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Provincia di Rimini Kunstwerke in den kirchlichen Gebäuden Assessorato alla Cultura Assessorato al Turismo Riminis und des rimineser Gebietes Kurzbeschreibung habenkönnen. geöffnet, wird mannebendem Text diesynoptische Hält man während der Lektüre den Umschlagstreifen der imFührer besprochenen Orte. Auf derUmschlaginnenseitebefindetsicheinPlan

Provincia di Rimini Assessorato al Turismo Rimini Santarcangelo di Pfarrkirche (Pieve) San Salvatore Pfarrkirche (Pieve) von Pfarrkirche San Giuliano Kollegiatskirche von Santarcangelo di Romagna Pfarrkirche San Fortunato Kirche Sant’Agostino Abtei San Gregorio Tempio Malatestiano Montescudo Kirche Madonna delle Grazie Pfarrkirche Santa Maria Kirche Madonna della Colonella del Soccorso (Valliano) Wallfahrtskirche Madonna della Misericordia/ Kirche Santa Chiara Wallfahrtskirche Madonna von Montefiore Kirche der Serviti (genannt: der Diener) Hospitalkapelle Madonna Verucchio della Misericordia Pfarrkirche (Pieve) San Martino Kirche Santa Croce (Villa Verucchio) Kapelle San Rocco Kollegiatskirche von Verucchio Wallfahrtskirche Selige Jungfrau San Giovanni in Marignano delle Grazie (Trebbio) Kirche Santa Maria in Pietrafitta Pfarrkirche San Pietro Pfarrkirche San Biagio Provincia di Rimini Assessorato alla Cultura Assessorato al Turismo Agenzia per il marketing di distretto

Pier Giorgio Pasini

Kunstwerke in den kirchlichen Gebäuden Riminis und des rimineser Gebietes

In Zusammenarbeit mit Kolophon Koordination: Valerio Lessi

Grafik: Relè - Leonardo Sonnoli

Fotos aus dem Foto-Archiv der Provinz Rimini

Ein Dank an die Fotografen: L. Bottaro P. Cuccurese P. Delucca S. Di Bartolo L. Fabbrini R. Gallini L. Liuzzi G. Mazzanti T. Mosconi Paritani V. Raggi E. Salvatori R. Sanchini F. Taccola R. Urbinati

Übersetzung: Erich Czichy Link-Up Rimini

Druck: Pazzini Stampatore Editore Villa Verucchio (Rimini)

Erste Auflage Februar 2003 Inhalt

Einleitung > 4 Eine engmaschige Verbreitung

Route 1 > 7 Antike Pfarrkirchen

Route 2 > 11 Klöster

Route 3 > 15 Klöster

Route 4 > 19 Auf den Spuren San Francescos

Route 5 > 25 Die Kirchen der Madonna

Route 6 > 31 Kleine Kathedralen

Vertiefungen > 37 Lokale Heilige Kunst und Erinnerung

Bibliographie > 38 Wer mehr wissen möchte...

www > Besuch uns vor der Abfahrt www.turismo.provincia.rimini.it www.signoriadeimalatesta.it Einleitung > Eine engmaschige Verbreitung

Das rimineser Binnenland verdankt seine so vielfältige Gestalt einem Zusammenspiel von Hügelgebieten und zwei Flüssen (dem und dem Conca) mit weiten und malerischen Tälern. Es handelt sich um ein fruchtbares Territorium, das seit der Vorgeschichte vom Menschen aufge- sucht worden ist, insbesondere dort, wo die Hanglagen häufiger und “bewegter” sind; es ist also reich an kleinen und großen Ansiedlungen und von einem engen Straßennetz durchzogen, das es mit den Nachbarregionen verbindet. Wegen seiner Lage - zwischen dem Apennin und dem Meer sowie in Sichtweite der emilianischen Ebene - bildete es stets eine Durchgangszone; es war also ein Gebiet des Zusammentreffens verschiedener Kulturen, aber auch des Zwistes und der Waffengänge. Und die Landschaft ist augenfällig genau von den Spuren solcher so beängsti- gender Bedingungen gekennzeichnet. Die Spuren sind vor allem Überreste eines kriegerischen und funken- sprühenden Mittelalters, das sich immer noch hoch auf dem Berge San Marinos zeigt, das immer noch die Hügel mit Ruinen krönt, mit verfallen- den Mauern die Ortschaften gürtet und durch Turmfragmente strategische Passagen anzeigt. Aber das Aussehen dieser ebenso verfallenen wie pitto- resken Spuren selber zeigt auch, dass sie das Ergebnis definitiv abge- schlossener Begebenheiten sind, deren Zeit nun schon weit zurück liegt. Weniger augenfällig, weniger baufällig, aber genau besehen häufiger anzutreffen sind Zeugnisse anderer Natur: sie haben mit einer weit ver- breiteten Religiosität zu tun, die zuweilen bis in die Antike reichende Wurzeln hat (wie gewisse Schichtenablagerungen am “heiligen Ort” und manchmal sogar in ein und demselben Gebäude zeigen), die aber auch heute noch lebendig und vital ist; vermischt, ja, sogar eng verknüpft mit den Anzeichen einer friedvollen säkularen Arbeitsamkeit. Ohne große Mühe stößt man zwischen kultivierten Feldern und längs der Landstraßensäume auf kleine Votivkapellen, die aus Verehrung heraus ständig erneuert werden; an den Ortsgrenzen hingegen finden sich häufig Oratorien, die einstmals kleinen Hospitalen für die Pilger zur Seite stan- den; und in den Orten und Dörfern Pfarrkirchen unterschiedlicher Form und Größe, oder Heiligtümer, die der Jungfrau geweiht sind. Der letzte Weltkrieg hat längs der “Gotenlinie” für längere Zeit besonders heftig gewütet, zahlreiche Opfer provoziert und bei nahezu allen Ansiedlungen schwerste Schäden hervorgerufen; und dies natürlich auch bei Gebäuden religiösen Charakters, die oft wichtige Zeugnisse bewahrt hatten, besser gesagt: die auch selber wertvolle Zeugnisse der Geschichte und Tradition, des Glaubens und der Kunst gewesen waren. Auch die Landflucht, die ihren Höhepunkt Anfang der sechziger Jahre hatte, hat sich auf die Konservierung von Gebäuden religiösen Charakters in diesem Gebiet ausgewirkt. Trotzdem sind Kirchtürme auch heute noch 4 häufig anzutreffende Elemente: sie unterstreichen die Präsenz von mehr oder weniger bescheidenen Kultgebäuden, die mehr oder weniger gut restauriert und “behütet” sind. Wer dies Gebiet durchqueren möchte, wird überall interessante und häufig erfreuliche Zeugnisse religiöser Kunst vorfinden, manchmal echte und wahrhaftige Meisterwerke, deren Bedeutung und Schönheit dadurch, dass sie an ihren Originalstandorten aufbewahrt werden und immer noch ihrer ursprünglichen Bestimmung dienen, besonders zur Geltung kommen.

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Route 1 > Antike Pfarrkirchen

Santarcangelo Die Verbreitung des Christentums in Rimini und seinem Gebiet ist - Pfarrkirche San Michele wie überall - von märchenhaften Geschichten umgeben, von Legenden, in via Celletta dell’Olio denen das Wahre vom Phantastischen schwerlich genau zu unterscheiden Tel. 0541 626109 ist. Wenn man die nicht zweitrangige Rolle der Stadt und ihres Hafens im Besichtigung auf Nachfrage Verkehr mit Afrika und dem Orient in spätrömischer Zeit bedenkt, begann sie wahrscheinlich ziemlich früh: genau wegen der Wichtigkeit der Stadt und ihres Hafens wurde Rimini denn auch vom Kaiser Konstantin 359 als Konzilsort der Bischöfe des Westens ausersehen. Bedenkt man weiterhin die engen Beziehungen zwischen der römi- schen Stadt und dem von ihr abhängigen Territorium, können wir die Hypothese einer ziemlich raschen Verbreitung des Christentums auch im Binnenland aufstellen. Tatsächlich präsentieren uns die Dokumente vor dem 10. Jh. ein ziemlich enges Netz von Pfarrkirchen (wenigstens sech- zehn), die den bevölkerungsreichsten und wichtigsten Orten vorgestanden haben. Jegliches bauliche Zeugnis ist jedoch seit vielen Jahrhunderten zer- stört; von einigen Pfarrkirchen ist selbst die topografische Erinnerung ver- loren gegangen, während uns von anderen nur relativ moderne Rekonstruktionen überkommen sind. Dasselbe ist innerhalb der Stadt geschehen, in der die ältesten religiösen Bauwerke verschwunden sind, alle, sogar die Kathedrale der Santa Colomba, die man in napoleonischer Zeit entweiht und demoliert hat. Das älteste und faszinierendste der verbliebenen religiösen Bauwerke ist die dem Erzengel Michael gewidmete Pfarrkirche von Santarcangelo di Romagna. Sie erhebt sich einen Kilometer vom Ort ent- fernt in einer ebenen Gegend und präsentiert sich als ein Gebäude mit nur einem Schiff von sehr ausgewogenen Proportionen und einem hellen Inneren mit den Charakteristiken der ravennatisch-byzantinischen Kunst des 7. Jhs.; auch die außen polygonale Apsis, das flachziegelige Mauerwerk und die harmonische Bogenfenster-Reihe verweisen auf raven- natische Kunst. Das darf nicht verwundern, denn erstens war das gesamte rimineser Territorium Bestandteil der byzantinischen Pentapolis und ist lange gegen die Barbaren verteidigt worden, und zweitens, weil die Kirche Ravennas während vieler Jahrhunderte reichlich Besitztümer in der Romagna und den Marken gehabt hat. Eine der wenigen verbliebenen Spuren dieses Umstandes sind verschiedene, byzantinischen und lango- bardischen Heiligen gewidmete Kirchen (auch der Erzengel San Michele ist einer von ihnen). Heute präsentiert sich unsere Pfarrkirche ohne Dekoration, aber jüngste archäologische Grabungen haben zur Auffindung von Fußbodenmosaikfragmenten und Marmorbelägen geführt, womit ein Die byzantinische Pfarrkirche einstmals beachtenswerter dekorativer Reichtum dokumentiert wäre. (Pieve) San Michele in Von ihrer kontinuierlichen Benutzung zeugen der im 12./13. Jh. vor Santarcangelo. die Fassade gebaute Kirchturm, ein abgelöstes Fresko San Sebastinanos 7 Rimini (15. Jh.), ein herrliches Kruzifix aus dem “Trecento” (jetzt in der Kirche San Salvatore Kollegiatskirche), und der Steinblock, auf dem auch jetzt noch die Mensa via San Salvatore, 24 des einzigen Altars ruht: eine hochmittelalterliche Skulptur mit Blätter- Tel. 0541 730159 Schösslingen und einem Raubvogel, der einen kleinen Vierfüßler mit den Besichtigung auf Nachfrage Klauen packt und anhebt; alles von summarischer Linienführung und hart gemeißelt, von barbarischem Geschmack. Verucchio So alte mittelalterliche Skulpturen sind rar im rimineser Gebiet, aber Pfarrkirche San Martino es sei wenigstens an die unlängst wieder aufgefundene schöne fragmenta- via Marconi, 1 rische Chorschranke der Kirche Santa Maria in Pietrafitta (Gemeinde San Tel. 0541 670197 Giovanni in Marignano) erinnert, und an einige Kapitelle der Pfarrkirche Besichtigung auf Nachfrage San Salvatore (Gemeinde Rimini, Richtung ): aus dem 8. bis 9. Jh. die erste, vielleicht später die anderen, die jedoch byzantinischen Saiano di Kapitellen nachgebildet sind, von denen sie die Formen und das dekorati- Kirche der Madonna ve Geflecht übernommen haben. Auch sollte nicht unerwähnt bleiben, di Saiano dass eine gute Sammlung mittelalterlicher und hochmittelalterlicher meist • Geöffnet: Sommer 7:30- fragmentarischer Skulpturen oft ungewisser Herkunft im Stadtmuseum 19:00; Winter 7:30-17:00 aufbewahrt wird. San Salvatore ist eine interessante Kirche, die zahlreiche Umbauten und Restaurierungen erfahren hat, aber dennoch ein malerisches Aussehen bewahren konnte. Sie hat die Ausstrahlung einer soliden “roma- nischen” Kirche von schlichter Form und einem ungeordneten Mauerwerk, das durch Streifen aus Naturstein und Ziegeln gekennzeichnet ist. Sie hat seitlich vorstehende kleine Bögen, kleine Fensterschlitze und einige “erbeutete” Marmorstücke, auch römische, die hier eine neue Verwendung gefunden haben. Auf den Hügeln des rimineser Binnenlandes kann man Gebäude antreffen, die, einverleibt in eher jüngere Konstruktionen, manches kleine- re Zeugnis von hohem Alter bewahren konnten. Aber um vollständige - wenn nicht gar intakte - Monumente antiker religiöser Architektur zu fin- den, muss man sich im Marecchia-Tal landeinwärts bewegen: gleich hin- ter Villa Verucchio lässt sich die Pfarrkirche San Martino bewundern. Sie ist von rustikaler romano-gotischer Architektur und steht auf einem oliven- schattigen Hang zu Füßen des großen Felsens, auf dem Verucchio aufragt. Nur wenig weiter wird man, jenseits des Flusses, die “Tricora”-Kirche (mit der sehr seltenen Anlage dreier Apsis-Kapellen) der Madonna di Saiano Oben links, Fassade der sehen, malerisch auf einem steil aufragenden Felsen; an ihrer Seite steht romanischen Kirche San ein Natursteinturm, der von nahem an die byzantinischen Türme erinnert. Salvatore; rechts, die Apsis Und dann kommen, noch weiter landeinwärts, schon auf dem Gebiet des der romanischen Pfarrkirche , die Kirchen von (Pfarrkirche und Kathedrale) und (Pieve) von Verucchio; unten, Ponte Messa in Sicht, die eine kostbare architektonische Gruppe bilden, der zylindrische Turm und die die auf die Zeit zwischen dem 11. und 13. Jh. datierbar ist. Kapelle Madonna di Saiano. 8

Route 2 > Klöster

Rimini In den rimineser Karten des Hochmittelalters trifft man häufig auf die Kirche San Giuliano Namen von Klöstern, aber im allgemeinen handelte es sich um kleine via San Giuliano, 16 Kirchen, die so genannt wurden, weil sie nur einem einzigen Geistlichen Tel. 0541 25761 anvertraut waren, oder es waren, wenn sie sich auf dem Land befanden, • Geöffnet: 7:00-12:00/16:00- kleine Eremitagen. Die ersten Mönchsgemeinschaften auf rimineser 19:00 Boden, die nach den “Regeln” lebten, waren Benediktiner gewesen. Rimini rühmte sich zweier wichtiger Benediktiner-Abteien, die sich Rimini knapp außerhalb der Stadt, aber neben ihren zwei Haupteinlässen befan- Kirche San Fortunato den: San Piero, im Zentrum des Viertels San Giuliano, am Beginn der Via via Covignano, 257 Emilia, und San Gaudenzo, am Rand des Viertels San Giovanni, am Ende Tel. 0541 751661 der Via Flaminia. Von der zweiten, die neben einer antiken heidnischen • Geöffnet: Sommer 9:00- und christlichen Nekropolis erbaut worden war, gibt es nach den Abrissen 12:00/15:00-20:00; Winter in der napoleonischen Zeit keine Spur mehr. Von der ersten hat die Kirche 9:00-12:00/15:00-18:00 überdauert, die heute mit dem Titel San Giuliano eine Pfarrkirche ist: sie ist von entschieden venezianischem Geschmack und durch ein großes Tonnengewölbe gekennzeichnet, das dem Raum eine bemerkenswerte Feierlichkeit verleiht. Sie ist im 16. Jh. von den Mönchen aus San Giorgio in Alga vollständig erneuert worden; ihnen ist das Tafelgemälde Paolo Veroneses mit dem Martyrium des Heiligen (1587) zu verdanken, das in der Apsis im Zentrum eines beeindruckenden architektonischen Rahmens aus vergoldetem Holz aufbewahrt wird. In der dritten Kapelle links wird ein herrlicher Flügelaltar von Bittino da Faenza (1409) ausgestellt, der die Legende San Giulianos sowie die Überführung seines Körpers in einer großen römischen Lade (die immer noch hinter dem Altar konserviert wird) von Istrien an die rimineser Küste erzählt. In den anderen Kapellen befin- den sich wertvolle Gemälde aus dem 17. Jh., unter denen zwei Tafeln von Elisabetta Sirani (Mariä Verkündigung) und Pietro Ricchi (Die Übergabe der Schlüssel an San Pietro, 1649) hervorstechen. Oben, das Altarbild von Paolo Sehr viel weniger alt war eine dritte Benediktiner-Abtei, die jedoch Veronese mit dem Martyrium zum “Zweig” der Olivetaner (der “weißen Mönche”) gehörte und sich auf von San Giuliano (1587), in dem Hügel von Covignano bei Rimini erhob. Von ihr hat nur die Kirche der Kirche San Giuliano in überdauert, die jetzt als Pfarrkirche San Fortunato bekannt ist. Das Kloster Rimini. Unten links, war Anfang des 15. Jhs. von Carlo Malatesta gegründet worden und hatte Innenraum der Kirche San dank der Protektion des Malatesta-Hauses in kurzer Zeit seine Fortunato in Covignano di Besitztümer und Rechte auf viele Örtlichkeiten des Gebietes ausgedehnt, Rimini, vormals Olivetaner- wobei es auch das antike Kloster San Gregorio in Conca mit allem, was Abtei; rechts, das Tafelbild dazugehörte, erwarb. Die Kirche hat während der Jahrhunderte erhebliche von Giorgio Vasari mit der Veränderungen erlitten, aber bewahrt immer noch die Anlage und Fassade Anbetung der Heiligen Könige aus dem 15. Jh., eine schöne Decke aus der Renaissancezeit und eine (1547) in der Apsis der Kirche Kapelle mit optimalen Fresken aus dem Jahr 1512, die dem Maler Girolamo San Fortunato in Covignano di Marchesi da Cotignola zugerechnet werden können: im selben Jahr 1512 Rimini. ist im neben der Kirche liegenden Kloster Papst Julius II beherbergt wor- 11 den. Aber man sollte sich auch an einen anderen Gast erinnern: den Maler Giorgio Vasari, der sich 1547 hier aufgehalten hat. Während ein “gelehr- ter” Mönch das Manuskript Leben der hervorragendsten italienischen Architekten, Maler und Bildhauer (das dann 1550 in Florenz in Druck ging) übertrug und korrigierte, führte er unter Beihilfe zahlreicher Adjutanten Malereiarbeiten für die Abtei-Kirche aus: in der Apsis aus dem 17. Jh. wird immer noch eine herrliche Anbetung der Könige aus dem Morgenland auf- bewahrt, vielleicht das Hauptwerk des Künstlers und eines der schönsten Bilder des italienischen Manierismus. Der benediktinische Ursprung der Kirche ist noch gut ersichtlich durch vier beeindruckende Statuen heiliger Olivetaner, die von Padre Tommaso da Bologna 1650 aus Gips modelliert worden sind und das helle Schiff beseelen, sowie durch zwei schöne Altartafeln, die um die Mitte des 18. Jhs. von Padre Cesare Pronti gemalt worden sind und auf denen heilige Mönche “mit den weißen Gewändern” und San Benedetto selbst dargestellt werden. Was das rimineser Binnenland angeht, so hat nur das Conca-Talgebiet noch einige Spuren jener zahlreichen Benediktiner-Abteien des Mittelalters bewahren können, denen die erste Urbarmachung und die erste Organisation dieses Raums zu verdanken ist. Von der ältesten, die San Gregorio geweiht und von San Pier Damiani gegen 1060 gegründet worden ist, bleiben kräftige und edle Ruinen, die nun fast schon durch moderne Bauten erstickt werden, am Stadtrand von Morciano. Wahrscheinlich ver- dankt dieser Ort seinen Ursprung als Marktplatz des ganzen Talgebietes genau der Protektion durch die Abtei. Auch heute noch findet hier ein großer Messemarkt in der Woche von San Gregorio (12. März) statt. Von den Kirchen monastischen Ursprungs, die im Talgebiet überdau- ert haben, kann man die San Pietro geweihte Pfarrkirche von San Giovanni in Marignano erwähnen. Vormals waren hier schwarze Benediktiner (“Montecassino-Mönche”) ansässig und davor gehörte sie zum Kloster San Vitale in Ravenna. Heute präsentiert sie sich in Formen des 18. Jhs. mit guten Kunstwerken; aber jedes monastische Merkmal und jede benediktinische Erinnerung sind verloren gegangen, ausgenommen das Tafelbild des zweiten Altars links, das 1753 von Gian Andrea Lazzarini gemalt worden ist und Die Heiligen Benedetto und Mauro darstellt. Die “napoleonischen Geschehnisse” haben Ende des 18. Jhs. zur Oben, die Reste der Beseitigung aller religiösen Bruderschaften der Romagna geführt: keines Benediktiner-Abtei San der zahlreichen Benediktinerklöster des rimineser Gebietes ist während Giorgio in Conca bei der Restaurationszeit erneut gegründet worden, auch weil die Gebäude Morciano. Unten, Apsis der schnellstens demoliert oder radikal transformiert und ihre Pfarrkirche von San Giovanni Einrichtungsgegenstände verkauft oder zerstört worden waren. Auch viele in Marignano, vormals andere zuvor blühende und häufig anzutreffende Ordensgemeinschaften benediktinisch. sind nicht ins rimineser Gebiet zurückgekehrt. 12

Route 3 > Klöster

Rimini Zu den wichtigen in Rimini existierenden Orden bis zum Ende des 18. Kirche Sant’Agostino Jhs. müssen sicherlich die Augustiner gezählt werden; sie waren seit Mitte via Cairoli, 14 des 13. Jhs. hier und hatten im Stadtzentrum eine große Kirche, neben der Tel. 0541 781268 sie ein beeindruckendes Kloster genau in den Jahren rekonstruierten, • Geöffnet: Winter 7:15- während derer die napoleonische Armee in die Legatenregionen einfiel 12:15/15:15-17:30; Sommer und in denen die italische Regierung ihre Auflösung verfügte. Die Kirche ist 7:15-12:15/15:15-19:00 San Giovanni Evangelista geweiht, aber gemeinhin als Sant’Agostino bekannt. Sie ist eine der größten der Stadt und bewahrt in der Apsis und in Verucchio der Turmkapelle die wichtigsten und besten Zeugnisse jener rimineser Kirche Sant’Agostino “Mal-Schule” auf, die eine der bedeutendsten Kunstbewegungen via Sant’Agostino Norditaliens im 14. Jh. begründet hat und deren Initiatoren der Tel. 0541 626109 Handschriftenmaler Neri und die Maler Giuliano und Giovanni da Rimini gewesen sind. Es handelt sich um dem Leben der Jungfrau und dem Leben des San Giovanni Evangelista gewidmete Fresken, und außerdem, auf der Hinterwand des Apsis, um Darstellungen des Christus und der Erhabenen Jungfrau. Denselben Malern ist ein auf Tafel gemaltes Kruzifix an der rech- ten Seite des Schiffes und eine grandiose Szene des Letzten Gerichtes zu verdanken, das sich vormals auf dem Triumphbogen befand und jetzt im Stadtmuseum zu sehen ist. Die Kirche hat während des 17. und 18. Jhs. gravierende Umarbeitungen erfahren, und ihr gegenwärtiges Aussehen ist barock. Außer den zahlreichen Altarbildern aus dem 18. Jh. bemerkt man die Gipsstatuen von Carlo Sarti (etwa 1750) und die schöne ebene Decke von Ferdinando Bibiena mit Gemälden von Vittorio Bigari (1722), und vor allem, im ersten Altar rechts, eine schöne Holzstatue aus dem 13. Jh., Der vom Kreuz genommene Jesus (ursprünglich sollte sie Teil eines Kreuzweges sein), die aus der antiken Kathedrale Santa Colomba stammt. Im rimineser Binnenland haben von den Augustinern das Kloster und die Kirche in Verucchio überdauert, die in einer überwältigenden Panoramaposition am Rande des großen Felsens erbaut worden sind, auf dem sich der Ort erhebt. Das jetzt zum Kommunaleigentum gehörende Oben, die Kirche San Giovanni Kloster zeichnet sich durch eine klare und schlichte Architektur aus und ist Evangelista (genannt jüngst restauriert worden, um das wichtige Museum der verucchieser Sant´Agostino) in Rimini. Villanovakultur zu beherbergen; die anliegende Kirche (in Erwartung ihrer Unten links, Detail eines Restaurierung) erfreut durch den barocken Stuck und die phantasievollen Freskos aus dem 14. Jh. in der vergoldeten Nischen, die schöne Gemälde des 17. und 18. Jhs. einfassen. Apsis von Sant´Agostino in Auch die Dominikaner hatten seit dem 13. Jh. in Rimini ein wichtiges Rimini; rechts, Detail eines Kloster mit einer großen, San Cataldo geweihten Kirche, die jetzt völlig zer- weiteren Freskos aus dem 14. stört ist. Aus einer ihrer Kapellen stammt das schöne malatestianische Jh. mit dem Letzten Gericht, Tafelbild Ghirlandaios, das nun im Stadtmuseum aufbewahrt wird und die aus der Kirche Sant´Agostino Heiligen Vincenzo Ferreri, Sebastiano und Rocco, angebetet von Pandolfo in Rimini, jetzt im IV Malatesta mit seiner Familie (1494) darstellt. Stadtmuseum. Zu den rimineser Dominikanern gehörte die bescheidene Pfarrkirche 15 von Valliano (Santa Maria del Soccorso), die einsam und verborgen in den Windungen eines sonnigen Tälchens zwischen Coriano und Montescudo liegt. Ihre Apsis ist von seltenen Fresken aus der Renaissancezeit geschmückt, die die Madonna mit dem Kind, Heilige und Gelehrte der Kirche darstellen. Sie sind im letzten Jahrzehnt des 15. Jhs. von einem toskanischen Künstler angefertigt worden, der eine angenehme und durch volkstümliche Tonfälle wohlklingende Ausdrucksweise hat. Die zwei Votiv- Fresken von anderer Hand neben der Apsis stellen Sant’ Antonio Abate und die Mystische Hochzeit der Santa Caterina dar.

Oben, die Augustiner-Kirche von Verucchio. Unten, Fresken aus dem späten 15. Jh. mit den Kirchenvätern in der Kirche von Valliano. 16

Route 4 > Auf den Spuren San Francescos

Villa Verucchio Dem Franziskanertum, das in der lokalen Gesellschaft besser veran- Franziskanisches Kloster kert ist und stärker im Einklang steht mit der Volksmentalität und -fröm- und die Kirche Santa Croce migkeit, ist es gelungen, viele der vor den Auflösungen besessenen via del Convento, 150 Klöster zu bewahren oder zurückzugewinnen. Im übrigen hat ja die franzis- Tel. 0541 678417 kanische Botschaft in dieser Region tiefreichende Wurzeln, die bis auf die • Geöffnet: 6:30-13:00/15:00- Anwesenheit San Francescos selbst zurückgehen: nach der Überlieferung 19:00 hat der Heilige die hiesigen Örtlichkeiten im Mai 1213 durchwandert, nach- dem er in San Leo vom Messer Orlando de’ Cattanei aus Chiusi den Monte della Verna geschenkt bekommen hatte und nun das Marecchia-Tal hin- abkam. Auf dem Wege nach Rimini habe er in einem Wald zu Füßen des Hügels von Verucchio, wo es eine kleine, dem Santa Croce geweihte Einsiedelei gab, Halt gemacht, und hier habe er einige Wunder vollbracht: er habe den Spatzen befohlen, seine Andacht nicht mit ihrem Gezwitscher zu stören, er habe eine Quelle mit Heilwasser zum Sprudeln gebracht und er habe seinen trockenen Wanderstab aus Zypressenholz eingepflanzt und wieder ergrünen lassen. Schon bald war aus der Einsiedelei ein Kloster beworden, dem zur Seite die dem Santa Croce geweihte Kirche sich erhob, die immer noch in Villa Verucchio existiert (es handelt sich um die älteste Gründung der Franziskanerprovinz Bologna). Auch heute noch hat der Platz, an dem sie aufragt, wegen seiner Abgeschiedenheit und der Präsenz von Oliven und Zypressen sehr starke Suggestivkraft; in der Nähe sprudeln Heilquellen, die an das Quellenwunder erinnern, während man im Kreuzgang des Klosters die von San Francesco gepflanzte Zypresse bewundern kann: ein kolossales, sehr seltenes pflanzliches Monument, das von Botanikern auf mindestens siebenhundert Jahre geschätzt wird, was ja dann der franziskanischen Legende entgegen käme. Außer der Zypresse (heutige Höhe, nach einem Abbruch des Wipfels am 6. Dezember 1980, etwa 25 m; maximaler Umfang des Stammes 7,37 m) zeigt man im Klosterinneren den Ort, wo sich der Tradition gemäß die Hütte San Francescos befunden habe. Aber man sollte nicht vergessen, auch die Kirche zu beachten, die doch ein schönes Portal aus dem 14. Jh. hat, weite neoklassische Innenräume, einen raffinierten Chor mit Intarsien aus der Renaissance; und an der linken Wand, zwischen den Bögen aus dem 19. Oben, der Kreuzgang der Jh., bemerkt man dann ein hellfarbiges Fresko, das von vielen Figuren Franziskaner-Abtei von Villa bevölkert wird: es zeigt die Kreuzigung und ist während der ersten Hälfte Verucchio mit der San des “Trecento” von einem optimalen Künstler der “Rimineser Schule” Francesco-Zypresse. Unten, gemalt worden. Kreuzigung, Fresko der Nachdem der Heilige seinen Weg Richtung Rimini fortgesetzt habe, Rimineser Schule des hätte er sich wenige Meilen weiter zur Nachruhe begeben: und auch dieser “Trecento” (14. Jh.) in der Ort wird mit Präzision angegeben, in Vergiano. Man erkennt ihn leicht Franziskaner-Kirche Santa durch die zwei Zypressenreihen längs eines kurzen Pfades, der von der Croce, auch in Villa Verucchio. Straße zu einem Bauernhaus führt, an dessen Fassade sich einige pseudo- 19 Santarcangelo mittelalterliche Elemente befinden, die auf ein antikes Ambiente verweisen Kollegiatskirche sollen. Die bescheidenen franziskanischen Szenen, angenehm und male- piazza Balacchi, 7 risch, stammen aus dem Jahr 1925. Tel. 0541 626109 Im rimineser Gebiet sind - verteilt auf Verucchio, Rimini, • Geöffnet: 7:50-12:30/15:00- Santarcangelo, Montefiore und - Franziskaner aller drei Orden 19:00 vertreten (Konventuale, Minoriten und Kapuziner); natürlich gehört zu jedem ihrer Klöster eine hinsichtlich Architektur und Gerätschaften interes- Rimini sante Kirche. Von den zerstörten franziskanischen Kirchen sollte wenig- Tempio Malatestiano stens die der Konventualen von Santarcangelo erinnert werden, die ein via IV Novembre, 35 gewaltiger Bau mit vielen Kunstwerken war. Von hier stammt der prächtige Tel. 0541 51130 (Sakristei) Flügelaltar, der sich jetzt in der Kollegiatskirche von Santarcangelo befin- 0541 24024 (Diözesan- det und ein zu Recht berühmtes Werk des Venezianers Jacobello di Sekretariat) Bonomo (1385) ist: in den äußerst fein geschnitzten gotischen Rahmen www.diocesi.rimini.it befinden sich sechzehn Tafeln, auf denen vor goldenem Hintergrund die [email protected] Kreuzigung und die Madonna mit dem Kind sowie zahlreiche Heilige dar- Es ist die Kathedrale der gestellt werden. Diözese Rimini. Unter den franziskanischen Erinnerungsgegenständen Riminis betref- • Geöffnet: werktags 8:00- fen viele Sant’Antonio aus Padua, der hier sein Fisch-Wunder und sein 12:30/15:30-18:30; festtags Maultier-Wunder vollbracht haben soll, um die Patarener zu verwirren und 9:00-13:00/15:30-19:30 zu konvertieren. Zur Erinnerung an dies letzte Wunder ist im 16. Jh. der kleine Tempel für Sant’Antonio auf dem Hauptplatz der Stadt, der heuti- gen Piazza Tre Martiri errichtet worden. Aber das zweifellos gefeiertste franziskanische Bauwerk ist der Tempio Malatestiano, der ausschließlich San Francesco geweiht gewesen war, bevor er in sehr junger Zeit auf Anordnung Napoleons (1809) zur Kathedrale wurde. Während des 13. Jhs. erbaut, beherbergte er sehr bald die Grabmäler der bedeutendsten Persönlichkeiten der Malatesta-Familie, die San Francesco sehr verehrten und den friedensstiftenden Aktivitäten der Franziskaner sehr förderlich waren. Ende des 13. oder zu Beginn des fol- genden Jahrhunderts hat hier, im Auftrag der Malatestas (nach Vasari), Giotto die Apsis mit Fresken ausgemalt: von den Arbeiten des großen toskanischen Malers ist nur ein großes, auf Holz gemaltes Kruzifix geblie- ben, dessen Enden verstümmelt sind. 1447 begann Sigismondo Malatesta Oben, Jacobello di Bonomo, damit, hier zwei Bestattungskapellen seines Hofes errichten zu lassen, für Flügelaltar aus der zerstörten sich und seine Geliebte (später dann Gemahlin) Isotta degli Atti; 1448 Kirche San Francesco, jetzt in gelobte er, den Tempel vollständig renovieren zu lassen, und 1450 oder der Kollegiatskirche von wenig später begann er mit den Arbeiten. Das Äußere entwarf Leon Santarcangelo. Unten, die Battista Alberti, innen jedoch sollte der traditionale gotische Stil der Fassade des Tempio ersten zwei Kapellen beibehalten werden, worum sich Matteo de’ Pasti Malatestiano in Rimini (1450), und Agostino di Duccio zu kümmern hatten. Das Gebäude, welches mit Arbeit von Leon Battista einem großen runden Kuppelbau beschlossen werden sollte, ist in Folge Alberti. der Exkommunizierung (1461), der Niederlage (1463) und des Todes 20

Sigismondos (1468) unvollendet geblieben. Die gegenwärtige Apsis ist das Ergebnis der Vervollständigungen des 18. Jhs. und der Wiederaufbauarbeiten nach dem 2. Weltkrieg (die Bombardements hatten den Tempio nämlich schwer getroffen, Apsis, Dach und Sakristei zerstört sowie die Steinplatten-Außenverkleidung erschüttert). Trotz mangelnder Vollendung ist er eines der bekanntesten und wichtigsten Monumente der Frührenaissance, sowohl wegen der aus der Antike her inspirierten Außenarchitektur, wie auch wegen des reichen Inneren, das durch die sehr feinen Skulpturen Agostino di Duccios verziert wird. Wie die antiken römischen Monumente ist er mit hellem Stein ver- kleidet. Die aus drei, von Halbsäulen flankierten Bögen gebildete Fassade ist feierlich und lässt ein aufmerksames Studium des römischen Torbogens in Rimini erkennen. Die in ihrer Schlichtheit außerordentlich ernsten und harmonischen Seiten bestehen aus einer Reihe von Pilastern und Bögen, unterhalb derer die Sarkophage der bedeutendsten Persönlichkeiten des Hofes hätten platziert werden sollen (aber dies Projekt ist nur auf der rechten Seite teilweise realisiert worden). Zwischen den Pilastern und der Wand des Tempios sind ein gewisser Hohlraum und eine gewisse Indifferenz bezüglich der Übereinstimmung in den Öffnungen gut erkennbar: Indifferenz, die in diesem und anderen Fällen wahrschein- lich von Pasti beklagt worden ist, dem Alberti 1454 geschrieben hat: “Was die Angelegenheit mit dem Pilaster in meinem Modell angeht, so erinnere Dich, dass ich Dir sagte, es sei besser, dass diese Seite eine für sich ste- hende Arbeit sei, denn diese Breiten und Höhen der Kapellen stören mich ziemlich... Die Abmessungen und Proportionen der Pilaster siehst Du, wenn sie entstehen: das, was Du veränderst, wird ja all jene Musik ver- stimmen”. Diese Sätze bekräftigen, welche Klarsicht Alberti bezüglich architektonischer Probleme hatte und seine Konzeption der Architektur als logische Harmonie. Andere Passagen dieses Briefes beinhalten explizite Darlegungen seiner Überzeugung von der Vernünftigkeit und Exemplarität Von oben nach unten und von der klassischen Architektur. links nach rechts, Detail aus Das ganze Gebäude erhebt sich auf einem Sockel, der von einem dem Innenraum des Tempio Streifen gekrönt wird, in dem sich viele malatestianische heraldische Malatestiano: Schrein der Elemente befinden, die man auch im Innern überreichlich wiederfindet: Ahnen, Pilaster mit Elefanten, vom echten und wahrhaftigen Wappen der Familie mit den karierten Basrelief von Agostino di Bändern bis zu jenem mit dem persönlichen Siegel Sigismondos (S und I); Duccio, Porträt Sigismondos sie werden abgewechselt von Schildern mit dem rosanen Viererblatt und von Piero della Francesca dem Elefanten. Innen wird der Elefant auch zum Stützen von Pilastern und (1451), die Stigmata San Sarkophagen, zur Krönung der traditionellen Wappen und für den Thron Francescos von Giorgio Vasari der Statue San Sigismondos benutzt: ein Symboltier mit vielen (1548), Kruzifix von Giotto (ca. Bedeutungen, das von Sigismondo und seinem Bruder Malatesta Novello 1300) in der Apsis. bevorzugt verwendet wurde. Letzterer fügte ihm das Motto hinzu: “Ein 23 indischer Elefant fürchtet keine Mücken.” Es ist sehr wahrscheinlich, dass Leon Battista Alberti auch zur Innendekoration des Gebäudes maßgebende Ratschläge gegeben hat; so hat man vollständig auf Freskenzyklen verzichtet, denn dies entspricht zum Teil jener Konzeption für eine Ausschmückung, wie sie in seinem Traktat über Architektur dargelegt wird, den er genau in jenen Jahren zusammengestellt hat. Dennoch aber ist der Innenbereich von hervorste- chend gotischem Geschmack. Die malatestianischen Kapellen werden von hohen Balustraden umschlossen und sind durch marmorne Pilaster gekennzeichnet; in der ersten links steht der Sarkophag “der Vorfahren und der Abkömmlinge”; in der zweiten rechts befindet sich der von Isotta; Sigismondo ist im Grab neben der Tür, rechts wenn man eintritt, bestattet worden. Die meist bewunderten Kapellen sind die der Planeten (oder der Sternbilder) und der Freien Künste (oder der Musen), die ursprünglich den Heiligen Vätern Girolamo und Agostino gewidmet waren. In der Reliquienzelle, zwischen der ersten und der zweiten Kapelle rechts, befand sich oberhalb der Tür das berühmte Fresko mit Sigismondo auf Knien vor San Sigismondo, das von Piero della Francesca firmiert und auf 1451 datiert ist. Heute befindet es sich in der Kapelle rechts nahe dem Hauptaltar. Von den nach-malate- stianischen Werken ist ein großes Gemälde besonders bemerkenswert, auf dem Giorgio Vasari San Francesco, wie er die Stigmata erhält (1548) gemalt hat; in der letzten Kapelle links, vorher jedoch schon am Hauptaltar, wo sich jetzt das Kruzifix von Giotto befindet.

24 Route 5 > Die Kirchen der Madonna

Rimini Viele franziskanische Kirchen sind der Madonna geweiht, und franzis- Wallfahrtskirche Madonna kanisch ist auch das älteste marianische Heiligtum der Diözese und des delle Grazie rimineser Gebietes. Es handelt sich um die Kirche der Madonna delle via delle Grazie, 10 Grazie, die sich nahe Rimini auf dem Hügel von Covignano erhebt. Ihre Tel. 0541 751061 Ursprünge sind, wie in vielen anderen Fällen, mit märchenhaften und legen- • Geöffnet: 6:00-12:15/15:00- dären Tatsachen umkränzt. 1286 schnitzte ein Hirte, der auf diesem Hügel 18:30 eine Herde hütete, eine Madonna in einen Baumstamm, deren Antlitz von Engeln vollendet wurde, die der Ungeschicklichkeit des improvisierenden Montefiore Conca Künstler-Hirten nachhelfen mussten. Dieses so wunderbar zu Ende Wallfahrtskirche Madonna gebrachte Standbild nahm seinen Weg übers Meer und gelangte in Venedig di Bonora an Land, wo es immer noch als “Madonna di Rimini” in der Kirche San via San Paolo, 115/116 Marziale verehrt wird. Auf dem Hügel von Covignano, am Ort des Wunders, Tel. 0541 980053 wurde eine Kapelle und dann eine Kirche (1391) mit dem Namen Madonna • Geöffnet: 8:00-12:15/15:00- delle Grazie erbaut, die man im 16. Jh. erweitert (oder besser: “verdoppelt”) 18:00 hat. Am Altar befindet sich eine schöne Verkündigung des umbrischen Malers Ottaviano Nelli aus dem frühen 15. Jh. (bis vor kurzem war sie noch Giotto zugerechnet worden). Während des letzten Krieges sind sowohl das Heiligtum wie das Kloster “delle Grazie” schwer beschädigt worden; aber das kleine Kloster bewahrt, auch wenn es nur rekonstruiert ist, die Reinheit und die Wärme aller schlichten franziskanischen Bauwerke, und das linke Schiff der Kirche - mit einer schönen, nach venezianischem Geschmack ver- schalten Decke - eine seiner stillen Schönheiten: beachtliche Kunstwerke und eine interessante Reihe von Votivtafeln. Ein herausragendes Über- bleibsel des ursprünglichen Gebäudes ist die Fassade unter dem Säulengang aus dem 17. Jh., mit einem gotischen Portal, das von Freskofragmenten flankiert wird, die die Verkündigung darstellen und wahrscheinlich von Ottaviano Nelli stammen. Für mehr als zwei Jahrhunderte ist auch das Heiligtum der Madonna di Montefiore, das berühmteste des Conca-Tals, den Franziskanern anver- traut gewesen. Seine Ursprünge gehen auf die ersten Jahre des 15. Jhs. zurück, als ein gewisser Bonora Ondidei auf eine Wand seiner Zelle, die er sich inmitten des Waldes erbaut hatte, ein Fresko mit dem Bild der Madonna aufbringen ließ, wie sie Jesus die Brust gibt. 1409 überließ der Eremit sein kleines Gebäude den Franziskanern. Die Mauer mit dem heili- gen Bild, das heute Madonna di Bonora genannt wird, hat die Zeit über- dauert. Um dieses 1926 feierlich gekrönte Bild herum ist langsam das Heiligtum entstanden. Aber es ist während der ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts radikal restauriert und umgewandelt worden. Im Conca-Tal, das von einer Straße durchquert wird, welche die Pilger nach Loreto benutzt haben, gibt es viele der Madonna geweihte Kirchen. Häufig handelt es sich um bescheidene Bauwerke, aber in jedem Fall offenbaren sie die große Verbreitung des marianischen Kultes in der 25

Montegridolfo Zone. So ist zum Beispiel auch die kleine Kirche des Hospitals, die - eben- Kirche San Rocco falls in Montefiore - im 15. Jh. am Ortsrand erbaut worden war, der via Borgo Madonna gewidmet; hier wird sie unter dem Titel “della Misericordia” Tel. 0541 855031 angerufen: in dem Raum befinden sich große Fragmente von Fresken, mit • Geöffnet: 8:00-12:00/14:00- denen vormals alle Wände des Schiffes und der Absis bedeckt waren und 18:00 die das Letzte Gericht, die Auferstehung der Toten, die Hölle und das Paradies sowie die vier Evangelisten darstellen. Sie sind gegen 1475 - 80 von einem guten Maler mit urbineser Kultur ausgeführt worden. Von der Apsis her wurde die kleine Räumlichkeit durch ein Tafelbild dominiert, das die Madonna della Misericordia mit den Schutzheiligen des Ortes darstellt. Es stammt aus dem Jahr 1485 und ist wahrscheinlich vom selben Künstler gemalt worden, dem auch die Fresken zu verdanken sind: man hat es Giovanni Santi zugeordnet, später dann Bartolomeo di Gentile und noch später Bernardino Dolci. Seit der Nachkriegszeit befindet es sich am Hauptaltar der Pfarrkirche, die von ihrer ursprünglichen gotischen Struktur vor allem noch das wunderschöne Steinportal besitzt, und von der antiken Ausrüstung noch ein großes, auf kreuzförmiges Holz gemaltes Kruzifix, ein Werk eines unbekannten rimineser Malers aus dem 14. Jh. Auf den südlichen Hügeln des rimineser Gebietes, aber auf der andern Seite des Conca-Tals, fast schon in Sicht des Foglia-Flusses und an der Grenze zu den Marken bietet Montegridolfo mehr als nur einen Grund für das Interesse, das den marianischen Kult betrifft. Auch hier befindet sich am Ortsrand eine kleine Kirche, die der Position und dem Namen nach (San Rocco) neben einem Pilgerhospital errichtet worden sein dürfte. Hier hat in der zweiten Hälfte des 15. Jhs. ein Maler aus den Marken in der Apsis das Fresko Madonna mit dem Kind zwischen den Heiligen Rocco und Sebastiano aufgetragen; ein Jahrhundert später wollten die Gläubigen das Bild vollständig renovieren, es ist - ebenfalls als Fresko und ohne die Ikonographie zu verändern, aber größer und in Formen, die dem Klassizismus dem 16. Jhs. entsprachen - über dem anderen von einem umbro-markischen Maler angefertigt worden. Ein Jahrhundert darauf wie- Oben, Detail der Ankündigung derholte sich die Operation zum dritten Mal, und das Bild bekam Formen, von Ottaviano Nelli, in der die der pathetischen Frömmigkeit des 17. Jhs. entsprachen. Der Maler war Apsis der Kirche Madonna Guido Cagnacci, der es auf Leinwand malte und einen weiteren Heiligen delle Grazie in Covignano di hinzufügte (San Giacinto), womit die Beziehungen zwischen den Figuren Rimini. Unten links, Detail des erheblich modifiziert worden sind. Durch sehr delikate Ablösungsarbeiten Freskos aus dem 15. Jh. in der sind die Fresken jüngst wiedergewonnen worden, dann hat man sie Hospital-Kapelle in restauriert und “aufgebessert”: jetzt sind sie in der Kirche ausgestellt, und Montefiore; rechts, Altarbild außer dass sie all ihre harmonische Schönheit zeigen, bieten sie Anstoß von Guida Cagnacci (ca. 1620) zum Nachdenken über die Beständigkeit des Kultes, über die Funktion der in der Kirche San Rocco in Bilder, über die feinen Variationen der Ikonographie in Beziehung zur Montegridolfo. Frömmigkeit und über die Wandlungen von Geschmack und Stil. 27 Trebbio di Montegridolfo Ebenfalls in Montegridolfo, im Ortsteil Trebbio, steht ein mariani- Wallfahrtskirche Selige sches Heiligtum, das der Seligen Jungfrau delle Grazie zugedacht ist. Jungfrau delle Grazie Seine Ursprünge verbinden sich mit der Erscheinung der Madonna für via B.V. delle Grazie, 8 Lucantonio di Filippo am 25. Juni 1548 und für Antonia Ondidei am 7. Juli Tel. 0541 855037 desselben Jahres. Wenige Monate später autorisierte Paolo III durch eine • Geöffnet: Sommer 8:00- Bulle zum Bau einer Kapelle, die in der Folgezeit dank des Wetteiferns der 22:00; Winter 8:00- zahlreichen Gläubigen rekonstruiert und erweitert worden ist. Von der 12:00/14:00-20:00 ursprünglichen Konstruktion sind wenige Spuren verblieben, aber auf dem Hauptaltar gibt es noch das Gemälde des faneser Malers Pompeo Rimini Morganti, der es 1549 nach den Zeugnissen der zwei “Sehenden” angefer- Kirche Madonna tigt hat: es zeigt die Erscheinung der Madonna für die sechzigjährige della Colonnella Antonia; im wunderschönen Hintergrund (der auch ein getreues Abbild via Flaminia von Montegridolfo und der bäuerlichen Landschaft der Umgebung wieder- Tel. 0541 384545 gibt) wird ebenfalls das wundersame Zusammentreffen von Lucantonio mit • Geöffnet: 8:00-12:00/16:00- der “schönsten Frau, die ich je gesehen habe, und sie war von großer 18:00 Statur”, dargestellt. Das marianische Heiligtum von Montegridolfo ist nicht das einzige im rimineser Gebiet, das im 16. Jh. nach einem wundersamen Geschehen errichtet worden ist. Tatsächlich sind dergleichen auch in Fiumincino in der Gemeinde Savignano (1524, rekonstruiert und erweitert 1729 und in der Nachkriegszeit), in Casale di San Vito in der Gemeinde Santarcangelo (1593, erweitert 1603, im Krieg völlig zerstört und in moderner Form wieder erbaut) und bei der Colonnella an der Via Flaminia, eine Meile von Rimini entfernt, errichtet worden. Die Kirche der Madonna della Colonnella ist chronologisch das erste der großen marianischen Heiligtümer des 16. Jhs. Sie ist von der Gemeinde gegen 1510 zu Ehren eines Bildes der Madonna mit dem Kind erbaut wor- den. Das Bild (1483) in einer kleinen Zelle an der Straße ist 1506 wunder- tätig geworden, indem es einen fälschlicherweise des Mordes beschuldig- ten Pilger vorm Erhängen gerettet hat. Das Gebäude hat während des Krieges schwere Beschädigungen erlitten, aber es ist sehr gut restauriert worden. Wegen der Harmonie der architektonischen Anlage und der reich- haltigen Dekoration, die aus fein mit grotesken Motiven verzierten Oben, Detail des Altarbildes Steingutlisenen und -rahmen besteht, handelt sich um ein echtes von Pompeo Morganti (1549) Meisterwerk der Renaissance. Letztere hat Bernardino Gueritti aus in der Kirche der Seligen Ravenna geschaffen, der auch Baumeister des Gebäudes gewesen ist. Es Jungfrau delle Grazie in steht in einzigartigem Gleichklang mit verschiedenen forliveser Montegridolfo. Unten, Bauwerken, die von Marco Palmezzano projektiert oder direkt inspiriert Innenraum und Detail der wurden, auf dessen harmonische und schmückende Kunst die architekto- Kirche Santa Maria della nische Idee des Baus in seiner Gesamtheit zurückgeführt werden kann. Colonella in Rimini, 16. Auch in der historischen Altstadt von Rimini existiert ein wichtiges Jahrhundert. marianisches Heiligtum, das der Madonna unter dem Titel “della 28

Rimini Misericordia” gewidmet ist. Es ist eines der jüngsten. Man hat es nach Wallfahrtskirche Santa dem wunderbaren Sichbewegen der Augen eines Madonnenbildes errich- Chiara tet, das zum ersten Mal am 11. Mai 1850 bemerkt worden ist. Die unter via Santa Chiara, 28 dem Namen “Santa Chiara” bekannte Kirche ist von eklektischem Tel. 0541 785560 Geschmack und dem rimineser Architekten Giovanni Benedettini zu ver- • Geöffnet: 7:00-12:00/16:00- danken: im Zentrum der Apsis befindet sich das Wunderbild, Giuseppe 19:00 Soleri Brancaleonis Kopie eines gleichermaßen mirakulösen Bildes, das ein halbes Jahrhundert früher auf dieselbe Art tätig war und immer noch von der Bruderschaft San Girolamo im Oratorium San Giovannino aufbe- wahrt wird.

30 Route 6 > Kleine Kathedralen

Rimini Die Barockzeit hat viele Spuren in der religiösen Kunst Riminis hinter- Kirche dei Serviti lassen. Während im 17. Jh. aufgrund wirklich empfundener Frömmigkeit (genannt: der Diener) und der Zustimmung zu den Diktaten der Gegenreformation fast alle corso d’Augusto, 200 Altarbilder erneuert wurden, sind im 18. Jh. viele Kirchen insgesamt ver- Tel. 0541 27930 wandelt oder neugeschaffen worden, häufig in grandioser Form und stets • Geöffnet: 8:00-12:00/16:00- mit einem beachtlichen Augenmerk für Dekoration und Eleganz. Die reli- 18:00 giöse Malerei zwischen dem 17. und 18. Jh. geht von den stark naturalisti- schen Akzenten Cagnaccis und Centinos, die während der ersten Hälfte des 17. Jhs. in der Stadt und auch im Gebiet tätig waren, zu den klassizisti- schen und frommen Kompositionen Guercinos und der Bolognesi sowie zu den archaisierenden Barockstudien Giovan Battista Costas über (eines bis 1767 überall äußerst arbeitsamen lokalen Malers); aber die Zeit ist auch reich an importierten Meisterwerken aus Rom, Venedig und . Was die Architektur angeht, so vermeidet sie die Auswüchse des phantasievoll- sten und pompösen Barocks und entfaltet sich längs einer römisch-bolo- gneser Linie, mit einigen rationalistischen Linienführungen während der zweiten Hälfte des 18. Jhs; praktisch kann man sagen, dass ihre Schöpfungen fast alle dem 18. Jh. zugehören. Und so wurden also die Hauptkirchen des Gebietes und der Stadt im 18. Jahrhundert erneuert. In Rimini entstand die Kirche der Jesuiten und vor allem diejenigen der Augustiner, der Karmeliter und der Serviten wurden rekonstruiert oder von Grund auf modifiziert, darüber hinaus mit neuen Altarbildern und Stuck versehen. Die Kirche der Serviten ist nach einer Zeichnung des bologneser Architekten Gaetano Stegnani zwischen 1777 und 1779 umgebaut worden; der Modellierer Antonio Trentanove hat sie mit stupenden Rokoko-Stuckarbeiten angereichert, die 1887 vergoldet wor- den sind; sie bewahrt Gemälde von Francesco Albani (1621), Lucio Massari (1620), Ubaldo Gandolfi (1779) und Giovan Battista Costa (1440) auf. Beim Durchstreifen des Gebietes kann man überall Oratorien von schlichter, jedoch raffinierter Form antreffen, ländliche Pfarrkirchen, die außen ärmlich wirken, aber innen reich sind an Stuck und Malerei. Das “der Schule” genannte Oratorium in San Giovanni in Marignano, die Pfarrkirche von und jene von San Vito, die Kirche der Nonnen von Santarcangelo und jene “der Fürbitte” in Verucchio zum Beispiel sind hübsche Gebäude und wegen ihrer Architektur und der Kunstwerke, die sie aufbewahren, Monumente von großem künstlerischen Interesse. Aber die Liste wäre lang und letztendlich unnütz. Hier soll vielmehr auf den im 18. Jh. in den Hauptorten der Diözese unternommenen Versuch hingewiesen werden, die Ausübung des Kultes und das Leben des Klerus aufzuwerten und zu rationalisieren, indem man durch die Bildung von Kollegiatskirchen die geweihten Bauwerke “zusam- menfasste” und so ihre Anzahl reduzierte. In Savignano wurde das 31

Santarcangelo Kollegium 1732 gebildet, in Santarcangelo 1744, in Verucchio 1796; aber Kollegiatskirche wegen einer Reihe von Verzögerungen und Unschlüssigkeiten hat man hier piazza Balacchi, 7 erst zwischen 1865 und 1874 gebaut. Diese Kirchen sind praktisch als Tel. 0541 626109 Kathedralen konzipiert worden, nicht so sehr aufgrund der permanenten • Geöffnet: 7:50-12:30/15:00- Präsenz des Chors für die Kanoniker, als vielmehr wegen der beachtlichen 19:00 Dimensionen und der erhabenen Formen. Die Kollegiatskirche von Santarcangelo ist eines der wichtigsten Verucchio Gebäude des 18. Jhs. im gesamten rimineser Gebiet. Sie ist zwischen 1744 Kollegiatskirche und 1758 vom Kammerarchitekten Giovan Francesco Buonamici, dem via San Martino auch die Kathedrale von Ravenna zu verdanken ist, konstruiert worden Tel. 0541 670197 und hat ein grandioses und raffiniertes Inneres, das in seiner Schlichtheit • Geöffnet: 6:30-12:00/15:00- römische und bologneser Formen zitiert. In der weiten Konche der Apsis 18:00 hütet sie ein schönes Altarbild, auf dem die Schutzheiligen des Ortes dar- gestellt werden, eine Arbeit von Giovan Gioseffo Dal Sole; auch im diskre- ten Schatten der Seitenkapellen befinden sich auf den Altären der ver- schiedenen Bruderschaften mit Antependien aus mehrfarbigem Alabastergips aus dem 18. Jh. Tafelbilder von beachtlicher Schönheit (u.a. achte man auf das des zweiten Altars links, das 1635 von Guido Cagnacci für die Bruderschaft der Tischler und Schmiede angefertigt worden ist: es zeigt San Giuseppe, Jesus und Sant’ Eligio). In der großen Kapelle rechts hingegen wird ein auf Holz gemaltes Kruzifix aufbewahrt, das von einem unbekannten rimineser Maler aus dem zweiten Viertel des “Trecento” geschaffen wurde und aus der Pfarrkirche stammt. Auch das Äußere dieser Kirche ist beachtlich wegen seiner schmucklosen und ausgewogenen Stereometrie. Gewählter und anmutig, aber immer auch beeindruckend und feier- lich, ist die Kollegiatskirche von Verucchio, die wegen einer Reihe von widrigen Umständen sehr spät gebaut worden ist (dazu gehören die napo- leonische Besatzung und die Geschehnisse des Risorgimentos mit den mehrmaligen Kirchenauflösungen sowie die damit verbundenen Verschleppungen aus Groll und wegen der Schwierigkeiten bei der Wiedergewinnung der Besitztümer, die für den Bau unverzichtbar waren). Das Projekt dieser Kirche stammt vom Verucchieser Antonio Tondini, einem belesenen und angenehmen Künstler von eklektischem Geschmack, einem “halb-dilettantischen” Architekten (und das Projekt ist denn auch 1863 vom Rimineser Giovanni Morolli unterschrieben worden, da Tondini Oben, Innenraum der Kirche keine “Lizenz” hatte). Die innere Anlage nimmt Motive des Barocks und der Diener in Rimini, Arbeit der Renaissance auf, ursprünglich ist alles azur-blau und weiß gewesen, von Gaetano Stegani. Unten, die Dekoration war vergoldet; sie erschien deshalb sehr viel neoklassi- Detail der “der Schule” scher, besser noch, von “imperialem Stil”, als dies heute der Fall ist. Durch genannten Kirche in San die modernen Anstriche ist auch die ehemalige räumliche Wahrnehmung Giovanni in Marignano. nicht mehr gegeben, die durch die kalten Spiegelungen des Lichtes auf 33

Saludecio dem farbigen Putz und den Gesimsen geradezu überschwänglich war. In Kirche San Biagio der Kollegiatskirche befinden sich mehrere Altarbilder und piazza Beato Amato Ausrüstungsgegenstände aus den Kirchen Verucchios; beachtlich ist das Tel. 0541 982100 Gemälde des Hauptaltars mit San Martino, der seinen Mantel einem • Geöffnet: 8:00-12:00/14:00- Armen gibt von Giovan Francesco Nagli, genannt Il Centino (etwa 1650). 18:00 Aber die wirklichen Meisterwerke dieser Kirche sind zwei auf geform- te Tafeln gemalte Kruzifixe: das erste hängt im Presbyterium und ist von einem unbekannten rimineser Künstler aus der ersten Hälfte des 14. Jhs. (er wird “Maestro di Verucchio” genannt); das zweite ist eine veneziani- sche Arbeit von Catarino (was die Holzarbeit angeht) und Nicolò di Pietro (was die Malerei betrifft); die Unterschrift von Catarino und Nicolò mit dem Datum 1404 ist unten am Kreuz ersichtlich. Die Kollegiatskirche von Verucchio scheint ein wenig als die “Kathedrale” des mittleren Marecchia- Tals konzipiert worden zu sein. Auch das Conca-Talgebiet hat eine Kirche, die als die “Kathedrale” des Talgebietes angesehen werden kann: es handelt sich um die San Biagio geweihte Pfarrkirche von Saludecio. Sie ist zwischen 1794 und 1802 (d.h. in wirklich schwierigen Zeiten schwerer ökonomischer und poli- tischer Krise) dank des Mutes und der Beständigkeit eines hervorragenden lokalen Pfarrers, Don Antonio Fronzoni, und dank der Begeisterung über die offizielle Seligsprechung (1776) Amato Ronconis, der seit dem 14. Jh. als Schutzpatron des Ortes verehrt worden ist, errichtet worden. Diese 1930 als “Wallfahrtskirche” proklamierte Kirche hat sehr elegante und har- monische Formen, die die Frucht einer intelligenten Überarbeitung und Rationalisierung zentralisierter Schemen barocken Geschmacks sind. Ihr Autor ist der Cesenater Giuseppe Achilli, der mit ihr sein Meisterwerk und vielleicht das Meisterwerk der gesamten Architektur des späten 18. Jhs. im rimineser Gebiet hinterlassen hat. Die mit viel Nüchternheit zur Oben, Guido Cagnacci, Bereicherung der architektonischen Struktur angebrachten Stuckarbeiten San Giuseppe, Jesus und stammen vom rimineser Modellierer Antonio Trentanove, während die Sant´Eligio (1635) in der Gemälde Arbeiten guter romagnolischer und marchigianischer Künstler Kollegiatskirche von des 17. und 18. Jhs. sind. Unter allen ragen zwei herrliche Tafelbilder von Santarcangelo. Unten links, Guido Cagnacci hervor, die den Papst San Sisto und Die Prozession des Innenraum der allerheiligsten Sakramentes (1628) darstellen. Kollegiatskirche von In der Sakristei sind Wandschmuck, Gerätschaften und Gemälde Verucchio; rechts, Giovan hauptsächlich des 17. und 18. Jhs. aus Kirchen und Oratorien der Zone, die Francesco Nagli, genannt Il Ende des 18. Jhs. von der Kirchenunterdrückung betroffen war, versammelt Centino, Die Barmherzigkeit und ausgestellt; außerdem verschiedene Zeugnisse, die mit dem Kult des San Martinos (1650), Bild des Seligen Amato zusammenhängen. Hauptaltars der Kollegiatskirche von Verucchio. 35

Vertiefungen > Lokale Heilige

Bezüglich des Seligen Amato ist der Heiligsprechungsprozess im Gange; er ist nicht der einzige Selige des Gebietes, vielmehr hat fast jeder Ort einen solchen - mehr oder weniger alt und verehrt sowie mehr oder weniger offiziell seitens der Kirche anerkannt: man kann - unter anderen - erinnern an die Seligen Giovanni Gueruli, Gregorio Celli und Bionda da Verucchio (aus Verucchio), den Seligen Alessio Monaldi (aus ), den Seligen Simone Balacchi (aus Santarcangelo), den Seligen Cipriano Mosconi (aus Saludecio), den Seligen Enrico Ungaro (aus Passano di Coriano). Kleine oder große Kapellen oder schlichte Altäre in den Pfarrkirchen der jeweiligen Orte hüten ihre Reliquien und erinnern an ihr Leben und die Wunder. Häufig stützt sich ihr hinsichtlich der räumlichen Ausbreitung sehr begrenzter Kult auf naive Legenden, auf an Wundern reiche volkstüm- liche Erzählungen, in denen Glaube, Poesie und Phantasie sich vermen- gen. Ebensolches lässt sich von den antiken Heiligen der Stadt berichten, wie Arduino und Chiara aus Rimini, und von den ältesten Schutzpatronen, den Heiligen Innocenza, Gaudenzo und Giuliano. Auch die Moderne hat Menschen mit einem exemplarischen Leben hervorgebracht, deren Beispiel von Heiligkeit hingegen wohlbekannt und dokumentiert ist: von den modernen Seligen sei erinnert an den Mönch Pio Campidelli und die Nonne Elisabetta Renzi; auf dem Wege der Seligsprechung sind auch die verehrten Laien Alberto Marvelli und Carla Ronci sowie die Nonnen Angela Molari, Faustina Zavagli und Bruna Pellesi.

Oben, Innenraum der Pfarrkirche San Biagio in Saludecio, Arbeit von Giuseppe Achilli. Unten, Guido Cagnacci, Detail des Gemäldes mit der Prozession des Allerheiligsten Sakraments (1628), im Museum von Saludecio. 37 Vertiefungen > Kunst und Erinnerung

Diese kurze Zusammenschau will eine einfache Einladung sein, Rimini und sein Gebiet vermittels der Spuren einer Religiosität zu ent- decken, die überall in den Gebäuden des christlichen Kultes beachtliche und wertvolle Zeugnisse hinterlassen hat. Die hier gewählte Richtung der vorgezeichneten Streckenführung ist kein nur äußerlicher oder zufälliger Vorwand; sie erlaubt es nämlich, Geschichte, Kunst und Kultur zusammen- zufügen. Gewiss können sich innerhalb dieser Richtung Unterscheidungen herausbilden und vor allem hinsichtlich der Kunstthemen Präferenzen klären. In jedem Fall muss man, um in einem historischen Diskurs von eini- gem Atem ansonsten fragmentarische Elemente zu verbinden, Zusammenfügungen vornehmen und dabei auf das zurückgreifen, was im rimineser Stadtmuseum gesammelt und aufbewahrt wird. Es handelt sich fast ausschließlich um Arbeiten aus dem rimineser Gebiet mit fast aus- schließlich religiöser Thematik. Zwei, was die Kunst angeht, interessante Themenstränge, die es wert sind, vertieft zu werden, kann man abschließend noch empfehlen. Als erstes ohne Zweifel die rimineser Malerei des “Trecento (d.h. 14. Jh.)”, die innerhalb der italienischen Kunst des Mittelalters ein Phänomen nicht unerheblichem Niveaus darstellt. Bedeutende Werke dieser Mal-”Schule” finden sich in Villa Verucchio und Verucchio, in Santarcangelo und Montefiore, in Misano und Rimini. Das zweite ist die rimineser Malerei des 17. Jhs., die dank der Aktivitäten von Guido Cagnacci und Giovan Francesco Nagli, genannt Il Centino, Originalität und eine beachtliche Rolle im Rahmen des italieni- schen Naturalismus gehabt hat. Die Arbeiten der beiden findet man in Saludecio und Montegridolfo, in Montefiore und Santarcangelo, in San Vito und Verucchio sowie in Rimini. Aber man wird sich z.B. auch der Suche nach den Spiegelungen der Renaissance widmen können, die in den großen Zentren wie Venedig, Florenz und Rom entwickelt worden ist; oder der Auffindung von “Importen” und von Einflüssen aus den Hauptstädten des Barocks wie Rom und Bologna. Wie auch immer, man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass die Kirchen - sowohl in der Stadt, wie im gesamten Gebiet, am Meeressaum, wie auch dort, wo es in der Nähe des Apennins schon hügelig wird, oder dort, wo es sich zur großen Po-Ebene hin zu öffnen beginnt - “gigantische Anhäufungen von Arbeit und der Geschichte der Arbeit sind, Gerinnungen individueller und kollektiver Frömmigkeit, Zeichen der Ergebenheit aber auch erhabenster ästhetischer Regeln”, wie Andrea Emiliani geschrieben hat, als er “die sehr hohe kulturelle und künstlerische Würde” unterstrich, welche die Bauwerke des christlichen Kultes von anderen unterscheidet; so häufig trifft man sie an, so erinnerungs-”dicht” sind sie, so “einverleibt 38 und eingewachsen in jenen äußerst vitalen Bereich, den die Techniker als Territorium bezeichnen, den wir aber vielmehr Stadt und Land nennen müssten, diese so ganz eigene italienische Diarchie, Gegensatz der Funktionen und der Mächte...”. Und genau weil sie diese “Dichte” der Erinnerungen und ihren Wert für die Bewahrung und Aufwertung der spezifischen kulturellen Identitäten berücksichtigt, hat die Provinz Rimini - zusätzlich und als Verstärkung zu den von der zuständigen Oberintendantur und der Diözese durchgeführten Maßnahmen - eine ganze Reihe von Restaurierungen an Kunstwerken finanziert, die sich in den Kirchen des Gebietes befinden, wobei sie sich besonders um die kleineren Orte bemüht hat.

39 Bibliographie > Wer mehr wissen möchte...

A. Emiliani P. G. Pasini Chiesa città campagna La pittura del Seicento Rapporto della Soprintendenza nella Romagna meridionale per i Beni Artistici e Storici, e nel Montefeltro, n. 27, Alfa ed., Bologna 1981 in La pittura in Emilia e in Romagna. Il Seicento Autori vari Nuova alfa ed., Bologna 1992 Figura Culto e Cultura, i dipinti votivi della diocesi di Rimini P. G. Pasini Coop. Supergruppo ed., Arte in Valconca, I-II Ravenna 1981 Silvana ed., Milano 1996-1997

Autori vari Autori vari Natura e cultura Medioevo fantastico nella Valle del Conca e cortese. Arte a Rimini Biblioteca Comunale fra e Signoria di Cattolica e Cassa a cura di P. G. Pasini, di Risparmio di Rimini, Musei Comunali, Rimini 1998 Rimini 1982 P. G. Pasini C. Curradi Testimonianze d’arte Pievi del territorio riminese fra XIV e XIX secolo, fino al Mille in Il Montefeltro, 2, Luisè ed., Rimini 1984 Ambiente, storia, arte nell’alta Valmarecchia Autori vari Pesaro 1999 Arte e santuari in Emilia Romagna P. G. Pasini Silvana ed., Milano 1987 Arte e storia della Chiesa riminese P. G. Pasini Skira ed., Milano 1999 Guida per Rimini Maggioli ed., Rimini 1989 E. Brigliadori, A. Pasquini Religiosità in Valconca Autori vari Silvana ed., Milano 2000 Storia illustrata di Rimini, I-IV Nuova Editoriale Aiep, Milano 1990

40 Provincia di Rimini Assessorato alla Cultura I - 47900 Rimini, piazza Malatesta 28 [email protected] Assessorato al Turismo tel. 0541 716371 - fax 0541 783808 www.turismo.provincia.rimini.it

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