ISSN 1865-5149 Soldat in Welt undKirche Die ZeitschriftdesKatholischenMilitärbischofsfürdieDeutscheBundeswehr Die SuchenachFrieden“ „Was kommtnachdem Krieg? Reportage vorOrt: Frieden Suche 101. Katholikentag2018 Karl KardinalLehmann zum Todvon Nachruf 04I18

Editorial

© KS / Doreen Bierdel Lektorat Bild, Layout undSatz Redakteurin Redakteur Chefredakteur soldatenseelsorge.de E-Mail: kompass@katholische- Telefax: +49(0)3020617-499 Telefon: +49(0)3020617-421/-420 10117 Berlin Am Weidendamm2 KOMPASS. SoldatinWeltundKirche Redaktionsanschrift ISSN 1865-5149 KOMPASS. SoldatinWeltundKirche Impressum schluss derkatholischenJugendverbändeim schen Verbandskatholizismus,darunterderZusammen- Auseinandersetzungen geführt.GroßeTeiledeswestdeut- auch darüberhinausinEuropa–zuderartkontroversen bewaffnung inden50erJahrenhatteDeutschland–und Kaum eineanderepolitischeEntscheidungseitderWieder- densbewegung“ indieGeschichtederBundesrepublikein. genden Auseinandersetzungenmitdersogenannten„Frie- worden war,als„NATO-Doppelbeschluss“indiedarauffol- titut fürStrategischeStudien (SPD) inseinerLondonerRedevordem wesentlich vomdamaligenBundeskanzlerHelmutSchmidt UdSSR gingdieseswestlicheVorhaben,welchesnichtun- und VorschlägenzuRüstungskontrollverhandlungenandie falls zustationieren.ZusammenmitwestlichenAngeboten Stationierung sowjetischer körper) und ckenraketen ineinemMixvon (NATO) vom12.Dezember1979ab,572neueMittelstre- Verteidigungsminister desNordatlantischenBündnisses wenden? Eszielteu.a.aufdenBeschlussderAußen-und Christgläubigen alsauchandiePolitikinDeutschlandzu 35 Jahren,sichineinemeigenenHirtenwortsowohlandie keit schafftFrieden“.WasbewegtedieBischöfevornun fe dasWortderDeutschenBischofskonferenz„Gerechtig- Am 18.April1983veröffentlichtendieKatholischenBischö- es lohnenswert,35Jahrezurückzublicken. Sicht derKatholischenMilitärseelsorgeleistenmöchte,ist motto „SucheFrieden“befasstunddamiteinenBeitragaus 101. DeutschenKatholikentagsinMünstermitdessenLeit- Für dieAusgabeApril,sicheinenMonatvorBeginndes Schwester Irenäa BauerOSF Jörg Volpers(JV) Friederike Frücht(FF) Josef König(JK) Pershing II DoreenBierdel als Antwort auf die fortdauernde alsAntwortaufdiefortdauernde SS20- (IISS) im Oktober 1977 initiiert (IISS)imOktober1977initiiert Cruise-Missiles Raketen inEuropaeben- zeichneten Beiträge gebennichtunbe- Die mitNamen oderInitialengekenn- Hinweis Kürzung vor. behält sichdieRedaktiondasRecht auf Bei VeröffentlichungvonLeserbriefen Leserbriefe 40477 Düsseldorf Carl-Mosterts-Platz 1 Verlag HausAltenberg Verlag, DruckundVertrieb Deutsche Bundeswehr Der KatholischeMilitärbischoffürdie Herausgeber Internationalen Ins- (Marschfl Liebe LeserinnenundLeser. Bund der Bund der ug- nem neuenLichtgestelltwerdendarfundsoll. when deterrencefails?“EineFrage,dieauchheuteinei- von Nuklearwaffen.LeitendeFragewar:„Whathappens, oder gegendenBesitz,dieDrohungund(Erst-)Einsatz tenworten umdieFragenachderethischenBegründungfür 1983. ImKerngingesinallendamalsveröffentlichenHir- PromiseandOurResponse” of Peace:God‘s der US-amerikanischenBischofskonferenz Besondere AufmerksamkeitjedochfanddasHirtenwort zwölf BischofskonferenzenPastoralschreibenzumFrieden. die BegrenzungderMittelstreckenraketen,nichtwenigerals Vereinigten StaatenvonAmerikaundderSowjetunionüber denden PhasederGenferVerhandlungenzwischenden Zeitgleich veröffentlichten1983,alsoimJahrderentschei- Praktisches“, sokönntemanesbösartigübersetzen. solchen Formulierungsteckt:„Vergisses–dasistnichts te“ –WerdenPolitjargonkennt,derweiß,washintereiner „… vonhohertheologischerundethisch-moralischerWar- Friedens inFreiheit“,soderBeginnStellungnahme. Problem unsererZeit,derWahrungundSicherungdes scher undethisch-moralischerWarteStellungzumzentralen worts Stellung:„DasHirtenwortnimmtvonhohertheologi- rung bezogunmittelbarnachdemErscheinendesBischofs- Die damalsvonHelmutKohl(CDU)geführteBundesregie- gaben davonberedtesZeugnis. Katholikentage 1982inDüsseldorfund1984München sich dabeialsTeilderdamaligenFriedensbewegung.Die schließlich der Sektion Deutschen KatholischenJugend Pax Christi Initiative Kirchevonunten Social Media www.katholische-militaerseelsorge.de Internet ausgeschlossen. in WeltundKirche Preisausschreiben in werden. BeiallenVerlosungenund Internet keineHaftungübernommen keine GewährundfürVerweiseindas von ManuskriptenundBildernkann wieder. FürdasunverlangteEinsenden dingt dieMeinungdesHerausgebers und Ordensleute fürdenFrieden Josef König,Chefredakteur (BDKJ), der deutschen (BDKJ), derdeutschen ist der Rechtsweg istderRechtsweg KOMPASS. Soldat KOMPASS. Soldat (IKvu) verstanden (IKvu)verstanden „The Challenge „The Challenge , vom 3. Mai , vom3.Mai ein- Titelbild: ©KS/DoreenBierdel 14 Buchrezension: Prof.Dr.ThomasSternberg,ZdK Sehnsucht SucheFrieden–Auftrag und 12 BischofDr.StephanAckermann Pax“-Vorsitzenden mitdem„Justitia et Interview 10 RüdigerAttermeyer,GKS KommentarvonOberst rüstezumKrieg!“ DudenFrieden, „Willst 9 bestellt? istesumdenFrieden Wie 5 „GerechtigkeitschafftFrieden“ Vor 35Jahren 4 101. Katholikentag:SucheFrieden Titelthema Kampf umdieUkraine von Dr.EnricoFels

ein Kommentarvon 7 Tag derArchive 27 Veitshöchheim –einmalanders 40.KreuzwegdesPfarramts 27 Möhnesee 23 Familienwochenende am Bundespräsidenten 23 Militärbischöfe beim Weltfriedenstag inHamburg 22 21 Nachruf München Tradition „Tradition suchenoder 18 schaffen?“ PodiumsdiskussioninHamburg „Was kommt nachdemKrieg?“ 16 Aus derMilitärseelsorge 100. Akademiegesprächin 60. Internationale Soldatenwallfahrt Lourdes 2018 60. InternationaleSoldatenwallfahrt www.kmba.de amt! Weitere InformationenimInternetunter und stetsaktualisierte Sienurbeimfürzuständigen Katholischen Militärpfarr erfahren Nähere Informationenzum Teilnehmerkreis undzur Anmeldung schaftliches Programm. Sieeinsowohlgeistliches alsauchkameradIn Lourdes erwartet zwischen16und65Jahren. zungen ReservistinnenundReservisten Bundeswehr mit derenFamiliensowieunterbestimmtenVorausset nachLourdes.Soldatenwallfahrt Teilnehmen können Angehörigeder 22.5.2018,zur60.Internationalen Mittwoch, 16.5.,bisDienstag, Einladung desfranzösischen Militärbischofsvon auf Die deutscheKatholische Militärseelsorgefährt Friede aufErden Pacem interris auf KardinalLehmann und www.katholische-militaerseelsorge.de. 31 Rätsel 30 VORSCHAU: 30 Medien: •WochefürdasLeben2018 •Hallo,hieristLeni! Glaube, Kirche, Leben: 29 28 Filmtipp: Auf einWort: 26 24 Mutige Zeugen: 20 zum LKU: 19 Kompass Glauben: Kolumne desWehrbeauftragten 15 Rubriken Unser TitelthemaimMai Relaunch derInternetseite STRONGER Demut (TeilI) Ostern fürZweifler Abbé FranzStock Geheimnis - - - 4

Inhalt DAMALS Vor 35 Jahren „Ziel des militärischen

Titelthema Beitrags zur Friedens- sicherung darf daher unter den heutigen Deutsche Bischöfe: Vernichtungskrieg ist niemals erlaubt! Bedingungen nicht die Kriegführung, sondern

Am 18. April 1983 legen die katholi- muss die Verhinderung schen Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland ein gemeinsames Hir- des Krieges sein, und tenwort mit dem Titel „Gerechtigkeit schafft Frieden“ vor. Auch in anderen zwar jeden Krieges.“ Staaten erscheinen jetzt, zwanzig Jah- re nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und inmitten der Diskussion um die Aufstellung von Pershing-Raketen im Zuge des NATO-Doppelbeschlusses, kirchliche Erklärungen zum Frieden.

Bereits einige Monate vorher haben die katholischen Bischöfe in der DDR einen knapp und prägnant formulier- ten Hirtenbrief zum Weltfriedenstag verkündet, in dem sie dem fragwürdig erscheinenden Konzept des „Gerech- ten Krieges“ das in der Bergpredigt Gerechtigkeit schafft Frieden. verankerte Ideal der Gewaltlosigkeit Wort der Deutschen Bischöfe zum Frieden, gegenüberstellen. Ihre westdeutschen hrsg. vom Sekretariat der Kollegen erwecken mit ihrem über Deutschen Bischofskonferenz, 70-seitigen, elaborierten Text auf den 18. April 1983 ersten Blick den Eindruck, ein Do- kument in erster Linie für friedens- ethisch versierte Kenner der Materie Die Bischofskonferenz ächtet nicht nur verfasst zu haben. Dennoch erregt das die nukleare Abschreckung, die „auf Hirtenwort angesichts seiner nicht min- Dauer kein verlässliches Instrument der prägnanten Formulierungen auch der Kriegsverhütung“ sei, sondern den außerkirchliche Aufmerksamkeit. In ei- Krieg an sich: „Ziel des militärischen ner Mischung aus Verwunderung und Beitrags zur Friedenssicherung darf da- Anerkennung kommentiert Der Spiegel: her unter den heutigen Bedingungen „Zum ersten Mal meldet hier eine Ins- nicht die Kriegführung, sondern muss titution, die sich im politischen Spekt- die Verhinderung des Krieges sein, und rum der Bundesrepublik so konservativ zwar jeden Krieges.“ Der Einsatz von wie möglich aufführt, massive Zweifel Massenvernichtungswaffen, so die Bi- an einem geheiligten Kodex westdeut- schöfe, sei „durch nichts zu rechtferti- scher Sicherheitspolitik an, wie sie gen. Der Vernichtungskrieg ist niemals bislang nur von links zu hören war: an ein Ausweg, er ist niemals erlaubt.“ der moralischen Erlaubtheit der militäri- schen Abschreckung.“ Dr. Markus Seemann

4 Kompass 04I18 Wie ist es um den Frieden derzeit in der Welt bestellt?

von Dr. Enrico Fels, Leiter der Forschungsgruppe „Sicherheit und Diplomatie“

am Center for Global Studies der Universität Bonn Titelthema

ie Bedeutsamkeit von Frieden für hochdeutschen fridu für „Schutz“ und Frieden heute Ddas menschliche Zusammenleben „Sicherheit“ liegen. Frieden wäre somit Mit dem Ende des Kalten Kriegs, der ist kaum zu überschätzen. Überlegun- gängig als Gegenbegriff zu Krieg, einem Forcierung der Globalisierung und der gen zur Erreichung eines „allgemeinen Zustand gewaltsamen Unfriedens, zu Zunahme demokratisch-organisierter Friedens“ (Dante Alighieri) oder gar verstehen. Der Friedensforscher Johan Staaten kam es zu einer bemerkens- „ewigen Friedens“ (Immanuel Kant) Galtung sah in der Abwesenheit von werten Reduktion offener zwischen- gehen weit zurück. Dies ist begründet. Krieg indes nur einen „negativen Frie- staatlicher Gewaltanwendung, die ge- Auf Willy Brandt geht die sprachstar- den“. Erst die Beseitigung von struktu- mäß den Daten des Center for Systemic ke Formel zurück, dass „Frieden nicht rellen Faktoren wie Unterentwicklung, Peace aktuell beinah verschwunden alles, aber ohne Frieden alles nichts“ Armut oder Hunger, die Gewaltanwen- ist. Anders als in früheren Jahrhunder- sei. Aus der alltagssprachlichen Ver- dungen wahrscheinlicher machen, ten scheint der Krieg zwischen Staaten wendung wird ersichtlich, dass ‚Frie- schafft laut Galtung einen „positiven mit der Jahrtausendwende mittlerweile den‘ vorrangig zur Beschreibung eines Frieden“. Ebenfalls relevant ist zudem eine sehr seltene Ausnahme geworden (sozialen) Zustands verwendet wird, die Unterscheidung zwischen Innen zu sein. der von einer Abwesenheit von Gewalt und Außen in einem nach wie vor von bzw. Gewaltanwendung zwischen In- Staaten geprägten internationalen Sys- Schwache Staatlichkeit als Bedrohung dividuen, Gruppen und menschlichen tem (trotz aller Interdependenzen und für den inneren Frieden Institutionen wie Staaten geprägt ist. Supranationalisierungen) und damit Von einem Rückgang zwischenstaatli- Ein solches Verständnis legen auch für Betrachtungen zum gegenwärtigen cher Gewalt auf eine friedlichere Welt die etymologischen Wurzeln des Be- Stand des Friedens in der Welt hilfreich. zu schließen, wäre aber verfehlt. Die griffs „Frieden“ nahe, welche im alt- Intensität innerstaatlicher Konfl ikte, >>

Kompass 04I18 5 Titelthema

Die gesamte Welt war in den letzten 60 Jahren von gewaltsamen Konfl ikten betroffen. Die in der Grafi k gezeigten Konfl ikthäufi gkeiten sagen nichts über die Intensität eines Krieges aus, d. h. wie viele Tote oder Flüchtlinge es durch einen Krieg gab. So waren hell eingefärbte Länder zwar an wenigen Konfl ikten beteiligt, jedoch können diese auch besonders blutig gewesen sein.

>> welche sich nach dem Ende des damit Regionen friedfertiger werden. nes inneren Friedens wird so schwierig Kalten Kriegs halbierte, weist weiterhin Ob diese westlichen Bemühungen gut bis unmöglich. Es sind vor allem musli- ein hohes und sogar leicht ansteigen- begründet waren und letztlich gelingen, mische Länder, die am stärksten unter des Niveau auf. Besonders betroffen bleibt angesichts der überschaubaren terroristischen Anschlägen leiden, wel- hiervon sind Staaten mit muslimischen Erfolge bisheriger Staatsbildungs-Be- che nach 9/11 enorm zugenommen ha- Mehrheiten, die vergleichsweise sel- mühungen trotz hoher menschlicher ben. Die Folgen dieser offenen und ver- ten demokratisch verfasst sind. Neben und materieller Opfer offen. Es ist sehr deckten Bürgerkriege sind neben der einer starken und weiterhin anwach- wahrscheinlich, dass bspw. Irak und Af- Erosion staatlicher Strukturen und der senden Ausbreitung jihadistischer ghanistan noch Jahrzehnte internatio- Zerstörung wirtschaftlicher Potenziale Lesarten des Islams, welche den Dar nale Unterstützung benötigen, um über aber auch das Vorantreiben einer „ge- al-Islam (Haus des Islam) zivilisato- gefestigte staatliche Strukturen ihren sellschaftlichen Desintegration“ (Kai risch in die Zeit des Religionsstifters Bürgern einen inneren Frieden gewäh- Hirschmann) etwa in Form ethnischer zurückentwickeln und expandieren wol- ren zu können. Säuberungen und religiöser Vertrei- len, sind für diesen Trend auch militäri- bungen, wie sie u. a. die Jesiden oder sche Interventionen westlicher Staaten Die angesprochene „Re-Islamisierung“ Christen des Nahen und Mittleren Os- verantwortlich. Letztere bezweckten (Stephan Conermann) hat auch zu tens in hoher Zahl betrifft. Die großen autokratische Governance-Strukturen einer Intensivierung innerstaatlicher Grausamkeiten gegen die erste Grup- in muslimischen Ländern wie bspw. Spannungen in mehrheitsmuslimi- pe hat im Westen zu Recht eine hohe Irak, Afghanistan oder Libyen in Reak- schen Staaten beigetragen, die negati- (gleichwohl unzureichende) Aufmerk- tion auf die 9/11-Anschläge umzufor- ve Auswirkungen auf die staatliche Sta- samkeit erhalten. Das weitgehende men, um eine Demokratisierung und bilität der betroffenen Länder hat. Die Schweigen westlicher Eliten gegenüber Liberalisierung der binnenstaatlichen Entstehung schwer regierbarer Räume, der weltweiten Christenverfolgung und Verhältnisse einzuleiten. Durch die in denen entscheidende Staatsfunktio- -diskriminierung, die laut dem Hilfswerk Beseitigung von innerstaatlichen struk- nen wie etwa eine handlungsfähige Ver- Open Doors 200 Millionen Menschen turellen Gewaltquellen sollten neben waltung oder leistungsfähige Institutio- betrifft, verwundert indes und lässt einer besseren Wirtschaftsentwicklung nen zur Reduktion von innerstaatlicher sich auch mit der Ablehnung des Eige- auch außenpolitische Gewaltakte ge- Unsicherheit fehlen, ist ein Symptom nen („Oikophobie“, Roger Scruton) nur gen andere Staaten unterbunden und fragiler Staatlichkeit. Die Herstellung ei- unzureichend erklären.

6 Kompass 04I18 Titelthema

Ein weiterer Faktor für die Zunahme Finanzierbarkeit geraten. Kontroll-Unwil- Multipolarität und Rücksicht auf ihre schwacher Staatlichkeit ist das enor- ligkeit der Politik führt so zu partieller nationalen Interessen. Besorgniser- me demographische Wachstum in Kontroll-Unfähigkeit des Staates samt regend ist, dass eine zunehmende unterentwickelten Ländern, welches einer wachsenden Legitimationskrise Re-Geopolitisierung die Beziehung zwi- sozio-ökonomische Problemlagen bei staatlicher Stellen mit potenziell irre- schen führenden Großmächten ver- schwacher staatlicher Steuerungsfä- versiblen Folgen für die Stabilität und schärft. Die chinesische und russische higkeit verstärkt. Laut den Vereinten Stärke der betroffenen Gesellschaften. Kritik an außenpolitischen Vorstellun- Nationen (VN) wird sich die Zahl der gen der USA und ihrer Verbündeten Menschen in Afrika bspw. bis 2050 Der äußere Frieden unter Druck: wird dabei teilweise mit dem Einsatz von derzeit 1,256 Mrd. Menschen auf Re-Geopolitisierung und fragmentierte militärischer Mittel untermauert. Der- 2,528 Mrd. verdoppeln und im Jahr Globalisierung zeitige Konfl ikte in der Ostukraine, im 2100 ca. 4,5 Mrd. erreichen. Wächst Südchinesischen Meer oder auf der die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt Auch der begrüßenswerte Rückgang Koreanischen Halbinsel sind Sympto- der betroffenen Länder nicht ausrei- zwischenstaatlicher Gewalt sollte kein me dieser kontrastierenden regionalen chend mit, können sich innerstaatliche Grund zur Entwarnung sein, befi ndet Ordnungsvorstellungen. Spannungen intensivieren und in offe- sich doch das internationale System ne Konfl ikte umschlagen. Verschärfend derzeit in einem „tiefgreifenden Trans- Insbesondere China kann enorme kommt hinzu, dass 60% der Menschen formationsprozess“ (Hanns Maull). machtpolitische Gewinne seit Ende des in Afrika 2017 unter 24 Jahren alt wa- Kontinuierliche machtpolitische Ver- Kalten Kriegs verzeichnen. Beispielswei- ren. Untersuchungen des Völkermord- schiebungen (angetrieben durch wirt- se hat die chinesische Volkswirtschaft Forschers Gunnar Heinsohn zum Youth schaftliche Prosperität insbesondere in kaufkraftbereinigt die amerikanische Bulge legen nahe, dass insbesondere Asien) sowie der technologische Fort- seit einigen Jahren hinter sich gelassen ein Überschuss an jungen Männern ge- schritt sorgen neben dem demographi- (Internationaler Währungsfond 2017: sellschaftlichen Unfrieden, Bürgerkrieg schen Wandel für bedeutsame globale 23,1 Mrd. Int$ (Internationale Dollar) sowie Migrationswellen antreiben kann. Veränderung. Dies führt bspw. zu einer vs. 19,4 Mrd. Int$). SIPRI-Daten zeigen Wiederaufl age geopolitischen Denkens zudem, dass Peking mittlerweile auch Innerer Unfrieden kann ansteckend und setzt die internationale Ordnung, substanziell mehr Ressourcen für die sein und auf Nachbarstaaten und -re- welche nach dem Ende des Kalten eigene Rüstung aufwendet. Waren die gionen übergreifen. Entwicklungen in Kriegs errichtet wurde, unter enormen US-Verteidigungsausgaben am Ende fragilen Staaten haben damit auch Anpassungsdruck. Die globalisierungs- des Kalten Kriegs noch 22-mal höher Auswirkungen auf die Verfasstheit bis- bedingte Wohlstandsvermehrung, die als jene Chinas, gab Washington 2016 her starker Staaten in den Wohlstands- das durchschnittliche Lebensniveau weniger als dreimal soviel wie Peking zonen Nordamerikas, Ostasiens und aller Weltregionen verbesserte, hatte dafür aus. Auch droht die sino-ameri- Europas. Die Kohäsionskräfte westli- zudem Auswirkungen auf die Vertei- kanische Rivalität, die Globalisierung cher Gesellschaften in Europa geraten digungsausgaben vieler Länder. Infl a- im Zuge eines neuen Null-Summen- bspw. im Zuge der „neuen Völkerwan- tionsbereinigte Zahlen des Stockhol- Denkens zu fragmentieren und die derung“ (Hans-Peter Schwarz) derzeit mer Friedensforschungsinstituts SIPRI Welt in isolationistische Wirtschafts- unter gewaltigen Druck. Gesellschaft- zeigen, dass die internationalen Rüs- blöcke aufzuspalten. Donald Trumps liche Verteilungskämpfe werden durch tungsausgaben bereits seit mehr als Politik des America First verträgt sich Vertrauensverluste und Entsolidarisie- einer Dekade höher als in den Jahren nur bedingt mit Xi Jinpings Chinese rung im Zuge einer diversitätsinduzier- vor dem Ende des Kalten Kriegs sind. Dream, gerade weil beide einer ähn- ten „social isolation“ (Robert Puttnam) Aufsteigende Schwellenländer wie lichen, eigennutzen-maximierenden weiter angeheizt. Neue wie alte religiö- Brasilien, Südafrika und Indien be- Logik folgen. Friedensstiftende Prospe- se, kulturelle und ethnische Verwerfun- anspruchen mittlerweile offen mehr ritätsgewinne werden so durch neues gen und Konfl ikte belasten den inneren Mitspracherechte im Rahmen des Blockdenken gefährdet. Die globale Frieden, während staatliche Siche- VN-Sicherheitsrats. Auch ein selbst- Unsicherheit wird weiter erhöht, solan- rungs- und Sicherheitssysteme an die bewussteres Russland sowie ein wie- ge die „Große Mauer in den Köpfen“ Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und dererstarktes China pochen auf mehr (Xuewu Gu) nicht geschliffen ist. >>

Kompass 04I18 7 Titelthema © UN Photo / Manuel Elias

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedet einstimmig die Resolution 2397 (2017), in der die von der Demokratischen Volksrepublik Korea (DPRK) am 28. November 2017 >> Der Fall Nordkorea zeigt zudem, deutlichen sicherheitspolitischen Ge- unter Missachtung der Resolutionen dass die zivilisationsgefährdende Be- staltungswillen innerhalb der Bundes- des Sicherheitsrates über die Nicht- drohung kernwaffen-gestützter Kriege republik geführt. Lange hatte Berlin verbreitung von Atomwaffen verübte keineswegs mit dem Fall des Eisernen eine bequeme „Machtvergessenheit“ Einführung eines ballistischen Flugkör- Vorhangs endete. Pjöngjangs nukleare (Hans-Peter Schwarz) gepfl egt, in der pers aufs Schärfste verurteilt wird. Aufrüstung gefährdet offen den äuße- Deutschland eine oft sehr passive Rol- ren Frieden in Ostasien. Die Untermi- le als Trittbrettfahrer zukam. Trotz sei- nierung des Atomwaffen-Sperrvertrags ner historischen Sonderrolle war Berlin durch Nordkorea als erstem Land, wel- mit dieser Passivität in der Zeit nach ches seine Unterzeichnung zurückzog, der Implosion der Sowjetunion nicht setzt Anreize für andere Regionalstaa- gänzlich alleine: Ein Mangel an realisti- ten, im Sinne der nuklearen Abschre- schem strategischen Denken war nach te Aussagen führender deutscher Politi- ckung gleichfalls Kernwaffen anzu- dem Ende des Kalten Kriegs in vielen ker auf der Münchner Sicherheitskonfe- schaffen. Entsprechende Debatten in liberalen Demokratien angesichts der renz deuten darauf hin, dass Berlin im Südkorea und Japan haben bereits Hoffnung auf ein „Ende der Geschich- Rahmen der europäischen Zusammen- begonnen. Die desolate wirtschaftliche te“ (Francis Fukuyama) sowie eine arbeit und angesichts der Zunahme Lage des Kim-Regimes könnte zudem fi skalische Friedensdividende zu beob- neuer Bedrohungen die eigene Rolle zur zukünftigen Forcierung nukleare achten. Zudem wurden sicherheitspo- in der internationalen Friedens- und Si- Proliferation zur Devisengewinnung litische Fragen gerade im öffentlichen cherheitspolitik noch weiter ausbauen ermuntern. Das internationale Sicher- Diskurs Deutschlands lange tabuisiert. will. Inwiefern für diese Absichten auch heitsdilemma wird so in einer schwie- Das politische Bewusstsein dafür, die dringend benötigten Ressourcen rigen Zeit der Machtverschiebung zwi- dass die komplexen, stark globalisier- bereitgestellt werden, bleibt abzuwar- schen Großmächten und steigendem ten Gesellschaften des Westens trotz ten. Dass die im globalen Maßstab Rivalitätsdenken zusätzlich verschärft. ihrer vergleichsweise hohen konventi- kleine Bundesrepublik aber axioma- onellen militärischen Stärke und wirt- tisch neben der bewährten transat- Deutschland in einer schaftlichen Prosperität grundsätzlich lantischen Zusammenarbeit auch auf unfriedlicheren Welt verwundbarer geworden sind, ist in den europäische Antworten für globale He- letzten Jahren gewachsen. Traditionel- rausforderungen setzt, ist im Hinblick Die Zunahme sicherheitspolitischer le und nichttraditionelle Herausforde- auf die Errichtung eines von Kant vor- Herausforderungen auf globaler, re- rungen für den inneren und äußeren geschlagenen, dauerhaft friedensgene- gionaler sowie nationaler Ebene hat Frieden kamen dabei gleichermaßen in rierenden Staatenbunds grundsätzlich in den letzten Jahren auch zu einem den Blick der deutschen Politik. Jüngs- begrüßenswert.

8 Kompass 04I18 Titelthema

„Willst Du den Frieden, rüste zum Krieg!“ © Bundeswehr / Roman Heinrichs

Das Leitthema des 101. Katholikentags „Suche Frieden“, anderen Mitteln, wie es Clausewitz beschrieb, und Poli- ist alles andere als „von gestern“, wie uns der Blick auf tik bleibt auch immer bestimmend, während militärische aktuelle Nachrichten immer wieder verdeutlicht. „Als wenn Gewalt angewendet wird. Sie ist nicht nur bestimmend für Frieden keine Tat wäre“, notierte Hans Scholl, der vor 75 den Beginn und ordnet sich nicht unter das Militärische, Jahren hingerichtete Widerstandskämpfer. Für den Frieden wie noch zu Zeiten des Ersten Weltkrieges gedacht wur- muss man etwas tun, das ist klar, der passiert nicht von de. Als Lehre aus der Geschichte wurde die Bundeswehr allein. Wir sehen zahlreiche Regionen auf der Erde, in de- von Beginn an streng politisch reglementiert, nachdem nen der Friede nicht nur bedroht ist, sondern wo Krieg in Deutschland zehn Jahre gar keine eigenen Streitkräfte seinen unterschiedlichsten Ausprägungen herrscht. Über hatte. Naheliegende Aufgabe ist sicher die Verteidigung manche, wie etwa Syrien oder Mali, wird regelmäßig be- des eigenen Landes in existenzieller Bedrohung – und richtet und die internationale Gemeinschaft engagiert sich auch die Verteidigung im Bündnis und die Verteidigung dort. Andere Konfl ikte werden nur wenig beachtet, wie im des Bündnisses lässt sich daraus herleiten. Beim Einsatz Jemen, oder geraten in Vergessenheit, wie in Somalia. von Streitkräften außerhalb der Region stellt sich die Frage nach der politischen Legitimierung und Begrenzung immer Wie selbstverständlich werden Frieden und Krieg geradezu im Einzelfall. Die Frage nach der eigenen Bedrohung muss als Widerspruchspaar verwendet. Das ist richtig und falsch dann ebenso sorgfältig beantwortet werden wie die Frage zugleich: Gerade im Krieg suchen wir den Frieden als den nach dem Einsatz anderer, nichtmilitärischer Mittel. erstrebenswerten Zustand. Zugleich wissen wir, dass das Schweigen der Waffen allein noch nicht der Friede ist, den Es gibt Situationen, in denen man dem Gewalttätigen in wir suchen und unter dessen Bedingungen sich Menschen den Arm fallen muss, um Schlimmeres zu verhindern. in Würde entfalten können. Allein die potenzielle Gefahr Damit ist zugleich der Maßstab gesetzt: Die Gegenge- von terroristischen Anschlägen etwa verändert das Leben, walt muss das „kleinere Übel“ sein, damit sie sinnvoll wie wir alle bemerkt haben, und weist deutlich auf das und letztlich auch legitim eingesetzt werden darf. Auch im Fehlen von Frieden im konkreten Umfeld hin. Im umfas- Falle einer humanitären Intervention ist nach denselben senden Sinne gilt ohnehin, dass das Ende des Krieges als Maßstäben zu bewerten, wie bei jedem anderen Einsatz militärische Auseinandersetzung nicht allein den Frieden militärischer Gewalt: nur so lange und soweit erforderlich, herbeiführt. So wird deutlich, dass die Überschrift zum um die humanitäre Katastrophe zu verhindern. Politisch Werkstattgespräch der Gemeinschaft Katholischer Solda- überwacht und durch andere politische Maßnahmen zur ten (GKS) beim Katholikentag durchaus provozierend ge- Konfl iktbewältigung begleitet, ist dabei eine stetige For- dacht ist. Der Ansatz „Willst Du den Frieden, rüste zum derung, die gerade auch von Soldatinnen und Soldaten Krieg!“ steht für ein Gleichgewicht des Schreckens, das erhoben wird, die genau wissen, wie sich militärische Ge- bestenfalls einen Krieg zu verhindern mag, für die Gestal- walt vor Ort darstellt und was ein Einsatz für sie persönlich tung des Friedens aber nicht als Richtschnur taugt. bedeutet.

Wenn die Gestaltung des Friedens als umfassende Auf- Diese Zusammenhänge darzustellen, hat sich die GKS für gabe verstanden wird, dann ist klar, dass Politik in allen das Werkstattgespräch im Rahmen des Katholikentags in Feldern gefordert ist, das Zusammenleben zu gestalten Münster vorgenommen. In einer der Städte des Westfäli- – national wie international. In der politischen Ausgestal- schen Friedens, mit dem der Dreißigjährige Krieg beendet tung der in Frieden lebenden Gesellschaft wird dem Militär wurde, drängt sich die Thematik auf und wir sehen der eine klare Rolle als legitim zugewiesen. Dem „Primat der Gesprächsrunde mit Spannung entgegen. Politik“ folgend, wird es politisch eingesetzt und begrenzt. Krieg ist dann nicht nur die Fortsetzung von Politik mit Oberst Rüdiger Attermeyer, Bundesvorsitzender der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS)

KompassKompass 04I1804I18 9 „Die Fragen sind zu ernst,

Titelthema um sie den Atommächten allein zu überlassen.“

Interview mit dem Vorsitzenden der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier), vor Beginn des diesjährigen 101. Katholikentags in Münster.

Kompass: Unter dem Leitgedanken besondere Genius loci von Münster Gewaltüberwindung und Friedensar- „Suche Frieden“ richten der Zusam- kann dabei nur hilfreich sein. beit bedeuten, der Gewalt und ihren menschluss der katholischen Laienver- Folgen ins Gesicht zu schauen und bände und der Diözesanräte im Zent- Kompass: Nun beten Christinnen und praktische Antworten zu formulieren. ralkomitee der deutschen Katholiken Christen und mit Sicherheit auch wei- Es reicht nicht, das Elend der Welt zu (ZdK) und der Bischof von Münster den tere Menschen guten Willens zu Be- beklagen. Dazu gehört, dass wir uns 101. Deutschen Katholikentag in der ginn eines jeden neuen Jahres für den insbesondere zu den Opfern in konkre- westfälischen Domstadt aus. Ist es Ih- Frieden in der Welt, für den Frieden te solidarische Beziehung setzen. Das rem Eindruck und Ihrer Sicht der Dinge zwischen den Völkern und Staaten und ist nicht immer einfach, aber es gibt nach das richtige Thema zum richtigen unter den Menschen. Reicht es Ihrer keine Gewaltüberwindung und perspek- Zeitpunkt? Meinung nach aus, für den irdischen tivisch gesellschaftliche Versöhnung Bischof Ackermann: Das Thema Frie- Frieden zu beten, oder ist nicht gerade ohne die Opfer. Dabei schauen Chris- den ist derzeit defi nitiv das richtige von Christen mehr zu erwarten? Was ten und Christinnen nicht weg – auch Thema. Schauen wir auf die Entwick- können dafür die Weltkirche, die Orts- wenn es bisweilen schwerfällt. Es gibt lungen im Nahen und Mittleren Osten, kirchen und jeder einzelne Christ, jede keinen Frieden und keine Versöhnung im Verhältnis zu Russland oder auf der Christin dafür tun? am Kreuz, an den Opfern vorbei. Koreanischen Halbinsel dann wird deut- Bischof Dr. Ackermann: Das Gebet ist lich, dass wir vor sehr ernsten Heraus- unverzichtbar. Es hilft uns sowohl, uns Das Zeugnis der Kirche, getragen vom forderungen stehen. Nehmen wir die nicht entmutigen zu lassen als auch un- Heiligen Geist und den Gläubigen, ist vielfältigen Konfl ikte und Gewaltprob- sere Möglichkeiten nicht zu überschät- dabei vielfältig. Ich denke z. B. an die leme z. B. in Lateinamerika und Afrika zen. Die Ausrichtung auf den Herrn hilft großartige Unterstützung und Zuwen- sowie den Veränderungsdruck durch uns auch, der menschlichen Versu- dung, die viele den Gefl üchteten in den Klimawandel hinzu, dann kann gar chung zu widerstehen, den bisweilen unserem Land haben zuteilwerden las- kein Zweifel bestehen, dass wir gut be- unangenehmen Auseinandersetzungen sen. Aber ich denke auch an die be- raten sind, uns mit diesen Problemen auszuweichen. Es beginnt also mit ei- harrliche Arbeit der Rüstungsexport-Be- zu befassen. Allerdings sollten wir uns ner klaren Haltung, die zugleich demü- richte, die die Gemeinsame Konferenz vor der Versuchung hüten, uns durch tig und entschieden ist. Ohne diese im Kirche und Entwicklung seit vielen Jah- eine allzu harmonische und „nette“ letzten geistliche Haltung verfällt man ren herausgibt. Es kommt darauf an, Befassung mit den Themen vor allem allzu schnell in Aktionismus, dem nach dass wir der Gewöhnung an Gewalt und selbst zu beruhigen. Wer etwas für den gewisser Zeit die Luft ausgeht und der Unrecht entgegentreten und praktische Frieden tun will, muss sich Unrecht und dann in Enttäuschung und Frustration Räume schaffen, in denen die Gewalt, Gewalt stellen. Friedensarbeit führt da- endet. ihre Ursachen und ihre Folgen zur Spra- her notwendig in den Konfl ikt. Sie ist che kommen, damit sie nicht das letzte immer Beziehungsarbeit. Dabei kommt Doch es ist ganz offensichtlich, dass Wort haben. Dabei können wir gerade ernsthaften Dialogen eine zentrale Be- die richtige geistliche Haltung aus auch weltkirchlich viel voneinander ler- deutung zu. Der Katholikentag ist dafür sich heraus zum sichtbaren Zeugnis nen, weshalb die Deutsche Kommissi- eine ausgezeichnete Gelegenheit. Der und zu praktischem Handeln drängt. on Justitia et Pax gemeinsam mit ihren

10 Kompass 04I18 Titelthema © 2015 KNA, www.kna-bild.de – Nutzungsrechte vorbehalten. Gewaltüberwindung und Friedensarbeit bedeuten, der Gewalt und ihren Folgen ins Gesicht zu schauen und praktische Antworten zu formulieren. Bischof Ackermann (2. v. r.) und Pater Mario Da Silva (l.) von der Pfarrei Gaza besuchen ein kriegsversehrtes Viertel in Gaza.

Partnern den Austausch dieser Erfah- rausforderungen der nuklearen Be- fahrlässig und zudem angesichts der rungen z. B. mit Workshops fördert. Wir waffnung. Dabei haben wir feststellen Kosten der nuklearen Rüstung nicht zu sollten in diesem Zusammenhang auch müssen, dass die Bedrohungen durch vertreten. nicht die Bedeutung der ökumenischen Atomwaffen nicht zuletzt durch die ge- und interreligiösen Zusammenarbeit wachsenen Proliferationsrisiken in den All diese Fragen werden wir am 11. und unterschätzen. Das gemeinsame Zeug- letzten zwanzig Jahren wieder erheblich 12. Oktober 2018 im Rahmen eines nis für Frieden ist uns – wo immer mög- gestiegen sind. Dementsprechend be- friedenspolitischen Kongresses zur nu- lich – abverlangt. Die beeindruckenden grüßen wir auch die Initiative von Papst klearen Abrüstung in Berlin diskutieren. Beispiele der christlich-muslimischen Franziskus. Sie stärkt die politische Damit wollen wir ein starkes politisches Kooperation in Nigeria oder der Zentral- Aufmerksamkeit für ein Thema, dass Signal setzen, dass wir von der Politik afrikanischen Republik sind weit über allzu schnell von der Tagesordnung mehr konstruktive Initiative erwarten. diese Kontexte hinaus bedeutsam. rutscht. Auch hier gilt: Wir dürfen uns Dabei werden wir auch die Perspekti- nicht an die nukleare Abschreckung ge- ven unserer Partner aus Europa, den Kompass: Die Kirche bekräftigt seit wöhnen. Es ist hohe Zeit, dass die von USA, Afrika sowie Asien einbringen. Es Langem, dass weder die Androhung den Atommächten gegebenen Verspre- ist eine globale Herausforderung. Das noch der Einsatz von Atomwaffen an- chen zur nuklearen Abrüstung endlich muss sich in der Art und Weise wider- nehmbar sind. Zuletzt tat dies Papst erfüllt werden. Die aktuellen Tenden- spiegeln, wie wir diese Fragen diskutie- Franziskus zu Beginn einer internati- zen zur Modernisierung der Atomwaf- ren. Manchmal will mir scheinen, dass onalen Konferenz für eine atomwaf- fen erhöhen die Unsicherheit und sind die Nuklearfragen sozusagen im Mo- fenfreie Welt und atomare Abrüstung ausgesprochen bedrohlich. dus 2.0 der alten Blockkonfrontation Anfang November 2017 im Vatikan. behandelt werden. Das hieße aber, die Das Treffen im Vatikan war das erste Als Kommission erwarten wir von der gewandelten internationalen Verhältnis- zu diesem Thema seit der Unterzeich- Bundesregierung, dass sie sich zukünf- se zu unterschätzen. Wer die nukleare nung des Abkommens für ein Atom- tig stärker für die nukleare Abrüstung Bedrohung überwinden will, muss sich waffenverbot, das 122 Mitgliedsstaa- einsetzt. Die Haltung der Bundesregie- intensiv mit den globalen sicherheits- ten der Vereinten Nationen Anfang Juli rung in dieser Frage, z. B. sich nicht an politischen Problemstellungen und Be- unterzeichnet haben. Deutschland und den Verhandlungen zum Atomwaffen- dürfnissen befassen. Die Fragen sind andere Regierungen unterzeichneten Verbotsabkommen zu beteiligen, war zu ernst, um sie den Atommächten nicht. Belassen es auch die Mitglieder bisher sehr unbefriedigend und defi ni- allein zu überlassen. der Deutschen Kommission Justitia et tiv ein falsches Signal. Ich denke, wir Pax dabei oder ist mit weiteren Initiati- sind gut beraten, auch alte politische Die Fragen stellte Josef König. ven zu rechnen? Gepfl ogenheiten wie die nukleare Teil- Bischof Dr. Ackermann: Die Deutsche habe auf den Prüfstand zu stellen. Ein Kommission Justitia et Pax befasst „Weiter so“ in der Hoffnung, dass es sich schon seit Langem mit den He- schon gut gehen wird, wäre höchst

Kompass 04I18 11 Titelthema

12 Kompass 04I18 Suche Frieden

Auftrag und Sehnsucht Titelthema

Prof Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

Seit ihren frühesten Anfängen sind Katholikentage mit Mehr als Abwesenheit von Krieg dem Anspruch verbunden, die Zeichen der Zeit zu erken- 1618 und 1918: Beide Jahreszahlen und die damit ver- nen und aus der Perspektive des christlichen Evangeliums bundenen Ereignisse werden beim Katholikentag in Müns- zu betrachten; nein, nicht nur aus „sicherer Distanz“ zu ter eine Rolle spielen. Aber nicht nur Frieden als Begriff kommentieren, sondern teilzunehmen und teilzuhaben an für die Abwesenheit von Krieg und Gewalt hat uns zu dem der Suche nach Antworten und Lösungen für die damit ver- Leitwort motiviert. Viele Entwicklungen wie Globalisierung, bundenen Herausforderungen. Glaube und Politik, Weltver- Pluralisierung der Gesellschaft und Zusammentreffen antwortung und Gottesdienst, persönliches Engagement von Kulturen und Religionen haben als Kehrseite Versu- und Erleben der Gemeinschaft: an den Katholikentagen che der Abschottung, die Suche nach einer Abgrenzung. kommt dies zusammen. Menschen suchen nach Identität und Leitbildern für die Gestaltung des Lebens. Darum wird es uns in Münster Profi l geben auch um die Suche nach dem Frieden zwischen Kulturen, Folgerichtig kennt ein Katholikentag zunächst einmal kei- Weltanschauungen und Religionen gehen. ne thematische Beschränkung. Alles, was Menschen be- schäftigt und umtreibt, was sie besorgt macht und natür- Friede ist aber auch das Thema des alltäglichen Zusam- lich auch das Schöne in unserer Welt – oder wie es am menlebens, die Suche nach gesellschaftlichem Frieden, Anfang der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen nach Frieden mit dem Nachbarn und Nächsten und nicht Konzils heißt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der zuletzt auch um den Frieden mit mir selbst, wie ihn An- Menschen“ – all das gehört zu einem Katholikentag. Den- gehörige vieler Religionen sich wünschen: Pax, Shalom, noch bekommt jeder Katholikentag aus der Zeit heraus, in Salam. Und es geht um den Frieden, der uns in der Bi- der er stattfi ndet und unter Berücksichtigung des jeweili- bel und im Gottesdienst zugesagt wird: „Meinen Frieden gen Ortes zusätzlich sein besonderes Profi l. gebe ich Euch“. In alter biblischer Tradition wird der Friede kombiniert mit der Gerechtigkeit; beide bedingen sich ge- Friedensstadt Münster genseitig. In der Stadt Münster und im Blick auf das Jahr 2018 ha- ben wir nicht lange nach einem solchen unverwechselba- Friede ist ein schwieriges Wort: Es gehört zu denen, die je- ren Generalthema suchen müssen. Münster wurde – zu- der gleich einverständig für gut und richtig hält. Wir wollen sammen mit Osnabrück – zur Friedensstadt, nachdem im in Podien und Gottesdiensten neu darüber nachdenken. grausamsten Krieg der frühen Neuzeit über drei Jahrzehn- Das kurze Zitat aus dem 34. Psalm könnte mit einem Ruf- te hinweg Millionen Menschen getötet und ganze Länder zeichen geschrieben werden, so wie es im Zusammen- Europas verwüstet worden waren und man 1648 endlich, hang, einer Regel für ein gutes Leben, heißt: „Suche den endlich hier den Westfälischen Frieden schließen konnte. Frieden und jage ihm nach!“. Für den Katholikentag ist Dreißig Jahre zuvor, also vor genau 400 Jahren – wurde uns auch die andere Lesart wichtig: Wie „Suche Arbeit“, dieser von den Menschen als wahrer Weltenbrand emp- „Suche Wohnung“ bringt es zum Ausdruck: Ich brauche fundene Konfessionskrieg entfacht. etwas, ich sehne mich nach Frieden in der Welt, mit der Schöpfung, mit anderen, mit mir selbst und mit Gott. Hier- Und wir werden noch an einen weiteren grausamen Krieg in spiegeln sich Aspekte, die jeden Katholikentag ausma- erinnert werden, in dessen Verlauf ebenfalls unvorstellba- chen: Das Hören auf Gottes Wort in Bibellesung, Gebet re Gräuel stattfanden, und der wieder millionenfaches Leid und Liturgie und zugleich das Bekenntnis zur christlichen über Europa brachte. 100 Jahre wird es dann her sein, Weltverantwortung. dass der 1. Weltkrieg, im Englischen der „Great War“, mit seinen unfasslichen, unsinnigen Menschenschlächterei- en, im Herbst 1918 zu Ende ging.

Kompass 04I18 13 Buchrezension: Kampf um die Ukraine

Medien „Der ukrainisch-russische Konfl ikt ist weder eingefroren noch im Ansatz ge- löst. Er enthält alle Brennstoffe eines großen zwischenstaatlichen Krieges“, Kampf um die Ukraine. war noch Mitte Februar in „Der Zeit“ Ringen um Selbstbestimmung und zu lesen. Der Autor Michael Thumann geopolitische Interessen, hrsg. von forderte in seiner Kolumne eine neue Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, internationale Auseinandersetzung mit Studien zur Friedensethik, Bd. 61, dem Konfl ikt, der auch für die deutsche Nomos Verlag, in Gemeinschaft mit Aschendorff Verlag, Baden-Baden 2018, Außenpolitik wieder Priorität haben soll- 240 S., gebunden, 44,- € te. Pünktlich zu den Präsidentschafts- wahlen in Russland erscheint nun die ISBN 978-3-8487-4078-9 Herausgeberschrift „Kampf um die Uk- eISBN 978-3-8452-8387-6 raine. Ringen um Selbstbestimmung und geopolitische Interessen“ von Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, werden können. „Auf diese Weise ist um einen Dauerzustand „völkerrechts- dem Direktor des Instituts für Theolo- aus dem innerukrainischen Antagonis- widriger Herrschaftsausübung“ han- gie und Frieden in Hamburg. In ausge- mus verschiedener gesellschaftlicher delt, der andere Staaten irgendwann wählten wissenschaftlichen Beiträgen Ordnungsmodelle zugleich eine geo- zu Gegenmaßnahmen zwingen könnte werden Ursachen, Faktoren und Symp- strategische Auseinandersetzung ge- und daher ein dauerhaftes Konfl iktpo- tome des Ukraine-Konfl ikts von den Au- worden, in der die auswärtigen Mächte tenzial in sich birgt. toren betrachtet, wird analysiert und den Ausgang des innerukrainischen nach möglichen Wegen aus der Krise Ringens in ihrem Sinn zu beeinfl ussen Im dritten Kapitel von „Kampf um die Uk- gesucht. versuchen“, schreibt Justenhoven be- raine“, das sich mit der Frage nach den reits in der Einführung des Bandes. Auswegen aus der Krise befasst, disku- Dabei ermöglicht die Unterteilung des tieren die Experten dementsprechend, Buchs in drei große Themenkomplexe Autoren wie Stefan Oeter, Felix Acker- welche Möglichkeiten und Strategien eine Annäherung an das Thema über mann oder Marek A. Cichocki zufolge, es geben könnte, um die Krise in der unterschiedliche Perspektiven, was der hat sich die Krise in der Ukraine über Ukraine und den sich darüber verhär- Vielschichtigkeit des Konfl ikts Rech- derartige Interessenkämpfe und Beein- tenden Konfl ikt zwischen Russland und nung trägt. Während im ersten Kapitel fl ussungen bereits zu einem hybriden dem Westen nicht weiter eskalieren zu gesellschaftliche und geschichtliche Krieg entwickelt, der durch Manipulati- lassen. Eine Besinnung auf die Minsker Narrative innerhalb des Konfl ikts in den on, Destabilisierung, Drohung und Pro- Abkommen (I. und II.), noch intensivere Blick genommen werden, widmet sich paganda Verteidigungsmechanismen OSZE-Vermittlungen oder weitere wirt- das zweite Kapitel den verschiedenen unterläuft, ohne direkt militärisch anzu- schaftliche Sanktionsmaßnahmen ge- geopolitischen Perspektiven und Inte- greifen – eine Entwicklung, die so in der gen Russland sind dabei nur einige der ressen in diesem Konfl ikt. Nicht nur Ukraine unterstellt werden kann. diskutierten Varianten, die allein zwar die russische und europäische Sicht- nicht zur Befriedung der Ukraine führen, weise werden dabei in diversen Bei- Prof. Dr. Stefan Oeter, der Direktor des aber Richtungen und Probleme anzei- trägen berücksichtigt, sondern auch Instituts für internationale Angelegen- gen, die für die weiteren politischen Wahrnehmungen und Deutungen aus heiten der Universität Hamburg und und diplomatischen Auseinanderset- Staaten wie Litauen und Polen, die Mitglied des Ständigen Schiedshofs zungen berücksichtigt werden müssen. sowohl gesellschaftlich als auch si- in Den Haag, betont in seinem Beitrag „Kampf um die Ukraine“ liefert somit cherheitspolitisch von dem Verlauf der jedenfalls, dass es sich bei der Anne- keinen strategischen Fahrplan aus der Krise beeinfl usst werden. Es ist ein ho- xion der Krim und der Machtübernah- scheinbaren Sackgasse des Konfl ikts, her Wert des Werkes, dass sich sowohl me in der Ostukraine durch Russland sondern setzt das Thema mit einer neu- der Herausgeber wie die Experten nicht nicht nur um einen Verstoß gegen das en politisch-ethischen Dringlichkeit auf nur kritisch mit der russischen Politik Gewaltverbot der UN-Charta, sondern die Tagesordnung der europäischen auseinandersetzen, sondern auch kri- auch gegen das Völkerrecht gehandelt und internationalen Politik. tisch auf die politischen Strategien von habe. Besonders heikel beurteilt der EU und USA blicken, die ebenfalls als Experte dabei, dass es sich nicht um Felizia Merten Katalysatoren des Konfl ikts betrachtet einen punktuellen Verstoß, sondern

14 Kompass 04I18 Kolumne Kolumne des Wehrbeauftragten

Gemeinschaft und Gesellschaft

Neulich war ich wieder bei einem Kampf- Aber eben nicht selten auch seelenlo- tes, günstiges Angebot zur Geselligkeit verband zum Truppenbesuch, dessen se „Lösungen“ eines Problems, das of- fi nden; dass der Dienst ohne Plan und Offi zierskasino geschlossen war, weil fenbar als etwas Äußeres, nicht eigent- Zwang nachbesprochen werden kann; das Personal aus den dort eingesetz- lich Bundeswehr-Spezifi sches gesehen dass immer wieder neue Leute ins Ge- ten Verpfl egungstrupps in großem Um- wird. Nicht jedes „moderne“ neue Trio- spräch miteinander kommen, einander fang Stunden abbauen musste. Der Gebäude ersetzt voll das, was vorher kennenlernen und Vertrauen zueinan- Pächter des Mannschaftsheims hatte einmal da war. der fassen. Das geht beim entspann- aus ökonomischen Gründen Knall auf ten Essen und Trinken genauso wie Fall hingeschmissen und zugemacht. Dabei sollte klar sein, Betreuung ist beim Sport in der Freizeit oder anderen Und warum die UHG geschlossen war, nichts Wesensfremdes, sondern Teil gemeinsamen Unternehmungen. habe ich vergessen. Wir tagten also, des militärischen Funktionszusammen- des Kaffeenachschubs wegen, vor hangs. Um es soziologisch auszudrü- Für viele Soldatinnen und Soldaten, dem Kasernenzaun in der „Oase“, die cken: Militär braucht beides, das Förm- gerade die kasernenpfl ichtigen jungen es hier Gott sei Dank noch gab und die liche, Zweckhafte, Vorschriftsmäßige, Mannschaften in den Kampfverbän- jetzt ihrem Namen alle Ehre machte. Rationale und genauso das Informelle, den, ist die Kaserne unter der Woche Zwischenmenschliche, Kameradschaft- ein zweites Zuhause. Je mehr älte- An vielen, zu vielen Stellen in der Bun- liche, Emotionale. Der große deutsche re Wochenendpendler hinzukommen deswehr ist die sogenannte „bewirt- Soziologe Ferdinand Tönnies hat es auf können (wenn sie das wollen), desto schaftete Betreuung“ ein Provisorium, die Formel „Gemeinschaft und Gesell- besser. Sie alle sollten Anspruch ha- eine Leerstelle, ein Ärgernis: zu kurze schaft“ gebracht – beides stiftet Zu- ben auf vielfältige, schöne Betreuungs- Öffnungszeiten, zu schmales Angebot sammenhalt, wo Menschen zusammen einrichtungen. Auch das trägt bei zur oder eben einfach zu. Gewiss, enga- wirken sollen und wollen. Attraktivität des Soldatenberufs, der gierte Zuständige der zentralen Verwal- eben doch ein bisschen anders ist als tung arbeiten an neuen Konzepten. Und Es ist im dienstlichen Interesse, dass alle anderen. ja, es gibt auch schöne Ensembles, gut junge Soldatinnen und Soldaten nach Dr. Hans-Peter Bartels sanierte Heimbetriebe und Kasinos. Dienstschluss in der Kaserne ein gu- Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages © KS / Doreen Bierdel

Kompass 04I18 15 Reportage vor Ort

„Was kommt nach dem Krieg? Die Suche nach Frieden“ Reportage vor Ort: Jörg Volpers © KS / Jörg Volpers

Die Gesellschaft Katholischer Publizis- Führungsakademie der Bundeswehr Unter der Moderation von Christoph ten Deutschlands e. V. (GKP) ist ein Zu- (FüAk) u. a. die Helmut-Schmidt-Univer- Strack (Deutsche Welle, Berlin) spra- sammenschluss von derzeit mehr als sität (HSU) Universität der Bundeswehr chen die ehemalige Parlamentarische 500 Medienschaffenden. Auf der Basis Hamburg, sowie des Migrationsbeauf- Staatssekretärin im Bundesministeri- des christlichen Glaubens trägt sie zur tragten der Deutschen Bischofskonfe- um für wirtschaftliche Zusammenarbeit Meinungsbildung in der Öffentlichkeit renz (DBK), Erzbischof Stefan Heße. und Entwicklung (BMZ) Karin Kortmann, bei, insbesondere im Zusammenhang stellvertretende Vorsitzende des Zent- mit Fragen des publizistischen Be- Podiumsdiskussion in der ralkomitees der deutschen Katholiken reichs. Ihre jährlichen Tagungen in ei- Katholischen Akademie Hamburg (ZdK) und der Deutschen Kommission ner deutschen Bischofsstadt enthalten Justitia et Pax sowie Konteradmiral immer einen Studienteil zu aktuellen Im Tagungshaus am „Michel“, der Carsten Stawitzki, Kommandeur der gesellschaftlichen, politischen oder evangelischen Hauptkirche St. Micha- Führungsakademie der Bundeswehr kirchlichen Themen. elis, und direkt neben dem „Kleinen (FüAk) in Hamburg, der zu diesem Zeit- Michel“, der katholischen St.-Ansgar- punkt Abteilungsleiter Ausrüstung im Bei der Jahrestagung Mitte März 2018 Kirche, hat die Katholische Akademie Bundesministerium der Verteidigung in der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg ihren Sitz. Ferner sind dort (BMVg) wurde. wurden so nicht nur das 70-jährige seit einigen Jahren auch zwei Einrichtun- Bestehen des katholischen Verbands gen des Katholischen Militärbischofs Statements gefeiert und Regularien wie die Vor- zu fi nden: das Institut für Theologie standswahlen durchgeführt, sondern und Frieden (IThF, vorher in Barsbüttel) Admiral Stawitzki, mit Herkunft aus auch einen Tag lang über „Was kommt und das Zentrum für ethische Bildung Ostpreußen, der die meiste Zeit bei nach dem Krieg? Die Suche nach Frie- in den Streitkräften (zebis). Der Leiten- der Marine verbracht hatte, erläuterte den“ diskutiert. Dieses Thema war de IThF-Direktor und Vorstand der Ka- zunächst die Aufgaben der FüAk, auch angelehnt an das Motto des Katholi- tholischen Friedensstiftung, Prof. Dr. im internationalen Kontext, sowie sei- kentags in Münster im Mai „Suche Frie- Heinz-Gerhard Justenhoven, war am ne Vita als „Kind des Kalten Krieges“. den“ und verbunden mit der weltweiten Ort der Jahrestagung des sicherheits- Er bezeichnete sich selbst als „Ge- Flucht-Problematik. Geprägt war die und migrationspolitischen Studientags waltexperten und Friedensdiener“ und Themenwahl durch den Ort: Hamburg zusammen mit einer Politikerin und benannte vier geschichtliche Zäsuren: als „Tor zur Welt“ und Sitz einiger Bun- einem hochrangigen Soldaten von der Das Ende des Dreißigjährigen Kriegs deswehr-Einrichtungen – neben der der GKP eingeladen worden. mit dem Westfälischen Frieden von

16 Kompass 04I18 1648, das Zeitalter der Aufklärung mit Soldaten, der Katholischen Militärseel- aufgabe: siehe z. B. in Bosnien nach

den „Preußischen Militärreformen“, sorge und des IThF gewünscht und si- dem Friedensabkommen von Dayton. Reportage vor Ort das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 chergestellt sei. Angesichts des Titels Vor allem könne „der Westen“ eine und das Ende des Kalten Krieges 1990. der Podiumsdiskussion „…nach dem neue, demokratische Verfassung nicht Hoffnung mache ihm: „Die Mensch- Krieg“ fragte sie, ob wir uns schon so überall aufoktroyieren. Lernschritte heit lernt doch aus der Geschichte, sehr an den Krieg gewöhnt hätten? Die müssten langsam gegangen werden. siehe das Grundgesetz von 1948.“ So katholische Politikerin wies auch auf Wenn Staaten aufzubauen seien, dürf- könne Deutschland auf einen Teil sei- die Gemeinsame Konferenz Kirche und ten nicht nur Ziele formuliert, sondern ner Souveränität verzichten, um „eine Entwicklung (GKKE) und ihre Rüstungs- müssten auch die notwendigen Mittel friedliche und dauerhafte Ordnung in exportberichte hin. Angesichts des bereitgestellt werden. „Wir brauchen Europa [das über die Europäische Uni- enormen Zerstörungspotenzials von ein Zueinander verschiedener Institu- on hinausreicht] und zwischen den Völ- Nuklearwaffen, die jetzt modernisiert tionen, in dem Soldaten bestenfalls kern der Welt“ herbeizuführen und zu werden sollen, müssten die Kirchen einen Beitrag von Stabilisierung leisten sichern. Weil die Streitkräfte nicht nur nicht nur für ein Verbot von biologi- können“, sagte der Theologe wörtlich. der Landesverteidigung, sondern laut schen und chemischen, sondern auch Grundgesetz „dem Frieden in der Welt von Atom-Waffen eintreten. Gruppenarbeit dienen“, gebe es seiner Auffassung nach auch viele internationale Teilneh- Der Friedensethiker Professor Jus- Der Nachmittag war anschließend ge- mer an den Lehrgängen der FüAk. tenhoven erinnerte daran, dass Krieg prägt durch Arbeit und Gespräche in schon längst verboten sei – völker- Kleingruppen: Gedanken zum „Leben Karin Kortmann hob hervor, dass bei rechtlich und juristisch. Den Frieden nach dem Krieg“ machte sich eine „Justitia et Pax“ auch die Mitarbeit von zu stiften sei oft eine Generationen- bekannte Familie, die aus Hamburg stammt: Wilfried „Willi“ Lemke, UN- Sonderbeauftragter für Sport a. D., zuvor in Bremen Senator und Fußball- manager; sein älterer Bruder Dietrich Lemke, pensionierter Schulleiter mit einem bewegten Berufsleben; und des- sen Tochter Eveline Lemke, stellver- tretende Ministerpräsidentin a. D. von Rheinland-Pfalz.

Über „Vom Krieg in die Seenot“ sprach Kapitän Stefan Schmidt, Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwande- rungsfragen des Landes Schleswig-Hol- stein. Und die RTL-Auslandsreporterin Antonia Rados stand für Fragen unter dem Motto „Zwischen den Fronten“ zur Verfügung.

Abgerundet wurde der Studientag durch einen Gottesdienst und ein Hin- tergrundgespräch der anwesenden ka- tholischen Journalisten und Öffentlich- keitsarbeiter mit Erzbischof Dr. Stefan Heße, der gerade von einem Fachge- spräch der DBK-Migrationskommission aus Berlin zurückgekehrt war und an diesem Tag seit genau drei Jahren in Hamburg die Ortskirche leitete. © KS / Jörg Volpers (2)

Kompass 04I18 17 Aus der Militärseelsorge

100. Akademiegespräch in München: „Tradition suchen oder

© KS / Josef König (3) Tradition schaffen?“

Seit 1967 diskutieren Offi ziere aus chen Stiftung öffentlichen Rechts, lei- darum geht, Tradition zu suchen – oder Süddeutschland an der Katholischen tete Dr. Florian Schuller erstmals das Tradition zu schaffen? Er rückte seine Akademie in Bayern über Glaube, Ethik Akademiegespräch am 20. März 2001 Einlassungen als Historiker in die Ge- und Politik. mit dem damaligen Militärbischof Dr. schichtspolitik der Bundeswehr und der Walter Mixa (Eichstätt), der mit Prof. militärischen Erinnerungskultur im 21. Die Akademiegespräche mit Offi zieren Dr. Peter J. Opitz, Professor für Politik- Jahrhundert. Dabei nahm er in seinem aus Bundeswehr-Standorten in Süd- wissenschaft am Geschwister-Scholl- Vortrag mehrmals Bezug auf Aussa- deutschland an der Katholischen Aka- Institut für Politische Wissenschaft der gen, die im neuen Regelungserlass der demie blicken inzwischen auf eine lan- Ludwig-Maximilians-Universität Mün- Bundesministerin der Verteidigung zur ge Geschichte zurück. Sie begannen chen, zu Fragen einer zukünftigen Si- zukünftigen Traditionspfl ege in der Bun- am 9. November 1967, an dem der cherheitspolitik vortrug. Dies geschah deswehr wiederzufi nden sind. katholische Sozialethiker und Theolo- im Kontext des Hirtenworts der Deut- ge Walter Kerber SJ – gerade auf den schen Bischöfe „Gerechter Friede“, Dank und Abschied Lehrstuhl für Ethik und Sozialwissen- das am 27. September 2000 veröffent- schaften an die Hochschule der Jesui- licht worden war. Am Ende des 100. Akademiegesprächs ten für Philosophie in München berufen bedankten sich Persönlichkeiten aus – vor den Offi zieren aus dem damali- „Bundeswehr und militärische der Militärseelsorge in Bayern bei Dr. gen Wehrbereich VI über die Grundzüge Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert“ Florian Schuller, dem scheidenden Di- und Problematik der Enzyklika „Popul- rektor der Akademie: an erster Stelle orum Progressio“ vortrug. Papst Paul Zeitnah zum Inkrafttreten neuer Richtli- der derzeitige Leiter des Militärdeka- VI. hatte diese im vierten Jahr seines nien zur Tradition und Traditionspfl ege nats München, Leitender Militärdekan Pontifi kats, zu Ostern, 26. März 1967, in der Bundeswehr, die die seit 1982 Artur Wagner, und der Vorsitzende veröffentlicht. Bischof Franz Hengsbach gültigen ablösen, referierte am 13. des Katholikenrats beim Katholischen (Essen) war seinerzeit Militärbischof März der ehemalige Direktor des Bay- Militärbischof, Oberstleutnant Gereon und Dr. Martin Gritz sein Generalvikar. erischen Hauptstaatsarchivs und spä- Gräf. Für den GKS-Kreis München über- Die Militärseelsorge in Bayern verant- tere Generaldirektor der Staatlichen reichte auch Hauptmann Stefan Nüßle wortete Monsignore Michael Seitz als Archive Bayerns, Prof. Dr. Hermann ein Geschenk. Schuller, der eigenen zuständiger Wehrbereichsdekan VI. Die Rumschöttel, vor gut 250 Offi zieren in Angaben zufolge insgesamt 25 Akade- Katholische Akademie Bayern leitete dem bis auf den letzten Platz gefüllten miegespräche mit Offi zieren aus Süd- zu diesem Zeitpunkt und noch über 30 Plenum der Akademie. Rumschöttel deutschland seit seiner Verantwortung Jahre bis zum Jahr 2000 deren Direk- ist zugleich Honorarprofessor für Ge- als Direktor leitete, wird zum Ende des tor, Prälat Franz Henrich. schichte an der Universität der Bun- Jahres die Akademieleitung abgeben deswehr in Neubiberg bei München. und in den Ruhestand treten. Nach dem Wechsel an der Spitze der Er ging in seinem rund einstündigen Katholischen Akademie, einer Kirchli- Vortrag der Frage nach, ob es vorrangig Josef König

18 Kompass 04I18 Die vielen Gesichter Gottes III: GEHEIMNIS Kompass Glauben Kompass

Eine 90-jährige Bäuerin sagte einmal einem Krankenhaus- seelsorger, dass sie ihre Gebete gewöhnlich so beginne: „Lieber Gott, wer immer du bist …“ Während manche Men- schen so von Gott reden, als würden sie sich jeden Tag mit ihm am Gartenzaun unterhalten, war es dieser Frau wichtig, offen zu lassen, wer er ist – und ihn trotzdem als „lieben Gott“ anzusprechen.

Vielleicht hat sie intuitiv etwas gespürt, was das IV. La- terankonzil (1215), so ausgedrückt hat: „Wir glauben und bekennen, dass es eine höchste Wirklichkeit gibt, und zwar eine unbegreifl iche und unaussprechliche.“ Demnach ist © Wikimedia / Holger.Ellgaard CC-BY-SA-3.0 Die Hand Gottes (Carl Milles) trägt den Menschen, Gott ein Geheimnis. Allerdings nicht in dem Sinn, dass er auch wenn er sie nicht sieht. geheim zu halten oder noch nicht entdeckt oder rätselhaft wäre, sondern im Sinne einer Wirklichkeit, die wesentlich es nicht aus eigener Erfahrung. Wir können es gerade noch unbegreifl ich ist. an-denken, aber nicht voll begreifen. Damit übersteigt die Annahme einer höchsten Wirklichkeit unsere Vernunft, wi- Warum soll Gott prinzipiell unbegreifl ich sein? Weil er als derspricht ihr aber nicht. Urgrund und Schöpfer in seiner unendlichen Lebensfülle nur von sich selbst, nicht aber von einem geschaffenen, Gleiches gilt für andere Eigenschaften, die wir von Gott endlichen Geist voll erkannt werden kann. Kein Mensch aussagen. Erst recht ist dies zu beachten, wenn wir Gott kann von ihm sagen: „Ich kenne alles Wesentliche über ihn mit sinnbildlichen Ausdrücken wie König, Herr oder Vater aufgrund meiner Erfahrung mit mir selbst.“ Er würde damit ansprechen. Das erwähnte Laterankonzil mahnt eindring- Gott zu einem Menschen herabstufen, der nur Eigenschaf- lich: „Zwischen Schöpfer und Geschöpf kann keine noch ten hat wie wir, wenn auch quantitativ zum Übermenschen so große Ähnlichkeit erkannt werden, dass zwischen ihnen gesteigert. Der Mensch kann nichts aus Nichts erschaffen nicht eine je größere Unähnlichkeit festzustellen ist.“ Die- wie Gott; er war auch nicht vor aller Zeit. Der Dichter Franz se Warnung vor einer Vermenschlichung Gottes will unser Grillparzer sagt zu Recht: „Geläng’ es mir, des Weltalls Nachdenken über ihn nicht lähmen, sondern befl ügeln. Grund, / somit auch meinen, auszusagen, / so könnt’ ich Wenn der große Theologe Augustinus schreibt: „Wenn auch zur selben Stund / mich selbst auf meinen Armen du’s begreifst, dann ist es nicht Gott; wenn du’s begreifen tragen.“ konntest, so hast du etwas anderes für Gott gehalten, dich durch dein Denken täuschen lassen“, will er den Leser zu Bedeutet dies nun, dass wir überhaupt nichts von ihm einem angemesseneren Denken animieren, das voller Be- begreifen können und nicht über ihn nachzudenken brau- wunderung erkennt: „Gott ist je größer.“ Größer, als wir chen? Keineswegs. Die Einsicht, dass Gott buchstäblich ihn denken können. Es gehört zum Geist der Moderne, an „nicht zu fassen“ ist, will gerade zu immer neuem Überle- Grenzen zu gehen. Ist es nicht die lohnendste, vornehms- gen anregen. te Herausforderung, mit der Vernunft immer wieder an die Grenze dessen zu gehen, was wir denken können, an das, Wenn wir nach dem letzten Woher des Lebens und der im Vergleich zu dem „nichts Größeres gedacht werden Welt fragen, können wir diesem Urgrund Eigenschaften wie kann“ (Anselm von Canterbury)? mächtig, weise, gütig und gerecht zuschreiben, wie es Bi- bel und Kirche reichlich tun. Diese Aussagen lassen sich Gott ist ein Geheimnis, das unseren Geist anzieht. Eines, gut begründen, allerdings ist zu beachten, dass sie nicht vor dem man nicht den Kopf schütteln muss, sondern be- eins zu eins auf den Schöpfer zutreffen, sondern nur im kennen kann: „Der selige und einzige Herrscher, der in Sinne einer Ähnlichkeit, einer Analogie. Beispielsweise ist unzugänglichem Licht wohnt, den kein Mensch gesehen das Mächtigsein Gottes qualitativ anders als das eines hat noch je zu sehen vermag: Ihm gebührt Ehre und ewige Menschen, ist er doch die Erstursache, die die (begrenz- Macht. Amen“ (1. Timotheusbrief 6,16). te) Macht von Natur und Mensch als Zweitursachen über- haupt ermöglicht. Auf dieses radikale Ermöglichen stoßen Prof. Dr. Bernhard Grom SJ, wir bei unserem Nachdenken über Gott, aber wir kennen Hochschule für Philosophie München

Kompass 04I18 19 Was Menschen wirklich würdigt:

De͡ ·mut eine österliche Tugend Teil I: Die politische Vorgabe zum LKU „Ich bin nicht wegen Willy Brandt in die Politik gegangen, nicht wegen der Friedens- oder Ökologiebewegung. Ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen“, so der neue Außenminister Heiko Maas bei seiner Antrittsrede im März 2018. Ein bemer- kenswertes Wort, das einlädt, darüber nachzudenken, was die Grundmotivation einer Politik sein kann, die nach innen wie nach außen Frieden sucht. „Nie wieder!“ eine solche Demütigung des Menschen, das hatten sich damals die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes geschworen. Aus dieser bitteren und äußerst leidvollen Erfahrung formten sie in Demut die Grundlage unserer Verfassung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Die moralische Tiefendimension derselben, niedergeschrieben im Artikel 1.1 unseres Grundgesetzes, kommt jedoch erst dann gesellschaftlich zum Tragen, wenn man sich umfassend der systematischen und massenhaften Vernich- tung der Menschen, insbesondere der Juden erinnert und sich die unsägliche Beschämung der ganzen Menschheit durch den Nationalsozialismus bewusst macht. „Auschwitz“ sollte also nicht nur die politische Führung berühren, „Auschwitz“ sollte allen gegenwärtig sein, denn durch nichts wurde die ge- samte Menschheit derart beschämt wie durch die Shoa.

Wie können wir nun in Deutschland dieser weitreichenden Erinnerungs-Verant- wortung in Zukunft nachgehen, unsere Empörung gegenüber menschheitsbe- schämenden Entwicklungen hochhalten?

Die historische Ausgangslage Nachkriegsdeutschlands formuliert den funda- mentalen Anspruch, dass die ursprünglich ins Grundgesetz eingewobene Po- litik in jedem Fall eine „Politik der Demut“ und keine „Politik der Demütigung“ ist. Die Historikerin Ute Frevert zeigt in ihrem beeindruckenden Werk „Die Poli- tik der Demütigung: Schauplätze von Macht und Ohnmacht“ sehr anschaulich die bis heute gängige politische Praxis und deren beschämende Folgen für die Menschheit auf, beleuchtet des „Kaisers alte und neue Kleider“. Frevert belegt nicht nur, dass weltweit immer noch das mit der Demütigung einhergehende Gefühl der Scham zum Mittel der Macht missbraucht wird, vielmehr stellt sie auch fest, dass mittlerweile in bedenklicher Weise „nicht mehr der Staat be- schämt und demütigt, sondern die Gesellschaft.“

Ist es da nicht an der Zeit, dieser unsäglichen Beschämungspraxis endlich eine klare Absage zu erteilen? Wäre es nicht ein erster wichtiger Schritt, sich des eigentlichen Anspruchs unserer Verfassung zu erinnern, „in einem ver- Teil II einten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“ (Präambel GG), indem wir in „Eine soldatische Deutschland eine Politik der Demut wagen? Tugend?„ folgt Angesichts der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, die sehenden Auges in der Mai- zunehmend in die „Narzissmusfalle“ (Reinhard Haller) hineinsteuert, ermahnt Ausgabe. gerade „Auschwitz“ zur Ein- und Umkehr, fordert uns auf, nicht ein überhöh- tes Selbst, sondern vor allem den Frieden zu suchen. Christen übrigens, die „Schalom“ suchen, können hier auf eine jahrtausendealte bewährte Tradition schauen und dadurch erkennen, was „Ostern“ vorausging, als ihr „Entschä- mer“ Jesus in österlicher Demut nicht nur all ihre Sünde und Schuld, sondern auch ihren Schmerz und Ekel, ihre Angst und Scham in Liebe auf sich nahm, sogar sein Leben dafür gab: „Er war Gott gleich, / hielt aber daran nicht fest … / und wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / … er erniedrigte sich / und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz …“ (Bibel, Brief an die Philipper 2,6–8) Franz J. Eisend Wissenschaftlicher Referent, KMBA 20M Kompass 04I18 Ein Freund der Nachruf Militärseelsorge Zum Gedenken an Kardinal Lehmann (1936–2018)

Als das Katholische Militärbischofsamt 1973 den noch recht jungen, gleichwohl vielbeschäftigten Freiburger Theo- logieprofessor Dr. Dr. Karl Lehmann anfragte, ob er für die Gesamtkonferenz der Katholischen Militärseelsorge als Referent zur Verfügung stünde, soll dieser spontan geant- © KMBA 2003 / Johannes Schlössinger wortet haben: „Eigentlich wollte ich grundsätzlich nichts Militärgeneralvikar Dr. Ernst Niermann (+ 2011) mehr annehmen. Aber: Die Militärpfarrer haben’s ja auch im Gespräch mit Karl Kardinal Lehmann nicht leicht. Zu denen komm ich!“ Ausführlich und mit theologischem Tiefgang erörterte er in seinem Vortrag vor den Militärseelsorgern (der nur als Tonbandaufnahme im Mittelpunkt stand für ihn, wenn es darum ging, Militärseel- Archiv überliefert ist) die Frage nach der Unfehlbarkeit im sorge zu begründen, die klare Einsicht: „Das Evangelium Dogma und Lehramt der Kirche. Dabei nahm er eine ver- ist für die ganze Welt bestimmt, auch für die Soldaten.“ mittelnde Position zwischen der pointierten Kritik von Hans Denn: „Das Evangelium wäre verraten, wenn wir in Distanz Küng und der vatikanischen Lehrmeinung ein, indem er blieben und unsere Begleitung verweigerten“, so Bischof dazu aufforderte, das Charisma der Unfehlbarkeit nicht als Lehmann 1991 im Mainzer Dom. Besitz der Kirche, sondern als etwas zu verstehen, auf das die Kirche vertrauen und um das sie bitten müsse. Leh- Seelsorge in der Bundeswehr bedeutete für Lehmann in mann erwies sich schon damals als Vermittler zwischen erster Linie Wegbegleitung und Offenheit für die Fragen konträren Positionen. In seinen späteren Ämtern als Bi- und Zweifel der Menschen. Er verstand sie stets als wichti- schof von Mainz (1983–2016) und als Vorsitzender der gen Teil der Gesamtseelsorge. Angesichts der historischen Deutschen Bischofskonferenz (1987–2008) kam diese Erfahrung zweier Weltkriege, in denen die Militärseelsorge Fähigkeit, verbunden mit seiner tiefen Menschenfreund- die Tendenz zu einem problematischen Eigenleben und zu lichkeit, vollends zum Tragen. großer Staatsnähe hatte, unterstrich er die Notwendigkeit einer offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit der „Das Evangelium ist für die ganze Welt bestimmt, Militärseelsorge mit den Bistümern und Ordensgemein- auch für die Soldaten.“ schaften. Konkret wies er wiederholt darauf hin, dass die Lehmann war nie Militärpfarrer und nie Soldat. Den Zwei- Diözesanbischöfe dem Militärbischof genügend Seelsor- ten Weltkrieg hatte er noch bewusst miterlebt, wenn die ger zur Verfügung stellen müssten. Familie in den Luftschutzkeller fl iehen musste. Die „ge- walttätige Stimme von Hitler“, die er als Sechsjähriger im 2011 gratulierte Lehmann dem neu ernannten Militärbi- Radio während der Schlacht um Stalingrad vernahm, blieb schof Franz-Josef Overbeck. Er schloss das Schreiben an ihm, wie er in einem Interview bekannte, im Gedächtnis seinen eine Generation jüngeren Amtsbruder mit den Wor- haften. Obwohl ihn sonst kaum etwas mit dem Militär ten: „Ich freue mich, dass Du diese Aufgabe übernommen verbunden haben dürfte, war er der Militärseelsorge über hast, auch wenn es nun mehr Arbeit bringt. Du kannst auf Jahrzehnte hinweg in höchstem Maße wohlgesonnen. Im- die Hilfe vieler vertrauen.“ Kardinal Lehmann gehörte zu mer wieder begründete er diese Verbundenheit in grund- denen, auf die man nicht nur in der Militärseelsorge ver- sätzlichen Stellungnahmen zur Militärseelsorge im Rah- trauen konnte. Dieses Verdienst des am 11. März 2018 men des Verhältnisses von Staat und Kirche. Beide hätten im Alter von 81 Jahren verstorbenen großen Kirchenmanns jeweils ihren eigenen, unabhängigen Auftrag, sollten aber gilt es neben vielem anderen zu würdigen. in gemeinsamer Verantwortung stehen. Dabei dürfe „der religiöse Anspruch in keinem Fall zum bloßen Mantel be- Dr. Markus Seemann stimmter politischer Forderungen pervertiert werden.“ Im Leiter des Archivs des Katholischen Militärbischofs M Kompass 04I18 21 Weltfriedenstag in Hamburg

Seit knapp einem Jahr ist Horst Eberlein Weihbischof im Erzbistum

Aus der Militärseelsorge Hamburg. Aus seiner Zeit als Propst in Schwerin ist ihm die Tradition der katholischen Weltfriedenstage vertraut. So ließ er sich nicht lan- ge bitten, als der Katholische Leitende Militärdekan Kiel, Monsignore Rainer Schadt, ihn zu einem Pontifi kalamt mit den Soldatinnen und Soldaten im nördlichen Teil des großräumigen Dekanats einlud. Rund 100 Uniformierte kamen am 28. Februar 2018 bei lausiger Kälte und trotz verschneiter Straßen in der Blankeneser Kirche „Maria Grün“ zu- sammen, unter ihnen auch internationale Lehrgangsteilnehmer an der benachbarten Führungsakademie (FüAk) der Bundeswehr in Hamburg.

Weihbischof Eberlein ermutigte die Soldatinnen und Soldaten, ihren Dienst als Friedensdienst zu begreifen und aus der Verwurzelung im Glauben heraus in allen Bereichen für die Gerechtigkeit zu wirken. Am Beispiel eines Oscar-nominierten Films, der auf einer historischen Be- gebenheit beruht, zeigte er auf, wie die Religionen den Terrorismus ins Leere laufen lassen, wenn sie nur mutig und konsequent zusammen- stehen.

Beim anschließenden Empfang im Beck-Saal der Clausewitz-Kaserne konnte der Leitende Militärdekan Msgr. Schadt unter zahlreichen Gäs- ten neben den Kommandeuren der FüAk, des Landeskommandos Ham- burg und der Unteroffi zierschule der Luftwaffe Appen auch Vertreter der Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg, begrüßen.

Konteradmiral Carsten Stawitzki, Kommandeur der FüAk, machte in sei- ner Ansprache darauf aufmerksam, dass es für Außenstehende fremd- artig wirken müsse, wenn Kirche und Militär sich derart eng verbinden, wie es in der Feier des Gottesdienstes vor den Toren der Kaserne und der damit verbundenen Begegnung innerhalb derselben zum Ausdruck komme. Damit griff er den Spagat zwischen der christlichen Friedens- botschaft der Bergpredigt und dem soldatischen Dienst auf. In seiner früheren Verwendung als Kommandeur in Mürwik ist ihm eine Inschrift im Rundbogenfenster über dem dortigen Hauptportal in Erinnerung, die noch aus kaiserlichen Zeiten stammt: „Den Frieden zu wahren, gerüs- tet zum Streit, mit fl atternden Fahnen, im eisernen Kleid, so tragt deut- sche Schiffe, von Meere zu Meer, die Botschaft von Deutschland, den Frieden umher.“ Dem Frieden verpfl ichtet – das sei, bei allen Gratwan- derungen durch die aktuellen Gefährdungen, das verbindende Moment von militärischem Dienst und christlicher Lebensführung. Der Admiral schloss seine Ausführungen mit zwei Zeilen aus dem Choral von Leu- then: „Der ewigreiche Gott woll uns in unserm Leben / ein immer fröh- lich Herz und edlen Frieden geben.“

Im Anschluss an die Ansprachen überreichte Kapitän zur See Michael Setzer die Medaille der Freien und Hansestadt Hamburg für geleistete Auslandseinsätze an Militärpfarrer Pater Dr. Peter Henrich OP für seine Teilnahme am Marineeinsatz SOPHIA im Jahr 2017.

Pfarrhelfer Johannes Neuhaus aus Oldenburg wurde vom Leitenden Mi- litärdekan zum 25-jährigen Dienstjubiläum mit einer Urkunde geehrt. © FüAk Bw Hamburg / Katharina Roggmann (4) Bernward Mezger

22 Kompass 04I18 Gespräch der Militärbischöfe mit Bundespräsident Steinmeier

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte den Katholischen Militärbischof für

die Deutsche Bundeswehr, Dr. Franz-Josef Aus der Militärseelsorge Overbeck, und den Evangelischen Militär- bischof, Dr. Sigurd Rink, zu einem Hinter- grundgespräch ins Schloss Bellevue einge- laden.

Es war die erste Begegnung im kleinen Kreis. In dem vertraulichen Gespräch ging es vor allem um die Aufgaben der Militär- seelsorge und um Fragen der Begleitung von Soldatinnen und Soldaten in den Ein- sätzen der Bundeswehr. © Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Steffen Kugler

Familienwochenende zur Fastenzeit am Möhnesee

Der Aschermittwoch war gerade zwei Tage her, als sich Das Familienwochenende fand am Sonntag seinen würdigen einige Familien des Katholischen Militärpfarramts Köln II Höhepunkt und Abschluss mit der Feier einer Heiligen Messe, zum Innehalten, Nachdenken und Erholen im Heinrich-Lüb- die von Militärdekan Kramer gemeinsam mit Pater Willi in der ke-Haus der KAB in Möhnesee-Günne trafen. Sie folgten vollen Hauskapelle zelebriert wurde. dem Ruf von Militärdekan Heinrich Kramer, die Fastenzeit unter dem Motto „Wüstenerfahrungen“ entsprechend Allen Teilnehmern gefi el es sehr gut und sie wollen wieder zu dem Evangelium des 1. Fastensonntags zu beginnen. solchen Familienwochenenden kommen. Auch wenn man ger- ne mehr Familien dabeigehabt hätte, so verlebte auch diese Wüstenerfahrungen kleine Gruppe eine tolle Zeit im Heinrich-Lübke-Haus. Nachdem am Freitagabend ein Kennenlernen mit Spielen stattfand, traf man sich am Samstagmorgen, um über Wolfgang Sunder Wüstenerfahrungen zu sprechen. Durch das Evangelium nach Matthäus zur Versuchung Jesu (Mt 4,1–11) fand man den Einstieg ins Thema. Darin heißt es, dass Jesus in die Wüste geführt wurde und dort 40 Tage und Nächte gefastet hat.

Erholung Natürlich kam an diesem Wochenende auch der Freizeit- anteil nicht zu kurz. So waren die Abendstunden von (4) kurzweiligen Gesprächen in der Hude-Klause und von sportlichen Aktivitäten in den Freizeiteinrichtungen des mann gg Heinrich-Lübke-Hauses geprägt. o R na i Zeit zum Besinnen ar th

a Selbstverständlich gehörten auch das tägliche Morgen- K

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und Abendlob, das vom Hausgeistlichen, Redemptoristen- g

ur pater Willi Heck, besonders zur Freude der Kinder gehalten b wurde, dazu. am H w B

Ausmessen von Kirchenfenstern mit der „Soester Elle“ © Wolfgang Sunder FüAk

bei einer erlebnisreichen Führung durch die historische © Altstadt und den Dom St. Patrokli

Kompass 04I18 23 „Morgens fünf

Aus dem Archiv Erschießungen“

Abbé Franz Stock (1904–1948)

ie Tagebucheinträge von Franz Stock sind überwie- gend knappgehalten. Gleichwohl war der Terminplan

D Quelle: AKMB WmS 106 des deutschen Seelsorgers in dicht gefüllt. Gottes- dienste, Religionsunterricht, Vorträge, Recherchen für eine historische Dissertation, Kunststudien, Gefangenenbesu- Quelle: obs / ZDF che – und immer wieder Teilnahme an Exekutionen. Mal wurde einer, mal wurden fünf, mal zwanzig an einem Tag hingerichtet. verliebt. Die Teilnahme an einem internationalen demokra- tischen Friedenskongress 1926 war für den 21-jährigen Pa- Beistand für Hunderte von Widerstandskämpfern derborner Theologiestudenten, Sprössling einer einfachen Franz Stock war für sie da, über quälende Stunden hin- Arbeiterfamilie aus Neheim im Sauerland, der Auslöser weg, in der Zelle, auf der Fahrt zum Erschießungsplatz – im gewesen. In Zeiten, die vom Bild des „Erbfeinds“ geprägt Lastwagen auf ihren Särgen sitzend –, bis zu ihrem letzten waren, konnte er es durchsetzen, drei Semester seines Atemzug. Bei ihm konnten sie die Beichte ablegen, er reich- Theologiestudiums in Paris zu absolvieren. Er perfektionier- te ihnen die Kommunion, spendete Trost und übermittelte te sein Französisch, lernte aber kurz darauf ebenso eifrig Grüße, letzte Wünsche und persönliche Erinnerungsstücke Polnisch, da er als Kaplan in Dortmund eine Gemeinde mit an die Angehörigen. Oder er diskutierte mit ihnen offen polnisch-stämmigen Bergleuten zu betreuen hatte. über die Existenz Gottes und die kommunistische Weltre- volution, wenn sie jeglichen religiösen Beistand ablehnten. 1934 wurde er Rektor der deutschen katholischen Aus- Über 800 Todeskandidaten waren es innerhalb von zwei- landsgemeinde in Paris. Die deutsch-französische Verstän- einhalb Jahren, die Franz Stock, ab Juni 1941 mit offi zi- digung lag ihm nach wie vor am Herzen, auch wenn sich ellem Auftrag als Standortpfarrer im Nebenamt in Paris, die politischen Umstände gewandelt hatten. Kunst und begleitete. Verurteilt wurden sie in fragwürdigen Prozessen Kultur dienten ihm als Ansatzpunkt, die Nachbarvölker wie- von Gerichten der Deutschen Wehrmacht. 520 Hingerich- der einander näher zu bringen. Paris war inzwischen auch tete sind dank ihm namentlich bekannt. Gläubige und we- zu einem Treffpunkt deutscher Exilanten geworden. Die niger gläubige Katholiken, Protestanten, Juden, Atheisten. deutsche Gemeinde unterstützte sie unabhängig von der Die meisten von ihnen Franzosen, aber auch einzelne Deut- Konfession, nicht wenige der Gefl ohenen waren Juden. Mit sche, Belgier, Ungarn, viele junge Menschen, manche noch der deutschen Kriegserklärung 1939 wurde Stock durch keine zwanzig Jahre alt, viele von ihnen Widerstandskämp- die Botschaft nach Deutschland zurückgeschickt. Ein Jahr fer oder andere, die mit dem deutschen Besatzungsregime später kehrte er in seine Gemeinde zurück, fand diese al- in Konfl ikt geraten waren. Die meisten hauchen wortlos ihr lerdings sehr verändert vor. Infolge der französischen Nie- Leben am Erschießungspfahl aus; einer stirbt mit dem Ge- derlage hatten hier jetzt die NS-Machthaber das Sagen. sang des „Ave Maria“ auf den Lippen, manch anderer ver- Franz Stock unterhielt ein vertrauensvolles Verhältnis zum fl ucht seine Peiniger oder schreit: „Lang lebe Stalin!“ Wenn deutschen Botschafter, auch wenn dieser NSDAP-Mitglied man das Tagebuch Franz Stocks zwischen den Zeilen liest, und Teil der Besatzungsregimes war. Er gab sich loyal ohne wird deutlich, so der Historiker Étienne François, dass alle, politisch zu werden. Allein dadurch konnte er es vermei- die Stock begleitet hat, von ihm als vollwertige Menschen den, denunziert zu werden. Sein Einsatz für die Gefange- wahrgenommen wurden, „ungeachtet ihres Alters, ihrer nen auf persönlicher Ebene war indes groß. Er rechtfertig- Herkunft, ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder te ihn gegenüber dem Regime mit dem Argument eines ihrer Aktivitäten im Widerstand.“ propagandistischen Wertes der Einzelseelsorge: Man wolle den Franzosen zeigen, „dass wir keine Barbaren sind.“ In Frankreich verliebt Ausgesucht hat sich Franz Stock die Aufgabe des „Seel- Der Christ muss zum Skandal werden sorgers in der Hölle“, wie er später genannt wurde, nicht. 1944 geriet Stock in Kriegsgefangenschaft, in ein US-ame- Seine Motivation nach Frankreich zu gehen war zunächst rikanisches Lager für deutsche Gefangene in Cherbourg in einmal eine ganz andere. Er hatte sich quasi in Frankreich der Normandie. Für ihn persönlich muss es sich wie eine

24 Kompass 04I18 Mutige Zeugen

Beispielhaft werden hier historische Persönlich- keiten vorgestellt, die mutig für andere und für ihre christliche Überzeugung eingetreten sind. Über Befehl und Gehorsam stellten sie ihr Ge-

wissen. Dafür haben sie persönliche Nachtei- Aus dem Archiv le – bis hin zum Tod – in Kauf genommen. Sie alle waren im militärischen Umfeld tätig, mit- unter standen sie in engem Kontakt zur Katholi- schen Militärseelsorge. Gerade in Zeiten, in de- nen in der Bundeswehr viel über Traditionswürdig- keit diskutiert wird, erscheint es angebracht, an Menschen wie sie zu erinnern. Quelle: AKMB, WmS 106 Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des Katholischen Standort- pfarrers im Nebenamt Franz Stock für das 2. Quartal 1944

Befreiung angefühlt haben. Seine Tagebucheinträge sind Die 2017 in einer Edition erschienenen Aufzeichnungen jetzt keine nüchterne Wiedergabe von Namen und Ereignis- Franz Stocks geben nur einen Bruchteil dessen wieder, sen, sondern persönlich und lebendig gehalten. Die ameri- was er während des deutschen Besatzungsregimes in Pa- kanischen Militärseelsorger akzeptierten ihn als Kollegen. ris für die ihm anvertrauten Menschen geleistet hat. Von Seitens der französischen Kriegsgefangenenseelsorge bat den von ihm Betreuten hatten nur wenige die Chance, man ihn, die Leitung eines Seminars für kriegsgefangene ihre Erinnerungen festzuhalten. Einer von ihnen war der deutsche Theologen zu übernehmen. Er entsprach dieser überzeugte Katholik Edmond Michelet, Angehöriger der Ré- Bitte und verzichtete damit auf eine Entlassung aus der sistance, Häftling im Konzentrationslager Dachau, später Gefangenschaft und eine Rückkehr in die Heimat. In dem Staatsminister unter Charles de Gaulles. Er schrieb über anfangs in Orléans, ab August 1945 bei einge- den Seelsorger, den er vor seiner Deportation kennenge- richteten „Stacheldrahtseminar“ absolvierten etwa 900 lernt hatte: „Niemals fragte sich Franz Stock: ist das ein deutsche Priesteramtsanwärter, manche noch nicht voll- Deutscher oder ein Franzose? Ist er christlich, jüdisch oder jährig, unter Gefangenenbedingungen ihre theologischen ungläubig? Ist er unschuldig oder schuldig? Ihm stellte sich Studien. Die ehemaligen Wehrmachtsoldaten hatten nicht eine einzige Frage: Braucht er mich? Wie kann ich seine nur eine religiöse, sondern auch eine politische Mission: Leiden lindern?“ Sie sollten nach dem Willen der Franzosen Multiplikatoren für demokratisches Bewusstsein in einem neuen Deutsch- Hochrangige Politiker von bis Emmanuel Ma- land werden. Regens Franz Stock, der für sie wie ein Vater cron haben im Kontext der deutsch-französischen Ver- war, zeichnete in seiner Abschlussrede 1947 angesichts söhnung Franz Stock gewürdigt. 2009 wurde in seinem des vorausgegangenen Zivilisationsbruchs ein recht düste- Heimatbistum ein Seligsprechungsverfahren er- res Bild der Gesellschaft. Es habe sich gezeigt, dass kein öffnet. Am 25. Februar 2018 wurde anlässlich seines 70. Staat, keine Nation und keine Partei eine ideale Gemein- Todestags in Neheim ein Pontifi kalamt gefeiert, das vom schaft hervorbringen könnten. Stock trat für ein unbeque- ZDF übertragen wurde. In Frankreich ist er heute bekannter mes und mutiges Christentum ein: „Selbst in der Masse als in Deutschland. Der Platz der Hinrichtungen auf dem muss der Christ auffallen, anstoßen, zum Skandal werden, Mont Valérien bei Paris, ein nationaler Gedenkort des Wi- denn gerade mit diesem skandalösen Schock beginnt das derstands, erhielt 1990 den Namen „Place de l’Abbé Franz Apostolat.“ Stock“. Papst Johannes XXIII., vormaliger Nuntius in Paris, prägte den Satz: „Franz Stock ist nicht nur ein Name – er Für andere aufgezehrt ist ein Programm!“ Nur wenige Monate nach der Aufl ösung des Stacheldraht- Dr. Markus Seemann seminars und nach seiner Ernennung zum Ehrendoktor Leiter des Archivs des Katholischen Militärbischofs der Universität Freiburg starb der an Herz und Lunge ge- schwächte Franz Stock am 24. Februar 1948 in einem kommunistisch verwalteten Pariser Krankenhaus im Alter Aktueller Hinweis: In der Kapelle der Kaiser-Wilhelm- von nur 43 Jahren. Letztlich hatte er seine eigene Gesund- Gedächtnis-Kirche in Berlin ist vom 2. bis 29. April 2018, heit für andere aufgezehrt. Seelsorgerlichen Beistand hatte täglich 13 bis 19 Uhr, eine Ausstellung über er in seiner Todesstunde keinen. Franz Stock zu sehen.

Der Text stützt sich vor allem auf: Jean-Pierre Guérend (Hrsg.), Franz Stock. Wegbereiter der Versöhnung. Tagebücher und Schriften. Mit einer Einleitung von Prof. Étienne François. Aus dem Französischen von Andreas Förster, 2017. Im Elternhaus von Franz Stock in Arnsberg-Neheim befi ndet sich heute die Gedenkstätte Abbé Franz Stock. Nähere Informationen über ihn fi nden sich auf der Internetseite des Franz-Stock-Komitees unter www.franz-stock.org.

Kompass 04I18 25 Ostern für Zweifl er

Auf ein Wort ie Ostererzählung des Evangelisten Markus ist mir per- Glauben Sie nicht zu schnell an Dsönlich die liebste. Sie ist menschlich. Die Frauen am die Auferstehung! Grab Jesu sind nicht gleich begeistert. Sie haben Angst. Nehmen Sie Ihr widerstrebendes Herz mit! Ich meine weni- Es fällt ihnen schwer, von Trauer auf Freude umzuschal- ger intellektuelle Zweifel. Die sind wirklich zweitrangig. Ich ten. Sie fragen auch nicht nach. Sie fl iehen. Da verkündet rede von dem Herz, das in seine Verletzungen verkrallt ist ihnen einer Leben und frohe Botschaft – und sie fl iehen! und die Rede von der unbesiegbaren Liebe für Betrug hält. Ich rede von dem Herz, das sich immer wieder an Macht Die spätere Tradition hat es schöngeredet: Bei Lukas ist und Besitz und Prestige und andere Absicherungen klam- nur noch von Freude die Rede. Wahrscheinlicher scheint mert, das arglose Liebe für Wahnsinn hält. Dieses Herz – mir die Markus-Version, die erst mal von Erschrecken nicht das schnellgläubige – soll dem Auferstandenen wie spricht. Die Freude kommt dann langsam später. dem „ungläubigen Thomas“ begegnen, damit es in der Be- rührung seiner Wunden, seiner Liebe und seines Lebens Zuerst sind die Frauen – erst recht natürlich die Jünger, die Verbitterung und alle Enttäuschungen loslassen kann. die viel später verstehen – noch beherrscht von dem vernichtenden Erlebnis der Hinrichtung Jesu. Er mag vor Ich glaube schon an die Auferstehung – sonst wäre ich seinem Tod so, wie er zu ihnen war, in seinem Tun und nicht hier. Aber es wäre gelogen, wenn ich sagte, ich glau- Reden, den lebendigen Gott verkörpert haben. Er konnte be mit Haut und Haar, mit Herz und Verstand an den un- darin so weit gehen, wie es nur möglich war. Vorerst hat besiegbar liebenden und lebendigen Gott. Dazu ist mein seine Vernichtung alle Hoffnung in seiner Anhängerschaft Herz zu sehr in sich verkrallt. Nur zögernd und oft halbher- zerschlagen. Sie wollten den Leichnam einbalsamieren zig öffnet es sich der Liebe Gottes und noch zögernder der – kein Gedanke an Auferstehung. Wie immer das Oster- der Menschen. Aber es kann auch von Gott nicht lassen. erlebnis ausgesehen haben mag, es stieß zunächst auf Er lässt nicht von mir. Menschen, die verzweifelt waren. Und eine richtige Ver- zweifl ung, die löst sich nicht gleich auf. Ich kann Sie mit diesem halbgläubigen Herz nicht begeis- tern, aber ich kann Sie einladen, bei allem inneren Wider- Nur langsam erwachten sie aus ihrem inneren Tod. Nur stand sich ein wenig zu öffnen und etwas von der Bot- langsam wuchs in ihnen der Glaube an die unbesiegba- schaft von der Liebe und dem Leben Gottes einzulassen. re Liebe Gottes und an den lebendigen Jesus. Aber sie Wenigstens probeweise und vorsichtig. Und dann passiert wuchs und vertrieb Schritt für Schritt die dunklen Schat- manchmal auch uns Halbgläubigen das Leben. Den nach ten, die auf ihren Seelen lagen. Sie ließen die Erkenntnis Begeisterung Verlangenden kann ich nicht viel geben. Die zu, nach der sich ihr gequältes Herz letztlich sehnte. Ir- müssen anderswohin gehen. gendwie begegneten sie dem Auferstandenen – uns nicht vorstellbar! – und langsam taute ihr Herz auf: das der Frau- Ich wünsche Ihnen, dass Sie wagen zu zweifeln, sich ein- en und auch das der Jünger. Durch die Kraft des Geistes zugestehen, wenn Ihr Herz gespalten ist, damit Sie dieses Gottes, der von Jesus auf sie überging, wuchs in ihnen Herz dem Licht des Ostermorgens entgegenhalten, auch ein Glauben, der sich immer weiter verbreitete und der wenn unsere Nachtaugen erschrecken und wenn wir fl ie- den Jüngern wie den Frauen die Kraft gab, dafür ihr Leben hen wollen wie die Frauen vom Grab. Versuchen Sie im- einzusetzen – zuerst im Dienst aneinander und dann auch mer wieder das Leben zu entdecken, damit Sie es wagen im Dienst der Verkündigung an die Menschen, die noch können – wenn auch nur in kleinen, dafür aber soliden ohne Hoffnung waren. Schritten.

Eine frohe und gesegnete Osterzeit!

Pastoralreferent Rainer Schönborn, Diakon, Katholisches Militärpfarramt Wilhelmshaven II © Designed by fl atart / Freepik © Designed by fl

26 Kompass 04I18 Tag der Archive bei der Katholischen Militärseelsorge

Das Archiv des Katholischen Militärbi-

schofs beteiligte sich zum dritten Mal Aus der Militärseelsorge am bundesweiten Tag der Archive, der vom Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) ausgerichtet wird. Neben Führungen durch das Archiv und die Ausstellung zur Geschichte der Mi- litärseelsorge wurden zwei historische Filmdokumente präsentiert. Unter dem Titel „Pfarrer im Heere Hitlers“ kamen ehemalige katholische und evangeli- sche Kriegspfarrer zu Wort, die in den 1980er Jahren über ihre Zeit in der Wehrmacht interviewt wurden. Der Film „Stacheldrahtseminar“ zeigte Origi- nalaufnahmen von 1946/47 aus dem Kriegsgefangenenlager Chartres, in dem kriegsgefangene Priesteramtsan- wärter unter der Leitung von Regens © Bundeswehr / Samuel Spiegel Franz Stock eine theologische Ausbil- dung erhielten. Katholisches Militärpfarramt Veitshöchheim „Jesu Leiden und Sterben waren die logische Konsequenz seiner Treue und Liebe zu Gott.“

Schon traditionell lädt seit rund 40 höchheim auszuweichen. Hier feierten Jahren der Katholische Standortpfarrer dann etwa 60 Gläubige einen Gottes- aus Veitshöchheim Soldaten, Soldaten- dienst. familien, zivile Mitarbeiter sowie Ange- hörige und Freunde der Katholischen Das Heeresmusikkorps Veitshöchheim Militärseelsorge zum Kreuzweg am 5. sowie Frau Konrad an der Orgel gestal- Sonntag in der Fastenzeit ein. In die- teten die Messe mit. Ausgehend vom sem Jahr, am Sonntag, dem 18. März, Sonntagsevangelium betonte Pfarrer © KS / Michael Fischer wollten die Gläubigen bereits zum 40. Klein in seiner Ansprache: „Gott ver- Ausgewählte Dokumente wie ein Ster- Mal gemeinsam zum Würzburger Käp- lässt Jesus am Kreuz nicht – das ist beregister aus dem Berliner Invaliden- pele hinaufgehen. die Stunde der Verherrlichung. Jesu haus, das Tagebuch eines Feldseelsor- Leiden und Sterben waren die logische gers aus dem Ersten Weltkrieg oder die Aber einmal ist immer das erste Mal: Konsequenz seiner Treue und Liebe Personalakte des Feldgeneralvikars der Durch den starken Wintereinbruch am zu Gott.“ In der Eucharistiefeier wurde Wehrmacht, Georg Werthmann, vermit- Vorabend waren die Treppenstufen so auch an die verstorbenen Kameraden telten einen Einblick in die Geschichte glatt und stark mit Schnee bedeckt, und Kameradinnen der letzten Monate der Militärseelsorge und in die Arbeits- dass es viel zu gefährlich gewesen gedacht. weise des Archivs. Die Besucher zeig- wäre, den Kreuzweg hoch zur Wall- ten großes Interesse sowohl am Archiv fahrtskirche zu gehen und zu beten. Bei Kaffee und Kuchen ging der Nach- als auch allgemein an der Militärseel- Daraufhin entschloss sich Militärpfarrer mittag in der Balthasar-Neumann-Kaser- sorge, die für die Mehrzahl von ihnen Martin Klein, kurzfristig in die Garnison- ne Veitshöchheim gemütlich zu Ende. vor ihrem Besuch ein gänzlich unbe- kirche Heiligste Dreifaltigkeit in Veits- Elmar Fries schriebenes Blatt war. Dr. Markus Seemann

Kompass 04I18 27 Medien

Filmtipp: STRONGER

Der Boston-Marathon 2013 wurde weltweit bekannt: Am STRONGER besticht in erster Linie durch seine Hauptfi gur Nachmittag des 15. April 2013 explodierten auf der Ziel- Jeff Bauman, den es wirklich gibt und der sein Leben nach geraden zwei Sprengsätze. Die Folge: Drei Menschen wur- der Explosion aufgeschrieben hat; bestechend auch der den getötet und 264 verletzt, teilweise schwer. Das ist der Hauptdarsteller: Jake Gyllenhaal. Hintergrund für den US-amerikanischen Film STRONGER, dem es gar nicht so sehr um den Tathergang und die Tä- Das ist keine klassische STRONGER-Story: immer stär- tersuche geht: Es geht um Jeff Bauman (Jake Gyllenhaal), ker und immer erfolgreicher. Der Film zeigt ein ständiges der in der Nähe dieser Sprengsätze stand und beide Beine Auf und Ab seiner Hauptfi gur: Da gibt es Sucht, da gibt verlor. es persönlichen und sozialen Absturz, da gibt es immer wieder die kleinen Erfolge im täglichen Lebenskampf, da Eigentlich wollte Jeff nur seiner Ex-Freundin Erin Hurley (Ta- kommt Jeff in seinem Alltag mir als Zuschauer nahe. Und: tiana Maslany) beim Einlaufen am Ziel zusehen. Er hoff- Da gibt es Figuren im Film – und wohl auch in der Realität te natürlich darauf, dass aus der Ex wieder eine Aktuelle –, für die Jeff ein Vorbild ist: Soldaten und andere holen wird. Das passiert dann auch – aber im Rollstuhl, später sich Kraft aus seinem Kampf gegen Widerwärtigkeiten und mit Beinprothesen. Rückschläge. Diese kleinen Episoden gehören zu den er- greifendsten Szenen im Film. STRONGER wird so zur indivi- Regisseur David Gordon Green und Drehbuchautor John duellen Vorbild-Geschichte für viele; vielleicht auch für uns Pollono konzentrieren sich auf das individuelle Drama des Zuschauer. Jeff Bauman und seine Liebe zu Erin Hurley. Und STRON- GER wird immer mehr zur Familiengeschichte: eine Ge- STRONGER schafft es auch immer wieder zu berühren, schichte über Abnabelung von Mutter und Vater und vom aber verfällt nicht der Versuchung zu tränenreichen Kli- Leben mit plötzlichem Ruhm – Ruhm, der eher der Familie schees. So ist das Leben ja auch nicht, und gerade am hilft als Jeff. Da stört dann doch ein wenig das Ende, weil Leben bleibt der Film erstaunlich nah dran. dadurch der Realitätssinn verlorengeht. Thomas Bohne, Mitglied der Katholischen Filmkommission

STRONGER

Regie: David Gordon Green mit Jake Gyllenhaal und Tatiana Maslany

Länge: 119 Minuten

Kinostart: 19. April 2018 ©A t T t Bi d l

28 Kompass 04I18 +ɪɸOɛ ʕȲʑɠLVɢ /ʑʜɔ Glaube, Kirche, Leben Kirche, Glaube, Passend zu Ostern ist bei uns zu Hause die- ses Jahr seit Mitte März Hasi-Alarm. Denn ich habe endlich die Kaninchen bekommen, die ich mir schon so lange gewünscht hatte: April und Summer. April ist mein Kaninchen, sie kommt aus Texas und brauchte drin- gend ein neues Zuhause. Summer ist Nils‘ Kaninchen und kommt aus Berlin, also sozu- sagen eine Deutsch-Amerikanische Freund- schaft. Mama und Papa sind natürlich auch voll im Kaninchen-Fieber. Mama liest alles zum Thema Gesundheit, Pfl ege und Ernäh- rung, und Papa kümmert sich um Haltung, Kaninchenstall und Freigehege.

April ist drei Jahre alt und hat sich schon ein bisschen an mich gewöhnt. Wenn ich im Freigehege sitze, kommt sie schon zu mir und lässt sich kraulen, auch darf ich sie schon in ihren Stall tragen. Summer ist noch ziemlich jung und gewöhnt sich erst langsam an Nils, doch auch sie kommt manchmal und lässt sich streicheln. Mor- gens kümmert sich Mama jetzt nicht nur Kirchen laden zur ökumenischen Woche für das Leben ein um unser Frühstück, sondern macht auch gleich den Kaninchen etwas zu futtern. Und Vom 14. bis 21. April 2018 fi ndet die diesjährige ökumenische Woche am Wochenende setzt sie sich in den Gar- für das Leben statt. Sie steht unter dem Motto Kinderwunsch. Wunsch- ten und schaut ihnen zu – das wäre sehr kind. Unser Kind! und lädt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit entspannend, meint sie. den Methoden der Pränataldiagnostik ein.

Ich bin wirklich glücklich, dass April und Im Vorwort zum Themenheft der diesjährigen Woche für das Leben Summer jetzt bei uns wohnen, und ich freue schreiben Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strohm von der mich schon sehr auf besseres Wetter, wenn „Kehrseite“ der diagnostischen Möglichkeiten und davon, „dass Frau- wir alle gemeinsam im Garten sein können. en und Paare gerade zu Beginn einer Schwangerschaft einem inneren Unsere Kaninchen wohnen nämlich das oder auch äußeren Druck ausgesetzt sind“. Müttern und Vätern be- ganze Jahr draußen. Drinnen ist es ihnen gegne zuweilen eine gesellschaftliche Mentalität, „die das neugebore- wohl zu warm und Papa meint, dass sie ne Leben nach anderen Kriterien bemisst. Etwa wenn es heißt, dass drinnen auch alles anknabbern würden. ein mit Krankheit oder Behinderung geborenes Kind, ‚heute nicht mehr Das ist das Einzige, was mich ein bisschen nötig‘ sei.“ Eine solche Haltung werde durch die diagnostischen Mög- traurig macht, denn wie gerne würde ich mit lichkeiten in der vorgeburtlichen Phase unterstützt und bringe Frauen April in meinem gemütlichen Kinderzimmer und Paare oft in tiefe Konfl ikte. „Jedem Kind kommt die gleiche Würde kuscheln, doch dazu muss ich in den Gar- zu, unabhängig von allen Diagnosen und Prognosen“, so Kardinal Marx ten. Na ja, hilft ja nichts! Also Jacke angezo- und Landesbischof Bedford-Strohm. „Jedes Kind ist ein Bild Gottes und gen und dem schlechten Wetter eine lange wird von ihm geliebt.“ Die Kirchen ermutigen Eltern dazu, ihr Kind ohne Nase gedreht, denn April wartet schon da- Vorbehalt anzunehmen. Sie bieten Möglichkeiten der Unterstützung, Be- rauf, dass ich ihr ein paar Apfelstückchen ratung und Begleitung an, die Eltern in Krisensituationen in Anspruch bringe. nehmen können.

Frohen Ostern wünscht euch Interessierte aus Kirchengemeinden, Verbänden und Organisationen können über die Internetseite www.woche-fuer-das-leben.de Informatio- (ʦȾɏ nen und Materialien zur Woche für das Leben kostenfrei beziehen. © Autor: Torsten Bierdel /ʑʜɔ

Kompass 04I18 29 Relaunch der Internetseite katholische-militaerseelsorge.de

Welcher Militärseelsorger ist für mich zuständig und

Medien / Vorschau wo fi nde ich ihn? Auf der neuen Internetseite der Ka- tholischen Militärseelsorge können Soldatinnen und Soldaten schnell Kontakt zu ihrem Militärseelsorger aufnehmen.

Die neu gestaltete Seite katholische-militaerseelsor- ge.de enthält neben den Kontaktdaten der Seelsorger an den Bundeswehr-Standorten auch eine Suchfunkti- on. Mit Suchbegriffen wie Namen oder Orten werden stets die aktuellen Kontaktdaten des zuständigen Mi- litärpfarramts gefunden und angezeigt.

Das responsive Design der Seite zeigt die Inhalte für Smartphone, Tablet oder Laptop optimal an. Neben ak- tuellen Nachrichten können sich Soldatinnen und Sol- daten vor allem über die Angebote der Katholischen Militärseelsorge wie Wallfahrten oder Weltfriedenstage informieren. Die Termine der einzelnen Militärpfarräm- ter, z. B. Familienwochenenden oder Gottesdienste werden in den kommenden Wochen ergänzt.

Die Zeitschrift Kompass. Soldat in Welt und Kirche kann wie gewohnt auf der Internetseite gelesen wer- den. Sie steht als Webpaper, als PDF sowie als Text zur Verfügung. Frühere Ausgaben sowie die Kolumnen des Wehrbeauftragten sind im Ausgabenarchiv bzw. im Menü zugänglich.

Die Seite ist auch unter der kurzen URL kms-mobil.de erreichbar. Barbara Dreiling

VORSCHAU: Unser Titelthema im Mai

Mit Blick auf eine Regierungsbildung im Nachkriegs- Nachdem Mitte März wichtige Personalentscheidungen „im Deutschland nahm die jetzige Bundesregierung, die wieder- Geschäftsbereich der Bundesministerin der Verteidigung“ um – unter der erneuten Führung von Dr. Angela Merkel als in nahezu allen bedeutsamen Ebenen getroffen wurden, Bundeskanzlerin – aus der CDU/CSU und der SPD gebildet kann es nun an die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung wurde, verspätet ihre Arbeit auf. gehen.

Geschäftsgrundlage für die konkrete Regierungsarbeit in „Welche Bundeswehr braucht Deutschland und welche der 19. Legislaturperiode bleibt die Koalitionsvereinbarung Bundeswehr brauchen die Soldaten?“ Damit wird sich die vom 12. März dieses Jahres, in der im Kapitel 7 über 3 Ausgabe im Monat Mai befassen. Seiten hinweg nachzulesen ist, was eine „Moderne Bun- Josef König deswehr“ ausmachen kann und was beabsichtigt ist, da- für in Regierungshandeln im Parlament durchzubringen.

30 Kompass 04I18 Tischgrill von Philips zu gewinnen! Rätsel

Wir verlosen einen Philips HD4419/20 Tischgrill aus Edelstahl mit einer ge- rippten und einer glatten Platte. Mit Ihrer Teilnahme sichern Sie sich eine Gewinnchance, sobald Sie uns das richtige Lösungswort mitteilen. Die Lösung bitte bis 26. April 2018

an die Redaktion Kompass. Soldat in Welt und Kirche Am Weidendamm 2, 10117 Berlin Gewinner des Rätsels der Ausgabe 03/18 ist: Marion Fenner aus Schwalmstadt oder per E-Mail an Lösungswort: SCHMONZETTE ist ein geistloses, [email protected] albernes Theater- oder Fernsehstück mit einer (Wir bitten um eine Lieferanschrift und um freiwillige Altersangabe.) ebensolchen Handlung oder Geschichte. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militärbischofs (Berlin) und deren Angehörige sind nicht teilnahmeberechtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Kompass 04I18 31 (c) 2014 Bundeswehr / Neumann (c) 2014 Bundeswehr

101. Deutscher Katholikentag in Münster

11. Mai 2018 Tag der Militärseelsorge • Pontifi kalamt mit dem Katholischen Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck • Stunde der Begegnung im Deutsch-Niederländischen Korps

Zentrale Werkwoche 9. bis 13. Mai 2018 für Soldatinnen und Soldaten Informationen beim Katholischen Militärpfarramt