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ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR RHEIN- AM MAIN NR.30 ROUTENFÜHRER LOKALER der Industriekultur 58 Objekte am Main in Offenbach ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR Im Zuge der wirtschaftlichen Blüte verwandelte sich die RHEIN-MAIN Stadt binnen eines Jahrhunderts von einer ländlich geprägten Klein- in eine dicht bebaute Großstadt, deren Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden dynamisches Wachstum erst mit der Wirtschaftskrise Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, nach dem Ersten Weltkrieg ihr Ende fand: In der Folge wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu mussten zahlreiche Betriebe schließen oder wanderten machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. ab. Nach einer Phase relativer Stabilität wurde in den Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im 1960/70er Jahren auch Offenbach von einem tiefgreifenden gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen Strukturwandel erfasst. wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, In der Folge prägten Leerstände und Brachen das Stadt- Gegenwart und Zukunft. bild, die nun wieder revitalisiert werden. Dabei erweist sich heute als Vorteil, dass mancher leer stehende Mehr zur Route der Industriekultur Rhein-Main finden Fabrikbau nicht abgerissen wurde und jetzt von jungen Sie im Faltblatt „Wissenswertes“ unter www.krfrm.de. Unternehmen und Kreativen genutzt wird, die mit dazu beigetragen haben, Offenbach als Dienstleistungsstandort in der Region Rhein-Main zu etablieren. INDUSTRIEGESCHICHTE IN OFFENBACH Stärker als andere Städte des Rhein-Main-Gebiets wurde Offenbach durch seine industrielle Entwicklung geprägt. ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR Den Grundstein hierfür legte Graf Johann Philipp von IM ÜBERBLICK Isenburg, der mit der Aufnahme hugenottischer Glaubens- Bad Nauheim flüchtlinge 1698/99 für einen kulturellen und wirtschaft- Friedberg Friedrichsdorf lichen Aufschwung sorgte. So entstanden im 18. Jahrhundert Bad Homburg v.d.Höhe die ersten textil- und tabakverarbeitenden Manufakturen; Oberursel die Nähe zur Messestadt zog weitere Gewerbe Königstein i. Ts. an. Zudem profitierte die Stadt von dem Verbot der Kronberg i. Ts. Frankfurt am Main Hanau Frankfurter Zünfte, Fabriken einzurichten und Maschinen aufzustellen. Dies und die seit der Eingliederung in das Offenbach Großherzogtum Hessen- 1816 geltende Aschaffen- am Main burg Gewerbefreiheit machten Offenbach attraktiv für Gründer Rüsselsheim der Lederwaren-, Metall- und Maschinenindustrie sowie Bischofsheim im Wagenbau. Später kamen Schuhfabriken, Chemie- Bingen am Rhein sowie Druckereibetriebe, Schriftgießereien und andere Darmstadt Branchen dazu.

Die Spuren der industriellen Entwicklung sind bis heute im Stadtbild zu sehen: hinter vielen Wohnhäusern befin- den sich im Blockinneren noch Gewerbe- und Fabrik- gebäude. Auch einige größere Werksbauten und Anlagen sind - erfolgreich umgenutzt - als industriegeschichtliche Einen Übersichtsplan der 58 Orte finden Sie in der Mitte des Heftes. Zeugnisse erhalten. Die liberale Einstellung der Fabri- Die Orte 1-29 sind fußläufig als Tour erkundbar. Die Orte 30-58 sind kanten, von denen sich viele aus kleinen Handwerksbetrieben besonders als Radtour geeignet. emporgearbeitet hatten sowie die in der Arbeiterschaft Alle Orte des Routenführers finden Sie ebenfalls in der interaktiven tief verwurzelte Sozialdemokratie trugen zum unverwechsel- Karte der KulturRegion FrankfurtRheinMain baren Charakter der Stadt bei. www.krfrm.de

2 3 1 PORTEFEUILLEFABRIK ROSENTHAL 3 SCHRIFTGIESSEREI KLINGSPOR Berliner Straße 223 Ludwigstraße 140 Zwischen 1911 und 1913 entstanden 1892 übernahmen die Brüder auf dem Gelände der ehemaligen Karl und Wilhelm Klingspor Gasfabrik die beiden Neubauten der die alteingesessene Rud- Portefeuillefabriken Rosenthal und hardsche Schriftgießerei. Gunzenhäuser. Deren neuklassizis- Schon 1897 bezog die Firma tische Fassaden sind beispielhaft an der Ludwigstraße für die selbstbewusste Präsenz von Neubauten im Blockinneren. erfolgreichen Unternehmen im Durch Karl Klingspor, 1907 einer der Mitbegründer des Stadtbild: So verstand sich Architek- Deutschen Werkbundes, wurde die Schriftgießerei Gebr. tur auch als Verweis auf den hohen ästhetischen und Klingspor zu einem der führenden Anbieter moderner handwerklichen Anspruch der Produzenten und die von Schriften und Förderer künstlerischer Buch- und Druck- ihnen gefertigte Qualität. In der Weltwirtschaftskrise sachengestaltung in Deutschland. Jugendstilkünstler und mussten beide Firmen ihre Produktion einstellen. In das vor allem der Schriftgestalter arbeiteten mit Gebäude Gunzenhäusers zog erst das städtische Arbeits- Klingspor zusammen. Qualitätsbewusstsein und „Wert- amt und in den 1970ern die Polizei ein. Das Haus Rosenthal arbeit” im Sinne des Deutschen Werkbundes prägten wurde von der Seidentaschenfabrik Wolfgang übernommen jahrzehntelang das Image der Firma. 1956 wurde der und später von Kleinbetrieben verschiedener Branchen graphische Betrieb von der Frankfurter Firma Stempel genutzt. 1996 wurden das Gebäude und das benachbarte übernommen. Der erhaltene Nachlass der Firma und die Lofthaus im Stil der Jahre um 1910 modernisiert. Buchsammlung Karl Klingspors bildeten 1953 den Grund- stock des Klingspor Museums (Foto) in der Herrnstraße 37.

www.klingspor-museum.de 2 METALLWARENFABRIK TSCHATSCH Bernardstraße 77a 1897 ließ sich die alteinge- sessene Schuhfabrik 4 ZIGARETTENFABRIK HATRY Schönhof & Söhne nach Ludwigstraße 112 Plänen des Ingenieurbüros Durch die Verlegung des König & Unverzagt einen Gaswerks zum Hafen wurde schlichten Fabrikbau an der 1911 eine Fläche für den verlängerten Bernardstraße Neubau der damals Hatry, errichten. Diese war seinerzeit mehr Gewerbe- als Wohn- auch Lypstadt & Co und gebiet. 1905 übernahm die Trikotweberei Gebrüder später Borg genannten den Gebäudekomplex, zu dem auch ein Wohnhausneubau Zigarettenfabrik (Handels- gehörte. 1913 geriet das Unternehmen in wirtschaftliche marke Crevetti) frei. In der Firma produzierten überwiegend Bedrängnis und die Gebäude wurden an die Mansmann- weibliche Arbeitskräfte rund 200 Millionen Zigaretten pro Lederstanzerei verkauft. Während des Ersten Weltkriegs Jahr für das Inlandsgeschäft und den Export. In seiner befanden sich in dem Fabrikbau die zweite städtische Fassadengestaltung passt sich das fünfgeschossige Kriegsküche sowie unter anderem die Kartonagenfabrik Gebäude trotz seiner großen Fenster den zeitgleich gebau- Emil Bohrer und in den 1920er Jahren die Schuhfabrik ten Mehrfamilienhäusern der Nachbarschaft an. Ein Schnirer. 1940 erwarb die VDO Tachometer AG den Fabrik- kleiner, ursprünglich mit barocken Elementen geschmück- bau als Offenbacher Zweigwerk und ließ ihn nach Kriegs- ter Rundgiebel, setzt einen baulichen Akzent zur Straßen- zerstörung in den alten Formen wiederherstellen. Mitte kreuzung. Nach Aufgabe der Produktion um 1928 erfolgte der 1950er verlegte die Firma Gebrüder Tschatsch, Metall- der Umbau zum Wohnhaus. Seit 1937 befindet sich auch warenfabrik, ihre Produktion von Gürtlerwaren und eine Apotheke in dem Gebäude, deren Einrichtung im Stil Metallzubehör für die Lederwarenindustrie in das Gebäude der Neuen Sachlichkeit noch immer genutzt wird. in der Bernardstraße.

4 5 5 PORTEFEUILLEFABRIK HIRSCHFELD 1920er Jahren zogen weitere Lederwarenfabriken in das Ludwigstraße 91 Haus. Die Inhaber der Firmen M. und S. Gottlob sowie 1914 errichtete die Porte- Michels und Fürth mussten 1938 im Zuge der sogenannten feuillefirma Hirschfeld nach „Arisierung” ihre Geschäfte aufgeben. Nach dem Zweiten Plänen des Architekten Weltkrieg ließ der Inhaber der Firma Martin Wess das Heinz Collin einen Fabrik- Gebäude vereinfacht wiederherstellen. 2010 fusionierte die neubau mit neoklassizis- Lederwarenfabrik Martin Wess mit der Otto & Kopp GmbH tischer Fassade: Dabei war zur Kopp GmbH & Co KG. das Souterrain optisch durch acht Kolossalpilaster mit den beiden Obergeschossen verbunden. Das dritte Obergeschoss war als Attika konzipiert, ein viertes verbarg sich im Giebelbereich. In 8 VILLA NEUBECKER den 1920er Jahren waren weitere Feinlederhersteller im Frankfurter Straße 100 Gebäude tätig, die Lederwarenfirma Müller und Trümner 1844 wurde das spätklassi- war bis 1954 dort ansässig. Von der figürlichen Baudeko- zistische Wohnhaus für ration des Bildhauers Karl Huber ist der große Merkur- Philipp Jakob Diehler kopf in der Mittelachse erhalten. Das Dach wurde nach errichtet. Nach mehreren Beschädigungen durch den Zweiten Weltkrieg verändert. Eigentümerwechseln im In den 1980er Jahren erfolgte der Umbau zu einem Hotel. 19. Jahrhundert erwarb der Maschinenfabrikant Carl Neubecker das benachbart liegende Wohnhaus mit Nebenbauten und großem Garten. Nachdem Neubecker 6 PORTEFEUILLEFABRIK KAHN 1888 auf seinem Werksgelände eine Mineralwasserquelle Löwenstraße 6 erbohrt hatte und nachfolgend versuchte, damit einen Um 1910 erweiterte der Kurbetrieb aufzuziehen, wurde im Garten neben der Portefeuillebetrieb Rudolf provisorisch zum Kurhaus umfunktionierten Villa eine Kahn seine Lederwarenfabrik Trinkkuranlage mit Musikpavillon gebaut. Allerdings ent- mit einem Neubau mit wickelte sich der Kurbetrieb nicht wie erhofft. Die Villa neoklassizistischer Fassade. selbst wurde nun wieder als Wohnhaus der Familie Neubecker genutzt. Nach Schließung der Neubeckerschen Maschinenfabrik um 1989 übernahm die Firma Kaiser- Friedrich-Quelle das Werksgelände. 1996 wurde nach dem Verkauf der Kaiser-Friedrich-Quelle auch dieser Betrieb stillgelegt. Die Villa kaufte ein Investor, der den 7 LEDERWARENFABRIK WESS Garten und das Gelände, auf dem sich die Abfüllanlage Löwenstraße 16 befunden hatte, mit Stadthäusern überbaute. Die unter 1906 errichtete das Denkmalschutz stehende Villa konnte nach längerem Bauunternehmen Gebrüder Leerstand wiederhergestellt werden. Hasenbach für die Sattler- und Portefeuillewarenfabrik Vicenzo Valerie einen neuen Firmensitz, mit Klinker- fassade im Stil des späten Historismus. Lediglich die Durchfahrt im Vorderhaus identifizierte den Gewerbebau. Dort sind noch heute Teile der Gleise sichtbar, auf denen mit einem Rollwagen Materialien und verpackte Fertigprodukte zwischen den Arbeitsräumen im Seitenbau und der Straße transportiert wurden. Nach Schließung der Firma Valerie in den späten

6 7 9 HISTORISCHES MESSELAGERHAUS/ 11 PORTEFEUILLEFABRIK KRAUSS DEUTSCHES LEDERMUSEUM Ludwigstraße 31-33 Frankfurter Straße 86 Von allen Fabrikbauten 1828 schloss sich das Offenbachs steht der Großherzogtum Hessen- Firmenbau der Gebrüder Darmstadt dem Zollverband Krauss dem späten mit Preußen an. Damit Darmstädter Jugendstil am verlagerte sich ein Teil der nächsten. Architekt Heinz Frankfurter Herbst- und Collin hatte das Gebäude Frühjahrsmessen für einige mit seiner klaren Fassadenstruktur 1913 entworfen: Jahre auf hessisches Gebiet nach Offenbach. Die lokale Fünf kannelierte Säulen strukturieren die Mittelzone und Wirtschaft erlebte einen kräftigen Aufschwung. Um den erinnern in Kombination mit dem kräftigen Zahnschnitt Warenumschlag weiter zu fördern, errichtete die Kommune der Gebälkzone an eine antike Tempelfassade. Diese und 1829–30 gegenüber dem Zollgebäude ein großes Lager- die insgesamt bewegten Formen sowie die detailreichen haus im Stil des Klassizismus. Das Gebäude entstand Dekorationen gelten als typisch für die Spätphase des unter dem Einfluss des Darmstädter Oberbaurats Georg Jugendstils. Das Gebäude wurde in den 1990er Jahren Moller und wurde bis zum Umbau 1936 als Zolllager umgebaut und aufgestockt. Das Krokodil über der genutzt. Dann gestaltete der Architekt und Museums- Durchfahrt sowie die Schlangenleiber in den Medaillons gründer Hugo Eberhardt es zum Deutschen Ledermuseum der Fensterbrüstungen blieben erhalten und erinnern um. In den 1950er Jahren umgebaut und erweitert, noch heute an die seinerzeit im Hause Krauss verarbeiteten dokumentiert das Museum unter anderem die Geschichte Rohstoffe. der Offenbacher Portefeuiller-, Sattler- und Schuhindustrie.

www.ledermuseum.de 12 LEDERWARENFABRIK LEHMANN Ludwigstraße 8 10 METALLWARENFABRIK HAEGE Auch in Offenbach waren mittlere und kleinere Industrie- betriebe im 19. und frühen 20. Jahrhundert üblicherweise Frankfurter Straße 74 in Hinterhöfen untergebracht. Die weitgehend schmuck- Die Pläne für den Fabrikbau losen Nutzbauten mit ihrem oft unverputzten Sichtziegel- mit großen Werkshallen und mauerwerk mit einfachen Stein- oder später auch das freistehende Kesselhaus Betongliederungen haben nach langer Zeit des Leerstands mit Maschinenhalle in der erst in den letzten Jahren eine Renaissance erfahren. Mitte entwarf Architekt Die Gebäude im Hof Ludwigstraße 8 waren ehemals Pro- Philipp Forster zusammen duktionsstandort feiner Lederwaren der Firma Lehmann mit der Frankfurter Betonbau- und Co, später der Firmen Hopfenblatt, Haug und anderen. Gesellschaft. Hinter der zweifarbigen Klinkerfassade Heute befinden sich dort Büros und Ateliers kreativwirt- verbirgt sich eine Eisenbetonkonstruktion. Die Firma Haege schaftlicher Betriebe. Die Architektur ist ein gutes war seit 1876 als Metalldrückerei tätig und belieferte Beispiel für eine gelungene Synthese aus der Industrie- Offenbachs Lederwarenfirmen mit Zubehör wie Trink- Ästhetik des späten 19. Jahrhunderts und den lichtdurch- bechern, Dosen und Kleinteilen. 1908 kamen Thermos- fluteten Glaskonstruktionen des 21. Jahrhunderts. kannen dazu und während des Ersten Weltkriegs wurde Munition hergestellt. Nach der Weltwirtschaftskrise wurde das Unternehmen stillgelegt. 1939 übernahm die Firma Mako-Apparatebau das Anwesen, in dem auch einige Lederwarenhersteller Quartier gefunden hatten. Mako stellte als Automaten- und Maschinenbaufirma nach dem Krieg vor allem Fahrkartenkontrollapparate für die Bahn her. Heute sind Büros und ein Kindergarten in dem Gebäude untergebracht. 8 9 13 BAHNPOST 15 SCHUHFABRIK HASSIA GEBR. LIEBMANN Bismarckstraße 152 Christian-Pleß-Straße 13 Die Planungen für den 1901 gründete der jüdische Fabrikant Bahnhofsneubau umfassten Emil Liebmann, vorher Teilhaber auch eine Bahnpostanlage, der Firma Wallerstein, in der dama- durch die der umfangreiche ligen Sedanstraße eine neue Schuh- Paketverkehr der Offenbacher fabrik und ließ nach Entwürfen des Industriebetriebe optimiert Architekten Fritz Bossert bis 1904 werden sollte. Während der eine große Anlage samt neobarockem Bahnhof jedoch ein Umbauprojekt blieb, errichtete die Hauptgebäude errichten. Oberpostdirektion Frankfurt 1925 in zweijähriger Bauzeit 1938 musste die Gründerfamilie aus die Postanlage mit ähnlichen, aber nicht identischen der Firmenleitung ausscheiden und wurde gezwungen, Schmuckelementen im Stil der Art-Deco-Reliefs der Ein- ihren Aktienanteil aufzugeben. 1943 teilzerstört, wurde fassung um die Hauptzugänge. Heute befindet sich das die Fabrik nach Kriegsende in vereinfachter Form wieder Gebäude in Privatbesitz. aufgebaut. Die Fassade der Südseite an der Christian- Pleß-Straße blieb erhalten und steht heute unter Denk- malschutz. Der Schlussstein des Eingangsbogens ist im typischen Stil der Jahrhundertwende gestaltet. 14 HAUPTBAHNHOF Bis zur Werksschließung Bismarckstraße 146 produzierte die überwiegend Mit dem Bau der Bahnstrecke weibliche Belegschaft Frankfurt über Bebra nach Schuhe im Hochpreissegment. in den 1870er Jahren Nach Konkurs 1997 wurde erhielt Offenbach einen die Firma verkauft und die neuen Bahnhof und ein Herstellung in Offenbach Empfangsgebäude am süd- beendet. 2001 baute Architekt Jochen Lehmann den lichen Ende der Kaiserstraße. teilweise denkmalgeschützen Fabrikkomplex zu einem Als 1912-1927 die Bahntrasse höher gelegt wurde, um Dienstleistungs- und Kommunikationszentrum um. kreuzungsfreie Straßenverbindungen zu schaffen, wurde auch ein Bahnhofsneubau geplant. Wegen der Wirt- schaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg war aber nur ein schrittweiser Umbau finanzierbar. Die alte Neorenaissance- 16 MASCHINENFABRIK MAN ROLAND fassade wich sachlich vereinfachten Formen, als Schmuck Christian-Pleß-Straße 18 blieben wuchtige Konsolen unter den Fensterbänken und 1871 gründeten Louis Faber Türstürzen. Reliefs mit Adlern betonen den Haupteingang, und Adolf Schleicher in die Ornamente der Türrahmungen und die Keramikver- Frankfurt das „Associations- kleidung des Empfangsraums sind bemerkenswerte geschäft zur Produktion von Beispiele für ein deutsches Art Deco. Zum Gesamtensem- lithographischen Schnell- ble gehört auch der östlich an das Empfangsgebäude pressen“. Ein Jahr später angebaute Nebenbahnhof, ehemals Gepäckabfertigung. verlegten sie das Unterneh- Nach langen Jahren der gewerblichen Nutzung steht es men nach Offenbach in die Sedanstraße (heute: Christian- nun ebenso leer wie das Empfangsgebäude. Pleß-Straße). 1873 wurde dort das erste Fabrikgebäude errichtet. Mit der Herstellung der ersten Offset-Bogen- Rotationsmaschine „Roland“ gelang der Firma im Jahr 1911 der wirtschaftliche Durchbruch. 1979 erfolgte der Zusammenschluss von Faber und Schleicher und MAN zur „MAN Roland Druckmaschinen AG Offenbach / Main“. Das Werk wurde ständig erweitert, bis es schließlich einen großen Teil des Areals zwischen Christian-Pleß-,

10 11 Senefelder-, Gustav-Adolf- und ansässig. Die Familie nutzte bereits seit 1830 das von Waldstraße einnahm. Im Zweiten Alois Senefelder entwickelte neue lithographische Weltkrieg wurden die Werksanlagen Druckverfahren, das ab 1800 von Offenbach aus seinen weitgehend zerstört. 1947 begann Siegeszug um die Welt begonnen hatte. Dessen ständige der Wiederaufbau nach Entwürfen Weiterentwicklung sorgte um 1900 für ein stetiges Wachs- des Offenbacher Architekten Hans tum und für die Expansion auch der Firma Schoembs. Schroeder. Bis 1960 entstand hier Die Weltwirtschaftskrise beendete die Erfolgsgeschichte Bauabschnitt um Bauabschnitt eine des Unternehmens. Die ehemaligen Fabrikgebäude eine zweigeschossige Bebauung wurden im Laufe der Jahre immer wieder umgebaut und entlang des Blockrandes. Der Komplex galt lange als schließlich 2002 durch den Frankfurter Architekten Karl eines der besten Beispiele für Industriebauten der Nach- Dudler modernisiert. kriegszeit. 2004 wurde die Produktion am Standort Senefelderstraße eingestellt, das Hauptwerk befand sich bereits seit längerem in der Mühlheimer Straße. Im Zuge des Stadtumbaus wurden Teile der Werkshallen abgetragen, 19 SCHUH- UND SCHÄFTEFABRIK SCHÖNHOF um ein gemischtes Stadtquartier mit einem Park zu Rathenaustraße 38 schaffen. Erhalten blieben umgenutze Montagehallen vor Die in den 1860er Jahren allem an der Senefelderstraße. gegründete Schäftefabrik David Schönhof gehört zu den Schuhfabriken, die die manufakturelle Fertigung 17 STELLWERK schrittweise durch mecha- Bismarckstraße/ Unterführung Marienstraße nische Verfahren ersetzten. In Stellwerken liefen im An den Steppmaschinen waren vor allem junge Frauen 19. Jahrhundert alle Fäden beschäftigt. In ihrer Gestalt ist die Anlage typisch für die zusammen: von hier kleinen Offenbacher Fabrikbetriebe der zweiten Hälfte konnten Bahntechniker die des 19. Jahrhunderts. Da viele Frauen auch in Heimarbeit Gleise überblicken, um für Schönhof nähten, täuschen die beengten Dimensionen Weichen und Signale zu des Fabriktrakts hinsichtlich des Geschäftsvolumens. stellen. Später erweiterten 1925 geriet der bereits unter dem Namen Schönhof- neuere Kommunikationstechniken den Überwachungs- Strauss firmierende Betrieb mit 250 Beschäftigten in radius. Nach der Höherlegung der Gleise um 1920 musste wirtschaftliche Schieflage. In der Folgezeit wurde das auch das Stellwerk, das mit seiner schlichten Gliederung Gebäude von Firmen unterschiedlichster Branchen beispielhaft für einen spätklassizistischen Zweckbau ist, genutzt und teilweise sogar zu Wohnungen umgebaut, aufgestockt werden. Auf den gemauerten Sockel aus roten ohne dass es zu starken baulichen Veränderungen kam. Sandsteinblöcken setzten die Bautechniker der Reichs- bahnverwaltung ein holzverkleidetes neues Obergeschoss.

20 LEDERWARENFABRIK GOLDPFEIL Kaiserstraße 39-43 18 LITHOGRAPHISCHE ANSTALT UND Von 1911-13 ließ sich die DRUCKEREI F. SCHOEMBS Lederwarenfirma Ludwig Kaiserstraße 15 Krumm nach Plänen des Für das enge Nebeneinander von Arbeiten und Wohnen im Architekten Philipp Forster späten 19. Jahrhundert sind die Häuser Kaiserstraße 11 einen neuen Verwaltungs-, bis 19 beispielhaft. Deren hinter den Vorderhäusern Lager- und Produktionsbau liegende Seitenbauten werden bis heute gewerblich errichten. Mit sieben genutzt. In der Kaiserstraße 15 war seit 1884 die Druckerei Geschossen war es bis in die frühen 1950er Jahre das und lithographische Anstalt Friedrich Schoembs höchste Gebäude der Stadt. Die im Stil des barocken

12 13 Späthistorismus gestaltete Sandsteinfassade zeigte das Hälfte des 19. Jahrhunderts in die mittlere Frankfurter Selbstbewusstsein der Inhaber, die den 1856 gegründeten Straße und war mit ihren Gürtlerwaren aus Metall Betrieb zum bedeutendsten Portefeuille-Exporteur Speziallieferant der umliegenden Portefeuillefabriken. Offenbachs gemacht hatten. Von den etwa 1.000 Beschäf- 1912 ließ sich die Firma nach Plänen des Architekten tigten waren rund zwei Drittel in Heimarbeit tätig. Wilhelm Herber auf dem Grundstück Luisenstraße ein 1928 fusionierte das Unternehmen mit dem der Gebrüder neues Produktions- und Verwaltungsgebäude errichten. Langhardt. Die hochwertigen Taschen und Kleinleder- Dessen repräsentative Steinfassade im Stil des späten waren wurden nun unter dem Markennamen „Goldpfeil“ Historismus fügte sich trotz ihrer Größe in die Reihe der vermarktet. Erst in den 1990er Jahren geriet Goldpfeil in älteren Wohnhäuser ein. Seit der Schließung der Firma die Krise. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz. 1971 wird der Baukomplex von verschiedenen Mietern genutzt.

21 SATTLERWARENFABRIK SEEGER Kaiserstraße 30-34 23 SKULPTUREN DES PORTIKUS DER Bereits 1896 verlegte Karl EHEMALIGEN LEDERWERKE JULIUS Seeger seine Sattlerwerk- MAYER & SOHN statt in größere Räume in Rathaus, Foyer der Kaiserstraße 32. Die Die beiden vor den Pfeilern Firma stellte seit 1889 vor im Rathausfoyer aufgestell- allem hochwertige Reise- ten Steinskulpturen standen taschen her und beschäftigte einst in einer Vierergruppe 1913 bereits 147 feste Mitarbeiter. Ausstellungserfolge über dem monumentalen wie auf der Weltausstellung in Paris machten Seeger zu Eingangsbereich der einem international bekannten Markennamen für Reise- Lederwerke Julius Mayer artikel. Nach schweren Kriegszerstörungen wurden die und Sohn an der Mainstraße. Der Bildhauer Karl Huber Fabrikgebäude mit Hilfe der Mitarbeiter ab 1946 wieder hatte die Figuren zusammen mit dem Architekt Hugo aufgebaut. Neu hinzu kamen die nach einem Entwurf des Eberhardt 1910 entworfen. Die Darstellung Felle Architekten Heinz Collin gebaute zweigeschossige tragender stilisierter Arbeiter verweist auf die Herstellung für Fahrräder. Die 1953-54 wiederaufgebauten Wohnhäuser von Glanz-Chevreaux. Dieses hochwertige Ziegenleder an der Kaiserstraße entwarf Architekt Wilfried Lorenz. machte die 1857 in der Luisenstraße als Firma Mayer & 1974 zog die Firma Seeger in das Gewerbegebiet Bieber- Feistmann gegründete Gerberei in den 1870er Jahren Waldhof. Die ehemaligen Fabrikbauten werden inzwischen zum Weltmarktführer. Nach 1933 emigrierte Direktor vor allem als Büro- und Praxisräume genutzt. Robert von Hirsch, weitere jüdische Firmenleiter der 1929 in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Großgerberei wurden entlassen. 1936 übernahm die Salamander AG Kornwestheim die Aktienmehrheit. 1968 wurde das 22 METALL- UND GÜRTLERWARENFABRIK Unternehmen auf Beschluss der Muttergesellschaft nach JAKOB MÖNCH Worms verlegt und die Fabrikgebäude in Offenbach zwei Luisenstraße 63 Jahre später abgerissen. Außer den Figuren im Rathaus- Die Metallwarenfabrik Jakob Mönch foyer wurden weitere Teile des ehemals imposanten ist eine Nachfolgefirma der in den Portals vor dem Deutschen Ledermuseum aufgestellt, 1770er Jahren gegründeten Porte- auf deren Reliefs die Ziegen als Lieferanten des Roh- feuillefabrik Jacob Mönch und Co., materials zu sehen sind. die eine der ältesten Feinleder- manufakturen Offenbachs war und im 19. Jahrhundert zusätzlich auch Metallzubehör herstellte. Die Firma Jakob Mönch zog in der zweiten

14 15 24 RELIEF DER LITHOGRAPHIE-STEINE, Firma Gebrüder Bernard im Jahr 1923 in die bereits seit SKULPTUR VON KAI LINKE 1812 bestehende Filiale in . Bereits 1920 konnte An die ehemalige Wirkungsstätte die Stadt das Anwesen von ihm erwerben, sie öffnete den Alois Senefelders in Offenbach Park für die Bevölkerung und nutzte das Gebäude bis zur erinnert das Denkmal im Büsingpark. Kriegszerstörung 1943 als Rathaus. Der Mittelbau blieb Dieser hatte um 1798 in München bis 1984 eine Ruine. Für die Stadtbücherei und das Klingspor das erste chemische Flachdruck- Museum wurden 1953 die Seitenflügel instand gesetzt. verfahren entwickelt und dort eine Druckerei gegründet. Nachdem der Offenbacher Musikverleger Johann Anton André (1775-1842) 1799 die 26 BERNARDBAU Patentrechte an dieser neuen Drucktechnik erworben Herrnstraße 61 hatte, holte er Senefelder im Frühjahr 1800 nach Offen- 1896/97 entstand nach bach, da der Erfinder die Einführung der Lithographie in Plänen des Architekten Max der Notendruckerei des Verlags persönlich anleiten sollte. Schroeder auf einem Teil Das Wohn- und Geschäftshaus mit Druckerei befand sich des früheren Maingartens an dieser Stelle, an der damaligen Domstraße 21. Die Ver- ein großzügiger Verwal- lagsproduktion Andrés wurde schrittweise vom Zinn- tungs- und Produktionsbau bzw. Kupfer-Stich auf das schnellere und kostengünstigere für die Schnupftabakfabrik Verfahren der Lithographie umgestellt. Zwei Brüder Johann der Firma Gebrüder Bernard. Zur Herrnstraße hin Anton Andrés brachten das neue Druckverfahren vom präsentiert sich das Gebäude mit einer verklinkerten Offenbacher Stammhaus in die Filialen des Musikverlags Fassade im Stil des Historismus. Dekorative Werkstein- nach Paris und London. In der Folge verbreitete sich die elemente betonen die Eingänge und heben das frühere Technik, die als Vorläufer des Offsetdrucks gilt, in der Direktorenzimmer im Eckerker hervor. ganzen Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der ursprüngliche repräsentative Charakter des Gebäudes in seinem 25 BÜSINGPALAIS Formenreichtum bewusst reduziert. 1955 wurde die Herrnstraße 82 Produktion im ehemaligen Um 1775/80 ließen sich die Stammwerk eingestellt. Familien Bernard und Heute sind die Räume unter d’Orville, Inhaber der 1733 anderem an die Stadt gegründeten Schnupftabak- Offenbach vermietet, die fabrik, ein neues Wohn- und hier mit der Kinder- und Geschäftshaus bauen: das Jugendbibliothek, der heutige Büsingpalais. Neben Jugendkunstschule und dem schlossartigen Hauptgebäude mit dem großen Garten dem Haus der Stadtgeschichte wichtige Einrichtungen befanden sich seitlich des großen Hofs Lagerräume und des Kulturkarrees etablierte. Dadurch ist auch das ein Teil des Manufakturbetriebs, weitere Fabrikbauten Gebäudeinnere zugänglich geworden. Glanzpunkte sind lagen in der Nachbarschaft. Ende des 18. Jahrhunderts der Büsingraum (Lesesaal) sowie die Industriehalle im erlebte das Haus seine Glanzzeit. Peter Bernard verwandte Haus der Stadtgeschichte. einen beträchtlichen Teil seines Firmengewinns für die Unterhaltung eines Orchesters, mit dem er zusammen www.haus-der-stadtgeschichte.de musizierte. Nachdem 1896/97 die Errichtung des Bernard- baus die Arbeitsräume im Altbau überflüssig machte, ließ der damalige Inhaber Adolph Freiherr von Büsing- Orville die Anlage im Stil des Neorokoko umbauen. Er verlegte den Firmensitz der Schnupftabakfabrik der

16 17 27 RAUCHTABAKMANUFAKTUR KRAFFT 29 „OSTPOL“ Schlossstraße 27 Hermann-Steinhäuser-Straße 43-47 Das Geschäfts- und Wohnhaus der Von den zahlreichen 1791 gegründeten Rauchtabak- Industriebetrieben in der manufaktur Geelvinck, Amerongen Hermann-Steinhäuser- und Co. ist nach Kriegszerstörung Straße ist der Gebäudekom- der im Hofbereich gelegenen plex des sogenannten Fabriktrakte die letzte bauliche „Ostpol“ einer der wenigen Erinnerung an diese Traditionsfirma. erhalten gebliebenen Kurz nach der Gründung wurde das Firmenbauten. Hierher hatte die Maschinenfabrik Stoll- Unternehmen durch den Teilhaber berg 1878 ihren expandierenden Betrieb verlegt. Sie baute Philipp Casimir Krafft übernommen, der 1821 Gründungs- das Werk in den nachfolgenden Jahren auf den Garten- präsident der Offenbacher Industrie- und Handelskammer flächen dreier kleiner Wohnhäuser immer weiter aus: wurde. Die noble Fassadengestaltung mit ihrer leicht Fabrikbauten, Schreiner- und Maschinenwerkstätten, das hervorgehobenen Mittelachse zeigt, welch bedeutende Kessel- und Maschinenhaus sowie ein Zeichenbüro und gewinnbringende Rolle die Tabakverarbeitung im entstanden. Anfangs wurden Maschinen für die Filzerzeu- Wirtschaftsgefüge des Rhein-Main-Gebiets bis ins frühe gung und Hutmacherei hergestellt, später hatte das 20. Jahrhundert spielte. Die Firma produzierte jährlich Unternehmen mit Farbreib-, Misch- und Klebemaschinen 80.000 Pfund Rauchtabak auf dem imposanten Betriebs- für verschiedenste Zwecke Erfolg. Von den Fabrikgebäuden gelände. und dem Kesselhaus blieb nach dem Krieg nichts erhalten. Als Stollberg den Standort in den 1950er Jahren aufgab, zog 1954 die in der Luisenstrasse ausgebombte Groß- druckerei Gerstung auf das Areal. Berühmt waren vor 28 METALLWAREN- UND KASSENSCHRANK- allem die von Rudolf Gerstung seit 1900 in Zusammenar- FABRIK KARL STEINERT beit mit Künstlern und der Firma Klingspor hergestellten Austraße 14 Akzidentien, Kalender und „Rudolphinischen Drucke“ in Die 1885 gegründete Bau- und Kunstschlosserei zeitgenössisch-moderner Form. Heute sind der Gründer- entwickelte sich bis Ende des 19. Jahrhunderts zu einer campus Ostpol mit Büros, Ateliers, Veranstaltungs- und Kleinfabrik für Kassenschränke. 1896 begann Steinert mit Tagungsräumen sowie die Musikschule Offenbach auf dem Bau des Hinterhauses, der großen Werkstatt im dem Gelände untergebracht. Erdgeschoss und den dortigen Wohnungen sowie einem mehrgeschossigen Vorderhaus. Bürgerliche Repräsen- tation und Arbeitswelt bildeten zwei getrennte Sphären. Das spiegelt sich auch in der Architektur wider: Die 30 SCHLEUSE OFFENBACH Fassade des Vorderhauses im Stil des späten Historismus Mainufer zwischen Frankfurt und Offenbach fügt sich durch Gliederung und Bauschmuck gefällig in Im Zuge der Mainkanalisie- das Straßenbild ein, während Rückseite und Hinterhaus- rung Ende des 19. Jahr- fassade reine Zweckbauten ohne ästhetischen Anspruch hunderts wurde 1901 die sind. Der sogenannte „Omnibus“, ein niedriger Wohnraum Offenbacher Schleuse als über der Durchfahrt in den Hinterhof, ist beispielhaft für Nadelwehr errichtet. Dabei die sparsame Raumnutzung. erfolgte die Regulierung und Stauung des Wasserpegels durch viele im Flussgrund eingesetzte parallele Einzel- pfosten, sogenannte Nadeln. Nach schweren Beschädi- gungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Schleusenanlage 1949, nun als Walzenwerk mit vier Wehrpfeilern und einer Fußgängerbrücke, wieder aufgebaut. Um dem Anfang der 1990er Jahre auf das dreifache angewachsenen Schiffs- verkehr gerecht zu werden, wurden die Schleusenkammern

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Nordring Carl-Ulrich-Brücke Offenbacher Straße 31 57 32 réstr. And Ludwigstr. 55 51 Kaiserlei 30 K tr. 03 tr. a is es i rle oeth s H 52 e G e . ais r. e 26 Main tr K t r ds r S ar s r r 02 nh 25 Isenburger F e r t e n M B r Ber r ain im nha . rdstr s . 24 stra 54 i e ergerstr. Schloß ße e h Strahlenb AS Offenbach- 04 t l r d h Dom A Main 01 str. ne . 27 ü rli r h Kaiserlei Be Str. u M o tr. s . f liner Str fs t 53 er 23 s BA A ho Marktpl. r . n t r u u h fe a 29 r nu g B . Deutschherre g 28 u u Frankfurter Str. . s r s 05 e t ß t t - ra Bieberer Str. Mathilden s - 06 St H K B 07 ter 22 e r W a Unter e fu 10 20 Wilhelms- Bieber c k r b n 21 a a platz h r 09 l e F l s t er l d - 08 t - T St S s r R Bleichstr. r. u . t t r i r l e Gr . . . p str 19 r. e it st le . rk D n e r a 33 P G t sm r h i enzst a s B e o tr. i r 11 u 18 ds e f el k s a F ic s 43 43 Offenbacher Landstraße h t n r t r T r. in r . e . e g h 17 t m 42 12 W . a nsstr R 14 i p de l rie e F . 13 h r l st e B is mark Hbf 15 s g l 42 42 rin e B m n Offenbach am Main str. rafe ie rien tr. e ndg b a S s a - s L M leß W 45 e P t r r.- t h r . e C r aldst . r r 16 . t S s tr. AS Offenbach- n zu 47 . r. g r hö Taunusring t in 44 s r R d en n ess a H L Frie r dri T e chs ing a g -r B u n 40 u i ch n S u l hü d e ge s n l r n a in e 41 lle O e e g r b

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20 36 21 1994 von 110 m auf 230 m sowie 340 m verlängert und Schiefereindeckung und kupferner Turmspitze wieder her. die Becken auf 4 Meter vertieft. Jetzt benötigen Schiffe Die in den 1950er Jahren als betriebseigene Schlosserei nur noch 20 Minuten, um durchgeschleust zu werden. errichtete Halle wird seit 2013 für Veranstaltungen aller In Richtung Frankfurt grüßt eine rote Windfigur als Art genutzt. kinetisches Kunstwerk.

33 BETONOBJEKTE IM DREIEICHPARK 31 KAISERLEIBRÜCKE Dreieichring A 661/Main 1879 fand in Offenbach die Modernität und zeitlose zweite Landesgewerbeaus- Ästhetik besitzt die 1964 stellung im Großherzogtum offiziell in Betrieb genom- Hessen statt. Dort präsen- mene Kaiserleibrücke, die tierte die 1874 in Offenbach die Autobahnen Frankfurt- eingerichtete Dependance und Frankfurt-Würz- der Portland-Cementfabrik burg zwischen Frankfurt und (ab 1878 Feege und Gotthardt) mit Zementbögen die Offenbach miteinander verbindet. Ihren Namen erhielt die technischen Möglichkeiten des neuen Materials: Der weit Brücke von dem angrenzenden Offenbacher Stadtteil gespannte Bogen, die aufgeständerte Kuppel und das Kaiserlei. Die 1960- 64 von MAN Gustavsburg und der flach gewölbte Deckenteil mit freischwebend wirkender Rheinstahl AG in gebaute Brücke wurde über Treppe demonstrierten die Zukunft des Betonbaus. den Wasserweg transportiert und von der Offenbacher Konsequent schmucklos und nur aus der Konstruktion Firma Stahlbau Lavis montiert. Sie spannt sich 220 m heraus entwickelt, besitzt das ungewöhnliche Arrangement über den Main, hat eine Scheitelhöhe von 26 m und bis heute eine wirksame Ästhetik. Mehrfach renoviert, zwischen den Geländern eine Gesamtbreite von 36,70 m. zeugen die Elemente von der großen Industrieausstellung Die Hauptbogenträger sind ausgesteifte Stahlrohre mit und sind die ältesten erhaltenen Betonbauten ohne Stahl- jeweils 2 m Durchmesser und einer Wandstärke von bewehrung in Deutschland. Von dem seinerzeit 75.000 m2 20 mm. Die Fahrbahn ist mittels Stahlstangen an den großen Ausstellungsgelände am westlichen Stadtrand Bogenträgern aufgehängt. Die Widerlager stehen auf blieben Teile der Pflanzungen, Teiche, Brücken und der insgesamt 110 Pfählen. Musikpavillon erhalten und wurden Teil des ersten öffent- lichen Parks der Stadt Offenbach.

32 GASTURM UND ALTE SCHLOSSEREI Andréstraße 71 34 REGULATORENFABRIK JAHNS 1904 baute das Städtische Gaswerk Sprendlinger Landstraße 150 in unmittelbarer Nachbarschaft Die 1905 gegründete und zum Hafen ein modernes Gaswerk. schnell expandierende Dazu gehört ein im Stil des Histo- Firma stellte Regler für rismus mit dekorativem Ziegel- Kraftmaschinen her und mauerwerk errichteter Turm, in zog bereits 1913 in einen dem das durch Kohleverbrennung Neubaukomplex an der erzeugte Rohgas abkühlte. Nach Sprendlinger Landstraße Stilllegung der Gasproduktion 1928 um. Beim Entwurf des zweigeschossigen Verwaltungs- wurde der Turm in Geschosse unterteilt und bekam Fenster baus mit seinem hervorspringenden Gebäudemittelteil statt Holzlamellen vor den Maueröffnungen. 1995 wurden und dem flachen Dreiecksgiebel orientierte sich Architekt die Stadtwerke privatisiert und die Energieversorgung Wilhelm Otto Friedrich Bossert an Vorbildern der Offenbach AG stellte den Turm – als eines der letzten ver- Landhausarchitektur des Spätbarock, des Klassizismus bliebenen Bauteile – in seiner ursprünglichen Form mit sowie am Formgefühl des späten Jugendstils.

22 23 Letzterer manifestiert sich in dem Relief über dem Eingang. 36 WOHNHÄUSER DER FRISCHAUF Die Umsetzung erfolgte allerdings mit modernen Bau- FAHRRADFABRIK stoffen wie Stahlbeton. Hinter dem Verwaltungsgebäude Sprendlinger Landstraße 220 lagen die flachen Fabrikbauten mit Sheddächern. Wie bei Die drei Wohnhäuser an der anderen Offenbacher Betrieben auch, waren während äußeren Sprendlinger Landstraße des Zweiten Weltkriegs auf dem Firmengelände Zwangs- sind die einzigen Gebäude, die von arbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht. der Fahrradfabrik „Frisch-auf“ erhalten geblieben sind. Diese hatte der „Arbeiter-Radfahrer-Bund“, ein der Arbeiterbewegung und den 35 MASCHINENFABRIK FREDENHAGEN freien Gewerkschaften nahestehen- Sprendlinger Landstraße 181 der Verein, ab 1911 in Offenbach 1840 ließ sich die 1829 aufgebaut, um dort preiswerte und solide Fahrräder gegründete Eisengießerei herzustellen und zu verkaufen. Zum Selbstverständnis Seebaß & Comp. in Offen- des Betriebs mit sozialer Verantwortung gehörte auch der bach nieder. In der zweiten Bau von gut ausgestatteten Werkswohnungen. 1933 Hälfte des 19. Jahrhunderts beschlagnahmten die Nationalsozialisten die Firma und stellte das Unternehmen verkauften sie an die Mayweg-Werke. 1940/41 übernahm vom Kunstguss von Kosum- die Maschinenbaufabrik Beetz die Gebäude und stellte die artikeln auf Maschienenbau um. Nachdem Wilhelm Produktion auf Rüstungsbedarf um. Beetz setzte die Fredenhagen 1872 die Produktion übernahm, lag der Fabrikbauten wieder instand, die 1959 nach dem Konkurs Schwerpunkt der Maschinenfabrik mit eigener Gießerei der Firma vom Nähmaschinenhersteller Haid und Neu auf dem Motorenbau. 1904 wurde die Fertigung in die neu übernommen wurden. Nachdem die US-Armee das Gebäu- errichtete Fabrikanlage an der äußeren Sprendlinger de als Zentrallager genutzt hatte, errichtete die Post auf Landstraße verlegt. In den folgenden Jahrzehnten wurde dem früheren Fabrikgelände ein neues Briefverteilzentrum. der Firmenkomplex weiter ausgebaut und seit den 1920er Jahren spezialisierte sich die Produktion auf Förderan- lagen und Aufzüge. 1938 wurde der Betrieb „arisiert“. Während des Zweiten Weltkrieges erfolgten weitere 37 WERKSSIEDLUNG ROLAND Ausbauten. Unter Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Richard-Wagner-Straße / Weikerstblochstraße Zwangsarbeitern wurde vor allem für die Rüstungs- Zwischen 1953 und 1961 industrie produziert. Unmittelbar nach Kriegsende wurde errichtete die firmeneigene die Produktion von Transportanlagen wieder aufgenommen. Baugesellschaft von Faber Seit 2006 ist die Produktion eingestellt. Die Gebäude und Schleicher (später MAN- werden inzwischen für Firmen- und Produktpräsentationen Roland-Druckmaschinen professionell vermarktet. AG, vgl. Nr. 16) in der Richard-Wagner-Straße fast 400 Wohnungen für Mitarbeiter der Maschinenbaufirma. Seinerzeit noch am Stadtrand gelegen, entsprach das städtebauliche Konzept der „gegliederten und aufgelo- ckerten Stadt“, die seit Kriegsende für die moderne Stadtplanung wegweisend war. Die moderne Architektur der ersten Häuser wird durch Wandbilder in farbiger Putzschnitt-Technik („Sgraffito“) des bekannten Offen- bacher Malers Adolf Bode (1904-1970) belebt, die auf die weltweite Geschäftstätigkeit der Firma verweisen. Die Werkswohnungen dokumentieren den wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegsjahre und das Engagement des Unternehmens bei der Wohnraumschaffung.

24 25 38 LAUFKATZE Werksgeländes ist das 1906 an seinem südlichen Rand Industriebahnweg / Ecke Senefelderstraße erbaute mehrgeschossige Wohnhaus, heute Waldstraße Eine Laufkatze ist ein 201, das zur Hälfte der Firma Friedrich Schmaltz gehörte. Hebe- und Transportgerät, Sie vermietete es an Mitarbeiter. das in Produktionsstätten eingesetzt wird, um schwere Lasten von oben punktgenau an einer bestimmten Stelle 40 ALLGEMEINE ORTSKRANKENKASSE abzusetzen. Dabei läuft der Friedrichsring 2 Kran auf zwei hochgelegenen Kranbahnen. Die auf einer Für die bessere Betreuung Brückenkonstruktion quer zur Kranbahn bewegliche der etwa 21.800 männlichen Laufkatze ist mit einer Seilwinde zum Heben der Lasten und 20.500 weiblichen Ver- versehen. Die Last selber ist an einem Tragmittel, meist sicherten baute Offenbachs einem Flaschenzug, befestigt. Durch die Halbierung des Allgemeine Ortskranken- Kraftweges kann in die Last doppelt so groß sein wie die kasse (AOK) 1930/31 ein Zugkraft. Die erhaltene Laufkatze erinnert an die frühere neues Verwaltungsgebäude Stahlbaufirma Lavis, an deren Standort sich seit Ende am Friedrichsring. Der Entwurf der Architekten Hugo der 1990 Jahre ein großes Einkaufszentrum befindet. Eberhardt und Fritz Bossert im Baustil der Neuen Sach- lichkeit setzte eine städtebauliche Dominante als Kontrast zu zeitgleich gebauten kommunalen Kleinwohnungs- siedlungen. Neben Räumen für die Verwaltung und einem 39 SCHLEIFSCHEIBENFABRIK MSO Saal für Kulturveranstaltungen sahen die Planer ein Senefelderstraße 162 Gesundheitszentrum mit Einrichtungen für Heilbehand- Die 1882 als Firma Mayer lungen, Badeanlage und eigener Zahnklinik vor. und Schmidt gegründete Die Entwürfe wurden nach 1933 nur teilweise realisiert, Schmirgelwarenfabrik weil die nationalsozialistische Gesundheitspolitik die entwickelte sich schnell zu Eigenständigkeit der Ortskassen einschränkte. einem Großbetrieb und war mit ihren Präzisions- Schleifmaschinen weltweit führend. Nachdem es 1894 gelungen war, Naturschmirgel 41 SCHLACHTHOF durch synthetisch hergestellten zu ersetzen, produzierte Ernst-Griesheimer-Platz 7 das Unternehmen auch Schleifscheiben. Nach Großfeuern Als Offenbach 1904 den 1918 sowie 1929 und teilweiser Kriegszerstörung ent- neuen Schlachthof eröffne- standen immer wieder Neubauten auf dem weitläufigen ten, war dieser für 100.000 Fabrikgelände, die den jeweiligen Produktionsprozessen Einwohner konzipiert. Dabei angepasst wurden. 1954 entstand zudem der Verwal- lebten zu diesem Zeitpunkt tungsneubau an der Senefelderstraße 162 nach Plänen nur 60.000 Menschen in der des Architekten Hans Schroeder. 1967 übernahm die Stadt. Der große Komplex Firma Cincinatti Milacron Ohio das Werk. 1972 wurde ein mit Schlachthallen, Maschinenhaus, Wasserturm, Großteil der Belegschaft entlassen, zwei Jahre später Kühlhäusern, Eisfabrik, Verwaltungs- und Wohngebäuden wurde das Werk stillgelegt. Bis 1980 waren bereits viele nach Plänen des Architekten Röpert war für die Zukunft Fabrikbauten abgerissen oder an wechselnde Mieter gebaut. Er entwarf sachlich schlichte Gebäude in der abgegeben worden. Die Stadt Offenbach erwarb einen Tradition des späten Historismus mit mehrfarbigen Sicht- Teil des Geländes und seit 2005 nutzt die Stadtwerke ziegelfassaden und einfachen Werksteingliederungen. Offenbach Holding das Verwaltungsgebäude mit dem für Lediglich im Eingangsbereich findet sich ornamentaler die Architektur der 1950er Jahre typischen, elegant Bauschmuck. Die Anlieferung von Schlachtvieh, Kohlen geschwungenen Treppenhaus. Einzig noch verbliebener und anderen Gütern erfolgte über einen Abzweig der Anhaltspunkt für die ehemalige Ausdehnung des Industriebahn. Der weithin sichtbare Wasserturm besaß

26 27 vor dem Krieg einen hohen, geschweiften Turmhelm. Der Baugenossenschaft 1887 in der Flutstraße 29-33 zudem Offenbacher Schlachthof galt als der modernste Europas drei sehr schlichte, aber solide gebaute Mehrfamilien- und wurde auch von Expertengruppen aus dem Ausland häuser mit billigen Wohnungen errichten. beachtet und besucht. Die Anlage wurde 1990 geschlossen und 1995 in eine Wohnanlage sowie ein Kongress- und Kulturzentrum mit Hotel umgebaut. 44 INDUSTRIEBAHNWEG Mit der Einstellung des Bahnbetriebs 1993 ging die 42 KOMMUNALER WOHNBAU DER 1920ER fast 75-jährige Geschichte JAHRE der Industriebahn in Bach-/Friedensstraße Offenbach am Main zu Ende. Um der Wohnungsnot nach Die etwa vier km lange dem Ende des Ersten Strecke zwischen Ostbahn- Weltkriegs zu begegnen, hof und Sprendlinger Landstraße mit ihren verschiedenen versuchten Baugenossen- Abzweigungen hatte bis dahin insgesamt 18 Betriebe schaften und auch die Stadt mit der Fernbahnstrecke Frankfurt – Bebra verbunden. Offenbach – mit dem Bau Außerdem bestand eine Verbindung mit der Hafenbahn. kleiner Einfamilienhäuser mit Die Anliegerfirmen spiegelten in ihrer Produktionspalette Garten für Selbstversorger – möglichst viele Wohnungs- die Tradition der Offenbacher Industrie wider. Dies gilt suchende unterzubringen. Eines dieser Siedlungsprojekte insbesondere für die Maschinenfabriken Hartmann, waren die ab 1921 an der Bach- und Friedensstraße sowie Friedrich Schmaltz, Stahlbau-Lavis, MSO, Mayer & am Landgrafenring (früher: Friedrich-Ebert-Ring) gebau- Schmidt, die Portland-Zementfabrik oder die Hammonia- ten „Zeppelinhäuser“. Mit der markanten Dachform setzten Stearinfabrik. Auch der Schlachthof hatte einen eigenen Baurat Sander und Bauinspektor Klingelhöfer hier Gleisanschluss. Auf der Strecke lassen sich noch einige kostensparende Ersatzbauweisen mit Schlackenbeton Ausstellungsstücke aus der Zeit des Bahn-betriebs sowie Bohlenkonstruktionen für voll ausgebaute Dächer besichtigen, wie eine Lore, ein Signal, eine Laufkatze oder um. Als sich 1924 die Ernährungs- und Finanzierungslage verschiedene Weichen. verbesserte, entstanden 1924-26 auch viergeschossige Häuser mit preiswerten Mietwohnungen für Arbeiter. 45 FIRMA CURT MATTHAEI / MATO-FABRIK 43 GENOSSENSCHAFTLICHER WOHNBAU Bieberer Straße 215 DES SPÄTEN 19. JAHRHUNDERTS 1922/23 errichtete die Nadel- Feldstraße und Zelluloidfabrik Ludwig Die Chemiefabrik Oehler war im 19. Jahrhundert der erste Schmetzer AG nach Gewerbebetrieb, der Wohnungen für Mitarbeiter errichten Entwürfen des Architekten ließ. Die Fabrikanten waren in Zeiten der guten Konjunktur Philipp Hufnagel an der am Zuzug neuer Arbeitskräfte interessiert und gründeten Kreuzung Bieberer Straße 1872 eine gemeinnützige Baugesellschaft, um diesen und Industriebahn einen günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. neuen Firmenkomplex. Allerdings wurde nur der erste Mit dem auf Aktienbasis gesammelten Startkapital wurden Bauabschnitt mit einem Verwaltungs- und Wohngebäude ab 1873 vor allem an der Feldstraße kleine Doppelhäuser sowie einem inzwischen abgerissenen Fabrikbau mit Gärten gebaut, die dann von ihren Bewohnern, meistens realisiert. Über der Durchfahrt neben dem Bürobau Facharbeitern, in Ratenzahlung erworben wurden. Bis befand sich das Musterzimmer. In den Jahren der 1889 entstanden hier 70 Arbeiterwohnhäuser, von denen Weltwirtschaftskrise erwarb die Firma Curt Matthaei / einige auch von mehreren Mietparteien bewohnt wurden. Mato die Anlage und passte sie ihrer Produktion von Um etwas für Arbeiter und Taglöhner zu tun, ließ die gestanzten Metallriemenverbindungen für Transmissionen

28 29 an. Bald kam die Herstellung von Förderanlagen, Trans- Kommune oder kirchlichen Einrichtungen überlassen. portgeräten und Apparaten, wie beispielsweise Knipszangen In Bieber übernahmen die katholischen „Schwestern von für Schaffner und Fettpressen hinzu. 1988 zog die Firma der göttlichen Vorsehung“ in einem 1893 dafür errichteten nach Mühlheim-Dietesheim um. Heute erinnert das Gebäude diese Fürsorgeaufgabe. Auch, um kommunis- Torgebäude an die ehemalige Fabrik auf dem Gelände. tische oder sozialdemokratische Arbeiterfamilien zum Glauben zurückzuführen. In Offenbach befand sich eine vergleichbare Kleinkinderschule im Marienheim in der Krafftstraße. 46 CARL FRIEDRICH MALTNER „MYLFLAM“ Fichtestraße 15 1859 als Gürtlerwarenfabrik gegründet, belieferte 48 GENOSSENSCHAFTLICHER WOHNBAU Maltner Portefeuillefabriken DER 1930ER JAHRE mit Zubehör. Ab 1910 kam Rumpenheimer Straße 29-37, Stiftstraße 66 und die erfolgreiche Fertigung Von-Behring-Straße 1 und 9 von Feuerzeugen dazu und Die seit 1920 vor allem in führte 1920 schließlich zur Tempelsee aktive Kleinwoh- Neugründung als Metallwarenfabrik. Ab 1923 sorgten nungs-Baugenossenschaft innovative Sortimentserweiterungen, wie unter anderem „Odenwaldring“ errichtete das Benzinfeuerzeug „Tausendzünder“, das später unter 1938 nach Entwürfen des dem Namen „Mylflam“ international vermarktet wurde, Architekten Peter Petermann für das Wachstum der Firma. In den 1930er Jahren wurden in Bürgel unter anderem die Teile der Werksgebäude nach Entwürfen des Architekten Mehrfamilienhaus-Siedlung „Klosterhof“ mit acht zwei- Heinz Collin ausgebaut. Dem Bedürfnis nach Luxus- und geschossigen Gebäuden. Die 40 „Volkswohnungen“ Konsumgütern nach Kriegsende kam Maltner mit der bestanden aus je zwei Zimmern, Küche und einer Schlaf- Konzentration auf Feuerzeuge sowie Toilettenartikel aus kammer. Trotz der sparsamen Bauweise bieten die Metall nach. 1974 wurde die Produktion ins Ausland ver- Gebäude mit ihren Sandsteinsockeln, Erkern, Schlagläden, legt und nach 1976 eingestellt. Bis Mitte der 1980er Jahre kleinen Holzbalkonen und Torbögen zum Garteninnenhof wurden noch Versand und Reparatur der inzwischen in ein malerisches Bild im Stil der als „heimatverbunden“ Sammlerkreisen geschätzten Feuerzeuge angeboten. interpretierten traditionalistischen Architektur. Einziger Bauschmuck ist die Skulptur eines Kindes mit Tambourin, die 1914 von Bildhauer Paul Seiler für das Geschäftshaus Frankfurter Straße 1 geschaffen, nach dessen Moderni- 47 KLEINKINDERSCHULE BIEBER sierung 1928 entfernt und später von Architekt Petermann Am Rebstock 11 hierher versetzt wurde. Im späten 19. Jahrhundert reichte der väterliche Lohn den jungen Arbeiterfamilien oft nicht zum Unterhalt, 49 DEUTSCH-AMERIKANISCHE LEDERWERKE die Ehefrauen mussten BECKER UND CO. mitarbeiten. Sogenannte Gerhard-Becker-Straße Kleinkinderschulen waren Bevor Gerhard Becker 1898 Sozialeinrichtungen, die berufstätigen Müttern gegen den Gerbereibetrieb am geringe Gebühren die Aufsicht über ihre noch nicht schul- Ortsrand von Bürgel pflichtigen Kinder abnahmen. Dies war auch im Interesse gründete, hatte er sich in der Industriebetriebe, die ihre gut angelernten weiblichen Nordamerika mit modernen Arbeitskräfte auch nach deren Heirat weiter beschäftigen Lederverarbeitungstechniken wollten. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aber befasst. Das Unternehmen keine eigene Kinderbetreuung angeboten. Diese war der wuchs schnell zum Großbetrieb. 1909/10 entstanden

30 31 Fabrik- und Verwaltungsgebäude nach Entwürfen des 51 ROHRBRÜCKE / ANLEGESTELLE FÜR Architekturbüros Brunn und Seeger. Eine besondere TANKSCHIFFE Spezialität der Deutsch-Amerikanischen Lederwerke war Zu den Standortvorteilen der die Verarbeitung und Färbung von Rindsleder sowie seit benachbarten, 1842 gegrün- den 1920er Jahren von Lackleder und Oberleder für die deten Chemiefabrik (siehe Schuhproduktion. 1970 wurde die Firma geschlossen, Nr. 52) gehörte die hoch- alle Produktionsgebäude abgerissen und das Gelände neu wasserfreie Lage am Main. bebaut. Erhalten geblieben sind der denkmalgeschützte Dies war vor allem seit dem Verwaltungsbau und die „Beckerbogen“ genannte Ende des 19. Jh. einsetzen- Verbindungsbrücke zum früheren Werkstattgebäude. den Ausbau des Flusses zum Verkehrsweg von Bedeu- tung. An der erhaltenen Entladestelle für Tankschiffe wurden flüssige und gasförmige Chemikalien angeliefert und über ein Rohrsystem über die Mainstraße hinweg auf 50 SCHLEIF- UND POLIERAUTOMATEN das Werksgelände gepumpt. AUS BÜRGEL – GEBRÜDER HAU MASCHINENFABRIK Kurfürsten- / Lammertstraße Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs auch das ursprüng- 52 CHEMISCHES FARBWERK lich arme Bauerndorf Bürgel zur Industrieansiedlung. Mainstraße 169 Dort wagte 1898 Philipp Gothardt Hau den Schritt in die Die 1842 von Dr. Ernst Sell berufliche Selbstständigkeit, gemeinsam mit seinem eingerichtete chemische Bruder gründete er die „Gebrüder Hau, Maschinenfabrik, Fabrik destillierte Teer und Bürgel am Main.“ Der von ihm entwickelte Einspindel- war der erste selbständige Automat „System Hau“ arbeitete vollkommen selbstständig. Hersteller von Asphalt- 1944 wurden Teile des Firmengeländes durch Flieger- produkten in Deutschland. bomben zerstört. In den ersten Nachkriegsjahren wurden Aus Teerabfällen der noch Teile aus dem alten Maschinenprogramm der Steinkohleverkokung in Drehautomaten gefertigt. Ab 1957 stellte das Unterneh- Gasfabriken stellte Sell men ausschließlich HAU-Schleif- und Polierautomaten Desinfektionsmittel, Motten- und Sondermaschinen für die Oberflächenveredlung her. pulver und vor allem Anilin 1970 entstand auf dem circa 12.000 m2 großen Gelände her. 1850 übernahm Karl an der Lammertstraße nach den Plänen des Architekten Oehler die kleine Firma. Hans Brehm ein dreigeschossiges Büro- und Verwal- Er und sein Sohn Dr. Eduard tungsgebäude und eine circa 7.000 m2 große Fertigungs- Oehler, der sogenannte „Blaukönig“, vergrößerten den halle. 1973 hatte das Unternehmen 300 Mitarbeiter und Betrieb ständig, legten den Produktionsschwerpunkt auf Kontakte in über 60 Länder der Erde. Die schlechte die Herstellung synthetischer Farben und entwickelten Konjunktur in den 1970er und 80er Jahren führte erst zu das Werk darin zu einem der weltweit bedeutendsten einer Verringerung der Beschäftigtenzahl und im April Produzenten. 1905 verkaufte Dr. Eugen Oehler das Werk 1984 schließlich zur Eröffnung eines Vergleichsverfahrens, an die Firma Griesheim-Elektron, die Forschung und das am 30. Juli mit dem Konkurs endete. Mit der Liqui- Produktion weiter ausbaute und 1912 den unlöslichen ditätsversteigerung am 1. Dezember 1984, bei der der Farbstoff “Naphtol AS” entwickelte. Wirtschaftliche gesamte Maschinenpark sowie die Betriebs- und Büro- Probleme in der Zwischenkriegszeit, vor allem aber die einrichtung versteigert wurden, endete ein bedeutender Eingliederung in den IG-Farben-Konzern 1925 führten Teil der Bürgeler Industriegeschichte. zum Produktionsrückgang. Ab 1933 stieg die Nachfrage nach Farbstoffen und sorgte für einen Ausbau- und Modernisierungsschub im Offenbacher Werk. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Zerschlagung der IG-Farben stellte die nun eigenständige Naphtol-Chemie die kriegs- beschädigten Produktionsanlagen wieder her. 1953 wurde

32 33 das Unternehmen von den Farbwerken Hoechst über- 54 LEDERWERKE SPICHARZ nommen, die den Standort ab 1961 für die Trevira-Produk- Mainstraße 143 tion ausbauten. Nach mehrfachen Umfirmierungen 1825 kaufte die Familie Spicharz die wurde die chemische Produktion 2010 am Standort Offen- „Neuhütte“, eine am Mainufer bach eingestellt. Inzwischen sind fast alle Fabrikanlagen gelegen Ziegelei, und richtete dort abgerissen worden. Vereinzelte denkmalgeschütze eine Gerberei ein. Ab den 1830er Gebäude wie der Verwaltungsbau sollen in die geplante Jahren von Philipp Jacob Spicharz Neubebauung des Gewerbegebietes einbezogen werden. geführt, stellte sie anfänglich handwerksmäßig besonders Lack- leder her. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelte die 53 SOZIALGEBÄUDE/ CHEMISCHES FARBWERK dritte Unternehmergeneration die Produktion zum Industrie- Friedhofstraße 35 betrieb um. 1910 vernichtete ein Großbrand den älteren Anlässlich eines Jubiläums Teil der Fabrikanlage und das noch aus den Zeiten der beschloss die Firma Griesheim- Neuhütte stammende Wohnhaus, das durch einen Elektron auch im Zweigwerk modernen Verwaltungsbau ersetzt wurde. Allerdings Offenbach ein neues Gebäude für gelang es den Lederwerken, ehemals Spicharz AG, trotz Sozialeinrichtungen zu errichten. neuer Produktionsanlagen nicht, wieder an die Prosperität Nach Plänen des in Berlin leben- der früheren Jahrzehnte anzuschließen. Ab 1925 entließ den Architekten Hans Bernoulli die Firma einen Großteil der Mitarbeiter und stellte die entstand 1908 der sogenannte Produktion weitgehend ein. 1929 wurde der Betrieb Wohlfahrtsbau, der gleichzeitig als geschlossen und bis auf den Verwaltungsbau abgerissen. Werkstor zur Stadt fungierte. 1953 kaufte die Bäckergenossenschaft und -innung das Zur Straßenseite hin, tradi- Gebäude und unterhielt dort bis in die 2000er Jahre Büro- tionell zwischen moder- und Lagerräume. nisiertem Barock und Heimatstil, verbirgt sich im Inneren des Hauptgebäudes mit seinem markanten 55 HAFENBAHN Turm eine Eisenbetonkonstruktion, die große freitragende Bereits bei der Planung des Hallen in jedem Geschoss trägt. Das Erdgeschoss beher- Offenbacher Hafens wurde bergte ein Badehaus für die Mitarbeiter, im Obergeschoss eine Bahntrasse mitberück- befanden sich die Küche und der Speisesaal mit fast 360 sichtigt, die diesen entlang Sitzplätzen. Im östlichen Anbau befanden sich weitere des Mainufers mit der Baderäume für Beamte und die weiblichen Mitarbeiterin- Frankfurt-Bebraer-Bahn- nen sowie zusätzliche Sozialeinrichtungen. Nach Jahren strecke verbindet. Vor allem des Leerstands haben sich Künstler und Kreative in dem die chemische Fabrik Oehler hatte schon lange einen denkmalgeschützten Gebäude niedergelassen. eigenen Bahnanschluss gefordert und diesen 1898/99 endlich bekommen. Mit der Eröffnung des Hafens 1902 wurde auch die Hafenbahn in Betrieb genommen. Im Zuge der damaligen Höherlegung der Frankfurt-Bebraer- Bahn und der Neuordnung des Bahngeländes wurde 1914-19 ein neuer Güterbahnhof gebaut. Der Ostbahnhof war Ausgangspunkt der Industriebahn, die auch die großen Fabrikbetriebe an der Waldstraße sowie der Sprendlinger Landstraße vom Hafen aus mit Rohstoffen und Gütern versorgte. An die einstige Hafenbahn erinnert heute noch ein Abschnitt der Schienentrasse, das „Kulturgleis“ mit einem Güterwaggon, der für kulturelle Veranstaltungen

34 35 genutzt wird. Am östlichen Ende schraubt sich das Gleis ab: Den Eingangsbereich schmücken Skulpturen eines als Kunstwerk in Form einer Helix himmelwärts. Das Kultur- jungen und eines älteren Arbeiters, ornamentale Reliefs gleis markiert zugleich die Lage des Mainkais der Stadt, und hohe Bronzekandelaber im Stil des späten Darm- der vor dem Bau des Hafens als Schiffsanlagestelle diente. städter Jugendstils. Während beider Kriege produzierte Heyne in großem Umfang Rüstungsgüter, im Zweiten Weltkrieg unter Einsatz vieler Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. 1962 wurde das Unternehmen an den 56 HAFEN OFFENBACH Stinnes-Konzern verkauft, der die Produktion 1968 Mit fortschreitender einstellte. Nach langen Jahren des Leerstands entdeck- Industrialisierung gewann ten in den 1990er Jahren Kreative die Räume für Büros der kostengünstige und Ateliers für sich. Heute ist die Heyne- Fabrik eine Transport von Rohstoffen Vorzeigeimmobilie zum Thema Umnutzung in Offenbach und Waren über die Flüsse und wurde mit mehreren Architektur- und Denkmal- an Bedeutung. Nach dem schutzpreisen ausgezeichnet. Ausbau der Rhein-Main- Wasserstraße begannen 1899 die Bauarbeiten für ein großes Hafenbecken. Dieses wurde 1902 eingeweiht und besaß eine Länge von 770 m, eine Breite von 65 m und 58 KRAN, KOHLEFÖRDERBAND UND eine Tiefe von 2,50 m. 1902 betrug der Güterumschlag KRAFTWERK 58.400 t; 1913 waren es bereits 335.000 Tonnen. Abends illuminiert und von Im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels und der weitem sichtbar, transpor- Umstellung auf Containerterminals verlor der Hafen tiert der 1949 gebaute Kran Offenbach zunehmend an Bedeutung, bis der Betrieb rund 100.000 t Steinkohle in den 1990er Jahren dann endgültig eingestellt wurde. jährlich von Schiffen auf Heute beherbergt das 256.000 m2 große Areal ein einen Lagerplatz und von urbanes Quartier, an dessen frühere Funktion lediglich dort auf Förderbändern über noch der erhaltene Hafenkran erinnert. den Nordring hinweg in einen Kohlebunker der Energieversorgung Offen- bach (EVO). Dabei rangiert 57 HEYNE-FABRIK er mit einer Geschwindigkeit Ludwigstraße 178 von 15 km/h auf einer 53 m 1896 verlegte die seit 1869 langen Ladebrücke. Doch bestehende Metallschrau- erst seine genietete Eisengitterkonstruktion macht ihn zu ben- und Präzisionsdrehteil- einem Denkmal, einem künstlerisch wertvollen noch fabrik Gebrüder Heyne die dazu. Denn seit der „Luminale“ 2010 wird der Kohlekran Produktion in das neu in den Abend- und Nachtstunden von insgesamt 380 m errichtete größere Werk langen LED-Leuchten rhythmisch beleuchtet. neben dem Hafen. Das Unternehmen wuchs, 1913 waren dort fast 400 Arbeiter beschäftigt. Damit war es Offenbachs drittgröß- ter Industriebetrieb. Nach und nach entstanden weitere Fabriktrakte, die sich um mehrere Höfe gruppieren. Von diesen Klinkerbauten hebt sich der von dem Architekten Hugo Eberhardt 1912/14 entworfene re- präsentative Verwaltungsbau klar

36 37 VERLORENE ORTE DER INDUSTRIE- KULTUR OFFENBACHS Die in diesem Faltblatt aufgespürten Zeugnisse der industriellen Vergangenheit Offenbachs lassen heute nur noch in Ansätzen erahnen, wie dicht sich hier große und kleine Betriebe aneinander drängten, wie deren Wirken das Leben in der Stadt – in Werken und Hinterhöfen – Das RMV-Angebot: prägte und wie weit der Name Offenbach als Industrie- standort ausstrahlte. Rein ins Vergnügen Das enge Nebeneinander der zahlreichen, teil- raus mit Bus und Bahn. weise stark spezialisierten lederverarbeitenden oder der Lederindustrie zuliefernden Betriebe um Ludwig- und Luisen- straße etwa begründete, Route der Industriekultur dass dieses Stadtgebiet im Sprachgebrauch als das „Portefeuiller Viertel“ bekannt war. Daneben waren aber Rhein-Main auch einige größere Unternehmen in anderen Sparten tätig, die heute nicht mehr sichtbar sind: Von besonderer Rund 1.000 Orte von lokaler, regionaler und überregionaler Bedeutung war z. B. die Hofwagenfabrik Dick & Kirschten, Bedeutung umfasst die Route der Industriekultur Rhein- die – i.W. noch handwerklich tätig – Weltruf genoss. Unter Main. Von Hafen- und Industrieanlagen über Brücken, den vielen metallverarbeitenden Werkzeug-, Maschinen- Bahnhöfe, Klärwerke, Arbeitersiedlungen bis zum - und Automatenfabriken waren z.B. Collet & Engelhard, logiepark − das Projekt bringt die vielen lebendigen Zeug- Hartmann, Mabeg, Markomat, Sachs oder Schlesinger nisse des produzierenden Gewerbes der Region wieder in Arbeitsstätten Tausender Offenbacher. Die Firma das öffentliche Bewusstsein. Stahlbau Lavis hinterließ in der Region einige eindrucks- Die Route der Industriekultur beschäftigt sich mit den wirt- volle Brückenbauwerke – vor Ort erinnert an sie nur noch schaftlichen, sozialen, technischen, architektonischen eine Laufkatze (siehe Nr. 38). Die weithin unter dem und städtebaulichen Entwicklungen der Industriekultur − Markennamen Rowenta bekannte Firma Weintraud & Co. in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die jährlich war in Offenbach zuletzt noch Namensgeber einer Straße. stattfindenden Tage der Industriekultur im Sommer sind Von der Stearinfabrik Hammonia zeugt heute nichts mehr, während die Seifenfabrik Kappus, deren historischer eine feste Größe im regionalen Veranstaltungskalender. Sie Stammsitz in der Luisenstraße (siehe Foto) zwar nicht mehr machen industriekulturelle Orte zugänglich, die man sonst existiert, noch immer – nun in modernen Werkshallen – nur von außen sehen kann. Dank jährlich wechselnder in der Stadt produziert. Auch die in Frankfurt ansässige Fokus-Themen können Teilnehmer immer neue Facetten Glockenbäckerei hat an ihrem Gründungsstandort von Industriekultur vor Ort erleben. Offenbach keine Spuren im Stadtbild hinterlassen. Dies [email protected] gilt ebenso für den Pelzveredelungsbetrieb Thorer & Co. oder die Kaiser-Friedrich-Quelle, die einst Ausgangs- punkt für ein Kurbad in Offenbach sein sollte. Keine Staus und keine unnötige Parkplatzsuche: Sukzessive soll die Werksgeschichte solcher „verlorener Orte der Industriekultur Offenbachs“ aufgearbeitet und Der RMV bringt Sie sicher und bequem zu den Tagen im Internet publiziert werden. der Industriekultur und wieder zurück nach Hause.

https://www.offenbach.de/kultur-und-tourismus/ fuehrungen-und-routen/route-der-industriekultur RMV-Servicetelefon www.rmv.de 38 2 39 069 / 24 24 80 24

RDIK_2017_Umschlag.indd 2 30.05.17 16:03 IMPRESSUM

Herausgeber: KulturRegion FrankfurtRheinMain gGmbH

Unter Mitwirkung: Magistrat der Stadt Offenbach am Main Amt für Stadtplanung, Verkehrs- und Baumanagement

Texte: Andrea Ehrig, Dr. Jürgen Eichenauer, Birgit Grün, Funda Karaca, Marion Rüber-Steins, Christina Uslular-Thiele

Fotos: Stadt Offenbach, Haus der Stadtgeschichte Offenbach und Landesamt für Denkmalpflege Hessen

Gestalterisches Konzept: unit-design Gestaltung: Transparent Design Management GmbH

ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR RHEIN-MAIN Geschäftsstelle KulturRegion FrankfurtRheinMain gGmbH Poststraße 16 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 25771700 www.krfrm.de [email protected]

Juli 2017 / 3. Auflage /6.000

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