine der angesehensten Vir- als angesehene und erfolgreiche Glasharmonika-Virtuo- tuosinnen auf der Glasharmonika, einem Instrument, sin in London nieder. Weitere Stationen der Konzertrei- das 1761 von Benjamin Franklin erfunden worden war se zwischen 1796 und 1800 waren Hamburg, Kopenha- – 1 – Kirchgessner, Marianne gen, Danzig, Königsberg und Petersburg. Sie kehrte dann bekunden; genannt werden in diesem Zusammenhang über Schlesien und die Lausitz nach Sachsen zurück. Um u.a. Muzio Clementi, Carl Friedrich Christian Fasch, Jo- den Jahreswechsel 1799/1800 ließ sie sich in der Nähe seph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Antonio Salie- von Leipzig nieder (Gohlis) und ging von nun an von hier ri, Giuseppe Sarti, Giovanni Battista Viotti und Johann aus auf Konzertreisen, u.a. nach Hannover und Frank- Baptist Vanhal (vgl. Braunschweigisches Magazin, 4. Ap- furt/Main (1801), Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien und ril 1801, zit. nach Schneider 1985, S. 334). Marianne Prag (1802-1808). Im Sommer 1808 begegnete sie Jo- Kirchgessner hatte offenbar einen ausgeprägten musikali- hann Wolfgang von Goethe in Karlsbad. Sie starb auf ei- schen Geschmack, denn bereits 1791 heißt es über sie: ner Konzertreise von Stuttgart aus kommend in Schaff- „In diesen ihren so feinen Gefühl liegt auch der Grund, hausen. warum sie so wenige Kompositionen befriedigen kön- nen. Selbst Naumann und Schmittbauer thun ihr nicht Mehr zu Biografie Genüge. In den Werken des ersten, sagte sie, herrscht Marianne Kirchgessner wurde am 5. Juni 1769 als Toch- der Ausdruck der Kunst über den Ausdruck des Leiden- ter des Kammerzahlmeisters Joseph Anton Kirchgessner schaftlichen und Schmittbauers Kompositionen sind mir und seiner Frau Maria Theresia, die ihrerseits eine Toch- zu leicht.“ (Johann Friedrich Christmann, Pfarrer, Kom- ter des Würzburgischen Kapellmeisters Franz Georg ponist und Musikschriftsteller, in einem Brief vom 17. Fe- Waßmuth war, geboren. Mit vier Jahren erbildete sie bruar 1791, zit. nach Schneider 1985, S. 322). nach einer Blatternerkrankung. Kurz zuvor war auch ih- Anfang des Jahres 1791 brach Marianne Kirchgessner, of- re Mutter gestorben. Ihre frühe musikalische Begabung fenbar unterstützt vom Karlsruher Hof und in Begleitung ließ Anton Siegmund Joseph Reichsfreiherr von Beroldin- des Musikverlegers Heinrich Phillip Bossler und seiner gen auf sie aufmerksam werden, der ihr eine Ausbildung Frau, zu ihrer ersten großen Konzertreise auf: über Biber- bei Joseph Alois Schmittbauer in Karlsruhe ermöglichte ach nach Augsburg, wo sie am 16. März konzertierte, („Er gehört unter die vorzüglichsten Componisten unse- München, Regensburg nach Linz (Konzert am 24. Mai). res Vaterlandes […]“ Schubart 1806, S. 170) sowie den Er- Sie erreichte daraufhin Wien, wo sie am 10. Juni erst- werb eines teuren Glasharmonika-Instruments finanzier- mals auftrat. Am 19. August folgte das zweite Wiener te. Bald machte sie große Fortschritte auf dem neuen Ins- Konzert, bei dem sie auch Mozarts Quintett KV 617 auf- trument, so dass sie häufig am Karlsruher Hof konzertier- führte: „Durchdrungen von dem Gefühle des wärmsten te. Dankes, über den glücklichen Beyfall, mit dem ich in mei- 1784 wird Marianne Kirchgessner erstmals in Cramers ner […] musikalischen Akademie, beehrt wurde, erkenne Magazin erwähnt: „Der hiesige Domcapitular, Freyherr ich es für meine Pflicht, der mir so schmeichelhaften Auf- von Beroldingen, läßt ein blindes Frauenzimmer aus forderung: mich noch einmal auf der Harmonika hören Bruchsal, Mademoiselle Kirchgasserin, bey welcher er zu lassen, nach allen meinen Kräften zu entsprechen. Ich Anlage fand die zweyte Paradies zu werden, bey Hr. Sch- werde daher […] vor meiner Abreise von hier nach Berlin mittbaur in Carlsruhe, die von ihm erfundene Harmoni- […] nächstkommende Woche noch eine grosse musikali- ca lernen. Sie ist eine Enkelin des Capellmeisters Wasmu- sche Akademie geben, und ein ganz neues, überaus schö- th in Würzburg, und Schmittbaur ist desto bereitwilliger nes Konzertquintett mit blasenden Instrumenten beglei- und unverdrossener in dem Unterrichte dieser blinden tet, von Hern Kapellmeister Mozart […] spielen“ (Mozart- Person, da er selbst ihrem Großvater seine musicalischen Dokumente 1961, S. 350f.). Ein letztes Konzert in Wien Kenntniß und sein Glück zu danken hat.“ (Cramer 1784, fand am 8. September statt. S. 175) Interessant daran ist der Hinweis auf die 10 Jahre Weitere Stationen von Kirchgessners Konzertreise waren ältere Maria Theresia Paradis, die just zu dieser Zeit als Prag, Dresden, Leipzig, Berlin, Hamburg, Magdeburg blinde Pianistin durch Europa reiste. und Braunschweig. Bereits auf dieser Reise wurde sie all- Von 1790 datiert die erste (bekannte) Komposition, die gemein so hoch gerühmt, dass die Konzertbesprechun- für Marianne Kirchgessner komponiert wurde; zahlrei- gen meist von der „berühmten Virtuosin“ Marianne che weitere Kompositionen folgten im Laufe ihrer euro- Kirchgessner berichten (vgl. dazu etwa die in Schneider paweiten Karriere: Da das Repertoire für Glasharmonika 1985 abgedruckten Quellen) und dass auch mehrere Hul- noch sehr beschränkt war, fühlten sich zahlreiche Kom- digungsgedichte (wie das folgende) über sie abgedruckt ponisten, die Kirchgessner hörten, animiert, ihr mit ei- wurden: gens für sie komponierten Werken ihre Hochachtung zu – 2 – Kirchgessner, Marianne Impromptu und Breslau; 1806 nach Wien; 1808 nach Prag. An die Harmonikaspielerin, Demoiselle Kirchgeßner. Im Juni 1808 traf Marianne Kirchgessner Johann Wolf- Es ist gewiß, es ist nicht bloser Glaube, gang von Goethe in Karlsbad. Im November gastierte sie Daß unser Geist, zerfällt der Leib zu Staube, in Stuttgart und fuhr dann weiter Richtung Süden, ge- In eine bessre Welt sich schwingt. plant waren Konzerte in der Schweiz. Auf dieser Fahrt st- Was diesem Instrument entklingt, arb sie an den Folgen einer Unterkühlung am 9. Dezem- Wenn deine Finger es mit Schöpferkraft berühren, ber 1808 in Schaffhausen. Das ist kein Erdenthon, das ist ein Himmellaut Ihr Tod löste neuerliche Diskussionen über die Schädlich- Aus seel’ger Geister Mund, mit denen