Diplomarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

einer Magistra der Rechtswissenschaften

an der Karl-Franzens-Universität Graz

Das Verbotsgesetz - Die rechtspolitische Dimension eines viel diskutierten Verfassungsgesetzes

Vorgelegt von

Hannah MAUTNER

Beurteiler: O.Univ.-Prof. DDr. phil. et iur. Peter KOLLER

am Institut für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik

Graz, 2015

Inhalt

I. Einleitung ...... 1 II. Dogmatische Grundlagen ...... 2 1. Verbotsgesetz ...... 2 1.1. Geschichte ...... 2 1.2. Novelle 1992 ...... 5 1.3. Inhalt ...... 7 1.4. Abgrenzungen ...... 21 2. Meinungsfreiheit ...... 23 2.1. Geschichte ...... 23 2.2. Art 13 StGG ...... 25 2.3. Art 10 EMRK ...... 26 2.4. Schranken der Meinungsfreiheit ...... 27 3. Verhältnis Verbotsgesetz und Meinungsfreiheit ...... 28 III. Rechtspolitische Dimension ...... 31 4. Begriffsabgrenzungen...... 32 4.1. Rechtsextremismus ...... 32 4.2. Neonazismus ...... 33 4.3. Antisemitismus ...... 34 4.4. Rassismus ...... 35 4.5. „Revisionismus“ ...... 35 5. Relevanz und Akzeptanz in der Phase der Entnazifizierung ...... 36 6. Relevanz und Debatte nach Beendigung der Entnazifizierung ...... 42 7. Rechtsextremismus, Neonazismus und Antisemitismus heute ...... 46 8. Streitbare Demokratie und Verbotsgesetz ...... 51 8.1. Begriffsentstehung und Debatte ...... 51 8.2. Rechtslage ...... 54 8.3. Antinationalsozialistisches Grundprinzip oder antinationalsozialistischer Grundkonsens? 55 9. Kontroverse Fragestellungen ...... 58 9.1. Meinungsfreiheit ...... 58 9.2. Strafausmaß...... 58 9.3. Zuständigkeit ...... 60 10. Aktuelle gesellschaftspolitische Debatte...... 61 10.1. Politische Parteien ...... 62 10.2. Zivilgesellschaft...... 65 10.3. Nebenthemen ...... 76 11. Schlusswort ...... 77 12. Abkürzungsverzeichnis ...... 79 13. Literaturverzeichnis ...... 80 13.1. Literatur ...... 80 13.2. Onlinequellen ...... 90 13.3. Forenbeiträge ...... 91 13.4. Rechtsquellen und Gesetzesmaterialen ...... 93 13.5. Entscheidungen ...... 94

I. Einleitung

Im Mai 1945, unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa, entstand in Österreich in Reaktion auf den historisch einmaligen nationalsozialistischen Genozid ein Verfassungsgesetz, das mit der verbrecherischen Ideologie für immer brechen sollte – das Verbotsgesetz. Durch die Bestimmungen zur Entnazifizierung sowie zu Verboten verschiedenster Formen der Wiederbetätigung sollte sich die Zweite Republik klar von nationalsozialistischem Gedankengut distanzieren und ein Wiedererstarken der Ideologie verhindern. Nach anfänglich noch weitgehender Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung begann schon in den ersten Jahren nach Kriegsende eine kritische Debatte über das Verbotsgesetz. Damals bezog sich diese jedoch noch primär auf die Bestimmungen zur Entnazifizierung, da Neonazismus noch keine relevante gesellschaftliche Größe darstellte. Erst als die Diskussion nach Abschluss der Entnazifizierung, vor allem rund um das Jahr 1990, erneut aufflammte, gewannen die Bestimmungen zur Wiederbetätigung an Medienpräsenz. Während die Debatte zu jener Zeit noch weitgehend die Frage betraf, wie das Verbotsgesetz effektiver gestaltet werden könnte, fokussiert sie aktuell – vor allem seit der Verhaftung des britischen Shoa-Leugners im Jahr 2005 – verstärkt auf die Relevanz der Strafbestimmungen und damit auf die Frage nach einer Abschaffung des Gesetzes. Vor allem das Spannungsverhältnis des Verbotes der Leugnung, gröblichen Verharmlosung, des Gutheißens und Rechtfertigens zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit führt zunehmend zu Kritik am Verbotsgesetz.

Zwar war das Verbotsgesetz bereits wiederholt Thema verschiedenster juristischer Publikationen, doch scheinen sich diese primär auf straf- oder verfassungsrechtliche Problemstellungen zu konzentrieren. Angesichts der in den letzten Jahren – teils recht emotional, teils sehr sachlich – geführten gesellschaftspolitischen Diskussion, soll die vorliegende Arbeit die rechtspolitischen Hintergründe sowohl der Entstehung als auch und vor allem der Aufrechterhaltung des Verbotsgesetzes untersuchen. Argumente für die Abschaffung sollen genauso wie jene für die Beibehaltung der Strafbestimmungen und nach wissenschaftlichen Kriterien zusammengetragen und gegenübergestellt werden. Dabei finden sowohl die parteipolitische als auch die zivilgesellschaftliche Debatte in verschiedenen Medien und Online-Foren in die Analyse Eingang. Um ein besseres Verständnis der Leserin beziehungsweise des Lesers für die Inhalte der Debatte zu ermöglichen, wird der Behandlung der rechtspolitischen Dimension des Verbotsgesetzes eine Erläuterung seiner dogmatischen Grundlagen, inklusive seines Spannungsverhältnisses zum Recht auf Meinungsfreiheit, vorangestellt.

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II. Dogmatische Grundlagen

1. Verbotsgesetz

1.1. Geschichte

Mit der militärischen Niederlage des Deutschen Reiches brach das nationalsozialistische Regime zusammen. Die Siegermächte sahen sich mit der Aufgabe konfrontiert, die ehemalige Führungselite zu entmachten und die Identifikation von großen Teilen der österreichischen Bevölkerung mit der nationalsozialistischen Ideologie zu beenden. Bereits aus der ersten Regierungserklärung vom 27. April 1945 geht hervor, dass die Maßnahmen im Besonderen die schwerer belasteten Nationalsozialisten – diejenigen, die „aus Verachtung der Demokratie und der demokratischen Freiheiten ein Regime der Gewalttätigung, des Spitzeltums, der Verfolgung und Unterdrückung über unserem Volke aufgerichtet und erhalten […] haben“ – betreffen sollten. Jene hingegen, die sich weniger aufgrund ideologischer Überzeugung, als vielmehr aufgrund von „Willensschwäche“ oder aufgrund (zwingender) Notwendigkeiten als Mitläufer schuldig gemacht haben, sollten rehabilitiert werden.1

Durch Art III Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 19452 wurde die Provisorische Staatsregierung, bestehend aus der Sozialistischen Partei Österreichs, der Österreichischen Volkspartei und der Kommunistischen Partei Österreichs, eingesetzt und mit der vollen Gesetzgebungs- und Vollzugsgewalt betraut. Im Rahmen dieser Kompetenz schuf sie relativ rasch nach ihrer Konstituierung zwei Gesetze: das Verbotsgesetz3 (Verfassungsgesetz vom 08. Mai 1945 über das Verbot der NSDAP) und das Kriegsverbrechergesetz4 (Verfassungsgesetz vom 26. Juni 1945 über Kriegsverbrechen und andere nationalsozialistische Untaten). Beide wurden in den Verfassungsrang gehoben, um eine Abänderung oder Aufhebung in Zukunft zu erschweren.5 Zunächst wurde bezüglich des Verbotsgesetzes ein Entwurf diskutiert, der die Bezeichnung „Vergeltungsgesetz“ enthielt. Diese wurde jedoch verworfen, da sie nicht dem Inhalt des Gesetzes entspräche.6

1 Vgl. Ludwig Heller/ Edwin Loebenstein/ Leopold Werner: Das Nationalsozialistengesetz Das Verbotsgesetz 1947. Die damit zusammenhängenden Spezialgesetze. Wien 1947, S. I/5. 2 Unabhängigkeitserklärung StGBl 1945/2. 3 Verbotsgesetz StGBl 1945/18. 4 Kriegsverbrechergesetz StGBl 1945/32. 5 Vgl. Theodor Veiter: Gesetz als Unrecht. Die österreichische Nationalsozialistengesetzgebung. Wien 1949, S. 11. 6 Vgl. Gernot Hasiba: Das NS-Verbotsgesetz im Spannungsfeld von Rechtsakzeptanz und Rechtsstaatlichkeit. In: Kurt Ebert (Hg.): Festschrift zum 80. Geburtstag von Hermann Baltl. Wien 1998, S. 165-180, hier S. 166. 2

Das Kriegsverbrechergesetz sollte als dem Strafrecht angehörendes Sondergesetz die schweren Rechtsbrüche, zu denen es während des Zweiten Weltkrieges gekommen war, einer Bestrafung unterstellen.7 Als zu bestrafender Kriegsverbrecher wurde etwa jemand eingestuft, der „vorsätzlich eine Tat begangen oder veranlaßt hat, die den natürlichen Anforderungen der Menschlichkeit und den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts oder des Kriegsrechts widerspricht“ (§ 1 Abs 1). Außerdem als Kriegsverbrecher in diesem Sinne galten nach § 1 Abs 6 Kriegsverbrechergesetz Führungspersönlichkeiten der Reichsregierung, der NSDAP sowie der SS (§ 1 Abs 6), da mit diesen Positionen eine Ausübung von Kriegsverbrechen vermutet wurde8. Die Bestrafung für Kriegsverbrecher betrug, je nach Schwere der Folgen ihrer Tat, zehn bis 20 Jahre schwerer Kerker, lebenslanger schwerer Kerker bis hin zur Todesstrafe (§ 1 Abs 4).

Das Verbotsgesetz aus 1945 löste zunächst die NSDAP und ihre Wehrverbände sowie „alle nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen überhaupt“ auf und verbot ihre Neubildung (Art I § 1). Die anschließenden Bestimmungen betrafen die Registrierungspflicht der Nationalsozialisten, nach der ehemalige Angehörige der NSDAP und ihrer Wehrverbände in besonderen Listen verzeichnet wurden, die Bestrafung „Illegaler“, schwerer belasteter Nationalsozialisten und Förderer und „Sonstiges“, wie etwa die Möglichkeit von Zwangsarbeit. Für die Aburteilung der nach dem Verbotsgesetz für strafbar erklärten Handlungen waren die Volksgerichte zuständig (Art V § 24). Abschließend wurde festgelegt, dass in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen zulässig seien (Art VI § 27). Ob diese Ausnahmeregelung dazu diente, unbillige Härten zu vermeiden oder mehr dazu, führende Persönlichkeiten aus der provisorischen Regierung und den politischen Parteien zu schützen, war in der Zeit nach Erlass der Gesetze unter Rechtswissenschaftlern umstritten.9 In der praktischen Anwendung war das Verbotsgesetz 1945 dann jedoch mit zwei wesentlichen Problemen konfrontiert: Erstens strebte eine enorme Anzahl an registrierungspflichtigen Personen Gnadengesuche an, was zu einer heillosen Überforderung des Verwaltungsapparates führte. Zweitens war das Verbotsgesetz zunächst nicht im gesamten Bundesgebiet Österreichs in Geltung.10

Schon damals war die rechtspolitische Legitimation des Verbotsgesetzes unter Rechtswissenschaftlern nicht gänzlich unumstritten. Der deutsch-österreichische Völkerrechtler Theodor Veiter etwa betont in seiner 1949 erschienen Publikation „Gesetz als Unrecht: Die

7 Vgl. Heller/ Loebenstein/ Werner: Nationalsozialistengesetz, S. I/6. 8 Vgl. Dieter Stiefel: Nazifizierung plus Entnazifizierung = Null? Bemerkungen zur besonderen Problematik der Entnazifizierung in Österreich. In: Sebastian Meissl/ Klaus-Dieter Mulley/ Oliver Rathkolb (Hg.): Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne. Entnazifizierung in Österreich 1945-1955. Wien 1986, S. 28-36, hier S. 32. 9 Siehe Heller/ Loebenstein/ Werner: Nationalsozialistengesetz, S. I/9 sowie Veiter: Gesetz als Unrecht, S. 10. 10 Vgl. Heller/ Loebenstein/ Werner: Nationalsozialistengesetz, S. I/9. 3

österreichische Nationalsozialistengesetzgebung“, das Verbotsgesetz habe einen starken Vergeltungscharakter. Er spricht von einer „Zweiteilung in Vollbürger und in Staatsbürger oder Staatsangehörige minderen Rechtes (ehemalige Mitglieder der NSDAP)“. Er vergleicht sogar die damalige Gesetzgebung zum Umgang mit der Nationalsozialismusproblematik mit der Gesetzgebung des Dritten Reichs, die zwischen Reichsbürgern und Reichsangehörigen minderen Rechtes (v.a. Juden) unterschied.11

Am 06. Februar 1947 verabschiedete der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz vom 06. Februar 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten (Nationalsozialistengesetz) 12. Dieses beinhaltet zunächst eine novellierte Fassung des Verbotsgesetzes sowie auch Novellierungen zahlreicher Gesetze, die im Anschluss an das Verbotsgesetz erlassen worden waren, um sich ebenfalls der Befreiung von der nationalsozialistischen Ideologie anzunehmen – darunter auch das Kriegsverbrechergesetz. Der bisherige § 3 Abs 2 Verbotsgesetz wurde durch die §§ 3a bis 3g ersetzt, die überwiegend den heutigen §§ 3a bis 3g und 3i entsprachen, während § 3i dem heutigen § 3g Abs 2 Verbotsgesetz entsprach.13

Am 21. April 1948 wurde das Bundesverfassungsgesetz über die vorzeitige Beendigung der im Nationalsozialistengesetz vorgesehenen Sühnefolgen für minderbelastete Personen14 beschlossen. Etwa 482.000 minderbelasteten Personen wurde durch dieses Gesetz Amnestie gewährt, um die gesellschaftliche und politische Situation in Österreich zu stabilisieren.15

1955 wurden schließlich auch die Volksgerichte durch das Bundesgesetz über die Aufhebung der Volksgerichte und Ahndung der bisher diesen Gerichten zur Aburteilung zugewiesenen Verbrechen abgeschafft. Für die Aburteilung von durch das Verbotsgesetz 1947 sowie das Kriegsverbrechergesetz 1947 unter Strafe gestellten Verbrechen wurden die ordentlichen Gerichte für zuständig erklärt.16 Die Tatbestände des Art I wurden der Geschworenengerichtsbarkeit zugewiesen.17

11 Vgl. Veiter: Gesetz als Unrecht, S. 10f. 12 Nationalsozialistengesetz BGBl 1947/25. 13 Vgl. Alois Birklbauer/ Benjamin Kneihs: Art I Verbotsgesetz. In: Benjamin Kneihs/ Georg Lienbacher (Hg.): Rill- Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht. Wien 2014, S. 9. 14 Bundesverfassungsgesetz vom 21. April 1948 über die vorzeitige Beendigung der im Nationalsozialistengesetz vorgesehenen Sühnefolgen für minderbelastete Personen BGBl 1948/99. 15 Vgl. Josef Dick: Rechtliche Rahmenbedingungen für die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich. Unveröff. Diss., Graz 2007, S. 45. 16 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1955 über die Aufhebung der Volkgerichte und die Ahndung der bisher diesen Gerichten zur Aburteilung zugewiesenen Verbrechen BGBl. 1955/285. 17 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 10. 4

Im Rahmen der B-VG Novelle 1968 wurde die Todesstrafe für Österreich im Allgemeinen abgeschafft.18 Durch das im selben Jahr ergangene Strafrechtsänderungsgesetz19 wurde dies auch strafrechtlich und mit eigener Verfassungsbestimmung für das Verbotsgesetz bestätigt. Die Todesstrafe wurde durch lebenslangen schweren Kerker ersetzt.20

1.2. Novelle 1992

Eine Tagung am 15. Mai 1990 zum Thema „Justiz und nationalsozialistische Wiederbetätigung“, an der neben Fachexperten auch Abgeordnete und Vertreter der Bundesministerien für Justiz, Inneres und Unterricht teilnahmen, markierte den Auftakt für eine Diskussion rund um das Verbotsgesetz, mit dem Ziel, neonazistischen Strömungen effektiver Einhalt gebieten zu können.21

Die SPÖ plädierte damals für eine Änderung des § 283 Abs 2 StGB („Verhetzung“) und die Aufnahme einer neuen Bestimmung in das StGB – ein § 238a mit der Überschrift „Leugnung und Rechtfertigung von nationalsozialistischen Verbrechen“ sollte eingefügt werden. Ziel der Novellierung des „Verhetzungsparagraphen“ sollte sein, dass vermehrt auf die Wirkung der Äußerungen und des Agierens des Täters auf die Öffentlichkeit abgestellt wird und weniger auf die rein subjektive Tatseite. § 283 StGB sollte also vom Absichtsdelikt zum abstrakten Gefährdungsdelikt umgestaltet werden.22 Beim einzufügenden § 283a StGB sollte es sich um kein rein politisches Delikt handeln, sodass nicht ausschließlich Geschworenengerichte dafür zuständig sein würden. Im entsprechenden Initiativantrag der SPÖ-Abgeordneten Fuhrmann und Schranz wird dies damit argumentiert, dass Geschworene bei politischen Prozessen zu Freisprüchen neigen würden und diese Tendenz beim Verbotsgesetz aufgrund der hohen Strafsätze besonders stark ausgeprägt sei. Eine Senkung der Strafrahmen wird explizit abgelehnt – dies könne dahingehend missverstanden werden, dass der aktuelle Gesetzgeber den antifaschistischen Grundkonsens der Republik Österreich in Frage stellt.23

Die ÖVP hingegen trat für eine Novellierung des Verbotsgesetzes selbst sowie die Einfügung eines leichter handhabbaren Verwaltungsstraftatbestandes gegen die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut im EGVG ein. Wann immer ein Verfahren nach dem

18 Bundesverfassungsgesetz vom 7. Feber 1968, mit dem Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 über Ausnahmegerichte und über die Todesstrafe geändert werden BGBl 1968/73. 19 Strafrechtsänderungsgesetz BGBl 1968/74. 20 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 10f. 21 Vgl. Hasiba: NS-Verbotsgesetz, S. 177f. 22 IA 139/A 18. GP Erläut 3-4. 23 IA 139/A 18. GP Erläut 4-5. 5

Verbotsgesetz ohne Schuldspruch endet, sollte nach dem Initiativantrag der ÖVP-Abgeordneten Graff und Kollegen noch geprüft werden, ob eine Verwaltungsstrafe nach EGVG zu verhängen ist. Mit dem Argument, die hohen Strafsätze würden eine Hemmschwelle für die Geschworenen bedeuten, wurde eine Herabsetzung der Untergrenze des Strafmaßes gefordert. Mit Hinweis auf die Vermeidung des Eindruckes, man würde nationalsozialistische Wiederbetätigung bagatellisieren wollen, sei auf eine Herabsetzung der Höchstgrenzen hingegen zu verzichten. Ein neuer, eigener Straftatbestand zur sogenannten „Auschwitz-Lüge“ wurde von Seiten der ÖVP abgelehnt, da diese nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits ausreichend durch § 3 g Verbotsgesetz pönalisiert sei.24

Im Endeffekt kam es zu einem Kompromiss in Form einer Novellierung des Verbotsgesetzes. Für die §§ 3a, 3e Abs 1 und 3f wurde die Strafdrohung der lebenslangen Freiheitsstrafe mit einer von zehn bis zwanzig Jahre ersetzt – es sei denn, es liegt besondere Gefährlichkeit des Täters vor. Für die §§ 3b und 3d wurde statt der Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren eine von fünf bis zehn Jahren eingeführt, nur bei besonderer Gefährlichkeit des Täters bis zwanzig Jahre. Die beiden ursprünglichen Absätze von § 3g wurden aufgeteilt in § 3g sowie § 3j und beide erhielten eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren.25 Eine explizite Pönalisierung der sogenannten „Auschwitz-Lüge“ erfolgte durch die Einfügung von § 3h:

„Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

In den Materialen zur Verbotsgesetznovelle 1992 wird festgehalten, dass

„qualifiziert öffentliche Äußerungen, welche die NS-Gewaltverbrechen leugnen, gröblich verharmlosen, gutheißen oder zu rechtfertigen suchen, das Zusammenleben in der Gesellschaft – in der ja heute noch Überlebende der NS-Verbrechen und Angehörige ihrer Opfer leben – in einem solchen Maß beeinträchtigen, daß eine strafrechtliche Reaktion geboten ist.“ 26

24 AB 387 BlgNR 18. GP 2-3. 25 Verbotsgesetz-Novelle 1992 BGBl 1992/148. 26 AB 387 BlgNR 18. GP 4. 6

Durch die Aufnahme dieses Tatbestandes sollte auch klargestellt werden, dass es sich bei der Shoa und den anderen nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit um offenkundige historische Tatsachen handelt, bezüglich derer keine Beweiserörterung erforderlich ist.27 Nachdem der Bundesrat nach neuerlicher intensiver Diskussion entschied, keinen Einspruch zu erheben, konnte die Verbotsgesetznovelle 1992 in Kraft treten.28

1.3. Inhalt

1.3.1. Allgemeines

Das Verbotsgesetz enthält in Art I die für die „Wiederbetätigung“ relevanten Tatbestände, während die Art II bis VI die heute überwiegend nicht mehr relevante „Entnazifizierung“ behandeln. Angesichts der Tatsache, dass der Gegenstand der aktuellen rechtspolitischen Diskussion praktisch ausschließlich in den Bestimmungen zur „Wiederbetätigung“ besteht, wird hier ausschließlich Art I mit seinen §§ 1 bis 3j behandelt.29

Bei dem zur Gänze in Verfassungsrang befindlichen Verbotsgesetz handelt es sich um gerichtliches Nebenstrafrecht. Bereits zuvor war die Anwendung des Allgemeinen Teils des StGB – abgesehen von Sonderbestimmungen im Verbotsgesetz – unumstritten, doch durch das Strafrechtsanpassungsgesetz 197430 wurde diese Praxis explizit gesetzlich festgeschrieben. Bei sämtlichen Straftatbeständen des Gesetzes handelt es sich um Vorsatztaten im Sinne des § 7 Abs 1 StGB31. Bei diversen Bestimmungen sind außerdem normative Tatbestandsmerkmale enthalten, auf die sich der Vorsatz erstrecken muss. Bei § 3 g Verbotsgesetz etwa muss das normative Tatbestandsmerkmal „im nationalsozialistischen Sinn“ vom Vorsatz miterfasst sein, um Strafbarkeit auszulösen. Eine laienhafte Beurteilung durch den Täter ist dafür ausreichend – er muss keine juristische Subsumtion vorgenommen haben. Bei einer Glorifizierung der Person Adolf Hitlers etwa wird es der Täter in der Regel zumindest ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass seine Handlung von einem nationalsozialistischen Gedankengut getragen ist (bedingter Vorsatz nach § 5 Abs 1 letzter Satz StGB).32 Es ist für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich, dass der Täter die Ideologie des Nationalsozialismus in ihrer Gesamtheit gutheißt – es genügt eine unsachliche, propagandistische

27 AB 387 BlgNR 18. GP 4. 28 Verbotsgesetz-Novelle 1992 BGBl 1992/148. 29 Verbotsgesetz 1947 StGBl 1945/13 idF BGBl 1992/148. 30 Strafrechtsanpassungsgesetz BGBl 1974/422. 31 StGB BGBl 1974/60 idF BGBl I 2013/134. 32 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 25f. 7

Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen.33 Außerdem kann neben einer Einzelhandlung, die für sich allein bereits eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn darstellt, auch ein komplexes Handeln, dessen Teilakte für sich genommen noch nicht dem Verbotsgesetz unterfallen würden, sich zu einer nationalsozialistischen Betätigung kumulieren.34 Auch eine Kenntnis der Verbotsgesetz-Norm ist nicht vorausgesetzt. Ein laienhaftes, allgemeines Wissen um das Verbotensein des eigenen Handelns ist ausreichend35, wobei der Oberste Gerichtshof davon ausgeht, dass das Verbot nationalsozialistischer Betätigung grundsätzlich jedem erwachsenen Österreicher bekannt ist36.

1.3.2. § 1 VerbotsG: Verbot der NSDAP

„Die NSDAP, ihre Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK), ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände sowie alle nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen überhaupt sind aufgelöst; ihre Neubildung ist verboten. Ihr Vermögen ist der Republik verfallen.“

Die Abkürzung NSDAP meint die 1919 gegründete Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, die in der Endphase der Weimarer Republik eine stark dominierende politische Kraft und im „Dritten Reich“ die Staatspartei darstellte. Das Parteiprogramm wurde von Adolf Hitler und Anton Drexler formuliert und enthielt 25 militärische, soziale und politische Punkte, die auf der Grundlage des Nationalsozialismus und des Antisemitismus aufgebaut waren.37 SS diente als Abkürzung für die , die Leibgarde Hitlers, die Polizeitruppe der NSDAP und später die Elitegarde des nationalsozialistischen Regimes. Sie unterstand unmittelbar Hitlers Befehl.38 SA bezeichnet die , eine paramilitärische Organisation der NSDAP, die als wichtigstes Instrument bei Erlangung und Festigung der innenpolitischen Macht diente.39 Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) war der dritte Wehrverband der NSDAP nach SS und SA. Er diente primär mobilen Einsätzen zur Verbreitung des nationalsozialistischen Gedankenguts und der Wahlpropaganda.40

33 RIS-Justiz RS0080029. 34 OGH 19.01.1989, 12 Os 127/88. 35 OGH 28.06.1995, 13 Os 62/95; OGH 04.06.1996, 11 Os 5/96. 36 OGH 28.06.1995, 13 Os 62/95; OGH 21.04.1997, 10 Bkd 5/96. 37 Vgl. David Bankier: NSDAP. In: Israel Gutmann (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Band II. München/ Zürich 1995, S. 1049-1050, hier S. 1049. 38 Vgl. Shlomo Aronson: SS. In: Israel Gutmann (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Band III. München/ Zürich 1995, S. 1363-1366, hier S. 1363. 39 Vgl. ders.: SA. In: Israel Gutmann (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Band III. München/ Zürich 1995, S. 1267. 40 Vgl. Franz Seidler: Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps und die Organisation Todt im Zweiten Weltkrieg. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 32 (1984) 4, S. 625-636, hier S. 625. 8

Das Nationalsozialistische Fliegerkorps (NSFK) wurde 1937 anstelle des aufgelösten Deutschen Luftsportverbandes gegründet. Der Hauptzweck der Organisation lag darin, Interesse und Entwicklung von Luftsport zu fördern, um im Hinblick auf die spätere Ausbildung zu Kampfpiloten Begeisterung für die Luftfahrt innerhalb der Jugend zu wecken.41

In der Gegenwart kann allenfalls die Neubildung jener Organisationen und Einrichtungen relevant sein. Das Verbot wirkt ex constitutione und muss von allen Behörden und Gerichten wahrgenommen werden. Doch lediglich der heute in der Praxis kaum vorkommende Versuch, die genannten Organisationen, die durch das Verbotsgesetz aufgelöst wurden, wieder zu errichten, kann gegen § 1 Verbotsgesetz verstoßen. Die originäre Bildung einer (neuen) nationalsozialistischen Organisation oder Einrichtung unterfällt hingegen § 3 Verbotsgesetz.42

1.3.3. § 2 VerbotsG: Mandatsverlust

„Mandate der Mitglieder von Gebietskörperschaften oder Berufsvertretungen, die unmittelbar oder mittelbar auf Grund von Vorschlägen der NSDAP, der in § 1 genannten Organisationen und Einrichtungen oder ihrer Mitglieder erlangt worden sind, sind erloschen.“

Der Verlust der Mandate erfolgte unmittelbar aufgrund des Verbotsgesetzes. Da § 2 Verbotsgesetz kein Verbot der Neubestellung oder Wiederwahl enthält, kann sein Anwendungsbereich sachlich und zeitlich nicht über den bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes unmittelbar bewirkten Mandatsverlust hinausgehen und ist somit heute nicht mehr von praktischer Relevanz.43

1.3.4. § 3 VerbotsG: Wiederbetätigung

„Es ist jedermann untersagt, sich, sei es auch außerhalb dieser Organisationen, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen.“

Bei § 3 der aktuellen Fassung des Verbotsgesetzes handelt es sich um keine Strafbestimmung. Verstöße gegen das Verbot werden vielmehr von den folgenden §§ 3a ff Verbotsgesetz unter Strafe gestellt. Bei diesen handelt es sich allerdings um eigenständige Straftatbestände, die ohne einen Verweis auf § 3 Verbotsgesetz auskommen. Trotzdem ist die Bestimmung nicht rechtlich völlig

41 Vgl. Jean-Denis Lepage: An Illustrated Dictionary of the Third Reich. North Carolina 2014, S. 117f. 42 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 31. 43 Vgl. ebd., S. 32. 9 irrelevant. Alois Birklbauer und Benjamin Kneihs vertreten in ihrem Beitrag des Rill-Schäffer- Kommentars Bundesverfassungsrecht die Ansicht, § 3 dürfe nicht mit den §§ 3a ff, sondern müsse vielmehr im Zusammenhang mit den §§ 1 und 2 Verbotsgesetz gelesen werden.44 Die Bedeutung liege darin, dass „jede Behörde in ihrem Wirkungsbereich die Tatbestandsmäßigkeit eines von ihr zu würdigenden Verhaltens als Vorfrage wahrzunehmen“ 45 habe. Allerdings kann aus § 3 Verbotsgesetz keine eigenständige Handlungsermächtigung abgeleitet werden – eine solche muss sich stets aus den einschlägigen Gesetzen ergeben.46 Beispielsweise darf und muss die Vereinsbehörde gem. § 3 Verbotsgesetz iVm §§ 12, 29 Vereinsgesetz nationalsozialistische Vereine untersagen beziehungsweise auflösen. Außerdem sind im Hinblick auf § 3 Verbotsgesetz Vereinbarungen, die die Betätigung für die NSDAP oder ihre Ziele zum Inhalt haben, nach § 879 ABGB absolut nichtig.47 Was genau unter den Zielen der NSDAP zu verstehen ist, kann sowohl dem Parteiprogramm als auch der aktiven Politik der Partei zur Zeit ihres Wirkens entnommen werden. Eine weitere nicht unwesentliche Bedeutung, die Birklbauer und Kneihs der Bestimmung zumessen, liege darin, dass einfachgesetzliche Beschränkungen der Meinungsfreiheit wie etwa Art III Abs 1 Z 4 EGVG in ihr verfassungsrechtliche Deckung finden können.48

1.3.5. § 3a VerbotsG: Partei- und Verbandsverbote

„Mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe wird bestraft: 1. wer versucht, eine gesetzlich aufgelöste nationalsozialistische Organisation aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen oder mit einer solchen Organisation oder einer in ihrem Namen handelnden Person in Verbindung zu treten; als nationalsozialistische Organisationen (§ 1) gelten: die NSDAP, die SS, die SA, das NSKK, das NSFK, der NS- Soldatenring, der NS-Offiziersbund, alle sonstigen Gliederungen der NSDAP und die angeschlossenen Verbände sowie jede andere nationalsozialistische Organisation; 2. wer eine Verbindung gründet, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbstständigkeit der Republik Österreich zu untergraben oder die öffentliche Ruhe und den Wiederaufbau Österreichs zu stören, oder wer sich in einer Verbindung dieser Art führend betätigt;

44 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 32f. 45 Kolonovits zit. n. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 33. 46 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 34. 47 Vgl. Kolonovits zit. n. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 34. 48 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 35. 10

3. wer den Ausbau einer der in Z 1 und der Z 2 bezeichneten Organisationen und Verbindungen durch Anwerbung von Mitgliedern, Bereitstellung von Geldmitteln oder in ähnlicher Weise fördert, die Mitglieder einer solchen Organisation oder Verbindung mit Kampfmitteln, Verkehrsmitteln oder Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung ausrüstet oder in ähnlicher Weise die Tätigkeit einer solchen Organisation oder Verbindung ermöglicht oder unterstützt; 4. wer für eine solche Organisation oder Verbindung Kampfmittel, Verkehrsmittel oder Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung herstellt, sich verschafft oder bereit hält.“

Durch Z 1 wird die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung einer der durch das Verbotsgesetz aufgelösten Organisationen und Einrichtungen unter Strafe gestellt. Dass für die Begehung ein „spezifischer nationalsozialistischer Vorsatz“ erforderlich ist, geht aus der Bestimmung nicht explizit hervor, ist jedoch nach Ansicht der Lehre evident. Die in § 3a Z 1 Verbotsgesetz festgeschriebene Strafbarkeit eines „Versuchs“ – der laut Birklbauer und Kneihs nicht deckungsgleich ist mit dem Versuch im technischen, strafrechtsdogmatischen Sinne nach § 15 StGB – liegt darin begründet, dass angesichts des umfassenden Verbots in § 1 Verbotsgesetz die tatsächliche Existenz einer nationalsozialistischen Organisation kaum denkbar ist.49 Der Eingriff von § 3a Z 1 Verbotsgesetz in die Vereinsfreiheit lässt sich über den Ausgestaltungsvorbehalt des Art 11 Abs 2 EMRK50 legitimieren: Die Einschränkung ist gesetzlich vorgesehen und angesichts der von den genannten Organisationen begangenen menschenunwürdigen Verbrechen wohl zweifellos in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und des Schutzes der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig.51

§ 3a Z 2 Verbotsgesetz untersagt hingegen die originäre Gründung einer neuen nationalsozialistischen Verbindung. Eine solche „Verbindung“ ist nach Ansicht des OGH nicht nach jener Bedeutung, die ihr nach allgemeiner Vorstellung zugeschrieben wird, zu interpretieren.52 Die „Verbindung“ im Sinne des § 3a Z 2 Verbotsgesetz ist nach der Auffassung des Sektionsleiters im BM für Justiz i.R., Christoph Mayerhofer, vielmehr deckungsgleich mit jener des § 246 StGB, der die Gründung einer „staatsfeindlichen Verbindung“ unter Strafe stellt. Es muss sich dabei um eine auf

49 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 36f. 50 EMRK BGBl 1958/210. 51 Für ähnliche Argumentation siehe auch Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 37f. 52 OGH 21.06.1994, 13 Os 4/94. 11

Dauer angelegte Gemeinschaft53, die aus einer größeren Zahl von Menschen (mindestens zehn Personen als Richtwert) besteht54, handeln. Eine schriftliche Regelung von Zielen und Organisationskriterien ist zwar nicht erforderlich55, doch muss eine gewisse Struktur des Zusammenschlusses gegeben sein56. Von einer „führenden Betätigung“ im Sinne des § 3a Z 2 Verbotsgesetz kann gesprochen werden, wenn der Täter „als Bereichsleiter, Gaubeauftragter oder Kameradschaftsführer Mitglieder anwirbt, Versammlungen abhält, Propagandamaterial ausarbeitet oder bereitstellt, Mitgliedbeiträge einnimmt und verwaltet […]“57 und Ähnliches. Die durch Z 2 geschützte Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich entsprechen beide dem Begriff der Souveränität, der sowohl die völkerrechtliche als auch die innerstaatliche Souveränität Österreichs einschließt.58 „Souverän (und damit unabhängig und selbständig) ist ein Staat somit dann, wenn er ausschließlich und allein dem Völkerrecht untersteht, volle Völkerrechtssubjektivität genießt und über das Schwergewicht der politischen Entscheidungsgewalt verfügt.“ 59 Das Tatbild des § 3a Z 2 Verbotsgesetz ist dann erfüllt, wenn die Beseitigung oder eine sonstige Gefährdung des Bestandes der innerstaatlichen oder völkerrechtlichen Souveränität der Republik Österreich angestrebt wird.60 Insbesondere das Anstreben eines neuerlichen „Anschlusses“ an Deutschland soll davon erfasst sein.61 Auch diese Strafbestimmung findet Deckung im Ausgestaltungsvorbehalt des Art 11 Abs 2 EMRK, da sie für die öffentliche Sicherheit und die Aufrechterhaltung der Ordnung erforderlich ist.62

Nach Z 3 strafbar ist derjenige, der den Ausbau einer der in Z 1 und 2 genannten Organisationen und Verbindungen unterstützt. Die demonstrative Aufzählung möglicher Unterstützungsmaßnahmen nennt etwa das Anwerben von Mitgliedern oder die Bereitstellung von Geldmitteln. Das Abstellen auf „Ähnlichkeit“ zu den genannten Beispielen schränkt jedoch den Kreis weiterer in den Tatbestand fallender Unterstützungshandlungen ein.63 Außerdem weist die Erforderlichkeit einer „Förderung“ der Organisation oder Verbindung darauf hin, dass bloß geringfügige Hilfeleistungen nicht erfasst

53 Vgl. Christoph Mayerhofer: Das österreichische Strafrecht. Dritter Teil (=Nebenstrafrecht 2. Halbband). Wien 2005, S. 1296 (FN 3) sowie Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 39. 54 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 38. 55 Vgl. Mayerhofer: Strafrecht, S. 1296 (FN 3). 56 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 39. 57 Vgl. Mayerhofer: Strafrecht, S. 1296f (FN 4). 58 OGH 21.06.1994, 13 Os 4/94. 59 OGH 21.06.1994, 13 Os 4/94. 60 OGH 21.06.1994, 13 Os 4/94. 61 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 39. 62 Für ähnliche Argumentation siehe ebd., S. 41. 63 Vgl. ebd., S. 42f. 12 sind. Eine „gewisse Massivität“ ist erforderlich.64 Konkret in Frage kommen daher etwa das Zurverfügungstellen eines Grundstückes für Treffen, das Bürgen für Kredite, das Zurverfügungstellen von Gasmasken oder Funkanlagen. Die Tathandlungen der Z 3 fallen grundsätzlich auch unter § 3b Verbotsgesetz, der jedoch eine ausdrückliche Subsidiaritätsanordnung enthält und daher hinter § 3a Z 3 Verbotsgesetz zurücktritt.65 Die Vereinsfreiheit wird von Z 3 gar nicht erst berührt, da nicht die Begründung einer Organisation oder Verbindung unter Strafe gestellt wird, sondern lediglich deren Unterstützung. Es handelt sich um einen bloß indirekten Nachteil, der nur dann einen Grundrechtseingriff darstellt, wenn das jeweils einzige Mittel der Grundrechtsausübung beeinträchtigt wird.66

§ 3a Z 4 Verbotsgesetz schließlich pönalisiert das sich Verschaffen, Bereithalten und Herstellen von Kampf- oder Verkehrsmitteln oder Einrichtungen für die Nachrichtenübermittlung für eine einschlägige Organisation oder Verbindung. Die Bestimmung unterscheidet sich von Z 3 insofern, als es sich nicht um eine unterstützende, sondern gewissermaßen um eigene vorbereitende Maßnahmen handelt. Unter „Verschaffen“ ist die Begründung von Gewahrsam, unter „Bereithalten“ die Aufrechterhaltung von Gewahrsam zu verstehen.67 In weiterer Abgrenzung zu Z 3 ist das Verschaffen, Bereithalten oder Herstellen der genannten Gegenstände für ein Mitglied der Organisation oder Verbindung nicht strafbar, sondern lediglich für die Organisation beziehungsweise Verbindung selbst. Bezüglich der Vereinsfreiheit kann auf die Ausführungen in Zusammenhang mit Z 3 verwiesen werden.68

1.3.6. § 3b VerbotsG: Teilnahme und Unterstützung

„Wer an einer Organisation oder Verbindung der in § 3a bezeichneten Art teilnimmt oder sie durch Geldzuwendungen oder in anderer Weise unterstützt, wird, wenn die Handlung nicht nach § 3a strafbar ist, mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bestraft.“

64 Vgl. Heinrich Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht, http://www.jku.at/kanonistik/content/e95782/e95785/e95786/e95794/e98693/Rechtsextremismus_und_Stra frecht.pdf (Zugriff: 26.07.2014). 65 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 42-44. 66 Vgl. ebd., S. 45. 67 Vgl. Lässig zit. n. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 45f. 68 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 46. 13

„§ 3b ist subsidiär zu § 3a“ 69 Verbotsgesetz. Die Bestimmung pönalisiert also – mit geringerer Strafdrohung – untergeordnete Formen der Teilnahme an und der Unterstützung von nationalsozialistischen Organisationen und Verbindungen.70 Im Gegensatz zu § 3a gibt es kein Mindestmaß der Teilnahme oder Unterstützung, um Strafbarkeit auszulösen.71 „Teilnehmen“ ist hier nicht im juristischen Sinne der Teilnahme auszulegen, sondern meint schlicht „Dazugehören“.72 Allerdings kann der Tatbestand des § 3b Verbotsgesetz nur derjenige erfüllen, der „die Verbindung in voller Überzeugung mitträgt oder unterstützt, nicht aber ein neugieriger Kiebitz“ 73. Musterbeispiel ist etwa die untergeordnete Mitgliedschaft, bei der Veranstaltungen besucht und Mitgliedsbeiträge geleistet werden.74 Die Unterstützung „in anderer Weise“ muss den Geldzuwendungen nicht (wie etwa bei § 3a Z 3 Verbotsgesetz) ähnlich sein. Es kommt beispielsweise auch Mundpropaganda und Werbung auf Webseiten oder sozialen Netzwerken in Betracht. Bezüglich der Problematik im Zusammenhang mit der Vereinsfreiheit ist auf bisherige Ausführungen zu verweisen.75

1.3.7. § 3c VerbotsG: Tätige Reue eigener Art

„Die Strafbarkeit der in den §§ 3a und 3b bezeichneten Handlungen erlischt, wenn der Schuldige aus eigenem Antrieb, ehe die Behörde sein Verschulden erfährt, alles, was ihm von der Organisation oder Verbindung und ihren Plänen bekannt ist, zu einer Zeit, da es noch geheim war und ein Schaden verhütet werden konnte, der Behörde entdeckt.“

Bei § 3c Verbotsgesetz handelt es sich um „tätige Reue eigener Art“ 76. Die Bestimmung unterscheidet sich jedoch relativ stark von der tätigen Reue bei Vermögensdelikten. Sie ist vielmehr einer Kronzeugenregelung ähnlich ausgestaltet.77

69 Mayerhofer: Strafrecht, S. 1298 (FN 4). 70 Vgl. Mayerhofer: Strafrecht, S. 1298 (FN 1). 71 Vgl. ebd., S. 1298 (Anm. 2). 72 Vgl. Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 73 Mayerhofer: Strafrecht, S. 1298 (FN 2). 74 Vgl. ebd., S. 1298 (Anm. 1). 75 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 47f. 76 Lässig zit. n. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 52. 77 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 52. 14

1.3.8. § 3d VerbotsG: Verbot von Aufforderung, Aneifern und Verleiten

„Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen zu einer der nach § 1 oder § 3 verbotenen Handlungen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, insbesondere zu diesem Zweck die Ziele der NSDAP, ihre Einrichtungen oder Maßnahmen verherrlicht oder anpreist, wird, sofern sich darin nicht eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bestraft.“

§ 3d Verbotsgesetz verbietet die öffentliche Aufforderung, das Aneifern und das Verleiten, also jede Art der öffentlichen Werbung für eine der nach § 1 oder § 3 verbotenen Handlungen.78 Die Definition des Erfordernisses der Öffentlichkeit richtet sich nach § 69 StGB, nach dem eine Handlung dann als öffentlich gilt, wenn sie unmittelbar von einem größeren Personenkreis wahrgenommen werden kann. Eine tatsächliche Wahrnehmung ist nicht erforderlich, es genügt konkrete Wahrnehmbarkeit. Für den größeren Personenkreis haben Rechtsprechung und Lehre einen Richtwert von etwa zehn Personen entwickelt.79 Mehrere Leute sind gemäß § 115 Abs 2 StGB mehr als zwei vom Täter verschiedene Personen.80 Täter im Sinne des § 3d Verbotsgesetz ist nicht nur der Verfasser beziehungsweise Zeichner der Aufforderung, sondern auch derjenige, der für deren Veröffentlichung verantwortlich ist. Bei Zurverfügungstellung von technischen Rahmenbedingungen kommt Beitragstäterschaft in Betracht.81 Beispiele für strafbare Handlungen im Sinne des § 3d Verbotsgesetz sind etwa das öffentliche Anbringen von Aufklebern mit Aufschriften wie „NSDAP AO“, „Kauft nicht bei Juden“ oder „Juden raus“82 oder etwa die öffentliche Forderung nach einer Neuerrichtung des Nationalsozialismus83.

78 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 56. 79 Vgl. Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 80 Zur Anwendung von § 115 Abs 2 StGB auf das Verbotsgesetz siehe Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 56 sowie Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 81 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 57f. 82 Vgl. Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 83 Vgl. Mayerhofer: Strafrecht, S. 1299 (Anm. 1). 15

1.3.9. § 3e VerbotsG: Komplott mit nationalsozialistischem Hintergrund

„(1) Wer die Begehung eines Mordes, eines Raubes, einer Brandlegung, eines Verbrechens nach §§ 85, 87 oder 89 des Strafgesetzes oder eines Verbrechens nach § 4 des Sprengstoffgesetzes als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn mit einem anderen verabredet, wird mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Nach Abs. (1) wird nicht bestraft, wer sich in eine Verabredung der dort bezeichneten Art eingelassen hat, in der Folge aber aus eigenem Antrieb, ehe die Behörde sein Verschulden erfährt, alles, was ihm von der Verabredung bekannt ist, der Behörde zu einer Zeit entdeckt, da es noch geheim war und das beabsichtigte Verbrechen verhütet werden konnte.“

Die genannten Paragraphen des alten StG entsprechen heute den §§ 126 (Schwere Sachbeschädigung), 173 (Vorsätzliche Gefährdung durch Sprengmittel), 176 (Vorsätzliche Gemeingefährdung) und 171 StGB (Vorsätzliche Gefährdung durch Kernenergie und ionisierende Strahlen).84 Es handelt sich bei § 3e Verbotsgesetz um ein Komplottdelikt.85 Der Strafsatz ist deutlich höher als bei dem vergleichbaren verbrecherischen Komplott des StGB. Mit dem Verabreden ist eine „ernsthafte Übereinkunft zwischen mindestens zwei Personen, daß eine in ihren wesentlichen Momenten (Deliktsart, Objekt) bestimmte Straftat begangen werde“86 gemeint. Im Verbotsgesetz ist nicht wie im StGB von der Verabredung einer „gemeinsamen Ausführung“, sondern lediglich von der „Begehung“ die Rede. Heinrich Gallhuber schließt daraus, dass es genügt, dass nur ein Täter die strafbare Handlung tatsächlich ausführen soll, während der andere etwa nur in der Planungsphase beteiligt ist.87

84 Vgl. Lässig zit. n. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 59. 85 Vgl. Mayerhofer: Strafrecht, S. 1299 (FN 1). 86 Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 87 Vgl. ebd. 16

1.3.10. § 3f VerbotsG: Straftaten mit nationalsozialistischem Hintergrund

„Wer einen Mord, einen Raub, eine Brandlegung, ein Verbrechen nach §§ 85, 87 oder 89 des Strafgesetzes oder ein Verbrechen nach § 4 des Sprengstoffgesetzes als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischem Sinn versucht oder vollbringt, wird mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.“

§ 3f Verbotsgesetz bestraft in Abgrenzung zu § 3e nicht die Verabredung zur Begehung einer der genannten Straftaten mit einem nationalsozialistischen Hintergrund, sondern deren Versuch oder Vollbringen. Das Tatbild erfüllen etwa Sprengstoffanschläge gegen Repräsentanten des Feindbildes des Nationalsozialismus, schwere Sachbeschädigungen durch Beschmieren von Gebäudeteilen mit Nazi- Parolen und Hakenkreuzen oder Raube zur Beschaffung finanzieller Ressourcen für Verbindungen, die sich im nationalsozialistischen Sinne betätigen.88

1.3.11. § 3g VerbotsG: Auffangtatbestand

„Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren bestraft.“

Zweck von § 3g Verbotsgesetz ist es nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes, „jedes Wiederaufleben nationalsozialistischer Aktivitäten schon im Keim zu ersticken“. Pönalisiert ist daher jegliches Verhalten, das einer abschließenden Regelung gar nicht zugänglich wäre, wenn es zumindest abstrakt geeignet ist, Ziele der NSDAP voranzutreiben.89 Die Verwendung des Begriffes „Betätigung“ weist darauf hin, dass nicht auf einen Erfolg abgestellt wird. Strafbarkeit nach § 3g Verbotsgesetz ist auch dann gegeben, wenn der gewünschte Erfolg nicht eintritt.90 Es handelt sich also nicht um ein Erfolgsdelikt, sondern vielmehr um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.91

88 Vgl. Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 89 RIS-Justiz RS0079776. 90 RIS-Justiz RS0079790; siehe dazu auch Mayerhofer: Strafrecht, S. 1301 (Anm. 8a). 91 RIS-Justiz RS0079825. 17

Dem Vorwurf der Unbestimmtheit begegnet der Oberste Gerichtshof, indem er argumentiert, die Bestimmung verbiete jede Betätigung im nationalsozialistischen Sinn, die nicht unter die Bestimmungen der §§ 3a bis 3f Verbotsgesetz fällt.92 Wichtig ist nur, dass die Handlungen des Täters – wenn auch nicht ausdrücklich – einen inneren Zusammenhang mit den „Zielen und der Erscheinungsform des historischen Nationalsozialismus erkennen lassen“.93 Beispiele aus der Rechtsprechung für eine Tathandlung im Sinne des § 3g Verbotsgesetz sind das Singen des Horst-Wessel-Liedes94; das Ansammeln von NS-Propagandamaterial (z.B. NS- Liederbücher, SS-Bajonett, Abzeichen mit Hakenkreuz und Hakenkreuz-Armbinde) mit Wiederbetätigungstendenz95; das Verteilen von Flugblättern mit den Aufschriften wie "Schluß mit dem Holocaust!" und "Deutscher willst Du ewig zahlen?"96 oder „Gib Nazis eine Chance“97 sowie die Glorifizierung der Person Adolf Hitlers und Gutheißung seiner Lebensaufgabe in einem Leserbrief98.

1.3.12. § 3h VerbotsG: „Auschwitz-Lüge“

„Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

§ 3h Verbotsgesetz, der durch die Verbotsgesetz-Novelle 1992 eingefügt wurde, pönalisiert Leugnung, gröbliche Verharmlosung, Gutheißen und Rechtfertigen des nationalsozialistischen Völkermordes an Juden, Sinti, Roma und anderen als „minderwertig“ betrachteten Personen. Im Gegensatz zu § 3g Verbotsgesetz ist kein spezifischer Vorsatz zur Betätigung im nationalsozialistischen Sinn erforderlich. Ist ein solcher besonderer nationalsozialistischer Vorsatz jedoch gegeben, kommt auch nach 1992 § 3g zur Anwendung.99 Trotzdem spricht der Oberste Gerichtshof auch bei § 3h Verbotsgesetz von Elementen eines gefärbten Vorsatzes. Es muss dem

92 RIS-Justiz RS0080029; zum Vorwurf der Unbestimmtheit siehe etwa Winfried Platzgummer: Die strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus in Österreich. In: ÖJZ 1994/22, S. 753-763, hier S. 760. 93 Vgl. Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 94 OGH 05.09.1996, 15 Os 107/96. 95 OGH 15 Os 155/93 EvBl 1994/84 (389). 96 OGH 11.03.1993, 12 Os 72/92. 97OGH 11.03.1993, 12 Os 72/92; OGH 14 Os 163/93 JBl 1995/1 (66). 98 RIS-Justiz RS0079779. 99 Vgl. Felix Müller: Das Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit. Eine verfassungsrechtliche Untersuchung (=Juristische Schriftenreihe 215). Wien 2005, S. 168-170. 18

Täter um das direkte oder indirekte Leugnen, Gutheißen oder grobe Verniedlichen des nationalsozialistischen Völkermordes gehen.100 Die pönalisierten Äußerungen müssen qualifiziert öffentlich vorgebracht werden, sodass sie vielen Menschen zugänglich sind. In der Rechtsprechung und der Literatur zu den §§ 169, 170 und 181a StGB wurde für die Definition „vieler Menschen“ ein Richtwert von etwa 30 Personen entwickelt.101 Ein direkter Kontakt zwischen dem Täter und den Menschen, denen die Äußerungen zugehen, ist nicht erforderlich.102 Der Rechtswissenschaftler Heinrich Gallhuber nimmt folgende Definition des „nationalsozialistischen Völkermordes“ und der „anderen nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vor:

„NS-Völkermord, das ist die geplante, industriell durchgeführte Ermordung der in den deutschen Einflussbereich geratenen Juden und ´Zigeuner´ […]. Nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind die als Auswirkung der nationalsozialistischen Herrschaft ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen von staatlichen Organen begangenen, veranlaßten oder geduldeten […] Gewaltmaßnahmen aus politischen, rassischen und religiösen Gründen.“ 103

Das Leugnen, Gutheißen oder Rechtfertigen von Verbrechen gegen den Frieden und von Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten ist nicht nach § 3h Verbotsgesetz strafbar.104

Durch die Einführung des § 3h Verbotsgesetz im Rahmen der Verbotsgesetz-Novelle 1992 schuf der Gesetzgeber nach (wiederholter) Ansicht des Obersten Gerichtshofes ex lege ein Beweisthemenverbot. Die Shoa gilt damit als „historische Tatsache im Range zeitgeschichtlicher Notorietät“, die einer Widerlegung durch Beweisführung nicht zugänglich ist.105

§ 3h Verbotsgesetz stellt – insbesondere in seinem Spannungsverhältnis mit der Meinungsfreiheit – die für die rechtspolitische Debatte wichtigste Bestimmung des Verbotsgesetzes dar.

100 OGH 23.05.1996, 14 Os 24/96. 101 Vgl. Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 102 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 68. 103 Gallhuber: Rechtsextremismus und Strafrecht. 104 Vgl. ebd. 105 RIS-Justiz RS0079923, RS0080038, RS0080073, RS0103724. 19

1.3.13. § 3i VerbotsG: Verfolgungsvereitelung

„Wer von einem Unternehmen der in §§ 3a, 3b, 3d oder 3e bezeichneten Art oder von einer Person, die sich in ein solches Unternehmen eingelassen hat, zu einer Zeit, in der ein Schaden verhütet werden konnte, glaubhafte Kenntnis erhält und es vorsätzlich unterläßt, der Behörde Anzeige zu erstatten, obgleich er sie machen konnte, ohne sich, seine Angehörigen (§ 216 St. G.) oder unter seinem gesetzlichen Schutze stehende Personen einer Gefahr auszusetzen, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bestraft.“

Bei § 3i Verbotsgesetz handelt es sich um ein Allgemeindelikt, das von einer Tatbeteiligung unabhängig ist. Jede Person kommt grundsätzlich als Täter in Betracht. Der Verweis auf das alte StG bezieht sich heute auf § 72 StGB.106

1.3.14. § 3j VerbotsG: Zuständigkeit

„Die Hauptverhandlung und Urteilsfällung wegen der in den §§ 3a bis 3i bezeichneten Verbrechen obliegt dem Geschworenengericht.“

Um sicherzugehen, dass alle Delikte des Verbotsgesetzes vor Geschworenengerichten verhandelt werden, legte der Gesetzgeber im Rahmen der Verbotsgesetz-Novelle 1992 diese Zuständigkeit ausdrücklich fest.

Auch diese Bestimmung ist besonders häufig Gegenstand der rechtspolitischen Diskussion rund um das Verbotsgesetz.

106 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 74. 20

1.4. Abgrenzungen

Neben den Bestimmungen des Verbotsgesetzes gibt es noch diverse andere Regelungen, die dem Rechtsextremismus zuordenbare Aktivitäten dem österreichischen Strafrecht unterstellen. Insbesondere im Hinblick auf § 238 StGB, den sogenannten „Verhetzungsparagraphen“, sowie auf den Verwaltungsstraftatbestand nach Art III Abs 1 Z 4 EGVG stellt sich daher Frage, ob sich in den Tatbeständen Überschneidungen mit Strafbestimmungen des Verbotsgesetzes ergeben und wie diese allenfalls juristisch zu lösen sind.

1.4.1. Abgrenzung zu § 283 StGB

„(1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. (2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.“

Der Tatbestand der Verhetzung stellt in seinem Abs 1 Aufforderungen zu feindseligen Handlungen gegen bestimmte Institutionen oder gegen bestimmte Gruppen in der Bevölkerung unter Strafe, während in Abs 2 qualifizierte Fälle der Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen pönalisiert werden.107 „Unter der Tathandlung des ´Hetzens´ wird eine in einem Appell an Gefühle und Leidenschaften bestehende tendenziöse Aufreizung zum Haß und zur Verachtung gegen eine der in § 283 Abs 1 StGB genannten Gruppen verstanden.“ 108 Geschützt werden sollen Personen, die einer bestimmten Kirche oder Religionsgemeinschaft, einer bestimmten „Rasse“, einem Volk, einer

107 Vgl. The Austrian Delegation to the OSCE-Conference on Anti-Semitism: Überblick über die österreichische Gesetzeslage im Bereich „Nationalsozialistische Wiederbetätigung und Rassismus“, http://www.osce.org/de/cio/31049?download=true (Zugriff: 28.07.2014). 108 OGH 28.01.1999, 15 Os 203/98. 21

Volksgruppe angehören oder eine bestimmte Staatsbürgerschaft haben. Nicht erfasst sind hingegen Ausländer schlechthin, weshalb eine allgemeine Ausländerhetze nicht strafbar ist.109

Wenn die Verhetzung allerdings Tatbestände des Verbotsgesetzes verwirklicht, tritt § 283 StGB zurück.110 Der Oberste Gerichtshof beurteilt dabei § 3g Verbotsgesetz als lex specialis111 und spricht im Zusammenhang mit § 3f Verbotsgesetz von scheinbarer Konkurrenz aus dem Rechtsgrund der Spezialität112.

1.4.2. Abgrenzung zu Art III Abs 1 Z 4 EGVG

Art III Abs 1 Z 4 EGVG enthält einen Verwaltungsstraftatbestand, nach dem derjenige, der nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes verbreitet, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist.113

Birklbauer und Kneihs nehmen eine Abgrenzung der Bestimmung zum Verbotsgesetz folgendermaßen vor: In Art II Abs 1 Z 4 EGVG muss nicht die Verbreitung im Sinne des Verbotsgesetzes erfolgen, sondern das Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes nationalsozialistisch sein. Der Verwaltungsstraftatbestand pönalisiert also die vom Verbotsgesetz nicht erfasste bloße Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut, die ohne einen spezifischen nationalsozialistischen Vorsatz erfolgt – jedoch nur, solange sie nicht in Verharmlosen, Leugnen, Gutheißen oder Rechtfertigen besteht, denn dann wäre wiederum § 3h Verbotsgesetz anwendbar.114

109 Vgl. Christian Bertel/ Klaus Schwaighofer: Österreichisches Strafrecht Besonderer Teil II. §§ 169 bis 321 StGB. Wien 2005, S. 189f. 110 Vgl. ebd., S. 191. 111 OGH 01.12.1988, 12 Os 123/88; OGH 19.01.1989, 12 Os 127/88. 112 OGH 19.01.1989, 12 Os 127/88. 113 EGVG BGBl I 2008/87 idF BGBl I 2013/33. 114 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 27f. 22

2. Meinungsfreiheit

In Diskussionen um die rechtspolitische Legitimation der Strafbestimmungen des Verbotsgesetzes wird von ihren Gegnern oftmals eine vermeintliche Verletzung des für eine demokratische Gesellschaft so wichtigen Grundrechts auf freie Meinungsäußerung eingewendet. Daher soll an dieser Stelle durch eine kurze Darstellung der Rechtslage beleuchtet werden, ob eine solche Verletzung rechtsdogmatisch tatsächlich vorliegt.

Auch zu anderen Grundrechten stehen das Verbotsgesetz und seine Strafbestimmungen in einem Spannungsverhältnis. Dazu gehören etwa die Wissenschaftsfreiheit, Kunstfreiheit, Vereins- und Parteienfreiheit, die Versammlungsfreiheit, Religions- und Weltanschauungsfreiheit sowie der Gleichheitssatz und die Wahlfreiheit.115 Um einen adäquaten Umfang des dogmatischen Teils dieser rechtspolitischen Arbeit zu bewahren, wird auf eine ausführlichere Behandlung dieser Spannungsverhältnisse jedoch verzichtet.

2.1. Geschichte

Der Ursprung der Meinungsfreiheit ist in der Epoche der Aufklärung zu sehen. An die im Rahmen der Aufklärung formulierten Forderungen konnte dann der Liberalismus anknüpfen.116 Erste Ansätze grundlegender Rechte gab es im Common Law in England. Diese Gedanken wurden in die Neue Welt getragen und von den amerikanischen Kolonisten im Rahmen ihrer Unabhängigkeitsbestrebungen aufgegriffen. Daraufhin entstanden zahlreiche „Rechteerklärungen“, die sogenannten Bill of Rights – die erste war die Virginia Bill of Rights aus dem Jahre 1776.117 Im Zusammenhang mit der Revolution 1789 wurden diese Ideen auch in Frankreich aufgegriffen. Bei der Schaffung einer neuen politischen und sozialen Ordnung durch die Nationalversammlung sollten daher auch Menschenrechte Berücksichtigung finden.118 In Österreich erfolgten diesbezügliche Entwicklungen vergleichsweise spät. Als Reaktion auf den Ausbruch der Revolution in Wien am 13. März 1848 erfolgte das Zugeständnis des Kaisers, dass die künftige Verfassung mit Abgeordneten aller Provinzialstände beraten und formuliert würde. Die

115 Vgl. Müller: Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit, S. 202. 116 Vgl. Walter Berka: Die Grundrechte. Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich. Wien 1999, S. 315. 117 Vgl. Wolfgang Heidelmeyer: Die Menschenrechte. Erklärungen, Verfassungsartikel, Internationale Abkommen. 4. Auflage. Paderborn 1997, S. 14f. 118 Vgl. ebd., S. 16f. 23 daraufhin verabschiedete Pillersdorfsche Verfassung enthielt erstmalig einen verfassungsrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit.119 Bei der Ausarbeitung eines Grundrechtskataloges durch einen Verfassungsausschuss 1848 war die Meinungsfreiheit zwar enthalten, doch kam es zu keiner Umsetzung des Entwurfes, da der Reichstag durch ein kaiserliches Manifest aufgehoben wurde. Stattdessen wurde eine durch kaiserliches Patent oktroyierte Märzverfassung erlassen, die kein allgemeines Grundrecht der Meinungsfreiheit enthielt. Ein Jahr später, am 4. März 1849 wurde ein solches jedoch im Rahmen eines kaiserlichen Patents „über die durch die constitutionelle Staatsform gewährleisteten politischen Rechte“ eingeführt. Allerdings konnte dies in der Verfassungswirklichkeit kaum zu Veränderungen führen und wurde auch bereits am 31. Dezember 1851 durch die Sylvester-Patente wieder außer Kraft gesetzt.120 Am 25. September 1867 nahm schließlich der Verfassungsausschuss einen Entwurf zum Schutz der Meinungsfreiheit im Rahmen des StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger ohne größere Debatte an. Somit konnte die Meinungsfreiheit ohne ausführliche parlamentarische Debatte in Art 13 des StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder vom 21. Dezember 1867 Eingang finden. Zunächst waren, abgesehen vom absoluten Zensurverbot, die praktischen Auswirkungen jedoch überschaubar, da der Gesetzesvorbehalt des Art 13 StGG sehr großzügig ausgelegt wurde. 121

Unter dem Eindruck der Shoa, der Genozide und Massenmorde im Nationalsozialismus und im Hinblick auf die Menschenrechtsverletzungen während des Zweiten Weltkrieges wurde bei einem „Congress of Europe“ in Den Haag von 7. bis 10. Mai 1948 eine Resolution verabschiedet, die die Gründung des Europarates und die Entwicklung der Europäischen Menschenrechtskonvention einleitete.122 Im November 1949 setzte das Ministerkomitee des Europarates einen Expertenausschuss ein, der die Menschenrechtskonvention entwickeln sollte. 1950 wurde ein Entwurf vom Ministerkomitee angenommen und auf Grundlage dessen der endgültige Text formuliert, der in seinem Art 10 das Recht auf Meinungsfreiheit enthält.123 Der Entscheidung über die konkrete Formulierung des Artikels ging eine intensivere Debatte voraus. Der Vorschlag der türkischen Delegierten Ustum und Lutem, das Grundrecht der Meinungsfreiheit durch ein Verbot der Verbreitung extremistischer Ideen zu

119 Vgl. Stephan Hinghofer-Szalkay: Die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsäußerungsfreiheit im Bereich der „political speech“ in Österreich und Großbritannien in ihrer historischen, aktuellen und künftigen Entwicklung. Unveröff. Diss., Graz 2008, S. 41f. 120 Vgl. ebd., S. 43f. 121 Vgl. ebd., S. 46f. 122 Vgl. Alastair Mowbray: Cases, Materials, and Commentary on the European Convention on Human Rights. 3. Auflage. Oxford 2012, S. 1f. 123Vgl. ebd., S. 7. 24 ergänzen, wurde nicht aufgenommen.124 Aufgrund dieser Anregung kam es jedoch zur Formulierung des Art 17 EMRK, der festlegt, dass keine Bestimmung der Konvention so ausgelegt werden darf, dass sie ein Recht begründen würde, Handlungen zu setzen, die auf die Beschränkung oder Abschaffung der eingeräumten Grundrechte hinzielen.125 Die Europäische Menschenrechtskonvention trat schließlich 1953 in Kraft.126 Art 10 EMRK konnte zu einem Ausbau und einer wesentlichen Stärkung des Schutzes der Meinungsfreiheit in Österreich beitragen.127

2.2. Art 13 StGG

„(1) Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. (2) Die Presse darf weder unter Censur gestellt, noch durch das Concessions-System beschränkt werden. Administrative Postverbote finden auf inländische Druckschriften keine Anwendung.“128

Das Staatsgrundgesetz 1867 steht gem. Art 149 Abs 1 B-VG in Verfassungsrang.129 Bezüglich des Verhältnisses der EMRK zum StGG kommt das sogenannte Günstigkeitsprinzip zur Anwendung. Das heißt, dass dem StGG dann Anwendungsvorrang zukommt, wenn und solange sein Grundrechtsstandard günstiger ist als jener der EMRK. Hintergrund des Günstigkeitsprinzips ist die Überlegung, dass die EMRK keinesfalls als eine Beschränkung der innerstaatlichen Grundrechtsgarantien eines Mitgliedsstaates ausgelegt werden soll.130 Da der Grundrechtsstandard des Art 10 EMRK über jenen von Art 13 StGG hinausreicht, hat letzterer seine eigenständige Bedeutung beinahe gänzlich verloren.131 Insofern kann hier auf die Ausführungen zu Art 10 EMRK verwiesen werden.

124 Vgl. Gilbert-Hanno Gornig: Äußerungsfreiheit und Informationsfreiheit als Menschenrechte. Die Verankerung der Äußerungs-, Informations-, Presse- und Rundfunkfreiheit sowie des Zensurverbots in völkerrechtlichen Übereinkommen und in den Rechtsordnungen der KSZE-Staaten unter besonderer Berücksichtigung rechtsphilosophischer und rechtsgeschichtlicher Hintergründe (=Schriften zum Völkerrecht 88). Berlin 1988, S. 285-288. 125 Vgl. Stephan Hinghofer-Szalkay: Extreme Meinungen und Meinungsäußerungsfreiheit: Die Schranke des Artikel 17 EMRK. Die Straßburger Rechtsprechung und ihre Struktur. In: JRP 2012, S. 106-114, hier S. 107. 126 Vgl. David Harris u.a.: The European Convention on Human Rights in Context. In: David Harris u.a. (Hg.): Law of the European Convention on Human Rights. 2. Auflage. Oxford 2009, S. 1-36, hier S. 2. 127 Vgl. Berka: Grundrechte, S. 315f. 128 StGG RGBl 1867/142 idF BGBl 1988/684. 129 B-VG BGBl 1930/1 idF BGBl I 2013/164. 130 Vgl. Walter Berka: Vorbemerkungen zum StGG. In: Benjamin Kneihs/ Georg Lienbacher (Hg.): Rill-Schäffer- Kommentar Bundesverfassungsrecht. Wien 2014, S. 7. 131 Vgl. Heinz Mayer: Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht. Wien 2002, S. 558. 25

2.3. Art 10 EMRK

„(1) Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen. (2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.“132

Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Menschenrechtskonvention erfolgte im Jahr 1958.133 Seit 1964 befinden sich die EMRK und ihre Zusatzprotokolle innerstaatlich in Verfassungsrang.134 Sowohl natürliche als auch juristische Personen können sich auf die Meinungsfreiheit berufen.135 Der Schutzbereich von Art 10 EMRK umfasst die Kommunikationsfreiheit, die sich aus der Meinungsäußerungsfreiheit auf Seiten des Äußernden, der Informationsfreiheit auf Seiten des Äußerungsempfängers sowie der Medienfreiheit in den Bereichen Presse, Rundfunk und anderer Massenmedien zusammensetzt. Es handelt sich dabei um Menschenrechte, die Jedermann – also auch Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft – zustehen. Erfasst sind sowohl die Äußerung von subjektiven Werturteilen als auch von objektiven Tatsachen136 durch jede denkbare Form der Verbreitung137. Abgesehen von legitimen Beschränkungen im Hinblick auf Art 10 Abs 2 EMRK sind von ihr nicht nur Informationen oder Ideen erfasst, die wenig Widerspruch finden,

132 EMRK BGBl 1958/210 idF BGBl III 2010/47. 133 EMRK BGBl 1958/210; vgl. Berka: Vorbemerkungen StGG, S. 6f. 134 Bundesverfassungsgesetz vom 4. März 1964, mit dem Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 über Staatsverträge abgeändert und ergänzt werden BGBl 1964/59. 135 Vgl. Christian Mensching: Art 10 Freiheit der Meinungsäußerung. In: Ulrich Karpenstein/ Franz Mayer (Hg.): EMRK. Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. München 2012, S. 271-297, hier S. 274. 136 Vgl. Berka: Grundrechte, S. 317 sowie Mensching: Art 10 Freiheit der Meinungsäußerung, S. 275f. 137 Vgl. Berka: Grundrechte, S. 319. 26 sondern nach der Rechtsprechung des EGMR gerade auch solche, die „den Staat oder eine Bevölkerungsgruppe verletzen, beunruhigen oder schockieren“.138

2.4. Schranken der Meinungsfreiheit

„Weil in einer menschlichen Gesellschaft keine Freiheit unbegrenzt sein kann, und zwar schon allein wegen der gleichen Freiheit der Mitmenschen, ist kein Freiheitsrecht schrankenlos gewährleistet.“139 So können auch bei der Meinungsfreiheit Eingriffe durchaus zulässig sein, da die Ausübung dieses Freiheitsrechtes „Pflichten und Verantwortung mit sich bringt“ 140. Art 13 StGG enthält einen formellen Gesetzesvorbehalt. Das bedeutet nach der damaligen Rechtsprechung des VfGH, dass die Meinungsfreiheit – abgesehen von absoluten Eingriffsverboten wie etwa dem Zensurverbot – immer eingeschränkt werden durfte, solange es nur in einem förmlichen Gesetz vorgesehen war. Allerdings wurde das Zensurverbot dafür relativ weit ausgelegt.141 Art 10 EMRK konnte den Grundrechtsschutz diesbezüglich erheblich verbessern. In seinem Abs 2 enthält er einen materiellen Gesetzesvorbehalt, der mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip verknüpft ist. Das heißt, ein Eingriff muss nicht nur gesetzlich vorgesehen sein und nicht gegen ein absolutes Eingriffsverbot verstoßen, sondern auch einem der in Art 10 Abs 2 EMRK angeführten Zwecke dienen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein.142 Die Möglichkeit, Einschränkungen vorzunehmen, muss jedoch nach der Rechtsprechung des EGMR eng ausgelegt und ihre Notwendigkeit überzeugend dargetan werden.143 Damit dies gelingen kann, ist ein „pressing social need“, ein „zwingendes soziales Bedürfnis“, nachzuweisen.144 Die Notwendigkeit ist nach Ansicht des EGMR nicht gleichbedeutend mit Unentbehrlichkeit; allerdings auch nicht so flexibel wie die Begriffe „zulässig“, „üblich“, nützlich“, „angemessen“ oder „angebracht“. Im Konkreten sei den Staaten im Rahmen dessen ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt. Im Endeffekt entscheide jedoch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darüber, ob ein Eingriff in die Meinungsfreiheit des Art 10 EMRK zulässig ist.145 Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes ist eine Abwägung

138 EGMR 47/1991/299/370 ÖJZ 1992/38 (813). 139 Berka: Vorbemerkungen StGG, S. 41. 140 Siehe Art 10 Abs 2 erster Satz EMRK. 141 Vgl. Berka: Grundrechte, S. 325f. 142 Vgl. Jens Meyer-Ladewig: EMRK. Europäische Menschenrechtkonvention. 3. Auflage. Baden-Baden 2011, S. 244 sowie Berka: Grundrechte, S. 326f. 143 EGMR 47/1991/299/370 ÖJZ 1992/38 (813); siehe auch Jochen Frowein/ Wolfgang Peukert: Europäische Menschenrechtskonvention. EMRK-Kommentar. 3. Auflage. Kehl am Rhein 2009, S. 355 sowie Meyer-Ladewig: EMRK, S. 244. 144 Vgl. Frowein/ Peukert: EMRK-Kommentar, S. 355 sowie Berka: Grundrechte, S. 327. 145 Beispielsweise EGMR 5493/72 EuGRZ 1977/26 (222f). 27 zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Rechtsgut, das durch die Beschränkung geschützt werden soll, vorzunehmen. Die Bedeutung des Rechtsgutes ist durch eine vergleichende Feststellung seines Stellenwertes in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auszuloten.146

3. Verhältnis Verbotsgesetz und Meinungsfreiheit

Da die Meinungsfreiheit sowohl natürliche als auch juristische Personen schützt (siehe 2.3 zu Art 10 EMRK), fallen sowohl die in den §§ 1, 3a und 3b Verbotsgesetz genannten Organisationen als auch Personen, die Delikte nach den §§ 3a ff Verbotsgesetz begehen, in den Anwendungsbereich des Grundrechtes.147 Bezüglich der Organisationen ist überwiegend Art 11 EMRK zur Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit relevant (siehe dazu die Ausführungen bei der jeweiligen Bestimmung), doch kann auch die Meinungsfreiheit betroffen sein. § 3a Verbotsgesetz etwa schränkt auch Art 10 EMRK ein, da die Betätigung eines politischen Vereins oder einer Partei zumeist die Publikation von Vereinszeitungen, das Halten von Ansprachen oder Werbung einschließt. Auch § 3b greift in die Meinungsfreiheit ein, da durch ihn bloßes Zuhören, soweit es über jenes eines „neugierigen Kiebitz“ hinausgeht, sowie auch Meinungsäußerungen im Rahmen der untergeordneten Teilnahme, wie etwa Zujubeln bei einer Rede, erfasst sind.148 Bei § 3d Verbotsgesetz ist die Problematik im Zusammenhang mit dem Verbotsgesetz hingegen ganz evident, insofern als dieser nationalsozialistische Propaganda pönalisiert. Das Verbot des Aufforderns zu einer der nach § 1 oder § 3 Verbotsgesetz verbotenen Handlungen, auf öffentliche Weise oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen schränkt dabei sowohl die individuelle Meinungsfreiheit als auch die Medienfreiheit ein. Ähnlich gestaltet sich die Lage bezüglich dem Auffangtatbestand des § 3g Verbotsgesetz, der praktisch die gleichen Meinungsäußerungen pönalisiert, wenn sie nicht in der Absicht getätigt werden, zu den verbotenen Handlungen aufzufordern, sondern beispielsweise lediglich eine Anpreisung oder Glorifizierung nationalsozialistischen Gedankengutes bezwecken. Auch bei § 3h Verbotsgesetz ist das Spannungsverhältnis zu Art 10 EMRK offensichtlich, denn er verbietet die Leugnung, gröbliche Verharmlosung, das Gutheißen und die Rechtfertigung der Shoa.149

146 Vgl. Gornig: Äußerungsfreiheit und Informationsfreiheit, S. 303f. 147 Vgl. Müller: Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit, S. 179. 148 Vgl. ebd., S. 179f. 149 Vgl. ebd., S. 180f. 28

Im Zusammenhang mit Art 13 StGG betonen etwa Birklbauer und Kneihs, dass es sich beim Verbotsgesetz, da es im Verfassungsrang steht, ohnehin um nachfolgendes und spezielleres gleichrangiges Recht handle, das Bestimmungen des StGG bei allfälligen Widersprüchen derogieren würde, was nur dann verfassungswidrig sein könne, wenn ein Baugesetz der Verfassung verletzt würde150, was neben Birklbauer und Kneihs auch von dem Juristen und Forscher am Zentrum für Europäische Studien in Straßburg Felix Müller verneint wird151. Allerdings kommt es zu dieser partiellen Derogation gar nicht erst, wenn man davon ausgeht, dass die Bestimmungen des Verbotsgesetzes vom formellen Gesetzesvorbehalt des Art 13 StGG gedeckt sind, da Einschränkungen des Grundrechts durch Gesetz zulässig sind.152

Die EMRK befindet sich ebenfalls in Verfassungsrang, hat jedoch zusätzlich noch einen völkerrechtlichen Charakter, weshalb Eingriffe in Art 10 EMRK einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen sind.153 Eine solche hat der EGMR aufgrund behaupteter Verletzungen bereits mehrmals vorgenommen und stets entweder festgestellt, dass die Bestimmungen des Verbotsgesetzes im materiellen Gesetzesvorbehalt des Art 10 EMRK Deckung finden. Kein diesbezüglicher Antrag war jemals von Erfolg gekrönt.154 „Es besteht kein Zweifel, daß die Rechtfertigung der Pro-Nazi-Politik […] sich nicht des Schutzes des Art 10 erfreuen darf.“155 Eine ganz wesentliche Rolle spielt dabei Art 17 EMRK, nach dem sich niemand auf die in der Konvention eingeräumten Rechte berufen darf, wenn er dabei die Abschaffung oder weitergehende Beschränkung der Grundrechte beabsichtigt. Im Zusammenhang mit rassistischen Äußerungen hatte der EGMR klargestellt, dass diesen aufgrund von Art 17 der Schutz des Art 10 gar nicht erst zukommen würde. Er wies die Beschwerde daher ohne inhaltliche Prüfung einer Verletzung der Meinungsfreiheit zurück. In ähnlich gelagerten Fällen im Zusammenhang mit nationalsozialistischer Wiederbetätigung ging der Gerichtshof allerdings einen anderen Weg: Er verwendete Art 17 nicht als vorweggenommenen Ausschlussgrund, sondern als Element in der Verhältnismäßigkeitsprüfung, die er im Rahmen des Art 10 Abs 2 EMRK durchführte. Die Bestimmung diente also vielmehr als Argumentationsstütze für die Notwendigkeit einer Beschränkung der Meinungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft.156 Die Hintergründe dieser Entscheidungen wurden von Felix Müller, der auf viele ausführliche Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zurückgreifen konnte, in seiner veröffentlichten Dissertation zusammengetragen und aufgearbeitet: Zunächst stellte der EGMR

150 Vgl. Birklbauer/Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 15. 151 Vgl. Müller: Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit, S. 217-219. 152 Vgl. Birklbauer/Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 15 sowie Müller: Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit, S. 183. 153 Vgl. Birklbauer/Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 15. 154 Vgl. Müller: Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit, S. 188f. 155 EGMR (GK) 55/1997/839/1045 ÖJZ 1999/23 (658). 156 Vgl. Hinghofer-Szalkay: Extreme Meinungen und Meinungsäußerungsfreiheit, S. 109. 29 bereits mehrmals fest, dass es sich beim Verbotsgesetz um ein Gesetz im Sinne des Art 7 EMRK (Keine Strafe ohne Gesetz) handelt. Die Kommission sprach davon, dass es sich um eine primär intern österreichische Rechtsfrage handle und der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des Verbotsgesetzes schon mehrfach bestätigte. Dies sei weder willkürlich noch unnachvollziehbar, vor allem angesichts der Tatsache, dass Österreich durch den Staatsvertrag von Wien völkerrechtlich verpflichtet sei, jenes Gesetz aufrechtzuerhalten. Es wird zwar eingestanden, dass § 3g Verbotsgesetz von einer gewissen Unbestimmtheit geprägt ist, doch sei die Rechtsprechung dazu so umfangreich und ausführlich, dass ausreichende Vorhersehbarkeit gegeben sei. Zumeist wurden als relevante Gründe das Interesse der nationalen Sicherheit, das Interesse der territorialen Integrität und der Verbrechensverhütung bejaht. In einzelnen Fällen wurden auch die öffentliche Sicherheit, die Aufrechterhaltung der Ordnung und der Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer genannt. Dass Bestimmungen zum Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind, begründen Kommission und Gerichtshof neben allgemeinen Verweisen auf die Rechtsprechung zur Definition von „Notwendigkeit“ (siehe 2.4 Schranken der Meinungsfreiheit) mit der historischen Belastung Österreichs.157

157 Vgl. Müller: Verbotsgesetz im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit, S. 189-195. 30

III. Rechtspolitische Dimension

In der Phase seiner Entstehung wie auch heute ist das Verbotsgesetz – sowohl hinsichtlich seiner grundsätzlichen Existenz als auch hinsichtlich seiner konkreten Ausgestaltung – Gegenstand heftiger Kontroversen. Befürwortern, die die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Verfassungsgesetzes sowie die historische Verantwortung Österreichs betonen, werden Argumente, die Strafbestimmungen seien längst obsolet geworden oder sie würden eine zu starke Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit darstellen, entgegengestellt – ganz abgesehen von den Diskussionen rund um das Strafausmaß und die Zuständigkeit der Geschworenengerichtsbarkeit. In den vergangenen Jahren ist diese Diskussion wieder vermehrt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten und von diversen österreichischen Medien als gesellschaftspolitisch relevantes Thema aufgegriffen worden.

Im rechtspolitischen Teil dieser Arbeit sollen die verschiedenen Aspekte und Argumente dieser Diskussion beleuchtet und analysiert werden. Im Rahmen dessen werden die Relevanz und die Akzeptanz des Verbotsgesetzes in einem ersten Schritt in der Phase der Entnazifizierung, im zweiten Schritt in dem Zeitraum nach dem Ende der Entnazifizierung bis zur Verabschiedung der Verbotsgesetznovelle sowie im dritten Schritt in der Zeit nach der Novellierung bis heute behandelt. Als Basis für diese Aufbereitung soll die These dienen, dass die Relevanz und Notwendigkeit des Verbotsgesetzes – damals wie heute – sich aus der historischen Verantwortung Österreichs im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Völkermord, sich aus einer problematischen und nur teilweisen Aufarbeitung dieser Verantwortung begründen lassen. Darüber hinaus stellt das Ausmaß der in Teilen der österreichischen Bevölkerung vorhandenen rechtsextremen und antisemitischen Tendenzen sowie die Anzahl und Dichte von rechtsextremen, rassistischen und neonazistischen (Straf)Taten einen Beleg für die Aktualität und Notwendigkeit (straf)rechtlicher Instrumentarien für deren Bekämpfung dar. Die Autorin geht davon aus, dass aus der historischen Vorbelastung, die angesichts der Verbrechen der Nationalsozialisten auf Österreich lastet, eine Verantwortung des österreichischen Staates abgeleitet werden kann und muss. Aufgrund des hartnäckigen Fortbestehens des „Opfermythos“, des unbeirrten Umwerbens von ehemaligen Nationalsozialisten durch die politischen Parteien ab den Nationalratswahlen 1949 und aufgrund von diversen anderen Faktoren konnte eine Aufarbeitung der Vergangenheit nicht ausreichend erfolgen. Die rein formalistische Entnazifizierung führte kaum zu innerem Umdenken der von nationalsozialistischer Propaganda geprägten Menschen. Rechtsextremes, neonazistisches und antisemitisches Gedankengut konnte daher in Österreich auch nach der Erfahrung der Shoa noch relativ ungestört und vergleichsweise offen gedeihen. Der Verlauf der Entnazifizierung und die Ausgestaltung des Verbotsgesetzes sowie die damit zusammenhängenden gesellschaftspolitischen Entwicklungen, in 31

Verbindung mit der historischen Verantwortung Österreichs, weisen auf einen Zusammenhang zwischen der Rechtsextremismus/Antisemitismus-Problematik nach 1945 mit der rechtspolitischen Legitimation des Verbotsgesetzes hin. Diese Argumentation legitimiert aus Sicht der Autorin die detaillierten Ausführungen zur Entwicklung von Antisemitismus und Rechtsextremismus im Zusammenhang mit der Relevanz des Verbotsgesetzes.158 Im Anschluss daran soll auch auf die mit der Debatte um die Existenz des Verbotsgesetzes eng zusammenhängende Frage nach der sogenannten wehrhaften Demokratie und ihrer Bedeutung eingegangen werden. Daraufhin wird erläutert, welche Aspekte im Zusammenhang mit dem Verbotsgesetz besonders kontrovers diskutiert werden, um anschließend auf die aktuelle gesellschaftspolitische Debatte näher einzugehen.

4. Begriffsabgrenzungen

Angesichts der häufigen und zum Teil uneinheitlichen Verwendung mit unterschiedlichen sowie ineinander verschwimmenden Bedeutungen, sind, um einem wissenschaftlichen Anspruch gerecht werden zu können, Definitionen der folgenden Begrifflichkeiten erforderlich. Sie sollen der Klarstellung dienen, in welcher konkreten Bedeutung die Termini in dieser Arbeit verwendet werden und wie sie voneinander abzugrenzen sind.

4.1. Rechtsextremismus

Beim Begriff des „Rechtsextremismus“ handelt es sich um einen sowohl in politischen und medialen Debatten als auch in der wissenschaftlichen Literatur weit verbreiteten Terminus. Angesichts dessen erfolgt seine Verwendung häufig undifferenziert und mehrdeutig, vielfach sogar widersprüchlich.159 Darüber hinaus besteht durch den Gebrauch in politischen und medialen Kontexten die Gefahr einer politischen Instrumentalisierung des Begriffs. Kontrahenten werden als Rechts- (oder auch Links-) Extremisten bezeichnet, um sie abzuwerten. Doch auch die Sozialwissenschaften kennen bislang keine allgemein anerkannte Definition des „Rechtsextremismus“.160

158 Die vorliegende Einleitung bezieht sich zur Gänze auf die anschließenden detaillierten Ausführungen, die der relevanten wissenschaftlichen Literatur folgen. Belege sind daher den folgenden Seiten zu entnehmen. 159 Vgl. Britta Schellenberg: Die Rechtsextremismus-Debatte. Charakteristika, Konflikte und ihre Folgen. 2. Auflage. Wiesbaden 2014, S. 32. 160 Vgl. Dick: Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich, S. 6. 32

Aus den verschiedenen Versuchen einer Begriffsbestimmung in der wissenschaftlichen Literatur lassen sich jedoch einzelne, besonders dominante ideologische Merkmale herausarbeiten. Zunächst ist eine Ablehnung der Demokratie im Sinne eines modernen demokratischen Verfassungsstaates festzustellen. Vielmehr ist die rechtsextreme Ideologie dem Autoritarismus zugewendet.161 Dieser autoritäre Staat sollte sich aus einer ethnisch homogenen Bevölkerung zusammensetzen, einer „Volksgemeinschaft“. Überhaupt wird die ethnische Zugehörigkeit der Menschen überbetont und das Prinzip der Gleichheit in einer Form abgelehnt, die verschiedene Nationen und „Rassen“ als höher- beziehungsweise minderwertig betrachtet.162 Bürgerliche Freiheiten werden in diesem Rahmen gering geschätzt, insbesondere soziale Grundrechte werden in Frage gestellt. Die antiegalitäre Ausrichtung der rechtsextremen Ideologie negiert zwangsläufig das Prinzip der angeborenen und allen Menschen gleichermaßen zustehenden Menschenrechte.163

Dass in der österreichischen Verwaltungspraxis der Begriff des Rechtsextremismus – ohne dass er explizit definiert werden würde – regelmäßig im Zusammenhang mit dem „rechtsextremistisch- revisionistischen“ Milieu und der rechtsextremen „Skinheadszene“ Verwendung findet,164 zeigt die unklare Abgrenzung des Terminus gegenüber Begriffen wie „Revisionismus“ und „Neonazismus“.

4.2. Neonazismus

Beim Begriff des „Neonazismus“ handelt es sich um eine Unterkategorie des Rechtsextremismus. Das bedeutet, dass Neonazismus immer gleichzeitig Rechtsextremismus darstellt, Rechtsextremismus sich jedoch nicht immer in Form von Neonazismus äußert. Bei den Anhängern des Neonazismus, den sogenannten „Neonazis“, handelt es sich um Rechtsextremisten, die sich nach Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ in ihrer Gesinnung am historischen Nationalsozialismus orientieren und dessen Gedankengut auf verschiedene Belange der Gegenwart übertragen. Ideologisches Hauptmerkmal ist die Übergewichtung des Biologischen, vor allem durch die Einteilung von Menschen in biologische „Rassen“. Nähere Konkretisierungen des Gedankengutes des historischen Nationalsozialismus orientieren sich in der Regel am Parteiprogramm der NSDAP sowie an Hitlers Schrift „Mein Kampf“.

161 Vgl. Anton Pelinka: Was ist die Neue Rechte. In: Salzburg-Kommission/ Landesjugendreferat Salzburg (Hg.): Rechtsextremismus. Zur Theorie und Praxis rechtsextremer Verhaltensmuster. Salzburg 1994, S. 24-28, hier S. 24 sowie Dick: Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich, S. 6. 162 Vgl. Dick: Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich, S. 11. 163 Vgl. Pelinka: Neue Rechte, S. 24f. 164 Vgl. Dick: Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich, S. 13. 33

Neonazistische Aktivitäten sind häufig von einer Glorifizierung der Person Adolf Hitlers sowie dem Streben nach einem „Deutschen Reich“, das von einer Führerfigur regiert wird, geprägt.165

4.3. Antisemitismus

Der Terminus hat sich in den 1870er Jahren aus dem Bedürfnis heraus entwickelt, der Judenfeindlichkeit den äußeren Anschein einer systematischen Ideologie und Weltdeutung zu geben.166

„Antisemitismus“ wird als Oberbegriff für verschiedene Formen der Feindschaft gegen Juden verwendet. Es handelt sich allgemein um ein Ressentiment, einen inneren Vorbehalt von Angehörigen der Mehrheit gegen die jüdische Minderheit.167 Die Judenfeindlichkeit kann sich dabei nach dem deutschen Historiker Wolfgang Benz in unterschiedlichen Ausprägungen und Formen äußern: verbale oder physische Gewalt gegen einzelne Juden, Diskriminierung oder Gewalt gegen die Gesamtheit der Juden und vor allem die Behauptung angeblicher Eigenschaften, Absichten, Handlungen, die die Ablehnung der gesamten Gruppe rechtfertigen sollen. Die Ablehnung gründet sich nicht auf Fakten, sondern vielmehr auf Traditionen und vor allem auf Emotionen. Eine sehr emotionale Einstellung zum Judentum ist überhaupt ein wesentliches Charakteristikum des Antisemitismus.168

Unterschiedliche historische Kontexte haben im Laufe der Zeit zur Entwicklung unterschiedlicher Artikulationsformen des Antisemitismus geführt. Der deutsche Sozial- und Politikwissenschaftler Samuel Salzborn unterscheidet die religiös-antijüdische, die völkisch-rassistische, die sekundär- schuldabwehrende, die antizionistisch-antiisraelische und die arabisch-islamische Variante. Für die Entwicklung des völkisch-rassistischen aus dem christlich-religiösen Antisemitismus ist der Kontext der Moderne wesentlich. Judenfeindliche Vorstellungen lösten sich in diesem Prozess von real vorhandenen Konflikten zwischen Juden und Nichtjuden und gingen zur weiteren Rechtfertigung Verbindungen zu aufkommenden pseudowissenschaftlichen Rassentheorien ein. So kam es – vor

165 Vgl. Dick: Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich, S. 21-23. 166 Vgl. Christian Geulen: Geschichte des Rassismus (=Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung 677). Bonn 2007, S. 86f. 167 Vgl. Wolfgang Benz: Was ist Antisemitismus? (=Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung 455). Bonn 2008, S. 7-10. 168 Vgl. ebd., S. 9f und 234f. 34 allem auch in der Ideologie des Nationalsozialismus – zu einer Vermengung des modernen Antisemitismus mit einem völkischen Nationalismus und einem sozialdarwinistischen Rassismus.169

4.4. Rassismus

Der Begriff „Rassismus“ bezeichnet eine „Lehre“ von den „Menschenrassen“, von ihrem angeblichen jeweiligen Charakter und ihrer behaupteten unterschiedlichen Wertigkeit im Sinne von Höher- und Minderwertigkeit.170 Die UNESCO definiert den Terminus in ihrer Erklärung über „Rassen“ und rassistische Vorurteile folgendermaßen:

„Rassismus umfasst rassistische Ideologien, voreingenommene Haltungen, diskriminierendes Verhalten, strukturelle Maßnahmen und institutionalisierte Praktiken, die eine Ungleichstellung der "Rassen" zur Folge haben, sowie die irrige Vorstellung, dass diskriminierende Beziehungen zwischen Gruppen moralisch und wissenschaftlich zu rechtfertigen seien […].“171

Wesentliche Charakteristika des Rassismus sind nach Ansicht des deutschen Historikers Christian Geulen übertrieben positive Selbstbilder in Verbindung mit negativen Fremdbildern, Unterdrückung anderer sowie übersteigerter Hass oder Diffamierung. In Extremfällen kann sich dies in gewalttätiger Ausgrenzung bis hin zum Vernichtungswahn äußern.172

4.5. „Revisionismus“

Nach 1945 waren Vertreter nationalsozialistischer Ideen und Werte mit der Tatsache einer ständigen Assoziation ihres Gedankengutes mit dem Genozid und anderen nationalsozialistischen Verbrechen konfrontiert. Um dieses Stigma loszuwerden, begann man, die Shoa zu leugnen oder zu verharmlosen. So kam es bereits 1947 und 1948 zu den ersten „revisionistischen“ Publikationen durch den Franzosen Maurice Bardèche.173

169 Vgl. Samuel Salzborn: Antisemitismus. Geschichte, Theorie, Empirie (=Interdisziplinäre Antisemitismusforschung 1). Baden-Baden 2014, S. 11-13. 170 Vgl. Geulen: Rassismus, S. 10. 171 UNESCO: Erklärung über „Rassen“ und rassistische Vorurteile, http://www.unesco.de/1121.html?&L=0 (Zugriff: 28.08.2014). 172 Vgl. Geulen: Rassismus, S. 7. 173 Vgl. Brigitte Bailer-Galanda: „Revisionismus“. Pseudowissenschaftliche Propaganda des Rechtsextremismus. In: Brigitte Bailer-Galanda/ Wolfgang Benz/ Wolfgang Neugebauer (Hg.): Wahrheit und Auschwitzlüge. Zur Bekämpfung „revisionistischer“ Propaganda. Himberg bei Wien 1995, S. 16-32, hier S. 16. 35

Der Begriff der „Revisionisten“ beziehungsweise des „Revisionismus“ hat sich als Selbstbezeichnung der Leugner und Verharmloser der Shoa durchgesetzt. Da es sich also um eine selbstgewählte sowie potenziell verharmlosende Bezeichnung handelt, wurde in der Fachliteratur vielfach gefordert, in Wissenschaft und Forschung stattdessen „Holocaust-Leugnung“ oder „Negationismus“ zu verwenden. Brigitte Bailer-Galanda, langjährige Leiterin des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes sowie Antisemitismusforscherin, wendet dagegen jedoch ein, dass diese Bezeichnungen dem breiten Spektrum existierender „revisionistischer“ Propaganda nicht gerecht würden. Es gebe eben nicht nur die schlichte „Holocaust-Leugnung“, sondern auch Formen der Verharmlosung und Ähnliches. Sie verwendet daher in ihren Publikationen durchaus den Begriff des „Revisionismus“, setzt ihn jedoch stets unter Anführungszeichen, um zu demonstrieren, mit der Verwendung keine Verharmlosung des Phänomens zu bezwecken.174

In Anlehnung an die Argumentation Bailer-Galandas sowie aufgrund der Problematik, die mit dem Begriff des „Holocaust“ (griech. „vollständig verbrannt“, frühere Verwendung im christlichen Antijudaismus) verbunden ist, werden in dieser Arbeit die Bezeichnungen „Revisionismus“ sowie Shoa-Verharmlosung und Shoa-Leugnung Verwendung finden. Die Begrifflichkeit ist hier insofern relevant, als die durch § 3h Verbotsgesetz unter Strafe gestellte Leugnung der Shoa einen besonders dominanten Aspekt der rechtspolitischen Debatte rund um das Verbotsgesetz darstellt.

5. Relevanz und Akzeptanz in der Phase der Entnazifizierung

Unter dem Eindruck der entsetzlichen Verbrechen des Nationalsozialismus begann unmittelbar nach Kriegsende die Entnazifizierung Österreichs. Die mit den Gräueln verbundene Ideologie sollte „feierlich geächtet“ und eine nationalsozialistische Wiederbetätigung unter Strafe gestellt werden. Die Ahndung von Verbrechen, die noch vor dem „Anschluss“ an Deutschland sowie auch während der NS-Gewaltherrschaft begangen wurden, stand dabei vorerst natürlich im Vordergrund – Neonazismus war noch kein praktisch relevantes Thema.175

Zunächst wollte man ein „Vergeltungsgesetz“ schaffen, das die ehemaligen Nationalsozialisten genau so behandeln sollte, wie diese ihre Gegner behandelt hatten. Es kristallisierten sich jedoch rasch die endgültigeren, gemäßigteren Positionen der politischen Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ heraus, die

174 Vgl. Bailer-Galanda: „Revisionismus“, S. 16. 175 Vgl. Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 753. 36 einen differenzierteren Umgang mit der Problematik vorsahen. Trotzdem war der Beginn nach Ansicht des österreichischen Historikers Dieter Stiefel noch relativ chaotisch und emotional.176

In der ersten Phase der Entnazifizierung von April 1945 bis Jänner 1946 erfolgte die tatsächliche Zerschlagung des nationalsozialistischen Systems. Zunächst gab es unterschiedliche Entnazifizierungsmaßnahmen durch die einzelnen Besatzungsmächte in ihrem jeweiligen Einflussbereich. Möglichkeiten der Einflussnahme der österreichischen Regierung bestanden allenfalls im russischen Besatzungsgebiet. Daher war der Anwendungsbereich der 1945 erlassenen Entnazifizierungsgesetze, dem Verbotsgesetz und dem Kriegsverbrechergesetz, zunächst ein beschränkter.177

Zu Beginn des Jahres 1946 erhielt jedoch die österreichische Regierung die alleinige Kompetenz für Entnazifizierungsmaßnahmen zugewiesen, womit die beiden Gesetze in ganz Österreich anwendbar waren. Im Februar 1947 kam es außerdem zu einem neuen Entnazifizierungsgesetz, das zwischen „belasteten“ und „minderbelasteten“ Nationalsozialisten unterschied und für letztere gestaffelte Sühnemaßnahmen vorsah. Durch diese gesetzgeberische Maßnahme galten von den 537.000 registrierten Nationalsozialisten nur noch 42.000 als „belastet“.178 Der Strafrechtler Winfried Platzgummer sieht in diesen Sühnefolgen einen Grund, warum viele „Minderbelastete“ später nicht für ÖVP, SPÖ oder KPÖ stimmten.179

Die Phase von 1948 bis 1957 war eine „Zeit der Amnestien“ 180. Bereits seit 1947 trat die österreichische Regierung für Amnestien ein, die von den Alliierten zunächst jedoch abgelehnt wurden – vor allem von sowjetischer Seite gab es diesbezüglich noch Widerstand. Im darauffolgenden Jahr stimmten jedoch auch die sowjetischen Vertreter im Alliierten Rat einer Amnestieregelung für die „Minderbelasteten“ zu. Durch diese wurden 90 % der registrierten Nationalsozialisten von den Entnazifizierungsmaßnahmen befreit.181 Außerdem182 wurden in diesem

176 Vgl. Stiefel: Nazifizierung plus Entnazifizierung, S. 31. 177 Vgl. ebd., S. 31f. 178 Vgl. ebd., S. 32f. 179 Vgl. Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 755. 180 Vgl. Stiefel: Nazifizierung plus Entnazifizierung, S. 33. 181 Vgl. Eva Holpfer u.a.: Entnazifizierung und Ahndung von NS-Verbrechen in Österreich. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): Katalog zur permanenten Ausstellung. Wien 2006, S. 174-181, hier S. 175. 182 Vgl. für die Zusammenstellung der Amnestiebestimmungen Karl Marschall: Volksgerichtsbarkeit und Verfolgung von nationalsozialistischen Gewaltverbrechen in Österreich. Eine Dokumentation. 2. Auflage. Wien 1987, S. 14. 37

Zeitraum die Sühnefolgen für Jugendliche beendet183, die Spätheimkehrer von der Verzeichnungs- und Sühnepflicht sowie von ihren Strafen befreit184 und für bestimmte Gruppen ehemaliger Nationalsozialisten entfiel die Strafe des Vermögensverfalls185.

Der Gesamtanfall von Volksgerichtssachen im Zeitraum von 1945 bis zur Aufhebung der Volksgerichtsbarkeit 1955 betrug nach einer vom Bundesministerium für Justiz initiierten, von Generalanwalt Karl Marschall verfassten Dokumentation 136.829. Davon wurde in 75.613 Fällen das Verfahren eingestellt, während gegen 28.148 Personen Anklage erhoben wurde (die Summe ergibt sich durch Abzug von Abbrechungen, meritorischen Erledigungen, Abtretungen und Einbeziehungen vom Gesamtanfall). Es kam zu 23.477 Urteilen der Volksgerichte, wovon 13.607 auf Schuldspruch und 9.870 auf Freispruch lauteten. Ab 1950 kam es zu einem deutlichen Rückgang der Verurteilungen nach dem Kriegsverbrechergesetz und dem Verbotsgesetz. 1949 wurden noch 1.810, 1948 gar 4.161 Verurteilungen ausgesprochen – 1950 betrug die Anzahl der verurteilten Personen dagegen nur 709, im Jahr 1951 nur noch 252 und dieser Trend eines spürbaren Rückgangs setzte sich bis 1955 fort.186 Diese Reduktion führt Platzgummer nicht ausschließlich darauf zurück, dass schlicht weniger Fälle anfielen, sondern auch darauf, dass die ehemaligen Nationalsozialisten als relativ großes Wählerpotenzial für die großen Parteien zunehmend Beachtung fanden.187 Stiefel stellt dazu fest, dass nach den Nationalratswahlen 1949 die Entnazifizierung in Österreich kein politisch dominantes Thema mehr war. Offizielle Informationen öffentlicher Stellen gelangten kaum mehr an die Öffentlichkeit und auch in den Tageszeitungen war das Thema von den Titelseiten verschwunden.188

Die Legitimation der Verurteilungen war schon damals189 und ist noch heute nicht gänzlich unumstritten. Platzgummer findet die Entnazifizierungsmaßnahmen zwar „aus der Sicht derer, die das Naziregime erleiden mußten, menschlich verständlich“190, sieht darin aber eine große Problematik für den wiedererstarkenden Rechtsstaat. Vor allem die „Weite und Unschärfe mancher Tatbestände“ und die „drakonischen Strafdrohungen“ sind für ihn bedenklich. An den Verfahren kritisiert der Strafrechtler, dass keine Anklageschrift erforderlich war und keine Berufung oder

183 Bundesverfassungsgesetz vom 22.4.1948 über die vorzeitige Beendigung der im Nationalsozialistengesetz vorgesehenen Sühnefolgen für jugendliche Personen BGBl 1948/70. 184 Bundesverfassungsgesetz vom 17.12.1951 über die Befreiung der Spätheimkehrer von der Verzeichnungs- und Sühnepflicht, die Einstellung von Strafverfahren und die Nachsicht von Strafen gegen solche Personen 1953/159. 185 Vermögensverfallsamnestie BGBl 1956/155. 186 Vgl. Marschall: Volksgerichtsbarkeit, S. 34-40. 187 Vgl. Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 757. 188 Vgl. Dieter Stiefel: Entnazifizierung in Österreich. Wien 1981, S. 19. 189 Siehe etwa Veiter: Gesetz als Unrecht, S. 10f. 190 Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 756f. 38

Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden konnte. Außerdem war nach § 26 Verbotsgesetz eine Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten zulässig.191

Durch den Staatsvertrag192 erfolgte 1955 die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich und der Alliierte Rat verlor seine Einflussmöglichkeiten. Daher konnte die zuvor von diesem blockierte Aufhebung der Volksgerichtsbarkeit erfolgen und die Strafsachen nach dem Verbotsgesetz wurden den Geschworenengerichten zugewiesen.193

1957 kam es zu einer weiteren Amnestieregelung für Personen, die sich aufgrund sogenannter Formaldelikte oder aufgrund des Kriegsverbrechergesetzes strafbar gemacht hatten. Als Formaldelikte wurden jene Delikte bezeichnet, nach denen das Bekleiden einer höheren Funktion in einer der nationalsozialistischen Organisationen allein die Strafbarkeit auslöste, ohne dass ein tatsächlich verübtes Verbrechen nachgewiesen werden musste. Von Seiten des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes wird an der damaligen Amnestieregelung kritisiert, dass sie zu einer Bagatellisierung der nationalsozialistischen Verbrechen geführt und zur Folge gehabt habe, dass ab 1957 praktisch nur noch Mord und Beihilfe zum Mord ehemaliger Nazis verfolgt wurden.194 Der Grund für die rasche Beendigung der Entnazifizierung und Reintegration der davon Betroffenen ist nicht ausschließlich im Heischen der Parteien um Stimmen der ehemaligen Nationalsozialisten zu sehen. Es wurde außerdem zunehmend als problematisch betrachtet, eine derart große Gruppe von demokratischen Prozessen dauerhaft auszuschließen. Darüber hinaus rückte die Bedeutung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus immer mehr in den Vordergrund und wurde als vorrangig betrachtet. Doch auch ein Zusammenhang mit dem beginnenden Kalten Krieg kann festgestellt werden. Die Stimmung schwankte von dem zuvor dominierenden Antifaschismus und Antinationalsozialismus zu einem starken Antikommunismus.195 Dieter Stiefel meint sogar, „der Anti- Kommunismus führte mit zum ‚Schweigen der Fünfzigerjahre‘ und zu einer Bestätigung der ehemaligen Nationalsozialist/inn/en, die weit über die ursprünglichen Absichten der Amnestien hinaus ging.“196

191 Vgl. Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 756f. 192 Staatsvertrag BGBl 1955/152. 193 Vgl. Marschall: Volksgerichtsbarkeit, S. 15. 194 Vgl. Holpfer u.a.: Entnazifizierung und Ahndung von NS-Verbrechen, S. 178f. 195 Vgl. Siegfried Göllner: Die politischen Diskurse zu „Entnazifizierung“, „Causa Waldheim“ und „EU- Sanktionen“. Opfernarrative und Geschichtsbilder in Nationalratsdebatten (=Studien zur Zeitgeschichte 72). Hamburg 2009, S. 60. 196 Dieter Stiefel: Forschungen zur Entnazifizierung in Österreich. Leistungen, Defizite, Perspektiven. In: Walter Schuster/ Wolfgang Weber (Hg.): Entnazifizierung im regionalen Vergleich. Linz 2004, S. 43-57, hier S. 56. 39

Die Ausforschung der nationalsozialistischen Verbrecher, die aufgrund eines Mordes oder der Beihilfe zu einem solchen auch noch nach 1957 verfolgt werden konnten, wurde in den 1960er Jahren neben dem eigentlich dafür zuständigen Innenministerium vor allem von Hermann Langbein und Simon Wiesenthal betrieben. Die darauffolgenden Prozesse in den 1960er und noch in den 1970er Jahren waren allerdings von ständigen antisemitischen Zwischenfällen begleitet sowie von nach Ansicht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes offenkundigen Fehlurteilen geprägt. In den 1970er Jahren wurde in den Medien bereits kaum mehr über die Prozesse berichtet – in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wurde die Verfolgung von NS-Verbrechern schließlich so gut wie beendet.197

Entgegen der immer wieder vertretenen These, Österreich sei das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen, gehörte ein nicht geringer Teil der österreichische Bevölkerung in Wahrheit zur Zeit des „Dritten Reichs“ und unmittelbar davor selbst zu den Mitgliedern und Anhängern der menschenverachtenden nationalsozialistischen Ideologie. Die Anzahl der ehemaligen Mitglieder der NSDAP oder einer ihrer Wehrverbände betrug nach Ende des Krieges beinahe 600.000 – mit den Familienangehörigen kann gar von über zwei Millionen Personen gesprochen werden.198 Durch Zahlen wie diese erscheint die Relevanz des Verbotsgesetzes (wie auch des Kriegsverbrechergesetzes) für die ersten Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges offenkundig – ganz abgesehen von den Entnazifizierungsverpflichtungen Österreichs gegenüber den Alliierten. Die nationalsozialistische Machtstruktur, die einen historisch einmaligen Genozid sowie unzählige Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verantworten hatte, musste zerschlagen werden. Eine von einer menschenverachtenden und undemokratischen Ideologie durchsetzte Gesellschaft musste in eine von einem antifaschistischen Grundkonsens getragene Demokratie übergeleitet werden.

Innerhalb der Bevölkerung war daher zunächst durchaus Verständnis für beziehungsweise ein Bedürfnis nach den ersten Maßnahmen der Entnazifizierung vorhanden.199 Vor allem die drei 1945 wiedererstandenen politischen Parteien – Volkspartei, Sozialdemokraten und Kommunisten – waren anfangs bemüht, ein klares antinationalsozialistisches und demokratisches Selbstverständnis zu vermitteln und engagierten sich für Entnazifizierungsmaßnahmen.200

197 Vgl. Holpfer u.a.: Entnazifizierung und Ahndung von NS-Verbrechen, S. 179f. 198 Vgl. Stiefel zit. n. Konrad Jekl: Das „braune“ Österreich. Nazifizierung und Entnazifizierung in Österreich. In: Bertrand Michael Buchmann (Hg.): Auf den Spuren der Republik Österreich. Aufsätze zur österreichischen Zeitgeschichte. Frankfurt am Main 1995, S. 79-98, hier S. 88. 199 Vgl. Stiefel: Entnazifizierung in Österreich, S. 327f. 200 Vgl. ebd., S. 48f. 40

Mit fortschreitendem Abstand zum Kriegsende wurde die Einstellung der Bevölkerung zum Verbotsgesetz jedoch zunehmend negativ.201 Der britische Historiker Robert Knight ist der Ansicht, die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung habe das nationalsozialistische Regime zwar als „Unrechtsstaat“ und als ein „letztlich gescheitertes Unternehmen“ empfunden, nicht jedoch als eine Terrorherrschaft. Die Shoa sei für die große Masse der Österreicher nicht von besonders großem Interesse gewesen.202 Von wesentlicherer Bedeutung war vielmehr der wirtschaftliche Wiederaufbau Österreichs. Etwa ein Sechstel der berufstätigen Bevölkerung gänzlich vom Arbeitsmarkt auszuschließen oder nur für niedere Dienste heranzuziehen, erschien als eine nicht länger tragbare Bremse für den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes.203 Bei einer Befragung im Jahr 1946 etwa gaben 52% der befragten Wiener an, kein Problem mit dem öffentlichen Auftreten von Schauspielerinnen und Schauspielern sowie Wiener Philharmonikern mit nationalsozialistisch belasteter Vergangenheit zu haben. Das Nationalsozialistengesetz, das 1947 in Kraft treten sollte, wurde bei derselben Befragung bereits von 24% explizit abgelehnt, nur 14% sprachen sich dafür aus.204

Die Entnazifizierungsmaßnahmen des Verbotsgesetzes und des Kriegsverbrechergesetzes erreichten zwar eine formale Entmachtung des Nationalsozialismus, konnten aber – wohl auch aufgrund der zu geringen „Säuberungsbereitschaft“ der österreichischen Bevölkerung – nicht über diese bürokratische Ausrichtung hinausreichen.205 Den „statistisch nachvollziehbaren und entsprechend manipulierbaren Berufsverboten, Entlassungen und kurzfristigen Inhaftierungen“ gelang es nicht, das nationalsozialistische Gedankengut aus der Ideologie der Menschen endgültig zu verbannen.206 „Acht Jahre Propaganda waren auch nicht ohne weiteres […] zu tilgen.“207 Dies zeigt sich etwa in einer von der US-amerikanischen Besatzung im Jahr 1948 in Salzburg durchgeführten Umfrage, bei der 57,6 % der befragten Bewohner der Stadt Salzburg angaben, der Nationalsozialismus sei grundsätzlich eine gute Idee gewesen, die schlecht ausgeführt worden sei. Antisemitismus war weiterhin tief in der österreichischen Gesellschaft verankert.208 Der österreichische Historiker Oliver Rathkolb schließt aus

201 Vgl. Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 94. 202 Vgl. Robert Knight: Kalter Krieg, Entnazifizierung und Österreich. In: Sebastian Meissl/ Klaus-Dieter Mulley/ Oliver Rathkolb (Hg.): Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne. Entnazifizierung in Österreich 1945-1955. Wien 1986, S. 37-51, hier S. 39. 203 Vgl. Stiefel: Entnazifizierung in Österreich, S. 327 sowie Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 94. 204 Vgl. Oliver Rathkolb: NS-Problem und politische Restauration: Vorgeschichte und Etablierung des VdU. In: Sebastian Meissl/ Klaus-Dieter Mulley/ Oliver Rathkolb (Hg.): Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne. Entnazifizierung in Österreich 1945-1955. Wien 1986, S. 73-99, hier S. 74. 205 Vgl. Göllner: Die politischen Diskurse zu „Entnazifizierung“, „Causa Waldheim“ und „EU-Sanktionen“, S. 61; Stiefel: Entnazifizierung in Österreich, S. 327 sowie Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 94. 206 Vgl. Göllner: Die politischen Diskurse zu „Entnazifizierung“, „Causa Waldheim“ und „EU-Sanktionen“, S. 61. 207 Knight: Kalter Krieg, Entnazifizierung und Österreich, S. 40 sowie Rathkolb: VdU, S. 97. 208 Vgl. Göllner: Die politischen Diskurse zu „Entnazifizierung“, „Causa Waldheim“ und „EU-Sanktionen“, S. 61. 41 solchen Umfrageergebnissen, dass „ein latent faschismusanfälliges Potential im Nachkriegsösterreich weiter existiert hat“209.

6. Relevanz und Debatte nach Beendigung der Entnazifizierung

Mit dem Ende der Entnazifizierung waren die Zeiten des Faschismus und des Nationalsozialismus als Massenbewegungen zwar beendet, doch die dahinterstehenden Ideologien wie Antisemitismus, Antihumanismus, Rassismus, Autoritätshörigkeit und Antiparlamentarismus konnten nicht gänzlich aus den Köpfen der Österreicher verbannt werden. Immer wieder kam es auch noch Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ – häufig im Rahmen eines biologisch-rassistisch betonten Nationalismus – zur Verharmlosung des Faschismus und einer Abwertung der Zeit der Entnazifizierung unmittelbar nach 1945 als eine Zeit der „zwangsweisen Umerziehung“.210

Trotz der Entnazifizierungsbemühungen und dem Streben nach einem antinationalsozialistischen Grundkonsens stellte ein Artikel der Ausgabe des American Jewish Yearbook aus 1946/47 fest: „Thus, of all the new regimes in the European countries, the Austrian Government ist the most anti- Semitic.“211

1949 wurde die Wahlpartei der Unabhängigen (WdU, später VdU, Verband der Unabhängigen, Vorläufer der FPÖ), in der sich zahlreiche ehemalige Nationalsozialisten engagierten, gegründet. Noch im selben Jahr trat die neue Partei zu den Nationalratswahlen an, bei denen sie 16 Mandate erreichen konnte. Der VdU und seine Mitglieder – insbesondere der Volkswirtschaftler Herbert Kraus – fielen regelmäßig durch antisemitische Aktivitäten auf. Ein Wahlflugblatt des VdU verbreitete etwa die Botschaft: „[…]Während diese jüdische Stinkrasse von Schiebern und Betrügern ein Schlemmerleben führt, muß der bodenständige Österreicher darben und hungern.“ Die Tageszeitung der CDU („Der Neue Weg“) nannte die von Herbert Kraus, einem der Gründer des VdU, herausgegebene Zeitschrift „Berichte und Informationen“ in seiner Rubrik „Österreichische Kuriositäten“ aus dem Jahr 1949 eine offen neonazistische Zeitschrift und Viktor Reimann, der für die „Die Neue Front“, die Parteizeitung des VdU, zuständig war, einen der „übelsten Propagandisten des Neonazismus“.212

209 Rathkolb: VdU, S. 75. 210 Vgl. Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 94. 211 Vgl. Evelyn Adunka: Antisemitismus in der Zweiten Republik. Ein Überblick anhand ausgewählter Beispiele. In: Heinz Wassermann (Hg.): Antisemitismus in Österreich nach 1945. Ergebnisse, Positionen und Perspektiven der Forschung (=Schriften des Centrums für Jüdische Studien 3). Innsbruck 2002, S. 12-65, hier S. 13. 212 Vgl. ebd., S. 15f. 42

Zu ersten geheimen Treffen nationalsozialistischer Gesinnungsgenossen kam es bereits in den 1940er und 1950er Jahren wie etwa das von Theodor Soucek organisierte Treffen ehemaliger SS-Führer und internationaler Rechtsextremisten in Saalfelden/ Salzburg im Juli 1956.213 Doch auch in der breiten Bevölkerung war Antisemitismus noch relativ stark verbreitet. Dies äußerste sich etwa in der Tatsache, dass es sich für Juden sehr schwierig gestaltete, zu Erwerbsarbeit zu gelangen. Ein 1950 erstellter Bericht an das American Joint Distribution Committee stellte zur damaligen Situation in Österreich fest: „The truth is […] that many employers refuse to hire Jews. […] they admit privately, it does not help business to have a semitic face behind the counter because of the strong latent anti-Semitism […]“.214

In den 1960er Jahren fokussierten rechtsextreme Aktivitäten insbesondere auf die Südtirolfrage.215 Besonders unter Studierenden konnte sich in dieser Zeit ein spürbares rechtsextremes Klima entwickeln, das in einer studentischen Demonstration für den antisemitischen Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz gipfelte, bei der es zum Totschlag des ehemaligen KZ-Häftlings Ernst Kirchweger kam.216 Der Judaist Kurt Schubert stellt über Wiener Studenten 1968 fest: „Sie sind in einem Maße antisemitisch verseucht, daß sie es nicht einmal merken!“217 Außerdem wurde 1967 die „Nationaldemokratische Partei“, die faschistische Punkte in ihr Parteiprogramm aufnahm („Arterhaltung der Völker“, „deutsches Österreich“) und inzwischen verboten ist, gegründet.218 Diese Parteigründung leitete neue Entwicklungen für den Rechtsextremismus in Österreich ein: Es zeigten sich immer mehr junge Österreicher und Österreicherinnen rechtsextremen Ideologien zugetan und die rechtsextreme und die neonazistische Szene radikalisierten sich zunehmend.219 Auch in den 1960ern war zudem insgesamt noch eine relativ starke antisemitische Stimmung in Österreich zu spüren. Dies zeigte sich beispielsweise an landesweit beinahe 90 antisemitischen Schmieraktionen, zu denen es Anfang der 1960er Jahre kam – ausgelöst durch die Schändung einer Synagoge in Köln. Die jüdischen Friedhöfe in Klagenfurt und in Innsbruck wurden im Rahmen dessen gar vollständig verwüstet.220

213 Vgl. Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 95. 214 Vgl. Adunka: Antisemitismus in der Zweiten Republik, S. 20. 215 Vgl. Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 95. 216 Vgl. Brigitte Bailer/ Wolfgang Neugebauer: Abriß der Entwicklung des Rechtsextremismus in Österreich. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus. 2. Auflage. Wien 1996, S. 97-102, hier S. 98. 217 Schubert zit. n. Adunka: Antisemitismus in der Zweiten Republik, S. 25. 218 Vgl. Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 95 sowie Bailer/ Neugebauer: Entwicklung des Rechtsextremismus, S. 98. 219 Vgl. Bailer/ Neugebauer: Entwicklung des Rechtsextremismus, S. 99. 220 Vgl. Adunka: Antisemitismus in der Zweiten Republik, S. 24. 43

Bezüglich Antisemitismus sind auch in den 1970er Jahren noch diverse einschlägige Äußerungen von Nationalratsabgeordneten zu verzeichnen, die unter Politiker-Kollegen sowie von Seiten der Medienlandschaft nur vorsichtige und eher leise Kritik ernteten. Ein besonders prägnantes Beispiel für Debatten um österreichischen Antisemitismus in diesem Jahrzehnt war Viktor Reimanns in der Neuen Kronen Zeitung veröffentlichte Reihe „Die Juden in Österreich“, in der er etwa den „Willen zum Anderssein“, den er Juden unterstellt, als eine der Hauptursachen für den Antisemitismus bezeichnet und ihnen damit einen großen Anteil der Schuld an der Shoa selbst zuschreibt.221 Für die 1970er und 1980er Jahre kann außerdem eine vermehrte Vereins- und Versammlungstätigkeit im Bereich des Rechtsextremismus festgestellt werden.222 Als 1986 Jörg Haider zum Vorsitzenden der FPÖ gemacht wird, teilte sich die rechtsextreme Szene: Ein Teil wandte sich dem gegenüber seinem Vorgänger Norbert Steger politisch deutlich weiter rechts stehenden Haider zu – manche erhielten sogar Funktionen und Mandate in der FPÖ. Der andere Teil hingegen war wohl überwiegend einer neonazistischen Ausprägung des Rechtsextremismus zugewandt. Ihnen war auch der neue FPÖ-Vorsitzende noch nicht radikal genug. Aufgrund der Spaltung innerhalb der Szene kam es unter jenen, die sich nicht Haider zuwandten, häufig zu einer noch stärkeren Radikalisierung – immer offener wurde das nationalsozialistisch geprägtes Gedankengut artikuliert. Insbesondere der „Revisionismus“ wurde zu einem dominanten Thema.223

Angesichts der Umtriebe dieser Art, wurde, um nationalsozialistische Wiederbetätigung hintanzuhalten, das Verbotsgesetz aufrechterhalten. Auch Bestimmungen des Vereinsgesetzes, des Fremdenpolizeigesetzes, des Abzeichengesetzes, des EGVG sowie § 283 StGB („Verhetzungsparagraph“) enthalten einschlägige Regulierungen. Diese Maßnahmen des österreichischen Gesetzgebers waren nach Ansicht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes sowie diverser Vertreter von Wissenschaft und Politik jedoch noch nicht ausreichend, um dem nationalsozialistischen Gedankengut zugewandte Verhaltensweisen effektiv zu bekämpfen.224

Da sich SPÖ und ÖVP sowohl bezüglich der Relevanz und Bedeutung des Verbotsgesetzes als auch hinsichtlich der Notwendigkeit einer effektiveren Gestaltung grundsätzlich einig waren, strebte die Große Koalition zu Beginn der 1990er Jahre eine Novellierung an. Die Forderung einer Abschaffung des Gesetzes nahm in der damaligen Diskussion noch keine dominante Stellung ein.225

221 Vgl. Adunka: Antisemitismus in der Zweiten Republik, S. 37-41. 222 Vgl. Jekl: Das „braune“ Österreich, S. 95. 223 Vgl. Bailer/ Neugebauer: Entwicklung des Rechtsextremismus, S. 99f. 224 IA 139/A 18. GP Erläut 3. 225 Siehe dafür AB 387 BlgNR 18. GP. 44

Ein wesentlicher Aspekt in der rechtspolitischen Debatte um die effektivere Gestaltung des Verbotsgesetzes war das hoch angesetzte Strafausmaß der einzelnen Strafbestimmungen. Die SPÖ trat für eine vollständige Beibehaltung ein, da eine Änderung „dahingehend mißverstanden werden könnte, daß sich der heutige Gesetzgeber nicht mehr im gleichen Ausmaß zum antifaschistischen Grundauftrag des Jahres 1945 bekenne.“226 Die ÖVP hingegen berief sich in ihrer Argumentation auf Simon Wiesenthal, der sich für eine Herabsetzung des Strafmaßes ausgesprochen hatte, um die Handhabung der Bestimmungen effektiver zu gestalten. Um den Eindruck einer Bagatellisierung der Taten zu vermeiden, sollten jedoch nur die Untergrenzen herabgesetzt werden.227

In eine ganz andere Richtung als heute ging damals die rechtspolitische Diskussion um die auch gegenwärtig in der Debatte so dominante Strafbarkeit der Leugnung oder Verharmlosung der Shoa. Die SPÖ trat in ihrem Initiativantrag im Jahr 1991 – im Endeffekt erfolgreich – dafür ein, einen eigenen Straftatbestand für die Leugnung und gröbliche Verharmlosung der Shoa einzuführen, um „bestehende Lücken in der Strafverfolgungseffizienz zu schließen“.228 Die ÖVP lehnte dies ab. Nicht allerdings, weil man jenes Verhalten nicht unter Strafe stellen wollte, sondern vielmehr mit der schlichten Argumentation, dass die Leugnung und gröbliche Verharmlosung des von den Nationalsozialisten verübten Genozids nach gefestigter Rechtsprechung ohnehin bereits unter § 3 g Verbotsgesetz fallen würde.229 Man war sich also damals in der rechtspolitischen Frage nach der Strafbarkeit des „Revisionismus“ durchaus einig – lediglich die gesetzliche Konkretisierung war strittig.

Die mit der Zuständigkeit der Geschworenengerichte verbundene Problematik wurde in der Debatte zwar bereits angeschnitten,230 eine Änderung in der sachlichen Zuständigkeit wurde im Rahmen der Verbotsgesetz-Novelle 1992 jedoch nicht weiter verfolgt.

226 IA 139/A 18. GP Erläut 4. 227 AB 387 BlgNR 18. GP 3. 228 IA 139/A 18. GP Erläut 5. 229 AB 387 BlgNR 18. GP 3. 230 IA 139/A 18. GP Erläut 5. 45

7. Rechtsextremismus, Neonazismus und Antisemitismus heute

Auch heute ist ein nicht geringes Ausmaß an rechtsextremen, neonazistischen und antisemitischen Einstellungen innerhalb der österreichischen Bevölkerung zu verzeichnen. Diese Tendenzen sind dabei nicht ausschließlich in rechtsextremen Kreisen zu finden, sondern erstrecken sich bis zu einem gewissen Grad auf „die Mitte der Gesellschaft“.231 Der Rechtswissenschaftler Sebastian Kurat diagnostiziert eine „fehlende Sensibilität im Umgang mit rechtsextrem motivierten Straftaten“232 in Österreich und stellt fest, dass im innenpolitischen Bereich immer wieder mit antisemitischen oder anderen rechtsextrem anmutenden Stereotypen gearbeitet werde, was zumindest bei einem Teil der österreichischen Wähler durchaus nicht auf Ablehnung stoße.233 Judenfeindliche Äußerungen oder Anspielungen sind in Österreich, etwa im Vergleich zu Deutschland, weniger tabubehaftet. Sie lösen in der Regel weder größere öffentliche Skandale aus, noch führen sie zwangsläufig zu einem Rücktritt des betroffenen Politikers.234 Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2011 sprachen sich sogar 22 % der Befragten dafür aus, dass Österreich mehr mutige Politiker brauche, die ihre Stimme gegen den jüdischen Einfluss im Land erheben.235 Der problematische Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und dem Thema Wiederbetätigung durchzieht nach Ansicht Kurats sogar Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung.236 Er resümiert daher, dass auch Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes „die politische Grenze nach rechts weit offen“237 ist.

Für aktuelle Entwicklungen dieser Art wird in der wissenschaftlichen Literatur häufig der Begriff des „neuen Rechtsextremismus“ verwendet. Bei den Vertretern dieses neuen Rechtsextremismus handelt es sich nicht mehr um ehemalige Nationalsozialisten, sondern um eine neue Generation, die zu einem ganz überwiegenden Anteil das nationalsozialistische Regime nicht erlebte. Allerdings greifen auch die heute aktiven Rechtsextremisten Elemente der Ideologie des historischen Nationalsozialismus auf. Aufgrund des Verbotsgesetzes und des sogenannten

231 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Antisemitismus und Rechtsextremismus nach 1945: alte Stereotype, neue Propagandamuster. In: Jüdisches Museum der Stadt Wien (Hg.): Die Macht der Bilder. Antisemitische Vorurteile und Mythen. Wien 1995, S. 346-359, hier S. 346. 232 Sebastian Kurat: Kein Bollwerk an der Rechts-Grenze. Wie trägt die österreichische Rechtsordnung zur unvollständigen Abgrenzung gegen Rechtsextremismus bei? Versuch einer juristischen Erklärung. In: Martin Strauß/ Karl-Heinz Ströhle (Hg.): Sanktionen. 10 Jahre danach: Die Maßnahmen der Länder der Europäischen Union gegen die österreichische Regierung im Jahr 2000. Innsbruck 2010, S. 107-161, hier S. 108. 233 Vgl. ebd. sowie Werner Bergmann/ Ulrich Wyrwa: Antisemitismus in Zentraleuropa. Deutschland, Österreich und die Schweiz vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Darmstadt 2011, S. 128. 234 Vgl. Benz: Antisemitismus, S. 227 sowie Maximilian Gottschlich: Die grosse Abneigung. Wie antisemitisch ist Österreich? Kritische Befunde zu einer sozialen Krankheit. Wien 2012, S. 165f. 235 Vgl. Gottschlich: Die grosse Abneigung, S. 166. 236 Vgl. Kurat: Kein Bollwerk an der Rechts-Grenze, S. 122. 237 Ebd., S. 108. 46

Verhetzungsparagraphen sind ihre Artikulationsformen des Rassismus und Antisemitismus in der Regel jedoch weniger offen. Juden blieben dabei auch Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ eines der wichtigsten Feindbilder rechtsextremer Kreise, obwohl vor allem in den letzten Jahren auch andere Gruppen wie etwa Asylwerber, Migranten, Ausländer oder Homosexuelle zunehmend die Aufmerksamkeit der Szene erlangten.238

Die wichtigste Form für Rechtsextremisten, heute Antisemitismus auszudrücken, ist nach Ansicht des österreichischen Historikers Wolfgang Neugebauer der „Revisionismus“.239 Die Themen, die dieser umfasst, entwickelten sich vom Kriegsende bis zum Ende der 1970er Jahre. Methoden und Technik waren zwar auch seitdem noch kleineren Veränderungen unterworfen, doch inhaltlich neue Bereiche wurden kaum mehr aufgegriffen. Zu Beginn der Entwicklung dominierten primär Verharmlosungen der deutschen Kriegsschuld sowie Versuche, nationalsozialistische Führerpersönlichkeiten zu entlasten, um eine weitere Verherrlichung zu rechtfertigen. Anfang der 1970er Jahre wurde schließlich das heutige Kernthema der „revisionistischen“ Propaganda – die Leugnung der Shoa – aufgegriffen.240

Während in der Vergangenheit Faktoren wie die Negation von Schuld und die daraus folgende Opfer- Täter-Umkehr für den Antisemitismus und seine öffentliche Artikulation wesentlich waren, machen der Soziologie Werner Bergmann und der Historiker Ulrich Wyrwa heute andere „Thematisierungsanlässe und Motive“ aus: Sie sehen etwa in der Brisanz des Nahostkonflikts, in Negativeffekten der Globalisierung, in der globalen Finanzkrise sowie im Konfliktpotenzial von multiethnischen Migrationsgesellschaften Faktoren, die für die Entwicklung und Verbreitung des neuen Rechtsextremismus und mit diesem häufig einhergehenden Antisemitismus förderlich sein können.241 Religiöse Motive für die Judenfeindlichkeit sind im modernen Rechtsextremismus kaum noch auszumachen.242 Allerdings kann die Konzentration antisemitischer Vorurteile heute nicht mehr ganz ausschließlich im ideologisch rechten Lager gesehen werden. Unter radikalen Linken treten mitunter im Zusammenhang mit Antiamerikanismus, Antizionismus, Antiimperialismus und Antikapitalismus ebenfalls judenfeindliche Tendenzen auf.243

Moderne Ausprägungen des Antisemitismus, die unmittelbar an historisch nationalsozialistische Vorstellungen von Judenvernichtung anknüpfen, finden sich primär in einem kleineren Kreis militant

238 Vgl. Neugebauer: Antisemitismus und Rechtsextremismus nach 1945, S. 346f. 239 Vgl. ebd. 240 Vgl. Brigitte Bailer-Galanda: „Revisionismus“, S. 19. 241 Vgl. Bergmann/ Wyrwa: Antisemitismus in Zentraleuropa, S. 135f. 242 Vgl. Neugebauer: Antisemitismus und Rechtsextremismus nach 1945, S. 347. 243 Vgl. Bergmann/ Wyrwa: Antisemitismus in Zentraleuropa, S. 135f. 47 neonazistischer Rechtsextremisten, die sich besonders häufig an den Grenzen des Verbotsgesetzes und darüber hinaus bewegen. Bei Treffen und Feierlichkeiten der Szene werden etwa Lieder angestimmt, in denen sich die Tötungs- und Vernichtungsfantasien der Rechtsradikalen äußern: „Die Gaskammern waren zu klein. Wir bauen größere später, da kommt ihr dann alle hinein.“ oder „Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, lasst die Messer flutschen in den Judenleib. Blut muss fließen knüppelhageldick und wir scheißen auf diese Judenrepublik.“ 244

Ebenfalls dem radikaleren rechtextremen Bereich zuzuordnen sind die Grabschändungen auf jüdischen Friedhöfen und sonstige antisemitische Beschmierungen etwa von Synagogen.245 Laut dem österreichischen Verfassungsschutzbericht 2014 wurden im Jahr 2012 219, im Jahr 2013 176 rechtsextrem motivierte Sachbeschädigungen zur Anzeige gebracht.246 Öffentliche Aufmerksamkeit erregten beispielsweise über 50 Beschmierungen von Stolpersteinen, die an vertriebene und ermordete Opfer der Nationalsozialisten erinnern sollen, in Salzburg im Jahr 2013247 oder das Besprühen des Davidssterns auf dem Zaun der Salzburger Synagoge im Jänner 2014248. Wolfgang Neugebauer schreibt diesen Schändungen und Beschmierungen eine über die Sachbeschädigung weit hinausgehende symbolische Bedeutung zu – es handle sich um Angriffe auch auf die Geschichte und die religiösen Gefühle von Juden.249

Überhaupt ist bezüglich rechtsextrem motivierter Straftaten in Österreich eine negative Entwicklung zu verzeichnen. Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im März 2014 ergab, dass bei der Anzahl rechtsextrem motivierter Straftaten 2013 im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 26 % zu verzeichnen war.250 Es kam zu insgesamt 574 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund, 371 davon allgemein rechtsextrem, 37 antisemitisch (der Rest mit anderer rechtsextremer Motivation wie antiislamisch, rassistisch etc.). Anzeigen aufgrund von Verletzungen des Verbotsgesetzes gingen 529 ein, Anzeigen aufgrund rechtsextrem motivierter Straftaten gab es insgesamt 1.027.251

244 Vgl. Neugebauer: Antisemitismus und Rechtsextremismus nach 1945, S. 352. 245 Vgl. ebd., S. 355. 246 Vgl. Bundesministerium für Inneres: Verfassungsschutzbericht 2014. Wien 2014, S. 22, http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Verfassungsschutz/BVT_VSB_2014_V20140613_online.pdf (Zugriff: 12.09.2014). 247 Vgl. o.A.: Zweiter Stolperstein-Schmierer in U-Haft. In: Kurier, 02.12.2013, http://kurier.at/chronik/oesterreich/38.726.792 (Zugriff: 12.09.2014). 248 Vgl. Stefanie Ruep: Rechtsextreme beschmieren Salzburger Synagoge. In: Der Standard, 31.01.2014, http://derstandard.at/1389858916606 (Zugriff: 12.09.2014). 249 Vgl. Neugebauer: Antisemitismus und Rechtsextremismus nach 1945, S. 355. 250 Vgl. Colette Schmidt: Rechte Umtriebe nahmen deutlich zu. In: Der Standard, 19.03.2014, S. 2. 251 Vgl. Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_00369/imfname_342065.pdf (Zugriff: 12.09.2014). 48

Doch der aktuelle Antisemitismus in Österreich beschränkt sich, wie einleitend bereits erwähnt, nicht ausschließlich auf radikale rechtsextreme Kreise mit Mobilisierungspotenzial für rechtsextreme Straftaten – er erstreckt vielmehr auch bis in die „Mitte der Gesellschaft“. In einer Studie im Jahr 2011 etwa stimmten 12 % der befragten Österreicher der Aussage „Es wäre besser für Österreich, keine Juden im Land zu haben“ zu.252 Der Kommunikationswissenschaftler Maximilian Gottschlich spricht gar von einer „relativen Threapieresistenz [sic!] der sozialen Krankheit ‚Antisemitismus‘“253.

Aktuell besonders verbreitete antisemitische Stereotype sind etwa Vorstellungen vom „raffgierigen“ Juden, der die internationale Finanzwelt beherrscht, anstatt harte, körperliche Arbeit zu leisten, Bilder von dem Juden, der die nichtjüdische Kultur, zum Beispiel durch moderne Kunst, zerstören will oder überhaupt die Vorstellung einer Verschwörung des „Weltjudentums“, die auf die Ergreifung der Weltherrschaft abziele. In diesem Zusammenhang wird häufig auch die Shoa damit gerechtfertigt, dass die Juden diese durch ihre Herrschaftsambitionen provoziert hätten.254

Dass diese Vorurteile tatsächlich nach wie vor in den Köpfen von Teilen der österreichischen Bevölkerung verankert sind, zeigen Ergebnisse der bereits erwähnten Studie aus 2011: Fast die Hälfte der Befragten (44 %) stimmten etwa der Aussage, „die Juden beherrschen die internationale Geschäftswelt“, zu.255 Die Meinung, „die Auflösung kultureller und sittlicher Werte haben wir in erster Linie jüdischem Einfluss zu verdanken“, vertraten 15 % - ein Zustimmungswert, der sich in den letzten 30 Jahren relativ konstant auf diesem Niveau befindet.256 Außerdem fanden noch 28 % der österreichischen Bevölkerung: „Es ist kein Zufall, dass die Juden in ihrer Geschichte verfolgt wurden, sie sind zum Teil selbst daran schuld.“ 257

Ein besonders aktuelles Thema im Zusammenhang mit Antisemitismus in Österreich und Europa heute ist, wie bereits erwähnt, die Brisanz des Nahostkonflikts. Im Zuge der neuerlichen Eskalation des Konfliktes im Sommer 2014 fanden in Europa zahlreiche, teils aggressive und gewalttägige Demonstrationen statt. In Frankreich kam es zu Straßenschlachten, bei denen Synagogen angegriffen wurden, in Deutschland wurden antisemitische Sprüche wie etwa „Jude, Jude feiges Schwein, komm

252 Vgl. Gottschlich: Die grosse Abneigung, S. 149. 253 Ebd., S. 165. 254 Vgl. Neugebauer: Antisemitismus und Rechtsextremismus nach 1945, S. 349f. 255 Vgl. Gottschlich: Die grosse Abneigung, S. 167. 256 Vgl. ebd., S. 168. 257 Vgl. ebd., S. 176. 49 heraus und kämpf allein“ angestimmt.258 In Österreich verliefen die Demonstrationen etwas ruhiger und friedlicher, doch kam es auch hierzulande teilweise zu antisemitisch anmutenden Parolen wie etwa „Nazi Israel“ oder „Das ist kein Krieg in Palästina. Das ist Völkermord“.259 Israel gilt vielen Demonstranten als unbarmherziger „Aggressor“ gegenüber den friedlichen Palästinensern – immer wieder bedienen sich Kritiker gar der Vergleiche mit nationalsozialistischen Verbrechen.260 Um dem Antisemitismus einen äußeren Anschein sachlicher und wohlargumentierter Kritik zu geben, wird er im Zusammenhang mit Israel häufig über den Begriff des „Antizionismus“ transportiert. Dieser richtet sich in einer neu interpretierten Form zunehmend gegen die Legitimität der Existenz des Staates Israel und propagiert eine Aussiedlung der jüdischen Bevölkerung aus der Region.261 Unter den antisemitischen Demonstranten in Europa finden sich aktuell auch auffallend viele Muslime.262 Über die Ausmaße der Problematik innerhalb der muslimischen Community sind sich Experten noch uneinig. Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Expertin für Antisemitismus im Islam, anerkennt zwar die grundsätzliche Existenz von Antisemitismus innerhalb der muslimischen Communities in Deutschland, glaubt jedoch nicht an ein bedrohliches Erstarken desselben. Sie spricht vielmehr von einer neuen Generation Muslime in Deutschland, die „inzwischen durchaus unterscheidet zwischen Israelis, Zionisten und Juden“ und eine differenzierte, sachliche und nicht- antisemitische Kritik an israelischer Militärpolitik vornimmt.263 Der palästinensisch-israelische Psychologie und Islamismus- und Antisemitismus-Experte Ahmad Mansour hingegen sieht – zumindest für Deutschland – im Antisemitismus türkisch- und arabischstämmiger Jugendlicher ein ernstes Problem wachsenden Ausmaßes:

„Dieser Hass ist weiter verbreitet, als die deutsche Mehrheitsgesellschaft und die Islamverbände wahrhaben wollen. […] Das Wort ‚Jude‘ ist unter Jugendlichen aus diesen

258 Vgl. Carolina Ambrosi: „Antisemitismus ist in Frankreich salonfähiger als bei uns“. In: Zeit Online, 22.07.2014, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-07/gaza-antisemitismus-demonstrationen (Zugriff: 15.09.2014). 259 Vgl. Elias Natmessnig: „Wir wollen keine antisemitischen Demos in Wien“. In: Kurier, 21.07.2014, http://kurier.at/politik/ausland/europa-gaza-krieg-loest-antisemitische-welle-aus/75.974.982 (Zugriff: 15.09.2014). 260 Vgl. Benz: Antisemitismus, S. 200-202. 261 Vgl. ebd., S. 203. 262 Siehe dazu etwa Wolfgang Benz/ Juliane Wetzel: Antisemitismus und radikaler Islamismus. Aspekte und Dimensionen eines Problems. In: Wolfgang Benz/ Juliane Wetzel (Hg.): Antisemitismus und radikaler Islamismus (=Antisemitismus: Geschichte und Strukturen 4). Essen 2007, S. 9-22, hier S. 19. 263 Vgl. Interview mit Lamya Kaddor in Petra Schellen: Islamwissenschaftlerin über Antisemitismus: „Israel bietet sich als Feindbild an“. In: taz, 21.07.2014, http://www.taz.de/!142828/ (Zugriff: 15.09.2014). 50

Gruppen zu einem der üblichsten Schimpfworte geworden. Vorurteile, Stereotypen, Verschwörungstheorien grassieren in diesen Communities.“264

Teilweise wird der Antisemitismus in muslimischen Communities aus der muslimischen Religion heraus begründet, da seine Vertreter immer wieder auf religiöse Bezüge und auf den Koran verweisen. Doch dieser These wird in der Wissenschaft wie auch in den muslimischen Communities häufig widersprochen. Der Islamwissenschaftler Michael Kiefer etwa ist vielmehr der Ansicht, die unter Muslimen in Europa verbreitete Judenfeindlichkeit sei am europäisch geprägten Antisemitismus orientiert. Dies zeige sich beispielsweise am so weit verbreiteten Stereotyp der Verschwörung und der Machtfantasien des „Weltjudentums“ – ein typisches Vorurteil des europäischen Antisemitismus. Im Rahmen der traditionell muslimischen Judenfeindlichkeit war vielmehr das Bild des „schwachen“ und „ängstlichen“ Juden verbreitet.265 Auch für die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer „ist die islamistische Hassrhetorik eher ein Reimport aus Europa“266 Dies zeigt sich etwa auch in der Tatsache, dass Hitlers „Mein Kampf“ dem arabischen Antisemitismus häufig als Propagandamittel dient.267

8. Streitbare Demokratie und Verbotsgesetz

8.1. Begriffsentstehung und Debatte

Der Begriff der „streitbaren Demokratie“ (oder der „wehrhaften Demokratie“; engl. „militant democracy“) wurde von dem deutschen beziehungsweise US-amerikanischen Juristen Karl Löwenstein geprägt. In zwei 1937 im „American Political Science Review“ veröffentlichten Artikeln machte er das Fehlen von Instrumenten zur Bekämpfung antidemokratischer Tendenzen für das Scheitern der Weimarer Republik und anderer Demokratien in der Zwischenkriegszeit verantwortlich. Der Jurist zeigte sich überzeugt, dass demokratische Systeme Mechanismen brauchen, um moderne antidemokratische Bewegungen, die im Rahmen rechtlich zulässiger Möglichkeiten der Demokratie

264 Ahmad Mansour: So tief sitzt der Hass. Antisemitismus in muslimischen Communities. In: Der Tagesspiegel, 09.09.2012, http://www.tagesspiegel.de/kultur/antisemitismus-in-muslimischen-communities-so-tief-sitzt-der- hass/7111428.html (Zugriff: 15.09.2014). 265 Vgl. Michael Kiefer: Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen. Randphänomen oder Problem? In: Bundeszentrale für politische Bildung, 24.10.2012, http://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/145728 (Zugriff: 15.09.2014). Vgl. auch Benz/ Wetzel: Antisemitismus und radikaler Islamismus, S. 12. 266 Krämer zit. n. Eva Marie Kogel: Auf den Spuren des arabischen Antisemitismus. In: Die Welt, 27.07.2014, http://www.welt.de/politik/ausland/article130595133 (Zugriff: 15.09.2014). 267 Vgl. Interview mit Lamya Kaddor in Schellen: Islamwissenschaftlerin über Antisemitismus. 51 handeln, wirksam abfangen zu können.268 Die damalige Debatte war natürlich stark von Aufstieg und Machtergreifung der Nationalsozialisten beeinflusst: „Dass eine auf verfassungsmäßigem Weg bewerkstelligte Beseitigung der Demokratie ein praktisch durchaus relevantes Problem ist, zeigt die historische Erfahrung des Nationalsozialismus.“269 Auch heute noch können diese historischen Zusammenhänge nicht aus der Diskussion rund um die streitbare Demokratie ausgeklammert werden. Zusätzlich flossen im Laufe der Jahrzehnte jedoch auch die Themenbereiche Kalter Krieg sowie die spätestens seit den Terroranschlägen des 09. September 2001 besonders mediendominante Bedrohung durch den radikalislamistischen Terrorismus ein.270

Der österreichische Rechtswissenschaftler Otto Pfersmann bringt die Ambivalenz der rechtspolitischen Frage um die Sinnhaftigkeit einer wehrhaft ausgestalteten Demokratie auf den Punkt, wenn er feststellt: „While strict democracy may be structurally weak, strong democracy may eventually not be democratic.“271

Natürlich muss, um überhaupt von einem demokratischen System sprechen zu können, die Möglichkeit eines politischen Pluralismus jedenfalls erhalten bleiben. Es liegt im Wesen der Demokratie, verschiedene Meinungen, Ansichten und Ziele im politischen Wettbewerb zuzulassen.272 Hans Kelsen, der häufig als „Vater“ der österreichischen Verfassung bezeichnet wird, stellte daher fest:

„Bleibt sie [die Demokratie, Anm. d. Verf.] sich selbst treu, muß sie auch eine auf Vernichtung der Demokratie gerichtete Bewegung dulden, muß sie ihr wie jeder anderen politischen Überzeugung die gleiche Entwicklungsmöglichkeit gewähren. […] Eine Demokratie, die sich gegen den Willen der Mehrheit zu behaupten hat, gar mit Gewalt sich zu behaupten versucht, hat aufgehört, Demokratie zu sein.“273

Diese strikte Ablehnung des Konzeptes der wehrhaften Demokratie ist jedoch auch in der österreichischen Diskussion längst nicht mehr unumstritten. Nach Karl Löwenstein sprach sich auch

268 Vgl. Shlomo Avineri: Introduction. In: András Sajó (Hg.): Militant Democracy. Utrecht 2004, S. 1-14, hier S. 1f sowie Julia Gerlach: Die Vereinsverbotspraxis der streitbaren Demokratie: Verbieten oder Nicht-Verbieten? (=Extremismus und Demokratie 22). Baden-Baden 2012, S. 55f. 269 Rudolf Thienel: Wehrlose oder streitbare Demokratie? In: JRP 2005, S. 163-172, hier S. 164. 270 Vgl. Avineri: Introduction, S. 1f sowie Gerlach: Vereinsverbotspraxis der streitbaren Demokratie, S. 55f. 271 Otto Pfersmann: Shaping Militant Democracy. Legal Limits to Democratic Stability. In: András Sajó (Hg.): Militant Democracy. Utrecht 2004, S. 47-68, hier S. 48. 272 Vgl. Thienel: Wehrlose oder streitbare Demokratie?, S. 164. 273 Kelsen zit. n. Herbert Schambeck: Gedanken über die wehrhafte Demokratie. Ein Beitrag zum Verständnis der Parteistaatlichkeit in Österreich und Deutschland. In: Hans-Detlef Horn (Hg.): Recht im Pluralismus. Festschrift für Walter Schmitt Glaeser zum 70. Geburtstag. Berlin 2003, S. 75-102, S. 96f. 52

Karl Popper 1957 in seinem Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ gegen zu große Freiheit aus. Die „Tyrannei“ entstehe aus der Demokratie heraus, da zu große Freiheit in den Menschen ein Bedürfnis nach „Tyrannei“ wecken würde.274 Der österreichisch-britische Philosoph argumentierte, „uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz“275. Die Gesellschaft dürfe den Intoleranten keine Toleranz einräumen, sondern müsse sich vielmehr gegen sie verteidigen, da ansonsten „die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen“276. Es sollten allerdings nicht sämtliche intoleranten Strömungen zwangsläufig mit Gewalt bekämpft werden. Solange eine Gefahr durch rationale Argumente gebannt werden kann, seien diese als Abwehrmaßnahme zu bevorzugen. Doch für den Fall, dass dies nicht möglich ist, sollte ein weiterführendes Instrumentarium zur Bekämpfung jener intoleranten Bewegungen bereitstehen.277

Rudolf Thienel argumentiert außerdem, dass allein die Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen für die Notwendigkeit einer streitbaren Demokratie spreche. Die Möglichkeit für eine bestimmte Mehrheit, zu einem bestimmten Zeitpunkt auch für künftige Generationen das von Selbstbestimmung und Freiheit getragene demokratische System abzuschaffen, sei nicht vertretbar.278

Der deutsche Rechtswissenschaftler Martin Klamt negiert sogar das in der Diskussion so häufig identifizierte „demokratische Dilemma“279, inwieweit eine auf Freiheit beruhende Demokratie Freiheiten einschränken kann, um sich vor Angriffen zu schützen.280 Da der eigene Schutz für eine Demokratie wesensnotwendig sei, stelle ein als streitbar ausgestaltetes demokratisches System keinen Widerspruch dar. Daher könne ein Dilemma gar nicht vorliegen.281 Eine ähnliche Ansicht vertritt Herbert Schambeck, der im Erkennen der Notwendigkeit einer „Selbstbeherrschung zur Selbstverwirklichung“ erst die wahre „Reife der Demokratie eines Staates“ sieht.282

Durch den Zusammenhang der Debatte rund um die streitbare Demokratie mit der nationalsozialistischen Machtergreifung und dem darauffolgenden historisch beispiellosen Genozid

274 Vgl. Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde I. Der Zauber Platons. 7. Auflage. Tübingen 1992, S. 332f. 275 Ebd., S. 333. 276 Ebd. 277 Vgl. ebd. 278 Vgl. Thienel: Wehrlose oder streitbare Demokratie?, S. 164. 279 Siehe etwa Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 19f. 280 Vgl. Martin Klamt: Die Europäische Union als Streitbare Demokratie. Rechtsvergleichende und europarechtliche Dimensionen einer Idee (=Europäisches und Internationales Recht 79). München 2012, S. 22. 281 Vgl. ebd., S. 24. 282 Vgl. Schambeck: Gedanken über die wehrhafte Demokratie, S. 102. 53 ist die Relevanz der Thematik für die Frage nach dem rechtspolitischen Sinn des österreichischen Verbotsgesetzes evident. Zweifelsohne handelt es sich bei den Bestimmungen jenes Gesetzes um Elemente einer wehrhaften Demokratie, der die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich gegen ihre nationalsozialistischen Feinde zu wehren. Insofern muss das Verbotsgesetz zwangsläufig Teil einer umfassenden rechtspolitischen Debatte um die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines als streitbar ausgestalteten demokratischen Systems sein.

8.2. Rechtslage

Im Gegensatz zum deutschen Grundgesetz etwa, das durch die sogenannte „Ewigkeitsklausel“ die Änderung oder Abschaffung grundlegender Verfassungsgrundsätze unmöglich macht, enthält die österreichische Bundesverfassung kaum Bestimmungen zur Abwehr antidemokratischer Tendenzen. Ein Element einer streitbaren Demokratie im österreichischen Verfassungsrecht stellt jedoch das Verbotsgesetz dar, das die Ausnützung rechtlich zulässiger, demokratischer Mechanismen und Mittel durch nationalsozialistische Bewegungen hintanhalten soll.283

Die herrschende Lehre in Österreich geht daher davon aus, dass die Demokratie durch eine Gesamtänderung der Bundesverfassung und der im Rahmen dessen erforderlichen Volksabstimmung beseitigt werden könnte. Es handle sich bei der österreichischen Demokratie nicht um eine wehrhafte, sondern vielmehr um eine neutrale, tolerante Demokratie – lediglich die verfassungsrechtlich verankerten Bestimmungen zum Schutz vor nationalsozialistischen Betätigungen würden eine Ausnahme davon darstellen.284 Zwar sei es zulässig, kriminelle Betätigungen, wie etwa Gewaltaufrufe oder ähnliches, über das Strafrecht zu unterbinden, doch Betätigungen, die sich im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen bewegen, müssten geduldet werden.285

Eine von dieser überwiegend vertretenen Meinung abweichende Ansicht äußerte der österreichische Jurist Rudolf Thienel in seinem 2005 erschienen Artikel „Wehrlose oder streitbare Demokratie?“. Er betrachtet die Annahme einer „radikalen weltanschaulichen Neutralität“286 der österreichischen Verfassung als zweifelhaft. Er lehnt die Darlegung, die Bestimmungen zum Schutz vor nationalsozialistischem Gedankengut seien eine Ausnahme, ab und argumentiert, dass es sich bei

283 Vgl. Kurat: Kein Bollwerk an der Rechts-Grenze, S. 108-110. 284 Vgl. Thienel: Wehrlose oder streitbare Demokratie?, S. 165 sowie Kurat: Kein Bollwerk an der Rechts- Grenze, S. 109. 285 Siehe etwa Kurat: Kein Bollwerk an der Rechts-Grenze, S. 109. 286 Thienel: Wehrlose oder streitbare Demokratie?, S. 164. 54 diesen vielmehr um ein Indiz dafür handle, dass Bestimmungen zum Schutz der demokratischen Ordnung mit der Verfassung vereinbar seien. Außerdem interpretiert Thienel das Erkenntnis des VfGH aus 1948, in dem dieser feststellte, dass die Erlassung des Nationalsozialistengesetzes keine Gesamtänderung darstelle, als einen Hinweis darauf, dass auch andere Schutzmaßnahmen im Sinne einer streitbaren Demokratie zulässig wären.287 Zudem verweist der Jurist auf die Verpflichtung Österreichs nach Art 6 Abs 1 EUV, ein demokratisches System beizubehalten. Diese bestehe nicht nur völkerrechtlich, sondern durch die im Rahmen des Beitritts zur Europäischen Union erfolgte Gesamtänderung der Bundesverfassung sei sie auch in das nationale Verfassungsrecht eingeflossen.288

Birklbauer und Kneihs lehnen derartige Interpretationen in ihrem Kommentar zum Verbotsgesetz explizit ab. Sie vertreten die Ansicht, dass durch die Ausklammerung einer mit dem deutschen Grundgesetz vergleichbaren „Ewigkeitsklausel“ die Möglichkeit einer Totalrevision bewusst offen gelassen wurde. Für eine Ausgestaltung als streitbare Demokratie hätten ausdrückliche Bestimmungen erlassen werden müssen.289 Nach der aktuellen österreichischen Verfassungsrechtslage müsse eine Totalrevision „demnach gerade nicht demokratisch sein, sie muss nur demokratisch zustande kommen“290. Die beiden Juristen identifizieren daher ein Spannungsverhältnis des Verbotsgesetzes zum demokratischen Prinzip, soweit es um Parteigründung und nationalsozialistische Propaganda geht.291

8.3. Antinationalsozialistisches Grundprinzip oder antinationalsozialistischer Grundkonsens?

Klaus Zeleny, wissenschaftlicher Mitarbeiter am VwGH, lehnt die Annahme einer wehrhaften Demokratie in Österreich ebenfalls ab. Es sei nicht Zweck diverser Bestimmungen des Verbotsgesetzes, insbesondere des § 1, eine streitbare Demokratie einzuleiten, sondern es handle sich um eine Ausnahme, die ausschließlich dem Schutz vor nationalsozialistischen Strömungen dienen sollte.292

287 Vgl. Thienel: Wehrlose oder streitbare Demokratie?, S. 168. 288 Vgl. ebd., S. 169. 289 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 19. 290 Ebd. 291 Vgl. ebd. 292 Vgl. Klaus Zeleny: Enthält die österreichische Bundesverfassung ein antinationalsozialistisches Grundprinzip? Teil 1. In: Juridicum 2004/4, S. 185. 55

Und doch sieht der Rechtswissenschaftler in Bestimmungen des Verbotsgesetzes teilweise starke Einschränkungen des demokratischen, des liberalen sowie des rechtsstaatlichen Grundprinzips der österreichischen Verfassung. Er geht jedoch nicht von einem Übergang Österreichs zu einer streitbaren Demokratie aus, sondern vielmehr davon, dass nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes ein „antinationalsozialistisches Grundprinzip“ in die Verfassung Eingang gefunden hat.293 Bei den sogenannten „Grundprinzipien“ handelt es sich um fundamentale Verfassungsgrundsätze. Für eine Änderung dieser Grundsätze, die als „Gesamtänderung“ der Bundesverfassung bezeichnet wird, ist nach Art 44 Abs 3 B-VG eine Volksabstimmung erforderlich. Wann eine solche Gesamtänderung vorliegt, legt der Verfassungstext allerdings nicht explizit fest und ist daher aus den Bestimmungen der Verfassung zu erschließen.294

Im Hinblick auf das demokratische Grundprinzip stellt Zeleny zunächst fest, dass das System der politischen Parteien in Österreich ausgesprochen frei und liberal ausgestaltet ist. Man räumte den politischen Parteien bewusst größtmögliche Freiheit ein. Angesichts dieses „überaus liberalen Demokratiebegriff des B-VG“ stelle § 1 Verbotsgesetz, der ein Verbot der NSDAP statuiert, einen massiven Eingriff in das demokratische Grundprinzip dar, womit sich argumentieren lasse, dass es sich bei seiner Erlassung um eine Gesamtänderung der Bundesverfassung gehandelt habe. Eine wehrhafte Demokratie habe dies jedoch nicht begründet.295

Mit dem liberalen Grundprinzip, das dem Einzelnen größtmögliche Freiheit gegenüber dem Staat einräumt, in massiverem Widerspruch würden § 3 Verbotsgesetz sowie vor allem auch die Bestimmungen der §§ 4 ff Verbotsgesetz stehen, die unmittelbar nach Kriegsende der Entnazifizierung dienen sollten. Bei § 3 Verbotsgesetz liege dies an seinem Spannungsverhältnis zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit, bei den Entnazifizierungsvorschriften an der Beschränkung der Vereinsfreiheit, der gleichen Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern, der Freiheit der Erwerbstätigkeit sowie des Gleichheitssatzes. Zwar könne man, so Zeleny, bei Betrachtung einer einzelnen dieser Bestimmungen noch nicht von einer Änderung des liberalen Grundprinzips sprechen, doch in ihrer Gesamtheit stellen sie seiner Ansicht nach durchaus eine Gesamtänderung der Verfassung dar.296

Das rechtsstaatliche Grundprinzip räumt unter anderem Rechtsschutz gegen Entscheidungen des Staates ein, beispielsweise in Form von Instanzenzügen im Strafrecht. Dass den durch das

293 Vgl. Zeleny: Antinationalsozialistisches Grundprinzip? Teil 1, S. 185. 294 Vgl. ebd., S. 182. 295 Vgl. ebd., S. 184. 296 Vgl. Klaus Zeleny: Enthält die österreichische Bundesverfassung ein antinationalsozialistisches Grundprinzip? Teil 2. In: Juridikum 2005/1, S. 22f. 56

Verbotsgesetz eingesetzten Volksgerichten keine Kontrollinstanz nachgereiht war, die Urteile auch in Abwesenheit des Angeklagten gefällt werden konnten und Täter für Verhalten bestraft werden konnten, das zur Zeit der Begehung nicht strafbar gewesen war, sieht Zeleny als starke Einschränkungen des rechtsstaatlichen Grundprinzips, weshalb ihm die Annahme einer Gesamtänderung der Verfassung vertretbar erscheint.297

Im Hinblick auf all diese von ihm festgestellten Änderungen von demokratischem, liberalem und rechtsstaatlichem Grundprinzip sowie der klaren „antinationalsozialistischen Grundhaltung“, die darin zum Ausdruck komme, nimmt Klaus Zeleny nicht nur eine Gesamtänderung jener Verfassungsgrundsätze an, sondern überhaupt die Einführung des „antinationalsozialistischen Grundprinzips“.298 Dass keine Volksabstimmung erfolgte, hätte in diesem Fall dem formell korrekten Zustandekommen des neuen Grundprinzips der Verfassung keinen Abbruch getan. Die Provisorische Staatsregierung war damals mit der vollen Gesetzgebungsgewalt betraut und somit gehörte auch eine Gesamtänderung der Verfassung zu ihrem Kompetenzbereich. Die Bestimmungen der Vorläufigen Verfassung sollten anstatt jener Bestimmungen des B-VG gelten, die „tatsächlich undurchführbar geworden sind“ und eine Volksabstimmung sei 1945 zweifelsfrei „undurchführbar“ gewesen.

Alois Birklbauer und Benjamin Kneihs hingegen bezeichnen die Annahme eines „antinationalsozialistischen Grundprinzips“ der Verfassung als „denkbar unplausibel“. Die beiden Rechtswissenschaftler argumentieren, dass man zur Zeit der Entstehung des Verbotsgesetzes nicht einmal auf den Gedanken gekommen sei, dass dieses Einschränkungen für das demokratische Prinzip bedeuten würde – vielmehr hätte man mit den Bestimmungen die Demokratie festigen wollen.299 Allerdings hätte man der Demokratie durch die Erlassung des Verbotsgesetzes durchaus eine ausdrückliche antinationalsozialistische Ausrichtung gegeben. Das in Verfassungsrang gehobene Gesetz und die mit ihm verbundene, entschiedene Ablehnung nationalsozialistischer Strömungen sollten eine wesentliche Bedeutung für die Wiederherstellung der demokratischen Republik haben. Birklbauer und Kneihs negieren also die Existenz eines „antinationalsozialistischen Grundprinzips“, gehen aber davon aus, dass nach Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ ein antinationalsozialistischer Grundkonsens in das Demokratieverständnis der österreichischen Verfassung eingeflossen ist.300

297 Vgl. Zeleny: Antinationalsozialistisches Grundprinzip? Teil 2, S. 23. 298 Vgl. ebd., S. 24. 299 Vgl. Birklbauer/ Kneihs: Art I Verbotsgesetz, S. 22. 300 Vgl. ebd., S. 13. 57

9. Kontroverse Fragestellungen

Jene Aspekte des Verbotsgesetzes, die in der rechts- und der gesellschaftspolitischen Debatte besonders dominant und öffentlichkeitswirksam diskutiert werden, wurden im bisherigen Verlauf dieser Arbeit größtenteils bereits angedeutet. Um jedoch eine stärkere Klarheit und Strukturiertheit für das Verständnis der Ausführungen zur konkreten rechtspolitischen Debatte zu schaffen, sollen die wesentlichen Gesichtspunkte besonders kontroverser Fragestellungen an dieser Stelle in geraffter Form neuerlich dargestellt werden.

9.1. Meinungsfreiheit

Das dominanteste Thema in der öffentlichen Diskussion rund um das Verbotsgesetz stellt sein aus dogmatischer Sicht bereits ausführlich erläutertes Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit dar. Das Vorhandensein dieses Spannungsverhältnisses sowie die Tatsache, dass die Bestimmungen des Verbotsgesetzes eine Beschränkung der Meinungsfreiheit darstellen, sind rechtlich unbestritten. Eine Verletzung des von Art 13 StGG und Art 10 EMRK geschützten Grundrechts stellen sie jedoch nicht dar (siehe dogmatischer Teil der Arbeit, 3. Verhältnis Verbotsgesetz und Meinungsfreiheit). Angesichts dieses Ergebnisses der dogmatischen Betrachtung des Verhältnisses von Verbotsgesetz und Meinungsfreiheit ist eine kontroverse rechtspolitische Debatte über eine Abschaffung des Verbotsgesetzes zugunsten der Meinungsfreiheit möglich und legitim. Auch wenn keine Verletzung eines verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts vorliegt, kann – eben auf rechtspolitischer Ebene – für eine Abschaffung argumentiert werden. Besonders häufig fokussiert die Debatte dabei auf § 3h Verbotsgesetz, der Leugnung, gröbliche Verharmlosung, Gutheißen und Rechtfertigen des nationalsozialistischen Völkermordes an Juden, Sinti, Roma und anderen als „minderwertig“ betrachteten Personen pönalisiert.

9.2. Strafausmaß

Ein weiterer Aspekt des Verbotsgesetzes, der immer wieder kontrovers diskutiert wird, ist das Maß der in ihm enthaltenen Strafdrohungen. Der Gesetzgeber geht offenbar von einem deutlich erhöhten Unrechtsgehalt aus, wenn strafbare Handlungen vor dem Hintergrund einer nationalsozialistischen Gesinnung begangen werden und unterstellt die Tathandlungen nach dem Verbotsgesetz daher höheren Strafdrohungen als die vergleichbaren Handlungen nach StGB.

58

§ 3a Verbotsgesetz, der Partei- und Verbandsverbote statuiert, enthält eine Strafdrohung im Ausmaß von zehn bis zu zwanzig Jahren. Die Strafdrohungen für staatsfeindliche Verbindungen und kriminelle Organisationen nach StGB betragen bis fünf Jahre, für bewaffnete Verbindungen bis drei Jahre.301

Die untergeordnete Teilnahme oder Unterstützung einer nationalsozialistischen Organisation oder Verbindung wird durch § 3b Verbotsgesetz mit fünf bis zu zwanzig Jahren, die einfache Teilnahme an einer anderen staatsfeindlichen Verbindung mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht.302

Das öffentliche Auffordern, Aneifern und Verleiten zu einer der nach § 1 oder § 3 Verbotsgesetz verbotenen Handlungen wird in § 3d mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bedroht. Die öffentliche Aufforderung zu Straftaten ohne nationalsozialistischen Hintergrund wird hingegen mit bis zu zwei Jahren bestraft.303

§ 3f Verbotsgesetz schafft einen Tatbestand für die Begehung eines Mordes, eines Raubes, einer Brandstiftung, einer schweren Sachbeschädigung, einer vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel oder einer vorsätzlichen Gemeingefährdung als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn. Das angedrohte Strafausmaß liegt bei zehn bis zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bei lebenslanger Freiheitsstrafe. Abgesehen von der Straftat des Mordes, stellt dies eine erhebliche Verschärfung der Strafdrohungen dar. Die schwere Sachbeschädigung nach StGB ist beispielsweise mit lediglich bis zu zwei Jahren zu bestrafen.304 Über § 3e Verbotsgesetz wird auch bereits die Verabredung zu einer solchen Straftat unter Strafe gestellt und mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht. Das StGB dagegen sieht für das verbrecherische Komplott eine Strafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor.305

Die Verfolgungsvereitelung bezüglich der durch die §§ 3a, 3b, 3d und 3e Verbotsgesetz pönalisierten Handlungen kann gemäß § 3i mit einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Für die allgemeine Variante dieser Straftat sieht das StGB bis zu zwei Jahre vor.306

301 Siehe §§ 246 Abs 1, 278a, 279 StGB; vgl. Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 759. 302 Siehe § 246 Abs 3 StGB; vgl. ebd. 303 Siehe §§ 281, 282, 282a StGB; vgl. ebd. 304 Siehe §§ 75, 142, 126, 173, 176 StGB; vgl. ebd., S. 759f. 305 Siehe § 277 Abs 1 StGB; vgl. ebd. 306 Siehe § 286 Abs 1 StGB; vgl. ebd., S. 760. 59

Für den Auffangtatbestand des § 3g sowie für die sogenannte „Auschwitz-Lüge“ nach § 3h Verbotsgesetz sind Strafrahmen von ein bis zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren vorgesehen. Es finden sich keine vergleichbaren Strafbestimmungen im StGB.307

Immer wieder wird in der Debatte rund um das Verbotsgesetz die Forderung laut, diese hoch angesetzten Strafdrohungen herabzusetzen. Im Zusammenhang mit diesem Appell können zwei Motive unterschieden werden: Einerseits wird regelmäßig mit der Unverhältnismäßigkeit solch „drakonischer“ Strafdrohungen argumentiert. Sie seien einem entwickelten, modernen Rechtsstaat unwürdig und daher an jene des StGB anzugleichen oder zumindest herabzusetzen.308 Andererseits finden sich diejenigen Kritiker, die der Überzeugung sind, dass die hohen Strafdrohungen eine Hemmschwelle für Geschworene darstellen, für schuldig Befundene auch tatsächlich zu verurteilen. Eine Herabsetzung der Strafen, so das Argument, würde das Risiko von ungerechtfertigten Freisprüchen vermindern. Ein berühmter Vertreter dieser Ansicht war Simon Wiesenthal, der sich bereits im Rahmen der Verbotsgesetz-Novelle 1992 maßgeblich für die Herabsetzung der Strafdrohungen eingesetzt hatte.309

9.3. Zuständigkeit

Ebenfalls häufig diskutiert ist die in § 3j Verbotsgesetz festgelegte Zuständigkeit der Geschworenengerichtsbarkeit für Strafverfahren nach dem Verbotsgesetz. Kritiker plädieren für eine Änderung in der Zuständigkeit, da Geschworene, bei politischen Delikten generell und bei Delikten nach dem Verbotsgesetz – aufgrund der hohen Strafdrohungen – im Besonderen, zu großer Milde beziehungsweise gar zu ungerechtfertigten Freisprüchen tendieren würden.310 Gernot Hasiba bezeichnet dieses Phänomen in der Geschworenengerichtsbarkeit als „notorische Neigung zur Milde bei politischen Delikten“311. Dieser Konfliktpunkt geht häufig mit einer allgemeinen Debatte um eine Reform oder gar Abschaffung der Geschworenengerichtsbarkeit einher. Neben der Neigung zu rechtlich nicht fundierter Milde werden meist auch die fehlende juristische Kompetenz und eine potentiell daraus resultierende Überforderung ins Treffen geführt. Darüber hinaus werden das Fehlen einer

307 Vgl. Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 761. 308 Siehe beispielsweise ebd., S. 758-762 oder Richard Soyer: Verbotsgesetz. Strafrahmen senken. In: Die Presse, 09.01.2006, http://diepresse.com/home/recht/rechtspanorama/100509 (Zugriff: 22.10.2014). 309 AB 387 BlgNR 18. GP 3. 310 Siehe etwa die Argumentation der SPÖ im Rahmen der Verbotsgesetz-Novelle 1992: IA 139/A 18. GP Erläut 4-5. 311 Hasiba: NS-Verbotsgesetz, S. 180. 60

Begründungspflicht und die dadurch verursachte Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten problematisch gesehen.312

10. Aktuelle gesellschaftspolitische Debatte

Nicht immer finden rechtspolitische Diskussionen zu gesetzgeberischen Fragen ausschließlich in Expertengremien und Ausschüssen des Nationalrates statt. Insbesondere bei emotional aufgeladenen Themen wie den Strafbestimmungen des Verbotsgesetzes lässt sich im gesellschaftspolitischen Diskurs – getragen von politischen Parteien sowie der Zivilgesellschaft, vermittelt primär durch die Medien – eine rege Debatte beobachten.

Politische Parteien übermitteln die offizielle Linie zumeist über Presseaussendungen oder über Äußerungen wichtiger Parteivertreter gegenüber Medien. Zu diesen Stellungnahmen kommt es mitunter ganz ohne konkreten Auslöser, teils als Reaktion auf Äußerungen aus anderen politischen Lagern oder auch vor dem Hintergrund bestimmter einschlägiger Tagesereignisse, wie etwa aktueller Prozesse aufgrund vermeintlicher Straftaten nach dem Verbotsgesetz.

Im Rahmen der sich an der Debatte beteiligenden Zivilgesellschaft können wiederum zwei Formen unterschieden werden: Einerseits kommt es vor allem seit der Verhaftung des britischen „Revisionisten“ David Irving als eine Art „Auslöserereignis“ regelmäßig zu Veröffentlichungen von (Gast-)Kommentaren durch Journalisten und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen (Rechtswissenschaften, Philosophie, Soziologie, Psychologie) in österreichischen Tageszeitungen – überwiegend in jenen, die den Anspruch stellen, sogenannte „Qualitätsmedien“ zu sein. Andererseits findet der interessierte Beobachter – dank den Diskussionsplattformen, die uns das World Wide Web zur Verfügung stellt – auch zahlreiche Foren, in denen User anonym, weniger formalistisch und oftmals wesentlich emotionaler über rechtspolitische Aspekte des Verbotsgesetzes diskutieren.

Im Folgenden sollen diese drei verschiedenen und dabei doch ineinandergreifenden Ebenen der gesellschaftspolitischen Debatte rund um das Verbotsgesetz dargestellt und aufgearbeitet werden.

312 Siehe beispielsweise Wolfgang Aistleitner: Denkmalschutz für Geschworenengerichte? In: Juridikum 2001/1, S. 44-46; o.A.: Prozess Iris-Maria. Einige Richter gegen Geschworenengerichtsbarkeit. In: Der Standard, 03.07.2006, http://derstandard.at/2498597 (Zugriff: 23.10.2014); o.A.: Abschaffung der Geschworenengerichtsbarkeit? In: Juridicum Journal: Rechtspanorama im Juridicum, 10.06.2009, http://journal.juridicum.at/?c=145&a=2152 (Zugriff: 23.10.2014); o.A.: Debatte um Geschworenengerichtsbarkeit. In: orf.at, 29.06.2006, http://wiev1.orf.at/stories/119219 (Zugriff: 23.10.2014). 61

10.1. Politische Parteien

Wie bereits angedeutet, kann die Affäre rund um den britischen „Revisionisten“ David Irving, der im November 2005 in Österreich verhaftet313 und im Februar des darauffolgenden Jahres zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt wurde314, als ein erster Auslöser für die neuere öffentlichkeitswirksame Debatte um das Verbotsgesetz gesehen werden. Vor allem die Verurteilung des Briten wurde medial derart dominant (auch über die Landesgrenzen hinaus315), dass zumindest die beiden Großparteien SPÖ und ÖVP nicht um eine öffentliche Stellungnahme umhin kamen: Von Seiten der SPÖ äußerte sich der Justizsprecher der Partei Hannes Jarolim zur ausgesprochenen Haftstrafe, bezeichnete sie als „gerechtfertigt“ und betonte, dass es sich bei der Leugnung der Shoa nicht um ein Meinungsdelikt handle.316 In eine ähnlich eindeutige Richtung ging die Stellungnahme des der ÖVP zugehörigen damaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol, der mitteilte, er sei „befriedigt“. Er zog einen Vergleich zu den Mohammed-Karikaturen und meinte, es handle sich bei beiden Fällen um Situationen, in denen Grenzen der Meinungsfreiheit zum Vorschein kommen.317 Die Justizsprecherin der Grünen Terezija Stoisits vertrat die Ansicht, dass das Urteil gegen den „penetranten, nachhaltigen“ Shoa-Leugner „passt“.318

Auch in den Jahren nach der Affäre David Irving zeigt sich in öffentlichen Äußerungen von Parteivertretern sowie in diversen Presseaussendungen319 eine klare Linie der SPÖ, in der sie sich für

313 Vgl. etwa Irene Brickner/ Peter Mayr/ Colette Schmidt: Skandalhistoriker Irving in Haft. In: Der Standard, 22.11.2005, http://derstandard.at/2246328 (Zugriff: 01.11.2014). 314 Vgl. etwa Oliver Pink: Irving-Prozess: „So schafft man Märtyrer“. In: Die Presse, 22.02.2006, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/83347 (Zugriff: 01.11.2014). 315 Siehe etwa o.A.: Österreich: Holocaust-Leugner Irving festgenommen. In: Spiegel Online, 17.11.2005, http://www.spiegel.de/politik/ausland/oesterreich-holocaust-leugner-irving-festgenommen-a-385513.html (Zugriff: 01.11.2014); o.A.: Italien: Protest wegen Irvings Festnahme. In: Vienna Online, 18.11.2005, http://www.vienna.at/italien-protest-wegen-irvings-festnahme/vol-news-ibasagic-20051118-051400 (Zugriff: 01.11.2014); o.A.: Holocaust denier Irving is jailed. In: BBC News, 20.02.2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/4733820.stm (Zugriff: 01.11.2014); Anna Reimann: Interview mit Historiker Wehler: „Mitleid mit Irving ist verfehlt“. In: Spiegel Online, 21.02.2006, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/interview-mit-historiker-wehler-mitleid-mit-irving-ist-verfehlt-a- 402284-druck.html (Zugriff: 01.11.2014); Eva Menasse: Mehr als ein Spinner. In: Zeit Online, 22.03.2007, http://www.zeit.de/2007/13/Mehr_als_ein_Spinner (Zugriff: 01.11.2014). 316 Vgl. Pink: Irving-Prozess. 317 Vgl. ebd. 318 Vgl. ebd. 319 Siehe etwa Hannes Jarolim zit. n. SPÖ-Parlamentsklub: Presseaussendung: Jarolim: Hofers Kritik am Verbotsgesetz äußerst bedenklich. In: APA Originaltext-Service, 05.11.2013, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20131105_OTS0141/jarolim-hofers-kritik-am-verbotsgesetz- aeusserst-bedenklich (Zugriff: 02.11.2014); Laura Rudas zit. n. o.A.: Rosenkranz für Aufhebung von NS- Verbotsgesetz. In: Die Presse, 03.03.2010, http://diepresse.com/home/politik/hofburgwahl/543760/Rosenkranz-fur-Aufhebung-von-NSVerbotsgesetz (Zugriff: 02.11.2014). 62 die Sinnhaftigkeit einer Beibehaltung des Verbotsgesetzes ausspricht. Häufig äußerte sich diese Positionierung in der Form, dass Forderungen einer Abschaffung des Verbotsgesetzes durch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, insbesondere Politiker anderer Parteien, von Seiten der SPÖ aufs Schärfste kritisiert wurden. In einer Presseaussendung des SPÖ Klubs im Mai 2014 wird der Klubvorsitzende Rudi Schicker mit den Worten zitiert: „Freie Meinungsäußerung endet da, wo das Verbotsgesetz beginnt. […] Einschlägige Parolen und Gesten haben in diesem Europa nichts verloren!“320

Auch offizielle Stellungnahmen von Seiten der Österreichischen Volkspartei bejahen nach wie vor die Notwendigkeit des Verbotsgesetzes. Ein markantes Beispiel für die eindeutige Haltung stellt die scharfe Reaktion auf eine Forderung nach einer „ersatzlosen Aufhebung“ des Verbotsgesetzes durch die Wiener Landesorganisation des ÖVP-nahen Wiener Akademikerbundes dar. Die ÖVP distanzierte sich klar, schloss den Landesobmann Josef Müller aus der Partei aus und entschied, dass sich der Wiener Akademikerbund nicht mehr als ÖVP-Vorfeldorganisation bezeichnen dürfe.321 Eine ähnlich klare Positionierung nahm die Volkspartei in Reaktion auf das Fehlen einer offiziellen Linie der Neos zum Verbotsgesetz ein. Der Verfassungssprecher der ÖVP Wolfgang Gerstl stellte im Rahmen einer scharfen Kritik an der fehlenden Positionierung fest, dass das Verbotsgesetz eine „klare Distanzierung der österreichischen Gesellschaft gegenüber allen Formen von Nazi- Gedankengut ausdrückt“ und es sich dabei um einen „der Grundpfeiler der 2. Republik“322 handle.

Innerhalb der Freiheitlichen Partei Österreichs kam es hingegen in den Jahren nach der Irving-Affäre vereinzelt zu öffentlich geäußerten Forderungen nach einer Abschaffung des Verbotsgesetzes, zum Teil von Seiten hochrangiger FPÖ-Politiker. Besonders mediendominant waren die Äußerungen der Bundespräsidentschaftskandidatin der FPÖ Barbara Rosenkranz im März 2013323 sowie von Norbert Hofer, der zunächst Vizeparteichef der FPÖ und später Dritter Nationalratspräsident war, im Jahr

320 Rudi Schicker zit. n. SPÖ Wien Rathausklub: Presseaussendung: SP-Schicker: Freie Meinungsäußerung endet, wo Verbotsgesetz beginnt. In: APA Originaltext-Service, 17.05.2014, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140517_OTS0013/sp-schicker-freie-meinungsaeusserung-endet- wo-verbotsgesetz-beginnt (Zugriff: 02.11.2014). 321 Vgl. Peter Mayr/ Karin Moser: ÖVP-Wirbel um Akademikerbund: Chef rausgeworfen. In: Der Standard, 24.03.2010, http://derstandard.at/1269045778329 (Zugriff: 02.11.2014); o.A.: Akademikerbund gegen Verbotsgesetz. Wirbel in ÖVP. In: Die Presse, 24.03.2010, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/548354 (Zugriff: 02.11.2014). 322 Wolfgang Gerstl zit. n. ÖVP Parlamentsklub: Presseaussendung: Gerstl: Fehlende Position zum Verbotsgesetz entlarvt Neos als nicht ernst zu nehmend. In: APA Originaltext-Service, 18.06.2014, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140618_OTS0143/ (Zugriff: 02.11.2014). 323 Vgl. o.A.: Rosenkranz für Aufhebung von NS-Verbotsgesetz. In: Die Presse, 03.03.2010, http://diepresse.com/home/politik/hofburgwahl/543760 (Zugriff: 02.11.2014). 63

2008 und neuerlich 2013324. Beide stellten das Verbotsgesetz im Hinblick auf die Bedeutung der Meinungsfreiheit in Frage. Die offizielle Position der Freiheitlichen Partei schließt sich jedoch einem deutlichen Bekenntnis zum Verbotsgesetz an. In einer Pressekonferenz im Rahmen des medialen Wirbels um die Äußerungen von Barbara Rosenkranz stellte Parteichef Heinz-Christian Strache klar:

„Ich sehe das Verbotsgesetz in seiner Gesamtheit in der heutigen Zeit insbesondere nicht nur als gesetzliches Instrument, sondern auch als eine Art wichtiges politisch-rechtliches Symbol für diese klare Distanzierung und messerscharfe Trennlinie zu den Verbrechen und der verbrecherischen Ideologie des Nationalsozialismus.“325

Offizielle Äußerungen von Vertretern der Grünen betonen ebenfalls regelmäßig, dass es von großer Wichtigkeit sei, das Verbotsgesetz beizubehalten.326 „Ein Rütteln am Verbotsgesetz verlässt den Grundkonsens der 2. Republik“327, meint etwa der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser im Rahmen einer Presseaussendung in Reaktion auf die Äußerungen Nobert Hofers.

Diese geraffte Darstellung der offiziellen öffentlichen Positionierungen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und den Grünen lässt innerhalb der parteipolitischen Debatte über die Berechtigung des Verbotsgesetzes eine stringente Linie der Befürwortung einer umfassenden Beibehaltung erkennen. Die vier großen politischen Parteien Österreichs bezeichnen in offiziellen Stellungnahmen die Existenz des Verbotsgesetzes in seinem gesamten Umfang als wesentlich und notwendig. Sie lehnen eine Abschaffung klar ab.

Die erst 2012 gegründete Partei „Das Neue Österreich und Liberales Forum“ (Neos) vertrat laut einer Presseaussendung der ÖVP vom Juni 2014 nach Angaben der Neo-Pressesprecherin Claudia Gamon zum damaligen Zeitpunkt keine offizielle Position zum Verbotsgesetz.328

324 Vgl. o.A.: Norbert Hofer: Verbotsgesetz „spießt sich mit Meinungsfreiheit“. In: Kurier, 04.11.2013, http://kurier.at/politik/inland/norbert-hofer-verbotsgesetz-spiesst-sich-mit-meinungsfreiheit/34.115.302 (Zugriff: 02.11.2014). 325 Heinz-Christian Strache zit. n. Freiheitlicher Parlamentsklub: Presseaussendung: FPÖ: Strache: Verbotsgesetz ist ein wichtiges politisch-rechtliches Symbol für klare Distanzierung von NS-Verbrechen. In: APA Originaltext- Service, 05.03.201, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20100305_OTS0197 (Zugriff: 02.11.2014). 326 Siehe etwa o.A.: „Negativ überrascht“: Kritik an Hofers Verbotsgesetz-Sager. In: Die Presse, 05.11.2013, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1472531 (Zugriff: 02.11.2014). 327 Albert Steinhauser zit. n. Grüner Klub im Parlament: Presseaussendung: Steinhauser: FP-Hofer verlässt mit seinem Rütteln am Verbotsgesetz Grundkonsens der 2. Republik. In: APA Originaltext-Service, 05.11.2013, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20131105_OTS0084 (Zugriff: 02.11.2014). 328 Vgl. Gerstl zit. n. ÖVP Parlamentsklub: Presseaussendung: Gerstl: Fehlende Position zum Verbotsgesetz entlarvt Neos als nicht ernst zu nehmend. 64

10.2. Zivilgesellschaft

Die offiziellen Debattenbeiträge der politischen Parteien richten sich zwar ganz deutlich gegen eine Abschaffung des Verbotsgesetzes, doch für die gesellschaftspolitische Diskussion in Öffentlichkeit und Medien lässt sich diese Tendenz nicht feststellen. Die Autorin kann sich der Beobachtung des Philosophen Wilfried Grießer, die Infragestellung der Sinnhaftigkeit des Verbotsgesetzes werde ausschließlich als „Sakrileg“ gesehen sowie zunehmend „kriminalisiert“ und man müsse dem Verbotsgesetz im öffentlichen Diskurs stets „die Ehrerbietung […] erweisen“,329 nicht anschließen. Die rechtspolitische Auseinandersetzung auf zivilgesellschaftlicher Ebene ist in ihrem Meinungsspektrum sehr breit. Zwar werden in Reaktion auf Stellungnahmen sowohl im Zeitungskommentarbereich als auch im informelleren Forumsbereich regelmäßig Gegenargumentationen veröffentlicht. Die Kontroversen bleiben überwiegend sachlich, und weder Gegner noch Befürworter des Verbotsgesetzes werden in erwähnenswertem Ausmaß diskreditiert.330

10.2.1. (Gast-)Kommentare u.Ä. in Print- und Online-Medien

Auch im Bereich der Zivilgesellschaft begann die neuere Debatte zum Verbotsgesetz im Jahr 2005 breitere öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Bereits in der ersten Jahreshälfte sorgten Äußerungen des FPÖ-Politikers John Gudenus zu den Gaskammern im „Dritten Reich“, die schließlich auch zu einer Verurteilung zu einem Jahr bedingter Haftstrafe führten331, für vereinzelte Medienberichterstattung.332 Hauptauslöser für ein intensives Aufflammen der Diskussion in den Kommentarspalten der österreichischen Printmedien war allerdings die bereits erwähnte Verhaftung des britischen „Revisionisten“ David Irving im November 2005. Die Aufmerksamkeit war so groß, dass sowohl das Ereignis selbst als auch die Anfänge der österreichischen Debatte bis in die „New York Times“ ihre Kreise zogen.333 Einer der ersten Kommentare dieser österreichischen Debatte war der in

329 Vgl. Wilfried Grießer: Verurteilte Sprache. Zur Dialektik des politischen Strafrechts in Europa. Frankfurt am Main 2012, S. 27 und 34. 330 Siehe etwa Isolde Charim: Verbotsgesetz: Wie meinen? In: Der Standard, 04.12.2005, http://derstandard.at/2264846 (Zugriff: 19.11.2014), die selbst für eine Beibehaltung des Verbotsgesetzes eintritt, dem Befürwortet einer Abschaffung, Christian Fleck, allerdings anerkennend zuerkennt, dass er „das notwendige Fingerspitzengefühl hat, um so eine Sache anzufassen“. 331 Vgl. o.A.: NS-Wiederbetätigung: Gudenus-Urteil in Kraft. In: Die Presse, 03.08.2006, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/84514 (Zugriff: 04.11.2014). 332 Siehe etwa Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Gudenus leugnet Gaskammern im „Dritten Reich“. Neues von ganz Rechts, http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz- rechts/archiv/juni-2005/gudenus-leugnet-gaskammern-im-dritten-reich (Zugriff: 04.11.2014); Christian Ortner: Quergeschrieben: Freiheit für die Deppen! In: Die Presse, 20.06.2005, http://diepresse.com/home/meinung/quergeschrieben/152726 (Zugriff: 04.11.2014). 333 Siehe Richard Bernstein: Austrian Judge Rules Holocaust Denier Must Stay in Jail. In: New York Times, 25.11.2005, http://www.nytimes.com/2005/11/25/international/europe/25cnd-irving.html (Zugriff: 65 der Tageszeitung „Der Standard“ veröffentlichte Kommentar des Grazer Soziologen Christian Fleck „Lasst den Irving doch reden!“334

Eine Schwierigkeit bei der näheren Auseinandersetzung mit der Diskussion ist die häufige Unklarheit in der Unterscheidung zwischen dem Verbotsgesetz und dem einzelnen Tatbestand der Shoa- Leugnung in § 3h. Diverse Kritiker scheinen sich tatsächlich auf das Gesetz in seiner Gesamtheit zu beziehen, während andere zwar vom „Verbotsgesetz“ sprechen, aus den Inhalten ihrer Argumentation jedoch recht offensichtlich hervorgeht, dass lediglich § 3h gemeint ist.335

Bei weitem nicht alle Befürworter einer Abschaffung betrachten bereits die Einführung des Verbotsgesetzes als kritikwürdig.336 Der Soziologe Christian Fleck etwa vertritt die Ansicht, dass in der Zeit unmittelbar nach 1945, als gerade erst ein verbrecherisches Regime überwunden worden war, Strafbestimmungen zur Beschränkung der Meinungsfreiheit durchaus angemessen gewesen seien.337

Heute befinde man sich jedoch nicht mehr in dieser historischen Ausnahmesituation – die Strafbestimmungen des Gesetzes beziehungsweise die Strafbestimmung des § 3h hätten mittlerweile ihre Berechtigung verloren. Christian Fleck argumentiert, wie viele andere Kritiker des Verbotsgesetzes auch, die Bestimmungen, zumindest § 3h, seien „einer liberalen Demokratie unwürdig“338. Häufig wird eingewendet, dass zahlreiche andere demokratische Rechtsstaaten auf vergleichbare Gesetze verzichten würden. In den USA etwa sei Wiederbetätigung nicht unter Strafe gestellt, und selbst Russland, das ansonsten zahlreiche Demokratiedefizite aufzuweisen hat, hätte sich nicht für ein Verbot der Kommunistischen Partei entschieden.339 Die österreichische Historikerin Eva Menasse meint, diese Staaten seien besonders stolz auf den Stellenwert des Rechts auf Meinungsfreiheit in ihrer Rechtsordnung. Staaten, die derartige Verbote vorsehen, würden wie „unreife Jugendliche“ betrachtet, während sie sich selbst als die „demokratisch Erwachsenen“ sehen.340

04.11.2014); Richard Bernstein: Refuses Bail to Briton Accused of Denying Holocaust. In: New York Times, 26.11.2005, http://www.nytimes.com/2005/11/26/international/europe/26irving.html (Zugriff: 04.11.2014). 334 Christian Fleck: Lasst den Irving doch reden! In: Der Standard, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937 (Zugriff: 04.11.2014). 335 Siehe etwa Ortner: Freiheit für die Deppen! sowie Michael Fleischhacker: Demokratie oder Inquisition. In: Die Presse, 05.03.2010, http://diepresse.com/home/meinung/kommentare/fleischhacker/544511 (Zugriff: 09.11.2014). 336 Siehe etwa Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 753. 337 Vgl. Christian Fleck: Irving und die Sache mit der Meinungsfreiheit. In: Der Standard, 02.12.2005, http://derstandard.at/2264031 (Zugriff: 04.11.2014). 338 Fleck: Lasst den Irving doch reden! 339 Vgl. Ortner: Freiheit für die Deppen! 340 Vgl. Eva Menasse: Der Holocaust vor Gericht. Der Prozess um David Irving. Berlin 2000, S. 13. 66

Diese Sichtweise greifen viele, die eine Abschaffung des österreichischen Verbotsgesetzes innerhalb der nationalen Debatte befürworten, auf. Das Gesetz oder zumindest einzelne Bestimmungen des Gesetzes stünden in einem inakzeptablen Widerspruch zum Wesen einer gefestigten Demokratie.341 Als Hauptproblematik wird in diesem Zusammenhang zumeist das Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit identifiziert.342 Einen weiteren wesentlichen Kritikpunkt stellt der Vorwurf der Unbestimmtheit vor allem des § 3g dar, da es sich bei diesem um einen Auffangtatbestand handelt. Der Strafrechtler Winfried Platzgummer spricht gar von einem „Fehlen aller rechtsstaatlichen Garantien“ aufgrund „größter Unbestimmtheit und uferloser Weite“343 des § 3g. Christoph Landerer kritisiert auch in Bezug auf weitere Bestimmungen des Verbotsgesetzes die Formulierung von zu „vagen und in ihrer Anwendung nur wenig bestimmten Begriffen“344. Als Beispiele nennt der Psychologe die in § 3h verwendeten Termini „Verharmlosung“ und „Relativierung“ – es sei „durchaus nicht klar“, welche konkreten Aussagen diese Tatbestandsmerkmale bereits erfüllen würden und welche nicht.345

Dieser kritisierte undemokratische Charakter werde außerdem, so einige der Kritiker, durch das vollständige Fehlen eines Nutzens zusätzlich verstärkt. Dem Verbotsgesetz komme weder general- noch spezialpräventive Wirkung zu. Das heißt, weder (potenzielle) andere Täter würden von Wiederbetätigungshandlungen abgehalten, noch würden Wiederholungstaten des Verurteilten verhindert. Vor allem könnten die Strafbestimmungen des Verbotsgesetzes nicht den Prozentsatz derjenigen, die nationalsozialistische Ideologien vertreten, senken.346

Vielmehr könne der Bestrafung von Tätern nach dem Verbotsgesetz negative Wirkungen zugeschrieben werden. Es bestehe die Gefahr, dass die Prozesse innerhalb von rechtsradikalen und neonazistischen Kreisen als Bühne genutzt und die Verurteilten als Märtyrer im Sinne von „Opfer[n] einer politischen Gesinnungsjustiz“347 hochstilisiert würden.348 Der Psychologe und Publizist Christoph Landerer argumentiert zum Beispiel so:

341 Siehe etwa Ortner: Freiheit für die Deppen!; Fleck: Lasst den Irving doch reden!; Christoph Landerer: Das Dumme am Verbotsgesetz. In: Der Standard, 03.01.2006, http://derstandard.at/2365925 (Zugriff: 04.11.2014). 342 Siehe etwa Fleck: Irving und die Sache mit der Meinungsfreiheit; Michael Fleischhacker: Und jetzt noch ein EU-Kritik-Verbotsgesetz. In: Die Presse, 26.11.2005, http://diepresse.com/home/meinung/meinungarchiv/151120 (Zugriff: 04.11.2014). 343 Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 760. 344 Landerer: Das Dumme am Verbotsgesetz. 345 Vgl. ebd. 346 Vgl. Fleischhacker: Und jetzt noch ein EU-Kritik-Verbotsgesetz; Ortner: Freiheit für die Deppen! 347 Ortner: Freiheit für die Deppen! 348 Vgl. ebd.; Fleischhacker: Und jetzt noch ein EU-Kritik-Verbotsgesetz; Fleck: Lasst den Irving doch reden!; Landerer: Das Dumme am Verbotsgesetz. 67

„Ideologieprozesse, wie sie das Verbotsgesetz vorsieht, halte ich aber nicht nur für fragwürdig, sondern für partiell gefährlich – der größte Triumpf, den man Rechtsradikalen und Revisionisten verschaffen kann, sind umstrittene Urteile in einer historischen Grauzone.“349

Außerdem würden die den Strafbestimmungen inhärenten Verbote die Gefahr einer besonderen Anziehung in sich bergen. Christian Fleck bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den Grazer Rechtswissenschaftler, Soziologen und Philosophen Hans Georg Zilian350, wenn er einwendet, dass solche „satanischen Masken“ vor allem auf „sozial und weltanschaulich Marginalisierte und an Protest Interessierte“ eine besondere Attraktivität ausüben würden, anstatt sie abzuschrecken. Wirksamere Mittel gegen ihren „fehlgeleiteten Protestimpuls“ seien Diskussion und Argumentation.351

Ein weiterer Aspekt, der sich wie ein roter Faden durch die Argumentationslinie der Verbotsgesetz- Kritiker zu ziehen scheint, ist die Frage nach der Notwendigkeit der umstrittenen Strafbestimmungen, vor allem des § 3h. Das Verbotsgesetz möge zwar zur Zeit seiner Entstehung seine historische Berechtigung gehabt haben, als das menschenverachtende NS-Regime gerade erst überwunden war.352 Heute allerdings habe es „eigentlich keine Berechtigung mehr“353. Es bestehe keine Gefahr, dass ein Wiederaufleben des NS-Regimes oder eine Wiedergründung der NSDAP ernstlich verfolgt würde.354 Landerer führt im Zusammenhang mit § 3h aus:

„Ist jeder NS-Verharmloser zwangsläufig ein ‚Freiheitsfeind‘? Nein. Arbeitet jeder NS- Verharmloser darauf hin, ein faschistisches Regime zu installieren? Nochmals nein. Ruft jeder NS-Verharmloser zur Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung auf? Abermals nein. Der Konnex zwischen historischem Revisionismus […] und Rechtsstaats- bzw. Demokratiefeindlichkeit ist bei weitem nicht so eng, wie manche Kommentatoren Glauben [sic!] machen wollen.“355

349 Landerer: Das Dumme am Verbotsgesetz. 350 Näheres siehe Hans Georg Zilian: Satanische Masken. Jugend und Rechtsorientierung in der österreichischen Provinz. Frankfurt am Main 1998. 351 Vgl. Hans Georg Zilian zit. n. Christian Fleck: Noll ist kein dummer Mensch, aber… In: Die Presse, 24.12.2005, http://diepresse.com/home/diverse/zeichen/155006 (Zugriff: 04.11.2014). 352 Vgl. Fleck: Irving und die Sache mit der Meinungsfreiheit. 353 Ortner: Freiheit für die Deppen! 354 Vgl. Fleck: Lasst den Irving doch reden!; Fleischhacker: Und jetzt noch ein EU-Kritik-Verbotsgesetz. 355 Landerer: Das Dumme am Verbotsgesetz. 68

Christian Fleck bringt diese Überzeugung, dass vor allem von Tätern nach § 3h Verbotsgesetz keine Gefahr ausgehe, die strafrechtliche Sanktionen rechtfertigen würde, auf den Punkt, wenn er formuliert: „Wer die Nazi-Verbrechen leugnet, ist ein Narr und sonst nichts!“356

Diejenigen hingegen, die im Rahmen der Verbotsgesetz-Debatte eine Beibehaltung der Strafbestimmungen befürworten, vertreten naturgemäß eine ganz andere Position. Allerdings ist auch innerhalb dieser Gruppe im Zusammenhang mit dem Konfliktpotenzial zwischen Verbotsgesetz und Demokratie sowie Meinungsfreiheit durchaus eine gewisse Ausdifferenzierung der konkreten Positionen festzustellen. Der Jurist Milosz Matuschek etwa gesteht ein, dass „strafrechtliche Erinnerungsgesetze“ immer problematisch seien für Demokratien. Er erkennt durchaus ein Spannungsverhältnis solcher Strafbestimmungen zur Meinungs- und zur Wissenschaftsfreiheit.357 Die Philosophin Isolde Charim, der Jurist Walter Strigl und die Historikerin Eva Menasse dagegen sehen im Verbotsgesetz beziehungsweise in seinem § 3h keine Probleme für das demokratische System. Strigl betont, dass, angesichts der Tatsache, dass „Revisionisten“ sachlicher historischer Argumentation nicht zugänglich seien, ein demokratischer Meinungsaustausch mit den Shoa- Leugnern gar nicht möglich sei.358 Charim stützt ihre Argumentation vornehmlich auf die These, dass ein Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit nicht vorliegen könne, da es sich bei der Leugnung und der Verharmlosung der Shoa um keine „Meinungen“ handle. Eine Meinung könne immer nur eine „Haltung für oder gegen etwas, das verhandelbar ist“, etwas das „zur Disposition steht“, sein. Dass es sich bei der Verharmlosung des nationalsozialistischen Genozids um eine Ansicht handle, die man vertreten kann oder auch nicht, sei nur im Rahmen eines Verlassens der „Parameter dieser Republik“ und aus der „Perspektive des Dritten Reiches“ möglich.359

Gegen die Sichtweise, Staaten mit Verbotsgesetz seien in demokratischer Hinsicht „unreife Jugendliche“, wendet Eva Menasse ein, dass die völlig kompromisslose Liberalität anderer Staaten die Demokratie dafür „wie einen Pornoladen sein“ lasse: Wenn es nur Erwachsene gebe, gebe es auch keine Tabus mehr.360

356 Fleck: Noll ist kein dummer Mensch, aber… 357 Vgl. Milosz Matuschek: Sehr verehrte Volksverhetzer. In: Süddeutsche.de, 17.05.2010, http://www.sueddeutsche.de/1.796454 (Zugriff: 19.11.2014). 358 Vgl. Walter Strigl: Vom Fleck weg: Noll hat Recht. In: Die Presse, 13.01.2006, http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/81242 (Zugriff: 19.11.2014). 359 Vgl. Charim: Verbotsgesetz: Wie meinen? 360 Vgl. Menasse: Der Holocaust vor Gericht, S. 13. 69

Jene Stimmen, die ein Spannungsverhältnis zwischen dem Verbotsgesetz und bestimmten demokratischen Garantien erkennen, weisen auf die Grenzen jener Freiheiten hin. Es gebe die Möglichkeit einer Beschränkung gewisser Rechte, allen voran wird hier die Meinungsfreiheit genannt, und eine solche hätte im Falle nationalsozialistischer Wiederbetätigung auch ihren Sinn und ihre Berechtigung.361 Die Meinungsfreiheit müsse dort begrenzt werden, wo ihre Nutzung die Rechte anderer tangiere. „Diese [die Meinungsfreiheit, Anm. d. Verf.] endet dort, wo die Freiheit eines anderen beginnt, nicht beleidigt, geschmäht oder verhöhnt zu werden. Was aber ist es anderes als eine Verhöhnung der Opfer, dem Nationalsozialismus offen zu huldigen?“362 Matuschek betont in diesem Zusammenhang, dass es nicht Ziel sei, eine „falsche Gesinnung“ zu betrafen. Die Strafbestimmungen würden vielmehr eine präventive Maßnahme gegen die Entstehung eines „Nährbodens“ für antisemitische Übergriffe darstellen.363

Die Argumentation, Verbote würden die Attraktivität der Wiederbetätigung erhöhen, hält Charim für „paradox“. Wenn der Konsens über Shoa und nationalsozialistische Ideologie so ausreichend gefestigt wäre, dass das Verbotsgesetz obsolet wäre, dann könne seine Abschaffung die Attraktivität des Verbotenen nicht mindern, da das „gesellschaftliches Verbot“ weiter bestehen würde. Bestehe ein solcher Konsens jedoch (noch) nicht, wovon die Philosophin ausgeht, sei doch gerade die anhaltende Relevanz des Verbotsgesetzes erwiesen.364

Die Befürworter des Verbotsgesetzes richten sich einhellig gegen die Argumentation seiner Kritiker, es sei obsolet geworden, da keine Gefahr mehr von „Wiederbetätigern“ oder zumindest von Shoa- Leugnern ausgehe. Strigl etwa hält Flecks These, ein Shoa-Leugner sei „ein Narr und sonst nichts“365, für eine „Simplifizierung eines sehr ernsten Problems“366. Von „Narren“ könne nur gesprochen werden, wenn und solange ein Leugner des nationalsozialistischen Genozids aus tatsächlichem Unwissen heraus handelt. Die Mehrheit leugne jedoch wider besseres Wissen und jene seien, so Strigl, eine „politisch und auch soziologisch gefährliche Gruppe“.367 Auch die Historikerin Eva Menasse spricht im Zusammenhang mit der Shoa-Leugnung von „gefährlichen Geschichtsfälschern“, die ohne § 3h Verbotsgesetz lediglich als kontroverse Autoren und Historiker gesehen würden.368

361 Vgl. Matuschek: Sehr verehrte Volksverhetzer. 362 Raphael Spötta: Warum das Verbotsgesetz sinnvoll ist. In: Der Freitag, 05.11.2013, https://www.freitag.de/autoren/rjspoetta/warum-das-verbotsgesetz-sinnvoll-ist (Zugriff: 19.11.2014). 363 Vgl. Matuschek: Sehr verehrte Volksverhetzer. 364 Vgl. Charim: Verbotsgesetz: Wie meinen? 365 Fleck: Noll ist kein dummer Mensch, aber… 366 Strigl: Vom Fleck weg. 367 Vgl. ebd. 368 Vgl. Menasse: Der Holocaust vor Gericht, S. 13. 70

Der Journalist und Historiker Hans Rauscher argumentiert in eine ähnliche Richtung, wenn er betont, „Revisionisten“ ginge es nicht um das harmlose Vertreten einer kontroversen Position, sondern vielmehr um ein Rehabilitieren des Nationalsozialismus. Würde das Tabu der Shoa-Leugnung fallen, so Rauscher, sei der Weg zu „Rassenhass, Herrenmenschentum, Führerprinzip, völkische[r] Ideologie“ geebnet. Gerade in der regelmäßig auftauchenden Forderung nach einer Abschaffung von politisch rechter Seite sieht Rauscher einen wesentlichen Grund für die anhaltende Relevanz des Verbotsgesetzes.369 Raphael Spötta, österreichischer Studierender der Politikwissenschaften, meint:

„Das eigentlich gewichtigste Argument [für die Beibehaltung des Verbotsgesetzes, Anm. d. Verf.] ist, dass wir das Verbotsgesetz gesellschaftlich brauchen. […] Es kann nicht sein, dass der Schutz vor der Verunglimpfung der Opfer des NS-Regimes aufgeweicht oder abgeschafft wird. […] Das Verbotsgesetz ist weder historisch obsolet noch in irgendeiner Form sinnlos, es ist, ich bleibe dabei, ein Schutz sowie – zumindest – ein Symbol der Abgrenzung des österreichischen Staates von Faschismus und Nationalsozialismus.“370

10.2.2. Foren

Eine deutlich informellere und außerdem für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anonyme Debatte findet in unterschiedlichen Online-Foren statt. Einerseits bieten Zeitungen den Leserinnen und Lesern im Rahmen ihres Online-Angebotes die Möglichkeit einer Forumsdiskussion im Zusammenhang mit den von ihnen veröffentlichten Artikeln beziehungsweise Kommentaren. Andererseits stellen verschiedenste Internetseiten eine Plattform für Debatten über von Nutzerinnen und Nutzern frei gewählte Themen zur Verfügung. Insgesamt fällt auf, dass die Forumsdiskussionen zur rechtspolitischen Legitimation des Verbotsgesetzes in auffälligem Ausmaß unsachlicher und vermehrt von gegenseitigen Vorwürfen und Beleidigungen, ausgehend von allen Seiten des Meinungsspektrums, geprägt sind.371 Hinsichtlich der Vielfalt der geäußert Ansichten lässt sich – in den von der Autorin beobachteten

369 Vgl. Hans Rauscher: Warum ist der FPÖ das Verbotsgesetz so wichtig? In: Der Standard, 05.03.2010, http://derstandard.at/1267743371860 (Zugriff: 28.11.2014). 370 Spötta: Warum das Verbotsgesetz sinnvoll ist. 371 Siehe etwa Eine Kreatur, 05.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014) [Bezeichnung der Argumentation Christian Flecks als „Schwachsinn“]; liesdas, 28.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014) [Bezeichnung der Befürworter des Verbotsgesetzes als „moralisch Korrekte linke Speichellecker“]; Castor Troy, 30.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014) [Vorwurf an den Verbotsgesetz-Befürworter „liesdas“, „unsinniges Zeug“ zu formulieren]. 71

Forendiskussionen372 – eine Ausgewogenheit zwischen Befürwortern und Gegnern einer Abschaffung des Verbotsgesetzes feststellen.

Auch auf dieser informelleren Ebene der zivilgesellschaftlichen Debatte wird von den Befürwortern einer Abschaffung des Verbotsgesetzes, oder auch lediglich des § 3h und/oder § 3 g, argumentiert, dass die Strafbestimmungen in einer modernen, liberalen und aufgeklärten Demokratie keinen Platz hätten. Sie würden vielmehr an totalitäre Regime erinnern.373 Eine gefestigte Demokratie müsse aus mündigen Bürgern bestehen, die gegebenenfalls durch Information und Bildung aufzuklären seien, nicht jedoch durch das Strafrecht.374 Häufig wird darauf verwiesen, dass andere westliche Demokratien wie etwa die USA, Großbritannien oder Frankreich keine vergleichbaren Gesetze hätten.375 Der Nutzer „KritischGut“ argumentiert im Forum der Kronen Zeitung in diesem Zusammenhang, dass das Verbotsgesetz dem Ruf Österreichs schade, da es den Eindruck erwecke, Österreich sei nach wie vor besonders anfällig für nationalsozialistische Strömungen. Dies sei jedoch nicht der Fall – eine nationalsozialistische Gefahr bestehe heute nicht mehr.376 Auch in den Forenbeiträgen bezieht sich das dominanteste Argument für eine Unvereinbarkeit von Verbotsgesetz und Demokratie auf die Beschränkung der Meinungsfreiheit durch § 3h. Wiederholt verweisen die Verbotsgesetz-Kritiker auf Art 19 Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte377 und betonen, dass durch jenes Recht eben auch „extreme und absurde Meinungen“378 geschützt seien. „liesdas“, Nutzer des Politik Forums, der dezidiert eine Abschaffung des Verbotsgesetzes, insbesondere seines § 3 g, fordert, spricht gar von „politischer Verfolgung“ durch die österreichischen Strafgerichte.379

372 DerStandard Leserforum zu Christian Flecks Kommentar „Lasst den Irving doch reden“; DerStandard Leserforum zu Isolde Charims Kommentar „Verbotsgesetz: Wie meinen?“; Leserforum der Kronen Zeitung zum Thema „Verbotsgesetz, Wiederbetätigung – Erfüllt es noch den Zweck?“; Informatik-Forum zum Thema „Verbotsgesetz“; Forum der Österreichischen Hochschülerschaft der Wirtschaftsuniversität Wien zum Thema „Verbotsgesetz – wieder mal“; Politik Forum zum Thema „Projekt gegen das NS Verbotsgesetz www.stop3g.at“. 373 Vgl. WolfgangF, 06.03.2010, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g- at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014); Karl Knaller, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014); slow motion, 24.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 374 Vgl. pp, 06.03.2010, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). 375 Vgl. mr smoky, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 376 Vgl. KritischGut, 06.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15- %F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014). 377 Vgl. Charles Quest, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014); daXandl, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 378 slow motion, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 379 Vgl. liesdas, 25.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). 72

Zahlreiche Forumsnutzerinnen und -nutzer weisen außerdem auf die vermeintliche Gefahr einer Märtyrerfunktion der Verurteilten hin. Anstatt Meinungsäußerung zuzulassen und durch sachliche Widerlegung darauf zu reagieren, würde der neonazistischen Szene die Gelegenheit gegeben, die Täter als Opfer der illiberalen Gesinnungsjustiz zu stilisieren.380 Vereinzelt wird außerdem die Argumentation aufgegriffen, dass die Strafbestimmungen zu einer besonderen Attraktivität des Verbotenen führen und somit erst recht zu einer Wiederbetätigung verleiten würden.381

Auch der Hinweis darauf, dass keine Notwendigkeit mehr bestehe, eine nationalsozialistische Wiederbetätigung zu verhindern, weist starke Ähnlichkeiten zur Debatte in (Gast-)Kommentaren diverser Print- und Onlinemedien auf. Es bestehe keine Gefahr einer Stärkung der nationalsozialistischen Ideologie oder eines Aufstiegs nationalsozialistischer Gruppierungen mehr.382 „KritischGut“ stellt daher die Frage:

„Was also ist der Sinn davon? Doch nicht gar, um den Opfern und den Nachfahren bis in die Ewigkeit zu huldigen und diese zu bemitleiden? Wenn ich heute auf der Straße stehen würde und sage: Den Holocaust gab es nie!, dann müssen auch die Nachkommen der Opfer damit zurechtkommen […] Ein Land, wie auch deren [sic!] Nachkommen muss [sic!] über solchen Meinungen und Aussagen stehen.“383

Ein Aspekt, der praktisch nur auf dieser Ebene der zivilgesellschaftlichen Debatte – hier dafür umso häufiger und vehementer – kritisch angesprochen wird, betrifft die Beschränkung des Betätigungs- beziehungsweise des Leugnungsverbotes auf nationalsozialistisches Gedankengut beziehungsweise auf den nationalsozialistischen Völkermord. Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Forendebatten weisen auf das Fehlen vergleichbarer Strafbestimmungen im Zusammenhang mit linkem Extremismus hin:384 „Es ist wirklich bedenklich, dass immer nur von ‚rechter Gewalt‘

380 Vgl. slow motion, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014); Nomaden, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=7#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 381 Vgl. Vorderwinkler, 07.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15- %F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014). 382 Vgl. slow motion, 24.11.2014, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 383 KritischGut, 06.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15-%F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014). 384 Vgl. Alexander Jan I., 27.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014); Jan Sommer, 07.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 73 gesprochen wird, während man die Gegenseite so gut wie unbescheint [sic!] lässt! […] Ein Gleichgewicht, was die politische Verfolgung […] anbelangt wäre wünschenswert!“385

Die Gegner einer Abschaffung des Verbotsgesetzes wenden gegen das Argument der vermeintlichen Demokratiefeindlichkeit des Verbotsgesetzes vielfach ein, dass die Strafbestimmungen vielmehr gerade dazu dienen würden, die moderne, rechtsstaatliche Demokratie zu schützen. Es sei „ein Teil dessen worauf die sogenannte zweite Republik aufbaut, dass man sich per Gesetz von ‚revisionistischem‘ Gedankengut distanziert“386. Eine starke Demokratie dürfe und müsse sich erforderlichenfalls gegen demokratie- und menschenfeindliche Strömungen wehren.387 Der Unterschied zu anderen westlichen Demokratien sei damit zu erklären, dass Staaten ohne Verbotsgesetz nicht von derselben belastenden Vergangenheit betroffen seien. Außerdem seien, in Großbritannien beispielsweise, nationalsozialistische Betätigungen von wesentlich geringerer Bedeutung als im deutschsprachigen Raum.388

Viele Diskussionsteilnehmer teilen außerdem die von der Philosophin Isolde Charim ausführlicher dargelegte Ansicht, es handle sich bei der Leugnung der Shoa um keine Meinung beziehungsweise um keine unter dem Schutz der Meinungsfreiheit stehende Äußerung.389 Der Nutzer des Der Standard Leserforums „Protagoras v. Abdera“ führt in diesen Zusammenhang, in Reaktion auf die Argumentation des Soziologen Christian Fleck, aus:

„Historie ist wie jede soziale Realität interpretationsbedürftig. Wissenschaftlich ist diese Interpretation, wenn sie systematisch ist und sich auf Fakten stützt. Fakten wie die Gaskammern in Auschwitz oder die Pyramiden in Ägypten abzustreiten, ist keine wissenschaftliche These mehr, sondern eine ideologische Manipulation.“390

Darüber hinaus wird auf die Grenzen der Meinungsfreiheit hingewiesen, die ja auch in andere Bereiche hineinreichen würden. Die Strafbestimmungen gegen Handlungen gegen die Ehre (§ 111

385 suspicious, 07.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15-%F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014). 386 rudi carnap, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 387 Vgl. Quitzlipochtli, 25.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014); Rageboom, 06.03.2010, http://forum.oeh- wu.at/archive/index.php/t-77661.html (Zugriff: 04.12.2014). 388 Vgl. Schreib Tisch, 25.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 389 Vgl. Schreib Tisch, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014); Christoph R., 15.03.2010, http://www.informatik-forum.at/showthread.php?79241 (Zugriff: 04.12.2014). 390 Protagoras v. Abdera, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 74

StGB Üble Nachrede, § 115 StGB Beleidigung) würden schließlich auch in die Meinungsfreiheit eingreifen. Trotzdem würde niemand nach deren Abschaffung verlangen.391 Im Rahmen einer unbeschränkten Meinungsfreiheit Ansichten zu verbreiten, die auf eine Beseitigung ebenjener abzielen, sei „glatter Rechtsmissbrauch“392.

Wiederholt wird von den Befürwortern einer Beibehaltung des Verbotsgesetzes die historische Belastung als „Täterstaat“ sowie das vermehrte Auftreten von Antisemitismus in Österreich ins Treffen geführt. Österreich trage die „historische Verantwortung für eines der größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit“393. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass ein „Täterstaat“ eine besondere Verantwortung habe, einschlägiges Gedankengut abzuwehren.394 Diese besondere Verantwortung bestehe in Österreich eben lediglich in Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus, weshalb das Verbotsgesetz auch nur für dieses Gedankengut gelte: „Wir bzw. unsere Väter und Großväter haben aber nicht im Namen des Kommunismus unvergleichlichen Völkermord entfacht, sondern im Namen des Nationalsozialismus“395. Rechtsradikalismus und die rechtsradikale Szene würden in Österreich, aber auch in anderen europäischen Ländern, in jüngster Zeit einen enormen Aufschwung erleben.396 Judenfeindliche Handlungen stünden auf der „Tagesordnung“397 – die Existenz des § 3h Verbotsgesetz verhindere, dass es in Österreich noch deutlich mehr Leugner der Shoa gibt398.

Ein weiteres durchgängiges Argument für eine Beibehaltung des Verbotsgesetzes beziehungsweise seines § 3h stellt der Schutz der Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Nachkommen dar. Die Leugnung der Shoa sei eine „Verhöhnung und Verspottung“ derjenigen, die den Verbrechen zum Opfer gefallen sind, sowie deren Kinder und Enkelkinder.399 Diese Personen würden nach wie vor dem Schutz des Verbotsgesetzes bedürfen. Österreich trage die Verantwortung dafür, zu verhindern, dass Opfer und ihre Nachfahren sich anhören müssen, dass die Verbrechen, unter denen

391 Vgl. Johann Treitinger, 10.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 392 Ich bin klug, 05.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 393 Nox, 31.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). 394 Vgl. Wieviel Demokratie ist es bitte?, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 395 Castor Troy, 30.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). 396 Vgl. Schreib Tisch, 25.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 397 Nox, 29.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). 398 Vgl. Jeni le Gon, 07.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 399 Vgl. Feyd-Rautha, 31.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). 75 sie leiden mussten, Einbildungen oder gar Lügen seien.400 Der Nutzer des Der Standard Leserforums befürwortet daher die Beibehaltung des Verbotsgesetzes, inklusive § 3h, „zur eewigen [sic!] mahnung, zum gedenken und als zeichen des respekts für die opfer“401.

10.3. Nebenthemen

Im Rahmen der Verbotsgesetz-Debatte rund um das Jahr 1990, die schließlich in die Verbotsgesetz- Novelle 1992 mündete, stellten das Strafausmaß sowie Zuständigkeit der Geschworenengerichtsbarkeit noch dominante Themen dar. Damals lag der Fokus der Diskussion verstärkt auf einer effizienteren Gestaltung des Gesetzes, weniger auf der Frage nach einer Abschaffung. Die Herabsetzung der Strafrahmen für Delikte der Wiederbetätigung sollte zu einer höheren Anzahl an Verurteilungen führen.402 Auch die Forderung nach einer Änderung der Zuständigkeit war dem Bedürfnis nach effizienterer Anwendung der Strafbestimmungen geschuldet, da die Laien insbesondere bei politischen Delikten und bei solch hoher Strafdrohung zu Freisprüchen tendieren würden.403

In der neuen Diskussion um das Verbotsgesetz sind diese beiden Themenbereiche in den Hintergrund gerückt. Sie bilden lediglich Nebenthemen im Schatten des Hauptthemas, der Frage nach der Abschaffung oder der Beibehaltung des gesamten Verbotsgesetzes beziehungsweise seiner §§ 3h oder 3g.

Der Psychologe und Kulturwissenschaftler Christoph Landerer etwa fordert in einem Gastkommentar einer österreichischen Tageszeitung eine Reform des Verbotsgesetzes, in deren Rahmen die Strafdrohungen gesenkt werden sollen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die vermeintliche Unverhältnismäßigkeit zwischen dem niedrigen Strafmaß für das Delikt der Verhetzung und den hohen Strafdrohungen des Verbotsgesetzes.404 Auch der Rechtswissenschaftler Richard Soyer spricht sich für eine Senkung der Strafrahmen der Wiederbetätigungsdelikte aus. Die aktuelle Regelung entspreche nicht der „besonderen

400 Vgl. Johann Treitinger, 10.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 401 Jeni le Gon, 07.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). 402 AB 387 BlgNR 18. GP 3. 403 IA 139/A 18. GP Erläut 5. 404 Vgl. Christoph Landerer: Deutsche Reform für das NS-Verbotsgesetz. In: Der Standard, 18.11.2013, http://derstandard.at/1381373746930 (Zugriff: 08.12.2014). 76 geschichtlichen Verantwortung“ Österreichs. Außerdem behindere sie eine effiziente Anwendung der Bestimmungen. Er fordert daher eine Anpassung der Strafobergrenzen an jene des StGB.405 Winfried Platzgummer spricht im Zusammenhang mit den diskutierten Freiheitsstrafen von „überspitzte[r] gerichtliche[r] Strafdrohung, die deshalb praktisch kaum angewendet wird und die dann, wenn sich ein Geschworenengericht zu einer Verurteilung bereit findet, dem Täter vielleicht sogar zum Nimbus eines Märtyrers für seine Überzeugung verhilft.“406

Bezüglich der Zuständigkeit der Geschworenengerichtsbarkeit für Strafverfahren nach dem Verbotsgesetz ist mangels ausreichenden Quellenmaterials und der daraus folgenden Unmöglichkeit einer Darstellung einer gesellschaftspolitischen Debatte auf allgemeinere sowie wissenschaftlich juristische Diskussionen um die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Geschworenengerichtsbarkeit zu verweisen.407

11. Schlusswort

Die zu Beginn dargelegten rechtsdogmatischen Grundlagen zeigen, wie groß der Spielraum ist, in dem in der gesellschaftspolitischen Debatte rund um das Verbotsgesetz rechtspolitisch argumentiert werden kann. Denn Rechtsdogmatiker stellen durchaus ein klares Spannungsverhältnis der Strafbestimmungen zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit fest, doch kann dieses in einem rechtlich zulässigen Rahmen durch die Wiederbetätigungsverbote beschränkt werden – wenn und solange dies rechtspolitisch erwünscht ist.

Für die ersten Jahre nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ kann angesichts des Ausmaßes der Involvierung von Österreicherinnen und Österreichern in die nationalsozialistische Ideologie und in die von ihr zu verantwortenden Verbrechen die Notwendigkeit eines Gesetzes zur Entnazifizierung kaum bestritten werden. Das unabhängige Österreich musste mit dem verbrecherischen Gedankengut brechen und die antinationalsozialistische, demokratische Zweite Republik bekräftigen und festigen. Die Ideologie, die zu einem historisch einmaligen Genozid geführt hatte, musste aus den Köpfen der österreichischen Bevölkerung verbannt werden.

405 Vgl. Soyer: Verbotsgesetz: Strafrahmen senken. 406 Platzgummer: Strafrechtliche Bekämpfung des Neonazismus, S. 763. 407 Siehe etwa Wolfgang Aistleitner: Denkmalschutz für Geschworenengerichte?; o.A.: Einige Richter gegen Geschworenengerichtsbarkeit; o.A.: Abschaffung der Geschworenengerichtsbarkeit?; o.A.: Debatte um Geschworenengerichtsbarkeit. 77

Im Verlaufe der Jahre wandelte sich jedoch die Bedeutung des Verbotsgesetzes. Die Entnazifizierung war beendet – neue Generationen, die die Propaganda des historischen Nationalsozialismus nicht erlebt hatten, nahmen zunehmend gestaltenden Einfluss auf die Republik. Die Regelungen der Registrierung ehemaliger Nationalsozialisten, der Sühnefolgen und Ähnlichem waren obsolet geworden, während die Bestimmungen zur Wiederbetätigung in den Vordergrund rückten. Folglich musste sich auch die rechtspolitische Debatte inhaltlich neu verorten. Die Frage nach der Relevanz und der Intensität einer Entnazifizierung wurde von der Frage abgelöst, wie weit der Gesetzgeber im Sinne einer liberalen Demokratie und der Meinungsfreiheit neonazistischen Strömungen gegenüber tolerant sein muss.

Die rechtspolitische Legitimation des Verbotsgesetzes ist seitdem nicht mehr so klar und indiskutabel wie noch in seinen Anfängen. Viele Argumente können – auch abgesehen von rechtsradikaler Stimmungsmache – gegen die in dem Verfassungsgesetz verankerten politischen Delikte vorgebracht werden – allen voran das Spannungsverhältnis zu liberaler Demokratie und Meinungsfreiheit.

Nichtsdestotrotz – Österreich hat nach wie vor eine historische Verantwortung zu tragen, die angesichts der mangelhaften Aufarbeitung im Schutzgewand des „Opfermythos“ umso schwerer wiegen muss. Antisemitismus und Rechtsradikalismus sind nach wie vor, ja in besonderem Maße sogar gerade heute wieder relevante Größen und damit potentielle Gefahren für den antinationalsozialistischen Grundkonsens unserer Republik, der so wichtig ist für die Abgrenzung von einer in all ihren Facetten menschenverachtenden Ideologie, die zu einem unvergleichlichen Genozid führte. Moderne Formen des Rechtsextremismus sind häufig in nicht geringem Maße aus ideologischen Elementen des historischen Nationalsozialismus gespeist. Dementsprechend handelt es sich beim Verbotsgesetz und seinen Strafbestimmungen um ein wichtiges Instrument, um ein neuerliches Aufkeimen und Erstarken des Nationalsozialismus hintanzuhalten. Als „Täterstaat“ trägt Österreich und damit der österreichische Gesetzgeber eine Verantwortung gegenüber den Opfern der entsetzlichen Verbrechen sowie deren Nachkommen. Sie müssen vor erstarkenden neonazistischen Strömungen, auch in Form von Kränkungen durch die Leugnung oder Verharmlosung der Shoa, geschützt werden. Daraus beziehen das österreichische Verbotsgesetz und seine Strafbestimmungen zu Verboten unterschiedlichster Formen der Wiederbetätigung ihre rechtspolitische Legitimation.

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12. Abkürzungsverzeichnis

Art Artikel BM Bundesministerium CDU Christlich Demokratische Union Deutschlands ders derselbe ebd ebenda EGVG Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EUV Vertrag über die Europäische Union FPÖ Freiheitliche Partei Österreichs Hg Herausgeber idF in der Fassung von KPÖ Kommunistische Partei Österreichs NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP AO Auslandsorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSFK Nationalsozialistisches Fliegerkorps NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps OGH Oberster Gerichtshof ÖVP Österreichische Volkspartei S Seite SA Sturmabteilung SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs SS Schutzstaffel StG Strafgesetz StGB Strafgesetzbuch StGG Staatsgrundgesetz VerbotsG Verbotsgesetz VfGH Verfassungsgerichtshof vgl vergleiche VwGH Verwaltungsgerichtshof z.B. zum Beispiel

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SPÖ-Parlamentsklub: Presseaussendung: Jarolim: Hofers Kritik am Verbotsgesetz äußerst bedenklich. In: APA Originaltext-Service, 05.11.2013, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20131105_OTS0141/jarolim-hofers-kritik-am- verbotsgesetz-aeusserst-bedenklich (Zugriff: 02.11.2014).

SPÖ Wien Rathausklub: Presseaussendung: SP-Schicker: Freie Meinungsäußerung endet, wo Verbotsgesetz beginnt. In: APA Originaltext-Service, 17.05.2014, http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140517_OTS0013/sp-schicker-freie- meinungsaeusserung-endet-wo-verbotsgesetz-beginnt (Zugriff: 02.11.2014).

Spötta, Raphael: Warum das Verbotsgesetz sinnvoll ist. In: Der Freitag, 05.11.2013, https://www.freitag.de/autoren/rjspoetta/warum-das-verbotsgesetz-sinnvoll-ist (Zugriff: 19.11.2014).

Stiefel, Dieter: Entnazifizierung in Österreich. Wien 1981.

Stiefel, Dieter: Nazifizierung plus Entnazifizierung = Null? Bemerkungen zur besonderen Problematik der Entnazifizierung in Österreich. In: Meissl, Sebastian/ Mulley, Klaus-Dieter/ Rathkolb, Oliver (Hg.): Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne. Entnazifizierung in Österreich 1945-1955. Wien 1986, S. 28-36.

Stiefel, Dieter: Forschungen zur Entnazifizierung in Österreich. Leistungen, Defizite, Perspektiven. In: Schuster, Walter/ Weber, Wolfgang (Hg.): Entnazifizierung im regionalen Vergleich. Linz 2004, S. 43- 57.

Strigl, Walter: Vom Fleck weg: Noll hat Recht. In: Die Presse, 13.01.2006, http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/81242 (Zugriff: 19.11.2014).

Thienel, Rudolf: Wehrlose oder streitbare Demokratie? In: JRP 2005, S. 163-172.

Veiter, Theodor: Gesetz als Unrecht. Die österreichische Nationalsozialistengesetzgebung. Wien 1949.

Zeleny, Klaus: Enthält die österreichische Bundesverfassung ein antinationalsozialistisches Grundprinzip? Teil 1. In: Juridicum 2004/4.

88

Zeleny, Klaus: Enthält die österreichische Bundesverfassung ein antinationalsozialistisches Grundprinzip? Teil 2. In: Juridikum 2005/1. o.A.: Österreich: Holocaust-Leugner Irving festgenommen. In: Spiegel Online, 17.11.2005, http://www.spiegel.de/politik/ausland/oesterreich-holocaust-leugner-irving-festgenommen-a- 385513.html (Zugriff: 01.11.2014). o.A.: Italien: Protest wegen Irvings Festnahme. In: Vienna Online, 18.11.2005, http://www.vienna.at/italien-protest-wegen-irvings-festnahme/vol-news-ibasagic-20051118-051400 (Zugriff: 01.11.2014).

o.A.: Holocaust denier Irving is jailed. In: BBC News, 20.02.2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/4733820.stm (Zugriff: 01.11.2014). o.A.: Debatte um Geschworenengerichtsbarkeit. In: orf.at, 29.06.2006, http://wiev1.orf.at/stories/119219 (Zugriff: 23.10.2014). o.A.: Prozess Iris-Maria. Einige Richter gegen Geschworenengerichtsbarkeit. In: Der Standard, 03.07.2006, http://derstandard.at/2498597 (Zugriff: 23.10.2014). o.A.: NS-Wiederbetätigung: Gudenus-Urteil in Kraft. In: Die Presse, 03.08.2006, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/84514 (Zugriff: 04.11.2014). o.A.: Abschaffung der Geschworenengerichtsbarkeit? In: Juridicum Journal: Rechtspanorama im Juridicum, 10.06.2009, http://journal.juridicum.at/?c=145&a=2152 (Zugriff: 23.10.2014). o.A.: Rosenkranz für Aufhebung von NS-Verbotsgesetz. In: Die Presse, 03.03.2010, http://diepresse.com/home/politik/hofburgwahl/543760 (Zugriff: 02.11.2014). o.A.: Akademikerbund gegen Verbotsgesetz. Wirbel in ÖVP. In: Die Presse, 24.03.2010, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/548354 (Zugriff: 02.11.2014). o.A.: Norbert Hofer: Verbotsgesetz „spießt sich mit Meinungsfreiheit“. In: Kurier, 04.11.2013, http://kurier.at/politik/inland/norbert-hofer-verbotsgesetz-spiesst-sich-mit- meinungsfreiheit/34.115.302 (Zugriff: 02.11.2014).

89

o.A.: „Negativ überrascht“: Kritik an Hofers Verbotsgesetz-Sager. In: Die Presse, 05.11.2013, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1472531 (Zugriff: 02.11.2014). o.A.: Zweiter Stolperstein-Schmierer in U-Haft. In: Kurier, 02.12.2013, http://kurier.at/chronik/oesterreich/38.726.792 (Zugriff: 12.09.2014).

13.2. Onlinequellen

Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_00369/imfname_342065.pdf (Zugriff: 12.09.2014).

Bundesministerium für Inneres: Verfassungsschutzbericht 2014. Wien 2014, http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Verfassungsschutz/BVT_VSB_2014_V20140613_online.pdf (Zugriff: 12.09.2014).

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Gudenus leugnet Gaskammern im „Dritten Reich“. Neues von ganz Rechts, http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues- von-ganz-rechts/archiv/juni-2005/gudenus-leugnet-gaskammern-im-dritten-reich (Zugriff: 04.11.2014).

Gallhuber, Heinrich: Rechtsextremismus und Strafrecht, http://www.jku.at/kanonistik/content/e95782/e95785/e95786/e95794/e98693/Rechtsextremismus _und_Strafrecht.pdf (Zugriff: 26.07.2014).

The Austrian Delegation to the OSCE-Conference on Anti-Semitism: Überblick über die österreichische Gesetzeslage im Bereich „Nationalsozialistische Wiederbetätigung und Rassismus“, http://www.osce.org/de/cio/31049?download=true (Zugriff: 28.07.2014).

UNESCO: Erklärung über „Rassen“ und rassistische Vorurteile, http://www.unesco.de/1121.html?&L=0 (Zugriff: 28.08.2014).

90

13.3. Forenbeiträge

Alexander Jan I., 27.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Castor Troy, 30.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Charles Quest, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Christoph R., 15.03.2010, http://www.informatik-forum.at/showthread.php?79241 (Zugriff: 04.12.2014). daXandl, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Eine Kreatur, 05.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Vgl. Feyd-Rautha, 31.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz- www-stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Ich bin klug, 05.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Jan Sommer, 07.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Jeni le Gon, 07.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Johann Treitinger, 10.12.2005, http://derstandard.at/2264846?seite=1#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Karl Knaller, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

KritischGut, 06.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15- %F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014). liesdas, 25.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g- at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014). liesdas, 28.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g- at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Nox, 29.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Nox, 31.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

91 mr smoky, 23.11.2014, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Nomaden, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=7#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). pp, 06.03.2010, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www-stop3g-at- t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Protagoras v. Abdera, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Quitzlipochtli, 25.01.2007, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

Rageboom, 06.03.2010, http://forum.oeh-wu.at/archive/index.php/t-77661.html (Zugriff: 04.12.2014). rudi carnap, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Vgl. Schreib Tisch, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=5#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

Schreib Tisch, 25.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). slow motion, 23.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). slow motion, 24.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=2#forumstart (Zugriff: 04.12.2014). suspicious, 07.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15- %F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014).

Vorderwinkler, 07.04.2011, http://www.krone.at/forum/board11-nachrichten/board15- %F6sterreich/1080175- (Zugriff: 04.12.2014).

Wieviel Demokratie ist es bitte?, 22.11.2005, http://derstandard.at/2251937?seite=6#forumstart (Zugriff: 04.12.2014).

WolfgangF, 06.03.2010, http://www.politik-forum.at/projekt-gegen-das-ns-verbotsgesetz-www- stop3g-at-t6600.html (Zugriff: 04.12.2014).

92

13.4. Rechtsquellen und Gesetzesmaterialen

Bundesverfassungsgesetz vom 21. April 1948 über die vorzeitige Beendigung der im Nationalsozialistengesetz vorgesehenen Sühnefolgen für minderbelastete Personen BGBl 1948/99.

Bundesverfassungsgesetz vom 22.4.1948 über die vorzeitige Beendigung der im Nationalsozialistengesetz vorgesehenen Sühnefolgen für jugendliche Personen BGBl 1948/70.

Bundesverfassungsgesetz vom 17.12.1951 über die Befreiung der Spätheimkehrer von der Verzeichnungs- und Sühnepflicht, die Einstellung von Strafverfahren und die Nachsicht von Strafen gegen solche Personen 1953/159.

Bundesgesetz vom 20. Dezember 1955 über die Aufhebung der Volkgerichte und die Ahndung der bisher diesen Gerichten zur Aburteilung zugewiesenen Verbrechen BGBl. 1955/285.

Bundesverfassungsgesetz vom 4. März 1964, mit dem Bestimmungen des Bundes- Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 über Staatsverträge abgeändert und ergänzt werden BGBl 1964/59.

Bundesverfassungsgesetz vom 7. Feber 1968, mit dem Bestimmungen des Bundes- Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 über Ausnahmegerichte und über die Todesstrafe geändert werden BGBl 1968/73.

B-VG BGBl 1930/1 idF BGBl I 2013/164.

EGVG BGBl I 2008/87 idF BGBl I 2013/33.

EMRK BGBl 1958/210.

EMRK BGBl 1958/210 idF BGBl III 2010/47.

Kriegsverbrechergesetz StGBl 1945/32.

Nationalsozialistengesetz BGBl 1947/25.

Staatsvertrag BGBl 1955/152.

StGB BGBl 1974/60 idF BGBl I 2013/134.

StGG RGBl 1867/142 idF BGBl 1988/684.

Strafrechtsänderungsgesetz BGBl 1968/74.

Strafrechtsanpassungsgesetz BGBl 1974/422.

Unabhängigkeitserklärung StGBl 1945/2.

Verbotsgesetz StGBl 1945/18. 93

Verbotsgesetz-Novelle 1992 BGBl 1992/148.

Verbotsgesetz 1947 StGBl 1945/13 idF BGBl 1992/148.

Vermögensverfallsamnestie BGBl 1956/155.

IA 139/A 18. GP. AB 387 BlgNR 18. GP.

13.5. Entscheidungen

OGH 28.06.1995, 13 Os 62/95. OGH 04.06.1996, 11 Os 5/96. OGH 21.04.1997, 10 Bkd 5/96. OGH 21.06.1994, 13 Os 4/94. OGH 05.09.1996, 15 Os 107/96. OGH 15 Os 155/93 EvBl 1994/84 (389). OGH 11.03.1993, 12 Os 72/92. OGH 11.03.1993, 12 Os 72/92. OGH 14 Os 163/93 JBl 1995/1. OGH 23.05.1996, 14 Os 24/96. OGH 28.01.1999, 15 Os 203/98. OGH 19.01.1989, 12 Os 127/88. OGH 01.12.1988, 12 Os 123/88. OGH 19.01.1989, 12 Os 127/88. OGH 19.01.1989, 12 Os 127/88.

EGMR 47/1991/299/370 ÖJZ 1992/38. EGMR 5493/72 EuGRZ 1977/26. EGMR (GK) 55/1997/839/1045 ÖJZ 1999/23.

RIS-Justiz RS0080029. RIS-Justiz RS0079776. RIS-Justiz RS0079790. RIS-Justiz RS0080029. RIS-Justiz RS0079825.

94

RIS-Justiz RS0079779. RIS-Justiz RS0079923. RIS-Justiz RS0080038. RIS-Justiz RS0080073. RIS-Justiz RS0103724.

95