Offenbach Am Main

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OFFENBACH AM AM MAIN OFFENBACH INDUSTRIEKULTUR RHEIN-MAIN ROUTE DER ROUTE NR.30 LOKALER ROUTENFÜHRER 58 Objekte der Industriekultur in Offenbach am Main ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR Im Zuge der wirtschaftlichen Blüte verwandelte sich die RHEIN-MAIN Stadt binnen eines Jahrhunderts von einer ländlich geprägten Klein- in eine dicht bebaute Großstadt, deren Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden dynamisches Wachstum erst mit der Wirtschaftskrise Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, nach dem Ersten Weltkrieg ihr Ende fand: In der Folge wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu mussten zahlreiche Betriebe schließen oder wanderten machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. ab. Nach einer Phase relativer Stabilität wurde in den Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im 1960/70er Jahren auch Offenbach von einem tiefgreifenden gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen Strukturwandel erfasst. wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, In der Folge prägten Leerstände und Brachen das Stadt- Gegenwart und Zukunft. bild, die nun wieder revitalisiert werden. Dabei erweist sich heute als Vorteil, dass mancher leer stehende Mehr zur Route der Industriekultur Rhein-Main finden Fabrikbau nicht abgerissen wurde und jetzt von jungen Sie im Faltblatt „Wissenswertes“ unter www.krfrm.de. Unternehmen und Kreativen genutzt wird, die mit dazu beigetragen haben, Offenbach als Dienstleistungsstandort in der Region Rhein-Main zu etablieren. INDUSTRIEGESCHICHTE IN OFFENBACH Stärker als andere Städte des Rhein-Main-Gebiets wurde Offenbach durch seine industrielle Entwicklung geprägt. ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR Den Grundstein hierfür legte Graf Johann Philipp von IM ÜBERBLICK Isenburg, der mit der Aufnahme hugenottischer Glaubens- Bad Nauheim flüchtlinge 1698/99 für einen kulturellen und wirtschaft- Friedberg Friedrichsdorf lichen Aufschwung sorgte. So entstanden im 18. Jahrhundert Bad Homburg v.d.Höhe Bad Vilbel die ersten textil- und tabakverarbeitenden Manufakturen; Oberursel die Nähe zur Messestadt Frankfurt zog weitere Gewerbe Königstein i. Ts. an. Zudem profitierte die Stadt von dem Verbot der Kronberg i. Ts. Frankfurt am Main Hanau Frankfurter Zünfte, Fabriken einzurichten und Maschinen Wiesbaden aufzustellen. Dies und die seit der Eingliederung in das Offenbach Großherzogtum Hessen-Darmstadt 1816 geltende Aschaffen- am Main burg Gewerbefreiheit machten Offenbach attraktiv für Gründer Rüsselsheim der Lederwaren-, Metall- und Maschinenindustrie sowie Mainz Bischofsheim im Wagenbau. Später kamen Schuhfabriken, Chemie- Bingen am Rhein sowie Druckereibetriebe, Schriftgießereien und andere Darmstadt Branchen dazu. Die Spuren der industriellen Entwicklung sind bis heute Miltenberg im Stadtbild zu sehen: hinter vielen Wohnhäusern befin- den sich im Blockinneren noch Gewerbe- und Fabrik- gebäude. Auch einige größere Werksbauten und Anlagen sind - erfolgreich umgenutzt - als industriegeschichtliche Einen Übersichtsplan der 58 Orte finden Sie in der Mitte des Heftes. Zeugnisse erhalten. Die liberale Einstellung der Fabri- Die Orte 1-29 sind fußläufig als Tour erkundbar. Die Orte 30-58 sind kanten, von denen sich viele aus kleinen Handwerksbetrieben besonders als Radtour geeignet. emporgearbeitet hatten sowie die in der Arbeiterschaft Alle Orte des Routenführers finden Sie ebenfalls in der interaktiven tief verwurzelte Sozialdemokratie trugen zum unverwechsel- Karte der KulturRegion FrankfurtRheinMain baren Charakter der Stadt bei. www.krfrm.de 2 3 1 PORTEFEUILLEFABRIK ROSENTHAL 3 SCHRIFTGIESSEREI KLINGSPOR Berliner Straße 223 Ludwigstraße 140 Zwischen 1911 und 1913 entstanden 1892 übernahmen die Brüder auf dem Gelände der ehemaligen Karl und Wilhelm Klingspor Gasfabrik die beiden Neubauten der die alteingesessene Rud- Portefeuillefabriken Rosenthal und hardsche Schriftgießerei. Gunzenhäuser. Deren neuklassizis- Schon 1897 bezog die Firma tische Fassaden sind beispielhaft an der Ludwigstraße für die selbstbewusste Präsenz von Neubauten im Blockinneren. erfolgreichen Unternehmen im Durch Karl Klingspor, 1907 einer der Mitbegründer des Stadtbild: So verstand sich Architek- Deutschen Werkbundes, wurde die Schriftgießerei Gebr. tur auch als Verweis auf den hohen ästhetischen und Klingspor zu einem der führenden Anbieter moderner handwerklichen Anspruch der Produzenten und die von Schriften und Förderer künstlerischer Buch- und Druck- ihnen gefertigte Qualität. In der Weltwirtschaftskrise sachengestaltung in Deutschland. Jugendstilkünstler und mussten beide Firmen ihre Produktion einstellen. In das vor allem der Schriftgestalter Rudolf Koch arbeiteten mit Gebäude Gunzenhäusers zog erst das städtische Arbeits- Klingspor zusammen. Qualitätsbewusstsein und „Wert- amt und in den 1970ern die Polizei ein. Das Haus Rosenthal arbeit” im Sinne des Deutschen Werkbundes prägten wurde von der Seidentaschenfabrik Wolfgang übernommen jahrzehntelang das Image der Firma. 1956 wurde der und später von Kleinbetrieben verschiedener Branchen graphische Betrieb von der Frankfurter Firma Stempel genutzt. 1996 wurden das Gebäude und das benachbarte übernommen. Der erhaltene Nachlass der Firma und die Lofthaus im Stil der Jahre um 1910 modernisiert. Buchsammlung Karl Klingspors bildeten 1953 den Grund- stock des Klingspor Museums (Foto) in der Herrnstraße 37. www.klingspor-museum.de 2 METALLWARENFABRIK TSCHATSCH Bernardstraße 77a 1897 ließ sich die alteinge- sessene Schuhfabrik 4 ZIGARETTENFABRIK HATRY Schönhof & Söhne nach Ludwigstraße 112 Plänen des Ingenieurbüros Durch die Verlegung des König & Unverzagt einen Gaswerks zum Hafen wurde schlichten Fabrikbau an der 1911 eine Fläche für den verlängerten Bernardstraße Neubau der damals Hatry, errichten. Diese war seinerzeit mehr Gewerbe- als Wohn- auch Lypstadt & Co und gebiet. 1905 übernahm die Trikotweberei Gebrüder Adler später Borg genannten den Gebäudekomplex, zu dem auch ein Wohnhausneubau Zigarettenfabrik (Handels- gehörte. 1913 geriet das Unternehmen in wirtschaftliche marke Crevetti) frei. In der Firma produzierten überwiegend Bedrängnis und die Gebäude wurden an die Mansmann- weibliche Arbeitskräfte rund 200 Millionen Zigaretten pro Lederstanzerei verkauft. Während des Ersten Weltkriegs Jahr für das Inlandsgeschäft und den Export. In seiner befanden sich in dem Fabrikbau die zweite städtische Fassadengestaltung passt sich das fünfgeschossige Kriegsküche sowie unter anderem die Kartonagenfabrik Gebäude trotz seiner großen Fenster den zeitgleich gebau- Emil Bohrer und in den 1920er Jahren die Schuhfabrik ten Mehrfamilienhäusern der Nachbarschaft an. Ein Schnirer. 1940 erwarb die VDO Tachometer AG den Fabrik- kleiner, ursprünglich mit barocken Elementen geschmück- bau als Offenbacher Zweigwerk und ließ ihn nach Kriegs- ter Rundgiebel, setzt einen baulichen Akzent zur Straßen- zerstörung in den alten Formen wiederherstellen. Mitte kreuzung. Nach Aufgabe der Produktion um 1928 erfolgte der 1950er verlegte die Firma Gebrüder Tschatsch, Metall- der Umbau zum Wohnhaus. Seit 1937 befindet sich auch warenfabrik, ihre Produktion von Gürtlerwaren und eine Apotheke in dem Gebäude, deren Einrichtung im Stil Metallzubehör für die Lederwarenindustrie in das Gebäude der Neuen Sachlichkeit noch immer genutzt wird. in der Bernardstraße. 4 5 5 PORTEFEUILLEFABRIK HIRSCHFELD 1920er Jahren zogen weitere Lederwarenfabriken in das Ludwigstraße 91 Haus. Die Inhaber der Firmen M. und S. Gottlob sowie 1914 errichtete die Porte- Michels und Fürth mussten 1938 im Zuge der sogenannten feuillefirma Hirschfeld nach „Arisierung” ihre Geschäfte aufgeben. Nach dem Zweiten Plänen des Architekten Weltkrieg ließ der Inhaber der Firma Martin Wess das Heinz Collin einen Fabrik- Gebäude vereinfacht wiederherstellen. 2010 fusionierte die neubau mit neoklassizis- Lederwarenfabrik Martin Wess mit der Otto & Kopp GmbH tischer Fassade: Dabei war zur Kopp GmbH & Co KG. das Souterrain optisch durch acht Kolossalpilaster mit den beiden Obergeschossen verbunden. Das dritte Obergeschoss war als Attika konzipiert, ein viertes verbarg sich im Giebelbereich. In 8 VILLA NEUBECKER den 1920er Jahren waren weitere Feinlederhersteller im Frankfurter Straße 100 Gebäude tätig, die Lederwarenfirma Müller und Trümner 1844 wurde das spätklassi- war bis 1954 dort ansässig. Von der figürlichen Baudeko- zistische Wohnhaus für ration des Bildhauers Karl Huber ist der große Merkur- Philipp Jakob Diehler kopf in der Mittelachse erhalten. Das Dach wurde nach errichtet. Nach mehreren Beschädigungen durch den Zweiten Weltkrieg verändert. Eigentümerwechseln im In den 1980er Jahren erfolgte der Umbau zu einem Hotel. 19. Jahrhundert erwarb der Maschinenfabrikant Carl Neubecker das benachbart liegende Wohnhaus mit Nebenbauten und großem Garten. Nachdem Neubecker 6 PORTEFEUILLEFABRIK KAHN 1888 auf seinem Werksgelände eine Mineralwasserquelle Löwenstraße 6 erbohrt hatte und nachfolgend versuchte, damit einen Um 1910 erweiterte der Kurbetrieb aufzuziehen, wurde im Garten neben der Portefeuillebetrieb Rudolf provisorisch zum Kurhaus umfunktionierten Villa eine Kahn seine Lederwarenfabrik Trinkkuranlage mit Musikpavillon gebaut. Allerdings ent- mit einem Neubau mit wickelte sich der Kurbetrieb nicht wie erhofft. Die Villa neoklassizistischer Fassade. selbst wurde nun wieder als Wohnhaus der Familie Neubecker genutzt. Nach Schließung der Neubeckerschen Maschinenfabrik um 1989 übernahm die Firma Kaiser- Friedrich-Quelle das Werksgelände. 1996 wurde nach dem Verkauf der

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