Diplomarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz Das Verbotsgesetz - Die rechtspolitische Dimension eines viel diskutierten Verfassungsgesetzes Vorgelegt von Hannah MAUTNER Beurteiler: O.Univ.-Prof. DDr. phil. et iur. Peter KOLLER am Institut für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik Graz, 2015 Inhalt I. Einleitung ......................................................................................................................................... 1 II. Dogmatische Grundlagen ................................................................................................................ 2 1. Verbotsgesetz .............................................................................................................................. 2 1.1. Geschichte ........................................................................................................................... 2 1.2. Novelle 1992 ........................................................................................................................ 5 1.3. Inhalt .................................................................................................................................... 7 1.4. Abgrenzungen ................................................................................................................... 21 2. Meinungsfreiheit ....................................................................................................................... 23 2.1. Geschichte ......................................................................................................................... 23 2.2. Art 13 StGG ........................................................................................................................ 25 2.3. Art 10 EMRK ...................................................................................................................... 26 2.4. Schranken der Meinungsfreiheit ....................................................................................... 27 3. Verhältnis Verbotsgesetz und Meinungsfreiheit ....................................................................... 28 III. Rechtspolitische Dimension ...................................................................................................... 31 4. Begriffsabgrenzungen................................................................................................................ 32 4.1. Rechtsextremismus ........................................................................................................... 32 4.2. Neonazismus ..................................................................................................................... 33 4.3. Antisemitismus .................................................................................................................. 34 4.4. Rassismus .......................................................................................................................... 35 4.5. „Revisionismus“ ................................................................................................................. 35 5. Relevanz und Akzeptanz in der Phase der Entnazifizierung ...................................................... 36 6. Relevanz und Debatte nach Beendigung der Entnazifizierung ................................................. 42 7. Rechtsextremismus, Neonazismus und Antisemitismus heute ................................................ 46 8. Streitbare Demokratie und Verbotsgesetz ................................................................................ 51 8.1. Begriffsentstehung und Debatte ....................................................................................... 51 8.2. Rechtslage ......................................................................................................................... 54 8.3. Antinationalsozialistisches Grundprinzip oder antinationalsozialistischer Grundkonsens? 55 9. Kontroverse Fragestellungen .................................................................................................... 58 9.1. Meinungsfreiheit ............................................................................................................... 58 9.2. Strafausmaß....................................................................................................................... 58 9.3. Zuständigkeit ..................................................................................................................... 60 10. Aktuelle gesellschaftspolitische Debatte............................................................................... 61 10.1. Politische Parteien ......................................................................................................... 62 10.2. Zivilgesellschaft.............................................................................................................. 65 10.3. Nebenthemen ................................................................................................................ 76 11. Schlusswort ........................................................................................................................... 77 12. Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 79 13. Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 80 13.1. Literatur ......................................................................................................................... 80 13.2. Onlinequellen ................................................................................................................ 90 13.3. Forenbeiträge ................................................................................................................ 91 13.4. Rechtsquellen und Gesetzesmaterialen ........................................................................ 93 13.5. Entscheidungen ............................................................................................................. 94 I. Einleitung Im Mai 1945, unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa, entstand in Österreich in Reaktion auf den historisch einmaligen nationalsozialistischen Genozid ein Verfassungsgesetz, das mit der verbrecherischen Ideologie für immer brechen sollte – das Verbotsgesetz. Durch die Bestimmungen zur Entnazifizierung sowie zu Verboten verschiedenster Formen der Wiederbetätigung sollte sich die Zweite Republik klar von nationalsozialistischem Gedankengut distanzieren und ein Wiedererstarken der Ideologie verhindern. Nach anfänglich noch weitgehender Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung begann schon in den ersten Jahren nach Kriegsende eine kritische Debatte über das Verbotsgesetz. Damals bezog sich diese jedoch noch primär auf die Bestimmungen zur Entnazifizierung, da Neonazismus noch keine relevante gesellschaftliche Größe darstellte. Erst als die Diskussion nach Abschluss der Entnazifizierung, vor allem rund um das Jahr 1990, erneut aufflammte, gewannen die Bestimmungen zur Wiederbetätigung an Medienpräsenz. Während die Debatte zu jener Zeit noch weitgehend die Frage betraf, wie das Verbotsgesetz effektiver gestaltet werden könnte, fokussiert sie aktuell – vor allem seit der Verhaftung des britischen Shoa-Leugners David Irving im Jahr 2005 – verstärkt auf die Relevanz der Strafbestimmungen und damit auf die Frage nach einer Abschaffung des Gesetzes. Vor allem das Spannungsverhältnis des Verbotes der Leugnung, gröblichen Verharmlosung, des Gutheißens und Rechtfertigens zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit führt zunehmend zu Kritik am Verbotsgesetz. Zwar war das Verbotsgesetz bereits wiederholt Thema verschiedenster juristischer Publikationen, doch scheinen sich diese primär auf straf- oder verfassungsrechtliche Problemstellungen zu konzentrieren. Angesichts der in den letzten Jahren – teils recht emotional, teils sehr sachlich – geführten gesellschaftspolitischen Diskussion, soll die vorliegende Arbeit die rechtspolitischen Hintergründe sowohl der Entstehung als auch und vor allem der Aufrechterhaltung des Verbotsgesetzes untersuchen. Argumente für die Abschaffung sollen genauso wie jene für die Beibehaltung der Strafbestimmungen und nach wissenschaftlichen Kriterien zusammengetragen und gegenübergestellt werden. Dabei finden sowohl die parteipolitische als auch die zivilgesellschaftliche Debatte in verschiedenen Medien und Online-Foren in die Analyse Eingang. Um ein besseres Verständnis der Leserin beziehungsweise des Lesers für die Inhalte der Debatte zu ermöglichen, wird der Behandlung der rechtspolitischen Dimension des Verbotsgesetzes eine Erläuterung seiner dogmatischen Grundlagen, inklusive seines Spannungsverhältnisses zum Recht auf Meinungsfreiheit, vorangestellt. 1 II. Dogmatische Grundlagen 1. Verbotsgesetz 1.1. Geschichte Mit der militärischen Niederlage des Deutschen Reiches brach das nationalsozialistische Regime zusammen. Die Siegermächte sahen sich mit der Aufgabe konfrontiert, die ehemalige Führungselite zu entmachten und die Identifikation von großen Teilen der österreichischen Bevölkerung mit der nationalsozialistischen Ideologie zu beenden. Bereits aus der ersten Regierungserklärung vom 27. April 1945 geht hervor, dass die Maßnahmen im Besonderen die schwerer belasteten Nationalsozialisten – diejenigen, die „aus Verachtung der Demokratie und der demokratischen Freiheiten ein Regime der Gewalttätigung, des Spitzeltums,
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