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Dateien zur Geschichte:

der BeNeLux-Staaten

aus der Sammlung Peter Packbier Die Zeit ab 1794 Die Geschichte der Herzogtümer

Limburg, Brabant, Burgund

Zur Geschichte der Niederlande Luxemburg in seiner Geschichte stehen im Internet viele ältere Werke zur Verfügung, die, trotz ihrer dem Die Habsburgischen/Spanischen Alter geschuldeten Mängel, auch Niederlande noch heute lesenswert sind. Scans 1477 bis 1584 dieser Werke, teilweise bearbeitet, sind passend in die Texte eingefügt Die Spanischen Niederlande Wie schon mehrfach erwähnt, ist 1584 bis 1620 es sinnvoll, pdf-Dateien herunter- zuladen, wenn man sie kopieren oder Die Spanischen Niederlande lesen möchte. Der bei windows 1620 bis 1648 integrierte pdf-viewer bietet doch gegegenüber dem acrobat-reader Die Spanischen/Österreichischen deutlich weniger an Möglichkeiten. Niederlande 1648 bis 1794

Die Niederländischen Generalstaten 1648 bis 1794

Die Zeit nach 1794

Das Fürstbistum Lüttich

Die Reichsabtei Malmedy ─ Stablo

Maastricht in seiner Geschichte

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Zu den Ereignissen im Vorfeld und Gefolge der französischen Revolution finden sich ausführliche Texte in den Werken:

Aus der Datei über den Ersten Koalitionskrieg (1792–1797) ist zu ersehen, dass die späteren (durchaus nicht einigen) Alliierten zunächst wenig Bereitschaft zeigten, gegen Frankreich vorzugehen. Erst nach dem gescheiterten Fluchtversuch des französischen Königs Ludwigs XVI. (20/21. Juni 1791) wurde unter Drohungen von Frankreich gefordert, die Monarchie bedingungslos wieder herzustellen, was dann wiederum nach manchem Hin und Her die Kriegserklärung Frankreichs an Österreich zur Folge hatte (20. April 1792), merkwürdigerweise offiziell durch Ludwig XVI. Preußen erklärte nun, dem kurz vorher abgeschlossenen Defensivbündnis mit Österreich entsprechend, seinerseits Frankreich den Krieg. Die nun folgenden viele Kämpfe, Belagerungen etc. sind aufgelistet in der historischen Sammeldatei cliomaps.de: 1. Koalitionskrieg/Niederlande aus clio-online.de/projekt. Nur einige dieser Ereignisse seien hier besonders erwähnt. Am 15 Dezember 1792 besetzten französische Truppen unter General Dumouriez und benutzten die Stadt und das Umland als Winterquartier. Nach der Winterpaus änderte sich die Situation. In der 1. Schlacht an der Rur (1. März 1793) erlitten die Franzosen eine schwere Niederlage (wikipedia-Datei: Schlachten bei Aldenhoven), dann ebenso in der Schlacht bei Neerwinden am 18. März 1793. Der erwähnte General Dumouriez war, den Befehl der Regierung in Paris, Belgien zu verteidigen, ignorierend, am 16. Februar 1793 in das Gebiet 3 der Generalstaaten eingedrungen. Dumouriez verfolgte in diesem Krieg durchaus eigene Pläne. Es kam u. a. zum Beleg van Venlo und Beleg van , worauf die Engländer am 27. Februar 1793 bei Hellevoetsluis landeten und Dordrecht besetzten. Jetzt waren die Franzosen gezwungen, fluchtartig dieses Gebiet räumen. Dumouriez, der auch wegen Subversion die Todesstrafe fürchten musste (damit war man in Paris schnell bei der Hand), floh am 5. April 1793 in das österreichische Lager bei Mons. Damit schien der Spuck ein schnelles Ende gefunden zu haben. Diese prekäre Situation führte in Frankreich zur Ausrufung der allge- meinen Wehrpflicht ─ Levée en masse (23. August 1793). Dadurch konnte in kurzer Zeit ein großes Heer von zwar kaum ausgebildeten, aber hoch- motivierten Kämpfern aufgestellt werden. Mit der Schlacht bei Hondschoote (8. September 1793) bahnte sich dann eine erneute Wende im Kriegsge- schehen an. Nach verschiedenen Kämpfen mit wechselnden Erfolgen siegten die Franzosen in der Schlacht bei Wattignies (15 ─ 16 Oktober 1793), was den Rückzug der Österreicher und Engländer zur Folge hatte. Schließlich leitete die Schlacht bei Fleurus (26. Juni 1794) den endgültigen Sieg Frankreichs ein. Einheiten der nach dieser Schlacht bei Fleurus gebildeten Armée de et besetzten dann am 23. September 1794 die Stadt Aachen. Am 4 November kapitulierte nach einer 45tägigen Belagerung. nl.wikipedia-Datei: Beleg van Maastricht) Vom 27. Oktober bis 8. November 1794 wurde Nimegen belagert en.wikipedia.Datei: Siege of )

Vielleicht darf ich hier einmal kurz daran erinnern, dass neben den regionalen Ereignissen 1794 anderwo auch Geschichte geschah: Am 28. Juli wurde Robbespierre hingerichtet, ungefähr um diese Zeit wurde in Amerika der sogenannte Whisky-Aufstand niedergeschlagen. Im August fand in Amerika die Indianer-Schlacht von Fallen Timbers statt. Dann wurde im November in Warschau durch den Russischen General Soevorov grausam der Kościuszko-Aufstand niedergeschlagen, und noch viele andere Ereignisse mehr, zu denen man im Internet mit einigem Suchen teilweise gute und informative Texte finden kann. 4

Die Geschichte der Region in der Franzosenzeit und den darauf folgenden Jahren lässt sich kaum auf wenigen Seiten zusam- menfassen. Um den Überblick etwas zu erleich- tern, seien gelegentlich Links zu ergänzenden Geschichtswerken eingefügt Links zu den Werken des früher sehr bekannten Historikers Karl von Rotteck habe ich auf meinen Seiten schon mehrfach eingestellt. Seine Ausführungen zu den hier behandelten Jahren halte ich auch deshalb für bedeutsam, weil sie einen wesentlichen Teil seiner Lebenszeit ausmachen. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Erinnerungen des Erzherzogs Karl von Österreich-Teschen, der auf einem bemerkenswerten Denkmal in Wien u. a. als Sieger in der Schlacht von Aldenhoven verzeichnet wird: viennatouristguide. Denkmal Erzherzog Carl

Im Herbst 1794 war der französische General Jean-Charles Pichegru in das Gebiet der Vereinigten Niederlande eingedrungen. Ein Bericht über die damit verbundenen und verwirrenden Ereignisse sei hier eingeschoben. Merkwürdigerweise erfährt man über die Kriegshandlungen dort in jener Zeit mehr aus englischen Dateien: wie campaign. Leider ist die automatische Übersetzung manchmal etwas sinnentstellt, daher wird man immer einen Blick auf die Originaldatei werfen müssen.

Während des Eindringens der Franzosen in die Niederlande floh in der Nacht zum 18. Januar 1795 der Erbstatthalter Wilhelm V. von Oranien per 5

Schiff von Haarlem nach Harwich in Großbritannien. Fast zeitgleich wurde die Batavische Republik (Bataafse Republiek) ausgerufen. Die emigrierten und jetzt zurückgekehrten Patriotten schienen endlich ihr erstrebtes Ziel erreicht zu haben. Aber im Grunde war die Batavische Republik ein von Frankreich abhängiger Vasallen-Staat Etwas später kam es zu einem merkwürdigen Event. Der Winter setzte früh und mit ungewöhnlich starkem Frost ein. Die Kanäle froren zu, so dass die französischen Truppen die vielen Wasserläufe ohne Schwierigkeiten überqueren und in die nördlichen Provinzen der Niederlande eindringen konnten. Das Eis hatte auch die Niederländische Flotte bei Texel eingeschlossen, welche dann am 28. Januar 1795 an die Franzosen fiel.

Die Eroberung einer Flotte durch Kavallerie wurde in manchen Berichten, die wohl nicht völlig der Wahrheit entsprachen, aufgebauscht.

Die Geschichte der Batavischen Republik ist nicht in wenigen Sätzen zu beschreiben, zumal der alte Gegensatz zwischen den Anhängern des Hauses Oranien und deren Gegnern mit hineinspielt. Von Kampen berichtet in dem angezeigten Werk ausführlich darüber.

Nachstehend ein Auszug:

»Die niederländische Republik stand jetzt 1795 eigentlich Frankreich zu Gebote. Im Siegesrausch über ihre politischen Widersacher hatten die Patrioten vergessen über die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes Etwas zu bedingen. Die Franzosen hielten vortreffliche Mannszucht, hinderten selbst die Revolutionsmänner an den Mitgliedern der alten Regierung ihre Rache zu 6 kühlen; doch sie wollten, nebst Ersatz der Kriegskosten und einer Offensiv- allianz der Republik mit Frankreich, Alles bis zum Südufer des Rheins für sich behalten, nebst Staatsflandern und der Hälfte von Seeland. Letztere Provinz, die sich zuletzt ergeben hatte (Manche hatten das Auge um Hülfe nach England gewandt, doch der heftige Frost und die Nähe der Franzosen hatte zu einer Capitulation mit diesen vermocht) protestirte feierlich dagegen. Jedoch von Preussen war, seit dem Friede von Basel, Nichts mehr zu hoffen, und die Republik musste sich glücklich schätzen, daß die Sieger ihr noch einen Schatten von Unabhängigkeit übrig liessen, daß die Territorialfoderungen sich zuletzt auf Venlo, Staatslimburg, Maastricht und Staatsflandern oder das Süderufer der Schelde mit französischer Besatzung in Vlissingen, auf die unbeschränkte Freiheit der Schelde, der Maas und des Rheins für die französische Schifffahrt, nebst 100 Millionen Gulden für die Kriegskosten und die Verbindlichkeit immer in Kriegszeiten 25.000 Franzosen unter einem General dieses Volkes zu halten, beschränkten. Doch wenn diese 25.000 Mann gekleidet waren, wurden sie immer mit andern gewechselt, und so kleidete Holland wohl fast 200.000 Mann. Den 16. Mai 1795 ward dieser Tractat im Haag unterzeichnet, wobei öffentliche Freudensbezeugungen stattfanden und wovon Mancher eine neue Ära des Glücks zu erleben hoffte. Damit war nun aber die Selbstständigkeit der Nation dahin, und die Franzosen konnten dem bethörten Volke immer die Freude gönnen seine innern Angelegenheiten zu ordnen und Constitutionen zu modeln, nur blieb stets das Veto der Mutterrepublik, welche sich die Vormundschaft über ihre Töchter nicht nehmen ließ. Man beeiferte sich jetzt, das alte Staatsgebäude so schnell als möglich abzubrechen; die Statthalterschaft und das Amt des Rathspensionairs wurde abgeschafft, die Provinzialstaaten in provisorische Repräsentanten, die Magistrate (Bürgermeister, Schöffen und Räthe) in Municipalitäten und Justizcomités umgeschaffen, die Wappen aus den Kirchen genommen, der Titel Herr in den von Bürger umgewandelt u. s. w. Die bedächtigste Nation der Welt schien, dem ersten Anscheine nach, eine große allgemeine Maskerade halten zu wollen. Alle Acten trugen die Worte Freiheit, Gleichheit und Brüderschaft an der Spitze, und man datirte sie vom ersten Jahre der batavischen Freiheit. « Eine bemerkenswerte Gestalt dieser Zeit war der in den Schriften ober erwähnte letzte Raadpensionaris der alten Vereinigten Niederlande, Laurens Pieter van de Spiegel. Einige Anmerkungen dazu finden sich auch auf der Seite des Museums Gevangenpoort unter Museum Gevangenpoort: Laurens Pieter van de Spiegel. 7

Eine weitere hervorragende Gestalt dieser turbulenten Zeit war Jan Schimmelpenninck: dbnl: Rutger Jan Schimmelpenninck https://en.wikipedia.org/wiki/Rutger_Jan_Schimmelpenninck

Aus dem nebenstehend angezeigt Werk ist nachstehend ein Abschnitt eingefügt. Dieses Werk kann vielleicht helfen, die vielen Ereignisse, 8

Verordnungen und Erwähnungen von Verträgen etc. in der Franzosenzeit einzuordnen Nachstehend ein Abschnitt aus dem Kapitel: Deutsche Reichslande und die Batavischen Provinzen als Bestandtheile des Französischen Kaiserreichs im Jahre 1812

1. Allmälige Entstehung der französischen Herrschaft in diesen Landen Durch das Gesetz vom 30. September 1795 (9. Vendemiaire des Jahres IV der Republik) verordnete die damalige französische Regierung, daß, wie es schon in den Monaten März und Mai des Jahres 1793 durch verschiedene Dekrete des National-Convents mit der Stadt Brüssel, der gefürsteten Grafschaft Salm, dem österreichischen Hennegau, den Städten Florennes, Gent, Doornik, Loewen, Franchemont, Logne, , Ostende, Ghoi sur Sambre, Fleurus Wasseigne, Brügge, den Gemeinden Biding, Enting, dem deutschen Theil von Lelling-Empre, 66 Gemeinden des Tournaisis, der Stadt Mainz (30. März 1793), mit dem Hochstift Lüttich und den Abteien Stablo und Malmedy geschehen war, nun auch all´ die Länder welche vor dem Kriege dem Hause Österreich gehört und den Burgundischen Kreis des Deutschen Reichs gebildet hatten, oder von der Republik der vereinigten Provinzen der Niederlande durch den haager Vertrag vom 16. Mai 1795 an Frankreich abgetreten worden waren,1) mit der Französischen Republik nunmehr vollständig vereinigt werden sollen, nachdem man in Paris , wie es scheint einige Zeit, darübergestritten , ob es für die Republik nicht besser sei, daß Belgien , wie man die österreichischen Niederlande jetzt allgemein nannte, eine Macht für sich bliebe, die mit der Einen und untheilbaren Republik in ein ewiges Bündniß zu treten habe. Aus diesen Ländern, mit Einschluß des Herzogthums Bouillon, welches durch ein Dekret vom 26. Oktober 1795 einverleibt wurde , und mit Einschluß der zum Westfälischen Kreise gehörig

1 Die Generalstaaten traten an Frankreich ab : — 1) Staatsch - Vlanderen , mit Einschluß des am linken Ufer des Hond belegenen Gebiets ; 2 ) Die Städte und Festungen Maastricht und Venloo , mit Zubehörungen , sowie die Enclaven südlich von Venloo. In dem festen Platze Vlissingen , auf Walcheren , mußten die Generalstaaten französische Besatzung einnehmen ,während der dortige Handelshafen beiden Nationen gemeinschaftlich blieb. 9 gewesenen Stiftslande von Lüttich etc., bildeten sich durch das angeführte Gesetz 9 Departements, nämlich:

Département Dyle mit dem Hauptort: Brüssel (Bruxelles) Département Schelde (Escaut) " " " Gent (Gand) Département oder Leie " " " Brügge (Bruges) Département Jemappes " " " Mons Département Deux-Néthes " " " Antwerpen (Anvers) Département Meuse Inférieure " " " Maastricht Département Ourthe " " " Lüttich (Liège) Département Sambre et Meuse " " " Namur Département Wälder (Forêts) " " " Luxemburg (Den Departements wurden auch isolierte niederländische Gebiete zugeschlagen, wie auf der vorstehenden Karte zur Batavischen Republik vermerkt.)

Also zwei Jahre vor dem Frieden von Campo- Formio , vermöge dessen das Haus Österreich , einseitig und ohne Zustimmung des Reichs, seine burgundischen Lande an Frankreich überließ und dafür das Gebiet der altehrwürdigen Republik Venedig aus den Händen eines französischen Soldaten, der sich dieses Gebiets, mit Entsetzung seines rechtmäßigen Inhabers hinterlistig bemächtigt hatte, in Empfang nahm, hielten sich die republikanischen Machthaber in der sittlich verrotteten Hauptstadt der ,,Großen Nation“, wie schon damals die Franzosen anfingen, sich prahlerisch zu nennen, für berechtigt, die österreichischen Niederlande als ihr Eigenthum anzusehen , und sie nach ihrer Weise politisch, gerichtlich, kirchlich und militärisch einzurichten. Ja, ihre Frechheit konnte bei der Entsetzen erregenden Schwäche und Zerspaltung von Kaiser und Reich so weit gehen, daß sie volle sechs Jahre vor Abschluß des luneviller Friedens, der die übrigen deutschen Reichslande auf dem linken Rheinufer staatsrechtlich mit Frankreich vereinigte, diesen Landen den republikanischen Verfassungs- und Verwaltungszuschnitt aufbürdeten; denn sie konnten sicher sein , daß es den deutschen Waffen nicht gelingen werde, sie vom Rheine zu verjagen, seitdem der Kurfürst- Erzkämmerer des Reichs, König von Preußen, sich von der gemeinen Sache abgesondert und den Separatfrieden von Basel mit dem Erbfeinde geschlossen hatte! 10

Seitdem diesem Beispiele der Landgraf von Hessen-Kassel durch den baseler Frieden vom 28. August 1795 gefolgt war, der Herzog von Württemberg, durch den zu Paris am 7. August 1796, und der Markgraf von Baden durch den ebendaselbst am 22. August des nämlichen Jahres geschlossenen Friedensvertrag, ─ Verträge , kraft deren alle auf dem linken Rheinufer belegenen Länder dieser vier Fürsten theils einstweilen, theils endgültig der Republik abgetreten wurden . Letzteres war bei Württemberg und Baden der Fall. Im Verlaufe des Jahres 1794 wurde das Land zwischen Maas, Mosel und Rhein fast überall von den Franzosen dauernd in Besitz genommen. Am 1. September des genannten Jahres (15. Fructidor des Jahres II), legte der Volksrepräsentant Bourbotte den Bewohnern der durch die Kriegsvölker der Republik besetzten Theile des Erzstifts Trier und des Herzogthums Luxemburg eine Kriegsschatzung von 3 Millionen Livres auf, davon die Stadt Trier und deren Weichbild die Hälfte zahlen sollte. In seinem Bericht an den National-Convent zu Paris verglich Bourbotte das Erzstift Trier mit „ einer Melkkuh, die fähig sei, die republikanischen Heere mit den glänzendsten Hülfsquellen zu versorgen.“ Es wurde eine Central-Verwaltungsbehörde für das eroberte Land zwischen Maas und Rhein angeordnet, die am 19. April 1795 (30. Germinal des Jahres III) eine vollständige Organisation der politischen, Finanz- und Gerichtsstellen nach französisch-republikanischer Schablone einführte, in den höheren Ämtern auch mit Franzosen besetzte. Durch diese Anordnung, in deren Folge die bisherigen Behörden ihre Wirksamkeit verloren und einer Seits Menschen sich der Geschäfte bemäch- tigten, welche die Zustände und Verhältnisse des Landes nicht kannten, anderer Seits die Einheimischen jene Schablone sich erst zu eigen machen mußten, beide Theile aber in den allermeisten Fällen eines Dolmetschers bedurften, entstand Stockung und Verwirrung in allen Zweigen der Verwal- tung. Dies veranlaßte den Oberbefehlshaber des Sambre- und Maasheeres, L. Hoche, zu verfügen daß mit dem 21. März 1797 (1. Germinal des Jahres V) alle französischen Verwaltunge ihre Amtsverrichtungen einstellen, an ihrer Statt, und um ihr Verfahren zu untersuchen, eine aus 6 Mitgliedern bestehende einstweilige Commission (commission intermédiaire) niedergesetzt werden und die alten Regierungsbeamten und Gerichtshöfe ihre Amtsverrichtungen wieder antreten sollten. Zum Sitz dieser Commission wurde die Stadt Bonn, ehemals die Residenz der Kurfürſten von Köln, bestimmt. Das vollziehende Directorium der Republik verfügte durch Beschluß vom 23. Januar 1798 (4. Pluviose des Jahres VI), daß die eroberten Länder zwischen Maas und Rhein und Mosel in 4 Departements eingetheilt, und ein 11

General-Commissariat für dieselben errichtet werden sollte. Die Organisation dieser „vier vereinigten Departements des linken Rheinufers“, wie man sie nannte, kam bald zu Stande; denn schon am 12. März 1798 (22. Ventose des Jahres VI) erließ der General-Commissar Rudler eine Kundmachung, der zufolge besagte Departements folgende Namen erhalten hatten: 1. Saar (Sarre) Hauptort: Trier (Trèves) 2. Donnersberg (Mont Tonnere) " Mainz (Mayence) 3. Rhein u. Mosel (Rhin et Moselle) " Coblenz (Coblence) 4. Roer [sprich Ruhr], Roër) " Aachen (Aix la Chapelle)

Über den Verlauf der Kriegshandlungen und die Zeit der französischen Verwaltung in einzelnen Städten und Regionen des Rheinlandes gibt es nicht viele ausführlichere Texte. Klöppelkrieg kreis-ahrweiler.de: Was uns der "Militärpaß" von Michael Kültz aus der Franzosenzeit 1794 - 1814 erzählt

Trierer Tor der Festung Luxemburg

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Wie auch in den ausführlichen Internet- Dateien Cisrhenanischen Republik und Mainzer Republik beschrieben, waren die Verhältnisse in den eroberten Gebieten zwischen Maas und Rhein schon mehr als verwirrend. In meiner Datei Aachen in der Franzosenzeit wird darüber ausführlich berichtet. Um dem Chaos abzuhelfen, entsandte dann das Direktorium. den begabten 29- jährigen General als Oberkommandierenden der Militär- und Zivilverwaltung für das nördliche Rhein- land. Er reformierte zwischen Maas, Rhein und Mosel die bisherigen Behörden und führte eine Direktorialverwaltung nach französischem Vorbild ein. Als nun General Hoche, der eine Annexion der Rheinlande entschieden abgelehnt hatte, 1797 plötzlich gestorben war, in Paris durch den Staatsstreich des 18. Fructidor am 4. September 1797 annexionistischen Kräfte an der Macht gekommen waren und schließlich der Kaiser In dem am 17. Oktober 1797 geschlossenen Frieden von Campo Formio die Rheingrenze anerkannt hatte, war die weitere Entwicklung gewissermaßen vorgezeichnet. Am 4. November 1797 ernannte das Direktorium den vorher als Richter am Kassationshof tätigen Francois Joseph Rudler zum Regierungs- kommissar der Direktorialregierung für die eroberten Länder am Rhein. Er organisierte eine wirksame Verwaltung und gliederte durch Beschluss vom 23. Januar 1798 die eroberten Gebiete in vier Departements, welche den französischen Vorbildern entsprechend ihre Namen von geographischen Begriffen erhielten. Es waren dies: Das Département de la Roer, (Hauptort Aachen), Das Département de la Sarre, (Hauptort Trier), Das Département de Rhin-et-Moselle, (Hauptort Koblenz), Das Département du Mont-Tonnerre, (Hauptort Mainz). 13

Nach dem Friede von Lunéville wurden sie definitiv französisches Staatsgebiet.

Mit Einbeziehung der Niederlande in den französischen Machtbereich waren die bisher verbündeten Engländer zu Feinden geworden. Das veranlasste die Briten u. a. am 8. Januar 1806 im Zuge des Britisch- Französischen Kolonialkonfliktes die Kapkolonie zu annektieren.

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Die Batavische Republik war von Anfang an als de facto Vasallenstaat Frankreichs auch in die Kämpfe der Franzosen eingebunden, wie in der Seeschlacht bei Camperduin am 11. Oktober 1797.

Seeschlacht bei Camperduin

Im Herbst 1799 kam es dann zu einem merkwürdigen Landungs- unternehmen von englischen und russischen Truppen in Nordholland und dabei am 30. August 1799 zur Kapitulation im Vlieter und am 19. September 1799 zur Schlacht bei Bergen.

Beschreibungen dieser Episode enthalten u. a. die angezeigten Werken.

Ergänzend die Dateien: Anglo-Russian invasion of Holland Convention of Alkmaar 15

Am 5. Juni 1806 wurde die Batavische Republik umgewandelt zum Königreich Holland mit dem Bruder , Louis Bonaparte, als König. Damit sollte auch eine Dynastie begründet werden. Das Land bekam ebenfalls eine Departements-Einteilung. Zusätzlich wurde ihm noch ein Département Ostfriesland beigefügt, welches später umbenannt wurde zu Département Ems-Occidental:

Die in gewisser Weise tragische Figur des Louis Bonaparte stand mit seinen Vorstellungen eines Königreichs der Niederlande den Expansionsbe- strebungen Napoleons entgegen Er trat am 3. Juli 1810 zurück. Mit dem Dekret von Rambouillet (9. Juli 1810) wurde das Königreich offiziell zu einem Teil Frankreichs mit den Departements: Bouches-de-la-Meuse. Département Bouches-de-l’Escaut Département Bouches-du-Rhin Département Zuyderzée Département Frise Département Yssel-Supérieur Département Bouches-de-l’Yssel

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1806 begann rechtsrheinisch eine Art Bundesstaat zu etablieren. Mit der Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 hatten eine Reihe deutscher Fürsten, durch Repressionen und Versprechungen Napoleons veranlasst, den Verband des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation verlassen und den Rheinbund gebildet. Kaiser Franz II. legte daraufhin am 6. August 1806 die deutsche Kaiserwürde nieder und entband die Reichsstände von ihren Pflichten gegenüber dem Reich. Damit endete das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Unter den dabei neuerrichteten Staaten sei besonders das Königreich Westphalen mit seinem merkwürdigen König Jérôme Bonaparte hervorgehoben.

Dazu stehen auch im Internet eine Vielzahl von Texten und Schriften zur Verfügung; ein klein Auswahl:

Johann Ludwig Klüber, Staatsrecht des Rheinbundes Ludwig Adolf Peter zu Sayn-Wittgenstein, Napoleons edle Handlungen gegen den Rheinbund, den Papst, und seine wohlwollenden Gesinnungen gegen die Deutschen 17

Aus der Vielzahl der Napoleonischen Kriege und Schlachten sei nur die Schlacht bei Jena und Auerstedt (14. Oktober 1806) gesondert erwähnt.

Nach dieser Schlacht verfügte Napoleons am 21. November 1806 die Kontinentalsperre, um England in die Knie zu zwingen. U. a. aus dem Bestreben diese Sperre möglichst effektiv zu gestalten, wurde dann am 1. Januar 1811 die ganze deutsche Nordseeküste von Emden bis Hamburg samt dem Hinterland vom Rhein bis zur Elbe und nach Lübeck durch ein Dekret vom 12. Dezember 1810 von Frankreich annektiert. Auch hier wurde das annektierte Gebiet nach französischem Vorbild in Departements gegliedert.

Département Lippe Département des Bouches-du-Weser Département des Bouches de l’Elbe Département de l’Ems-Supérieur Département Ems-Oriental.

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Napoleon hatte nach seinen katastrophal geendigten Russlandfeldzug Anfang 2013 einem Waffenstillstand mit Russland und Preußen zugestimmt. Dem Bündnis von Russland und Preußen schloss sich später Österreich an. Auf dem Friedenskongress in Prag wurde Napoleon ein Ultimatum gestellt, das unter anderem die Auflösung des Rheinbundes, die Aufgabe des Großherzogtums Warschau sowie die Wiederherstellung Preußens in den Grenzen von 1806 vorsah. Da dies faktisch die Aufgabe der französischen Vormacht in Europa bedeutet hätte, ging Napoleon darauf nicht ein. Als Folge dieser Weigerung erklärte Österreich Frankreich den Krieg. Preußen, Russland und Österreich schlossen die Allianzverträge von Teplitz ab. Da auch Schweden sich an der Koalition beteiligte, standen nunmehr alle nicht von Bonaparte direkt oder indirekt kontrollierten Staaten in Europa gegen ihn. (nach wikipedia) Dazu auch die wikipedia-Datei: Kongress von Chatillon 19

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig und der Niederlage in der Schlacht bei Paris am 30. März 1814 war das Schicksal Napoleons endgültig besiegelt. Er wurde zur Abdankung gezwungen und auf die Insel Elba verbannt Im Gefolge der Völkerschlacht bei Leipzig zogen die Franzosen auch aus den Niederlanden ab. Gijsbert Karel van Hogendorp proklamierte am 17. November 1813 den Aufstand „Oranje Boven“, am 21. November kam eine vorläufige Regierung (Algemeen Bewind) unter Hogendorp zustande, und am 1. Dezember boten die Niederländer dann dem in Scheveningen ankommenden Wilhelm Friedrich, Prinz von Oranien-Nassau den Titel „Souveräner Fürst“ an.

Dem Zeitablauf vorgreifend sei mitgeteilt: am 16. März 1815 wurde das Königreich der Vereinigten Niederlande proklamiert.

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Vom 18 September 1814 bis zum 9. Juni 1815 fand der Wiener Kongress statt, auf dem die Vertreter von rund 200 europäischen Staaten und Herrschaften über die künftige Ordnung Europas berieten, Am 12. Januar 1815 begann dort eine Serie von Sitzungen, auf denen über die territoriale Neuordnung Europas verhandelt wurde. Der preußische Vertreter Karl August von Hardenberg verteilte schon auf der Eröffnungsveranstaltung einen Plan mit den maximalen Gebietsforderungen Preußens: Sachsen, Gebiete im Westen des Großherzogtums Warschau, Berg und Teile Westfalens, Teile Nord- und Mitteldeutschlands (502.000 Einwohner) mit der Hälfte Fuldas. Das Roerdepartement mit 729.000 Einwohnern. Der Vertreter Österreichs, Fürst Klemens Wenzel Lothar von Metternich legte am 28. Januar 1815 einen mit englischen Gesandten Robert Stewart, 2. Marquess of Londonderry (Castlereagh), welcher später auf dem Aachener Kongress entscheidend wirkte, und dem französischen Vertreter, Charles-Maurice de Talleyrand, abgesprochenenen Gegenplan vor, welcher für Preußen u. a. linksrheinisch ein größeres Gebiet vorsah. Der von Preußen angedachten Verpflanzung des Sachsenkönigs an den Rhein widersprach Metternich entschieden, weil dieser dann dem Einfluss Frankreichs unterliegen würde. Das zwischenzeitliche Wiederauftauchen Napoleons bedingte eine kurze Unterbrechung der Verhandlungen. Seine Niederlage in der Schlacht bei Waterloo (18.Juni 1815) und seine anschließende endgültige Verbannung, setzten dieser Episode ein Ende Am 5. April 1815 nahm Preußen Besitz von dem zunächst so genannten Großherzogtum Niederrhein.

(No. 268) Patent wegen Besitznahme des Großherzogthums Nieder- Rhein. Vom 5ten April 1815.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.

Thun gegen Jedermann hiermit kund: Vermöge der Uebereinkunft, welche Wir mit den am Kongresse zu Wien Theil nehmenden Mächten abgeschlossen haben, sind Uns zur Traktatmäßigen Entschädigung und zur Vereinigung mit Unserer Monarchie das vormalige Großherzogthum Berg, und ein Theil der Provinzen am linken 21

Rheinufer überwiesen worden, auf welche Frankreich durch den Friedenstraktat von Paris vom 30sten Mai 1814 Artikel III Verzicht geleistet hat. Dem zufolge nehmen Wir durch gegenwärtiges Patent in Besitz und einverleiben Unserer Monarchie mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit, und mit ihren gesammten Zubehörden, nachstehende Länder und Ortschaften: 1. Das ganze ehemalige Departement Rhein und Mosel, aus den Kantonen Bonn, Rheinbach, Ahrweiler, Runagen, Wehr, Aldenau, Ulmen, Virneburg, Mayen, Andernach, Rubenach, Coblenz, Polch, Münster, Kaisersesch, Cochem, Luzerat, Zell, Treis, Boppard, St. Goar, Castellaun, Simmern, Bacherach, Stromberg, Creuznach, Sobernheim, Kirn, Kirchberg und Trabach bestehend. 2. Von dem vormaligen Departement Saar, die nachfolgenden Kantone: Reiferscheid, Blankenheim, Lyssendorff, Schönberg, Prüm, Kyllburg, Gerolstein, Daun, Manderscheid, Wittlich, Schweich, Pfälzel, Trier, Conz, Hermeiskeil, Budelich, Berncastel, Rhaunem, Herstein, Meisenheim, und diejenigen Theile der Kantone Grumbach, Baumholder und Birkenfeld, welche nordwärts einer Linie liegen, die von Medart über Merzweiler, Langweiler, Nieder- und Ober-Feckenbach, Ellenbach, Breunchenborn, Answeiler, Kronweiler, Niederbrambach, Burbach, Böschweiler, Heubweiler, Hambach und Rinzenberg an die Grenze des Kantons Hermeiskeil gezogen wird. Die eben genannten Ortschaften mit ihren Feldmarken und Zubehör sind in die gedachte Linie mit eingeschlossen, und sind zu Unsern Staaten gehörige Grenzörter. 3. Von dem vormaligen Departement der Wälder (des forêts) denjenigen Theil, der auf dem linken Ufer der Our oder Ouren bis zu ihrem Einflusse in die Sure oder Saure, dann von da auf dem linken der Sure bis zn ihrem Einflusse in die Mosel, und von da bis zum Einflusse der Saar auf dem linken Ufer der Mosel liegt; folglich die Kantone Dudeldorf, Bitburg, Neuerburg und Arzfeld ganz, und von den Kantonen Grevenmachern, Echternach, Vianden und Clervaux diejenigen Theile, welche die gedachten Flüsse in der eben erwähnten Art abschneiden. 4. Von dem ehemaligen Departement Ourthe die Kantone St. Vith, Malmedy, Cronenburg, Schleyden und Eupen, und den kleinen Theil des Kantons Aubel, welchen die große Landstraße zwischen Hergenrael und Achen durchschneidet, mit Inbegriff dieser Straße selbst zwischen den genannten Orten. 22

5. Von dem ehemaligen Departement Nieder-Maas denjenigen Theil des Kantons Rolduc oder Herzogenrath, welcher auf dem östlichen oder rechten Ufer des Baches Worm liegt. 6. Von dem ehemaligen Departement Roer die Kantone Achen, Burscheid, Eschweiler, Montjoye, Düren, Froizheim, Gemünd, Zülpich, Lechenich, Brühl, Cölln, Weyden, Kerpen, Jülich, Linnich, Geilenkirchen, denjenigen Theil des Kantons Sittard, der westlich von einer Linie über Hillensberg, Wehr, Millen, Havert auf Waldfeucht, sämmtliche vorgenannte Orte mit ihren Feldmarken zu Preußen einschließend, liegt, dann die Kantone Heinsberg, Erkelens und Bergheim. 7. Von dem ehemaligen Großherzogthume Berg die Kantone Mühlheim, Bensberg, Lindlar, Siegburg, Honnef, Königswinter, Eytorf, Waldbroel, Wildenburg, Homburg und Gummersbach. Wir vereinigen diese Länder unter der Benennung des Großherzogthums Nieder-Rhein, und fügen den Titel eines Großherzogs vom Nieder-Rhein Unsern Königlichen Titeln hinzu. Wir lassen an den Grenzen zur Bezeichnung Unserer Landeshoheit die preußischen Adler aufrichten, an die Stelle früher angehefteter Wappen Unser Königliches Wappen anschlagen, und die öffentlichen Siegel mit dem preußischen Adler versehen. Wir gebieten allen Einwohnern dieser von Uns in Besitz genommenen Länder jedes Standes und Ranges Uns forthin als ihren rechtmäßigen König und Landesherrn anzuerkennen, Uns und Unsern Nachfolgern den Eid der Treue zu leisten, und Unsern Gesetzen, Verfügungen und Befehlen mit Gehorsam und pflichtmäßiger Ergebenheit nachzuleben. Wir versichern sie dagegen Unseres wirksamsten Schutzes ihrer Personen, ihres Eigenthums, und ihres Glaubens, sowohl gegen äußern feindlichen Angriff, als im Innern durch eine schnelle und gerechte Justizpflege, und durch eine regelmäßige Verwaltung der Landes-, Polizei- und Finanzbehörden. Wir werden sie gleich allen Unsern übrigen Unterthanen regieren, die Bildung einer Repräsentation anordnen, und Unsere Sorge auf die Wohlfahrt des Landes und seiner Einwohner gerichtet seyn lassen. Die angestellten Beamten bleiben bei vorausgesetzter treuer Verwaltung auf ihren Posten und im Genusse ihrer Einkünfte; auch wird jede öffentliche Stelle so lange, bis Wir eine andere Einrichtung zu treffen zweckmäßig finden, in der bisherigen Art verwaltet. 23

Da die Verhältnisse Uns nicht gestatten, die Erbhuldigung persönlich anzunehmen: so haben Wir Unsern General-Lieutnant Grafen v. Gneisenau und Unsern Geheimen Staatsrath Sack hiezu beauftragt, und sie bevollmächtigt, in Unserm Namen die deshalb erforderlichen Verfügungen zu treffen. Des zu Urkund haben Wir dieses Patent eigenhändig vollzogen, und mit Beidrückung Unsers Königlichen Insiegels bestärken lassen. Gegeben Wien, den 5ten April 1815. (L. S.) Friedrich Wilhelm C. Fürst v. Hardenberg. Quelle: Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, 1815

Das preußische Besitzergreifungspatents vom 5. April 1815 gab Veranlassung zu einem Protestschreiben, welches von dem Bevollmächtigten Hans Christoph Ernst von Gagern des Prinzen von Oranien verfasst wurde. Darin wird ausgeführt: Für den Fall des Heranrückens Preußens an auch nur einem ein- zigen Punkt an die Maas sei die ganze Absicht fehlgeschlagen, nach der Handel und Schiffahrt auf der Maas ganz frei sein sollen. Jedenfalls erreichte Herr von Gagern, dass die Grenze zwischen Preußen und den Niederlanden in der Gegend von Venlo nicht durch die Maas gebildet wurde, sondern die sogenannte Kanonenschusslinie war. Hier wird wohl das alte Bestreben der Niederländer mitgespielt haben, die Kontrolle über ihre Flüsse als Verkehrswege zu behaupten. Es sei an das Schelde-Problem erinnert, oder an die Rhein-Blokade nach 1840, welche dann zu dem Aachen berührenden eisernen Rhein führte. In der Wiener Congress-Acte vom 8 Juni 1815 heißt es daraufhin ausdrücklich, dass kein Punct des Ufers der Maas einen Theil des preussischen Gebiets ausmache, indem dieses sich nicht auf 800 rheinländische Ruthen dem Ufer nähern darf. Andererseits musste Herr Gagern Pläne einer erheblichen territorialen Expansion im niederrheinischcn Raum, die bis zur Forderung nach der Rheinlinie reichten, bereits frühzeitig aufgeben. 24

Neben vielen anderen Beschlüssen kam es auf dem Wiener Kongress nach langen Verhandlungen am 8. Juni 1815 auch zur Verabschiedung der „Deutschen Bundesakte“, mit der die souveränen Fürsten und freien Städte Deutschlands mit Einschluss des Kaisers von Österreich und der Könige von Preußen, Dänemark und der Niederlande einen Staatenbund vereinbarten. Dieser Deutsche Bund sollte gewissermaßen an die Stelle des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation treten. Die formelle Anerkennung des Königreichs der Niederlande durch Preußen, ebenso wie die Fixierung des Grenzzuges zwischen beiden Staaten, war schon am 31. Mai 1815 in den Artikeln I und 11 des im Rahmen der Wiener Verhandlungen abgeschlossenen preußisch-niederländischen Vertrages erfolgt. Zur genauen Festlegung des Grenzverlaufes wurde eine gemischte Grenzkommission vorgesehen, Der Vertrag wurde durch verschiedene Teilverträge ergänzt. Zunächst wurden am 26. Juni 1816 in Aachen die Ergebnisse der in den Jahren 1815/16 durchgeführten Kommissions-Arbeiten vertraglich ratifiziert. (Vertragstext auf Seite 227 der Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1818). Nach Austausch der Ratifikationsurkunden wurde dies in einem Grenzvertrag niedergelegt, welcher am 16. September 1816 in Kraft trat. Weiter wurden am 7. Oktober 1816 durch einen mit der Niederländischen Regierung abgeschlossenen Grenzvertrag von Kleve Leuth, Kekerdom, Hulhuysen, die Thornsche Mühle und die Bauernschaften Veen und Dam an Holland abgetreten und dafür der an Preußen gefallenen Ort Schenkenschanz dem Kreise Kleve zugeschlagen. (Preuß. GS 1818 Anhang S. 113: Grenztraktat zwischen Preußen und den Niederlanden) Das Gebiet des ehemaligen geldrischen Oberquartiers im ehemaligen Herzogtums Geldern wurde so völlig aufgelöst. Weder auf deutscher noch auf niederländischer Seite taucht noch der Name Geldern auf. Den Abschluss des ganzen Vertragsgeschehens bildete das am 23. September 1818 in Emmerich unterzeichnete Grenzprotokoll. Dazu die Datei: Université du Luxembourg: Das Protokoll von Emmerich Manche der bei den verschiedenen Verträgen getroffenen Festlegungen sind nur schwer verständlich, weil gewachsene Gebiete mit vielfachen Gemeinsamkeiten durchtrennt wurden. Andere sind zusätzlich noch kurios, wie die Grenzziehungen zu Moresnet oder zu Herzogenrath. Dazu auch einige Anmerkungen in meiner Datei Das Land Herzogenrath. 25

Oder man fragt sich, was hat zu dem merkwürdigen Grenzverlauf bei Sittard geführt? So könnte man die Grenze vom Dollart bis Luxemburg durchgehen. Anders als die übrigen Gebiete des neu geschaffenen Königreichs wurde Luxemburg aber Teil des Deutschen Bundes und trat 1842 auch dem deutschen Zollverein bei. Die Gründe für diese merkwürdige Konstruktion werden erläutert in dem offiziellen Internetportal des Großherzogtums Luxemburg. Dazu auch meine Datei Luxemburg in seiner Geschichte. Im Zusammenhang mit dieser staatlichen Neuordnung gelangten Herzogenrath und Kleve an Preußen, Born und Sittard an die Niederlande.

Durch Anklicken der nebenstehenden Titelseite wird eine Bearbeitung des 25. Artikels ff. der Wiener Congreß-Acte 8. Juni 1815 mit einem Link zum Original angezeigt.

Der König des neuen Landes, Willem I spielte in den ersten Jahren des neuen Königreiches eine nicht immer überzeugende Rolle. In den südlichen Landesteilen macht sich schon bald wachsender Unmut bemerkbar. Die Katholiken konnten sich nicht mit einem protestantischen König anfreunden, die Französischsprechenden stießen sich an der von ihm bevorzugten niederländischen Sprache und die Liberalen fanden, dass der König sich in zu viele Angelegenheiten einmischte. Außerdem sorgten französische Provo- kateure, welche noch immer eine Vereinigung der südlichen Landesteile mit Frankreich anstrebten, für eine anti-Oranien-Stimmung. Als 1830 durch die Julirevolution der reaktionäre französische König Karl X. gestürzt wurde, beflügelte das die revolutionären Bestrebungen in den südlichen Niederlanden entscheidend. Am 25. August 1830 sind rund um das Opernhaus Muntschouwburg zu Brüssel schon viele Bürger Brüssels versammelt. Anlässlich des Geburtstags von König Wilhelm I. sollte die Oper La Muette de Portica (Die Stumme von Portici) aufgeführt werden. Bei der Arie Amour sacré de la patrie ( heilige Liebe zum Vaterland) bricht ein Tumult aus. Viele Menschen stürzen nach 26 draußen. Scheiben werden eingeschlagen, Geschäfte und Verwaltungs- gebäude verwüstet und der Sitz einer regierungsfreundlichen Zeitung gestürmt. Damit hatte die Belgische Revolution begonnen.

Gustave Wappers, Êpisode des Journées de septembre 1830 sur la place de l´Hôtel de Ville de Bruxelles König Wilhelm hatte auf Unterstützung durch Preußen gehofft, da die Satzungen des Deutschen Bundes für den Kriegsfall eine Beistandspflicht der anderen Bundesmächte vorsahen. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen befürchtete dadurch in eine kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich hineingezogen zu werden und wollte ohne die Mithilfe Rußland´s nichts unternehmen. Rußland war jedoch zu dieser Zeit in den Polnisch- Russischen Krieg verstrickt und konnte sich deshalb nicht einmischen. So wurde dann die Belgische Revolution zu einer internen Angelegenheit des Königreichs der Vereinigten Niederlande erklärt. Nach verschiedenen Versuchen, die Revolte friedlich zu beenden, schickte Wilhelm Ende September 12000 Soldaten nach Brüssel. Doch diese mußten sich nach drei Tagen zurückziehen. Am 4. Oktober 1830 verkündete die provisorische Regierung auf dem Balkon des Brüsseler Rathauses die Unabhängigkeit Belgiens. In einer ersten Londoner Konferenz Ende 1830 erkannten die europäischen Großmächte Großbritannien, Frankreich, Österreich, Preußen 27 und Rußland die Unabhängigkeit Belgiens. Bei dieser Konferenz wurde auch eine Teilung Luxemburgs vereinbart. Dazu: Das offizielle Internetportal des Großherzogtums Luxemburg: Die Entstehung des Großherzogtums in seiner heutigen Form. Schließlich wurde mit Leopold I. ein König für Belgien gefunden, der am 21, Juli 1831 den Eid auf die Verfassung ablegte. Dieses Ereignis beantworteten die Niederlande eine Woche später mit einem militärischen Angriff. In dem damit begonnenen Zehn-Tage-Feldzug wurden die niederländischen Truppen durch das Eingreifen der belgischen Schutzmächte Frankreich und Großbritanien zurückgeschlagen. Über die Vorgänge in diesen Jahren enthält das nachstehend angezeigte Werk ein verhältnismäßig ausführliche Darstellung, die durch Anklicken der Titelseite geladen werden kann. 28

Der Text von Rotteck enthält auch Einzelheiten zu dem Beleg van Antwerpen (1832).

Der französische Monster Mortar bei der Belagerung der Zitadelle von Antwerpen, 1832 29

Zusätzlich noch ein Link zu einer militärischen Abhandlung:

Am Ende dieses Feldzuges mußte König Wilhelem seinen Traum von einer Verbindung der beiden Landesteile begraben. Die Teilung des Landes war Realität geworden. Nur in Maastricht harrte eine niederländische Garnison weiter aus. Zum Thema Antwerpen und die Schelde noch eine kleine Schrift: Karl Hampe, Die Schelde, Belgiens Schicksalsstrom

Auch sei noch ein eingefügt ein Link zu meiner Datei Die Geschichte der Eisenbahnstrecke Köln - Aachen - Antwerpen

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Ein Kapitel des Krieges zwischen Belgien und den Niederlanden sei noch besonders erwähnt: Der maastrichter Festungskommandant General Bernardus Johannes Cornelis Dibbets verteidigte, der protestantisch militärischen Tradition seiner Familie folgend, während der sogenannten "Blokkade van Maastricht" ungefähr drei Jahre lang die exponierte Stadt gegen alle belgischen Eroberungsversuche, bis dann 1833 mit dem "Verdrag van Zonhoven" gewissermaßen ein Waffenstillstandsvertrag abgeschlossen wurde, durch den der Status quo festgeschrieben wurde. Die schließich 1838/39 vereinbarte merkwürdige Ausbuchtung des niederländischen Staatsgebietes zwischen Maastricht und Venlo war gewissermaßen eine Folge des Ausharrens von Dibbets. Diese von niederländischer Seite als Heldentat gewertete Verteidigung war durchaus nicht im Sinne vieler Maastrichter, die sich mehr Belgien verbunden fühlten. Lange noch sprach man in Maastricht überwiegend abwertend von Dibbets, sein Grabmal war kaum zu beschreibenden Verunglimpfungen ausgesetzt. Ich habe im Straßenverzeichnis Maastrichts auch keine nach Dibbets benannte Straße gefunden. Auf der Londoner Konferenz 1838-1839 wurde die Trennung abschließend besiegelt. Die schon 1831 vereinbarte Teilung Luxemburgs wurde bestätigt. Der östliche verkleinerte Teil Luxemburgs blieb weiterhin mit den Niederlanden in Personalunion verbunden und somit dem Deutschen Bund zugehörig. Am 19. April 1839 wurde in London der offizielle Scheidungsvertrag, der Verdrag van Londen (1839), unterzeichnet. Im Rahmen dieses Vertrages wurde die Provinz Limburg endgültig zwischen Belgien und den Niederlanden geteilt. Der niederländische Teil blieb als Herzogtum Limburg der niederländischen Erbfolge, Verfassung und Verwaltung unterworfen, wurde aber zusätzlich Gebiet des Deutschen Bundes, mit Ausnahme der Festungen Maastricht und Venlo mit ihrem direkten Umland. Der deutsche Bundestag akzeptierte den Tausch am 5. September 1839; der Deutsche Bund hatte rund 150.000 Einwohner in Luxemburg verloren und ebenso viel in Niederländisch-Limburg gewonnen. Bei dieser Aufteilung nahm man auch verschiedene Grenzkorrekturen vor. Meist spielten praktische Gründe eine Rolle, aber es gab auch andere. So wurde ein Teil von Sippenaeken, das jetzt zur Provinz Lüttich, aber vor der 31

Franzosenzeit zu Limburg gehörte, Niederländisch-Limburg zugeschlagen, weil Wilhelm I. davon das Recht ableitete, sich Herzog von Limburg zu nennen. Bei anderen Teilen des neuen Herzogtums Limburg bestand ja keine Verbindung zum historischen Herzogtum. Ein anderer Grund war für die neue Landkarte westlich von Maastricht bestimmend. Hier blieben beinahe überall die alten Dorfgrenzen unbeachtet und man zog die Grenze im „Schußabstand“ von den niederländischen Festungsanlagen. Der Schußabstand wurde mit 1200 toises = 2,3388km festgelegt; „Toise“ (T) ist eine altfranzösische Längeneinheit (ungefähr gleich Klafter: Spanne zwischen den ausgestreckten Armen eines erwachsenen Mannes). Leider konnte ich keine Unterlagen zu den Entscheidungen der Grenzkommission 1814 und später finden. So zu Neutral-Moresnet oder warum man die niederländisch-preußischen Grenze nördlich der Roer- mündung alte Verhältnisse nicht achtende auch im Schußabstand von der Maas wählte. weit ab von der Festung Venlo. u. s. w.

Es gab hinsichtlich der Einzelheiten bei den Messsungen lange Auseinander- setzungen. Erst 1843 war man sich endlich einig.

Karte aus den Vertragsakten 1838/39 32

Interessante Einzelheiten zur Entstehungsgeschichte des belgischen Staates bietet auch das Werk: Historisch-diplomatische Darstellung der völkerrechtlichen Begründung des Königreiches Belgien, welches der Staatsmann und Diplomat Jean Baptiste Nothomb während der Entstehungszeit des Königreichs verfasste. (Die niederländische Datei zu Nothomb ist etwas ausführliche als die deutsche: nl.wikipedia.org/wiki/Jean-Baptiste_Nothomb) Nebenbei sei noch bemerkt, Jean Baptiste Nothomb ist der Großvater der neueren bekannten belgischen Schriftstellerin Amélie Nothomb, wobei ich allerdings gestehen muß, dass deren Literaturverständnis nicht gerade mein Fall ist. Limburg wurde also in eine niederländische und eine belgische Provinz geteilt. Der niederländische Teil mit Ausnahme der Festungen Maastricht und Venlo war dann von 1839 bis 1866 als neugeschaffenes Herzogtum Limburg, in Personalunion mit den Niederlanden verbunden, Teil des Deutschen Bundes als Ausgleich für den aus dem Deutschen Bund ausgeschiedenen Westteil Luxemburgs (Beschluss vom 5. September 1839). Luxemburg und Limburg führen in der Bundesversammlung eine gemeinsame Stimme.

Das Presseecho in Deutschland war zwiespältig, wie zwei in der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1838 abgedruckte Auszüge zeigen:

Niederlande. Die Münchener pol. Zeitung nimmt sich in wiederholten Artikeln der Sache Belgiens aufs wärmste an. So sagt sie in einem ihrer neuesten Blätter: „Wir haben wiederholt auf die Lage der belgischen und holländischen Angelegenheiten, als auf den wichtigen Punkte aufmerksam gemacht, von welchem Deutschlands Geschlossenheit und Ruhe abhängt und Jahrhunderte lang abgehängt hat, und obwohl wir Grund haben zu fürchten, daß bei der Masse unzeitiger Antipathien gegen das belgische Volk und dem 33

Treiben und Drängen der verschiedenartigsten, dem wahren Interesse unsers gemeinsamen Vaterlandes entgegengesetzten Ansichten und Bestrebungen unsere Stimme spurlos verhallen werde, so wollen wir doch nicht aufhören, auf diesen Punkt hinzuweisen sey es auch nur, um einst, wenn die unglücklichen Folgen jener verkehrten Bestrebungen klar und deutlich vor Jedermanns Augen stehen, zu unserm eigenen Troste ausrufen zu können: wir haben das Unsrige gethan. Man sollte glauben, daß alle diejenigen, welchen Deutschlands Ehre und Deutschlands Größe am Herzen liegt, jene Stelle unserer Geschichte mit dem tiefsten Schmerze erfüllen müßte, wo in Folge der Ereignisse des sechzehnten Jahrhunderts unsere westlichen Nachbarn begannen, sich auf Kosten der Völker von deutsch« Abstammung auszubreiten und von unsern innern Zwisten für sich selbst den glänzendsten Vortheil zu erwerben; eben deßhalb dürfte man aber auch berechtigt seyn zu glauben, daß gerade diejenigen, die damals Schuld an der Zersplitterung waren, jetzt mit verdoppelten Kräften jeden Anlaß ergreifen würden, die alte Größe des germanische» Volkes durch Wiedereinverleibung seiner getrennten Theile wiederherzustellen. Es ist bekannt, durch wessen Schuld, durch welch unzeitigen Kosmopolitismus, um nicht zu sagen Gallomanie, im Pariser Frieden und auf dem Wiener Congresse Deutschland um seine natürliche» Grenzen kam; wider Alles Vermuthen gaben die Ereignisse des Jahres 1830 uns eine günstige Gelegenheit, ja den besten Anlaß das Verlorne wieder einzubringen und Deutschland mit dem westlichen Ocean zu verbinden, den Wunsch vieler Jahrzehnte auf einmal in das Werk zu setzen, und nun — thun wir alles Mögliche, die Gelegenheit unbenutzt vorübergehen und unsere heimliche und offene Feinde ruhig den größtmöglichen Vortheil daraus ziehen zu lassen. Wenn in acht Jahren die Bemühungen der ausgezeichnetsten Staatsmänner, einen den wahren Interessen Europa's angemessenen Zustand in den Niederlanden herbeizuführen, fruchtlos waren, muß sich dann nicht die Vermuthung von selbst darbieten, dass der Hauptzweck, den man erreichen wollte, der Natur der Verhältnisse wenig entsprechend war? Ein Rückblick auf den Gang der Ereignisse dürfte dieses in Kürze zeigen. Als am 15 Nov. 1831 der Traktat der 24 Artikel abgeschlossen worden war, hielten alle diejenigen, welche auf eine billige Ausgleichung von ihrer Natur nach getrennten Verhältnissen zu hoffen wagten, dafür, es möchte Europa dadurch in seinen nordwestlichen Theilen zum Frieden kommen. Allein schon die nächsten Ereignisse zeigten, wie wenig man die vorhandenen Wirren zu lösen vermag, so lange das allgemeine Interesse dem eines Theiles hintangesetzt wird. Die Regierung der Niederlande protestirte, protestirte mehr als sechs 34

Jahre lang, bis der Gang der Ereignisse, vor Allem der neue Handelsweg, der sich durch Belgien öffnete und der willkürlichen, Deutschland so sehr beeinträchtigenden Auslegung des bekannten Artikels des Wiener Congresses über die Rheinschiffsahrt von Seite Hollands ein Ende machte, sie belehrte, wie sie von einer Fortdauer ihres eigenwilligen Systems weder eine Lösung der Frage, noch einen Nutzen für sich zu ziehen vermöchte. Hierauf erlebte Europa das Schauspiel, daß im siebenten Jahre nach Abschluß jenes Vertrags — den, was nicht außer Acht gelassen werden darf, Belgien nicht nur annahm, sondern auf dessen Vollzug es auch vergeblich gedrungen hatte — Holland plötzlich den Vertrag anzunehmen sich bereit erklärte, nachdem es seinerseits die Ausführung desselben so lange verzogen und endlich unmöglich gemacht hatte. Zugleich aber haben sich in der Zwischenzeit Verhältnisse gebildet, welche, abgesehen von dem Benehmen Hollands, die Gültigkeit des Vertrags selbst nicht nur zu bestreiten, sondern auch vollkommen aufzuheben im Stande seyn dürften. (Hier wird die ungleiche Theilung der Schuld auf die bekannte Weise nachgewiesen, dann schließt der Artikel:) Bei dieser sonderbaren Verwirrung der Verhältnisse ist dennoch klar, daß wenn Belgien nun gegen denselben Vertrag Protest einlegt, es eben so wenig zu seiner Erfüllung gezwungen werden kann, als Holland es wurde, das den Vertrag erst dann anzunehmen sich bereit erklärte, nachdem dessen Vollzug theilweise unmöglich, seine Stipulationen als ungegründet sich erwiesen. Allein soll dieser Zustand des Schwankens so lange fortwähren, bis jene unheilvolle Krisis von Verhältnissen sich vollständig gebildet hat, der so viele Staaten entgegen zu gehen scheinen? Soll, indem man die Sache auf das Aeußerste treibt, Belgien gezwungen werden, sich den Liberalen in die Arme zu werfen, welche bis jetzt sich ruhig unter die allgemeine Ordnung fügen mußten? Gibt es aber für Belgien ein anderes Aeußerstes als den Verlust von 300.000 Einwohnern, die durch Abstammung, Religion und gemeinsames Interesse an den neuen Staat gebunden sind? Ist es unbekannt, mit welchem Eifer die liberalen Journale sich Belgiens gerade in diesem Punkte annehmen? Wie kömmt es aber, daß nicht gerade diese Disposition so zur Herstellung eines soliden Zustandes der Dinge benutzt wird, wie in Belgien selbst der bessere Theil der Nation sich ähnlicher Verhältnisse bediente, den leicht errungenen Sieg den Liberalen aus der Hand zu winden und aus ihm die Grundlage einer dauerhaften Gestaltung der Dinge zu bilden? Von welch unberechenbarem Vortheile wäre es aber nicht, wenn Belgien mit seinen Häfen, Eisenbahnen, Manufakturen, einer schlagfertigen Armee von 75.000 Mann, einer Reserve von 119.000 dem deutschen Bunde beizutreten vermöchte? Die Hoffnungen 35 der Revolution würden mit einemmale vernichtet, in Belgien selbst der Liberalismus erdrückt werden, der sein Heil nur noch im Anschlusse an Frankreich erblickt —ein Gedanke, der die größere Mehrzahl der Belgier mit desto stärkerem Widerwillen erfüllt, je mächtiger das Gefühl der Unabhängigkeit geworden und je gewisser es ist, daß Belgien diese durch einen Anschluß an Frankreich verlieren würde."

Elberf. Ztg. Ein französischer Schriftsteller, Alexander Dumas, durch seine sittenlosen und gräßlichen Romane und Dramen bekannt, hat Brüssel, Köln und Frankfurt besucht, schreibt nun einen Brief über Belgien und den deutschen Bund in die Revue de Paris, und der ministerielle Brüsseler Indépendant ist stolz darauf, daß Belgien einen Vertheidiger mehr hat. Dieser Dumas erzählt aus Frankfurt Einiges über die Gesinnungen des deutschen Bundes gegen Holland. Der Bund meine, Limburg müsse abgetreten werden, wenn nur Maestricht bei Holland bleibe; Luxemburg gehöre nicht zu Deutschland, denn es sey ja immer im Haag repräsentirt worden, Luxemburg sey belgisch, bloß die Hauptstadt verbleibe dem Bunde, ein deutscher und ein österreichischer General commandirten längst abwechselnd die Garnison, auch sey man in Köln, Koblenz, Trier und Mainz so sehr für Belgien, daß man in Berlin die Sache beendigt haben wolle. Was das Berliner Cabinet mit Mainz zu thun habe, wissen wir nicht, wahrscheinlich hat Dumas geglaubt, Mainz gehöre zu Preußen. In Luxemburg aber lässt der Reisende abwechselnd einen deutschen und einen österreichischen General commandiren, also gehört Oesterreich nicht zum deutschen Bunde, obschon Dumas in Frankfurt gar leicht erfahren konnte, daß Oesterreich den Vorsitz in der Bundesversammlung hat, und eben so gut konnte er dort erfahren, daß diese Abwechslung der Commandantur wohl in Mainz, nicht aber in Luxemburg stattfindet. Der ministerielle Indépendant druckt dieß mit großer Rührung der Dankbarkeit ab, und welche Begeisterung mag das in Belgien erwecken! „Wenn Einer eine Reise thut, so kann er was erzählen“ — Dumas hat das zum Ergötzen Deutschlands verstanden!

Die angezeigten Presseartikel sollen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Presse über dieses Thema eher am Rande berichtet wurde; es ging dann meist um Proteste gegen die 24 Artikel. 36

Die Zeit nach 1839 Die merkwürdige Verfassungs-Konstruktion Limburgs war mehr ein diplomatisches Kabinettstückchen als vorausschauende Politik. Einerseits war also Limburg Mitglied des Deutschen Bundes und stellte auch Soldaten zur Verfügung. 37

Andererseits war Limburg Teil des Königreichs der Niederlande. Dort gab es Bestrebungen, die Sonderstellung Limburgs einzuschränken, was wiederum die separatistische Strömungen mit einer Vielzahl von Aktionen verstärkte. Besonders im Zusammenhang mit den 1848er revolutionären Ereignissen machten sich diese bemerkbar. Dabei spielte Baron Jan Lodewijk van Scherpenzeel Heusch eine herausragende Rolle. Wenn ich verschiedene Internet-Beiträge richtig deute, ist Separatismus in Limburg im Gegensatz zum Rheinland immer noch ein Thema, wenn auch in abgemilderter Form. Es gibt ja in Limburg das geflügelte Wort: Een Limburger is op de eerste plaats een Limburger, (dan pas een Nederlander), maar nooit een Hollander. Die Denkschrift Das Herzogtum Limburg als deutscher Bundesstaat des Arztes Dr. K. Steifensand aus Krefeld (Kempen) wird wohl keine Einzelmeinung wiedergeben. Wenn auch dieser Appell an die Deutsche Nationalversammlung des eigenwilligen Arztes für den Ablauf der Ereignisse bedeutungslos war, ist er als spezielles Zeitdokument interessant. Der niederländische Text University Repository: Carl Geradus Marie Bouten, Het doorbroken isolement, Limburg 1839 - 1945 über die Integrationsprobleme und Separatismusbestrebung in Limburg ist dazu ein interessantes Gegenstück. Wenn man bedenkt, welches Unheil gerade in der neueren Geschichte solche listigen diplomatischen Konstruktionen zur Folge hatten, kann man sich über das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen den Regionen diesseits und jenseits der Grenze nur freuen. Die in Preußen zunehmend lauter werdenden uns heute fremden patriotischen Töne werden sicher bei unseren westlichen Nachbarn nicht ohne Sorge wahrgenommen worden sein, wobei allerdings einschränkend hinzuzufügen ist, dass daran Frankreich, welches in der Rheinkrise noch einmal versuchte, den Rhein als Ostgrenze Frankreichs zu gewinnen, daran nicht ganz schuldlos war. Entscheidend für die antipreußische Stimmung in den Niederlanden wird aber wohl die Politik Bismarcks gewesen sein. Dazu bieten die Wikipedia-Datei: Herzogtum Limburg (1839 - 1866) sowie der Artikel Universität Münster: Niederlande-Net: Der Bauer auf dem Schachbrett von Bismarck einen gewissen Überblick. 38

Auch die Leseprobe des interessanten Buches Renate Loos, Deutschland zwischen "Schwärmertum" und "Realpolitik" bietet weitere interessante Informationen. Jedenfalls drängt sich der Eindruck auf: Limburg war nur Spielball widerstreitender Machtinteressen. Nachdem schließlich 1862 der Deutsche Bund praktisch aufgehört hatte zu existieren, widersetzten sich die Niederlande der 1867 von Bismarck ohne besonderen Nachdruck erhobenen Forderung nach dem Anschluss Limburgs an den Norddeutschen Bund, damit war Limburg jetzt eine Provinz der Niederlande wie die anderen. Merkwürdigerweise blieb der Name Herzogtum Limburg auch nach 1867 bestehen. Die Bezeichnung wurde erst am 15. November 1904 aufgehoben.

Zuletzt seien noch einige Links zum Thema Limburg angefügt: Schriften der Universitäten Maastricht und Münster: maastrichtuniversity: staatkundige geschiedenis limburg, 1794-1867 Universität Münster: Niederlande-Net: Die Geschichte der Niederlande 1795 bis 1914 Universität Münster: Niederlande-Net: Das Vereinigte Königreich der Niederlande 1815-1830/39 Universität Münster: Niederlande-Net: 1815-1840: Untergrabene Ambitionen und der Vormarsch Preußens Universität Münster: Niederlande-Net: 1848: Der Gordische Knoten

Auf einem anderen Blatt steht, dass, auch angesichts der vielfältigen familiären Beziehungen zwischen den verschiedenen Landesteilen der Euregio, die vergangenen Strukturen noch immer eine gewisse Bedeutung haben.

Obwohl die Niederlande und Deutschland zwei eigenständige, unab- hängige, wenn auch durch vielfache Übereinkommen verbundeme, Staaten sind, so ist doch festzuhalten, die Grenze durchschneidet ein historisch gewachsenes und zusammengehörendes Gebiet mit Menschen, die nach Volkstum, Kultur und Sprache viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Wenn der preußische Historiker Treitschke die Rheinländer als „halbverwelschte 39

Papisten“ bezeichnete, ist das umgekehrt ein Indiz für die Verbindung der Rheinlande mit den westlichen Nachbarn. Die zunehmende nationalstaatliche Orientierung auf beiden Seiten der Grenze in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und vor 1945 im 20. Jahrhundert, haben dieses Verhältnis belastet; unvergessen werden sicher die Jahre von 1940 bis 1945 sein. Aber trotzdem, vielfältige persönliche Beziehungen und auch die grenzübergreifenden Dialekte lassen die Nachbarn nicht fremd wirken.. 40

Früher hatten die Dialekte allerdings eine weitaus größere Bedeutung als heute, weil im Volke durchweg „platt“ gesprochen wurde. Noch gut kann ich mich daran erinnern, dass bei uns in Eilendorf für viele Einheimische Hochdeutsch wohl die erste Fremdsprache war. Im Limburgischen wird das nicht viel anders gewesen sein. Aus dem Sammelband Wolfgang Cortjaens, Jan De Maeyer, Tom Verschaffel, Historismus und kulturelle Identität im Raum Rhein-Maas, Leuven University Press entnehme ich: So notierte der Amsterdamer Geologe Eli Heimans, der in Epen im August 1903 Ferien machte: „Ein schönes Land und freundliche, lebensfrohe Leute, die sich Mühe geben, ein wenig Niederländisch zu sprechen; was den meisten nur einigermaßen gelingt bei einem Holländer, der ein wenig Deutsch und Französisch kann.“ In Limburg war Limburgisch die Umgangssprache des Volkes. Die sprachliche Nähe der limburgischen Teil-Dialekte zur hochdeutschen Standardsprache war letztendlich der Grund dafür, dass 1839 das Herzogtum Limburg als Provinz anstelle des an Belgien abgetretenen überwiegend wallonischsprachigen Landesteil Luxemburgs dem Deutschen Bund eingegliedert wurde. Der in Aachen gesprochenene Ripuarische Dialekt unterschied sich zwar etwas vom Limburgischen, aber man konnte sich verständigen. Überdies waren im Grenzgebiet Kirchrather, Völser, Simpelvelder und Bocholtzer Platt, um einige Orts-Dialekte zu nennen, dem Aachenener Platt sehr ähnlich. Noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein und teilweise bis zum 1. Weltkrieg konnte sich in Limburg das Deutsche als Kultur- und Kirchensprache behaupten. Der oben angegebenen Schrift entnehme ich weiter: Priester und Glaubige verwendeten deutsche Kirchen- und Gebetsbücher. Dekan Deutz aus Kerkrade und Pfarrer Van Wersch aus Spekholzerheide schrieben selbst Bücher: Wegweiser für die Jugend und Heil im Gebet. Seit 1897 wurde in Kerkrade Die Christliche Familie. Sonntagsblatt zur religiösen Belehrung und Unterhaltung für das katholische Volk herausgegeben. Bischöfliche Briefe wurden ins Deutsche übersetzt. Bildchen und Grabinschriften waren fast ausschließlich deutschsprachig. Im Gegensatz zu den Bildchen sind die meisten Grabmäler inzwischen verschwunden. In Heerlen, Kerkradc, Simpelveld und Vaals gibt es aber noch viele Wegkreuze 41 mit deutschen Inschriften auf ihren Sockeln oder Schildern. Auch Glasfenster und Kreuzwegstationen waren meistens Deutsch beschriftet. . . . Die Vorrangstellung des Deutschen spiegelt sich unter anderem in der Herausgabe deutscher Zeitungen wider. In Heerlen wurde ab 1817 die Zeitung Limburger Courier. Politisches- Unterhaltung*- uml Anzeigeblatt (ab 1858 mit dem l'ntertitel Heerler Wochenblatt) in deutscher Sprache herausgegeben. Es bleibt aber festzuhalten, dass dies nur einen Teilaspekt der sprachlichen Verhältnisse im weiteren Grenzgebiet betrifft. Es gibt dazu eine Vielzahl von Veröffentlichungen und es wäre vermessen, diese hier auf wenigen Seiten darstellen zu wollen Schließlich führte die politische und wirtschaftliche Entwicklung sowie die Verbesserung des Schulwesens in Limburg und die damit einhergehenden Sprachpolitik des niederländischen Staates in Limburg zu einer allmählichen Zurückdrängung der deutschen Sprache. So wurde 1826 die Genehmigung von Staatsgehältern für die Grundschullehrer in Brocksittard, Eys, Gulpen, Herkenbosch, , Melick, Munstergeleen. Slenaken und Urmond an die Bedingung gekoppelt, dass von nun an in Niederländisch unterrichtet werde. Allerdings war die Zurückdrängung der deutschen Sprache für die Behörden keine leichte Aufgabe. Oft sträubte sich die Bevölkerung gegen das Niederländische. Aus dem erwähnten Buch entnehme ich weiter: Noch 1835 bat die Schulkommission von Heerlen den Gouverneur um Erlaubnis, neben Niederländisch Hochdeutsch als Nebenfach einzuführen. In den umliegenden Gemeinden, darunter Übach over Worms, Schaesberg und Kerkrade, war dies bereits geschehen. Es gab hier Eltern, die ihre Kinder auf eine andere Schule schickten, wenn kein Deutschunterricht erteilt wurde. Als Argumente für die Einführung wurden angeführt, dass Heerlen wirtschaftlich stark von Deutschland abhängig sei und Deutsch zudem die Verständigungssprache innerhalb der katholischen und der reformierten Kirche sei. Bis 1884 wurde in der Grundschule von Heerlen der Tag mit einem deutschen Gebet begonnen. Hierbei ist noch zu bedenken, dass neben den öffentlichen Schulen private bestanden, auf welche die Obrigkeit keinen Zugriff hatte, außerdem zogen viele Kinder über die Grenze, um preußische Schulen zu besuchen. 42

Den entscheidenden Einschnitt hinsichtlich des Gebrauchs der deutschen Sprache in Limburg bewirkte der 1.Weltkrieg. Dazu auch die Schrift: Prof. Dr. Ann Marynissen, Limburgers worden Nederlanders Den Zurückgang der deutschen Sprache in Südlimburg zeigt deutlich die nachstehend eingefügte Grafik nach einer Vorlage aus dem Sammelband: Hein Hoebink (Hrsg.): Europäische Geschichtsschreibung und europäische Regionen, Historiographische Konzepte diesseits und jenseits der niederländisch-deutschen/ nordrhein-westfälischen Grenze:

Diese Übersicht zum Rückgang der deutschen Sprache im Süden der Provinz Limburg beruht auf einer Untersuchung von G. Scherdin aus dem Jahre 1937. Sie wurde nach Grabinschriften erstellt. Wenn man berücksichtigt, dass bei 43 dieser Untersuchung auch deutsche chauvinistische Gefühle mitschwangen, wird man die Grafik nur mit Vorsicht betrachten dürfen. Schließlich noch die nachstehend angezeigte Denkschrift. Durch Anklicken des Titelblatts wird der zugehörige google-Scan geladen.