Schloß Dallau, Gemeinde Elztal

Ein Zwischenbericht

Ute Fahrbach/ Christine Wieczorek

■ 1 Ansicht des Palas vor der Sanierung.

In Elztal-Dallau im -- schend gut erhalten, kaum gestört ste Keramik im Fundgut der Siedlung Kreis nahe der Kreisstadt durch moderne Bodeneingriffe. Ne- gehört der jüngeren Drehscheiben- steht das Dallauer Schloß (Abb. 1). Es ben zahlreichen Mauern fanden sich ware an, die ab Ende des 12. Jahrhun- handelt sich um den Palas, also das als älteste Hinweise einer Besiedlung derts hergestellt wird. Wohngebäude, einer sonst abgegan- Reste einer in Holzbauweise errichte- genen Burg, der zur Zeit saniert wird. ten früh- und hochmittelalterlichen Die erste Burg, eine Wegen der außerordentlich interes- Siedlung (Abb. 2). Leider war der er- Turmburg santen archäologischen und bauhi- grabene Ausschnitt zu klein, um storischen Befunde wollen wir über Hausgrundrisse oder Hofstrukturen In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts, den jetzigen Kenntnisstand kurz be- erkennen zu können. Da keine Nut- wahrscheinlich sogar erst um 1300, richten. Die Untersuchungen und zungshorizonte mehr vorhanden wa- wurde die Siedlung an dieser Stelle ihre Auswertung dauern noch an. ren, ist eine Periodisierung der Be- planiert, um Platz für den Neubau ei- funde nicht möglich. Über das Fund- ner Burg zu schaffen. Der Standort Die Denkmalpflege beschäftigt sich material läßt sich die Gründung der wurde für die Nachfolgebauten bei- mit dem Gebäude seit 1974. Im Be- Siedlung auf das Ende des siebten behalten. Kurz nach der Planierung reich des Burghofes und der ur- oder Anfang des achten Jahrhunderts wurde die erste Burg von einem na- sprünglich angeschlossenen Toran- festlegen. Im Jahr 772 wurde sie zum mentlich nicht zu fassenden Ge- lage plante die Raiffeisenbank Elztal ersten Mal schriftlich erwähnt. schlecht, das vermutlich dem Nieder- einen inzwischen errichteten Neu- adel angehörte, errichtet. Es handelte bau, der eine archäologische Gra- Das Spektrum des fast ausschließlich sich dabei um einen fast quadrati- bung im Jahr 1976 notwendig machte. keramischen Fundmaterials ist breit schen Wohnturm, umgeben von ei- 1977 ließ das Landesdenkmalamt eine gefächert. Neben zahlreich vorhan- ner annähernd rechteckigen Ring- Bauaufnahme erstellen. 1985 erarbei- denen Scherben der älteren gelbtoni- mauer (Abb. 4). Zu dieser ersten tete man Pläne und Kostenvoran- gen Drehscheibenware ist auch die Burganlage gehörte ein schon wäh- schläge. 1990/91 wurden Grabungen Glimmerware des Vorspessartraumes rend der Grabung 1990 angeschnitte- im Keller und in unmittelbarer Umge- gut vertreten. Ebenso kommen Wölb- ner Turm in der Ostecke des Burgho- bung des Palas vorgenommen. wandtöpfe der rauhwandigen Dreh- fes, der 1991 vollständig freigelegt scheibenware sowie Fragmente loka- wurde (Abb. 3). Nach Abbruch einer Die Siedlung vor dem ler, nachgedrehter Keramik im Ge- modernen Scheune vor Beginn der schirrinventar der Siedlung vor. Er- archäologischen Untersuchung ka- ersten Burgbau wähnenswert sind einige wenige men überraschenderweise Reste sei- Die Befunde, d. h. Gebäudereste und Scherben von Pingsdorf-Imitationen nes aufgehenden Mauerwerkes zu- Bodenschichten, waren überra- und rotbemalter Feinware. Die jüng- tage, teilweise noch mit Innenputz

127 ■ 2 Überblick über den westlichen Teil versehen. Recht gut erhalten hat sich noch im Besitz der Familie von Hein- der im )ahr 1976 ergrabenen Fläche; Torbe- in seinem Innern ein Kalkestrich. Ein riet befand. Die Grabungsergebnisse reich mit Ring- und Zwingermauer sowie weiterer Turm wurde im heutigen zeigen, daß der Wohnturm der ersten Ecktürmen. Im Vordergrund die Negativ- westlichen Keller des Palas ergraben. Burg fast vollständig abgetragen formen der Siedlungsbefunde. Teile seines aufgehenden Mauer- wurde. An seiner Stelle, etwas ver- werks mit einer vermauerten Schieß- schoben und in die ältere Ringmauer scharte sind heute noch in der Süd- und den Südturm hinein erweitert, ecke des Kellers zu sehen. Es wird sich errichtete man ein größeres, lang- hierbei um einen Treppenturm han- rechteckiges Gebäude, das wohl als deln, der zum Wehrgang führte. Zu Palas anzusehen ist (Abb. 5). Zu die- letzterem könnten einige Stützpfeiler sem Gebäude gehörte ein großer An- gehören, die an mehreren Stellen bau (Abb. 7), der ebenfalls Teile des entlang der Ringmauer in Resten er- Wohnturms als Fundamente nutzte. faßt wurden. Umgeben war die Burg Die Funktion dieses Anbaus ist unklar, von einem Graben. Ob dieser mit vielleicht handelte es sich um ein Wasser gefüllt war, ist archäologisch Wirtschaftsgebäude. Der Ostturm der nicht nachzuweisen. Vermutlich ersten Burg wurde in dieser Periode konnte man über eine Zugbrücke in weiterverwendet. Dagegen brach die Anlage gelangen, doch ist es man den Südturm zum größten Teil ■ 3 Der Ostturm der 1. Burg mit erhalte- durch die leider sehr unklare Strati- bis auf die Fundamente ab (Abb. 8), nem Kalkestrich. graphie im Eingangsbereich nicht der Rest wurde für den neuen Palas möglich, dieser Periode ein Tor zuzu- benutzt. Leider war bei den Grabun- ordnen. gen, wie schon in der vorhergehen- den Periode, der Torbereich nicht Urkundlich erwähnt wurde die Burg deutlich zu fassen. Nicht auszuschlie- im Jahr 1336 zum ersten Mal als „Veste ßen ist, daß einer der archäologisch Talheim" der Herren von Heinriet. Im nur schwer faßbaren Tortürme in die- Jahr 1356 zerstörte der Mainzer Erzbi- ser Periode schon bestand. schof Gerlach die Anlage, da die Burg- herren als Raubritter ihr Unwesen Aus bisher unbekanntem Anlaß trieben. Erst 15 Jahre später, nachdem wurde die zweite Burg kurz nach ih- Tode des Erzbischofs, konnte der rem Bau zum Teil zerstört. Schwere Platz wieder bebaut werden. Schäden mußte die Nordwestwand des Palas hinnehmen. Vollständig ab- gebrochen und danach nicht wieder Die zweite Burg aufgebaut wurde der große Anbau. Im Jahr 1376 wurde erneut eine Burg Übrig blieben vermutlich nur die urkundlich erwähnt, die sich immer Ringmauer und Teile des Palas. In die-

128 sem Zustand kaufte der Deutsche Or- ■ 4 Grundriß der 1. den die Burg im Jahr 1416. Burg mit quadrati- schem Wohnturm Die dritte Burg, eine und der nahezu rechteckig umlau- Wasserburg fenden Ringmauer, Mit dem beginnenden 15. Jahrhun- größtenteils vor 1356. dert werden unsere Kenntnisse über die Burg zahlreicher. Die archivali- ■ 5 Grundriß der 2. schen Quellen sind nun ausführli- Burg mit langrecht- cher. In der Burg residierte ein Amt- eckigem Palas im mann, der direkt dem Hoch- und Südwesten und dem Deutschmeister unterstellt war. In davorliegenden gro- Dallau gab es keine Kommende. Die ßen Anbau, nach Burg diente der Kontrolle und Verwal- 1376. tung des Elztals, in dem der Deutsche Orden seit dem frühen 15. Jahrhun- ■ 6 Grundriß der 3. dert zusammen mit Kurpfalz die Herr- Burg, eine von zwei schaft innehatte. Durch Grabungen Mauern umgebene und Bauforschung können unsere Anlage mit Torge- Fragen nach den damaligen Verände- bäude und Bauten rungen im Palas und im gesamten im Hof. Burgbereich erhellt werden. Späte- stens in dieser Periode muß der zweite Mauerring als Zwingermauer mit vier Ecktürmen hinzugekommen sein (Abb. 6). Die in Form von Drei- viertelkreisen gemauerten Türme wa- ren zum Burginneren hin wohl nur Periode 1 durch Fachwerkwände geschlossen. Periode 2 Der Graben wurde vor die äußere Ringmauer verlegt, der spätestens seit Periode 3 dieser Zeit mit Wasser gefüllt war. Ar- chäologisch nicht erfaßt werden konnte bis heute eine äußere Begren- zungsmauer des Grabens, die sehr wahrscheinlich vorhanden war. Ein Torhaus bestand zu dieser Zeit schon,

129 ■ 7 Blick aus einem Fenster des Palas auf den Anbau der 2. Burg, rechts daneben Fundamente des Wohnturmes derl. Burg.

■ 8 Fundamente des Südturmes der 1. Burg mit vermauerter Schießscharte im noch vorhandenen aufgehenden Mauer- werk des heutigen westlichen Kellers, dar- auf gebaut die Mauern des Palas der 2. Burg.

nur sind dessen Form und Größe wird in dieser Ecke ein Gebäude er- nicht bekannt. richtet, wobei der Turm weiter beste- hen blieb. Durch bereits im Mittelalter mehrfach vorgenommene Planierungen im Hof Während die Außenwände des Palas ist es zum Teil sehr schwer, mehrere zum größten Teil aus derZeit vordem Mauerbefunde an dieser Stelle sicher 15. Jahrhundert stammen, konnte einer Periode zuzuordnen. Ziemlich durch dendrochronologische Unter- wahrscheinlich ist jedoch, daß gleich suchungen die älteste Fachwerkwand zu Beginn der dritten Burganlage ein im Innern auf das Jahr 1438 datiert Anbau an die Ostseite des Palas ge- werden. Es handelt sich um die Flur- setzt wurde. Er diente vermutlich als wand im ersten Obergeschoß Küchentrakt. Der in Resten noch vor- (Abb. 9). Der Dachstuhl stammt aus handene ältere Turm wurde nun als dem Jahr 1451, ebenfalls dendrochro- Treppenturm in diesem Gebäude ge- nologisch bestimmt. Von geringen nutzt. Dieselbe Situation fand sich in Störungen abgesehen ist der Bestand der Nordecke des Burghofes. Dort dieser Zeit erhalten. befindet sich ein Turm, der keiner Pe- riode sicher zugeordnet werden Die derzeit noch laufende restaurato- kann. Im Verlauf des dritten Burgbaus rische Befunduntersuchung stellt für

130 ■ 9 Grundriß des 1. Obergeschosses mit Raumziffern.

■ 10 Grundriß des zweiten Obergeschos- ses mit Raumziffern.

die Zeit von 1438 farbig bemaltes Fach- Keramik. Es handelt sich dabei größ- teat" (freundliche Mitteilung von Dr. werk und aufgemalte Werksteine fest. tenteils um Cebrauchskeramik, doch Martin, Landesmuseum ) Allerdings werden nur Putzflächen sind auch so herausragende Stücke aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts, untersucht, die durch spätere Störun- wie das schon 1976 gefundene Frag- geprägt in einer unbekannten Nieder- gen bereits Offnungen aufweisen. ment eines Aquamaniles in Pferdege- lausitzer Münzstätte. Auf welchem Neue Sondagen bis zu den Putz- stalt sowie ein großes, tönernes Horn Weg er nach Dallau gelangte, ist nicht schichten des 15. lahrhunderts wer- dabei. Die Ofenkeramik weist neben bekannt. den nicht vorgenommen, da viele zahlreichen Schüssel- und wenigen qualitätvolle Fassungen späterer Zeit Becherkacheln einige besondere Der Bauernkrieg darüberliegen. Unsere Erkenntnisse Stücke auf. So kamen einige mit figür- werden in dieser Hinsicht lückenhaft lichen und pflanzlichen Ornamenten 1525 eroberten aufständische Bauern bleiben. verzierte Fragmente gotischer Ni- die Burg. Archäologisch sind die Zer- schenkacheln zutage. Erwähnenswert störungen dieser Zeit schwer faßbar. Da das Begehungsniveau im Außen- sind zwei Silbermünzen aus der 2. Der Westturm und die daran anschlie- bereich spätestens seit 1500 nicht Hälfte des 14. Jahrhunderts sowie eine ßende nordwestlich verlaufende äu- mehr verändert wurde, waren kaum Bronzemünze, welche aus der Bau- ßere Ringmauer bis hin zum Tor wur- Befunde und Funde aus der Zeit da- grube des Südturmes der ersten Burg den wohl so beschädigt, daß sie bei- nach erhalten. Das Fundmaterial aus stammt. Bei letzterer handelt es sich nahe bis auf ihre Fundamente abge- der Burgzeit besteht neben sehr we- um ein für unseren Raum nicht übli- brochen und neu erbaut werden nig Glas und Metall hauptsächlich aus ches Stück: Es ist ein „stummer Brak- mußten.

131 Auch der Palas wurde beschädigt, der Südostfassade eingemeißelt. In denn 1529 und 1530 erfolgte ein gro- gleicher Manier findet sich das Datum ßer Umbau, was aus drei Bauinschrif- im Scheitel einer rundbogigen Tür in ten hervorgeht. Im Flur des ersten der nordöstlichen Ciebelwand Obergeschosses fand man bei der jet- (Abb. 11). Diese Tür stellte die Verbin- zigen Sanierung in der Südecke eine dung zwischen Anbau und Palas her. vermauerte Kaminöffnung, deren da- zugehöriger Sims die Jahreszahl 1529 Der Zeit nach 1530 lassen sich die er- trägt. Interessant ist die Geschichte grabenen Reste eines Kammertores seiner Entdeckung. Der Kamin ist in im Bereich der Toranlage zuordnen. der Ortsgeschichte von Bruno König Seine nach außen gerichtete Torwan- aus dem Jahr 1974 erwähnt. Damals gen haben Buckelquader als Eckver- wurde der Kaminsims ausgebaut und zierung und gehören stilistisch in die restauriert. Er sollte „zu gegebener Renaissance. Zeit einen neuen würdigen Platz er- halten" - eine Formulierung die auf Die dritte Ausmalung des den damaligen Zustand des Schlosses Palas nach 1530 schließen läßt. Bei den Untersuchun- gen entdeckte der Restaurator die Ungewöhnlich reich ist die dekorative vermauerte Nische, logischerweise Ausmalung seit 1529/30. Die früheste ohne den dazugehörenden Sims. Auf Raumfassung, die sich in allen Räu- Nachfragen in Dallau erntete er nur men des Palas nachweisen läßt, ist die Kopfschütteln. Im Keller des Rathau- dritte Fassung nach 1530. ses fand er ihn unversehrt, innerhalb von weniger als 20 Jahren völlig ver- Im ersten Obergeschoß wurden der gessen. Flur und die Räume 203 und 204 ein- heitlich ausgemalt. Die Balken des Die Jahreszahl 1530 ist am Sturz eines Sichtfachwerks waren rotviolett ge- Fensters im ersten Obergeschoß an strichen und hatten auf den Putzfel- dern schwarze oder mennigerote Bei- striche, die diagonal wechselten. ■ 11 Rundbogentür von 1530 in der nord- Diese Farbgebung setzte sich im Trep- östlichen Giebelwand. penhaus bis ins zweite Obergeschoß fort. Dort entfiel aber die mennige- ■ 12 Blick in Raum 205 auf die Wand im rote Bänderung zugunsten einer Bereich der Eingangstür mit Lavabo und schwarzen. Auf der Verbretterung der Sitznische. Treppe ins Dachgeschoß war eine Fachwerkimitation gleicher Farbe auf- gemalt. Die Räume 302, 303 und 304 hatten ebenfalls rotviolette Balken, nun mit durchgezogenem, schwar- zem Begleitstrich. Doch zurück ins erste Obergeschoß. Raum 205 ist der größte im Gebäude und als einziger nur von gemauerten V\^nden umgeben. Er war vom Flur aus zu beheizen und hatte neben dem Ofen eine Sitznische und ein in die Wand eingelassenes Lavabo, ein Handwaschbecken, mit je einer Ni- sche oben und unten für den Wasser- behälter und Utensilien (Abb. 12). Entsprechend aufwendig war die Aus- malung dieses Raumes. Seine Ecken waren durch aufgemalte, graue Qua- der betont. Mit der gleichen Werk- steinimitation waren das Lavabo und die Sitznische umgeben, deren Bank leider abgeschlagen ist. Auf die Stürze der stichbogigen Fenster waren In- krustationen Imitiert. Dargestellt wurde schwarz-weiß-orange marmo- riertes Gestein. Die Fenstergewände waren grau gestrichen und farblich auf den Putz verbreitert. Dazu kam ein schwarzer Konturstrich. Abdrücke im heute noch vorhandenen Putz las- sen mit Sicherheit darauf schließen, daß die Decke mit Holz getäfert war. Unterhalb des Deckentäfers verlief ein Streifen in rotvioletter Farbe, ent-

132 sprechend dem Fachwerk in den an- sels erstellt wurde, gibt recht genauen kein des 16./17. (?) Jahrhunderts, die deren Räumen. Auch dieser imitierte Aufschluß über Nutzung und Ausse- im westlichen Keller eingegraben wa- Fachwerkbalken hat Beistriche in hen der ehemaligen Burg. Vor allem ren. Während ein Topf leer war, fand Mennige und Schwarz. Alle Räume im auf dieser Grundlage hat Franz Mesz- sich im anderen eine unbestimmbare Palas hatten zu dieser Zeit einen mer im Jahr 1974 die Rekonstruktion Masse, deren Untersuchung leider Estrich aus Kalkmörtel. Offen ist die der Gesamtanlage versucht (Abb. 14). kein Ergebnis brachte. Die schlanken Frage, welche Funktion Raum 205 Seine Arbeit ist besonders hinsicht- Töpfe mit Innenglasur und umlaufen- hatte. Möglicherweise handelte es lich der Vorburg und ihrer Wirt- den Streifen im Hals- und Schulterbe- sich um die Burgkapelle. schaftsgebäude interessant. Da die- reich können wohl als Nachgeburt- ses Gelände heute bebaut ist, kann es töpfe angesprochen werden, eine Das Erkerzimmer 305 im zweiten archäologisch nicht untersucht wer- Fundgruppe, die in den letzten Jahren Obergeschoß (Abb. 10) wird im den. Die Vorburg lag etwas nördlich häufiger entdeckt wurde. Volksmund „Rittersaal" genannt. Die des Schlosses direkt an der . Ihre Innenwände aus Fachwerk und die zahlreichen Scheunen und Ställe wa- Decke waren getäfert. Erhalten sind ren von einem eigenen Torturm und Das Schloß nach 1801 die breiten, stumpf gesetzten Bretter einer Umfassungsmauer mit Wasser- im Jahr 1801 verkaufte Kurpfalz das ohne Deckleisten an der Wand zum graben geschützt. Archäologisch läßt Schloß an einen Privatmann. Bis zum Flur und an der gesamten Decke. In- sich feststellen, daß die Konzeption Verkauf an die Gemeinde Elztal im teressanterweise ist das Täfer grau ge- der Gesamtanlage seit dem Mittelalter Jahr 1975 verblieb es in Privatbesitz. faßt, es sollte also Stein imitiert wer- bis zum Inventar von 1668 in den we- Große Veränderungen wurden in die- den. Die Dekoration der Mauerwände sentlichen Teilen nicht mehr verän- ser Zeit glücklicherweise nicht vorge- ist mit Raum 205 zu vergleichen. Ge- dert worden ist. nommen, und es fehlte offensichtlich malte Quader in grauer Farbe beton- an den finanziellen Möglichkeiten, ten die Ecken. Besonderen Schmuck Über die kurpfälzische Zeit ist sonst das Gebäude hochwertig auszustat- erhielten die Fenster; Sie waren von wenig bekannt. Im Gebäude wohnte ten. Allerdings kam auch die Bauun- gemalten, grau gefaßten Pilastern nun der kurpfälzische Schultheiß und terhaltung zu kurz. Nach 1801 wurde (Abb. 13) umgeben und von Rundgie- Landhauptmann, der der Kellerei die Außentreppe, die vom Hof in das beln überfangen. Pilaster und Giebel Lohrbach untergeordnet war. Es ist erste Obergeschoß führte, abgebro- hatten aufgemalte Felder, die mit ver- nicht bekannt, wann genau die Ne- chen und nach innen verlegt. Aus schiedenen geometrischen und vege- bengebäude der Burg, die Befesti- dem letzten Jahrhundert stammt die tabilischen Mustern in schwarzer gungsmauern, die Gräben und die Trennwand im zweiten Obergeschoß Farbe geziert waren. Leider wurde der Vorburg aufgegeben wurden. Sehr zwischen Flur und Raum 302, die jetzt Erker an der Südwestfassade abgebro- wahrscheinlich geschah das im Laufe wieder entfernt wird. chen. Von ihm ist nur noch das Ge- des 18. Jahrhunderts. Mit dem Abbruch der äußeren Ring- wände im Innenraum erhalten. mauer an der Süd- und Ostseite des Bei der Grabung 1991 fanden sich Palas wurde der Südturm, der als ein- Der Deutsche Orden benutzte das auch einige Komplexe neuzeitlicher ziger vollständig erhalten blieb, durch Gebäude bis 1668. Eine erstaunliche Keramik, unter anderem aus vermau- Mauern an den Palas angeschlossen. Fülle von Farbfassungen findet sich erten Nischen im Palas. Besonders zu Um die Geschoßhöhen anzugleichen für die gesamte Zeit im Gebäude. Die erwähnen sind zwei beinahe vollstän- wurden vermutlich neue Böden und Befunduntersuchungen bringen dig geborgene Henkeltöpfe mit Dek- Decken eingezogen. Den ehemaligen ständig neue Aufschlüsse über die Wehrturm verwendete man zum Baugeschichte, die in ihrer Fülle hier ■ 13 Ansicht eines Details der Fensterum- Wohnen. Ein Schuppen wurde an der nicht dargestellt werden können. Die malung von Raum 305. nördlichen Giebelwand angebaut. Als vollständige Auswertung steht noch westliche Abschlußwand diente ein aus, ebenso die Einbindung derarchi- Stück der inneren Zwingermauer mit valischen Forschungen. Unbekannt erhaltenem Spitzbogenfries, die ist z.B., wann der Keller verändert wahrscheinlich nur durch diese Wei- wurde. Die heutige Aufteilung des terverwendung dem Abbruch ent- Kellers stammt jedenfalls nicht aus ging. Besonders glücklich ist der Um- dem Mittelalter. Bei der Grabungs- stand, daß weite Teile der Innenputze kampagne von 1991 fand sich im west- sowie Reste des Außenputzes erhal- lichen Keller eine parallel zur Längs- ten blieben und auch bei der jetzigen achse des Gebäudes verlaufende Sanierung nicht entfernt werden. Die Mauer. Sie könnte ursprünglich den Nutzung als Repräsentations- und wohl flachgedeckten Keller unterteilt Versammlungshaus für die Gemeinde haben. Sie wurde vermutlich gegen Elztal und ihre Vereine kommt dem Ende des Mittelalters abgebrochen. denkmalpflegerischen Ziel des Sub- Wie der frühneuzeitliche Keller aus- stanzerhalts sehr entgegen. gesehen hat, ist nicht bekannt. Die Instandsetzung Die kurpfälzische Zeit Bis 1988 trug sich die Gemeinde mit Im Elztal bestand Kondominat (Dop- Verkaufsplänen. Um Grundlagen für pelherrschaft) von Kurpfalz und Deut- eine Instandsetzung zu schaffen, ließ schem Orden, was im 16. und 17. Jahr- das Landesdenkmalamt 1977 eine er- hundert zu ständigen Konflikten ste Bauaufnahme anfertigen, wobei führte. Schließlich geriet das Dallauer die neuzeitlichen Wand- und Decken- Schloß, wie die Burg seit dem 16. Jahr- verkleidungen noch nicht abgenom- hundert genannt wird, im Jahr 1668 men werden konnten; eine restaura- durch Tausch an Kurpfalz. Das Inven- torische Voruntersuchung lag zu die- tar, das anläßlich des Besitzerwech- ser Zeit ebenfalls nicht vor. Aufgrund

133 meinde in den Sommerferien einge- Die Beheizung soll im Keller durch stellt. Die Gemeinde selbst kümmerte eine Fußbodenheizung, sonst durch sich um die Beschaffung alter Hand- eine Fußleistenheizung erfolgen. Eine strichbiber von Abbrücnen aus der Gastherme wird in den Dachstuhl ge- Umgegend. 1991 bewilligte die Denk- stellt, der sonst ungenutzt bleibt. Nur malstiftung des Landes Baden-Würt- ungenutzt kann der Dachstuhl von temberg einen weiteren Zuschuß, der 1451 überhaupt erhalten bleiben, die Finanzierung sicherte. denn ein Ausbau und die damit ver- bundene doppelte Biberdeckung ist Denkmalpflegerisch problematisch statisch nicht möglich. ■ 14 Versuch einer Rekonstruktion der war zunächst die Frage, welche Teile Anlage im Jahr 1668 von Franz Meszmer, der Bausubstanz entfernt werden Die Elektroinstallation wird über die rechts die Burg, links die Vorburg. könnten. Da das Schloß spätestens Bodenleisten und bereits gestörte seit der Privatisierung im Jahr 1801 aus- Wandbereiche, wie alte Schlitze, Fu- schließlich nutzungsbedingte, haupt- gen usw. geführt. Sie muß so hinter sächlich den Bestand mindernde Ver- Neubauansprüchen zurückbleiben. mündlicher Überlieferung ging man änderungen erfahren hatte, wurden DieArchitekten werden durch mobile davon aus, daß der Dachstunl im letz- bei der jetzigen Sanierung nur Aus- Leuchten, Leitungen im Fußboden ten Jahrhundert abgebrannt und er- stattungen, Putze und Anstriche des und durch die Decken Lösungen fin- setzt worden war. Die vorläufige Pla- 19. und 20. Jahrhunderts entfernt. Al- den, die den Ansprüchen gerecht nung und Kostenschätzung der Bau- les was älter ist, blieb erhalten, sofern werden. maßnahme führte dazu, daß das Ob- das bautechnisch möglich war. So wa- jekt in das Denkmalnutzungspro- ren durch Wasserschäden Reparatu- Die Gemeinde wünscht, daß zumin- gramm aufgenommen wurde. ren an Hölzern und Mauerteilen un- desteinige der Innenräume in histori- umgänglich. Weiter wurden die scher Gestaltung gezeigt werden. Da Die Arbeiten konnten erst 1989 mit Ganzglasfenster entfernt und durch die Freilegung einer bestimmten Mal- der bauhistorischen und restauratori- neue Verbundfenster ersetzt. Das schicht die Zerstörung ebenso wert- schen Befunduntersuchung begon- Aussehen älterer Fenster ist nicht voller, jüngerer Schichten verursa- nen werden. Zugleich wurden ältere überliefert, und so konnten die Archi- chen würde, muß sie unterbleiben. Grabungen im Rahmen einer Tübin- tekten ihr Geschick bei der Neuge- Entsprechend den finanziellen Mög- ger Magisterarbeit aufgearbeitet. Da- staltung der verschiedenformatigen lichkeiten wird man einen Teil der durch wurde die außerordentliche Fensteröffnungen zeigen. Der Ze- Räume nach Befund über den gesi- Wertigkeit der Anlage deutlich. Aus mentputz am Außenbau konnte abge- cherten und abgedeckten Altputzen diesen Gründen kam das ursprüngli- schlagen werden, ohne die darunter neu ausmalen. Hier bietet sich beson- che Nutzungskonzept nicht zur Aus- noch vorhandenen Reste von Altputz ders die beschriebene dritte Ausma- führung. Die Bauaufnahme wurde er- zu zerstören. lung nach den Jahren 1529/30 an, da gänzt und in Teilen neu angefertigt. sie in allen Räumen nachweisbar und Der Dachstuhl wurde untersucht und Das bedeutet nicht, daß grundsätz- der Grundriß dieser Zeit erhalten ist. dendrochronologisch auf das Jahr lich alles, was aus unserem und dem Außerdem sind feste Innenausstat- 1451 datiert, woraus sich ein weiteres letzten Jahrhundert stammt, entfernt tungen aus dieser Bauphase erhalten, Argument ergab, ihn zu erhalten. wurde. Erhalten blieben z.B. die Fen- so Kamin, Sitznische und Lavabo im Auch unter diesen Gesichtpunkten ist ster im Turm, die als einzige nicht ersten und Wand- und Deckentäfer das Dallauer Schloß ein Beispiel für durch Ganzglasscheiben ersetzt wor- im Erkerzimmer des zweiten Oberge- den Umgang mit historischen Bau- den waren. Überall gibt es große schosses. ten: Sorgfältige Untersuchungen Putzflächen, die völlig unberührt blei- müssen vor allen anderen Planungen ben und nicht einmal durch Sonda- Literatur: erstellt werden. gen des Restaurators untersucht wer- den. Diesen Schichten soll die Eigen- Bruno König: Dallau im Elztal, 1200 Jahre, Weshalb ist die Bauausführung bei- spannung unangetastet belassen wer- Ortsgeschichte 772-1972, Gemeinde Elz- spielhaft? Zunächst steht der Bauherr den, da dies der beste Schutz vor tal-Dallau 1974. hinter der denkmalverträglichen Sa- Schädigung ist. Kreisbeschreibungen des Landes Baden- nierung. Besonders lobenswert ist die Württemberg, Der Neckar-Odenwald- Öffentlichkeitsarbeit aller Beteiligten. Nicht geringe Probleme bereitet die Kreis, Sigmaringen 1992, Band I, S. In einem „Tag der offenen Tür" wur- statische Sicherung des Gebäudes. 717-755. den der Bevölkerung die neuesten Die nordöstliche Giebelwand neigt Franz Meszmer: Rekonstruktion von Dorf Untersuchungsergebnisse vorge- sich nach außen, die nordwestliche und Schloß Dallau, in: Bruno König, Dal- stellt. Die Veranstaltung war bestens Traufseite hat sich von den Giebelsei- lau im Elztal, 1974, S. 333-354. besucht, und die Elztaler stehen nun ten gelöst, der Turm neigt sich nach Christine Wieczorek: Die Wasserburg Elz- zu „ihrem" Schloß. Süden und seine jüngeren Verbin- tal-Dallau, Neckar-Odenwald-Kreis, masch. dungswände zum Palas sind äußerst sehr. Magisterarbeit, Tübingen 1990. Besondere Wege wurden zum Teil in labil. Stützende Funktion für den der Bauausführung genommen. Den Nordostgiebel hat ein Neubau davor, Auftrag für die Planung erhielten die der den Schuppen ersetzt. Der Anbau Ute Fahrbach Architekten, die auch die bauhistori- wurde eigentlich zur Aufnahme von LDA ■ Bau- und Kunstdenkmalpflege sche Untersuchung vorgenommen Technik- und Naßräumen errichtet, die Durmersheimer Str. 55 hatten. Sie sind die Kenner des Ge- ohne Zerstörung der Putzschichten im 7500 Karlsruhe 21 bäudes und hatten die Möglichkeit, Palas nicht hätten untergebracht wer- ihre Forschungen fortzuschreiben. den können. Offen liegende Zugan- Christine Wieczorek Die Bauleitung vor Ort übernahm das ker im Dachstuhl sichern den Nord- Universität Tübingen Bauamt der Gemeinde. Als „Handlan- ostgiebel zusätzlich. Über die Siche- Institut für Vor- und Frühgeschichte ger" für den Restaurator wurden rung der Nordwestwand und des Tur- Schloß Schüler und Studenten aus der Ge- mes wird derzeit noch nachgedacht. 7400 Tübingen

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