Christa Reinig
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Darstellung und Auflösung von Lebensproblemen im Werk: Christa Reinig Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades des Fachbereichs III der Universität Siegen vorgelegt von Sibylle Scheßwendter, Kassel, im Jahre 2000 I Darstellung und Auflösung von Lebensproblemen im Werk: Christa Reinig INHALT: Vorwort (S.1-3) A. Krieg und Tod I. Kriegstrauma: Krieg und Tod als Themen des Jugendwerkes (S45) 1) Christa Reinigs ”tiefstes Herz” in seiner Entwicklung (S.4) a) ”Das Jahr 1945” (S.5) b) ”der traum meiner verkommenheit” (S.7) 2) Das Kriegstrauma als metaphorischer Boden für die frühe Lyrik und Prosa (S.8) a) ”In die Gewehre rennen”( S.8) b) Tod, Mystik und Buddhismus (S.11) c) Spruchdichtung (S.14) d) ”Der Teufel, der stumm bleiben wollte” (S.14) e) Todesstrafe: ”Japanische Bittschrift” (S.16) f) ”Ödipus Ichtöter”, ”Einige Fahrstühle”, frühe Prosastücke (S.18) g) ”Die Ballade vom blutigen Bomme” (S.20) h) Ringelnatz und Reinig (S.24) 3) Zusammenfassung (S.26) II. Bewältigung in Phasen (S.26) 1) Bildliche Erweiterung zur Raum- und Weltraumthematik in “Orion trat aus dem Haus. Neue Sternbilder” (S.28) II 2) Abrechnung mit dem tradierten Christentum in ”Columba.Taube” (S.30) 3) Einschub: Vergleich mit Ingeborg Bachmanns Kriegs- und Todesbegriff in Lyrik und Prosa und Virginia Woolfs ”Mrs. Dalloway” (S.30) a) Ingeborg Bachmann, ”Einem Feldherrn”, ”Alle Tage”, ”Todesarten” (S.31) b) Virginia Woolfs Septimus Warren Smith (S.31) 4) Umschichtung der Sterblichkeitserfahrung durch Sapphos Dichtung und eine neue matriarchale Frömmigkeit in ”Die Frau im Brunnen” (S.33) 5) Enttraumatisierende Liebe in ”Müßigggang ist aller Liebe Anfang“ (S.35) III. Zusammenfassung (S.37) B. Christa Reinigs Weltanschauungen. Christin, Buddhistin, Matriarchistin I. Christliche Außenseiterin im kommunistischen Deutschland (S.40) 1) Vorwort (S.40) 2) Christliche Rezeption durch die Literaturkritik (S.41) 3) Der Gottesbegriff unf die Sprache der Bibel in der frühen Lyrik (S.41) 4) Christentum ohne Erlösung (S.47) a) ”Drei Schiffe” (S.47) b) ”der traum meiner verkommenheit” (S.48) c) Columba, Ophiuchus: Gewalt bricht das Heilversprechen (S.49) d) Zusammenfassung von 4) (S.51) III 5) Der Gott Ingeborg Bachmanns (S.52) 6) Himmel und Erde, Räume für Reinigs Weltglauben? (S.53) a) ”Glück und Glas” (S.53) b) ”Geometrie” (S.54) 7) Zusammenfassung (S.55) II. Reinigs Buddhismus als Bewältigungsstrategie für das Trauma der Verkrüppelung (S.56) 1) Der ohnmächtige Gott. Unzureichendes Christentum (S.57) 2) Die Zahl: Schach und Raum (S.57) 3) Christentum, Germanentum und Buddhismus: Die Stabkirche als Amalgam (S.57) 4) Reinigs individueller Buddhismus, mit Rückfällen ins Christentum (S.59) 5) Buddhismus als Heilpraxis (S.62) 6) Die Verspottung des Christentums zur Etablierung des neuen buddhistischen Lebens in ”Widder” und ”Orion” (S.67) 7) Zusammenfassung von I und II (S.69) III. Christa Reinigs Feminismus (S.70) 1) Vorwort (S.70) 2) Die Anfänge von Reinigs Feminismus im Werk (S.75: Inhalt verändert Form. Essay und Kurzsatire (S.75) 3) Identifikation mit einer offen lesbischen Autorin: Christa Winsloe (S.76) a) ”Mädchen ohne Uniform” (S.76) IV b) Christa Winsloe (S.80) c) Christa Winsloes Bedeutung für Reinig (S.82) d) ”Die ewige Schule”, ”asche und erde”, ”ein sonntag im krieg” (S.83) 4) Feministische Befreiung (S.87) a) ”Der Wolf und die Witwen” (S.87) 5) Zusammenfassung (S.89) 6) Rezeptionsgeschichte (S.91) 7) Ausblick (S.93) IV. ”Entmannung: Christa Reinigs private und literarische Entpatriarchalisierung (S.94) 1) Entstehung (S.94) 2) Weiblichkeit, Ich und Alibi. Die Texte um ”Entmannung” (S.96) 3) Der Roman ”Entmannung”. Inhalt und Personarium, ein feministisches Programm (S.98) 4) Der Plot als Figurentheater (S.101) a) Anordnung des Plots (S.103) b) Figuren mit thematischer Zuordnung als Teil des Romanschemas (S.106) 5) Das ”Matriarchen-Triumvirat” (S.108) a) Doris (S.108) b) Klytemnestra (S.110) c) Thea (S.113) d) Zusammenfassung (S.116) 6) Dramatische Dia- und Trialoge (S.117) V 6) Dramatische Dia- und Trialoge (S.117) 7) Der Protagonist Kyra. (S.118) 8) Der Roman als antike Tragödie (S.121) 9) Jugend als Falle (S.122) a) Xenia (S.122) b) Wölfi (S.126) 10) Die lesbische Frau bei Ingeborg Bachmann (S.178) 11) Zusammenfassung des Kapitels IV (S.129) V. ”Die Frau im Brunnen. Heilender Matriarchatsglaube (S.132): Vorwort: Die Frau im Brunnen (S.132) 1) Das Spiel mit dem Titel (S.133 2) Inhalt und Bauweise (S.135) 3) Die Themata des Romans (S.140) 4) Die Erzählhaltung des Romans (S.141) 5) Zusammenfassung von V (S.143) C. Das projizierte Ich. Vom ”Dinggedicht” zur Ich-Verdoppelung I. Das ”Dinggedicht” nach Rilke (S.145) II. Männliche Masken (S.149) a) Die Robinsonade als Symbol für das Gefangensein in der Maskulinität (S.149) b) Das Ich als Gefängnis (S.152) VI c) Das Motiv des Namensverlustes (S.152) III. Mann-Frau-Identität (S.154) IV. Ich und Ich (S.157) a) Ich und der andere (S.157) b) Niemand in ”endlich” (S.159) c) Vorbilder, Anreger (S.161) d) ”Drei Schiffe”: Das gezeichnete Ich und Benn (S.163) e) Ingeborg Bachmann und die ”Fastnacht des Ich” (S.168) f) Das Mutter-Ich (S.169) g) Das entgrenzte Ich: Das Ich in Luft- und Weltraum (S.169) h) Ich und Überich. ”Orion” und die Figur der Sylvia Großmann (S.178) i) Ich und Ich als ”Adamspaar” (S.181) j) Virginia Woolf, Ingeborg Bachmann, Waltraud Schiffels und die Gestaltung des Frauseins (S.182) k) Die ”Topographie des Heiligen Berges” als Heilung (S.187) Nachwort zur Form (S.188) V. Zusammenfassung von Kapitel C (S.190) Nachwort (S.192) Literaturliste (S.195-228) 1 „Ein anständiges Herz kann gar nicht oft genug brechen” (Christa Reinig, Müßiggang, Freitag, 3. November) Vorwort: Die Dichterin Christa Reinig ist heute fast vergessen. Es gab zwei Jahrzehnte, in denen viel von ihr die Rede war, das sechste und der Übergang vom siebenten zum achten Jahrzehnt un- seres, des zwanzigsten Jahrhunderts. Bereits bevor die 1926 im späteren Ost-Berlin geborene Dichterin in die Bundesrepublik floh, war sie dort bei Insidern schon eine heimliche Be- rühmtheit. Ihre „Ballade vom blutigen Bomme” war in den fünfziger Jahren im Westen, nämlich der Suhrkamp Anthologie „Transit” erschienen, die Walter Höllerer herausgegeben hatte. Acht Jahre später, nachdem bereits zwei Gedichtbände Reinigs in Westdeutschland zu haben waren, einer verlegt vom legendären V. O. Stomps1, der andere bei S. Fischer, erhielt Reinig für letzteren den angesehenen Bremer Literaturpreis. 1964 bekam sie die Erlaubnis der damaligen Deutschen Demokratischen Republik, den Preis entgegenzunehmen, der ur- sprünglich Rudolf-Alexander-Schröder-Preis hieß und den zwei Jahre zuvor Ingeborg Bach- mann erhalten hatte. Reinig kehrte nicht zurück nach Ost-Berlin, sondern machte eine Kur im Westen2 und siedelte sich anschließend in München an. Sie erhielt 1965/66 ein Villa- Massimo-Stipendium und begann danach, ganz anders zu schreiben, als die Lesergemeinde es kannte und liebte. Von den gereimten Versen in „Die Steine von Finisterre” (1960) und dem preisgekrönten Band „Gedichte” (1963), der mit „Steine” fast identisch ist3, fand sich wenig in Reinigs neuen Werken. Der Gedichtband „Schwalbe von Olevano”(1969) spiegelt das Ita- lienerlebnis und damit eine neue, dem Fliegen, der Raumdurchschreitung verpflichtete Welt, die nun in freien Rhythmen augedrückt wurde. Reinig entschädigte ihre Leser allerdings so- fort mit makabren Spruchdichtungen wie „Schwabinger Marterln” und saftigen Sprüchen, die in „Schwalbe” eingestreut wurden. Gleichzeitig schockierte sie mit „neuer” Prosa unter dem Titel der Geschichte „Drei Schiffe, Erzählungen, Dialoge, Berichte.“ (1965) bei Fischer. Es waren zumeist in der DDR entstandene Prosa-Stücke mit albtraumhaften Inhalten und un- verständlicher Gestaltungsweise. Daß ihre erste Einzelveröffentlichung von Prosa im Westen, 1 Er hat den Verlag Eremitenpresse gegründet. 2 Siehe Literaturliste, Zeitungsartikel III, a. 3 „Hört weg!” kam hinzu, „endlich” entfiel. 2 „der traum meiner verkommenheit” (1961), bereits die gleichen erschreckenden Merkmale aufwies, bemerkten nur wenige Eingeweihte. Man konzentrierte sich auf Reinigs Hörspiele, von denen ihr eines, „Das Aquarium“ (1967), den Preis der Kriegsblinden einbrachte. Nach mehreren lustigen Büchern wie eben den „Marterln” (1969), dem Band „Papantscha Vielerlei” (1971) und „Kalendersprüche. Mal ein Denkmal“ (1969/ SG 1984), deretwegen man ihr die neu verfaßte Prosa „Orion trat aus dem Haus. Neue Sternzeichen” (1969, 2. Auflage 1985) verzieh, wagte sich die geistig immer freier werdende Dichterin an einen au- tobiographischen Roman, „Die himmlische und die irdische Geometrie” (1975). Ihres relati- ven Bekanntheitsgrades halber - und vielleicht der Titelgemeinschaft mit Max Frischs „Don Juan oder die Liebe zur Geometrie” - wurde er weithin rezipiert, aber weder verstanden, noch geliebt. Den Höhepunkt der Enttäuschung für die Liebhaber Reinig’scher Dichtungen bildete jedoch Reinigs Umschwung von der vermeintlichen DDR-Dissidentin, die sie nicht war, zur Radikal- feministin. Reinig schrieb einen satirischen Roman „Entmannung” (1976) und brachte drei Bände mit Geschichten und Essays heraus, die alle feministischen Inhalts sind. Da nützte es wenig, daß unpolitische Hörspiele gleichzeitig in Szene gesetzt wurden und in der Presse Wohlwollen fanden. Reinig galt jetzt als eine Autorin, die ihr Niveau eingebüßt hatte. Ihre Leserschaft veränderte sich. Die Frauenbewegung las sie mit großem Interesse und machte sie, neben Verena Stefan mit „Häutungen” (1975), zu einer ihrer Kultautorinnen der siebzi- ger und achtziger