Naturkundlicher Stadtrundgang Durch Nördlingen
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Naturkundlicher Stadtrundgang durch Nördlingen unter geologischen und geografischen Aspekten von Joachim Stoller unter Mitwirkung von Dr. Michael Schieber © MPZ 2012 Joachim Stoller Einleitung Fast in der Mitte des Meteoritenkraters „Nördlinger Ries“ liegt die Stadt Nördlingen. Jedes Jahr finden sich zahlreiche Besucher ein, um z.B. den mittelalterlich geprägten Stadtkern mit seinen Sehenswürdigkeiten oder das überregional bedeutsame Rieskratermuseum kennenzulernen. Betrachtet man aufmerksam die Bauwerke und die Grundstruktur der Altstadt, lassen sich viele geologisch und geographisch hochinteressante Anknüpfungspunkte entdecken. Bei der Erstellung dieses Leitfadens stand die Absicht im Vordergrund, eben solche Anknüpfungspunkte näher auszuführen. Als Gesteinsarten seien beispielhaft Suevit, Malmkalk und Riesseekalk genannt. Ihnen begegnet man auf dem Rundgang immer wieder in verschiedenen Formen. So ist diese Anregung für einen eigenen, individuellen Rundgang für alle entstanden. Für Lehrkräfte ist es ein Leitfaden, der als Hilfestellung für die Vorbereitung einer Exkursion mit Schülern dienen soll. Erzieherinnen und Erziehern kann der Leitfaden als Orientierung für einen Gang durch die Nördlinger Altstadt dienen. Im Mittelpunkt steht die Begegnung mit Objekten vor Ort. Bauwerke, an denen man sonst ohne weiteres Nachdenken vorübergeht, erhalten durch das unmittelbare Begreifen und Erleben einen neuen Stellenwert. Sinnvoll ist in jedem Fall zuerst ein Besuch im Rieskratermuseum, um die notwendigen Sachinformationen zu bekommen. Die in der Stadt anzutreffenden Gesteine lassen sich so besser in Beziehung setzen zur Entstehungsgeschichte des Nördlinger Rieses als Meteoritenkrater. Neben den konkreten Informationen zu den einzelnen Bauwerken werden Hintergrundinformationen in „Kästen“ verpackt. In Verbindung mit dem Angebot des Museumspädagogischen Zentrums (MPZ) und des Rieskratermuseums für verschiedene Schularten und Jahrgangsstufen sowie den Exkursionsleitfäden zu den Standorten Wennenberg, Rollenberg und Glaubenberg (zu finden unter: http://www.mpz.bayern.de/cms/upload/pdf_materialien/mpz_exkursionsleitfaden_noerdlingen.pdf) konnte mit diesem Stadtrundgang das Programm zur Riesthematik erweitert werden. © MPZ 2012 Joachim Stoller 2 Der Rundgang Ausgehend vom Rieskratermuseum beschreibt dieser Leitfaden einen Rundgang durch die Altstadt von Nördlingen mit folgenden Stationen: 1 Geologischer Lehrgarten hinter dem Rieskratermuseum 2 Baldinger Tor (inklusive Stadtmauer) 3 Egerbrücke (auf Höhe des Spitals) 4 Klösterle 5 Hafenmarkt 6 Rathaus mit Rathaustreppe 7 Daniel mit St.-Georgs-Kirche 8 Sonne als Station des Planetenweges am Daniel 9 Kornschranne 10 Löpsinger Tor 11 Eger an der Neumühle 12 Gerberhäuser an der Eger 13 Geopark Ries Infozentrum Als Zeitrahmen für den Rundgang sind je nach Verweildauer bei den einzelnen Stationen 1,5 bis 2 Stunden geplant. Start- und Zielpunkt ist das Rieskratermuseum. Der Rundgang ist jedoch auch vom Baldinger Tor ausgehend möglich. Es empfiehlt sich, dann zum Klösterle weiterzugehen. Nach dem Geoparkcenter kann zur Abrundung der geologische Lehrgarten hinter dem Rieskratermuseum ergänzend besucht werden. Verkürzen lässt sich die Runde, indem man z. B. am Löpsinger Tor auf der Stadtmauer bis zum Baldinger Tor geht. Vor dem Baldinger Tor befindet sich ein Parkplatz („Kaiserwiese“), den man ohne Zeitbegrenzung und kostenfrei benutzen kann (vgl. Karte auf S. 5 oder http://www.noerdlingen.de/Karte). Zur besseren Orientierung sind die einzelnen Stationen durch Fotos, meist in verschiedenen Ansichten, veranschaulicht. Fachbegriffe werden im Text durch * gekennzeichnet (Bsp.: Suevit*). Die Erläuterungen sind auf S. 43/44 zu finden. © MPZ 2012 Joachim Stoller 3 Lehrplanbezug Grundschule GS Jahrgangsstufe 3: Heimat- und Sachunterricht: 3.6.1 Ortsgeschichte 3.6.2 Orientierung im heimatlichen Raum GS Jahrgangsstufe 4: Heimat- und Sachunterricht: 4.6.1 Regionalgeschichte 4.6.2 Orientierung mit der Karte Hauptschule HS Jahrgangsstufe 5: GSE 5.2.1 Entstehen und Werden der Erde: Kugelgestalt der Erde und ihre Stellung im Sonnensystem; Veränderungen durch äußere Kräfte Realschule RS Jahrgangsstufe 5: Erdkunde 5.2 Der Planet Erde: Sonnensystem, Vergleich mit anderen Planeten 5.3 Veränderungen der Erdoberfläche in Heimat und Welt: Gesteine aus dem Heimatraum 5.5 Orientierung in Deutschland und Bayern: Heimatraum: regional bedeutsame Landschaften RS Jahrgangsstufe 9: Erdkunde 9.2 Der Nahraum Gymnasium GYM Jahrgangsstufe 5: Geografie 5.1 Planet Erde: Grundstruktur unseres Sonnensystems sowie Grundlagen des Lebens auf der Erde 5.5 Regionaler Bezug und globale Erweiterung: ... z.B. Landschaftsgenese im Heimatraum GYM Jahrgangsstufe 11: Geografie 11.4 Umweltrisiken und menschliches Verhalten © MPZ 2012 Joachim Stoller 4 Abb 1: Altstadt von Nördlingen mit eingezeichnetem Rundgang und Parkmöglichkeit (links oben); DOK © Bayer. Vermessungsverwaltung, 2011 Die Karte ist auch online verfügbar (BayernViewer): http://www.geodaten.bayern.de/BayernViewer2.0/index.cgi?rw=4389170&hw=5413 790&layer=TK&step=1 © MPZ 2012 Joachim Stoller 5 Abb. 2: Altstadt von Nördlingen ohne Ergänzungen; DOK © Bayer. Vermessungsverwaltung, 2011 © MPZ 2012 Joachim Stoller 6 Geologische Zeittafel zur Einordnung der Gesteine Geologisches Bezeichnung des Zeitangabe Bezug zum Zeitalter Zeitalters (in Millionen Jahren) Nördlinger Ries (grob) bzw. der Gesteinsformation 0 Quartär Lösseinwehung in den Rieskrater 2,588 2,588 Tertiär Einschlag des Meteoriten (vor 15 Erdneuzeit = Millionen Jahren) mit Bildung von Impaktgesteinen (z.B. Suevit); Känozoikum danach Riessee mit Bildung von 65,5 Riesseekalken 65,5 Kreide 145,5 145,5 Jurameer mit tropischem Klima; 145,5 Malm = Malmkalke der Schwäbischen 161,2 Erdmittelalter = Weißjura und Fränkischen Alb entstehen 161,2 Mesozoikum Jura Dogger = 175,6 Braunjura 175,6 Lias = 199,6 Schwarzjura 199,6 199,6 Trias 251 251 Perm 299 299 Karbon 359,2 359,2 Erdaltertum = Devon 416 Paläozoikum 416 Silur 443,7 443,7 Ordovizium 488,3 488,3 Kambrium 542 542 Präkambrium 4600 © MPZ 2012 Joachim Stoller 7 Start: Station 1 Geologischer Lehrgarten Auf der Rückseite des Rieskratermuseums befindet sich seit 2003 ein geologischer Lehrgarten mit wichtigen Gesteinen rund um das Nördlinger Ries. Die im Rieskratermuseum erworbenen Kenntnisse lassen sich hier anschaulich unter freiem Himmel aufgreifen. Folgende Gesteine sind zu sehen: Gestein Herkunft Suevit* Aumühle, bei Hainsfarth Bunte Breccie* Aumühle, bei Hainsfarth Grundgebirgsbreccie* Unterwilflingen Malmgries = breccierter Kalkstein Bräulesberg, Harburg Riesseekalk* Wallersteiner Felsen Massenkalk* mit Schlifffläche Gundelsheim Foto 1: Malmkalk mit Schliffspuren, Foto 2: Riesseekalk, Wallersteiner Felsen Gundelsheim © MPZ 2012 Joachim Stoller 8 Foto 3: Malmgries = breccierter Malmkalk, Foto 4: Grundgebirgsbreccie, Unterwilflingen Bräulesberg, Harburg Foto 5: Bunte Breccie, Aumühle bei Hainsfarth Foto 6: Suevit, Aumühle bei Hainsfarth Bereits an dieser Stelle kann beim Thema Suevit der Versuch mit Salzsäure und Kalkstein von Seite 23 durchgeführt werden, da man hier ungestörter experimentieren kann als vor der St.-Georgs-Kirche in der Stadtmitte. Um die Herkunft der verschiedenen Gesteinsarten zu veranschaulichen, eignet sich die folgende Abbildung. An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die geologische Zeittafel (siehe Seite 7). Abb. 3 Deckgebirge* (obere Schichten) und Grundgebirge* (unterste Schicht, besteht aus Granit und Gneis, siehe Begriffsklärung auf Seite 43) © MPZ 2012 Joachim Stoller 9 Über den Eugene-Shoemaker-Platz (Eugene Shoemaker: geb. 28.4.1928, gest. 18.7.1997,) führt der Weg zur Egerbrücke am Stadtmuseum. Als Impaktforscher hat Eugene Shoemaker, der auch Planetologe und Astronom war, das Nördlinger Ries besucht. Er war maßgeblich an der Lösung des Riesrätsels beteiligt. Zusammen mit seinem Landsmann Chao konnte er 1960 in einer Suevitprobe aus dem Ottinger Steinbruch das Mineral Coesit nachweisen. Dieses Mineral ist eine Hochdruckmodifikation des Quarzes und kann nur unter extremen Druck- und Temperaturverhältnissen, wie sie z. B. beim Einschlag eines Meteoriten herrschen, entstehen. Abb 4: Eugene Shoemaker, Quelle: WikiCommons Für Shoemaker entstanden die Planeten unseres Sonnensystems durch den Vorgang der „Akkretion“. Am Anfang unseres Sonnensystems verschmolzen die Gesteinspartikel, die um die junge Sonne kreisten. Sie bildeten kleine Klumpen. Aufgrund der Schwerkraft kreisten diese Klumpen um die Sonne. Durch weitere Akkretion formten sich größere Körper, sogenannte Planetesimale, mit mehreren Kilometern Durchmesser. Diese Himmelskörper kollidierten wiederum und bildeten weitere, größere Körper. Dabei erhöhte sich die Schwerkraft der einzelnen, wachsenden Körper. Heftigere Kollisionen waren die Folge. Somit entstanden durch diesen Vereinigungsprozess die Planeten, die Monde und die Asteroiden unseres Sonnensystems.1 Über die Egerbrücke kommt man zur Vorderen Gerbergasse, hält sich dort rechts und biegt dann wieder rechts in die Baldinger Straße ein. 1 Vgl. Pösges u. Schieber: Museumsführer, 2000, S. 11f. © MPZ 2012 Joachim Stoller 10 Stationen 2, 3 Baldinger Tor Foto 7: Baldinger Tor Foto 8: Baldinger Tor, Außenseite Die Straße, die durch das Baldinger Tor das Stadtgebiet von Nördlingen verließ, führte auf der Nord-Süd-Handelsstraße Richtung Rothenburg o. d. T und weiter nach Würzburg. 1376 wurde der Torturm und 1406 das Vorwerk errichtet. Zu dieser Zeit ähnelte das Bauwerk wohl stark dem Berger Tor in dessen heutigem Zustand. Im Kriegsjahr 1634 wurde