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Sportentwicklungsplanung aus Sicht des Strategischen Managements unter besonderer Berücksichtigung des Long-Range-Planning

Diplomarbeit

von

Gabriele Wach 40283023

Betreut von: Prof. Dr. Ronald Wadsack Dipl.-Kffr. Kerstin Roberg Eingereicht am: 22.05.2006

Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel Karl-Scharfenberg-Fakultät Salzgitter

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...... II

Darstellungsverzeichnis ...... IV

1 Einleitung ...... 1

1.1 Einführung in die Thematik ...... 2

1.2 Aufbau und Ziel der Arbeit ...... 2

2 Management, Unternehmensführung, Unternehmensplanung ...... 4

2.1 Strategisches Management ...... 4 2.1.1 Bedeutung des Begriffs Strategie ...... 7 2.1.2 Begriff und Wesen von Management ...... 10 2.1.3 Begriff und Aspekte der Führung ...... 12 2.1.4 Gegenstand und Aufgaben des Strategischen Managements ……………………………………………..….…. 14

2.2 Strategische Unternehmensführung …………………………………... 17 2.2.1 Modelle, Ansätze und Ansichten ……………………….……… 18 2.2.2 Objekte und Aufgaben der Strategischen Unternehmensführung …………………………………………. 19

2.3 Strategische Unternehmensplanung ……………………….…………. 21 2.3.1 Grundlagen der strategischen Planung ………………………. 22 2.3.2 Strategische Ziele ………………………………………………. 26 2.3.3 Strategische Analysebereiche …………………………………. 30 2.3.4 Strategieformulierung, Strategiewahl und Strategieimplementierung ………………………………………. 34

2.4 Long-Range-Planning ……………………………………………………. 37 2.4.1 Planungsarten ……………………………………………………. 39 2.4.2 Bereiche, Techniken und Verfahren der Planung ……………. 42 2.4.3 Langfristige Planung …………………………………………….. 44 2.4.4 Probleme der Planung ………………………………………….. 45

3 Sportentwicklungsplanung ………………………………………………….. 47

3.1 Sport, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ……………………………. 49 - III -

3.1.1 Sport und Gesellschaft …………………………………………. 50 3.1.2 Sport und Politik …………………………………………………. 59 3.1.3 Sport als Wirtschaftsfaktor ……………………………………… 63 3.1.4 Sportorganisation und Sportanbieter …………………………. 66 3.1.5 Autonomie des Sports ………………………………………….. 68

3.2 Sportentwicklungsplanung in Deutschland ……………………….…… 69 3.2.1 Definition des Begriffs Entwicklung ……………………….…… 70 3.2.2 Sportentwicklungsplanung bis heute ………………………….. 72 3.2.3 Aufgaben und Ziele der Sportentwicklungsplanung ………..... 78 3.2.4 Probleme aus heutiger Sicht ………………………………….... 81

4 Sportentwicklungsplanung i.S.v. Long-Range-Planning ………………. 87

4.1 Möglichkeiten für die Planung ………………………………………….. 87 4.1.1 Zukünftige Entwicklungen langfristig planen …………………. 87 4.1.2 Leitideen ………………………………………………………….. 90

4.2 Strategische Planungsinstrumente …………………………………….. 91 4.2.1 Prognoseverfahren …………………………………………….… 92 4.2.2 Entwicklungsszenarien …………………………...…………….. 93 4.2.3 Strategiekonzepte ……………………………………………….. 95

4.3 Schlussbetrachtung ……………………………………………………… 95

Literaturverzeichnis ………………………………………………………………… 97

Eidesstattliche Erklärung ………………………………………………………….. 107 - IV -

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Von der Planung zum Strategischen Management ...... 5 Darstellung 2: Entwicklung der Planungssysteme ...... 6 Darstellung 3: Strategieformen ...... 9 Darstellung 4: Hierarchische Arbeitsteilung …………………………………… 11 Darstellung 5: Aufgaben und Funktionen des Managements als Querschnittsfunktion ……………………………………………. 12 Darstellung 6: Führungsstile ……………………………………………………. 13 Darstellung 7: Führungsziele …………………………………………………… 14 Darstellung 8: Veränderungen der Unternehmensumwelt ………………….. 15 Darstellung 9: Stakeholder eines Unternehmens …………………………….. 18 Darstellung 10: Instrumente für die Strategie des Unternehmens und der Geschäftseinheiten ……………………………………………… 19 Darstellung 11: Grundmodell der strategischen Unternehmensplanung ……. 23 Darstellung 12: Gegenüberstellung von strategischer und operativer Planung ………………………………………………………..… 24 Darstellung 13: Planungsprozess und Planungstechniken …………………... 26 Darstellung 14: Zielhierarchie im Strategischen Management ………………. 28 Darstellung 15: Leitbilder, strategische Ziele und Strategien ………………… 29 Darstellung 16: Die Umwelt des Unternehmens ………………………………. 31 Darstellung 17: Branchenstrukturanalyse nach Porter ……………………….. 33 Darstellung 18: Umweltanalyse und Unternehmensanalyse ………………… 34 Darstellung 19: Strategiesystem ………………………………………………... 35 Darstellung 20: Steigende Anforderungen an Unternehmensplanung und -führung ………………………………………….……….… 38 Darstellung 21: Ablauf des Planungsprozesses eines Sozialbetriebes …….. 40 Darstellung 22: Wandel in der Planung ………………………………………… 40 Darstellung 23: Vergleich von strategischer und operativer Planung ………. 41 Darstellung 24: Verfahren der vertikalen Koordination ………………………. 43 Darstellung 25: Fähigkeiten im Prozess der strategischen Planung ……….. 43 Darstellung 26: Prognosen …………………………………………………….… 49 Darstellung 27: Gegensätzliche Funktionen des Sports …………………….. 52 Darstellung 28: Bevölkerungsentwicklung und Zuwanderung ………………. 56 Darstellung 29: Voraussetzungen für eine nachhaltige Bevölkerungs- entwicklung …………………………………………………….. 58 - V -

Darstellung 30: Sport in den politischen Arenen …………………………….… 62 Darstellung 31: Sportinduzierte Güter- und Geldströme ……………………… 64 Darstellung 32: Sportbetriebe im Überblick ……………………………………. 67 Darstellung 33: Von drei Sportsektoren zum Neun-Felder-Schema ………… 68 Darstellung 34: Trendformen und Trendverläufe ……………………………… 71 Darstellung 35: Entwicklung des Sportstättenbaus in Deutschland nach 1945 ………………………………………………………. 72 Darstellung 36: Sportstättenbedarfsermittlung nach dem „Goldenen Plan“ der DOG seit 1961 …………………………………………….. 74 Darstellung 37: Zentrale Bausteine des Leitfadens für die Sport- entwicklungsplanung ………………………………………….. 75 Darstellung 38: Konzept der Kooperativen Sportentwicklungsplanung ……. 76 Darstellung 39: Bereiche der Sportentwicklungsplanung ……………………. 77 Darstellung 40: Beispiele für eine Operationalisierung von Kriterien für eine nachhaltige Sportstättenentwicklung ………………………… 80 Darstellung 41: Aktuelle Ansätze und Teilansätze zur lokalen Sportstätten- entwicklungsplanung in Deutschland ……………………….. 85 Darstellung 42: Steuerungsmedien bei Organisationen des Dritten Sektors, differenziert nach Entwicklungsphasen ……………………… 88 Darstellung 43: Notwendige Lernprozesse in turbulenten Umwelten ………. 89 Darstellung 44: Klassische Prognoseverfahren ………………………………. 92 Darstellung 45: Szenario-Analyse ………………………………………………. 94

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Wenn man nicht weiß, wo man steht, kann man nicht wissen, wohin der Weg führt. Wenn man nicht weiß, wohin der Weg geht, ist es kaum möglich, das Ziel zu erreichen.

Performance Benchmarking Service, Industrial Technology Institute Ann-Arbor, Michigan

1 Einleitung

Begriffe wie Strategisches Management oder Strategische Unternehmensführung werden heutzutage im Wirtschaftsleben mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit verwendet. Dafür gibt es inzwischen eine Vielzahl von Modellen, Ansätzen, Typo- logien und Schulen, die sich mit ähnlichen Problemstellungen aus unterschiedli- chen Perspektiven befassen. Seit über 50 Jahren widmet sich die strategische Managementlehre verschiedenen Fragestellungen, und aus der historischen Entwicklung der Managementtheorie ist eine Vielfalt an Strategielehren entstan- den. Es herrscht aber bis heute immer noch keine Einigkeit in der Strategiefor- schung über eine Eingrenzung des Forschungsgebietes, die Forschungsaufga- ben und -objekte. Dennoch stellt sich die Frage, inwieweit das Strategische Management Hilfestel- lungen für die Sportentwicklungsplanung bieten kann. In den letzten 45 Jahren gab es verschiedene Ansätze und Bemühungen seitens der Politik, der Sportver- bände und der Wirtschaft, den Sportbedarf der Bevölkerung zu ermitteln und fol- gerichtig zu decken. Bis heute gibt es keine allgemein gültige Patentlösung, aber diverse Studien der letzten Jahre zeigen eine Vielfalt von Lösungsansätzen auf. Unter den Gesichtspunkten immer knapper werdender finanzieller Mittel, der de- mografischen Entwicklung sowie der rasanten Veränderung von Werten und Prinzipien in der Bevölkerung wird es immer wichtiger, die richtigen Entscheidun- gen für die Zukunft zu treffen. Dabei sind zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen, die vor allem langfristige Planungen beeinflussen sollen und müssen.

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1.1 Einführung in die Thematik

Kaum ein Unternehmen kann es sich heute leisten nicht strategisch zu denken oder zu handeln. Jedoch werden die Begriffe Strategie und Management sehr schnell verwendet, sobald ein Sachverhalt im Unternehmen und/oder dessen Umfeld eine gewisse Komplexität aufweist. Grundlegende Strukturveränderungen, wie zum Beispiel Globalisierung und Dy- namisierung von Märkten und Wettbewerb, Individualisierung von Kundenwün- schen, Verkürzung von Produktlebenszyklen sowie eine zunehmende Bedeutung von gesellschaftlichen und politischen Einflüssen, aber auch eine rechtzeitige Erschließung von Marktpotenzialen spielen eine wesentliche Rolle für das Erlan- gen von Wettbewerbsvorteilen für ein Unternehmen. Zusätzlich sind Führungs- kräfte in den Unternehmen durch den verstärkten Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien einer Informationsflut ausgesetzt, die zu einer Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit dieser Entscheider führen kann. Durch die Entwicklung einer Strategie mit allen sich abzeichnenden Chancen und Risiken im Strategiefindungsprozess sollen das Unternehmen und das Mana- gement in die Lage versetzt werden, die Unternehmensziele positiv zu beeinflus- sen und zu erreichen. Gleiches gilt für den Sport. Auch wenn es den Sport eigentlich nicht gibt. Sport ist ein Sammelbegriff. Je nach Sichtweise und Standpunkt ist eine große Bandbreite des individuellen Verständnisses möglich. Dennoch ist das Unternehmen Sport , so vielfältig seine Facetten auch sind, ähnlichen oder auch gleichen Einflüssen wie ein Wirtschaftsunternehmen ausgesetzt. So wie jedes andere Unternehmen auch, kann und muss der Sport seinen eigenen Weg suchen und erreichbare Ziele setzen. Imitation und Standardverhalten führen nicht weiter, aber sukzessi- ve Verbesserungen in Teilschritten, durch die große Komplexität begründet, sind durchaus möglich, wenn Strategie als Suchprozess verstanden wird und aus der Vielzahl von Perspektiven und Ansätzen die jeweils sinnvollste ausgewählt wird.

1.2 Aufbau und Ziel der Arbeit

Nach einer kurzen Einführung in die Thematik geht es im zweiten Kapitel der Arbeit darum, die Bedeutung und Aufgaben des Strategischen Managements näher zu beschreiben. Die Begriffe Strategie, Management und Führung werden im Zusammenhang mit Strategischem Management näher erläutert. Dazu wer- den Modelle, Ansätze und Ansichten zur Strategischen Unternehmensführung - 3 - verschiedener Autoren betrachtet und die Strategische Unternehmensplanung, im Besonderen Long-Range-Planning, mit seinen Vorteilen und Problemen für den Bereich der Planung näher erläutert. Im dritten Kapitel wird auf die Begriffe und die Bedeutung von Sport und Entwick- lung im Zusammenhang mit Sportentwicklungsplanung eingegangen. Mögliche Einflussfaktoren auf den Sport und die verschiedenen Akteure in Politik, Wirt- schaft, Gesellschaft und Organisationen werden dargestellt und beschrieben. Ein historischer Rückblick zeigt die Aufgaben und Ziele der Sportentwicklungspla- nung bis heute und daraus resultierende Problematiken auf, die auch für eine zukünftige und langfristige Planung im Bereich des Sports relevant sein können. Im letzten Teil geht es um die Übertragbarkeit von Planungshilfen aus dem Stra- tegischen Management auf die Sportentwicklungsplanung, den Einsatz strategi- scher Planungsinstrumente, die teilweise in den letzten Jahren schon zum Ein- satz gekommen sind und wissenschaftliches Zukunftsdenken in Form von Pro- gnosen und Projektionen. Ziel der Arbeit ist es, Möglichkeiten einer Anwendung bzw. einer Übertragbarkeit langfristiger Planungskonzepte aus dem Bereich des Strategischen Manage- ments für die Sportentwicklungsplanung darzustellen. In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen: Lässt sich Sportentwicklungsplanung global und langfristig mit den vorhandenen Instrumenten lösen bzw. umsetzen? Lassen sich bis heute erstellte Analysedaten und Erkenntnisse allgemeingültig übertragen und als Leitfaden für die Zukunft nutzen? Ist der Sport in Deutschland mit all seinen Facetten überhaupt als Ein- heit langfristig planbar oder müssen/können regionale Teilbereiche die Entwick- lung beeinflussen?

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2 Management, Unternehmensführung, Unternehmensplanung

Der Begriff Management umfasst einerseits den Aufbau eines Unternehmens mit seiner Unternehmensführung und allen Positionen, die auf den verschiedenen Organisationsebenen Managementaufgaben wahrnehmen (institutionell). Ande- rerseits sind darunter auch Aufgaben und Funktionen, wie zum Beispiel Planung, Organisation, Personalentwicklung, Führung, Controlling und Innovation (Ent- wicklung) zu verstehen (funktional). 1 „In der Betriebswirtschaftslehre wird unter dem Begriff „Management“ ein Han- deln verstanden, das die Aufgaben, Strukturen und Prozesse in einer Organisati- on unter der Vorgabe der Wirtschaftlichkeit in sachlicher und personenbezogener Hinsicht plant, organisiert, entwickelt und kontrolliert. Management bedeutet da- mit die Anwendung des ökonomischen Kalküls auf Organisationen.“ 2

2.1 Strategisches Management

Das Strategische Management hat sich nach BEA/HAAS seit 1945 bis heute in vier Schritten entwickelt (siehe Darstellung 1). Die erste Entwicklungsphase ist die Planung (1945-1960), die zweite Phase die Langfristige Planung (1960- 1973), die dritte Phase die Strategische Planung (1973-1980) und die vierte Pha- se das Strategische Management von 1980 bis heute, wobei diese Phase in zwei Teilschritte bis 1995 und ab 1995 unterteilt ist. 3 Darstellung 1 geht näher darauf ein.

1 Vgl. Puch/Westermeyer, 1999, S. 27 f. und Becker/Fallgatter, 2005, S. 13f. 2 Puch/Westermeyer, 1999, S. 25 f. 3 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 20-28; Bea/Haas, 2001, S. 11-14 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 31-33. - 5 -

Phasen Zeit- Umweltsituation Modelle, Ansätze, Forscher raum Konzepte

Planung 1945- Wiederaufbau nach OR-Modelle, Churchman, 1960 dem 2. Weltkrieg (Finanz-) Planungsmodel- Ackoff, Ansoff, le, Hax, Müller-  Umwelt: Entscheidungs-/ Optimie- Merbach Deterministisch, rungsmodelle begrenzt linear- dynamisch, einfach

Langfristige 1960- Wirtschaftswachstum Prognosemodelle, Ansoff, Planung 1973 Wachstumsmodelle, Agthe, Gälweiler,  Umwelt: mehrjährige Planungsmo- Wild Weitgehend determi- delle, nistisch, Gesamtunternehmens- linear-dynamisch, modelle, begrenzt komplex Kennzahlensysteme

Strategische 1973- Ölkrise und Frühwarnsysteme, Szena- Ansoff, Boston Planung 1980 Destabilisierung rio-Analyse, Marktfor- Consulting Group, schung, strategisches Cyert/March,  Umwelt: Marketing, Ziel- und Pla- Henderson, Stochastisch, nungsmodelle, Stakehol- Mintzberg, Porter, turbulent-dynamisch, der- und Shareholderan- Williamson, komplex sätze, Portfolioansätze, Ulrich, Hahn Erfahrungskurvenkonzept, Lebenszykluskonzept, PIMS, Wertkette, Mana- gement- Informationssysteme

Strategi- 1980- Wachstumsgrenzen, Integration aller Füh- Ansoff, Chandler, sches 1995 Globalisierung, Dienst- rungssubsysteme, Hammer/Champy, Management leistungsgesellschaft Benchmarking, Business Mintzberg, Peters, (1) Reengineering, Lean Porter, Rappaport,  Umwelt: Management, Share- Senge, Ohmae, Hyper-turbulent, holder-Value, Desinvesti- Ouchi, Hinterhuber, komplex tionsmanagement Kirsch, Probst, Scholz

Strategi- ab 1995 Zunehmende Bedeu- Ganzheitliches Wertma- Nonaka, Polanyi, sches tung globaler Finanz- nagement, „objektorien- Kaplan, Norton, Management märkte; globale Wis- tierte“ Steuerungs- und Probst, Willke (2) sensgesellschaft: Führungskonzepte, Ba- Wissen als Produkti- lanced Scorecard onsfaktor Nr. 1, virtuel- le Märkte

 Umwelt: Hyper-turbulent, komplex

Darstellung 1: Von der Planung zum Strategischen Management 4

Eine ähnliche Einordnung der historischen Entwicklung, allerdings mit anderen Jahresangaben, findet sich bei ANSOFF, der zusätzlich die Entstehung von dy- namischen Systemen im Bereich des Management in engen Zusammenhang mit

4 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 14. - 6 - den Organisationsstrukturen stellt. Siehe dazu Darstellung 2, in der in vereinfach- ter Form die Entwicklung der operativen und der unternehmerischen Manage- ment-Systeme aufgezeigt ist. 5

Organisationsstrukturen Systeme Richtlinien und Vorschriften (1860) Implementierung (1900) Functional Structure (1910) (Arbeitsnormen u. -standards)

Personalplanung Anlagenplanung Finanzkontrolle Management by Objectives Budgetierung Kapitalbudgetierung

Planung von Projektplanung Informations- Gewinnplanung Systemen

Langfristplanung (1950)

Strategische Planung (1955)

Projektmanagement Planning-, Programming- Innovationsstruktur (1970) Budgeting (1960)

Analyse strategisch Strategisches Portfolio- wichtiger Probleme Management (1970)

Ressourcenplanung (1974) Produktabbau- Management

Strategische Management-Systeme (1974)

Darstellung 2: Entwicklung der Planungssysteme 6

5 Vgl. Ansoff, 1977, S. 62-65. 6 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ansoff, 1977, S. 64. - 7 -

2.1.1 Bedeutung des Begriffs Strategie

Bei den Begriffen Strategie und strategisch handelt es sich um gedankliche Kon- strukte. Sie sind daher unklar und vieldeutig und in der betriebswirtschaftlichen Literatur werden sie je nach Auffassung und Vorstellung unterschiedlich definiert und verwendet. MINTZBERG begründet diese Schwierigkeiten wie folgt: “It is important to remember that no-one has ever seen a strategy or touched one; every strategy is an invention, a figment of someone’s imagination.“ Die Wurzeln des Wortes Strategie lassen sich auf die altgriechischen Begriffe stratos = Heer und agein = führen zurückführen. Die ursprünglich rein militärische Bedeutung wandelte sich im Laufe der Zeit in eine allgemeinere Form im Sinne von Kunst der Staatsführung , wurde dann aber wieder auf den militärischen Be- reich eingeengt. 7 Eine nicht nur für den militärischen Bereich wichtige und weit beachtete Definition formulierte CARL VON CLAUSEWITZ (1780-1831) als Mitglied des preußischen Generalstabs. „Die Strategie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges; sie muß [!] also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen, welches dem Zweck desselben entspricht, d. h. sie entwirft den Kriegsplan, und an dieses Ziel knüpft sie die Reihe der Handlungen an, welche zu demselben führen sollen, d. h. sie macht die Entwürfe zu den einzelnen Feldzügen und ordnet in diesen die einzelnen Gefechte an. Da sich alle diese Dinge meistens nur nach Voraussetzungen bestimmen lassen, die nicht alle zutreffen, eine Men- ge anderer, mehr ins Einzelne gehender Bestimmungen sich aber gar nicht vorher geben lassen, so folgt von selbst, daß ß[!] die Strategie mit ins Feld ziehen muß [!], um das Einzelne an Ort und Stelle anzuordnen und für das Ganze Modifikationen zu treffen, die unaufhörlich erforderlich werden.“ 8 „Nach diesem Verständnis stellt die Strategie ein zielorientiertes Rahmenkonzept für Taktiken dar, das unter Ungewissheit zu formulieren sowie im Lichte der je- weils aktuellen Umweltinformationen ständig zu überprüfen ist.“ 9 In den Wirtschaftswissenschaften fand der Begriff der Strategie oder strategy erstmals im anglo-amerikanischen Wirtschaftsbereich Verwendung. JOHN VON NEUMANN und OSKAR MORGENSTERN, die Erfinder der so genannten Spiel- theorie , beschreiben in ihrem Buch „Theory of Games and Economic Behavior“

7 Vgl. Eschenbach/Kunesch, 1996, S. 5f., Kreikebaum, 1997, S. 17 und Bea/Haas, 2001, S. 50. 8 Oetinger/Ghyczy/Bassford, 2005, S. 110. 9 Kreikebaum, 1997, S. 18. - 8 -

(1944) Strategie als einen Plan. Dieser gibt an, welche Wahl er (der Spieler) zu treffen hat in allen nur möglichen Situationen, für jede nur mögliche wirkliche In- formation, die er in diesem Augenblick im Einklang mit dem Informationsschema, das die Spielregeln für diesen Fall vorsehen, besitzen kann. Strategie bezeichnet somit eine Folge voneinander abhängiger Einzelschritte, die auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet sind. 10 Kritisch muss allerdings angemerkt werden, dass eine mangelnde Übertragbar- keit des Strategiebegriffs der Spieltheorie auf die doch wesentlich komplexere unternehmerische Praxis besteht, wobei dabei zudem eher Probleme der opera- tiven als der strategischen Planung berücksichtigt sind (siehe dazu Kapitel 2.3.1 Grundlagen der strategischen Planung). Das berücksichtigt CHANDLER 1962 in seinem Werk „Strategy and Structure“. Er untersucht den Wachstumsprozess verschiedener Unternehmen und stellt fest, dass sich unterschiedliche organisationale Formen durch die jeweilige Stra- tegie des Unternehmens erklären lassen. Nach seiner aufgestellten These „Structure follows Strategy“ geht es primär um eine Kursbestimmung, eine Maß- nahmenanpassung und Ressourcen. 11 ANSOFF umschreibt 1965 den Begriff der Strategie ganz allgemein als Maß- nahme zur Sicherung des langfristigen Erfolges eines Unternehmens und wird durch sein Werk „Corporate Strategy“ zum Wegbereiter der Strategischen Pla- nung. 12 In den 80er Jahren beschreibt HABGOOD Strategie als eine destabilisierende Veränderung des Gleichgewichts und zwangsläufig als einen Führungskräfte einbindenden Prozess, d. h. neue Ideen und ihre Umsetzungen müssen zeitlich direkt zusammenwirken. 13 Somit gelte: „Strategie ist identisch mit Veränderung, aber nicht mit langfristiger Planung. Langfristige Planung führt nicht zu Veränderungen....“ 14 MINTZBERG unterscheidet mehrere Arten von Strategie. (a) Strategie ist ein Plan oder etwas Entsprechendes und (b) Strategie ist ein Muster, d. h. Bestän- digkeit im Verhalten über einen gewissen Zeitraum.

10 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 17-19 und Bea/Haas, 2001, S. 50. 11 Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2001, S. 9. 12 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 50 und Müller-Stewens/Lechner, 2001, S. 9. 13 Vgl. Oetinger, 1997, S. 594. 14 Oetinger, 1997, S. 593. - 9 -

Beide Definitionen scheinen Gültigkeit zu haben, aber nach MINTZBERG gibt es Unterschiede zwischen beabsichtigter, kalkulierter, intuitiver und verwirklichter Strategie (siehe Darstellung 3). 15

Darstellung 3: Strategieformen 16

Daneben sieht er (c) Strategie gleich Position, d. h. die Festlegung bestimmter Produkte auf bestimmte Märkte und (d) Strategie als Perspektive, d. h. die Art, wie sich ein Unternehmen verhält. Beide sollten im Prozess der Strategiebildung nicht getrennt voneinander gesehen und eingesetzt werden. Nicht ganz ernst gemeint fügt MINTZBERG noch einen weiteren Begriff für Strategie bei, nämlich (e) Strategie als Trick, d. h. ein bestimmtes Manöver, um einen Konkurrenten zu überlisten. 17 Nach KREIKEBAUM kennzeichnen drei wesentliche Merkmale eine Strategie. „Eine Strategie ist (1) ein Gesamtkonzept zur Erreichung eines Zieles oder meh- rerer Ziele, das (2) auf längere Zeit ausgelegt ist und (3) aggregierte Größen be- inhaltet.“ 18 Eine relativ junge Definition von SIMON und VON GATHEN lautet: „Strategie ist somit die Kunst und die Wissenschaft, alle Kräfte eines Unternehmens so zu

15 Vgl. Mintzberg, 1995, S. 29-35. 16 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Mintzberg, 1995, S. 32. 17 Hier bezieht sich Mintzberg ausdrücklich auf andere Autoren wie Porter und Drucker. Weitere Ausführungen dazu finden sich bei Becker/Fallgatter, 2005, S. 54-62. 18 Kreikebaum, 1997, S. 19. - 10 - entwickeln und einzusetzen, dass ein möglichst profitables, langfristiges Überle- ben gesichert wird.“ 19 Die vorherigen Ausführungen zeigen, dass eine allgemein gültige Definition des Begriffs Strategie kaum zu finden ist, da sie nicht nur von der Sichtweise des jeweiligen Autors, sondern auch von Zeitgeist und Umwelteinflüssen geprägt wird. WELCH schreibt dazu folgendes: „Natürlich interessiert sich jeder für das Thema Strategie. Muss man ja. Aber die meisten Manager, die ich kenne, betrachten Strategie genau wie ich – als vage Definition der Vorgehensweise, die man re- gelmäßig überdenkt und den sich ändernden Marktbedingungen anpasst. Strate- gie beschreibt einen sich wiederholenden Prozess und ist ganz bestimmt nicht so theoretisch oder so entscheidend über Leben und Tod, wie es uns manche Leute glauben machen wollen.“ 20 Er geht davon aus, dass Strategie in drei Schritten funktioniert: Erstens eine zündende Idee für das Geschäft, zweitens die richtigen Leute in den Führungspositionen und drittens Best Practice und kontinuierliche Verbesserung. Somit kann sich eine Strategie am besten in einer lernenden Or- ganisation entfalten. 21

2.1.2 Begriff und Wesen von Management

Der Begriff Management wird häufig mit Unternehmensführung gleichgesetzt. Damit werden alle generellen Fragen der Unternehmensführung in erwerbswirt- schaftlich tätigen Organisationen zu Managementaufgaben. Anders sieht es für den Bereich der nicht erwerbswirtschaftlich tätigen Organisationen oder zum Bei- spiel in der Verwaltung aus. Hier gibt es durchaus Unterschiede zwischen Mana- gement und Unternehmensführung. 22 Grundsätzlich lässt sich der Begriff Management in zwei voneinander abwei- chende Bereiche trennen: (1) Dabei geht es um Einzelpersonen im Sinne von Führungskräften oder Mana- gern, aber auch um Organe wie Vorstand und Geschäftsleitung, Abteilungslei- tung oder Sachbearbeiter als Institutionen, die Führungsaufgaben wahrnehmen. Je nach Hierarchieebene werden dabei unterschiedliche Aufgabentypen und Verantwortungsbereiche unterschieden. Die Unternehmensleitung oder auch das

19 Simon/von der Gathen, 2002, S. 7. 20 Welch/Welch, 2005, S. 180. 21 Welch/Welch, 2005, S. 181f. 22 Vgl. Becker/Fallgatter, 2005, S. 13f. - 11 -

Top-Management sind vorrangig für die Entwicklung von Grundsätzen, Zielen und Strategien verantwortlich. Im mittleren Bereich geht es dann vornehmlich um die Umsetzung und die operative Unternehmensführung, während im unteren Bereich die Schnittstelle zur Ausführungsebene liegt und vorrangig Sachaufga- ben erfüllt werden (siehe Darstellung 4). 23

Darstellung 4: Hierarchische Arbeitsteilung 24

(2) Auf der anderen Seite sind Funktionen wie Unternehmensführung, Führungs- systeme und -prozesse gemeint, die als Aufgaben zumeist arbeitsteilig zu erfül- len sind. Diese Aufgaben können inhaltlich vielfältig sein – betreffen sie aber Kernaufgaben im Bereich der Managementaufgaben, dann sind sie sich doch sehr ähnlich. 25 In der Literatur finden sich unterschiedliche Aussagen zu den wesentlichen Schlüsselprozessen im Managementbereich, wie zum Beispiel Planung, Organi- sation, Kontrolle, Personalverwaltung und -organisation, Führung und Entwick- lung, Budgetierung, Marketing oder Innovation. Jedoch erfüllen Management- funktionen als Querschnittsfunktion immer die Aufgabe, das effiziente betriebliche Zusammenspiel zwischen anderen betrieblichen Sachfunktionen sicherzustellen. Führungsfunktionen unterstützen zudem die Sachfunktionen bei der Wahrneh- mung ihrer Aufgaben.

23 Vgl. Becker/Fallgatter, 2005, S. 14-16. 24 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Becker/Fallgatter, 2005, S. 16 25 Vgl. Puch/Westermeyer, 1999, S. 26-29 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 13-21. - 12 -

Managementtätigkeiten sind daher als ein Instrumentarium von Hilfsmitteln und Techniken zu sehen, die auf rationalen Überlegungen und Erfahrungen beruhen und eine sinnvolle Ergänzung zu Führungstätigkeiten bieten. 26 Darstellung 5 beschreibt die Aufgaben und Funktionen des Managements an- schaulich.

Darstellung 5: Aufgaben und Funktionen des Managements als Querschnittsfunktion 27

2.1.3 Begriff und Aspekte der Führung

Im Zusammenhang mit dem Begriff Management steht auch häufig der Begriff Führung , der aber vieldeutig ist und situationsbezogen angewandt wird. Einmal im Zusammenhang mit Unternehmens- und Organisationsführung, zum anderen als Mitarbeiter- und Personalführung. Beim letzteren handelt sich um eine formel- le Art der Führung durch Vorgesetzte oder Leitungskräfte. Sie sind als Führungs- kräfte in Hierarchien, Regelungen und Verpflichtungen eingebunden und haben Verantwortung für Führungsaufgaben in Unternehmen und Organisationen. 28 In der Management-Literatur werden in diesem Zusammenhang unterschiedliche idealtypische Führungsstile diskutiert. Empirische Untersuchungen in den USA haben gezeigt, dass grundsätzlich kein Führungsstil aufgrund der Leistungsmaße vorzuziehen ist. Nur im Hinblick auf mögliche Einstellungsänderungen erweist

26 Vgl. Decker, 1997, S.68f. 27 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Puch/Westermeyer, 1999, S. 29 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 20. 28 Vgl. Puch/Westermeyer, 1999, S. 207-211. - 13 - sich der kooperative Führungsstil als vorteilhaft, der speziell in großen deutschen Unternehmen überwiegend angestrebt wird. 29 Darstellung 6 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Führungsstile.

Darstellung 6: Führungsstile 30

WUNDERER/GRUNWALD definieren Führung in Organisationen als „zielorien- tierte soziale Einflussnahme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in/mit einer strukturierten Arbeitssituation“. 31 Neben den allgemeinen Managementzielen hat Führung spezielle Führungsziele zu berücksichtigen: (1) die Effizienz und Qualität der erbrachten Leistungen, (2) die Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und (3) den Erhalt der Organisation (siehe Darstellung 7). Im Laufe der Zeit sind unterschiedliche Führungsmodelle entwickelt worden, die sich in ihren Menschenbildern und dem Grad der Komplexität des Führungsgeschehens unterscheiden, d. h. sowohl Werte und Einstellungen der Menschen als auch sachbezogene Ziele wirken sich auf die Führungsphilosophie aus. Somit ist Führen ein zeitbedingtes Handeln. 32 Führung bezeichnet aber auch einen Prozess, der vor allem durch Kommunikati- on, aber auch durch Motivation, Überzeugung und Hilfe dazu beiträgt, einzelne

29 Vgl. Franke/Zerres, 1994, S. 213-221. 30 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Franke/Zerres, 1994, S. 220. 31 Wunderer/Grunwald, 1980, S.62. 32 Vgl. Decker, 1997, S.62f und Puch/Westermeyer, 1999, S. 207-209. - 14 -

Menschen oder eine Gruppe auf (vornehmlich) zwangsfreie Weise in eine ge- meinsame Richtung zu bewegen. Somit unterstützt der Führungsprozess nicht nur eine Strategieentwicklung, sondern fördert auch die Strategieumsetzung. 33

Darstellung 7: Führungsziele 34

„Die dynamischen Herausforderungen von heute (wie neue Wettbewerbssituati- on, neue Technik, neue Werte, veränderte Mitarbeiter u. a.) verlangen mehr Füh- rung. Statt wie früher, „keine Experimente“, (so hieß ein Slogan) brauchen wir heute Mut zu Neuerungen, Bereitschaft und Fähigkeiten zum Wandel, Flexibilität, Personal- und Organisationsentwicklung, beherzte neue Initiativen , also eine neue Qualität an Management und Führung, die weit über Verwalten und opera- tives Handeln hinausgeht.“ 35 Dieser Führungsbedarf entsteht zunehmend nicht mehr nur auf der Ebene der oberen und mittleren Führungskräfte, sondern sogar beim unteren Management.

2.1.4 Gegenstand und Aufgaben des Strategischen Managements

Durch eine Vielzahl von Veränderungen der Unternehmensumwelt haben sich die Anforderungen an die Unternehmen in den westlichen Industrieländern deut- lich erhöht und betreffen eine Vielzahl von Unternehmensfeldern (siehe Darstel- lung 8).

33 Vgl. Becker/Fallgatter, 2005, S. 145 und Decker, 1997, S.69. 34 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Puch/Westermeyer, 1999, S. 208. 35 Decker, 1997, S.83. - 15 -

Vorindustrielle Zeit Industrielle Zeit Nachindustrielle Zeit um 1900 ab 1930 um 2000

Produktions- Handwerkliche Industrielle Massen- Integrierte und flexible verfahren Produktion produktion; Fertigungssysteme; elektronisch gesteuerte computer-integrierte Fertigungsanlagen Fabrik; globale, temporäre Produktionsnetzwerke

Art der Individualprodukte Homogene Massen- Heterogene und neuar- Produkte produktion tige Produkte; Zunahme von Dienst- leistungen; Virtuelle Produkte; Intelligente Produkte

Kaufkraft Privilegien Massenkaufkraft Wohlstand

Geographi- Standortorientierung Internationalisierung Weltorientierung sche Verbrei- (Globalisierung) tung

Einfluss der Reglementierung Liberalismus Wachsende Einfluss- Gesellschaft nahme der Politik und auf die Unter- von Interessengruppen nehmung

Darstellung 8: Veränderungen der Unternehmensumwelt 36

Eine wesentliche Veränderung betrifft Produktionsverfahren, die sich seit der vorindustriellen Zeit um 1900 dynamisch entwickelt haben. Dazu gehören die Einführung des Fließbandes durch Henry Ford, elektronisch gesteuerte Ferti- gungsanlagen und Roboter-Fertigung, Mikro-Elektronik, aber auch das Zusam- menwachsen von Informationsverarbeitung und Telekommunikation. Die Art der Produkte hat sich aufgrund des technologischen Fortschritts und des stärkeren Differenzierungsgrades bei den Nachfragern von der Produktionsorientierung zur Marktorientierung verlagert. Zudem ist eine wachsende Nachfrage im Bereich immaterieller Güter, d. h. insbesondere Dienstleistungen in den Bereichen Finan- zen, Gesundheit/Fitness und Reisen/Tourismus zu beobachten. Die Veränderung der Kaufkraft der Bevölkerung und die Globalisierung, sowohl der Unternehmen als auch der Nachfrager, stellen besondere Anforderungen an die Unternehmen. Zudem nehmen immer mehr Interessengruppen in der Gesellschaft verstärkt Einfluss auf die Unternehmen, zum Beispiel bei Störfällen in Chemieunterneh-

36 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S.7. - 16 - men, Standortentscheidungen großer Automobilunternehmen oder auch For- schungsaktivitäten im Bereich Biologie und Medizin (Gentechnologie). Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang die aktuellen und potenziellen Kapital- und Anteilseigner (Shareholder Value-Orientierung). 37 Organisatorische und personelle Aktivitäten setzen somit den Rahmen für das Strategische Management. Es werden keine punktuellen Maßnahmen verlangt, sondern eine Anpassung und Koordination des gesamten Unternehmens mit seinen verschiedenen Subsystemen. ANSOFF sieht vor allem die Struktur, die Kultur und das Verhalten des Unter- nehmens, während andere Autoren durchaus abweichende Vorstellungen haben. Für HAX/MAJLUF bestehen die Aufgaben des Strategischen Managements in einer Integration von Planungssystem, Führungskontrollsystem, Kommunikati- ons- und Informationssystem, Motivations- und Belohnungssystem, Organisati- onsstruktur und Unternehmenskultur. HAHN hält Unternehmensphilosophie, Zie- le, Strategische Planung, Organisationsplanung, Führungskräftesystemplanung, Implementierung, Kontrolle und Unternehmenskultur für wesentlich, KIRSCH die Formulierung von Zielen, Grundsätzen und Strategien sowie deren Umsetzung. MC KINSEY verlangt die Abstimmung von sieben Subsystemen und unterschei- det dabei harte (Strategie, Organisationsstruktur, Prozesse und Programme) und weiche (Selbstverständnis, Spezialkenntnisse, Stammpersonal, kultureller Stil) Faktoren. 38 Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Strategische Management „auf die Bewältigung der aus den Herausforderungen der Umwelt resultierenden Anforde- rungen an die Unternehmung ausgerichtet“ 39 ist. Dazu gehören zum einen die Abstimmung von Unternehmung und Umwelt, zum anderen die Abstimmung der Subsysteme innerhalb der Unternehmung. Dies beinhaltet vor allem Planung, Kontrolle, Information, Organisation, Unternehmenskultur und Leistungspotenzia- le. Es wird dabei jedoch keine Strategie geben, die sich als Patentrezept auf alle Unternehmen anwenden ließe.

37 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 6-9. 38 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 15-17. 39 Bea/Haas, 2001, S. 22. - 17 -

2.2 Strategische Unternehmensführung

Die strategische Unternehmensführung beinhaltet die Entwicklung von Leitbildern und Visionen, konkreten unternehmenspolitischen Zielen sowie die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien, um Zukunftschancen nutzen zu können. Die meisten Strategiekonzepte und -instrumente sind in den letzten dreißig Jah- ren entstanden, wobei manche mit einem neuen Namen auf älteren Grundideen aufbauen, andere sich als kurzlebige Modeerscheinungen erweisen. Das Gebiet der Strategie gehört somit zu den innovativsten der Betriebswirtschaftslehre. Auch wenn es unterschiedliche Konzepte und Instrumente gibt, haben sie den- noch eines gemeinsam: Sie tragen zum Überleben des Unternehmens bei, indem sie die Wettbewerbsfähigkeit, den Kundennutzen, den Shareholder Value und die Bewältigung der Zukunft fördern. „Strategische Unternehmensführung ist die Art zu führen, die alle Komponenten der Führung – die unternehmerische Vision, die Unternehmenspolitik und -kultur, die Strategien, die Direktiven für die Funktionsbereiche und regionalen Einheiten, die prozessorientierte Organisation, das Motivations- und Planungssystem, das Controlling, die Produkte und Dienstleistungen – integriert und harmonisiert; sie ist eine integrierte Gesamtheit von Einstellungen, Entscheidungs- und Hand- lungshilfen, mit denen die Unternehmung in einem turbulenten Umfeld Werte und Nutzen für alle „Stakeholder“ schaffen kann.“ 40 FREEMAN definiert Stakeholder als Gruppen oder Individuen, die ein Unterneh- men beeinflussen oder von einem Unternehmen beeinflusst werden (siehe Dar- stellung 9).

40 Hinterhuber, 1997, S. VII. - 18 -

Darstellung 9: Stakeholder eines Unternehmens 41

2.2.1 Modelle, Ansätze, Instrumente und Ansichten

Im Lauf der letzten Jahrzehnte sind eine Vielzahl von Modellen und Instrumenten zur Strategischen Unternehmensführung entwickelt worden. Die theoretischen Ansätze und Ansichten sind teilweise unterschiedlich, teilweise aber auch sehr ähnlich. Grundsätzlich lassen sich die verschiedenen Modelle und Instrumente in zwei Kategorien einteilen, deren Schwerpunkte einmal analysebezogen sind, d. h. sie haben eher Planungscharakter, sind tendenziell eher quantitativ und eindeutiger strukturiert. Auf der anderen Seite gibt es die eher umsetzungsbezo- genen Instrumente, die stärker auf Führung ausgerichtet sind und mehr qualitati- ve Merkmale haben und oft auf die inneren Mechanismen eines Unternehmens zielen. Die verschiedenen strategischen Instrumente und Modelle ersetzen aber nicht das eigenständige, kreative Denken; sie unterstützen es nur und dürfen nicht als Patentlösungen angesehen werden. 42 Darstellung 10 geht auf die verschiedenen Instrumente näher ein.

41 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S.59 und Belak, 1997, S. 137. 42 Vgl. Simon/von der Gathen, 2002, S. 9-11. - 19 -

Analysebezogene Instrumente Umsetzungsbezogene Instrumente  Vision  Optionenauswahl  Geschäftsdefinition  Supply Chain Management  Instrumente des Qualitätsmanage-  Portfolioanalyse ments  Instrumente des Wissensmanage-  Kompetenz-Mapping ments  Wertkettenanalyse  Instrumente für das Outsourcing  Szenario-Analyse  Balanced Scorecard des Unternehmens des Unternehmens  Organisatorische Fit-Analyse  Investor Marketing

Instrumente für die Strategie Strategie für die Instrumente  Konkurrenzaufklärung  Polaritätsmanagement

 Strategische Geschäftsfeld-  Value-to-Customer Analyse  Comstrat-Analyse  Marktsegmentierung  Benchmarking  Instrumente des Produkt-Bundling  SWOT-Analyse  Instrumente des Pricing  Erfahrungskurven-Analyse  Instrumente der Marktkommunikati- on  Lebenszyklus-Analyse  Instrumente der Distribution Geschäftseinheiten Geschäftseinheiten  Brand-Equity-Analyse  Decision-Support-Systeme  Analyse des Kaufverhaltens  Kundenbindungsmaßnahmen Instrumente für die Strategie von Strategie für die Instrumente

Darstellung 10: Instrumente für die Strategie des Unternehmens und der Geschäftseinheiten 43

2.2.2 Objekte und Aufgaben der Strategischen Unternehmensführung

In der momentanen wirtschaftlichen Situation kann man sich kaum ein erfolgrei- ches Unternehmen vorstellen, dass seine Käufer, Lieferanten, Mitbewerber, Geldgeber, den Staat und auch die Öffentlichkeit vernachlässigen würde. (siehe dazu auch Darstellung 9). Im Mittelpunkt steht dabei weniger die Erwirtschaftung kurzfristiger Erfolge, son- dern vielmehr die langfristige Bestandserhaltung und -erweiterung der Unter- nehmung. Die strategische Führung eines Unternehmens findet in einem kontinuierlichen und komplexen Prozess statt. Dieser Prozess wird durch die Formulierung einer unternehmerischen Vision, die ihren Niederschlag in der Unternehmenspolitik und -kultur findet, und die Integration der Strategien mit den Direktiven für die

43 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Simon/von der Gathen, 2002, S. 10. - 20 -

Funktionsbereiche und regionalen Einheiten, der prozessorientierten Organisati- on, der operativen Planung und den Motivations- und Überwachungssystemen gekennzeichnet. 44 „Dynamik und Komplexität von Umweltveränderungen haben zugenommen. Die Unternehmen geraten in starkem Maße in die Abhängigkeit von der Umwelt. Daraus erwachsen neue Anforderungen an die Unternehmen.“ 45 Diese Anfor- derungen lassen sich in zwei Kategorien einteilen: (1) Anforderungen an die Beziehungen zur Umwelt. Das bedeutet eine stärkere Außenorientierung der Unternehmen, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können und setzt Offenheit, Marktnähe, Kundenorientierung und Kooperati- onsfähigkeit voraus. Daraus ergeben sich (2) Anforderungen an die Binnenstruktur des Unternehmens. Diese Binnenorien- tierung verlangt die Entwicklung leistungsstarker Ressourcen, Potenziale und Kompetenzen, die sich in der Flexibilität, der Kreativität und der Innovationsfähig- keit und -bereitschaft der Mitarbeiter zeigt. 46 Das bedeutet aber auch, dass die ganzheitliche Entwicklung des Unternehmens erreicht werden muss und zwar nicht nur als Folge einzelner Verwaltungs- und Führungsmaßnahmen, sondern durch einen dauerhaften, systematischen Pro- zess. Dieser beinhaltet neben der Entwicklungsidee, der Vision, der Politik, den Strategien, den Aufgaben auch die Entwicklungspotentiale, die auf allen Ebenen eines Unternehmens bestehen. 47 HINTERHUBER beschreibt umfassend die Aufgaben der Strategischen Unter- nehmensführung wie folgt: „Die strategische Führung der Unternehmung verlangt, ausgehend von einer stärkeren Einbeziehung von Umwelt- und Wettbewerbsüberlegungen sowie der Erforschung der Kräfte, die hinter der Umwelt- und Wettbewerbsdynamik wirken, soweit sie die Unternehmung betreffen: (1) eine unternehmerische Vision, (2) eine Gesamtheit von unternehmenspolitischen Grundsätzen, die ihren Niederschlag in einem Leitbild finden, (3) die Formulierung differenzierter Strategien für die verschiedenen strate- gischen Geschäftseinheiten oder Produkt-/Markt-Kombinationen, die Konzentration strategischer Analysen auf kritische Bereiche, ein Denken

44 Vgl. Hinterhuber, 1997, S. V. 45 Bea/Haas, 2001, S. 9. 46 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 9f. 47 Vgl. Belak, 1997, S. 134-138. - 21 -

in Alternativen, Bandbreiten und Wenn-/Dann-Konstellationen, eine aus- geprägte und klare Schwerpunktbildung und einen differenzierten Ansatz in der Ressourcenzuteilung, (4) die direkte Umsetzung der gewählten Strategien in Aktionsprogramme mit Hilfe von Direktiven für die Funktionsbereiche und regionalen Einhei- ten, (5) die strategiegerechte, prozeßorientierte [!] Gestaltung der Organisation, die Aufteilung der Unternehmenstätigkeiten auf strategische Geschäfts- einheiten sowie deren Führung und Koordination im Hinblick auf die Verwirklichung der Gesamtstrategie, (6) ein effizientes Planungs-, Motivations- und Überwachungssystem für die Durchführung der Strategien, und (7) eine Unternehmenskultur, die alle Mitarbeiter bewegt, sich engagiert und motiviert für die Umsetzung der Strategien einzusetzen.“ 48

2.3 Strategische Unternehmensplanung

Die „Unternehmensstrategie muß [!] zum Ziel haben, ein sich ständig verändern- des, dynamisches Gleichgewicht einer Vielzahl von Wettbewerbern zu beherr- schen. Für Unternehmungen wie für Staaten ist eine dauerhafte Koexistenz das große Ziel, nicht die Vernichtung des Konkurrenten. Zweck der Strategie im Krieg wie im Frieden ist eine langfristig stabile Beziehung zwischen den Wettbewerbern unter den günstigsten Bedingungen.“ 49 Das bedeutet für die Strategische Unternehmensplanung ein systematisches Herausfinden und Entscheiden einerseits über Arbeitsgebiete (Produkte, Leis- tungen und Märkte), andererseits über Marktpositionen, die die besten Voraus- setzungen für eine langfristige Sicherung der Überlebensfähigkeit des Unterneh- mens bieten. Dabei ist stets das Gesamtunternehmen mit allen seinen Teilfunkti- onen zu betrachten. Das beinhaltet ausreichende Aussagen über einzuschlagen- de Vorgehensweisen und die dafür im Zeitablauf notwendigen sachlichen, perso- nellen und finanziellen Ressourcen. Für die Strategische Unternehmensplanung insgesamt, bei der es um die Sicherung der Effektivität eines Unternehmens geht, ist immer die Unternehmensleitung verantwortlich. 50

48 Hinterhuber, 1997, S. VI. 49 Zakon, 1997, S. 25. 50 Vgl. Gälweiler, 1981, S. 84 und Kreikebaum, 1997, S. 20f. - 22 -

ANSOFF sieht die Erfolge der Strategischen Planung kritisch und als bescheiden an, vor allem wenn es um die Bewältigung von Überraschungen geht. Darunter versteht er plötzliche, unausweichliche, unbekannte Veränderungen der Unter- nehmungs-Perspektive (zum Beispiel Ölkrise), deren Entstehen von den Ent- scheidungsträgern oftmals ignoriert wird (schwache Signale). Eine Ursache dafür ist das schwerfällige, kostenaufwändige und Zeit raubende Verfahren, nach dem die meisten Unternehmen ihre Planungen vorbereiten. Hinzu kommen eine Be- schleunigung der Rate von Umweltveränderungen sowie die zunehmende Größe und Komplexität der Unternehmen. Ein weiteres Problem sieht er in der Be- schränkung der verfügbaren Informationen. Informationen sind nur brauchbar, wenn sie einerseits weit genug in die Zukunft prognostizierbar sind, andererseits durch den Inhalt der Prognosen ein Abschätzen der Wirkungen auf die Unter- nehmung, eine Auswahl treffsicherer Reaktionen und ein Abschätzen der poten- tiellen gewinnrelevanten Wirkungen dieser Reaktionen möglich ist. 51

2.3.1 Grundlagen der strategischen Planung

Die Literatur zur strategischen Unternehmensplanung enthält eine Fülle unter- schiedlicher Begriffsabgrenzungen und Definitionen. KREIKEBAUM gibt folgende umfassende Arbeitsdefinition: „Strategische Unternehmensplanung beschreibt in präskriptiver Sicht den Pro- zess, in dem eine rationale Analyse der gegenwärtigen Situation und zukünfti- gen Möglichkeiten und Gefahren zur Formulierung von Absichten, Strategien, Maßnahmen und Zielen führt. Diese Bausteine des strategischen Planungs- prozesses geben an, wie das Unternehmen unter bestmöglicher Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen die durch die Umwelt bedingten Chancen wahr- nimmt und die Bedrohungen abwehrt.“ 52 Darstellung 11 zeigt den Prozess der strategischen Unternehmensplanung an- schaulich.

51 Vgl. Ansoff, 1981, S. 233-237 und Kotler et al., 2003, S. 156. 52 Kreikebaum, 1997, S. 21. - 23 -

Darstellung 11: Grundmodell der strategischen Unternehmensplanung 53

Nach KOTLER besteht ein strategischer Plan aus folgenden Bestandteilen: (1) aus der Mission oder dem Generalauftrag des Unternehmens (Unternehmens- zweck), (2) aus den strategischen Zielen (messbare, strategische Zielvorgaben), (3) aus einer strategischen Bestandsaufnahme (extern und intern), (4) aus einer besonderen Analyse der Chancen und Gefahren bzw. Stärken und Schwächen, (5) aus der Portfolioanalyse (Gesamtheit der Produktlinien und Geschäftsfelder) sowie (6) aus Zielen und Strategien. 54 Grundsätzlich gilt aber, dass sich die Strategische Planung von der Operativen Planung (kurz-, mittel- und langfristige Planung) oder auch Durchführungspla- nung unterscheidet und Ausdruck der Verpflichtung und des Willens der Unter- nehmensleitung sein sollte. Sie bildet den Rahmen, innerhalb dessen heute not- wendige Entscheidungen getroffen werden und in den neue Entscheidungen in Zukunft eingefügt werden können, mit dem Ziel der Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolges. 55 Dazu gehören ein klarer strategischer Plan, eigene Zielstellungen und ein funkti- onierendes operatives Planungssystem. Dadurch wird das Unternehmen ge- zwungen, sich eine systematische und rationale Denkweise anzueignen, Zielvor- stellungen zu präzisieren und klare Leistungsvorgaben für die Steuerung zu ma- chen. 56 Darstellung 12 erläutert Faktoren der Strategischen und Operative Planung.

53 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kreikebaum, 1997, S. 38. 54 Vgl. Kotler et al., 2003, S. 162-180. 55 Vgl. Hinterhuber, 1997, S. 205. 56 Vgl. Hinterhuber, 1997, S. 205 und Kotler et al., 2003, S. 156. - 24 -

Strategische Planung Durchführungsplanung (Operative Planung) Ausrichtung Ausrichtung - Auswahl der Produkt/Markt Kombinatio- - Realisierung des Gewinnpotentials inner- nen unter langfristigen Gewinngesichts- halb der gewählten Produkt/Markt- punkten und Einhaltung von Randbedin- Kombinationen gungen - entsprechende Zuteilung der insgesamt - Budgetierung der Ressourcen nach verfügbaren Ressourcen an die strategi- Funktionsbereichen und regionalen schen Geschäftseinheiten nach Maßgabe Einheiten der Kernkompetenzen - innovationsorientiert, ganzheitlich - operationsorientiert, inkremental Weitgehend qualitativ Weitgehend quantitativ - Beurteilung von Trends, Kernkompeten- - zwingt Beteiligte, Programme zu zen und Konkurrenzstrategien; „Erfinden erarbeiten der Zukunft.“ - Finanzdaten hauptsächlich zur Bewertung - sehr spezifische Details und Zahlen von Alternativen erforderlich - Rahmen für konkrete Aktionspläne - kreatives Problemlösen und „Führung (Durchführungsplanung) durch Vereinbarung von Zielen“ Hauptinstrumente Hauptinstrumente - Portfolio-Matrix, Wertschöpfungskette, - kurz-, mittel- und langfristige Pläne Konkurrentenanalyse, Szenario- - Netzplantechnik Techniken, Kernkompetenzen, Wenn/Dann-Überlegung Art der Planung Art der Planung - wenig strukturiert - stark strukturiert, systematische Verfahren - kontinuierlich, problemorientiert - periodisch, organisationsorientiert - auf Produktfunktionen ausgerichtet - auf Produktspezifikationen ausgerichtet - Planung, Koordination und Kontrolle aller - Neuorientierung der Unternehmung Unternehmungstätigkeiten - Absicherung der Unternehmung gegen- - vorwiegend auf Extrapolation aufgebaut über strategischen Überraschungen, Ent- und somit wenig geeignet, Diskontinuitä- decken neuer Möglichkeiten ten in bestimmten Bereichen aufzudecken Schwerpunkt auf Alternativen Schwerpunkt auf Verpflichtungen - Infragestellung bestehender oder empfoh- - Linienführungskräfte vereinbaren sinnvol- lener Strategien ist erwünscht le, anspruchsvolle Ergebnisziele - strategische Entscheidungen wechseln - Führungsleistung wird an eigenen Plänen abhängig gemessen - Unternehmensleitung prüft Pläne auf Durchführbarkeit, die von den Linienfüh- rungskräften erstellt werden - Hauptverantwortung liegt bei Unterneh- - Hauptverantwortung liegt bei Leitern der mensleitung und bei den Führungskräften, Funktionsbereiche und regionalen die für strategische Geschäftseinheiten Tochtergesellschaften verantwortlich sind Entscheidungsorientiert Ergebnisorientiert

Darstellung 12: Gegenüberstellung von strategischer und operativer Planung 57

57 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Hinterhuber, 1997, S. 206. - 25 -

Die Strategische Planung gibt mit ihren umfassenden und zeitlich so weit wie möglich in die Zukunft reichenden Ansätzen nach GÄLWEILER die Richtung für alle anderen Planungen an. Sie setzt somit die Grenzen für die Aktionsspielräu- me und bestimmt die Aufgaben sachlich, zeitlich und ökonomisch in ihren we- sentlichen Ergebnissen. 58 Somit ist Strategische Planung ein informationsverarbeitender Prozess, der sich nach BEA/HAAS in fünf einzelne Teilprozesse gliedert. Das sind (1) Zielbildung, (2) Umweltanalyse, (3) Unternehmensanalyse, (4) Stra- tegiewahl und (5) Strategieimplementierung. Dieser Gesamtprozess umfasst die „Abstimmung von Anforderungen der Umwelt mit den Potenzialen des Unter- nehmens in der Absicht, mit Hilfe von Strategien den langfristigen Erfolg eines Unternehmens zu sichern“. 59 Nach KREIKEBAUM sind eine Analyse und Prognose der internen und externen Umweltbedingungen als vorgelagerte Schritte vorzunehmen und Aussagen über die langfristig verfolgten Absichten des Unternehmens zu treffen. Der Strategie- findung folgt die Festlegung konkreter Maßnahmen und Zielerreichungsgrade zeitlich nach. 60 Wie aus den Ausführungen zu ersehen ist, wird der strategische Planungspro- zess in der Literatur unterschiedlich gegliedert, sowohl in der Anzahl der Teilpro- zesse als auch in deren Reihenfolge. Gelegentlich wird auch die strategische Kontrolle als Teilprozess gesehen. Da alle Teilprozesse in Form von Vor- und Rückkopplungsprozessen miteinander verknüpft sind und die jeweiligen Modelle idealtypischen Charakter haben, kommt es zu einer unterschiedlichen Sichtwei- se, je nach Ansatz und Standpunkt des Autors. Im Lauf der Jahrzehnte hat sich eine Fülle von Planungstechniken, -methoden und -verfahren entwickelt, die verschiedene Planungsprozesse erleichtern und verbessern sollen. Sie ermöglichen Arbeitsteilung und erhöhen durch Transpa- renz die Voraussetzungen für die Kontrolle (siehe Darstellung 13). Im Zeitalter der Computertechnik besteht allerdings die Gefahr, durch EDV-gestützte Pla- nungssysteme keinerlei intuitive Momente zuzulassen und somit in eine Technik- abhängigkeit zu geraten.

58 Vgl. Gälweiler, 1981, S. 84. 59 Bea/Haas, 2001, S. 49. 60 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 20f. - 26 -

Komponenten des strategischen Techniken der strategischen Pla- Planungsprozesses nung Zielbildung Kennzahlensysteme Deduktive Zielauflösung Umweltanalyse Marktanalyse Branchenanalyse nach Porter Indikatorenanalyse Stakeholder-Ansatz Chancen-/Risiko-Analyse Prognoseverfahren Szenario-Analyse Früherkennungssysteme Konzept der Schwachen Signale Unternehmensanalyse Potenzialanalyse Ressourcenanalyse Wertkettenanalyse Stärken-Schwächen-Analyse Konkurrentenanalyse Benchmarking PIMS-Studie Produktlebenszyklus-Analyse Erfahrungskurven-Analyse Preiserfahrungskurven-Analyse Strategische Kostenanalyse Target Costing Prozesskostenrechnung Lebenszyklusorientierte KER Kombination von Umweltanalyse und Portfolio-Analyse Unternehmensanalyse Lückenanalyse Strategiewahl Portfolio-Analyse Planungsmodelle Strategieimplementierung Budgetierung Balanced Scorecard Synoptische und inkrementale Planung Retrograde, progressive, zirkuläre Planung

Darstellung 13: Planungsprozess und Planungstechniken 61

2.3.2 Strategische Ziele

Als generelles Ziel der strategischen Planung wird häufig die Effektivität genannt, die durch eine Relation aus aktuellem und erwünschtem Output erfasst wird und als Leitlinie für langfristiges Handeln angesehen wird. Anschaulich ausgedrückt bedeutet Effektivität, die richtigen Dinge tun ( to do the right things ). Im Gegensatz dazu steht die Effizienz, die das Verhältnis von aktuellem Output zu aktuellem Input misst und als Kriterium für kurzfristige Planung angesehen wird. Effizienz heißt, die Dinge richtig tun ( to do things right ). 62

61 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 58. 62 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 67f. - 27 -

Die Bildung strategischer Ziele und deren Einbindung in den Planungsprozess werden nicht einheitlich gesehen. Es stellt sich die Frage, ob man Ziele braucht, damit man Probleme überhaupt erkennen kann oder ob die Ziele sich aus der Problemanalyse ergeben? Zwei Aspekte werden als Gründe genannt, warum es nicht möglich ist, zu Beginn des Planungs- und Entscheidungsprozesses quanti- fizierbare Ziele festzulegen: „(1) Die zunehmende Dynamik und Komplexität der Umweltbedingungen macht es unmöglich, die Auswirkungen aller Einflußgrößen [!] auf eine oder wenige Zielgrößen uno acto zu erfassen und zu bewerten. (2) Der wachsende Wettbewerbsdruck hat in Verbindung mit rapidem technologi- schem Wandel dazu geführt, daß ß[!] Erfolgschancen seltener auftreten und schwieriger zu finden sind.“ 63 BEA/HAAS beschreiben sechs wesentliche Funktionen der strategischen Zielset- zung: „(1) Ziele liefern Kriterien für die Bewertung von Alternativen... (2) Ziele sind geeignet, Teilaktivitäten zu integrieren... (3) Ziele stellen Vorgaben dar und sollen daher die Mitarbeiter motivieren... (4) Ziele informieren sowohl die Mitar- beiter als auch die Unternehmensumwelt über die zukünftigen Aktivitäten... (5) Ziele schaffen die Voraussetzungen für einen Soll-Ist-Vergleich und damit für die Kontrolle... (6) Ziele dienen immer mehr auch als Rechtfertigung gegenüber Au- ßenstehenden.“ 64 Daneben ist immer zu beachten, dass es sich bei der Festlegung der Ziele selten um ein einziges Ziel handelt, sondern immer um eine Kombination mehrerer Ziele im Planungssystem. Die Ziele sind dabei immer daraufhin zu untersuchen, in- wieweit sie sich gegenseitig fördern, behindern oder ob sie neutral zueinander stehen. Folglich ist es notwendig, eine Möglichkeit der zahlenmäßigen Gewich- tung der einzelnen Ziele vorzunehmen, also die Zielprioritäten zu bestimmen. Empirische Untersuchungen von HAUSCHILDT/PETERSEN (1987) zeigen, dass Zielbildungsaktivitäten über die gesamte Dauer des Problemlösungsprozesses auftraten, ohne einen einheitlichen Verlauf zu haben. 65 „Was als Ziel schließlich erreicht wird, ist abhängig sowohl von den Aktivitäten der Entscheidungsträger während des Prozesses als auch von den wirksamen Umwelteinflüssen.“ 66

63 Kreikebaum, 1997, S. 63. 64 Bea/Haas, 2001, S. 72f. 65 Vgl. Franke/Zerres, 1994, S. 14f und Kreikebaum, 1997, S. 68. 66 Kreikebaum, 1997, S. 68. - 28 -

Je nach Grad der Präzision eines Ziels und dem Anwendungsbereich lassen sich einzelne Zielvorstellungen in folgender Zielhierarchie (siehe Darstellung 14) dar- stellen.

Darstellung 14: Zielhierarchie im Strategischen Management 67

Dazu gehört an der Spitze als oberste Zielsetzung eines Unternehmens die Un- ternehmensphilosophie, die eine richtungweisende Vorstellung von der künftigen Rolle des Unternehmens gibt. Diese Grundposition oder auch Generalauftrag ist zu Beginn zu formulieren und die unternehmerische Vision (Mission) als Bild ei- ner wünschenswerten Zukunft zu beschreiben. Sie gibt eine weit in die Zukunft gerichtete Orientierung, beschreibt den Unternehmenszweck und langfristige Erfolgspotentiale der vorhandenen und neu hinzukommenden Produkte/Dienst- leistungen. In erfolgreiche Unternehmen werden dazu immer wieder folgende Fragen neu gestellt und beantwortet: (1) In welcher Branche sind wir tätig? (2) Was schätzen unsere Kunden an uns? (3) Warum sind wir als Unternehmen tätig? (4) Was für eine Art Unternehmen sind wir? (5) Was ist das Besondere an unserem Unternehmen? 68

67 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 68. 68 Vgl. Kotler et al., 2003, S. 162f. - 29 -

Unternehmensleitbilder oder auch Führungsgrundsätze stellen als nächste Stufe eine zukunftsorientierte Konkretisierung der Visionen dar. Sie sind häufig Orien- tierungshilfen für das Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den internen und ex- ternen Partnern des Unternehmens, müssen von der Unternehmensleitung/den Führungskräften in Form einer Unternehmenskultur vorgelebt und innerhalb und außerhalb des Unternehmens intensiv kommuniziert werden. Das Problem eines Unternehmens besteht darin, eine im Wesentlichen vergangenheitsorientierte Unternehmenskultur den in die Zukunft gerichteten Strategien anzupassen. 69 Darstellung 15 zeigt beispielhaft den Zusammenhang zwischen Strategie, strate- gischen Zielen und Leitbildern.

Darstellung 15 : Leitbilder, strategische Ziele und Strategien 70

Zur erfolgreichen Führung und Entwicklung eines Unternehmens bedarf es daneben vor allem konkreter Ziele, an denen es seine Märkte und seinen Res- sourceneinsatz orientieren kann. Aus den Leitbildern müssen die Unternehmen laufend neue strategische Ziele ableiten. Diese Ziele haben sich in den Jahren verändert und zwar von der bloßen Liquiditäts- und Erfolgsmaximierung (operati- ve Führungs- und Steuergrößen) hin zur Schaffung und Erhaltung der besten Voraussetzungen für zukünftige Erfolgsmöglichkeiten (Zukunftspotentiale), die

69 Vgl. Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 50-54; Hinterhuber, 1997, S. 237 und Bea/Haas, 2001, S. 68f. 70 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 48. - 30 - als bestehende und vor allem zukünftige Erfolgspotentiale (strategische Füh- rungs- und Steuergrößen) bezeichnet werden. 71 Um aus den strategischen Unternehmenszielen konkrete Vorgaben für die ein- zelnen Geschäfts- und Funktionsbereiche in den Unternehmen abzuleiten, müs- sen diese Ziele weiter operationalisiert, d. h. messbar und zeitlich abgegrenzt werden. Dazu eignen sich Kennzahlen und Kennzahlensysteme, da sie klar und präzise die Voraussetzungen für eine Kontrolle der Zielverwirklichung bieten. Kennzahlen sind quantitative Informationen, die Zusammenhänge in einem Un- ternehmen in komprimierter Form deutlich machen. Sie geben in kompakter Form Auskunft zum Beispiel (1) über Stärken und Schwächen eines Unternehmens, (2) über seine momentane Situation und (3) über seine tatsächlichen Entwicklungen - gleichgültig in welche Richtung - sowie (4) seine Möglichkeiten und Chancen.

2.3.3 Strategische Analysebereiche

Auf die Zielbildung im Unternehmen folgt im Planungsprozess der Bereich der Analyse. Hier wird der Umweltanalyse, die Informationen über die relevanten Umweltbedingungen und deren Veränderungen liefert, eine zentrale Rolle zuge- sprochen. Dieser so genannte Umwelt-Strategie-Struktur-Ansatz ist im Wesentli- chen von ANSOFF entwickelt worden. In der amerikanischen Literatur wird die Übereinstimmung der Unternehmensstrategie mit den Umweltbedingungen als erforderlicher Fit bezeichnet: „Die Strategiewahl ist auf die Bedingungen der Un- ternehmensumwelt abzustimmen, wenn ein Unternehmen erfolgreich sein will. Dieser Fit zwischen Umwelt und Strategie ist ein wesentliches Charakteristikum der strategischen Planung.“ 72 Nach BEA/HAAS sind im Rahmen der Umweltanalyse drei wesentliche Aufgaben zu erfüllen: (1) Sensibilisierung für die Umweltproblematik, (2) Identifikation der relevanten Umweltsegmente, (3) Aufspüren von Chancen und Bedrohungen. 73 Welche speziellen Umweltbedingungen für ein Unternehmen im Einzelfall als relevant anzusehen und genauer zu analysieren sind, ist von einer Vielzahl von Einflussgrößen abhängig, aber auch von der Abgrenzung und/oder dem Grad der Verflechtung von Unternehmen und Umwelt. Bewährt hat sich hierbei eine Unter- teilung in globale Umwelt , die vor allem indirekt wirkende Aspekte und somit die weitere Unternehmensumwelt berücksichtigt, und in die Aufgabenumwelt , die den

71 Vgl. Gälweiler, 1981, S. 84-90 und Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 54-62. 72 Bea/Haas, 2001, S. 85. 73 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 84. - 31 -

Markt mit Wettbewerbern, Nachfragern und Lieferanten als unmittelbare Bezie- hung zum Sachziel einer Unternehmung aufweist (siehe Darstellung 16). 74

Darstellung 16: Die Umwelt des Unternehmens 75

Der Begriff Markt wird von BEA/HAAS folgendermaßen definiert: „ Ein Markt ist die Gesamtheit der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Anbietern und Nach- fragern eines bestimmen Gutes oder einer bestimmten Gütergruppe“. 76 Zu den politisch-rechtlichen Bedingungen in der globalen Umwelt gehören alle Bedingungen, die durch Aktivitäten des Staates und der Körperschaften vorge- geben werden und damit für das Unternehmen bindend sind, zum Beispiel Steu- errecht, technische Sicherheits- und Prüfvorschriften, Infrastrukturmaßnahmen oder Eigentumspolitik. Die makroökonomischen Bedingungen umfassen vielfältige gesamtwirtschaftliche Größen und ihre Entwicklung, wie zum Beispiel Wirtschaftswachstum, Handelsbeziehungen, Staatsverschuldung, Arbeitslosenquote etc.. Für Industrieunternehmen ist die technologische Umwelt von Bedeutung, vor allem mit Produkt- und Verfahrensinnovationen, Fertigungstechnik und Veränderungen in Mess- und Prüfverfahren. Als soziokulturelle Umweltbedingungen gelten diejenigen Einflussfaktoren, die aus der gesellschaftlichen Umgebung, wie

74 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 40f; Bea/Haas, 2001, S. 86-88 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 64-66. 75 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 88 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 66. 76 Bea/Haas, 2001, S. 89. - 32 -

Veränderungen kultureller Normen und Werte, des Freizeitverhaltens, des Freizeitkonsums und der Arbeitseinstellung, aber auch die Entwicklung demografischer Merkmale, auf das Unternehmen einwirken. Schließlich muss die ökologische Umwelt mit ihren bestehenden Normen des Umweltrechts, dem Schutz der natürlichen Ressourcen und der Entwicklung von Produkten und Produktionsverfahren zum verbesserten Schutz der Umwelt Rechnung beitragen. .77 Zur unmittelbaren wirtschaftlichen Umwelt, der Aufgabenumwelt eines Unter- nehmens, gehören seine Wettbewerber, seine Nachfrager (Absatzmarkt) und seine Lieferanten (Beschaffungsmarkt). Eine Abgrenzung des Marktes mit der Identifikation von Wettbewerbern und Nachfragern sowie eine Ermittlung der Marktattraktivität mit einer Markt- und Branchenstrukturanalyse sind von beson- derer Bedeutung. Mit einer Marktanalyse werden zum Beispiel. Informationen über Struktur und Veränderungen der jeweiligen Marktsegmente gewonnen, um so die Basis vor allem für die Gestaltung von Absatzstrategien zu erhalten. Dabei ist die Beachtung der Marktentwicklung von besonderer Relevanz, da sich Märk- te quantitativ und qualitativ dynamisch entwickeln und einer unternehmerischen Gestaltung zugänglich sind. Die Branchenstrukturanalyse nach PORTER beschreibt das unmittelbar wirksa- me Wettbewerbsumfeld (siehe Darstellung 17). 78

77 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 40-46 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 66-68. 78 Vgl. Porter, 1999, S. 34; Simon, 2000, S. 15-44; Bea/Haas, 2001, S. 87-99 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 69-77. - 33 -

Darstellung 17: Branchenstrukturanalyse nach Porter 79

Der Prozess der strategischen Unternehmensanalyse vollzieht sich in drei Schrit- ten: (1) Suche und Aufdeckung strategisch bedeutsamer Potenziale, aus denen sich strategische Erfolgsfaktoren ableiten lassen, (2) Bewertung der Position des Unternehmens durch eine Konkurrentenanalyse oder einen Vergleich mit dem jeweils unterstellten Produktlebenszyklus, (3) Formulierung eines Stärken-/ Schwächen-Profils mit detaillierten Hinweisen auf die Erfolgspotenziale des Unternehmens, die als Basis zur Formulierung von Strategien dienen. 80 In diesem Prozess der strategischen Unternehmensanalyse können unterschied- liche Instrumente und Techniken der Informationsgenerierung und -bewertung eingesetzt werden (siehe Darstellung 13). Diese werden als Instrumente der stra- tegischen Planung bezeichnet und lassen sich nicht immer genau den oben be-

79 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Becker/Fallgatter, 2005, S. 96. 80 Vgl. Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 62-67; Bea/Haas, 2001, S. 83-116 und Becker/Fallgatter, 2005, S.57-59. - 34 - nannten drei Schritten zuordnen. Sie gehen teilweise darüber hinaus oder stellen eine Verbindung zur Umweltanalyse her. Es sollten daher zunächst immer detail- lierte Analysen zur jeweiligen situationsspezifischen Anwendbarkeit erfolgen. 81 Der klassische Strategiebegriff strebt zudem die Erzielung einer Stimmigkeit zwi- schen den Chancen und Risiken der Umwelt und den Stärken und Schwächen des Unternehmens an (siehe Darstellung 18). „Eine Strategie beinhaltet demnach die Positionierung der Unternehmung dergestalt, dass die Chancen („opportuni- ties“) der Umwelt genutzt und ihre Risiken („threats“) vermieden werden. Dies soll unter Ausnutzung der bestehenden Stärken der Unternehmung („strengths“) und unter Vermeidung oder Behebung ihrer Schwächen („weaknesses“) vollzogen werden.“ 82

Darstellung 18: Umweltanalyse und Unternehmensanalyse 83

2.3.4 Strategieformulierung, Strategiewahl und Strategieimplementierung

Strategien sind Maßnahmen zur Sicherung des langfristigen Erfolges eines Un- ternehmens. Sie lassen erkennen, wie ein Unternehmen seine bestehenden und potentiellen Stärken dazu benutzt, Umweltbedingungen und deren Veränderun- gen gemäß den unternehmerischen Absichten zu begegnen.

81 Vgl. Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 62-67; Bea/Haas, 2001, S. 83-116 und Becker/Fallgatter, 2005, S.57-59. 82 Becker/Fallgatter, 2005, S. 57. 83 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 65; Bea/Haas, 2001, S. 107 und Becker/Fallgatter, 2005, S.58. - 35 -

Dabei ist die Anzahl möglicher Maßnahmen vielfältig. Eine Unterscheidung in verschiedene strukturelle Strategieebenen, entsprechend einer organisatorischen Differenzierung in drei hierarchische Ebenen, ist daher sinnvoll und üblich (siehe Darstellung 19).

Darstellung 19: Strategiesystem 84

Die Strategieebene der Gesamtunternehmung bildet den Bezugsrahmen für die Ableitung von Teilstrategien einzelner Bereiche und gibt die grundsätzliche Rich- tung der Unternehmensentwicklung vor. Diese generelle strategische Stoßrich- tung beschreibt die verschiedenen Richtungen, in die das Leistungsprogramm des Unternehmens entwickelt werden kann. Diese inhaltliche Strategie kann auf Wachstum (Investition), Stabilisierung (Halten) oder Desinvestition (Schrump- fung) eingestellt sein. Die Geschäftsbereichsebene legt die Vorgehensweise der im Unternehmen verfolgten Produkt-Markt-Kombinationen fest. Nach PORTER sind Geschäftsbereichsstrategien vorrangig Wettbewerbsstrategien. Die wesent- lichen drei Grundstrategien sind die Kostenführerstrategie, die Differenzierungs- strategie und die Nischenstrategie. Die Strategieebene der Funktionsbereiche hat als untere Ebene die Aufgabe, die einzelnen (Unter-) Strategien der betroffe- nen Funktionsbereiche und operativen Einheiten zu spezifizieren und einen

84 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 165 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 110. - 36 - konkreten Maßnahmenkatalog zu erarbeiten. Dieser äußert sich in der Nutzung zur Verfügung stehender Leistungspotenziale, die sich durch folgende Strategien entwickeln und nutzen lassen: Beschaffungs-, Produktions-, Marketing-, Finan- zierungs-, Personal- und Technologiestrategien. 85 Unternehmens-, Geschäftsbereichs- und Funktionsbereichsstrategien lassen sich meist nicht unabhängig voneinander formulieren und sollten idealtypisch im Rahmen eines Prozesses vonstatten gehen. Um aus den strategischen Alternati- ven eine Wahl treffen zu können, sollten auf jeder Ebene folgende vier Kriterien beurteilt werden: (1) Konsistenz, d. h. Ziele, Annahmen und Maßnahmen sind aufeinander abgestimmt, (2) Kompetenz, d. h. die Strategie ist den Zuständen und Entwicklungen der externen Unternehmensumwelt angemessen, (3) Vorteil- haftigkeit, d. h. die Strategie kann einen Wettbewerbsvorteil schaffen oder erhal- ten, (4) Angemessenheit, d. h. sowohl Ressourcenverbrauch als auch eventuelle Folgeprobleme sollten in einem angemessenen Rahmen stehen. Diese rationa- len Kriterien sind jedoch nicht hinreichend, um die Qualität oder den Erfolg einer Strategie vorab zu bewerten. 86 Um überhaupt Strategien formulieren zu können, gibt es zwei grundsätzliche Vorgehensweisen: (1) die intuitive Strategiesuche orientiert sich an gesammelten Erfahrungen, subjektiven Einschätzungen und Erkenntnissen aus der Unterneh- mens- und Umweltsituation, (2) die rationale Vorgehensweise baut auf einer ex- pliziten Umweltanalyse auf, wobei unterschiedliche unternehmerische Absichten zur Suche nach möglichen Alternativen führen. 87 Eine Hilfestellung bei der Formulierung der Strategien bieten zum einen Norm- strategien, die zwar eine grobe Richtung angeben, jedoch nicht viel an umsetz- barer Erkenntnis vermitteln. Zum anderen helfen Planungsmodelle die Techniken mit Lösungsverfahren zur Verfügung stellen. Sie bilden das Entscheidungsprob- lem im Modell ab und mit Hilfe eines Lösungsalgorithmusses oder durch ein strukturiertes Vorgehen ist eine Strategiewahl zu treffen. 88 Ist die Strategieformulierung erfolgt, muss der strategische Plan des Unterneh- mens, des Geschäftsbereichs oder des Funktionsbereichs in konkretes strategie- geleitetes Handeln der Mitarbeiter umgesetzt werden. „Die Strategieimplementie- rung umfasst alle Aktivitäten, die zur Verwirklichung einer Strategie erforderlich

85 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 70-74; Porter, 1999, S. 62-69; Bea/Haas, 2001, S. 163-182 un und Becker/Fallgatter, 2005, S.109-136. 86 Vgl. Becker/Fallgatter, 2005, S. 136f. 87 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 74. 88 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 182-184. - 37 - sind.“ 89 Somit gehören neben ihrer Konkretisierung und Ausrichtung sämtlicher Erfolgsfaktoren auf die Strategie auch die Bewältigung von Verhaltenswiderstän- den und die Vermittlung strategiebezogener Akzeptanz. Die Umsetzung der Stra- tegie in die operative Planung erfolgt stufenweise über Maßnahmenprogramme und Maßnahmengruppen in bereichs- oder abteilungsbezogenen Einzelmaß- nahmen. Verhaltenswiderstände und fehlende Akzeptanz der Betroffenen für die Umsetzung der gewählten Maßnahmen beruhen oftmals auf dem Wandlungscha- rakter, der einer neuen Strategie innewohnt. 90 Eine wesentliche Aufgabe stellt somit die Information der Führungskräfte und der übrigen Mitarbeiter dar. Dieser Kommunikationsprozess umfasst die Vermittlung der Strategie, die Einweisung und Schulung sowie die Erzeugung eines strate- giebezogenen Konsens. Schulung, Weiterbildung und Lernprozesse verringern bestehende Unsicherheiten und mit zunehmender Qualifikation steigt auch die Motivation, an der Strategieumsetzung mitzuwirken. Der Prozess der strategi- schen Planung muss aktiv begleitet und überwacht werden. 91

2.4 Long-Range-Planning

Eine allgemeingültige Definition des Wortes Planung bzw. Planen , sowie Long- Range-Planning ist in der Literatur kaum zu finden. Das Wort Planen ist im deutschsprachigen Raum seit dem 15. Jahrhundert gebräuchlich und leitet sich vom lateinischen planta , Grundriss eines Gebäudes, Grundfläche ab. Planen bedeutet somit, einen Grundriss, ein Schema zu entwerfen, wie etwas zu tun oder auszuführen ist. Dabei lassen sich drei wesentliche inhaltliche Merkmale des Planens unterscheiden. (1) Eine allgemeine geistige Beschäftigung mit der Zukunft, (2) das Prüfen alternativer Handlungsmöglichkeiten im Hinblick auf künftige Um- weltsituationen und (3) die Auswahl einer Alternative im Sinne der Festlegung einer Entscheidung. 92 Seit den 70er Jahren wird es für die Unternehmen immer schwieriger, Entschei- dungen über Ziele und Mittel intuitiv zu treffen oder zu improvisieren. Darstellung 20 zeigt die steigenden Anforderungen an ein Unternehmen durch unterschiedli- che Einflüsse.

89 Bea/Haas, 2001, S. 188. 90 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 89f und Bea/Haas, 2001, S. 188f. 91 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 90f. 92 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 15f. - 38 -

Darstellung 20: Steigende Anforderungen an Unternehmensplanung und -führung 93

Infolgedessen verstärken viele Unternehmen ihre Planung: „Aufgabe der Planung ist es folglich, die generellen unternehmenspolitischen Zielsetzungen unter Be- rücksichtigung interner und externer Gegebenheiten und Entwicklungstrends zu konkretisieren, Teilziele für Subsysteme festzulegen sowie die zur Zielerreichung notwendigen und geeigneten Maßnahmen und Mittel zu bestimmen“. 94 Das bedeutet aber auch, dass Planung hohe Anforderungen an die Aufgeschlos- senheit aller Mitarbeiter stellt und deren Fähigkeiten in Zusammenhängen zu denken fordert, auch bei der Umsetzung von Planungserkenntnissen. Darüber hinaus qualifiziert und motiviert das planerische Durchdringen der Unterneh- mensabläufe die Mitarbeiter in hohem Maße. 95 „Da wir heute sehr wenig darüber wissen, was die Märkte brauchen oder wie groß sie sein werden, müssen Pläne einem ganz anderen Zweck dienen: Sie müssen Pläne für einen Lernprozess, nicht Pläne für eine Implementierung sein“. .96 BEA/HAAS verstehen Planung „als einen Prozess, mit dessen Hilfe Zukunfts- probleme erkannt und gelöst werden“. 97 MINTZBERG beschreibt fünf mögliche Definitionen für Planung, die von verschiedenen Autoren verwendet werden: (1) Planung als Zukunftsdenken, d. h. bei der Planung ist die Zukunft zu berück- sichtigen.

93 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 44. 94 Ulrich/Fluri, 1991, S. 180. 95 Vgl. Franke/Zerres, 1994, S. 5f. 96 Christensen, 1997, S. 160. 97 Bea/Haas, 2001, S. 49. - 39 -

(2) Planung ist etwas, um die Zukunft zu kontrollieren, d. h. nicht nur über die Zukunft nachdenken, sondern auch auf sie einwirken. (3) Planung bedeutet, Entscheidungen zu treffen, d. h. dass allen Entscheidun- gen Überlegungen vorausgehen und dass jeder, der eine Entscheidung trifft, ei- nen Grund für seine Entscheidung hat, was auf einen Plan hinausläuft. (4) Planung bedeutet, getroffene Entscheidungen zu integrieren, d. h. die betref- fenden Entscheidungen müssen gebündelt, also zu einem einzigen, eng verbun- denen Prozess zusammengefasst werden, damit sie alle zu einem einzigen be- stimmten Zeitpunkt genehmigt oder verwirklicht werden können. (5) Planung ist ein formalisiertes Verfahren zur Erzielung artikulierter Ergebnisse, in Form eines integrierten Systems von Entscheidungen, d. h. Prozesse, mit de- ren Hilfe Entscheidungen getroffen und in Unternehmen integriert werden, wer- den in einzelne Bestandteile gespalten, artikuliert und rationalisiert. Die Analyse steht hierbei eindeutig im Vordergrund. 98 MINTZBERG geht davon aus, „dass Planung als Prozess gesehen dem formalen Ende des Kontinuums betrieblichen Verhaltens genau gegenübersteht. ... Dieser Prozess darf nicht als Entscheidungsfindung, Strategieentwicklung, sicherlich auch nicht als Management oder als die bevorzugte Möglichkeit betrachtet wer- den, eines dieser Dinge zu tun, sondern lediglich als Versuch gelten, Teile davon zu formalisieren – mit Hilfe von Aufspaltung, Artikulation und Rationalisierung“. 99 GAUSEMEIER, FINK, SCHLAKE verstehen unter Planung „die gedankliche Vor- wegnahme zukünftiger Ziel- und Mittelentscheidungen, die zur Gestaltung der Zukunft notwendig erscheinen“. 100

2.4.1 Planungsarten

Planung ist als ein ständiger Prozess zu sehen, der in einzelnen Schritten ab- läuft. Man kann ihn sich als Kreislauf vorstellen. Darstellung 21 zeigt beispielhaft den Ablauf eines Planungsprozesses in einem Sozialbetrieb.

98 Vgl. Mintzberg, 1995, S. 9-16. 99 Mintzberg, 1995, S. 18. 100 Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 38. - 40 -

Darstellung 21 : Ablauf des Planungsprozesses eines Sozialbetriebes 101

Dieser Planungsprozess ist aber nicht nur ein fachlich-methodischer, sondern auch ein vielseitiger psychologischer und sozialer Vorgang. Da sich Planung und Organisation in einem Wandel von bürokratischen Regelungen und hierarchi- schen Entscheidungen hin zu mehr Mitbestimmung und gestiegenem Selbstbe- wusstsein der Mitarbeiter entwickeln, kann der Planungsprozess nur unter Betei- ligung der Wissensträger (intern/extern) und aller betroffenen Ebenen/Bereiche erfolgreich durchgeführt werden (siehe Darstellung 22). 102

Wandel in der Planung

von der zur

 Planung in hierarchisch gegliederten  Kooperativen Planung mit den Ausfüh- Stäben bzw. Gruppen renden  Zentralisierten Planung  Dezentralisierten, abgestimmten Planung  Isolierten Planung (getrennt von Aus-  Kooperativen Problemlösung führung und Ausführenden)  „Verordneten“ Planungsergebnissen  Planungs- und Organisationsentwicklung  Arbeitsteilig-funktionalen Planung  Projektorientierten, netzförmigen Planung  Planung am „grünen Tisch“  Planung in der Gruppe bzw. Organisation und mit den Ausführenden

Darstellung 22: Wandel in der Planung 103

101 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Decker, 1997, S. 137. 102 Vgl. Decker, 1997, S. 174-184. 103 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Decker, 1997, S. 178. - 41 -

Grundsätzlich werden zwei wesentliche Arten von Planung unterschieden. Die operative und die strategische Planung, hin und wieder wird auch von taktischer Planung gesprochen, die in diesem Zusammenhang aber nicht berücksichtigt wird. 104 Nach MANN grenzt sich die strategische Planung in fünf Punkten von der opera- tiven Planung ab: (1) die Fristigkeit: begrenzter Zeithorizont durch Jahres-, Mittel- und Langfrist- Planung  kein fester Zeithorizont, (2) die Dimension: grundsätzlich eindimensional (Geld)  offen für weitere Di- mensionen, (3) die Umweltbetrachtung: Orientierung an unternehmensinternen Daten  Ein- beziehung der Unternehmensumwelt, (4) die Zwanglosigkeit: zwangsläufig getroffene Entscheidungen im operativen Tagesgeschäft  Vertagung von strategischen Entscheidungen oder Ersatz durch operative Entscheidungen, (5) die Zielsetzung: Ergebnisorientierung und Gewinnmaximierung  Gewähr- leistung der Lebensfähigkeit des Unternehmens und nicht so einfach mess- bar. .105 BEA/HAAS grenzen operative und strategische Planung durch folgende sieben Merkmale voneinander ab:

Arten der Planung

operativ strategisch

Bezugszeitraum kurzfristig langfristig Grad der Detailliertheit spezifiziert global Ziele quantitativ quantitativ und qualitativ Umweltbezug Binnenorientierung Außenorientierung Gegenstand Nutzung von Potentialen Entwicklung von Potentialen Zuständigkeit Werksleitung Unternehmensleitung (Konzern- leitung) Verhaltensweise reaktiv antizipativ (proaktiv)

Darstellung 23: Vergleich von strategischer und operativer Planung 106

104 Vgl. dazu auch Darstellung 12. 105 Vgl. Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 45f. 106 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 52. - 42 -

2.4.2 Bereiche, Techniken und Verfahren der Planung

Da Planung immer in einem System von Prozessen abläuft, können die einzel- nen Planungsbereiche, nach dem Planungsträger in Unternehmens-, Geschäfts- bereichs- und Funktionsbereichsplanung und nach den Funktionen zum Beispiel in Beschaffungs-, Fertigungs-, Absatz-, Finanz-, Investitions- und Personalpla- nung unterschieden werden. Dabei hängt es jeweils von der Aufbaustruktur des Unternehmens bzw. von der Reichweite und dem Präzisionsgrad der Planung ab, wie die Einteilung vorgenommen wird. Den einzelnen Planungsträgern steht eine Vielzahl von Planungstechniken bei der Bearbeitung der verschiedenen Planungsphasen zu Verfügung. Im operati- ven Bereich sind das meist monetäre Planungen mit einfacher Zielsetzung im Bereich Umsatz und Gewinn, die mit konventionellen Verfahren, wie zum Beispiel Kostenrechnung, Investitionsrechungen oder Break-Even-Analyse gelöst wer- den. .107 In diesem Zusammenhang bieten Kennzahlen eine Hilfestellung, da sie Zusam- menhänge zum Ausdruck bringen, komplexe Sachverhalte transparent machen und eine betriebliche Gesamtschau ermöglichen können. 108 „Kennzahlen sind quantitative Informationen, die Zusammenhänge in einem Un- ternehmen in komprimierter Form deutlich machen.“ 109 Da der Planungsprozess in Teilschritte (zeitlich) und Teilaufgaben (horizontal und vertikal) zerlegt werden muss, sind umfassende Koordinationsaufgaben notwen- dig. Bei der horizontalen Koordination geht es um die Abstimmung innerhalb der einzelnen Planungsbereiche (Geschäftseinheiten). Ein häufig gewähltes Verfah- ren ist hier die Planung vom Engpassbereich aus („Ausgleichsgesetz der Pla- nung“ nach Gutenberg). Drei Verfahren stehen bei der vertikalen Koordination der Planung auf die einzelnen hierarchischen Ebenen des Unternehmens zur Verfügung: (1) Top-down-Koordination (retrograde Planung), (2) Bottom-up- Koordination (progressive Planung) und (3) Down-up-Koordination (zirkuläre Pla- nung bzw. Gegenstromverfahren). 110 Darstellung 24 zeigt die drei Verfahren im Vergleich.

107 Vgl. Franke/Zerres, 1994, S. 19-25. 108 Vgl. Franke/Zerres, 1994, S. 39f und Ossola-Haring, 2003, S. 17-23. 109 Franke/Zerres, 1994, S.39. 110 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 196f. - 43 -

Top down Bottom up Down up (retrograd) (progressiv) (zirkulär bzw. Gegenstrom)

Unternehmung Unternehmung Unternehmung

Geschäftsbereich Geschäftsbereich Geschäftsbereich

Funktionsbereich Funktionsbereich Funktionsbereich

Darstellung 24: Verfahren der vertikalen Koordination 111

Unter Bezugnahme auf MINTZBERG und LEAVITT sehen GAUSEMEIER/FINK/ SCHLAKE für die strategische Planung der Zukunft zwei Arten von Planern: (1) Die analytischen Planer, die Ordnung in die Organisation bringen und konkre- te Pläne zum strategischen Agieren erstellen und (2) die kreativen Planer, die mit schnellen und ungenauen Plänen arbeiten um andere zum strategischen Denken anzuregen. 112

Darstellung 25: Fähigkeiten im Prozess der strategischen Planung 113

111 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 197. 112 Vgl. Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 49. 113 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 49. - 44 -

„In einem Führungsteam benötigen wir den kreativen Visionär, den brillanten Analytiker und den kompromisslosen Macher. Daran muss sich der Wiederauf- stieg der strategischen Planung orientieren.“ 114

2.4.3 Langfristige Planung

„Knowing where you are going is half of the journey. – Long-range planning is critical to the health of any organization. Knowing one’s direction is a measure of health and commitment to the future of that organization.“ 115 Der Begriff Long-Range-Planning wird als „Schedule for Future Planning“ um- schrieben und im Allgemeinen mit Langfristiger Planung übersetzt. Langfristige Planung impliziert auch strategische Planung , das bedeutet, weit in die Zukunft zu schauen, um vorherzusehen, was die Konkurrenz, Kunden und Zulieferer un- ternehmen werden. Die Langfristige Planung setzte sich in den 60er Jahren durch (siehe Darstellung 1) und bezog sich auf die Gewinnung langfristiger Prognosen, um in den Unter- nehmen Mehrjahres-Budgets formulieren zu können. Diese Langfristprognosen beruhten auf einer Verlängerung der bisherigen Trends weit in die Zukunft hinein. Daraus resultierten Prognose- und Wachstumsmodelle, Extrapolationverfahren, Gesamtunternehmensmodelle und rein quantitative Kennzahlensysteme, die in einer einfachen bzw. begrenzt-komplexen Umweltsituation durchaus funktions- tüchtig waren. Da diese Modelle die Unternehmensumwelt nicht berücksichtigten, führten unvorhergesehene Ereignisse, so genannte Diskontinuitäten, in den 70er Jahren zu einer Abkehr von der langfristigen Planung hin zur strategischen Pla- nung. 116 In heutiger Zeit müssen sich Unternehmen intensiv und kreativ mit ihrer eigenen Zukunft auseinandersetzen. Um die Lebensfähigkeit des Unternehmens zu si- chern, ist eine langfristige Planung daher von großer Bedeutung. Der Planungszeitraum (die Planungsperiode) bezeichnet den kalendarischen Zeitraum, für den ein bestimmter Plan Gültigkeit hat. Dieser Planungszeitraum wird in der Regel in Jahren angegeben und üblicherweise unterteilt in (1) kurzfristige Planung mit einem Planungszeitraum bis zu einem Jahr, (2) mittelfristige Planung mit einem Planungszeitraum von zwei bis fünf Jahren,

114 Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 50. 115 Alden & Associates, 07.03.2006. 116 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 11f und Becker/Fallgatter, 2005, S. 32f. - 45 -

(3) langfristige Planung mit einem Planungszeitraum von mehr als fünf Jahren. Dabei sind folgende Einflussfaktoren für ein Unternehmen von Bedeutung: (1) Die Prognostizierbarkeit der Zukunft mit den Möglichkeiten der Informations- gewinnung, (2) die zeitliche Reichweite bis zum Wirksamwerden der Maßnahmen und (3) die Planungsobjekte und langfristige Orientierungsdaten der Planung. 117 Ob eine Planung langfristig ist, hängt immer auch von der jeweiligen Unterneh- menssituation, dem Lebenszyklus der Produkte, ihrer Entwicklungsdauer, der Kapitalbindungszeit sowie von den zu lösenden Kundenproblemen ab. Bei In- dustrien mit langen Anlaufzyklen oder kostbaren Umstellungszeiten sollte diese Planung einige Jahre in die Zukunft gerichtet sein. Auf anderen, eher dynami- scheren Gebieten, kann es sein, dass man nicht weiter als sechs bis zwölf Mona- te vorausschauen kann. Grundsätzlich ist der Planungszeitraum nach vorne of- fen. Empirische Untersuchungen von KREIKEMEIER haben ergeben, dass ein Planungszeitraum von fünf Jahren als häufigster Wert für mittel- als auch langfris- tige Planung von den Unternehmen genannt wurde. Für die langfristige Planung lag ein relativ hoher Wert nach den Untersuchungsergebnissen bei zehn Jahren. Allerdings zeigten die Untersuchungsergebnisse auch, dass (1) über die Hälfte der befragten Unternehmen auf eine Unterscheidung zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Planungszeiträumen verzichten, (2) auf eine langfristige Planung zugunsten einer mittelfristigen Planung von drei bis fünf Jahren verzichtet wird und (3) bedingt durch hohe Komplexität und Dynamik der Umwelt alle Planungszeit- räume verkürzt werden. 118

2.4.4 Probleme der Planung

„Ein Grundproblem jedes Planens ist die Ungewissheit. Ein Planen unter Sicher- heit, das heißt bei vollkommener Information, kommt in der Praxis nicht vor; dort kann sich ein Entscheidungsträger entweder in der Situation der Unsicherheit oder des Risikos befinden.“ 119

117 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 207. 118 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 207f, weitere Ausführungen dazu auch bei Decker, 1997, S. 141f; Henderson, 1997, S. 596f; Hinterhuber, 1997, S.209-212; Puch/Westermeyer, 1999, S. 170; Simon, 2000, S. 397f; Kotler et al., 2003, S. 160 und Morello, 19.10.2005. 119 Franke/Zerres, 1994, S. 21. - 46 -

Es gibt aber noch weitere Probleme, denen sich ein Unternehmen bei der Pla- nung stellen muss: (1) Fehlen einer effektvollen langfristigen Planung, d. h. Pläne, die nur für mögli- che Investoren oder auf Befehl des Managements geschrieben worden sind, sind keine echten Planungen sondern Augenwischerei. (2) Eine häufig zu beobachtende Unzulänglichkeit in der Erstellung des Planes, der im alltäglichen Ablauf der Arbeit einfach ignoriert wird, d. h. wenn Plan und Konkretisierung nicht übereinstimmen, ist es schon höchste Zeit, den Plan kri- tisch anzuschauen und etwas zu korrigieren. (3) Die Perspektive des Plans, d. h. soll ein Plan ein Unternehmen binnen drei Jahren auf das heutige Niveau der Konkurrenz bringen, hinkt das Unternehmen noch immer drei Jahre hinter der Konkurrenz her (und ist möglicherweise nicht mehr konkurrenzfähig!). 120 (4) Die zwischenmenschliche Ebene wird nicht berücksichtigt, d. h. Handeln ist oftmals auch emotionales Handeln und mit Neid, Ehrgeiz, Interessen und Gefüh- len verbunden. (5) Bereitschaft für die Zukunftsgestaltung ist nicht vorhanden, d. h. vertrauens- bildende Maßnahmen wie Formulierung und Praktizieren von Spielregeln, ein Leitbild oder ein offenes Informationsmanagement, finden nicht statt. 121 (6) Ein zu großer Formalisierungsgrad, eine zu starke Dezentralisierung oder eine fehlende Verknüpfung zwischen strategischer und operativer Planung füh- ren zu Unzufriedenheit mit den Leistungen des Planungssystems. 122 (7) Ergebnisse der strategischen Planung können nicht so einfach „gemessen“ werden, d. h. durch ein Zielsystem kann lediglich die Lebensfähigkeit des Unter- nehmens gewährleistet werden. (8) Die Führung erfüllt nicht ihre Funktion, d. h. die Entscheider sind im operati- ven Geschäft verstrickt anstatt sich um die langfristig wichtigen Zukunftsfragen zu kümmern. 123

120 Vgl. Morello, 19.10.2005. 121 Vgl. Decker, 1997, S. 176, 184. 122 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 244f. 123 Vgl. Gausemeier/Fink/Schlake, 1996, S. 46f. - 47 -

3 Sportentwicklungsplanung

Sport ist ein bedeutendes gesellschaftliches Phänomen, das im Zusammenleben der Menschen einen hohen sozialen und humanen Stellenwert hat. „Sport ist eine zentrale gesellschaftliche Erscheinung, die durch vielfältige sozio-kulturelle Bestimmungsgrößen ihre Ausprägungsform erhält.“ 124 Somit wird der Begriff Sport im allgemeinen Verständnis kaum differenziert; jeder Mensch hat seine subjektive Erklärung und Einstellung, was Sport ist oder Sport ausmacht. Ganz allgemein betrachtet, ist Sport alles, was mit Bewegung und/oder mit Wettbe- werb, auch im geistigen Bereich (Schach oder Sammeln als Sport) zu tun hat. „Der Begriff Sport entwickelte sich aus dem mittellateinischen „se disportare“, was so viel wie „sich zerstreuen, vergnügen“ bedeutete, über das altfranzösische „desport“ (Erholung, Zerstreuung) zum englischen Wort „sport“, das in der Ge- genwart neben seiner Bedeutung als Sammelbegriff für Leibesübungen auch Inhalte wie Vergnügen, Spaß, Zerstreuung und körperliche Erholung kennzeich- net.“ 125 Mit dem Aufkommen der Sportwissenschaft in den 60er Jahren vollzog sich eine sorgfältigere, aber dennoch widersprüchliche Unterscheidung in der Terminologie des Sports. In dieser eher verwirrenden Diskussion um den Sportbegriff ergab sich eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Definitionsversuchen, da die meis- ten Vertreter keine Argumentationsgrundlagen oder erkennbare Voraussetzun- gen für die vorgetragenen Standpunkte deutlich machten und zudem ihre Positi- on verabsolutierend darstellten. 126 „Aufgrund des großen Bedeutungsgehalts in der Umgangssprache ist eine präzi- se Abgrenzung des Begriffs nicht möglich. Was unter Sport alles zu verstehen ist, wird weniger von wiss. Dimensionsanalysen, als vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von historisch gewachsenen und tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gebilde bestimmt. Das Begriffs- verständnis unterliegt deshalb historischen Wandlungen und ist nicht für alle Zei- ten festlegbar.“ 127 Es entwickelten sich in Deutschland nach 1945 neben den traditionellen Sportar- ten und Sportbegriffen wie Geräteturnen, Leichtathletik, Schwimmen und den Großen Spielen wie Fußball, Basketball, Handball kontinuierlich neue Formen

124 Haag, 1996, S. 145. 125 Dieckert/Wopp, 2002, S. 13. 126 Vgl. Rösch, 1980, S. 8 und Haverkamp/Willimczik, 2005, S. 271. 127 Beyer, Wörterbuch, 1992, S. 574, vgl. dazu auch Haag, 1996, S. 51. - 48 - des Sports, wie zum Beispiel Trendsport, Abenteuer- und Erlebnissport, Kampfsport etc.. Während die Definitionen für diese bestimmten Sportangebote relativ eindeutig sind, findet der Begriff „Sport“ in der Literatur keine eindeutige, allgemein gültige Fassung. 128 In der heutigen Zeit ist auch zu beobachten, dass neue Sportangebote ganz of- fensichtlich nicht nur vielfältiger und differenzierter, sondern teilweise auch immer unverständlicher werden. 129 Daneben sind seit vielen Jahren Prozesse der Modernisierung von Sportarten zu beobachten, zum Beispiel um Präsenzzeiten im Fernsehen zu erhöhen, wodurch bessere Einnahmen durch Sponsoren erzielt werden können. Im Freizeitsportbe- reich hingegen werden Modernisierungen überwiegend zur Ansprache und Bin- dung von Zielgruppen an Sportarten oder Sportformen genutzt. Dazu gehören (1) Veränderungen der Spieler-/Teilnehmerzahlen - zum Beispiel Unihockey, (2) Veränderungen der Sporträume - zum Beispiel Indoorrowing, (3) Veränderungen der Inszenierungen - zum Beispiel Beachvolleyball, (4) Verwendung neuer Mate- rialien – zum Beispiel Carvingskier. 130 Auf die Frage nach dem Sport treiben von morgen, zeichnen sich nach WOPP Entwicklungskorridore ab, innerhalb derer die meisten Menschen sportlich aktiv sein werden, dennoch sind es letztendlich die Menschen selbst, die durch ihr Handeln Entwicklungen des Sports gestalten. Ermittelte Prognosen stehen in einem Spannungsfeld der drei Kategorien: (1) „Müssen“ - Beobachtung und Be- rücksichtigung von Entwicklungen, wenn durch diese bestimmte Entwicklungs- korridore vorgegeben und Handlungsmöglichkeiten begrenzt werden, (2) „Wol- len“ - Entwicklungen sollten nicht kritiklos akzeptiert, sondern eigene Zielvorstel- lungen sollten entwickelt werden und (3) „Können“ - Entwicklung von Strategien zur Zukunftsgestaltung, in denen Trends und Zielvorstellungen berücksichtigt werden (siehe Darstellung 26). 131

128 Vgl. dazu auch Schwark, 1994, S. 29; Röthig/Größing, 1995, S. 35-40; Weber et al., 1995, S. 63; Wopp, 1995, S. 221f; Haag, 1996a, S. 8f; Haag, 1996, S. 51; Kent, 1996, S. 127, 391,393; Grupe/Krüger, 1997, S. 218f; Heinemann, 1998, S. 33f; Weinmann, 1998, S. 7; Kuhlmann, 1998, S. 19; Gruppe/Mieth, 1998, S. 478; Dieckert/Wopp, 2002, S. 11-13; Haverkamp/Willimczik, 2005, S. 271-275. 129 Fortbildungsangebote im Rahmen des Deutschen Turnfestes 2005 in Berlin: Mental Centering, ChiBall , Nia Technique, Easy Qigong Moves, Yogarobics, Dance Waves etc. 130 Vgl. Wopp, 2006, S. 74-87. 131 Vgl. Wopp, 2003, S. 31 und Wopp, 2006, S. 498, S. 10-12. - 49 -

Darstellung 26: Prognosen 132

Entwickelte Strategien zur Zukunftsgestaltung des Sports sind immer abhängig von bestimmten Vorannahmen, Menschenbildern und Zielprojektionen. Der de- mografische Wandel wird ebenso wie Selbstlernprozesse und die Betonung der Individualität beim sportlichen Handeln im Mittelpunkt stehen. 133 Weitere wesentliche Faktoren für die Sportentwicklung sind u. a. die Finanzkrise der öffentlichen Hand sowie die Veränderungen der gewachsenen Einflussbezie- hungen zwischen Sport und kommunaler Politik, gender mainstreaming, Infra- struktur, Globalisierung und Integration. 134

3.1 Sport, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft

„Ohne genau auf Inhalte und Beziehungen einzugehen, wird allein an der Begriff- lichkeit ein weitverzweigtes System sportlicher, gesellschaftlicher und politischer Relationen deutlich, wenn die Rede ist von: Hochleistungs- und Spitzensport, von Breiten- und von Freizeitsport, von Vereins- und Schulsport, von Kinder- und Al- terssport, von Gesundheits- und Behindertensport, ganz abgesehen von den Sportarten, die sich im Laufe der Zeit entwickelt und perfektioniert haben.“ 135 Bezogen auf das allgemeine Verständnis von „Sport“ lassen sich zur näheren Definition nach HAAG vier Fragestellungen festmachen: (1) Warum? – zum Beispiel Ausgleichs- oder Gesundheitssport, (2) wer? – zum Beispiel Kindersport, (3) wo? – zum Beispiel Vereinssport und (4) wann? – zum Beispiel Freizeitsport. 136

132 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wopp, 2006, S. 10. 133 Vgl. Wopp, 2006, S. 11 und S. 498. 134 Vgl. Kleinfeld, 2006, S. 14-17. 135 Rösch, 1980, S. 9. 136 Vgl. Haag, 1996, S. 97f. - 50 -

Betrachtet man Sport als Teilsystem der Gesellschaft, dann lassen sich nach HAAG fünf wesentliche Bereiche festlegen: (1) Berufssport, (2) Sport in staatli- chen Erziehungsinstitutionen, (3) Vereinssport, (4) kommerzielle Sportangebote und (5) privater Sport. 137 Aufgrund dieser allgemeinen Feststellungen, welche Bedeutung Sport für und in der Gesellschaft hat, lässt sich erkennen, wie groß die Bandbreite der Möglich- keiten für den Sport in Deutschland ist. Für den Bereich der Sportentwicklungsplanung geht es im Folgenden nicht um den Berufs-, Schul- und Spitzensport, sondern im Wesentlichen um den Breiten- und Freizeitsport.

3.1.1 Sport und Gesellschaft

„Der Sport, so heißt es vom soziologischen Standpunkt aus, kann zu den „sozia- len Universalien“ gezählt werden, weil es in allen (primitiven und modernen) Ge- sellschaften vorkommt und anerkannt ist. Eine Verhaltensweise des Menschen gilt dann als institutionalisiert, wenn der einzelne Verhaltensakt (das sportliche Handeln) nicht mehr eigens begründet werden muß [!], sondern allgemein akzep- tiert wird. Da der Sport auf diese Weise in unserer Gesellschaft institutionalisiert ist, kann er als gesellschaftliche Institution bezeichnet werden.“ 138 Die Akzeptanz des Sports als gesamtwirtschaftliches Phänomen, das neben Poli- tik, Wirtschaft und Kultur eine zentrale Bedeutung besitzt, zeigt sich vor allem in der Entwicklung der traditionellen Sportarten, dem ständigen Entstehen neuer Sportarten, der Ergänzung neuer Teildisziplinen im Rahmen bestehender Sport- arten, dem Entstehen neuer Bewegungs- und Körperkulturen sowohl im Bereich der kommerziellen Sportanbieter als auch bei Sportverbänden und Sportverei- nen. Hier ist eine relativ große Phantasie und Kreativität vorhanden, die Inhalte und Angebotsformen für Bewegung, Spiel und Sport ständig zu erweitern. Dazu trägt auch die Weiterentwicklung der Technik im Hinblick auf Sportgeräte und Sportstätten wesentlich bei. Betrachtet man die Personengruppen, für die heute Sport eine Rolle spielt, und die zeitliche Berücksichtigung des Sports in den Mas- senmedien, dann liegt die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Sports auch aus dieser Sicht auf der Hand. 139

137 Vgl. Haag, 1996a, S. 298f. 138 Vgl. Röthig/Größing, 1995, S. 9. 139 Vgl. Haag, 1996, S. 51. - 51 -

Die in den letzten Jahren verstärkt aufgekommene Diskussion über die Gemein- wohlorientierung des Sports, nicht zuletzt durch die Finanzmisere der öffentlichen Hand, hat in der Sportwissenschaft zu einer Anzahl von Studien zu diesem The- ma geführt. Zu nennen sind insbesondere die so genannte Brettschneider-Studie (Brettschneider & Kleine, 2002), die neue FISAS (Emrich et al., 2001), die Studie zur Situation der ostdeutschen Sportvereine (Baur & Braun, 2001 und 2003), der Erste Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht (Schmidt et al., 2003), die Analy- se der Erwerbspotentiale im organisierten Sport (Cachay et al., 2001) sowie die erweiterte Studie zu den sozialen Initiativen des Jugendsports (Breuer, 2002). Im Jahr 1966 hat der deutsche Sportbund eine Charta des Deutschen Sports herausgegeben, in der es heißt: „Der Sport erfüllt in der modernen Gesellschaft wichtige biologische, pädagogische und soziale Funktionen ... Sport und Leibes- erziehung - fördern die Gesundheit des einzelnen [!] und stärken die vitale Kraft des Volkes, - tragen zur Entfaltung der Persönlichkeit bei und sind nicht austauschbare Fak- toren der Bildung, - bieten durch vielfältige Übungs- und Gesellungsformen wirksame Hilfen für das Zusammenleben in der Gesellschaft, - ermöglichen eine sinn- und freudvolle Erfüllung der neu gewonnenen Frei- zeit“. .140 Dem Sport werden somit spezifischen Wirkungsweisen in der Gesellschaft zuge- wiesen, obwohl nicht sicher ist, ob der Sport diese Funktionen erfüllen kann oder ob nicht in dieser Funktionszuweisung eine Rechtfertigung für den Sport liegt (siehe Darstellung 27).

140 DSB, 1966, S. 63. - 52 -

Art der Funktionen des Sports Dysfunktionen des Sports Funktion

Zivilisationsschäden wie Bewe- Die Zahl der Sportunfälle, auch der gungsmangelkrankheiten werden irreparablen Spät- und Folgeschä- gisch gisch Biolo- durch Sport ausgeglichen. den, steigt von Jahr zu Jahr.

Der Sport leistet einen wesentlichen Anlässlich der Olympischen Spiele Beitrag zur allgemeinen politischen oder anderer Internationaler Wett- Entspannung – er wirkt völkerverbin- kämpfe entstehen immer wieder die dend, überwindet politische Grenzen schärfsten politischen Auseinander-

Politisch Politisch und hilft Vorurteile abzubauen. setzungen, zum Beispiel um die Teilnahme oder den Teilnahmemo- dus.

Generell kann dem Sport keine sozia- Beim sportlichen Handeln werden le oder sozialisierende Funktion zuge- viele, zum Teil bisher unterdrückte schrieben werden; für einzelne Per- Aggressionen wach. Aggression

Sozial Sozial sonen jedoch kann er durchaus eine wird hier als Verhalten verstanden, solche Funktion besitzen, zum Bei- das auf Schädigung von anderen spiel bei der Leistungsorientierung. ausgerichtet ist.

Sportliches Handeln ist ein Entwick- Allzu frühe sportliche Erfolge ver- lungsfeld für soziale und musische derben bei Kindern und Jugendli- Persönlichkeitsentfaltung. Der sich chen den Charakter, machen sie selbst entfremdete Mensch findet im ruhelos und unersättlich und bean- Sport seine Identität, sein Selbstwert- spruchen sie weit über ihre seelisch- Pädagogisch Pädagogisch gefühl. geistigen Kräfte hinaus.

Jahr um Jahr geben die Bundesbür- Überall, wo Sportler in der Öffent- ger mehr Geld aus für die Sportaus- lichkeit auftreten, gibt es Werbung. rüstung; damit verhelfen sie der In kaum einer Sportsendung im Sportartikelindustrie zu einem wahren Fernsehen wird nicht irgendwann für Boom . irgendwen oder irgendetwas gewor- Wirtschaftlich Wirtschaftlich ben.

In seiner gestalterischen Ausformung Im Sport gibt es für den Zuschauer (Gymnastik, Tanz, Turnen, Eislauf auch Unästhetisches zu sehen: usw.) besitzt der Sport einen ästheti- schwitzende Körper, verzerrte Ge- schen Wert. sichter, stürzende Pferde, sich vor Ästhetisch Ästhetisch Erschöpfung krümmende Läufer etc.

Darstellung 27: Gegensätzliche Funktionen des Sports 141

141 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Röthig/Größing, 1995, S. 13. - 53 -

In einer Expertise zum organisierten Sport, die inhaltliche Wünsche des Sport- ausschusses des Deutschen Bundestages und des Deutschen Sportbundes be- rücksichtigt, haben RITTNER/BREUER dazu folgende Punkte hervorgehoben: (1) Als wichtigste Quelle sozialen Kapitals erbringt der organisierte Sport um- fangreiche und eindrucksvolle Integrationsleistungen, gemessen am Krite- rium der Zugehörigkeit zu sozialen Organisationen bzw. am quantitativen Organisationserfolg. (2) Erwiesen ist, dass der organisierte Sport, vor allem im Bereich Sport und Bewegung , die meisten Ehrenamtlichen rekrutiert. Vor allem für die unter 30-Jährigen stellt es ein attraktives Feld bürgerschaftlichen Engagements dar – gerade auch im Vergleich mit anderen Organisationen. Hier sind die Sportorganisationen allerdings auch in der Pflicht umzudenken und neue Lösungen zu erarbeiten, um ehrenamtliches Engagement weiterhin auf- merksam und differenziert zu pflegen. (3) Die Integrationsleistungen des organisierten Sports im Hinblick auf die Zielgruppe Kinder und Jugendliche ist bemerkenswert (vgl. Shell-Studie) und nimmt weiter zu. (4) Im Bereich der sportbezogenen Jugend- und Jugendsozialarbeit zeichnen sich soziale Initiativen des organisierten Sports durch einen hohen Vernet- zungsgrad mit Jugendämtern, Schulen, Polizei und Wirtschaft, besonders in den Interventionsfeldern Integration , Gewaltprävention und soziale Brennpunktarbeit aus. (5) Die Integrationsfunktion des organisierten Sports bei Frauen, Senioren, Migranten und Angehörigen unterer sozialer Schichten ist deutlich geringer einzustufen. Dabei ist nur ein relativer Erfolg nachzuweisen. (6) Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass Sportvereine im Zeitalter der Globalisierung wichtige Beiträge zur Dichte des sozialen Netzes leisten (zwischenmenschliche Beziehungen, Schaffen von Vertrauen, Geselligkeit, Vereine als Verdichtungs- und Aktivitätskerne gemeindlichen Lebens) so- wie zu einem Mittel regionaler Identitätsbildung werden. (7) Angesichts der Zunahme lebensstilbedingter Zivilisationskrankheiten reprä- sentiert das Medium Sport/Bewegung einen der wichtigsten Träger einer systematischen Prävention. Im Bereich der chronisch-degenerativen Krankheiten sowie beim Aufbau gesundheitsbezogener Lebensstile trägt Sport/Bewegung zur Erhöhung der Lebensqualität im Alter bei. Für einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit spricht, dass der organisierte - 54 -

Sport seine Gesundheitsangebote und Beratungsfunktionen stark auswei- tet, seine Leitbilder verändert, seine Ausbildungsordnungen im Übungslei- terbereich umgestellt hat und seine Aktivitäten zunehmend einem Quali- tätsmanagement unterzieht. (8) Obwohl der organisierte Sport als Non-Profit-Organisation dem sogenann- ten Dritten Sektor angehört, ist er zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor ge- worden. Die Wertschöpfungs- und Arbeitsmarktpotentiale dürfen dabei al- lerdings nicht überschätzt werden. (9) Der organisierte Sport erbringt in partiellen Bereichen Organisationsleis- tungen (zum Beispiel Ressourcenverantwortung, Bereitstellung und Pflege der Sportstätten), die zu den klassischen Aufgaben der öffentlichen Sport- verwaltung zählen. (10) Obwohl jugendliche Vereinsmitglieder prosozialere Persönlichkeitsmerkma- le und Verhaltensweisen zeigen, konnten bislang keine entsprechenden Sozialisationsleistungen der Sportvereine nachgewiesen werden. (11) Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse über Effekte im Bereich demokra- tischer Artikulations- und Partizipationsmöglichkeiten (Entwicklung eines Demokratiebewusstseins) in den Sportvereinen und -verbänden vor. (12) Im Bereich der regionalen und kommunalen Integration, aber auch der kommunalen Sportstättenentwicklungsplanung sind Beiträge des organi- sierten Sports erkennbar. Die Sportorganisationen nehmen mit ihren Initia- tiven öffentliche Aufgaben wahr, die trotz ihrer Wichtigkeit von den Kom- munen gegenwärtig nur zaghaft, wenn überhaupt, aufgegriffen werden. (13) Durch rapide voranschreitende Professionalisierungs- und Kommerzialisie- rungsprozesse entstehen soziale und moralische Kosten, sowie damit ein- hergehend negative Externalitäten organisierter sportlicher Aktivität (zum Beispiel Doping- und Umweltproblematik, Zuschauerausschreitungen), die die Gemeinwohlbeiträge des organisierten Sports und seiner gesellschaftli- chen Anerkennung gefährden. 142 Das Prinzip der Subsidiarität (lat. subsidium = Hilfe, Unterstützung) gilt in vielen Bereichen der Gesellschaft und bewährt sich als Leitfaden sport- und sozialpoliti- schen Handelns. Es beruht in seinem Wesen auf der Würde und der Freiheit der menschlichen Person und ist ein umfassendes Grundgesetz der Soziallehre. Es besagt: (1) Die Gesellschaft soll das, was ihre Untergliederungen selbstverant- wortlich leisten können, diesen auch überlassen (Autonomie). Eigentätigkeit darf

142 Vgl. Rittner/Breuer, 2004, S. VIII-XIV. - 55 - also nicht ersetzt oder gar aufgehoben werden. (2) Wo Aufgaben entstehen, die eine Person, eine Gruppe, ein Verein oder Verband nicht mehr selbst bewältigen können, ist die Gesellschaft verpflichtet, helfend einzugreifen und zwar in dem Maße, wie sie öffentliches Interesse unterstellen. (3) Subsidiäre Unterstützung ist eine freiwillige Leistung, auf die, selbst wenn sie über einen längeren Zeitraum gewährt wird, kein rechtlicher Anspruch besteht. In ihrem Vierten Sportbericht hat die Bundesregierung die Subsidiarität der Sportförderung im Verhältnis von Staat und Sport klar umrissen. Im Sinne dieses Prinzips werden vorwiegend der Sport- stättenbau, die Förderung des sozialen Dienstes im Sport, der Behindertensport, der Sport mit Randgruppen der Gesellschaft und die Ausbildung und Honorie- rung der Übungsleiter unterstützt. Keine Unterstützung findet der Berufssport sowie die Werbung durch Industrie und Wirtschaft im Spitzensport, durch die Abhängigkeiten und zum Teil Ungerechtigkeiten geschaffen werden. 143 In diesem Zusammenhang muss über die Entwicklung der Gesellschaft nachge- dacht werden. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird sich Deutschland demo- grafisch stark und danach sogar massiv verändern, weil deutschlandweit zu we- nig Nachwuchs zur Welt kommt, die Bevölkerung altert und die klassischen In- dustrieregionen an Bedeutung verlieren. Diese Veränderungen werden zwar von verschiedenen Instituten wie auch dem Statistischen Bundesamt in unterschied- lich starker Ausprägung erwartet, allerdings sind alle über die grobe Richtung einig. Selbst bei einer Zuwanderung von 200.000 jungen Menschen pro Jahr wird sich die Bevölkerungszahl in Deutschland weiter rückläufig entwickeln. Auch in Euro- pa wird die Bevölkerungszahl, nach einer österreichischen Studie, bei anhalten- dem Trend in den nächsten hundert Jahren von 376 Millionen auf 290 Millionen Menschen zurückgehen. Weltweit herrscht die entgegengesetzte Tendenz vor. Uno-Statistiker rechnen für die kommenden drei Jahrhunderte mit einer weiteren Zunahme der Erdbevölkerung von jetzt 6,3 auf 9 Milliarden. In dieser Zeitspanne werde sich der Anteil der Europäer fast halbieren, der Anteil der Afrikaner nahezu verdoppeln. Aber auch Zuwanderung löst das Bevölkerungsproblem nicht, denn die Migranten passen sich rasch dem Zielland an und bekommen dann durch- schnittlich nur genauso viele Kinder, wie die einheimische Bevölkerung. 144 Darstellung 28 stellt die weltweite Bevölkerungsentwicklung und verschiedene Zuwanderungsszenarien anschaulich dar.

143 Vgl. Rösch, 1980, S. 57f und Röthig/Größing, 1995, S. 26f und 126f. 144 Vgl. DER SPIEGEL, 2004, S. 40-45. - 56 -

Darstellung 28: Bevölkerungsentwicklung und Zuwanderung 145

Der Trend zu Bevölkerungsrückgang und Überalterung lässt sich allem Anschein nach nicht mit Subventionen und Strukturförderung aufhalten. Die Menschen zieht es primär dorthin, wo es Arbeit gibt und erst in zweiter Linie suchen die Menschen nach Ruhe, Freizeit- und Kulturangeboten und einer familienfreundli- chen Umgebung. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat im Jahr 2005 in einer Studie die folgenden zehn Ergebnisse ermittelt: (1) Deutschland hat zu wenig Kinder – die durchschnittliche Zahl liegt bei 1,37 pro Frau; 2,1 Kinder wären nötig, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten. (2) Junge Frauen haben Deutschlands Osten verlassen – das bedeutet weni- ger Familiengründungen und eine stark männerlastige Bevölkerungsstruk- tur, deren Folgen für eine Gesellschaft noch nicht abzusehen sind. (3) Deutschland zieht um – ländliche Gebiete werden verlassen, es wird in das Umland von Ballungsgebieten gezogen. (4) Deutschland schrumpft und altert – sinkende Kinderzahlen und die stei- gende Lebenserwartung lassen die Bevölkerungspyramide zu einem aus-

145 Eigene Darstellung, in Anlehnung an DER SPIEGEL, 2004, S. 44f. - 57 -

gefransten Pilz werden, die Alterssicherung wird dann problematisch, wenn die stärksten Jahrgänge im Jahr 2030 in Rente gehen. (5) Deutschland verliert Bevölkerung – die Mitte Deutschlands entleert sich, von Sachsen über Thüringen bis ins Ruhrgebiet zieht sich eine regelrechte Schneise der Entvölkerung; insgesamt gehen die Prognosen für den Zeit- raum 2000 bis 2020 von einem Verlust von 620.000 Menschen aus, vor- ausgesetzt jährlich kommen 230.000 Migranten ins Land. (6) Deutschland bleibt geteilt – bis in die 70er Jahre gab es ein Bevölkerungs- wachstum in der alten Bundesrepublik durch eigenes Wachstum und Ar- beitsmigranten, Abwanderung und Republikflucht in der ehemaligen DDR, gestoppt durch den Mauerbau; nach 1989 setzte die Abwanderung wieder ein. (7) Deutschland hat ein Bildungsproblem – nach der PISA-Studie stellt das Schulsystem im internationalen Vergleich bestenfalls Mittelmaß dar, fatal ist die hohe Zahl der jungen Menschen ohne Hauptschulabschluss. (8) Der Strukturwandel verändert Deutschland – generell geht die Zahl der Erwerbstätigen, besonders in den neuen Bundesländern, seit 1992 zurück, vor allem durch Rationalisierung und Verlagerung arbeitsintensiver Prozes- se ins Ausland; Ausländer leiden überproportional unter Arbeitslosigkeit. (9) Deutschland hat ein Integrationsproblem – die meisten Ausländer leben in den Städten, kommen vorwiegend in personalintensiven Produktionen un- ter und sind daher von Rationalisierung und Strukturwandel besonders be- troffen. (10) Deutschland renaturiert – in Regionen, in denen alte Industrien zusam- menbrechen, wo Menschen abwandern und sich die Landwirtschaft zu- rückzieht oder extensiviert wird, erobert die Natur (Tier- und Pflanzenarten) verlorenes Terrain zurück (Wölfe in der Lausitz, Luchse im Pfälzerwald und Harz). 146 Berücksichtigt man diese Prognosen, dann wird auch der Sport in den nächsten Jahren eine deutliche Veränderung erfahren (müssen). Darstellung 29 verdeutlicht die Entwicklungen für die einzelnen Bundesländer im Vergleich. Als Bewertungsschlüssel werden die Noten von 1 – sehr gut bis 6 – ungenügend verwendet. 147

146 Vgl. Kröhnert/van Olst/Klingholz, 2005, S. 22-24. 147 Ein detaillierter Benotungsschlüssel mit Angaben zur jeweilig zugeordneten Maßeinheit findet sich bei Kröhnert/van Olst/Klingholz, 2005, auf den Seiten 6-11. - 58 - Kinderzahl Unter20-jährige Frauenanteil Wanderung Kaufkraft Erwerbstätigkeit Arbeitsl.+ Sozialhilfe Hochbetagte Bildungschancen Ausländer/Arbeitsl. Schulabgänger Ausbildungsplätze Hochqualifizierte Singlehaushalte Kindergärten Freifläche

Baden- 4,1 4,1 2,2 1,9 2,3 2,7 2,4 3,7 5,1 4,3 2,7 1,9 3,5 3,5 4,2 3,9 Württemberg Bayern 4,1 4,1 2,3 1,7 2,6 2,8 2,1 4,1 5,0 4,3 3,4 2,0 4,2 3,0 5,4 3,0

Rheinland- 4,1 4,3 2,5 1,9 2,7 4,1 3,0 4,5 5,0 4,4 3,4 2,5 4,3 3,3 3,9 3,1 Pfalz

Hessen 4,6 4,6 1,9 2,1 2,3 3,4 3,6 4,2 4,2 5,0 3,5 2,5 3,2 3,2 4,9 4,0

Brandenburg 5,9 4,9 4,9 3,2 5,2 2,9 3,4 2,7 4,7 3,5 3,1 5,3 3,1 2,6 2,6 1,5

Niedersachsen 3,6 4,1 2,7 1,9 2,8 4,6 3,9 4,2 5,2 4,9 3,6 2,8 4,4 3,3 5,3 2,9

Schleswig- 4,0 4,5 2,6 1,9 2,6 4,6 4,3 4,5 4,5 4,5 4,0 2,7 4,5 3,3 5,3 3,3 Holstein

Nordrhein- 4,1 4,3 2,3 2,3 2,5 4,3 3,6 4,1 4,9 4,5 2,1 3,1 3,9 3,3 5,7 4,7 Westfalen

Mecklenburg- 5,8 4,6 5,1 3,8 5,4 2,9 4,1 2,2 4,7 3,2 5,1 4,0 3,5 3,4 3,2 1,9 Vorp.

Thüringen 6,0 5,1 5,1 3,3 5,5 2,0 3,1 3,7 5,7 3,3 4,6 3,6 2,9 2,9 2,1 2,3

Saarland 5,3 4,7 2,5 2,5 3,7 5,3 3,7 4,5 5,3 4,8 4,0 2,3 4,0 3,7 4,0 4,3

Berlin 6,0 5,0 2,0 3,0 3,0 5,0 6,0 3,0 4,0 4,0 4,0 5,0 1,0 6,0 4,0 6,0

Hamburg 6,0 5,0 1,0 2,0 2,0 4,0 6,0 5,0 4,0 4,0 5,0 4,0 2,0 6,0 6,0 5,0

Sachsen 5,8 5,2 5,1 3,4 5,5 2,7 3,5 4,8 4,9 3,7 4,0 4,2 2,6 3,1 3,0 3,3

Sachsen- 5,9 5,0 5,1 4,0 5,7 3,1 4,1 4,0 4,7 3,8 5,8 3,3 3,9 2,7 1,8 2,4 Anhalt

Bremen 4,0 5,0 2,0 4,5 4,0 5,5 6,0 5,5 4,0 3,5 3,5 4,5 3,5 6,0 5,5 5,0

Demografie Wirtschaft Integration Bildung Familie

Darstellung 29: Voraussetzungen für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung 148

148 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kröhnert/van Olst/Klingholz, 2005, S. 22f. - 59 -

3.1.2 Sport und Politik

Betrachtet man die Entwicklung des Sports bis heute, dann bestand zwischen Politik und Sport im gesamtgesellschaftlichen Bedingungsgefüge immer ein en- ges Verhältnis. Schon die griechische Mythologie kannte sportliche Wettbewerbe (Agone), die im antiken Sprachgebrauch als Metapher für das Konkurrieren im öffentlichen Leben, im Gerichtswesen, in der Politik und im Krieg galten. Athletik und Gymnastik hatten in der griechischen Antike bildungspolitisch wie gesund- heitspolitisch einen beachtlichen Stellenwert. Mythologie als politische Ideologie und Kult als politische Handlung waren mitbestimmend für die Entstehung der antiken Wettspiele in Olympia. Als das hervorstechende politische Merkmal die- ser Spiele war der Schutzfrieden Ekecheiria zu nennen, denn über tausend Jahre fielen die Olympischen Spiele nie aus oder wurden durch direkte Kriegseinwir- kungen bedroht. In der römischen Antike war der Sport zunächst eine Angele- genheit der oberen Volksschichten, bevor er zum Schau- und Berufssport für die Angehörigen der unteren Schichten wurde. Körperliche Exerzitien waren in den Städten des Römerreiches Bestandteil der Militärpolitik. In der Völkerwande- rungszeit hat der Sport der Germanen viele römische Elemente übernommen. Im Mittelalter fand die Beschäftigung mit Leibesübungen, Spielen und Sport in drei schichtenspezifisch festgelegten Bevölkerungsteilen (Ritter, Bauern, Bürger) statt und im Zusammenhang mit der inhaltlichen Bestimmung des sozialen und ethi- schen Verhaltens und Handelns beim Spiel und Sport bildeten sich in der folgen- den Zeit des Humanismus die Vorformen einer sportlichen und politischen Fair- ness heraus. Nach dem 30jährigen Krieg betonten Lehrer und Ärzte wie Salz- mann, GutsMuths, Frank und Hufeland die Notwendigkeit von Leibesübungen in der Gesundheitserziehung als Mittel einer von der Hygiene bestimmten Gesund- heitspolitik. Auch die Schulpolitik und Schulgesetzgebung wurden von Pädago- gen wie Pestalozzi mitbestimmt, die eine umfassende ganzmenschliche Erzie- hung und Bildung propagierten. Durch den Turnvater Jahn kam es von Berlin aus zu einer Popularisierung des Turnens (Hasenheide, 1811), das sich ausbreitete, aus politischen Gründen aufgewertet aber auch verfolgt und eingeschränkt wurde (Turnsperre, 1819). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich im Zuge der Re- formpädagogik in der Bildungspolitik kreativ-humane Aspekte herausgebildet, vor allem in den Sportarten Turnen, Gymnastik, Skilauf, Schwimmen und Rudern. In der NS-Zeit (1933-1945) erhielten Sport und Leibesübungen auf der einen Seite einen hohen Stellenwert und großzügige Förderung, auf der anderen Seite ex- treme Idealisierung und Missbrauch durch politische Leibeserziehung , dessen - 60 -

Erziehungsziel der heroisch-aktive Mensch , der politische Soldat war. Die Einfüh- rung von Pflichtsport an den Universitäten und Wehrsport in den schulischen Lehrplänen dienten als Vorbereitung auf den Krieg, durch den 1940 und 1944 die Olympischen Spiele ausfielen. Nach dem 2. Weltkrieg waren die Sportstätten größtenteils zerstört, und es durften zunächst keine Sportvereine und -verbände gebildet werden. Erst mit der Demokratisierung der Öffentlichkeit durch Wahlen konnte eine Neubegründung eines einheitlichen Sports aus bürgerlichem Sport, Arbeitersport und kirchlich orientiertem Sport in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden. Die sportpolitische Wende kam Anfang der sechziger Jahre und wur- de mit der Breitensportoffensive Sport für alle eröffnet, die alle vier bis fünf Jahre im Rahmen einer neuen Kampagne auf das sich ändernde Sportverhalten in der Gesellschaft eingeht. Der Sport in der DDR ging andere Wege. Von der ideologi- schen Basis her nahm der Deutsche Sportausschuss des Landes eine parteipoli- tische Ausrichtung an, ganz im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo sich nach der Satzung des Deutschen Sportbundes Verbände und Vereine im Sport politisch neutral verhalten sollen. 149 Der im Jahr 1989 in Gang gesetzte Prozess der Vereinigung beider deutscher Staaten hatte auch den Zusammenschluss der beiden Sportbünde und der bei- den Nationalen Olympischen Komitees (NOK) im Jahr 1990 zur Folge. Diese neue Einheit der deutschen Sportbewegung führte zu einer neuen demokrati- schen Ordnung der Vereinsbasis. 150 Das enge Verhältnis zwischen Sport und Politik zeigt sich ganz aktuell in der Fu- sion zwischen dem Deutschen Sportbund und dem Nationalen Olympischen Ko- mitee zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), die am 10. Dezember 2005 in Köln beschlossen wurde. Bei der Gründungsveranstaltung des DOSB am 20. Mai 2006 in der Frankfurter Paulskirche wird die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Festrede halten. 151 „Sportpolitik hat die Planungs- und Entscheidungsprozesse im innen- und au- ßenpolitischen Bereich zum Inhalt, die sich im weitesten Sinne auf Fragen des Sports beziehen. Dabei handelt es sich um Maßnahmen sowohl des Bundes, der Länder und Gemeinden (öffentliche Sportverwaltung) als auch von gesellschaftli- chen Gruppierungen und Institutionen (Sportselbstverwaltung), die die Aufgaben, Funktionen und Ziele des freien, organisierten und institutionalisierten Sports

149 Vgl. Rösch, 1980, S. 13-48; Haag, 1996, S. 152f; Große-Klönne, 2000, S. 29-31 und Vogt, 2005, S. 6-11. 150 Vgl. Vogt, 2005, S. 10. 151 Vgl. Deutscher Sportbund, 31.03.2006. - 61 - umfassen. Sport ist kein autonomer, von der Gesamtgesellschaft unabhängiger Handlungsbereich; er steht vielmehr in einem Wechselwirkungsverhältnis zur Politik.“ 152 In der heutigen Zeit wird der Sport in der Europäischen Union wie auch in der Bundesrepublik zwar als eine wesentliche Aufgabe der Politik erkannt, aber nicht gleich wichtig bewertet. In der Bundesrepublik sehen alle politischen Parteien den Sport als eine wichtige Hilfe bei der Gesundheits-, Bildungs- und Sozialpolitik an. Fachausschüsse und Arbeitskreise erarbeiten Sportprogramme, wobei ver- sucht wird, möglichst alle Bereiche, in denen Sport vorkommt, zu erfassen und als förderungswürdig zu betrachten. Die Bundesregierung fördert dabei vorrangig den national-repräsentativen Hochleistungssport, während es überwiegend An- gelegenheit der Länder ist, den Breitensport, den Freizeitsport, den Schulsport, den Behindertensport usw. zu fördern, für den Sportstättenbau und für Freizeit- und Spielanlagen zu sorgen und mit den Landessportbünden und den Sportver- einen in Kontakt zu bleiben. 153 Basisarbeit im Sport vollzieht sich in der kommunalen Sportpolitik, denn von einer funktionierenden Sportadministration hängt viel ab für das ausstrahlende Image einer Stadt oder Gemeinde. Projektförderung und Sportstättenausbau, die vor- rangig dem Gemeinwohl dienen, gehen mit 30-80% zu Lasten einer Gemeinde. Leider ergeben sich hier hin und wieder Missverständnisse in der Förderung, die einerseits einem übertriebenen Lokalprestige zuzuschreiben sind, andererseits aber unverantwortliche Vereinspolitik und Profilneurose politischer Parteien zeigt, um dadurch politisches Kapital einzubringen. 154 Kommunale Sportförderung bezieht sich auf folgende Bereiche: (1) Sportstätten – Vereinssportstätten, Kommunale Sportstätten, Sportstätten Dritter, (2) Sportbetrieb – Sportgeräteanschaffung, Übungsleiter, Kinder- und Jugendsport bis 18 Jahre, Hochleistungssport, Breiten- und Freizeitsport, Veran- staltungen, (3) Sonstiges – Vereinsorganisation, Ehrungen, Sachpreise, Vereins- ereignisse, Fahrten, die Partnerstädte betreffen. 155 „Der Sport mit seinem vitalen Wachstum, seinen unterschiedlichen Erscheinun- gen und Verbindungen mit den modernen Lebensstilen ist mittlerweile ein wichti- ger Gesichtspunkt der Gesundheits- und Sozialpolitik wie der Wirtschaftspolitik geworden. Die entsprechenden sozialpolitischen, gesundheitspolitischen und

152 Bloss, 1977, S. 286. 153 Vgl. Rösch, 1980, S. 51-55. 154 Vgl. Rösch, 1980, S. 55-57. 155 Vgl. Röthig/Größing, 1995, S. 127. - 62 - wirtschaftspolitischen Potenziale sind aber nicht zuletzt deshalb noch „unbe- kannt“ oder strittig, weil die Erkenntnisse zu unsystematisch, zu verstreut und die Publikationen zu zersplittert sind.“ 156 Darstellung 30 zeigt beispielhaft Erklärungen zum Sport und Sporttreiben:

Vertrag von Amsterdam Erklärung zum Sport 1997 Europäische Konferenz des Europäi- Erklärung über die im Rahmen gemeinsamer Union (EU) schen Rats in Nizza Politiken zu berücksichtigenden besonderen 2000 Merkmale des Sports und seine gesellschaftli- che Funktion in Europa Eine direkte Förderung freizeitsportlicher Aktivitäten durch die EU ist zurzeit wegen fehlender Rechtsgrundlagen nach einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes nicht möglich. Bundesregierung Zuständigkeiten im Spitzen- Sportberichte der Bundesregierung und Leistungssport Bundesministerium des Inneren (1999): „Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung kann die Bundesregierung zentrale Maßnahmen bundeszentraler Sportorganisationen im Breiten- und Freizeitsport fördern, wenn diese für die Bundesrepublik Deutschland von Bedeutung sind und von einem Land allein nicht wirksam gefördert werden können.“ Länder Leitmaxime Unterschiedliche Realisierungsstrategien, - „Sport für alle“ formen und -terminologische Einfassungen Aus dem Staatsziel der Pflege und Förderung des Sports erwächst die Aufgabe, nicht nur im Zu- sammenwirken mit den Städten und Gemeinden die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, son- dern auch durch programmatische Aktivitäten innovativ und in partnerschaftlichen Strategien mit den in der Gesellschaft tätigen Organisationen „Sport für alle“ zu erschließen. Deutscher Städtetag Empfehlungen zur kommunalen Sportförde- Kommunen 1987 rung „Im Mittelpunkt allen Bemühens steht der Breitensport in den Vereinen.“ Präsidium der „...erhalten Bewegung, Spiel und Sport für die Sportministerkonferenz moderne Stadtentwicklung besondere Bedeu- 1999 tung. Gerade dort, wo Menschen leben, arbei- ten und wohnen, manifestiert sich Sport nicht als isoliertes gesellschaftliches Subsystem, sondern als fester und eingebundener Be- standteil der Straßen-, Szene-, Jugend-, Fami- lien-, Senioren-, Fest- und Vereinskultur.“ Eine zukunftsorientierte Sportentwicklung muss entschieden über die Grenzen der Fachpolitik hinausgreifen und insgesamt als Querschnittsaufgabe angelegt sein. Deshalb fordern die Sportmi- nister, dass neben der Errichtung von Sportanlagen sowohl Sportgelegenheiten zu vielfältigen Bewegungs- und Spielformen für Freizeit und Erholung im Alltag, als auch sportlich nutzbare We- gesysteme, wie zum Beispiel Rad- und Wanderwege, in die Wohngebiete und das städtische Um- feld zu integrieren sind.

Darstellung 30: Sport in den politischen Arenen 157

156 Rittner/Breuer, 2004, S. XV. 157 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Eulering, 2002, S. 66-71. - 63 -

3.1.3 Sport als Wirtschaftsfaktor

Bis in die 80er Jahre bemühten sich die Sportorganisationen das Amateurideal, die Freiwilligkeit, demokratische Entscheidungsstrukturen und Ehrenamtlichkeit gegen die immer stärker werdenden Kräfte des Marktes aufrecht zu erhalten. Dennoch wurden die Grenzen des Erlaubten bei der Vermarktung des Sports als Ware immer weiter hinaus geschoben. „Sport mit seiner Organisation in Sportvereinen verstand sich lange Zeit als Ge- genwelt zu Beruf, Markt und Gelderwerb; ökonomische Rationalität, Gesetze des Marktes und der Vermarktung des Sports als Ware lagen außerhalb seines Selbstverständnisses; Solidarität, nicht individuelle Eigeninteressen, Ehrenamt, nicht Beruf, Vergemeinschaftung, nicht Vergesellschaftung waren seine bestim- menden Leitbilder. Ehrenamtlichkeit, Idealismus, Mitgliederfinanzierung und hohe öffentliche Subventionierung machten die Leistungen von Sportvereinen und - verbänden „nebenher“ beschaffbar. Amateurideale und restriktive Werbeleitlinien der Sportorganisationen begrenzten die ökonomische Verwertbarkeit des Sports.“ 158 Bereits 1990 besaß der Sport nach HEINEMANN eine beachtliche ökonomische Bedeutung. Er trug in Deutschland mit 1,4% an der Bruttowertschöpfung und mit 2% an der Beschäftigung bei, ohne Berücksichtigung der Vorleistungen und der sekundären Beschäftigungs- und Einkommenseffekte. 159 Bereits im Jahr 1998 betrug der Gesamtwert der im Inland produzierten Waren und Dienstleistungen 53 Mrd. DM, was 1,4% des gesamten Bruttoinlandsproduk- tes ausmachte. Der sportbezogene private Verbrauch betrug im gleichen Jahr 40,6 Mrd. DM, die Sportbranche erwirtschaftete einen Umsatz von mehr als 30,4 Mrd. DM. Erkennbar ist eine kontinuierliche Steigerung der in der gesamten Sportbranche erzielten Umsätze. 160 Im Jahr 2002 gaben Bund (127 Mio. Euro / 3,3%), Länder (668 Mio. Euro / 17,1%) und Gemeinden (3,1 Mrd. Euro / 79,6%) insgesamt 3,9 Mrd. Euro für den Sport aus. Die Mittel wurden für den Bau und Betrieb von Sportstätten (1,6 Mrd. Euro / 42,1%) und öffentlichen Bädern (1,3 Mrd. Euro / 34,1%) sowie zur Sport- förderung (0,9 Mrd. Euro / 23,8%) verwendet. Dazu zählen zum Beispiel ge- meindliche Sportveranstaltungen und die Finanzierung der kommunalen

158 Heinemann, 1995, S. 245. 159 Vgl. Heinemann, 1995, S. 249f. 160 Vgl. Wopp, 2006, S. 374. - 64 -

Sportämter. Je Einwohner errechnet sich ein Betrag von 47 Euro (1992 – 48 Eu- ro, 1998 – 43 Euro pro Einwohner). 161

Darstellung 31: Sportinduzierte Güter- und Geldströme 162

Sport umfasst heute ein breites Spektrum von Gütern und Dienstleistungen (sie- he Darstellung 31). Die Typisierung der für die Gestaltung von Angebot und Nachfrage notwendigen Produktgruppen nach bestimmten Merkmalen ist aber in jedem Fall relativ und mit Problemen behaftet. Dennoch weist eine Klassifikation auf die verschiedenen Märkte hin, die sich im Sport entwickeln. Nach HEINEMANN bieten sich folgende vier Produktgruppen an: (1) Sportgelegenheiten – mit Sportstätten, Infrastruktur, Sportmilieus, Organisati- on, (2) Sportausrüstungen – mit Sportgeräten, Sportkleidung, Sportzubehör, Sporter- nährung, Betriebs- und Hilfsmittel, (3) Dienstleistungen – mit Erlernen einer Sportart, Training/Übung, Förderung, Beratung, Betreuung, sportliche Veranstaltungen,

161 Vgl. Statistisches Bundesamt, 2002. 162 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Heinemann, 1995, S. 249f und Weber/Schnieder/Kortlüke/Horak, 1995, S. 42. - 65 -

(4) Anschlussprodukte – mit Zuschauerunterhaltung, Information, Werbung und Sponsoring, Versicherung, Lotterien und Wetten, medizinische Versorgung, nicht-marktliche Produkte. 163 Diese sportbezogenen Güter und Dienste werden vom Nutzer, unter Berücksich- tigung der jeweiligen Kosten, nach vier Dimensionen bewertet: (1) ihren Eigenschaften – Nutzungspotentiale, (2) ihren Qualitäten – Zuverlässigkeit, Haltbarkeit, Präzision, Umweltverträglich- keit, (3) der räumlichen Verteilung – Erreichbarkeit, Zugänglichkeit, Entfernung, (4) ihrem Nutzen – Verfolgung individueller, konsumptiver Ziele, Vermarktungs- chancen, Nutzen nicht-marktlicher Produkte. 164 Jeder Mensch kann nun seinen Sport in den unterschiedlichsten Kombinationen gestalten, zum Beispiel zum Skilauf als Freizeitsport gehören: (1) Ski, Bindung, Bekleidung, Skisportzubehör, (2) Skilift, Piste, Pistenpflegedienst, (3) skisportli- ches Milieu, Skischulen, (4) Hotels, Ferienhäuser, Restaurants, Handel, (5) Transportmittel, Verkehrswege, Infrastruktur. Andere Kombinationen können sein: Ein informeller Sport mit geringen Anforderungen an Ausrüstung, Sportge- legenheiten, Fertigkeiten, oder ein hoch formalisierter, ausdifferenzierter Sport auf eindimensional nutzbaren Anlagen mit teuren, technologisch hoch entwickel- ten Geräten und nur mit über viele Jahre erwerbbaren Qualifikationen in teurem Ambiente und voller institutioneller Einbindung. 165 Mithilfe von Modellrechnungen und Studien wird bis 2010 eine Zunahme der wirt- schaftlichen Bedeutung des Sports angenommen. 166 Auch für den Vereinssport wird eine Zunahme der wirtschaftlichen Bedeutung prognostiziert. „Da die Sportvereine in erheblicher Konkurrenz zu den erwerbs- wirtschaftlichen Sporteinrichtungen stehen und deshalb ihre Leistungen verbes- sern werden, was wiederum nur durch erhöhte Mitgliedsbeiträge möglich sein wird, und auch die gewerblichen Sportanbieter ihre Kostensteigerungen an die Kunden weitergeben werden, kann eine Zunahme des Umfangs der Ausgaben für aktives Sporttreiben prognostiziert werden.“ 167

163 Vgl. Heinemann, 1995, S. 29-31 und Ertel/Ebert, 2003, S. 11f. 164 Vgl. Heinemann, 1995, S. 32. 165 Vgl. Heinemann, 1995, S. 37-40. 166 Vgl. dazu Veltins, 2001; FAZ-Institut, 2004 und Hickel et al., 2004. 167 Wopp, 2006, S. 375. - 66 -

3.1.4 Sportorganisation und Sportanbieter

Die Anfänge des organisierten Sports sind in Deutschland im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert zu finden. Durch den schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung, die gesellschaftliche Bedeutung von Gesundheit, sittlicher Bildung und körperlicher Fähigkeiten wurden Forderungen nach öffentlicher Institutionali- sierung körperlicher Erziehung laut. In diesem Zusammenhang sind J. Guts- Muths, , Adolf Spiess, Hugo Rothstein und Carl Diem zu nennen, die über Jahrzehnte einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten, Organi- sationsformen für Leibesübungen und Sport zu schaffen. 168 Im Jahr 1848 gründete sich der erste Dachverband der Turnvereine, die Schüt- zenvereine vereinten sich 1861 über alle deutschen Staaten hinweg zum Deut- schen Schützenbund, die Turnvereine 1868 zur Deutschen Turnerschaft. Zu- nehmend bildeten sich auch in anderen Sportarten organisatorische Strukturen in Form von Dachverbänden, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts als natio- nale Fachverbände etablierten. Die Deutsche Turnerschaft war 1914 mit 1,2 Mil- lionen Mitgliedern die größte Organisation für Leibesübungen in der ganzen Welt. .169 In den Nachkriegsjahren zeichnete sich eine inhaltliche Neuorientierung und eine strukturelle Differenzierung und institutionelle Verfestigung des Sportsystems ab. Im Jahr 1912 gründete sich die Zentralkommission für Arbeitersport und Körper- pflege und 1917 der Deutsche Reichsausschuss für Leibesübungen. In den Jah- ren 1919-1930 wurde der Turnhallen- und Spielplatzbau zur zentralen Frage er- hoben, seine Dringlichkeit untermauert und Gesetzentwürfe formuliert. Obwohl kein Spielplatzgesetz verabschiedet wurde, forcierte der Staat den Ausbau von öffentlichen Spiel-, Sport- und Turnplätzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründe- te sich in der DDR im Jahr 1947 der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) als Dachorganisation des Sports, in der Bundesrepublik Deutschland der Deutsche Sportbund (DSB) als Dachorganisation der Sportverbände und Sportinstitutionen im Jahr 1950. 170 Nach der Wiedervereinigung schlossen sich die beiden Sportverbände 1990 zu einem Deutschen Sportbund zusammen, der sich im Jahr 2006 mit dem Nationa- len Olympischen Komitee für Deutschland (NOK) zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zusammenschließt.

168 Vgl. Hartmann-Tews, 1996, S. 60-64. 169 Vgl. Hartmann-Tews, 1996, S. 62-65. 170 Vgl. Hartmann-Tews, 1996, S. 65-68. - 67 -

Sportvereine als gemeinschaftliche Selbsthilfevereinigung derjenigen, die sich freiwillig darin zusammentun, sind aber seit einigen Jahren nicht mehr die einzige Rechtsform, in der sich Menschen organisieren, um aktiv Sport zu treiben. Pro- fessionelle Sportunternehmen treten u. a. in Form von Kapitalgesellschaften auf der Anbieterseite auf (siehe Darstellung 31). Diese Besonderheit im deutschen Sportsystem im Bereich der Dienstleister mit aktivem Sportkonsum wird allge- mein in den Profit- und bedarfsorientierten Non-Profit-Bereich unterteilt. 171

Darstellung 32: Sportbetriebe im Überblick 172

„Sportvereine und Sportverbände stehen sowohl in einem internen als auch ei- nem branchenübergreifenden Wettbewerb um Mitglieder, Mitarbeiter und Märk- te.“ 173 Der Markt hat in den letzten zwanzig Jahren eine dynamische Entwicklung durch private Sportanbieter erfahren. Nicht nur Fitness-Studios, sondern eine Vielfalt von Anbietern mit ganz unterschiedlichen Angeboten, Leistungen, Zielsetzungen und Inszenierungen des Sports erscheinen und verschwinden. Somit ist dieser Bereich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor mit guten Beschäftigungschan-

171 Vgl. Woratschek, 2002, S. 2f und Trosien, 2003 S. 97-103. 172 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Woratschek; in: Albach/Frick, 2002, S. 3. 173 Trosien, 2003 S. 100. - 68 - cen zu einer ernst zu nehmenden Alternative für das Vereinsangebot gewor- den. .174

Staatliche Gemeinnützige Erwerbswirtschaftliche Sportförderung Sportbewegung Sportunternehmungen

Sportförderung Nationale Sportverbände Sportwirtschaftsverbände des Bundes Sportförderung Landessportbünde/- Toto-Lotto-Gesellschaften der Länder verbände Sportförderung der Sportvereine Betriebe, Geschäfte Kommunen Unternehmen, Agenturen Studios, Konzerne

Darstellung 33: Von drei Sportsektoren zum Neun-Felder-Schema 175

Die Vielfalt der Sport- und Freizeitangebote, die Individualisierung der Bewe- gungsinteressen und die Freigabe der Möglichkeiten der Selbstverwirklichung, verbunden mit kurzlebigen Formen des Sporttreibens und der Bewegungskultur, führen zu einer hohen Fluktuation der Sportinteressen und einer zunehmenden Lockerung der Bindung an einzelne Sportarten und Sportanbieter. Bereits 1990 stellen DIETRICH/HEINEMANN/SCHUBERT in einer Studie eine geringer wer- dende Bindungsbereitschaft an Sport und Sportverein fest. Wobei allerdings die Sportvereine mit 8% möglicher Absprungskandidaten deutlich besser abschnei- den als die kommerziellen Anbieter mit 14%. Beruhigend kann dieses Ergebnis aber weder für Sportvereine noch für gewerbliche Sportanbieter sein. 176

3.1.5 Autonomie des Sports

„Der Sport ist es, was den Sport zum Sport macht, und nicht dessen Umwelten, die auf ihn – fordernd, fördernd, beschränkend, erfolgreich oder erfolglos – Einfluß [!] zu nehmen versuchen.“ 177 In den 80er Jahren fand eine schleichende Veränderung der Fundamente des Sports hin zu Mode, Markt und Medien statt. Durch die Einführung des Privat- fernsehens 1984 gewann der Markt zuerst im Spitzensport und dann auch zu- nehmend in den übrigen Sportsegmenten an Einfluss. Diese Motoren der Sport- entwicklung führten zu einer neuen Akzentsetzung in der Sportpolitik. Die Politik

174 Vgl. Dietrich/Heinemann/Schubert, 1990, S. 7. 175 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Trosien, 2003 S. 100. 176 Vgl. Dietrich/Heinemann/Schubert, 1990, S. 56f. 177 Güldenpfennig, 1996, S. 15. - 69 - der öffentlichen Hand ist seitdem immer mehr zum Garanten der Autonomie des Sports geworden. 178 Die staatliche Sportförderung im föderalistischen System dient der Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Selbstverwaltung und Eigenverantwortung des Sports stärken. Das bedeutet, dass die Organisationen des Sports ihre Angele- genheiten in eigener Verantwortung regeln. Diese Autonomie wird im rechtlichen Sinne nicht durch die mit der Vergabe öffentlicher Gelder verbundene Kontrolle beeinträchtigt. Die für den öffentlichen Haushalt verantwortlichen Gremien wer- den nur als haushaltsrechtliche Kontrolle über die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel verstanden. 179 Die Wichtigkeit des Sports und seiner Autonomie unterstreichen auch die folgen- den Auszüge aus den Wahlprogrammen der politischen Parteien zur Bundes- tagswahl im Jahr 2005: 180 „ Es ist ein vorrangiges Anliegen der Sportpolitik der CDU und der CSU, den Sport in seiner Gesamtstruktur nachhaltig zu unterstützen, seine Autonomie und Eigenverantwortung zu stärken und ihm dort Hilfe zukommen zu lassen, wo er mit eigenen Mitteln seine Zielsetzungen nicht erreichen kann.“ „Wir werden die Neuorganisation des deutschen Spitzensports (DSB/NOK) nach Kräften unterstützen, ohne die Autonomie des Sports anzutasten.“ (SPD) „Wie kaum ein anderer Lebensbereich steht Sport für Lebensfreude, Leistung und Fairness. Das sind zugleich auch liberale Ziele und Werte. Liberale Sportpo- litik unterstützt den Spitzensport ebenso wie den Breiten-, Behinderten- und Schulsport.“ (FDP) „Mangel an Bildung, Gesundheit, sozialen und kulturellen Fähigkeiten, ungesun- de Ernährung und Bewegungsmangel sind Ausdruck einer zunehmenden Verar- mung bereits im Kindesalter, der wir entschieden entgegenwirken wollen.“ (Bündnis 90/Grüne)

3.2 Sportentwicklungsplanung in Deutschland

Sportentwicklungsplanung wurde und wird immer noch hauptsächlich mit Sport- stättenentwicklungsplanung in den Kommunen gleichgesetzt. In der Praxis zei- gen sich jedoch einleuchtende Wechselbeziehungen zwischen Sporträumen,

178 Vgl. Eulering, 2002, S. 64. 179 Vgl. Weber/Schnieder/Kortlüke/Horak, 1995, S. 222. 180 Ausführliche Wahlprogramme sind im Internet auf den jeweiligen Seiten der Parteien zu finden. - 70 -

Sportinhalten und Organisationsformen des Sports. Daher ist es sinnvoll, mit ei- ner modernen Sportentwicklungsplanung die Angebotsstruktur, die räumliche Infrastruktur sowie die Organisationsstrukturen des Sports in einem Gesamtkon- zept zu vereinen. Das Ziel muss dabei sein, ein engmaschiges und qualitativ hochwertiges Versorgungsnetz für Spiel- und Bewegungsaktivitäten aller Men- schen auf- und auszubauen. Eine sport- und bewegungsfreundliche Stadt soll als lebenswerter Ort gestaltet werden, der für die Bürger aller Altersstufen in unter- schiedlichen Lebensbereichen Gelegenheiten für körperliche Aktivitäten bietet. Dabei ist von einem weiten Verständnis von Sport und Bewegung auszugehen, bei dem sowohl das zunehmende informelle Sporttreiben als auch die traditionel- le vereinsbezogene Sportkultur Berücksichtigung finden. 181 Somit stellen sich den kommunalen Entscheidungsträgern neue und komplexe Anforderungen, die weit über traditionelle Sportstättenentwicklungsplanungen hinausgehen. Sportentwicklungsplanung ist heute als mehrdimensionaler Ansatz aufzufassen und strebt eine bedarfsgerechte Optimierung der Angebots- und Organisationsstrukturen sowie der Infrastruktur mit Sportstätten und Bewe- gungsräumen im Bereich des Sports an. 182

3.2.1 Definition des Begriffs Entwicklung

Im Bereich des Sports werden Begriffe wie Trend , Mode oder Hype für Entwick- lungsrichtungen verwendet. WOPP definiert Trends als von Menschen bewirkte Grundrichtungen, durch die Handlungen großer Bevölkerungsgruppen nachhaltig beeinflusst werden. Allerdings lässt sich die Wirkungsbreite eines Trends oftmals nicht messen, da es sich bei Trends um Phänomene handelt, in denen weiche Faktoren wie Motive, Einstellungen oder Werte von Menschen zum Ausdruck gebracht werden, die statistisch nicht erfassbar sind. 183 In der Trendforschung werden Entwicklungen in jährlichen Abständen beobach- tet, wobei die Fünfjahresgrenze eine besondere Bedeutung hat, da angenommen wird, dass eine mehr als fünf Jahre andauernde Entwicklung eine gewisse Stabi- lität aufweist. Länger als zehn Jahre andauernde Entwicklungen werden als sehr stabil erachtet. 184

181 Vgl. Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 8f. 182 Vgl. Breuer/Rittner, 2002, S. 21-29; Breuer, 2005, S. 16-19. 183 Vgl. Wopp, 2006, S. 13-23. 184 Vgl. Opaschowski, 1995, S. 11-16. - 71 -

Darstellung 34: Trendformen und Trendverläufe 185

Generell besteht in nahezu allen Gesellschaftsbereichen der Bedarf, mit Hilfe von Prognoseverfahren Erkenntnisse über mögliche Entwicklungen zu gewinnen. Das bedeutet aber nach BREUER, im Zukünftigen mehr als nur die lineare Verlänge- rung des Gegenwärtigen zu sehen. 186 Die Bundesregierung hat im April 2002 die nationale Strategie für eine nachhalti- ge Entwicklung, als Grundlage für weitere politische Reformen wie auch für ein verändertes Verhalten von Unternehmen und Verbrauchern, beschlossen. Nach- haltige Entwicklung heißt, mit Visionen, Phantasie und Kreativität die Zukunft zu gestalten und dabei auch Neues zu wagen und unbekannte Wege zu erkun- den. .187 „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefähr- den, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Weltkommission für Umwelt und Entwicklung („Brundtland-Kommission“), 1987 .“ 188

185 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wopp, 2006, S. 15 und 20. 186 Vgl. Wopp, 2003, S. 30. 187 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2006, S. 10. 188 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2006, S. 9. - 72 -

3.2.2 Sportentwicklungsplanung bis heute

Nach den Zerstörungen der Sportstätten im Zweiten Weltkrieg hat in Deutschland ein Aufbau- und Sanierungsprozess begonnen, der seit den 60er Jahren syste- matisch betrieben wird:

Planungsmerkmale, Normen, Richtlinien, Nutzungs- und Raumqualitäten Entwicklungsströme Neubau / Wiederaufbau von Schul- und Richtlinien für die Schaffung von Erho- Vereinssportanlagen auf der Grundlage lungs-, Spiel- und Sportanlagen. des sportartenspezifischen Regelwerks Hrsg.: der Sportverbände und der daraus ab- Deutsche Olympische Gesellschaft / geleiteten Baunormen und Schulsport- DOG (1956, 1967, 1976) Richtlinien. Zweiter Weg des Sports: Hauptmerkmale: Deutscher Sportbund (1959) - Wettkampf-/Leistungssport - Flächen deckende Standardisierung Goldener Plan für Gesundheit, Spiel und der Hochbauten und Freianlagen Erholung: Phase 1 Phase - Dominanz der quantitativen Aussagen DOG (1960 bis 1975) in den gültigen Richtlinien, Normen und Planungsempfehlungen Trimm-Aktion: Deutscher Sportbund (seit 1970)

DIN 18035, „Sportplätze“ (1979) DIN 18034, „Spielplätze“ (1988) DIN 18032, „Sporthallen“ (1989) Bau von Spiel- und Sportanlagen für 3. Memorandum zum Goldenen Plan: Schulen, Vereine und andere institutio- Deutscher Sportbund (1984) nalisierte sowie nicht-institutionalisierte („informelle“) Sport- und Freizeitgruppen. Projektentwicklungen für einen bedürf- nis-/ freizeitorientierten Sport und Sport- Hauptmerkmale: stättenbau: - Alternative oder ergänzende Sportan- K. Altekamp, J. Dieckert, J. Koch & C. gebote mit Freizeit- und Spielcharakter Wopp (seit 1974) - Öffnung des Sports für alle

Phase 2 Phase Bevölkerungsgruppen Modellversuch Freizeitsport an der - Zunehmende Akzeptanz von qualitati- Universität (1977-1981) ven Planungsempfehlungen im kommunalen Sportstättenbau Forschungsarbeiten zum Thema Sport- Mehrzweckhallen: K. Altekamp, J. Dieckert & J. Koch (1980-1982) Neu-/Umbau von Spiel- und Sportanla- Leitbilder für einen humanökologischen gen im Sinne humanökologischer Pla- Spiel- und Sportstättenbau: nungskriterien. J. Dieckert & J. Koch (1988-1990)

Hauptmerkmale: Goldener Plan Ost: - Übertragung eines erweiterten Ökolo- Deutscher Sportbund (1994) giebegriffs auf die Planung und den Phase 3 Phase Bau von Spiel- und Sportanlagen DIN 18035, Sportplätze; überarbeitete - Zunehmende Durchsetzung von Fassung (1998) humanökologischen Qualitäts- anforderungen - 73 -

Sanierung und Modernisierung, Erweite- „Kommunale Sport- und Sportstätten- rung und Neubau von Spiel- und Sport- entwicklungsplanung“: anlagen im Rahmen einzelprojektüber- Kultusministerium Nordrhein-Westfalen greifender Entwicklungsplanungen der (1988) Kommunen oder Regional- /Landesbehörden Zukunftswerkstätten zur Sportinfrastruk- turentwicklung: Hauptmerkmale: C. Wopp (seit 1995) - Entwicklung kommunaler und regio- naler Angebotsnetze für Sport-, Spiel- Leitfaden zur Sportstättenentwicklungs- und Freizeitaktivitäten planung (BISp): Hrsg.: - Sportstättenbau als bedeutender Bundesinstitut für Sportwissenschaft Phase 4 Phase Entwicklungsfaktor übergeordneter (2000) Regional- und Stadtplanung - Modelle zur Kooperation zwischen Kooperative Sportstättenentwicklung: Vereinen, Schulen, Kommunen und A. Rütten (1998) Wirtschaft Vernetzt-modulare Sport- und Sportstät- tenentwicklungsplanung: J. Koch (1982; 1995); J. Koch & P. Wehr (2000)

Darstellung 35: Entwicklung des Sportstättenbaus in Deutschland nach 1945 189

Die erste vorherrschende Planungsgrundlage für die Berechnung von Sport- und Freizeitanlagen in der Gemeinde war der von der Deutschen Olympischen Ge- sellschaft (DOG) entwickelte und vorgelegte Goldene Plan für Gesundheit, Spiel und Erholung . Über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten war er die allseits aner- kannte Richtschnur für die sportpolitischen, planerischen und finanzpolitischen Entscheidungen zur Entwicklung der Sportstätteninfrastruktur. Die Bedarfsermittlung für fehlende Sportstätten erfolgte auf Basis der bereits im Jahre 1956 veröffentlichten Richtlinien für die Schaffung von Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen , wurde im Goldenen Plan für Gesundheit, Spiel und Erholung 1961 bis 1975 angewendet und setzte sich im Jahr 1994 im Goldenen Plan Ost fort. 190 „Nach dem Auslaufen des Goldenen Plans im Jahr 1976 konnte man von einer nahezu flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Sportstätten der Grundversorgung im Bereich des Leistungs- und Breitensports sprechen. Zugleich erfolgte eine Expansion der Mitgliederzahlen in den Sportvereinen (1955: ca. 3,8 Mio.; 1980: ca. 16,9 Mio.), ein Ansteigen der Anzahl der Sportver- eine (mit zahlreichen Neugründungen: 1955: ca. 23.900; 1980: ca. 53.400) und nicht zuletzt auch eine Steigerung der sportlich Aktiven. 191

189 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Koch, in: Freizeitsport, 2002, S. 91f. 190 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 13-18. 191 Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 42. - 74 -

Darstellung 36 zeigt anschaulich das Berechnungsverfahren zur Sportstättenbe- darfsermittlung nach dem Goldenen Plan .

Darstellung 36: Sportstättenbedarfsermittlung nach dem „Goldenen Plan“ der DOG seit 1961 192

In den folgenden Jahren konnte der Goldene Plan durch den Wandel des Sports keine fundierte Sportstättenleitplanung mehr bieten, denn das veränderte Sport- angebot, gewandelte Interessen der Aktiven, die im Vergleich zum informellen Sport geringer werdende Rolle der Vereine und zunehmende kommerzielle An- gebote führten zu massiven Unsicherheiten bei der Bedarfsermittlung. Es wurde notwendig, alternative oder ergänzende Sportangebote, die Öffnung des Sports für alle Bevölkerungsgruppen, ökologische Gesichtspunkte und die zunehmende Akzeptanz von qualitativen Planungsempfehlungen im kommunalen Sportstät- tenbau zu berücksichtigen. Daher erweiterten und ergänzten Projekte, Modell- versuche und Forschungsarbeiten die Planungen. 193 Um eine nachfrageorientierte und differenzierte Planungskonzeption, die zudem auch prognostische Aussagekraft für die Kommunen besitzen sollte, zu entwi- ckeln, gründete das Bundesinstitut für Sportwissenschaft bereits im Jahr 1986 eine Arbeitsgruppe Künftige Sportstättenentwicklungsplanung. Diese Planungs- gruppe bestand aus Vertretern des Bundes, der Länder, der Kommunen, der kommunalen Spitzenverbände, des Sports und der Wissenschaft. Die Entwick- lung eines zukunftsorientierten Planungsinstrumentes mündete in dem Leitfaden

192 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kirschbaum, 2003, S. 15. 193 Vgl. Hübner/Wulf, 2004, S. 14-16. - 75 - für die Sportstättenentwicklungsplanung (siehe Darstellung 37). Dieser Leitfaden wurde im Jahr 1991 vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISP) veröffent- licht und im Jahr 1999 in verkürzter Fassung von der Sportministerkonferenz ver- abschiedet. 194

Darstellung 37: Zentrale Bausteine des Leitfadens für die Sportentwicklungsplanung 195

Die Umsetzungsprobleme des „Leitfadens“ in den Kommunen zeigen sich in dem hohen planerischen Anspruch, der Fachterminologie und der komplizierten Dar- stellungsweise. Zudem verfügten viele Sportämter weder über die notwendige Datenkompetenz im Bereich Datenerfassung, -erhebung und -auswertung noch über die finanzielle und personelle Ausstattung. Neben diesen praktischen Pro- blemen gab es aber auch inhaltliche Kritikpunkte, die „eine einseitige Orientierung der Sportstättenentwicklungsplanung am „Leitfaden“ des BISp fragwürdig erscheinen lassen: (1) Verallgemeinerung von Planungsparametern, (1) Berechnung des organisierten Sports teilweise per Rückgriff auf Statisti- ken der Landessportbünde, (2) Orientierung am Sportartenkonzept und bekannten Sportarten, enger Sportbegriff – Ausblenden von Bewegen im weiteren Sinne,

194 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 31-38, Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 42. 195 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kirschbaum, 2003, S. 32. - 76 -

(3) Reduktion der Infrastruktur auf genormte Sportstätten – weitgehende Ausklammerung von Sportgelegenheiten und informellen Bewegungs- räumen, (4) Orientierung an rein quantitativen Aspekten der Sportinfrastruktur; qualita- tive Analysen zur Ausgestaltung der Sportstätten fehlen, (5) Fehlen einer Verknüpfung von Global- und Detailplanung auf kommunaler Ebene, (6) Einseitige sektorale Fachplanung – fehlende Einordnung in andere Berei- che der Stadtplanung und Kommunalpolitik, (7) Technokratische Planung ohne Einbeziehung der Bevölkerung und somit im Gegensatz zu den Forderungen der Lokalen Agenda 21.“ 196 Somit scheint diese technokratische und rein an mathematischen Formeln orien- tierte Berechnung für eine nachhaltige Sportentwicklungsplanung als alleinige Methode nicht mehr ausreichend und zukunftsfähig. 197 Eine Integration des Leitfadens in eine kooperative Planungsmethodik, die er- gänzend standort- bzw. ortsteilspezifische und nutzergruppenorientierte Feinana- lysen wie zum Beispiel Sportverhaltensanalysen enthält, findet sich im Konzept der Kooperativen Planung , deren Grundsätze die Forderungen der Lokalen Agenda 21 als Ziel für zukunftsfähige Planungen enthalten (siehe Darstellung 38).

Darstellung 38: Konzept der Kooperativen Sportentwicklungsplanung 198

196 Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 44. 197 Vgl. Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 43f. 198 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 48. - 77 -

Kooperative Planung bedeutet zudem die Betrachtung erarbeiteten Daten sowie das Sportgeschehen mit seinen Entwicklungsmöglichkeiten aus verschiedenen Perspektiven. Auf dieser Basis werden in einem Prozess permanenter Konsens- findung aller Interessengruppen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen erar- beitet. Ein besonderes Gewicht liegt dabei auf der Bürgerbeteiligung und auf ei- nem interaktiven Wissenstransfer. Von Beginn an sollen möglichst heterogene Sichtweisen in die Planung einbezogen werden. Neben dem organisierten Sport gehören dazu: (1) lokale Interessengruppen und Organisationen außerhalb des organisierten Vereinssports zum Beispiel andere Vereine und Kulturgruppen, (2) Vertreter öffentlicher Institutionen zum Beispiel Schulen, Kindergärten, Jugend- arbeit, (3) Vertreter der Kommunalpolitik und Stadtverwaltung. Darstellung 39 veranschaulicht das Zusammenwirken der verschiedenen Berei- che.

Darstellung 39: Bereiche der Sportentwicklungsplanung 199

199 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Wetterich, 2004, S. 45. - 78 -

3.2.3 Aufgaben und Ziele der Sportentwicklungsplanung

Durch die breite gesellschaftliche und politische Akzeptanz des Goldenen Plans wurde bis zum Jahr 1975 für die Kernsportanlagen ein befriedigender Versor- gungsgrad erreicht. Diese zunehmende Erfüllung des Anlagenbedarfs und die knapper werdenden öffentlichen Mittel machten es dem Sport schwer, weiteren Bedarf nachzuweisen. Die Richtwertplanung (3 m 2/EW allg. Sportanlagen und 0,1 m 2/EW Hallenfläche) konnte den sich ändernden sozio-ökonomischen Rah- menbedingungen nicht folgen und berücksichtigte weder den demografischen Wandel noch standörtliche Unterschiede. Deshalb wurde eine präzisere Pla- nungsmethode, die am tatsächlichen Bedarf und am Sportverhalten der Bevölke- rung orientiert sein sollte, notwendig und als Leitfaden zur Sportstättenentwick- lungsplanung erarbeitet. Der Sportstättenentwicklungsplan umfasst einen Pla- nungshorizont von 15 bis 20 Jahren, bezieht sich auf das gesamte Gemeinde- oder Kreisgebiet als Planungsraum sowie alle Sportanlagen und Sportgelegen- heiten für innerhalb und außerhalb von Sportvereinen betriebenen Sport und den Schulsport. Ziel dieser Planungen ist die Bereitstellung geeigneter Sportanlagen und Sportgelegenheiten für eine bestimmte Anzahl von Sportlern zu einer be- stimmten Zeit. 200 „Ziel des Leitfadens ist eine verfahrensmäßige, inhaltliche und methodische Un- terstützung einer Sportstättenentwicklungsplanung, die - auf der Basis der aktuel- len Sportnachfrage - in der Lage ist, mittel- und langfristige Prognosen zur Ent- wicklung des Sports und zum gegenwärtigen wie künftigen Bedarf an Sportange- boten und Sportanlagen zu treffen. Für eine prognostische Bedarfsermittlung sollen Sportverhaltenparameter durch eine differenzierte Bevölkerungsbefragung gewonnen oder aus Daten vergleichbarer Gemeinden entnommen werden.“ 201 Gewandelte Sportbedürfnisse, nicht mehr zeitgemäße und wenig genutzte Sport- stätten, drastische finanzielle Einbußen in der kommunalen Sportförderung, die weitere Verdichtung urbaner Räume bei gleichzeitigem Verlust wohnnaher Be- wegungsmöglichkeiten, der Konkurrenzdruck anderer Nutzungsinteressen und Flächenansprüche sind einige Rahmenbedingungen, die in der heutigen Zeit die Verantwortlichen in der Kommune und im organisierten Sport mit der Frage be- schäftigen, welche Art von Sportangeboten, -organisationsformen und -stätten den Wünschen der Bevölkerung jetzt und in Zukunft entspricht. 202

200 Vgl. BISp, 2000, S.7 und S. 12. 201 Kirschbaum, 2003, S. 7. 202 Vgl. Wetterich, 2004, S. 43. - 79 -

„Die sport- und bewegungsgerechte Stadt soll als lebenswerter Ort gestaltet wer- den, als vernetzter Bewegungsraum, der für die Bürger und Bürgerinnen aller Altersstufen in unterschiedlichen Lebensbereichen Gelegenheiten für körperliche Aktivitäten bietet. Eine zukunftsorientierte Sportentwicklungsplanung muss zum Ziel haben, ein engmaschiges und qualitativ hochwertiges Versorgungsnetz für Spiel- und Bewegungsaktivitäten aller Menschen auf- und auszubauen. Sport- entwicklungsplanung in der Kommune muss heute - über die Aufgaben traditio- neller Planungen hinaus folgende Faktoren berücksichtigen:“ 203 (1) Das gesamte Spektrum von Sport- und Bewegungsräumen der Bevölke- rung muss Berücksichtigung finden. Für die Bewegungsmöglichkeiten auf den verschiedenen Ebenen (dezentrale Grundversorgung der Bevölke- rung, Spiel- und Sportgelegenheiten, quartiersbezogene offene Bewe- gungszentren für den vereinsungebundenen Sport, reguläre Sportstätten und Sondersportanlagen) sind geeignete Empfehlungen für deren Opti- mierung und Vernetzung auszusprechen. (2) Die Infrastrukturplanung für eine Kommune hat übergreifende Aspekte (zum Beispiel Stadtleitbild, Grün- und Freiflächenplanung, Schulentwick- lungsplanung) sowie Fragen der Finanzierung, des Betriebs und der Or- ganisation der unterschiedlichen Sportstätten vermehrt zu berücksichti- gen. (3) Organisationsprobleme und -entwicklung des kommunalen Sports (zum Beispiel Vereinsentwicklung, Kooperation zwischen den verschiedenen Anbietern und der Kommune, Hallenbelegung) sowie dessen Vermark- tung und Förderung (zum Beispiel Öffentlichkeitsarbeit, Sportförderricht- linien) müssen thematisiert werden. (4) Berücksichtigung der vorhandenen Angebotsstruktur der verschiedenen Sportanbieter und deren bedarfsgerechte Optimierung. 204 Zukunftsorientierte Sportentwicklungsplanung ist als kommunale Quer- schnittsaufgabe und als integrativer Bestandteil einer zukunftsgerechten Stadt- entwicklungsplanung zu begreifen. Bedürfnisgerechte Sportentwicklung ist als mehrdimensionaler Ansatz aufzufassen, der wegen der offensichtlichen Wech- selbeziehungen zwischen Sporträumen, Sportinhalten und Organisationsformen

203 Wetterich, 2004, S. 44. 204 Vgl. Wetterich, 2004, S. 44. - 80 - die räumliche Infrastruktur, die Angebotsstruktur und die vorhandenen Organisa- tionsstrukturen des Sports einzubeziehen hat. 205 Dazu gehört seit einigen Jahren die Forderung nach „Nachhaltigkeit“, die auch für den Sport gilt, denn der Sport greift zum Beispiel beim Bau und Betrieb von Sportstätten und Sportanlagen auf knappe Ressourcen zurück. Die Berücksichti- gung der Nachhaltigkeit im Bereich der Sportanlagen bedeutet: (1) rationaler Umgang mit dem Boden, (2) Energieeinsparung durch Anwendung neuer Tech- niken wie verbesserten Wärmeschutz bei Gebäudehüllenflächen, (3) Energieein- sparung durch Schaffung neuer Produkte, die evtl. mit einer Verringerung der Komfortansprüche einhergehen, (4) Erhöhung der Energieeffizienz insgesamt, (5) Einsatz und Verwendung erneuerbarer energie- und wassersparender Tech- niken. 206

Darstellung 40: Beispiele für eine Operationalisierung von Kriterien für eine nachhaltige Sportstättenentwicklung 207

Für eine zukunftsorientierte Sportentwicklungsplanung ist eine Vernetzung aller gesellschaftlichen Gruppen anzustreben. Eine ressortübergreifende Zusammen- arbeit zwischen verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung ist vorgesehen und notwendig, wie auch das Zusammenführen des interdisziplinären Orientierungs- wissens der Experten aus der Wissenschaft mit dem Erfahrungswissen der Ex- perten aus dem Anwendungsfeld. Durch eine frühzeitige und kontinuierliche Be-

205 Vgl. Wetterich, 2004, S. 47 und Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 31 und S. 46. 206 Vgl. Büch/Maennig/Schulke, 2003, S. 1. 207 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Roth, 2003, S. 25. - 81 - teiligung unterschiedlicher lokaler Interessens- und Zielgruppen am gesamten Planungsprozess wird eine möglichst große Orientierung an den Interessen und Bedürfnissen der Bevölkerung gewährleistet. 208 „Das kooperative Planungsverfahren, das durch die Stichworte Kooperation, Subsidiarität, Interdisziplinarität und Offenheit charakterisiert werden kann (Klop- fer & Wieland 1995, 313ff.), hat zum Ziel, durch Interessenausgleich und Kon- sensbildungsprozesse von der Bevölkerung akzeptierte, zukunftsorientierte Lö- sungen für die Sportstruktur einer Kommune zu erarbeiten.“ 209 Ein weiteres partizipatives Verfahren ist seit vielen Jahren die Zukunftswerkstatt, in der die Teilnehmer innerhalb eines strukturierten Rahmens Lösungen für Prob- leme oder neue Ideen entwickeln können. Einer Ist-Analyse (Kritikphase) folgt aufbauend eine Soll-Phase (Phantasiephase) mit Hilfe von Kreativitätstechniken. In der Verwirklichungsphase findet ein Ist-Soll-Transfer statt unter Einbeziehung von Szenarienerstellung und -realisierung. Eine abschließende Evaluation folgt in der Nachbereitungsphase. Diese Zukunftsplanungsstrategie findet sich in ver- schiedenen Ausprägungen auch im Bereich der Sportentwicklung. 210

3.2.4 Probleme aus heutiger Sicht

Fast 25 Jahre nach Auslaufen des Goldenen Plans lassen sich heute gravieren- de Defizite in der Sportstätteninfrastruktur feststellen. Einerseits ist ein großer Sportstättenbedarf durch partiell unbefriedigte Nachfrage nach speziellen Sport- anlagen erkennbar, andererseits sind Sportstätten wie Bäder und Leichtathletik- anlagen nur zum Teil ausgelastet. Die veränderte Sportnachfrage, aber auch die Bedarfsermittlung gemäß der Bezugsgröße Einwohnerzahl und nicht nachfrage- orientiert hat die Diskrepanzen zwischen Plan und Nachfrage noch verstärkt. Erhebliche wohnortnahe Bedarfslücken stehen Überversorgungen in anderen Stadtteilen gegenüber. Fehler bei der Berechnung des Versorgungsgrades (eini- ge Autoren gehen von einer Differenz zwischen Brutto- und Nettofläche von bis zu 30% aus) und eine Zunahme des privat organisierten Sporttreibens verstärkt die Problemlage. Zudem wird eine Bedarfskalkulation anhand von Mitgliederzah- len des traditionell dominierenden Sportanbieters Verein immer schwieriger. Er verliert an Bedeutung; zudem befriedigen zunehmend kommerzielle Anbieter die

208 Vgl. Wetterich, 2004, S. 47f. 209 Wetterich, 2004, S. 48. 210 Vgl. Wopp, 2003, S. 32. - 82 -

Nachfrage insbesondere nach speziellen Sportarten wie zum Beispiel Tennis, Badminton, Bodybuilding, Fitness etc.. 211 Der auch heute noch angewandte Leitfaden für die Sportentwicklungsplanung hat zum Ziel, eine verfahrensmäßige, inhaltliche und methodische Unterstützung der Sportstättenentwicklungsplanung auf Basis einer aktuellen Sportnachfrage zu bieten. Mittel- und langfristige Prognosen zur Entwicklung des Sports und zum gegenwärtigen und zukünftigen Bedarf an Sportangeboten und -anlagen werden getroffen, indem Informationen durch differenzierte Bevölkerungsbefragungen gewonnen und aus Datenquellen anderer, vergleichbarer Gemeinden entnom- men werden. 212 KIRSCHBAUM sieht den Leitfaden für die Sportstättenentwicklungsplanung zwar als Planungsgerüst, das eine methodische Hilfestellung zur Erfassung der not- wendigen Planungsparameter ist, allerdings lassen sich auch Schwächen erken- nen, die er in acht Problemfeldern beschreibt: (1) Dimensionierung des Erhebungsgegenstandes - zum Beispiel Definition des Sportbegriffs, (2) Einheitlichkeit der Gegenstandsbestimmung bei der Bedarfs- und Be- standserhebung - zum Beispiel Nichtberücksichtigung des Wett- kampfsports, (3) Bestimmung der Erhebungseinheiten - zum Beispiel Redundanzen durch Vereinsmitgliedschaft und Einwohnerbefragung bzw. tatsächliche Sport- aktivität und passiver Vereinsmitgliedschaft, (4) Festlegung des Erhebungsumfangs - zum Beispiel die Erfassung sämtli- cher Angebote aller lokaler Sportanbieter für eine differenzierte Bedarfs- ermittlung, (5) Extrahierung relevanter Erhebungsmerkmale - zum Beispiel Umfang des Fragebogens und angestrebte Zielsetzung, (6) Gruppierung von Sportarten in der Bestandserhebung - zum Beispiel die traditionelle Zuordnung von Teildisziplinen in übergeordnete Kategorien, (7) Prognostische Aussagefähigkeit der Bedarfserhebung - zum Beispiel will- kürliche und nicht durch Thesen oder Fakten ermittelte Präferenzen und Einschätzungen,

211 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 4f. 212 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 7. - 83 -

(8) Siedlungsstrukturtypische Übertragbarkeit von Planungsparametern - zum Beispiel abweichende Ergebnisse bei fast allen Fragestellungen. 213 PITSCH sieht Probleme, dass im Leitfaden das mathematische Modell zur Vor- ausberechnung lediglich mit Kennwerten arbeitet, die sich auf Teile der Populati- on beziehen und von einer grundsätzlich erklärbaren Dynamik der Entwicklung der Sportnachfrage ausgegangen wird, indem zum Beispiel eine prognostische Fortschreibung von Präferenzfaktoren für einzelne Sportarten auf Basis hand- lungsleitender Orientierungen von Sportverbänden vorgenommen werden. 214 Das teilweise aufwändige Berechnungsverfahren und Umsetzungsprobleme durch den hohen planerischen Anspruch, die Fachterminologie und die kompli- zierte Darstellungsweise in den Kommunen sehen ECKL, GIESS-STÜBER, WETTERICH als wesentliche praktische Probleme an. Daneben führen sie fol- gende inhaltliche Kritikpunkte an: (1) Verallgemeinerung von Planungsparametern, (2) Berechnung des organisierten Sports teilweise per Rückgriff auf Statisti- ken der Landessportbünde, (3) Orientierung am Sportartenkonzept und bekannten Sportarten, enger Sportbegriff und Ausblenden von Bewegen im weiteren Sinne, (4) Reduktion der Infrastruktur auf genormte Sportstätten – weitgehende Ausklammerung von Sportgelegenheiten und informellen Bewegungs- räumen, (5) Orientierung an rein quantitativen Aspekten der Sportinfrastruktur; qualita- tive Analysen fehlen, (6) Global- und Detailplanung auf kommunaler Ebene werden nicht verknüpft, (7) Einseitige sektorale Fachplanung – fehlende Einordnung in andere Berei- che der Stadtplanung und Kommunalpolitik, (8) Technokratische Planung ohne Einbeziehung der Bevölkerung und somit im Gegensatz zu den Forderungen der Lokalen Agenda 21. 215 WETTERICH, SCHRÖDER, PITSCH stellen eine Fülle an wissenschaftlichen Studien zu praktischen Einzelprojekten und Tagungen zu den Themen Sport und Raum und Sportentwicklungsplanung fest, bemängeln jedoch die nur in Ansätzen geführte systematische wissenschaftliche Diskussion zum Themenfeld. Ein

213 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 38-57. 214 Vgl. Pitsch, 2005, S. 310f. 215 Vgl. Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 43f. - 84 -

Rückgriff auf theoretische und wissenschaftliche Kenntnisse unterschiedlichster Wissenschaftsdisziplinen ist daher unumgänglich. 216 Auch HÜBNER stellt eine sich seit Mitte der 90er Jahre entwickelnde und hetero- gene Forschungs- und Planungsszene fest. „Die Einbeziehung von Sport- und Sozialwissenschaftlern impliziert bei den Auftraggebern die berechtigte Erwar- tung nach wissenschaftlicher Fundierung und Legitimation der avisierten poli- tisch-administrativen Entscheidungen. Es verwundert deshalb feststellen zu müs- sen, dass eine Qualitätsdiskussion und Evaluation der eingesetzten Instrumente und Verfahren zwar notwendig erscheint, jedoch kaum vorfindbar ist. ... Ein „ech- ter“ Erfahrungsaustausch ist – von Ausnahmen abgesehen – jedoch nicht vor- handen! So werden Studien nicht publiziert, die Stichprobenqualität nicht geprüft und z. T. zu kleine Stichproben gezogen; auch statistische Prüfkennziffern wer- den häufig erst gar nicht ausgewiesen, und die verwendeten Erhebungsinstru- mente sind in den Ergebnisberichten teilweise nicht auffindbar.“ 217 Darstellung 41 gibt einen Überblick über die verschiedenen Ansätze und Teilan- sätze zur lokalen Sportstättenentwicklungsplanung in Deutschland.

216 Vgl. Wetterich, Schröder, Pitsch, 2005, S. 28f. 217 Hübner, 2003, S. 24. - 85 -

Ansatz Merkmale Beispiele Pläne / Teams

Richtwert- bezo- Infrastrukturerfassung; Sportstättenleitpläne aus Dessau 98, Halle gene Methode Feste Richtwerte: Sportfläche den neuen Bundeslän- 96, Leipzig 97, (Goldener Plan Ost) in m 2/pro Einwohner; dern, zum Beispiel Leip- Märkisch- Bilanzierung zig und Greifswald Oderland 2000 Verhaltens- Sportverhaltensstudie, Infra- Buchholz, Passau; Bach, Köhl, Bach orientierte Ansätze strukturerfassung, Bilanzie- Münster, Telgte, Kon- & Köhl; (Leitfaden für Sport- rung von Sportstättennach- stanz, Rheine, Wetzlar, FoKoS Münster / stättenentwick- frage und Sportstättenange- Mülheim, Bremen Wuppertal lungsplanung) bot durch Experten Kooperative Sportverhaltensstudie, Infra- Sindelfingen; Uni Stuttgart und (integrative) Sport- strukturerfassung, Bedarfsfin- Esslingen, Tuttlingen; www.kooperative entwicklungs- dung in kooperativen Pla- Pliezhausen, Fellbach, -planung.de; planung nungsformen Freiburg; TU Chemnitz / Lichtenstein Uni Erlangen- Nürnberg Auf Einzelanlagen Standortbezogene Anlagen- Bäderplanung durch KVR 2000; und spezifische planung (Marktstudie & Anla- KVR, zum Beispiel All- Uni Stuttgart und Bewegungsräume genmarketing); wetterbad Waltrop; www.kooperative bezogene Pla- Modernisierung von Sport- Familienfreundliche -planung.de; nungskonzepte plätzen und städtischen Sportplätze; DSHS Köln Räumen (koop. Planung); Sport- und Freizeitpark Gestaltung von Skigebieten Pfeifferswörth, Bad Hersfeld; Masterplan Wintersport Ökologische und Bau und Modernisierung von „Öko-Check“ in vereins- LSB Hessen; humane Gestal- Sportstätten unter umweltbe- eigenen Anlagen; LSB NRW; tung von Sport- wussten und humanökologi- „Turnhalle der Zukunft“; Westfälischer stätten schen Kriterien humanökologische Turnerbund; Sportstättenentwicklung Koch, Koch & Dieckert Sportverhaltens- Repräsentative Einwohnerbe- a) zum Beispiel Essen, a) DSHS Köln, studien fragung Trendsport Ruhrgebiet, KVR, Uni Stutt- a) Querschnittstudie Sindelfingen, Mannheim gart, FoKoS b) Längsschnittstudie b) Herne, Münster, Pa- b) FoKoS derborn Experten- Expertenbefragung zur Schaf- Essen, Rhein-Sieg- Rittner & Breuer Befragungen fung zukunftsbezogener Pla- Kreis, Mülheim nungsinformationen (Delphi-Studien) Vereins- und Schaffung von Grunddaten Sportvereine Münster; Jütting et al.; Verbandsstudien zum vereinsbezogenen Sport- FISAS; Heinemann & treiben; Sportvereine Mülheim Schubert; Modernisierung von Angebot Breuer und Organisation Gesundheitliche Erfassung bestehender An- Gesundheit im Kreis Rittner et al.; Orientierung loka- gebote und neuer Bedarfe; Neuss; Bös et al. (2002) ler Sportangebote Erarbeitung gesundheitsorien- Bewegte Kommune – und Sportstruktu- tierter Programme und Struk- gesunde Kommune ren turen

Darstellung 41 : Aktuelle Ansätze und Teilansätze zur lokalen Sportstättenentwicklungs- planung in Deutschland 218

218 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Hübner, 2003, S. 23. - 86 -

Das kooperative Planungsverfahren wird seit Jahren in verschiedenen Modellpro- jekten angewandt und evaluiert. Dabei hat die Planung in Form eines „runden Tisches“ in allen Modellprojekten zu überzeugenden Lösungen und innovativen Ergebnissen geführt und stellt somit ein effizientes Planungsverfahren dar, das situative Anpassungsfähigkeit mit einer hohen Problemlösungskapazität verbin- det. 219 Auch WOPP sieht in dem hohen Grad an Kooperation zwischen verschiedenen Experten die Gewähr für eine Nachhaltigkeit der Planungen, allerdings verweist er auch auf ein Problem des kooperativen Planungsansatzes: eine empirisch ungenügend abgesicherte und möglicherweise zu sehr durch Partialinteressen geprägte Ist-Analyse. Das gilt ebenfalls für die Zukunftswerkstätten mit ihrem hohen Grad an Partizipation der Betroffenen. WOPP sieht vor allem Schwächen in der häufig ungenauen Ist-Analyse, der begrenzten Reichweite dieses Verfah- rens und der ungelösten Verbindung zwischen lokaler und globaler Zukunftspla- nung. 220 BREUER sieht Probleme in den nur punktuell und skizzenhaft angelegten Unter- suchungen mittels sportwissenschaftlichen Situationsanalysen, da sie der Verän- derungsdynamik der Systemumwelt nicht gerecht werden, nur den Sportstätten- bedarf berücksichtigen, keine konkreten Umsetzungsverbindlichkeiten schaffen und eine Übertragbarkeit auf andere Kommunen nicht sinnvoll ist, da die Situati- on in den einzelnen Kommunen nicht vergleichbar ist. Auch das Expertenwissen stellt er in Frage, da Steuerungsanforderungen sich schneller ändern als Steue- rungsinformationen. Eine regelmäßige Durchführung von Untersuchungen und ein intensiver Wissens- und Informationsaustausch wäre demnach notwendig, um ein hilfreiches Steuerungsinstrument zu schaffen. 221

219 Vgl. Wetterich, 2004, S. 54. 220 Vgl. Wopp, 2003, S. 32. 221 Vgl. Breuer/Rittner, 2002, S. 47-50 und Breuer, 2005, S. 65-69. (Anmerkung: in beiden Büchern sind drei Kapitel zu diesem Themenbereich inhaltlich gleich, daher wird im Folgenden jeweils nur auf die neuere Ausgabe verwiesen). - 87 -

4 Sportentwicklungsplanung i.S.v. Long Range Planning

Die traditionellen Planungsverfahren sind durch den umfassenden Strukturwan- del und den inneren Differenzierungsprozess des Sportsystems an ihre Grenzen gestoßen. Um in diesen turbulenten Umwelten zukunftsorientierte Entscheidun- gen treffen zu können, sind fundierte Kenntnisse und weitreichende Informatio- nen über die bereits dargestellten Problemkomplexe kommunaler Sportentwick- lungsplanung notwendig. 222 Die Anforderungen an aktuelle Planungsgrundlagen werden durch die Notwen- digkeit bestimmt, die gewandelte Sportnachfrage der Bürger mit der kommunalen Sport- und Sportstättenentwicklungsplanung in Übereinstimmung zu bringen und langfristig in befriedigender Weise für alle Beteiligten umzusetzen. 223

4.1 Möglichkeiten für die Planung

„Als wenig hilfreich hat es sich erwiesen, Trends lediglich zu beobachten, um diese zu übernehmen. Ausführliche und mit großer wissenschaftlicher Akribie durchgeführte Ist-Analysen, deren Erkenntnisse nach wenigen Jahren ohnehin schon wieder überholt sind, bleiben relativ erfolglos, wenn es nicht parallel dazu gelingt, wissensbasierte Handlungsstrategien zur Zukunftsgestaltung zu entwi- ckeln. Basieren diese vorrangig auf Szenarien und weniger auf Zeitreihenunter- suchungen, ..., dann dürfte auch heute noch die Aussage von Joseph Beuys zu- treffend sein, wonach die Menschen nur dann jene Zukunft bekommen, die sie sich wünschen, wenn sie diese selber erfinden.“ 224

4.1.1 Zukünftige Entwicklungen langfristig planen

GROSSE-KLÖNNE sieht für den organisierten Sport überholte Denkschemata und starre Festlegungen in den Sportorganisationen und fordert eine Öffnung zu dynamischen Sport- und Organisationsmodellen. Um auf veränderte Rahmenbe- dingungen reagieren zu können, muss auch im organisierten Sport von anderen gelernt werden. Individuelle Veränderungen führen dann zu einer Weiterentwick- lung des organisierten Sports in seiner Gesamtheit. Dazu müssen strukturelle Voraussetzungen geschaffen werden, die alle Ebenen einbeziehen muss. Neben

222 Vgl. Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 12. 223 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 1. 224 Wopp, 2003, S. 32. - 88 - einem hohen Kommunikationsbedarf besteht ein weiterer Bedarf an umfangrei- cher qualitativer und quantitativer Forschung. 225 Nach WOPP entstehen Perspektiven der Sportentwicklung weniger durch Ideal- bilder, die von einigen Experten entworfen werden, sondern vor allem durch Ideen und Phantasien, die Betroffene in Planungs- und Umsetzungsprozesse einbringen können. Diese partizipativen Gesichtspunkte sind dabei von zentraler Bedeutung, die durch die Sportwissenschaft nicht nur durch die Entwicklung von entsprechenden Verfahren und Methoden, sondern durch aktive Mitwirkung bei der Erprobung und Evaluation unterstützt werden müssen. 226 KIRSCHBAUM sieht folgende Arbeitsfelder für eine zeitgemäße Sportstättenent- wicklungsplanung: (1) für eine verhaltensorientierte Sportbedarfsfeststellung sind Standards für die Erhebungs- und Auswertungsverfahren zu entwickeln, (2) eine Bilanz von Sportstättenangebot und -nachfrage muss anhand der Belegungsdichte erstellt werden, (3) Durchführung kontinuierlicher Längsschnittanalysen durch kommunale Fachverwaltungen, (4) Entwicklung einer Theorie des Sportverhaltens, (5) Zusammenarbeit und Akzeptanz der Stadtplanung mit dem Sport, (6) Qualifizierung des Personals, der Sportverwaltungen und Entwicklung von Implementierungsstrategien. 227 BREUER sieht eine Notwendigkeit in der stärkeren Steuerung von Sportorgani- sationen und Sportregionen durch das Medium Wissen, das neben Macht, Geld, Tradition und Solidarität an Bedeutung gewinnt, besonders in der Erneuerungs- phase einer Organisation. 228

Entstehung Entfaltung Etablierung Erneuerung

Solidarität Macht Macht Normatives/ Strategi- Solidarität Geld/Solidarität sches Wissen Tradition Macht Geld/Solidarität

Darstellung 42: Steuerungsmedien bei Organisationen des Dritten Sektors, differenziert nach Entwicklungsphasen 229

225 Vgl. Große-Klönne, 2000, S. 48f und 163-167. 226 Vgl. Wopp, 2003, S. 32. 227 Vgl. Kirschbaum, 2003, S. 220f. 228 Vgl. Breuer, 2005, S. 46 und Erläuterungen zum Begriff „Wissen“ S. 54-58. 229 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Breuer, 2005, S. 47. - 89 -

Dabei reicht ein Anpassungslernen (das Gleiche immer besser machen) alleine nicht aus, sondern es werden Methoden das Veränderungslernens (Zielkorrektur, Prioritätenbildung und Strategieänderung) und des Prozesslernens (Änderung in den Managementprozessen) notwendig. 230

Darstellung 43: Notwendige Lernprozesse in turbulenten Umwelten 231

Mit diesem Wissens- und Informationszuwachs steigt auch die Handlungsfähig- keit von sozialen Systemen. Als systematisches Wissensmanagement ange- wandt, dient es (1) systemische Entscheidungsunsicherheiten zu absorbieren und (2) Organisationslernen zu systematisieren und zu effektiver zu machen. Dafür ist ein grundlegender Prozess des Umdenkens erforderlich, der aber nicht dazu führen sollte, nur die Veränderung im Blick zu haben, denn zum Beispiel das Gros der Bevölkerung betreibt nach wie vor traditionelle Sportarten. 232 „Information und Wissen können damit dazu beitragen, dass im Rahmen des normativen und strategischen Managements die richtigen Grundsätze und Stra- tegien ergriffen werden. ... Hochwertige Information ist damit um so notwendiger, je höher die das System umgebende Komplexität ist.“ 233 ECKL/GIESS-STÜBER/WETTERICH sehen in der integrierten, kooperativen und komplexen Sportentwicklungsplanung ein effizientes Planungsverfahren, das auch bestehende Kommunikationsprobleme beheben kann. In dem vorgelegten Projektbericht aus Freiburg wird davon ausgegangen, dass die sportpolitischen Entscheidungen der nächsten Jahre hierdurch eine Orientierung erhalten. 234

230 Vgl. Breuer, 2005, S. 51. 231 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Breuer, 2005, S. 51. 232 Vgl. Breuer, 2005, S. 52f. 233 Breuer, 2005, S. 44. 234 Vgl. Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 212-215. - 90 -

„Die konsensual ermittelten Handlungsempfehlungen haben den Charakter von Zielen, die nutzbar gemacht werden können, um als problematisch oder über- kommen beurteilte Sachlagen in wünschenswerter Weise umzugestalten. Wenn wir mit Dewey (1994) davon ausgehen, dass Ziele Tätigkeiten auslösen, so er- fassen wir den dynamischen Charakter von Sportentwicklungsplanung, bei der gegenwärtige Setzungen Richtungen des Handelns bedeuten.“ 235 Alle Autoren sind sich darüber einig, dass verlässliche Prognosen über Entwick- lungstendenzen im Sport nicht über viele Jahre möglich sind. Die Komplexität und die Dynamik des Sports , seiner Beteiligten und seiner Umwelt sind so hoch, dass eine langfristige Planung, wie sie bis heute durchgeführt wird, keine Pla- nungssicherheit zulässt und immer nur für einige Jahre Gültigkeit besitzt (vgl. dazu Kapitel 2.4.4 Probleme der Planung).

4.1.2 Leitideen

Bei der Sportentwicklungsplanung geht es „um ein zielgerichtetes methodisches Vorgehen zur Sicherung und Entwicklung der infrastrukturellen Rahmenbedin- gungen“ .236 wie Sporträume, Sportangebote, Organisation und Finanzen für Sport und Bewegung der Bevölkerung. Aus den in Kapitel 4.1.1 gemachten Ausführungen lassen sich somit folgende Kriterien und Forderungen für eine langfristige, nachhaltige, praxisgerechte und wissenschaftlich fundierte Sportentwicklungsplanung zusammenfassen: (1) dynamische Strukturen in den Sportorganisationen, (2) Verbesserung der Kommunikation aller Beteiligten, (3) Partizipation der Betroffenen an Planungs- und Umsetzungsprozessen, (4) aktive Mitwirkung von Forschung und Wissenschaft bei Erprobung und Evaluation, (5) Entwicklung von Standards für Erhebungs- und Auswertungsverfahren, (6) kontinuierliche Analysen des Sportverhaltens, (7) Zusammenarbeit und Akzeptanz aller Beteiligten, (8) Qualifizierung des Personals und der Sportverwaltungen, (9) Entwicklung von Implementierungsstrategien, (10) Wissens- und Informationszuwachs bei Sportorganisationen und Sport- regionen,

235 Eckl/Gieß-Stüber/Wetterich, 2005, S. 215. 236 Wopp/Tiemann/Walker, 2006, S. 2. - 91 -

(11) Sportentwicklungsplanung als kontinuierlicher Prozess. Aus Sicht des Strategischen Managements lassen sich diese elf Kriterien folgen- den Bereichen zuordnen, die für eine langfristige Planung von wesentlicher Be- deutung sind (vgl. Kapitel 2.2.2 Objekte und Aufgaben der Strategischen Unter- nehmensführung und Kapitel 2.3.1 Grundlagen des strategischen Planung): (1) Organisationsstruktur und -entwicklung Kommunikation und Information Partizipation und Kooperation Qualifikation und lernende Organisation (2) Planungsinstrumente Planungsverfahren und -methoden Planung als Prozess Es wird deutlich, dass für den Prozess einer Sportentwicklungsplanung auf jeden Fall eine Abstimmung von Unternehmen und Umwelt notwendig wird (vgl. Kapitel 2.3.3 Strategische Analysebereiche), aber auch die Abstimmung der Subsysteme innerhalb des Unternehmens wie Planung, Kontrolle, Information, Organisation und Unternehmenskultur . Die Aufgabenbereiche des Strategischen Managements wie Organisationsstruk- tur, Führung und Entwicklung sowie Kommunikation und Information, Motivation und Innovation müssen integriert werden. Besonders im Bereich der Führungs- ziele sind Effizienz und Qualität der erbrachten Leistungen, die Motivation und Zufriedenheit der Beteiligten, Mut zu Neuerungen, Bereitschaft und Fähigkeit zum Wandel, Flexibilität, Personal- und Organisationsentwicklung wie auch neue Initiativen von wesentlicher Bedeutung (vgl. Kapitel 2.2.2 Objekte und Aufgaben der Strategischen Unternehmensführung).

4.2 Strategische Planungsinstrumente

Als Planungsinstrumente kommen grundsätzlich die, in Kapitel 2.2.1 Darstellung 9 und in Kapitel 2.3.1 Darstellung 13, aufgelisteten Techniken und Instrumente der strategischen Planung im jeweiligen Bereich des Planungsprozesses in Fra- ge. Dabei sind verschiedene analyse- und umsetzungsbezogene Instrumente in den Teilbereichen der Sportentwicklungsplanung für einen sinnvollen Einsatz denkbar und sollten entsprechend der spezifischen Gegebenheiten ausgewählt werden. Um eine zuverlässige langfristige Planung zu ermöglichen, sind verläss- liche Informationen und Annahmen als Planungsgrundlagen notwendig. - 92 -

4.2.1 Prognoseverfahren

Das frühzeitige Erkennen strategisch relevanter Umweltveränderungen ist in ei- ner dynamischen Unternehmensumwelt von wesentlicher Bedeutung. Dabei wer- den zum Beispiel klassische Prognoseverfahren eingesetzt, um Prognosen über zukünftige Umweltveränderungen zu geben. Diese Verfahren können quantitativ (mathematisch) oder qualitativ (verbal-argumentativ) sein. 237 „Prognosen sind Wahrscheinlichkeitsaussagen über zukünftige Ereignisse. Sie basieren auf Beobachtungen der Vergangenheit, einer Theorie zur Erklärung dieser Beobachtungen sowie der Annahme der Fortgeltung der Erklärungszu- sammenhänge in der Zukunft.“ 238 Die Qualität der Prognoseergebnisse ist jedoch von mehreren Faktoren abhän- gig: (1) Grad der Extrapolierbarkeit der Vergangenheit, (2) Güte und Bestäti- gungsgrad der zugrunde liegenden Theorie, (3) Korrelation der Variablen, (4) Exaktheit der Informationen aus der Vergangenheit, (5) Länge des Beobach- tungszeitraums, (6) Länge des Prognosezeitraums. Der Prognosehorizont lässt sich in kurzfristige ( ≤ ein Jahr), mittelfristige (ein bis drei Jahre) und langfristige ( ≥ drei Jahre) Prognosen unterscheiden. 239 Darstellung 44 zeigt klassische Prognoseverfahren:

Prognosen auf Basis von Befragungen Indikatoren Zeitreihen Funktionen

- Repräsentativ - zum Beispiel - konstanter Datenver- - Regressions- befragungen - Entwicklung der Alters lauf in der Vergangen- analyse - Experten- struktur heit befragungen - Zunahme der Singlehaus- - trendförmiger Daten- halte verlauf in der Vergan- - Regierungswechsel genheit - Gesetze - saisonal schwanken- - Freizeitverhalten der Datenverlauf in der - Ökologisches Bewusstsein Vergangenheit

Darstellung 44: Klassische Prognoseverfahren 240

237 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 264-274. 238 Bea/Haas, 2001, S. 266. 239 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 266f. 240 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 264-274. - 93 -

Es ist festzustellen, dass klassische Prognoseverfahren keine spezifische Eig- nung für die strategische Planung besitzen, wenn die verwendete Datenbasis stark vergangenheitsbezogen ist und durch die Annahme der Zeitstabilitätshypo- these keine qualitativen Informationen berücksichtigt werden. 241 „Prognosen erzielen immer dann eine große Treffsicherheit, wenn sie von der zentralen Frage ausgehen: Wo bleibt und was will der Mensch? Erst danach er- geben sich Antworten darauf, was wirtschaftlich und technologisch alles möglich wäre.“ 242 Somit scheinen nur Prognosen auf Basis von Befragungen geeignet, strategisch relevante Planungen zuzulassen.

4.2.2 Entwicklungsszenarien

Eine vorausschauende Betrachtung mit einer stärkeren Loslösung von der Ver- gangenheit bieten Projektionsverfahren, wie die Szenario-Analyse und das Früh- erkennungssystem der dritten Generation (Konzept der schwachen Signale). Dabei betrachtet die Szenario-Analyse verschiedene mögliche, plausible und in sich stimmige Zukunftsbilder und Entwicklungspfade und berücksichtigt auch weniger wahrscheinlich anzunehmende Szenarien und Störereignisse. 243 „Die Szenario-Technik ist eine integrierte, systematische und vorausschauende Betrachtung, bei der ausgehend von einer heutigen Situation, unter Zugrundele- gung und Beachtung des zeitlichen Bezugs plausible Entwicklungen und Ereig- nisse, das Zustandekommen und der Rahmen zukünftiger Situationen aufgezeigt werden sollen.“ 244 Darstellung 45 stellt die Szenario-Technik anschaulich dar.

241 Vgl. Bea/Haas, 2001, S. 273f. 242 Opaschowski, 2006, S. 483. 243 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 128f und Bea/Haas, 2001, S. 274-286. 244 Bea/Haas, 2001, S. 275. - 94 -

Darstellung 45: Szenario-Analyse 245

Somit lassen sich folgende Merkmale der Szenario-Analyse erkennen: (1) Langfristiger Planungs- bzw. Projektionshorizont, (2) keine Extrapolation der Vergangenheit in die Zukunft, (3) mehrere Szenarien mit möglichen, alternativen Zukunftsentwicklungen, (4) Entwurf von Zukunftsbildern mit jeweiligen Entwicklungspfaden, (5) neben quantitativen Größen und Einflüssen werden auch qualitative Sachverhalte erfasst. Die Szenario-Analyse liefert einen Rahmen, der mit den Techniken der Struktu- rierung und Entscheidung, aber auch unter Einbezug quantitativer Prognosever- fahren auszufüllen ist. 246 Die Qualität dieser Analyse hängt von folgenden Faktoren ab: (1) der fachlichen Qualifikation und Kompetenz der Beteiligten, (2) der Fähigkeit der Beteiligten zu ganzheitlich-vernetztem und kreativem Denken, (3) der Bereitschaft aller Beteiligten zur aktiven Teilnahme, (4) der Qualität der eingesetzten Techniken und Instrumente, (5) der aktiven Beteiligung der Entscheidungsträger,

245 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Bea/Haas, 2001, S. 276. und Wopp, Tiemann, Walker, 2006, S. 25. 246 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 129 und Bea/Haas, 2001, S. 275-280. - 95 -

(6) der Berücksichtigung aller möglichen, relevanten Einflüsse. 247 Ein im Jahr 2005/2006 durchgeführtes Projekt von WOPP, TIEMANN, WALKER Sportentwicklungsplanung für die Stadt Oldenburg setzt die Szenario-Analyse ein, leider liegt bis heute noch kein Projektbericht vor.

4.2.3 Strategiekonzepte

Eine rationale Vorgehensweise bedarf einer grundsätzlichen Einigkeit über das zu erreichende Ziel, um eine Gesamtstrategie zu entwickeln (vgl. Kapitel 2.3.2 Strategische Ziele, Darstellung 14). Eine mit Hilfe von Analyseinstrumenten vor- genommene Einordnung der einzelnen strategischen Geschäftsfelder des Sports in ein Ist-Portfolio erleichtert die Festlegung einer strategischen Stoßrichtung für die weitere Entwicklung (vgl. Kapitel 2.3.3 Strategische Analysebereiche). Dabei entstehen umfangreiche Koordinations-, Integrations- und Steuerungs- und Pla- nungsaufgaben (vgl. Kapitel 2.1.2 Begriff und Wesen von Management, Darstel- lung 5). Besonders Synergiepotenziale und Risikosituationen müssen aufeinan- der abgestimmt werden, um eine bestmögliche Nutzung der Ressourcen sicher- zustellen. Normstrategien können eine Hilfestellung sein, jedoch sind sie kritisch zu hinterfragen, da sie eher zu stereotypen Strukturen und Prozessen führen, die die Dynamik und Vielschichtigkeit des Sports nicht berücksichtigen (vgl. Kapitel 2.1.1 Bedeutung des Begriffs Strategie). Strategien sind unternehmungs- und situationsspezifisch zu entwickeln, d. h. den aktuellen demografischen und regio- nalen Entwicklungen ebenso wie einer veränderten Sportnachfrage und der ak- tuellen Finanz- und Personalsituation in der Kommune muss Rechnung getragen werden. 248

4.3 Schlussbetrachtung

Aus Sicht des Strategischen Managements ist eine langfristige Sportentwick- lungsplanung möglich, wenn Planung als Prozess verstanden wird und alle Teil- bereiche intensiv und kontinuierlich bearbeitet werden. Dazu müssen alle Analy- sedaten vergleichbar sein, d.h. sich auf einheitliche Basisdaten beziehen. Die Voraussetzung dafür ist eine Vernetzung, Kooperation und ein offener Infor- mationsaustausch aller Beteiligten aus den Bereichen Wissenschaft, kommunaler

247 Vgl. Kreikebaum, 1997, S. 129 und Bea/Haas, 2001, S. 279. 248 Vgl. Simon, 2000, S. 274f; Bea/Haas, 2001, S. 147 und Becker/Fallgatter, 2005, S. 118f. - 96 -

Politik, Wirtschaft und Sportorganisationen. Animositäten, Neid und Konkurrenz- denken untereinander führt nicht zum Ziel. „Über eine Neudefinition, ja neue Identität des Sports muss nachgedacht werden. Sport ist heute in erster Linie das, was die meisten Menschen als Bewegung und körperliche Herausforderung empfinden und nicht nur das, was Sportverbände offiziell unter Sport verstanden wissen wollen.“ 249 Dazu ist es erforderlich die Organisationsstrukturen, die Führungssysteme und die Verantwortungsbereiche, sowohl in den Sportvereinen und Sportverbänden als auch in den Kommunen zu verändern und zu modernisieren. Nur dann lassen sich Strategien und Planungen langfristig entwickeln und umsetzen, um eine nachhaltige Sportentwicklung zu gewährleisten. Aus dem Wissen von heute kann sich ein Handlungsbedarf für morgen erkennen und Sportentwicklungsplanung durchführen lassen. Solange aber Menschen an dem Prozess beteiligt sind ist immer ein Teil Ungewissheit dabei, da das menschliche Verhalten nicht planbar ist. Nachhaltige und zukunftsfähige Sportentwicklung ist ein gesellschaftlicher Such-, Lern- und Entscheidungsprozess, der von ständigen gesellschaftlichen und wirt- schaftlichen Veränderungen begleitet ist. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist da- bei die momentane finanzielle Situation in Bund, Ländern und Kommunen. So- lange der wirtschaftliche Aufschwung auf sich warten lässt werden notwendige Investitionen, auch wenn sie langfristig geplant sind, zurückgestellt oder gestri- chen. Daher muss die Strategie als Ganzes regelmäßig geprüft, Entscheidungen über Prioritäten getroffen und neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung berücksichtigt werden. Sportentwicklungsplanung ist und bleibt eine dauernde Aufgabe von Politik, Wirt- schaft und Gesellschaft.

249 Opaschowski, 2006, S. 483. - 97 -

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Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen (einschließlich elektronischer Quellen) direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind ausnahmslos als solche kenntlich gemacht.

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