Jahresbericht 2007 Archiv für Zeitgeschichte

Institut für Geschichte

1 ______Herausgeber: Archiv für Zeitgeschichte, Zürich 2008. Redaktion: Gregor Spuhler Satz und Gestaltung: Jonas Arnold Sämtliche Illustrationen aus dem Archiv für Zeitgeschichte, Zürich. Gedruckt mit Unterstützung des Freundes- und Fördererkreises des Archivs für Zeitgeschichte und der Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich.

2 Inhaltsverzeichnis 1 Das Jahr im Überblick...... 5 2 Berichte der Dokumentationsstellen...... 11 2.1 Allgemeine Schweizerische Zeitgeschichte...... 11 2.2 Jüdische Zeitgeschichte...... 14 2.3 Wirtschaft und Zeitgeschichte...... 19 2.4 Schweiz – Kalter Krieg...... 21 3 Infrastruktur...... 24 3.1 Informationstechnologie (IT)...... 24 4 Sammlungen und Dokumentationen...... 26 4.1 Presseausschnittdokumentation...... 26 4.2 Bibliothek ...... 26 5 Vermittlung und Vernetzung...... 30 5.1 Benutzung...... 30 5.2 Lehre...... 33 5.3 Forschung...... 34 5.4 Verbände und Kooperationen...... 34 6 Neuzugänge...... 36 6.1 Nachlässe...... 36 6.2 Institutionelle Bestände...... 39 6.3 Dokumentationen und Kopienbestände...... 39 6.4 Bild- und Tondokumente...... 39 7 Erschlossene Bestände...... 41 7.1 Nachlässe...... 41 7.1.1 Marcel Brun...... 41 7.1.2 Gustav Däniker jun...... 42 7.1.3 Georg Guggenheim...... 44 7.1.4 Alfred und Eli Ledermann...... 45 7.1.5 Avner Less...... 47 7.1.6 Jean Nordmann...... 48 7.2 Institutionelle Bestände...... 49 7.2.1 Bund Schweizerischer Jüdischer Frauenorganisationen (BSJF)...... 49 7.2.2 Archiv des Jüdischen Flüchtlingsverbands in der Schweiz...... 51 7.2.3 Prozess gegen David Frankfurter...... 51 7.2.4 Vorort-Archiv...... 52 7.2.5 Bibliothek und Eigenschriften der Wirtschaftsförderung (wf)...... 56 7.2.6 Zentrale für Wirtschaftsdokumentation (ZWD)...... 57 7.3 Dokumentationen...... 58 7.3.1 Forschungsdokumentation Theo Tschuy...... 58

3 8 Das Archiv auf einen Blick...... 59 8.1 Daten...... 59 8.2 Finanzen...... 61 8.3 AfZ-Team...... 63 9 Dank...... 64

4 1 Das Jahr im Überblick

Auf den 31. August 2007 trat Klaus Urner als Leiter des Archivs für Zeitge- schichte zurück und begab sich nach über vierzigjährigem Engagement für die Zeitgeschichte in den wohlverdienten Ruhestand. Entlastet von den vielfältigen Aufgaben, welche die Führung eines Betriebs mit 20 Mitarbeite- rinnen und Mitarbeitern stellt und der zu 40 Prozent von privaten Stiftungen und Spenden getragen wird, steht der Gründer auch nach seiner Pensionie- rung dem Archiv als Mitglied des von ihm aufgebauten Förderungswerkes weiterhin mit seinem Rat zur Seite. Dass er die ursprünglich aus persönlichem Forschungsinteresse gesammelten Dokumente des AfZ nun, wo ihm wieder mehr Zeit für eigene Interessen zur Verfügung steht, auch nur annähernd wird auswerten können, ist zu bezweifeln. Die mittlerweile über 400 Be- stände erreichen einen Umfang von 3,5 Laufkilometern und befinden sich im Haus am Hirschengraben 62 sowie in zwei Aussenmagazinen. Klaus Urner konnte seinem Nachfolger, dem Berichterstatter Gregor Spuh- ler, das Archiv in einem ausgezeichneten Zustand übergeben. Besonders hervorzuheben sind die Anstrengungen, die der Zurücktretende selbst ebenso

Nach 40 Jahren vollem Engagement für das Archiv für Zeitgeschichte im wohlverdienten Ruhestand: Klaus Urner.

5 wie die leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits im Vorfeld der Amtsübergabe unternommen hatten, um den neuen Leiter in jeder Hinsicht zu unterstützen. Das motivierte und engagierte Team des AfZ sowie die grosse Hilfsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen erleichterten es dem Nachfolger, der vom Historischen Seminar der Universität an die ETH wechselte und das Archiv für Zeitgeschichte eher aus der Perspektive des Forschers und Benutzers als aus der Perspektive des Archivars kannte, sich in seine neuen Aufgaben einzuarbeiten. Zu diesen Aufgaben gehört das Personalwesen. Neben den alljährlichen Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Herbst galt es vor allem, sich mit dem Personalrecht des Bundes und der ETH vertraut zu

Besucherinnen und Besucher des AfZ begegneten anlässlich des schweizerischen Archivtags in einer Tonbildschau Zeitzeugen zum Themenschwerpunkt „Schweizer in 1933 - 1989“. machen, den Kontakt zur Personalabteilung der ETH zu intensivieren, das Budget und die Personalplanung für das Jahr 2008 abzuschliessen und dabei die Anstellungsbedingungen im AfZ zu überprüfen – ein komplexes Unterfangen, da die an einer Hochschule geltenden Regeln, namentlich die Befristung der Arbeitsverträge für wissenschaftlichen Nachwuchs, nicht unbedingt auf die Bedürfnisse eines Archivs zugeschnitten sind. Hinzu kom- men beträchtliche Unterschiede in den Anstellungsbedingungen zwischen jenen Personen, deren Stellen über Drittmittel finanziert werden und jenen, die direkt von der ETH angestellt sind. Auf das Jahresende hin war dieser

6 Überprüfungsprozess weitgehend abgeschlossen, so dass den Mitarbeite- rinnen und Mitarbeitern Anfang Dezember die Grundsätze der künftigen Personalpolitik erläutert werden konnten. Am schweizerischen Archivtag vom 17. November 2007 beteiligte sich das Archiv mit einer Ausstellung und einer Tonbildschau zum Thema „Schweizer in Berlin 1933-1989“. Präsentiert wurden Tonaufnahmen aus verschiedenen Kolloquien, die Klaus Urner während der letzten 40 Jahre mit Zeitzeugen durchgeführt hatte, Filme über die „Frontstadt“ im Kalten Krieg sowie Do- kumente aus Privatnachlässen von Schweizer Diplomaten, Journalisten und Kulturschaffenden, die sich während kürzerer oder längerer Zeit in Berlin aufgehalten hatten. Das grosse Engagement des gesamten Teams wurde mit einem Publikumserfolg belohnt: Rund 170 Interessierte kamen ins Archiv. Auch in den Medien fand der Archivtag, für den das AfZ zusammen mit dem Stadtarchiv Zürich, dem Stadtarchiv Winterthur und dem Schweizerischen Sozialarchiv die Öffentlichkeitsarbeit machte, beträchtliche Beachtung. 2007 war nicht nur auf der Leitungsebene ein Jahr des Übergangs. Finanz- technische Umstellungen innerhalb der ETH zur Jahresmitte und die Rege- lung der Nachfolge von Klaus Urner in den diversen Stiftungen bedeuteten einen erheblichen Verwaltungsaufwand und werden die Archivleitung auch 2008 noch beanspruchen. Für den Archivbetrieb von ganz besonderer Be- deutung war schliesslich die Ablösung des alten Archivinformationssystems DACHS durch den CMISTAR der Firma CM Informatik in Schwerzenbach. Der reibungslose Wechsel zum neuen System im September sowie die enge Zusammenarbeit mit CMI und mit der Firma Xylix Software GmbH, die für die Recherche in der Datenbank eine neue Suchmaschine entwickelt hat, stimmen zuversichtlich, dass dem Archiv und seinen Benutzerinnen und Benutzern demnächst eine Generation der Informationstechnologie zur Verfügung steht, die in verschiedener Hinsicht neue Massstäbe setzt. Das Engagement und Know How des Archivs im Bereich der IT findet auch innerhalb der ETH Anerkennung, die den 2006 eingeführten virtuellen Katalog und Lesesaal „AfZ Online Archives“ im vergangenen Jahr mit einer Sonderprämie auszeichnete. Die schon vor längerer Zeit begonnenen Bemühungen, das Archiv für Zeitgeschichte in der Archivlandschaft besser zu vernetzen und verstärkt Kooperationen aufzubauen, sind erfolgreich. Dies gilt nicht nur für die guten Beziehungen zu den anderen Archiven im Raum Zürich, sondern auch auf

7 nationaler Ebene. So wurde der stellvertretende Archivleiter Daniel Nerlich im September in den Vorstand des Vereins Schweizerischer Archivarinnen und Archivare VSA gewählt. Damit ist das AfZ erstmals in der Leitung des nationalen Berufsverbands vertreten und kann dort sein Fachwissen ein- bringen. Auch die Zusammenarbeit mit den Historischen Seminaren der Universitäten Zürich und Basel wurde intensiviert, was zu einer Zunahme von Lehrveranstaltungen und Archivpräsentationen führt. Auch 2007 fanden zahlreiche Veranstaltungen im Archiv für Zeitgeschichte statt. Am Holocaust-Gedenktag Ende Januar ermöglichte das Archiv wiede- rum mehreren Schulklassen die Begegnung mit Überlebenden des national- sozialistischen Judenmords. In den Zeitzeugen-Kolloquien berichteten der Jurist und Autor Peter Veleff, der Unternehmer Dietrich Bührle, der aus der Tschechoslowakei stammende und von den Nationalsozialisten verfolgte Robert F. Lamberg und die erste Bundesrichterin Margrith Bigler-Eggenberger über ihre Erfahrungen. Ende Oktober stellte die Autorin Hanna Zweig ihr Buch über Saly Mayer vor, der im Zweiten Weltkrieg den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund präsidiert hatte und ab 1940 Repräsentant des American Jewish Joint Distribution Committee‘s in Europa gewesen war. Die Einarbeitung in die Leitungsaufgaben, namentlich im Bereich Perso- nalwesen und Finanzen, das Engagement für die verschiedenen Anlässe im Herbst und der Aufbau von Kontakten innerhalb der ETH und zu diversen Partnerinstitutionen führten dazu, dass das eigentliche Kerngeschäft des Archivs, nämlich die Sicherung, Erschliessung und Erhaltung von überlie- ferungswürdigen privaten Quellenbeständen zur schweizerischen Zeitge- schichte, beim Archivleiter in den ersten Monaten seiner Tätigkeit nur wenig Aufmerksamkeit fand. Er konnte die eigenverantwortliche Fortsetzung der Arbeit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jedoch getrost überlassen, zumal das Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften der ETH im Sommer vier Mitarbeiterinnen und einen Mitarbeiter für ihre her- vorragenden Leistungen bei der Erschliessung der grossen institutionellen Bestände im Bereich der jüdischen Zeitgeschichte ausgezeichnet hatte. Die Ende 2007 beschlossene Jahresplanung setzt für 2008 bei der inneren Organisation des Archivs einen Schwerpunkt. Im Zentrum steht eine Team- und Organisationsentwicklung, bei der das Archiv von der Personalabteilung der ETH kompetente Unterstützung erhält. Dieser Prozess soll in ein neues Leitbild münden, das bei den Entscheidungen, die für das AfZ in inhaltlicher,

8 organisatorischer und technologischer Hinsicht anstehen, Orientierung bietet. Die künftige inhaltliche Ausrichtung des Archivs und einzelne Ent- scheidungen – etwa über die Zukunft der Bibliothek, die Organisation und Qualität von Benutzungsdienst und Beratung, die Fortführung der noch immer analogen Presseausschnittdokumentation oder die Lancierung neuer Grossprojekte – sollen in einem Gesamtzusammenhang stehen. Dabei sind die bisherigen Traditionen, die vorhandenen Ressourcen und die für die Zu- kunft absehbaren Entwicklungen in Archivwesen, Geschichtswissenschaft und Gesellschaft zu berücksichtigen. Die im Frühjahr 2008 stattfindende In- ventur des gesamten Archivs bildet in diesem Zusammenhang eine wichtige Grundlage für die Arbeitsplanung der nächsten Jahre. Um erste Beschlüsse, die im Rahmen dieses Prozesses gefällt werden, auch umsetzen zu können, wird das Archiv für Zeitgeschichte für das Publikum vom 18. bis 29. August 2008 geschlossen. Neben den mit dem Leitungswechsel verbundenen Zusatzaufgaben geht der ordentliche Archivalltag mit der Übernahme, Erschliessung und Vermittlung von Archivgut auch 2008 im gewohnten Rahmen weiter. Dass trotz sorgfältiger Planung manches nicht eingehalten werden kann und anderes, etwa die notfallmässige Übernahme unerwarteter Archivbestände, nicht voraussehbar ist, hat sich im ersten Drittel des laufenden Jahres erneut bestätigt. Deshalb wurden mit Blick auf das in Ausarbeitung befindliche Leitbild manche Projekte zurückgestellt und einige Entscheide bis in die zweite Jahreshälfte 2008 aufgeschoben. Nicht mehr aufschiebbar ist aller- dings das Bemühen, für die Erhaltung und Erschliessung der umfangreichen Bestände zur schweizerischen und regionalen Wirtschaftsgeschichte eine solide finanzielle Basis zu schaffen. Dass im Rahmen eines Leitungswechsels das Bisherige überprüft, manches für gut befunden und beibehalten und anderes reorganisiert wird, entspricht dem Lauf der Dinge und widerspricht nicht der einleitenden Feststellung, dass das Archiv für Zeitgeschichte sich in einem ausgezeichneten Zustand befindet – ein Befund, den auch eine von der ETH im gesamten Departe- ment durchgeführte Evaluation durch externe Experten festhielt. Nach diesem Motto, Neuerungen einzuführen und dabei Gutes zu bewahren, wurde auch der vorliegende Jahresbericht im Vergleich zu den Vorjahren modifiziert. Nach dem einleitenden Überblick berichten die verschiedenen Dokumentationsstellen über die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit. Eine voll-

9 ständige Liste der 2007 übernommenen Quellenbestände findet sich im Kapitel „Neuzugänge“. Darauf folgt die Beschreibung der im Berichtsjahr neu erschlossenen und damit fortan gut benutzbaren Bestände, die dem Publikum ausführlich vorgestellt werden. Die Berichterstattung über die Infrastruktur (mit Schwerpunkt auf der Informationstechnologie), über die Sammlungen und Dokumentationen sowie über die Vermittlung und Benutzung wurde weitgehend in der bisherigen Form beibehalten. Für die eilige Leserin und den eiligen Leser, die sich nur über die wichtigsten Daten im Jahr 2007, die Finanzierung des Archivs oder über seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren möchten, haben wir diese Informationen am Schluss des Jahresberichts zusammengestellt – dies allerdings in der Hoff- nung, dass die Mehrheit unserer Leserschaft es nicht ganz so eilig, sondern Zeit für die Lektüre hat.

10 2 Berichte der Dokumentationsstellen 2.1 Allgemeine Schweizerische Zeitgeschichte Im Bereich der Allgemeinen Schweizerischen Zeitgeschichte standen im Berichtsjahr zahlreiche Akzessionen von interessanten Beständen im Vorder- grund, welche oft sogleich vorgeordnet werden konnten. Mit dem Nachlass Dietrich Schindler wurde auch ein grösseres Erschliessungsprojekt in Angriff genommen. Erschliessung Die konsequente Umsetzung der in den letzten Jahren erarbeiteten einheit- lichen Erschliessungsrichtlinien bedingt auch eine sukzessive Überarbeitung von bereits verzeichneten Beständen. Dazu gehört der Nachlass des Fronti- stenführers Rolf Henne (1901-1966). Christoph Manasse überprüfte die ein- zelnen Dossiers, entmetallisierte das Archivgut und packte es in säurefreie Archivierungsmaterialien um. Die Datenbankeinträge wurden bereinigt und wo nötig ergänzt. Diverse Abschlussarbeiten stehen noch aus. Für die bisher wenig beachteten Tagebücher des Gewerkschaftssekretärs und Diplomaten Emil Friedrich Rimensberger (1894-1962), welche die Jahre 1927 bis 1962 abdecken, eröffnen sich mit der 2007 von Tobias Krüger durch- geführten Digitalisierung der rund 12500 Seiten umfassenden Abschrift völlig neue Perspektiven: So können nun die gesamten Tagebücher mittels Volltextabfrage gezielt nach bestimmten Begriffen durchsucht werden. Im Herbst 2007 begann Christoph Manasse mit der definitiven Erschlies- sung des 2006 übernommenen Nachlasses des Zürcher Staats- und Völ- kerrechtlers Dietrich Schindler sen. (1890-1948). Dabei konnte auf dem von Dietrich Schindler jun. erstellten detaillierten Ablieferungsverzeichnis sowie auf der bereits 2006 erfolgten Vorordnung aufgebaut werden. Die Ordnung und Verzeichnung des Bestandes wird voraussichtlich im laufenden Jahr abgeschlossen. Akzession Hinsichtlich der zahlreichen grösseren und kleineren Akzessionen beschrän- ken wir uns auf eine Auswahl. Der Historiker Jean-François Bergier (geb. 1931), langjähriger Vorsteher des Instituts für Geschichte an der ETH Zürich, über- gab dem AfZ seinen umfangreichen Vorlass, welcher auch seine Mitarbeit in zahlreichen wissenschaftlichen Vereinigungen und Gremien dokumentiert.

11 Für den bereits im Archiv befindlichen Teil des Bestandes erstellte Katharina Hilbich ein detailliertes Übernahmeverzeichnis. Eine unübliche Perspektive, gewissermassen eine Sicht „von unten“, bietet der kleine Bestand aus dem Nachlass von Mina Gübely (1883-1968), die in den 1920er Jahren in Berlin lebte. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz betrieb sie zunächst in Zürich-Oerlikon und dann in Regensdorf einen Geschenkartikel- laden mit einer Vertretung diverser europäischer Firmen (Porzellan, Glas, El- fenbeinminiaturen). Die im Bestand enthaltene Korrespondenz widerspiegelt unter anderem eindrücklich die Liebesgabentätigkeit der alleinstehenden Ladeninhaberin zugunsten von notleidenden Bekannten in Deutschland, in Wien und in Prag in den Nachkriegsjahren. Im Dezember 2006 verstarb mit Hans Hutter (1913-2006) einer der letzten Schweizer Spanienfreiwilligen. Wenige Monate zuvor hatte er die Schenkung seines Nachlasses an das AfZ nach seinem Ableben verfügt. Ein erster Teil, darunter die 6 Laufmeter umfassende Bibliothek zum Spanischen Bürger- krieg, wurde im Berichtsjahr übergeben. Die Übernahme des eigentlichen Nachlasses folgt 2008. Der Aufmerksamkeit einer Nachbarin ist es zu verdanken, dass das AfZ fast 20 Jahre nach dem Tod des Journalisten und Geheimdienstagenten Otto Pünter (1900-1988) Ergänzungen zum bereits hier befindlichen Nachlass entgegennehmen konnte. Im Zusammenhang mit dem Verkauf von Pünters Mehrfamilienhaus in Bern kamen Korrespondenz, Typoskripte, Drucksachen und Fotos in einem Mansardenzimmer zum Vorschein. Nach dem Tod von Franz Riedweg (1907- 2005), dem ranghöchsten Schweizer in der Waffen-SS, übergab sein Sohn dem AfZ ein Aktenkonvolut. Die darin enthal- tenen Unterlagen, u. a. Korrespondenz, eidesstattliche Erklärungen und das Urteil des Bundesstrafgerichts, ergän- zen den bereits früher übernommenen Einzelbestand. Besonders illustrativ ist die umfang- „Halt! Schweizer Grenzpolizei!“ Ein deut- reiche Dokumentation zum Aktivdienst scher Hilfsgrenzangestellter (HIGA) beim Übertritt über die französisch-schweize- 1939-1945, die das AfZ von Hans Schnee- rische Grenze im November 1944. wind (1912-2008) erhielt. In den letzten

12 Antikommunismus ad absurdum geführt: Der berüchtigte „Kommunistenjäger“ US-Senator Joseph Mc Carthy entlarvt den amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman und seinen Aus- senminister Dean G. Acheson sowie zwei weitere Persönlichkeiten als Sowjetagenten. Karikatur von Hans U. Steger, publiziert am 6. April 1950 in der Weltwoche. Monaten des Zweiten Weltkriegs war Schneewind als Offizier der Nachrich- tensammelstelle (N.S.) 1 in Luzern im Einsatz gewesen und hatte deutsche Militärinternierte verhört. Die vier sorgfältig gestalteten Alben enthalten nicht nur zahlreiche mit Legenden versehene Fotografien, sondern auch dazu passende Presseschlagzeilen und andere zeitgenössische Dokumente. Ergänzende Unterlagen sowie seine nachträglichen Erläuterungen bieten eine wertvolle Hilfe bei der Benutzung des Bestandes. Besonders erwäh- nenswert sind seine Anmerkungen zu den Hintergründen der Wiking-Linie des Schweizer Nachrichtendienstes, die vom Aussenposten „Pfalz“ der N.S. 1 in Basel bis ins Führerhauptquartier gereicht haben soll. Nicht Schriftgut, sondern Zeichnungen bilden den Hauptinhalt des Vor- lasses von Hans U. Steger (geb. 1923). Er schenkte dem Archiv seine politischen Karikaturen, die er hauptsächlich für den Nebelspalter, den Tages-Anzeiger, die Weltwoche und die Zürcher Woche gezeichnet hatte. Die mehrere hundert Originale und Kopien umfassende Sammlung widerspiegelt auf originelle Weise ein halbes Jahrhundert schweizerische und internationale Politik.

13 Seit mehr als zehn Jahren befinden sich Teile des Nachlasses des Schwei- zer Spitzendiplomaten Alfred Zehnder (1900-1983) im Archiv. Im Zuge eines Wohnungswechsels übergab seine Witwe dem Archiv nun weitere Akten im Umfang von über 6 Laufmetern. Dokumentiert sind darin Zehnders letz- te drei Stationen in Moskau, Ottawa und Washington, seine Tätigkeit als Generalsekretär des Eidgenössischen Politischen Departements und seine Alfred Zehnder, Schweizer Botschafter in Mitarbeit in verschiedenen schwei- den USA 1963-1966, beim Antrittsbesuch bei US-Präsident John F. Kennedy im Gar- zerischen und internationalen Orga- ten des Weissen Hauses am 5. April 1963. nisationen und Vereinigungen. Hinzu kommen Jugenderinnerungen aus dem zaristischen Russland sowie diverse Publikationen, Vorträge, Korrespondenzen und Dokumentationen. 2.2 Jüdische Zeitgeschichte Neben dem Abschluss der Verzeichnung mehrerer Privatnachlässe und insti- tutioneller Archive wurden auch im vergangenen Jahr zahlreiche Bestände übernommen. Hervorzuheben sind die Bilder-Sammlung von Elsbeth Kasser, der Vorlass von Heinz Stefan Herzka und das Redaktionsarchiv der Zeitschrift „Das Neue “ aus dem Nachlass des Rechtsanwalts Veit Wyler. Zudem war die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte mit verschiedenen Veranstaltungen in der Öffentlichkeit präsent und arbeitete in internatio- nalen und schweizerischen Gremien mit. Erschliessung Der Nachlass des Zürcher Juristen Georg Guggenheim (1897-1987), der sich viele Jahre lang im Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) und in der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ) engagiert hatte, wurde von Madeleine Lerf erschlossen. Dank ihrer Vermittlung gelangten auch die Erin- nerungsalben von Alfred und Eli Ledermann, die nach dem Zweiten Weltkrieg Jugendliche aus dem Konzentrationslager Buchenwald betreut hatten, ins Archiv. Um diese Dokumentation trotz ihres fragilen Zustandes der Benut- zung zugänglich machen zu können, wurde sie vollständig digitalisiert.

14 Die bereits 2006 von Janine Wilhelm in Angriff genommene Verzeichnung des Archivs des Bunds Schweizerischer Jüdischer Frauenorganisationen (BSJF) wurde von Anne Frenkel abgeschlossen. Dank ihrer Initiative konnten die Handakten von Vera Kronenberg, die den BSJF von 1992 bis 2003 präsidiert hatte, übernommen und in den Bestand integriert werden. Anne Frenkel erschloss zudem den Nachlass von Avner W. Less (1916-1987), der 1960/61 das Verhör von in Jerusalem geführt hatte. Es folgten das Archiv des Jüdischen Flüchtlingsverbands in der Schweiz sowie die Forschungsdo- kumentation von Theo Tschuy mit Unterlagen zu seinen Buchprojekten „Carl Lutz und die Juden von Budapest“ und „Die Kinder von La Hille“. Sandra Studer erschloss gemeinsam mit Anne Frenkel den Nachlass Jean Nordmann (1908-1986). Die Akten aus seiner Zeit als Präsident des Schwei- zerischen Israelitischen Gemeindebunds (1973-1980) stellen eine wichtige Ergänzung zum SIG-Archiv dar. Zudem verzeichnete sie den Nachlass des jiddischsprachigen Dichters Lajser Ajchenrand (1911-1985). Regina Gehrig konnte die Bearbeitung des Nachlasses von Georges Brunschvig (1908-1973), der sich als Anwalt des SIG im Berner Prozess um die Protokolle der Weisen von Zion sowie als Verteidiger des Gustloff-Attentäters David Frankfurter engagiert und von 1946 bis 1973 den SIG präsidiert hatte, weitgehend abschliessen.

Akzession Im Berichtsjahr wurden zahlreiche Bestände übernommen, die im Kapitel „Neuzugänge“ vollständig aufgeführt sind. An dieser Stelle möchten wir nur auf drei grössere Akzessionen hinweisen. Nach dem Erscheinen seiner autobiografischen Schrift „Unterwegs im Zwischen. Emigrantenkind, Kinderpsychiater, Schalmeiensucher“ (Frauenfeld 2007) schenkte der Kinderarzt, Kinderpsychiater und Autor Heinz Stefan Herz- ka (geb. 1935) dem AfZ seinen Vorlass, der Unterlagen zu seiner Biografie und zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit enthält. Er ergänzte damit den bereits früher übergebenen Nachlass seiner Mutter Else Freistadt-Herzka, der auch Unterlagen seines Vaters enthält, zum Familienarchiv Herzka. Die Elsbeth Kasser-Stiftung in Luzern übergab die in ihrem Besitz befindliche Sammlung von Bildern und Zeichnungen von Insassen der südfranzösischen Interniertenlager, die die ehemalige Rotkreuz-Krankenschwester Elsbeth Kas- ser (1910-1992) im Rahmen ihrer Hilfstätigkeit retten konnte, dem Archiv für

15 Übergabe der Sammlung Elsbeth Kasser an das AfZ am 14.8.2007 (v.l.n.r.): Reinhard Bek (Kurator Tinguely-Museum Basel), Uriel Gast (AfZ), Walter Schmid (Präsident der Kasser-Stiftung), Thomas Bullinger (langjähriger Kurator Elsbeth Kasser-Museum, Dänemark). Zeitgeschichte als Depot. Die mehrheitlich aus dem Lager Gurs stammenden Bilder waren bisher im Elsbeth Kasser-Museum in Dänemark aufbewahrt und mit Ausstellungen in ganz Europa bekannt gemacht worden. Dank der Vermittlung von Rafi Siano-Wyler erhielt das AfZ als Ergänzung des Nachlasses von Veit Wyler (1908-2002) das Redaktionsarchiv der Zeit- schrift „Das Neue Israel“, die der Rechtsanwalt von 1948 bis 1986 geführt hatte. Hervorzuheben ist dabei das bedeutende Fotoarchiv, das Hunderte von Schwarzweiss-Fotos aus dieser Periode enthält und sowohl das Leben in Israel als auch die Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel dokumentiert. Projekte Unter Federführung von Ralph Weingarten, dem Leiter des Florence Gug- genheim Archivs, wurde das Pilotprojekt zum Aufbau eines Bildarchivs der Schweizer Juden fortgeführt. Das Archiv für Zeitgeschichte unterstützt Ralph Weingarten bei seinen Kontakten mit potentiellen Donatoren von Bildern in technischer und logistischer Hinsicht. Nach Abschluss des Pilotprojekts soll im Sommer 2008 über das weitere Vorgehen entschieden werden.

16 Veranstaltungen und Kooperationen Nach 2005 und 2006 organisierte Daniel Gerson Ende Januar zum dritten Mal in Folge anlässlich des Holocaust-Gedenktags (27. Januar) im Archiv für Zeitgeschichte eine Begegnung zwischen Holocaustüberlebenden und Schulklassen. Die Zeitzeugin Katharina Hardy sowie die Zeitzeugen Rubin Gelbart, Fabian Gerson und Gabor Hirsch berichteten Matura-Klassen der Kantonsschulen Rämibühl und Hohe Promenade (Zürich), Romanshorn und Rychenberg (Winterthur) von der Shoa und der nationalsozialistischen Verfolgung, die sie überlebt hatten. Anlässlich der Generalversammlung der Schweizerischen Vereinigung für Jüdische Genealogie vom 18. März 2007 stellten Uriel Gast und Anne Frenkel den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Archiv für Zeitgeschichte und seine Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte vor. Den Anwesenden wurde neben der Präsentation zentraler Quellenbestände auch gezeigt, wie genealogische Forschungen in den Beständen des AfZ durchgeführt werden können – etwas, das einzelne Mitglieder bereits rege tun. Am 11. Juni 2007 führte die Schweizerische Gesellschaft für Judaistische Studien ihren Doktoranden-Workshop im AfZ durch. Gunnar Mikosch, Assi-

Gabor Hirsch, Überlebender des NS-Vernichtungslagers Auschwitz, gibt interessierten Schüle- rinnen und Schülern Einblick in seine Dokumentation.

17 stent im Bereich Mittelalter am Historischen Seminar der Universität Basel, referierte über „Identitätsbildende Aspekte der jüdischen Bildkultur“ und führte die Anwesenden in die Debatte zum Bilderverbot ein. Vom 20. September bis zum 18. Oktober 2007 war an der Universität Zürich die von Helena Kanyar (Basel) konzipierte Doppelausstellung „Visa retten Leben: Carl Lutz und die Rettung von 62‘000 Budapester Juden“ und „Gertrud Lutz-Fankhauser: Diplomatin und Humanistin“ zu sehen. Das Archiv für Zeitgeschichte beteiligte sich wiederum mit Dokumenten und Fotos, die vorwiegend aus dem Nachlass von Carl Lutz stammten. Im Rahmen der dazugehörigen Ringvorlesung des Historischen Seminars der Universität Zürich hielt Daniel Gerson einen Vortrag mit dem Titel „ ‚…die Grundsätze der Menschlichkeit für alle Flüchtlinge Wirklichkeit werden lassen’: Der ‚Fall Haroun’, Jude aus Aegypten, als Prüfstein der schweizerischen Flüchtlingspo- litik in der Nachkriegszeit“. Die ehemalige AfZ-Mitarbeiterin Christiane Uhlig sprach über „Willkommene Flüchtlinge: Die jüdischen Ungarnflüchtlinge von 1956 und ihre Aufnahme in der Schweiz“. Vom 10. bis 13. Juni 2007 fand in Prag die Vollversammlung der Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research (ITF) statt. Daniel Gerson, Vertreter der Schweiz in der Academic Working Group der ITF, nahm an der Vollversammlung teil. Die Academic Wor- king Group, zu deren zentralen Anliegen die Öffnung bisher verschlossener Archive und die Sicherung historischer Quellen aus der Zeit des Holocaust gehört, regte an der Vollversammlung an, Kontakte zu den nordafrikanischen Staaten zu knüpfen, um auch dort Zugang zu historischen Dokumenten zu erhalten. Die Autorin Hanna Zweig konnte am 31. Oktober 2007 in den Räumen des Archivs ihr Buch „Saly Mayer 1882-1950. Ein Retter jüdischen Lebens während des Holocaust“ der Öffentlichkeit vorstellen. Ihre Arbeit stützt sich in wesentlichen Teilen auf die im AfZ liegenden Quellen zur jüdischen Zeitgeschichte, insbesondere auf den in New York verfilmten Nachlass Saly Mayers und die dort verfilmten Akten zur Hilfstätigkeit des American Jewish Joint Distribution Committee‘s in Europa. Beatrix Mesmer (Bern) und Jacques Picard (Basel) würdigten die auch von den Medien beachteten Forschungs- ergebnisse der Autorin.

18 2.3 Wirtschaft und Zeitgeschichte Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte lag auf der Erschliessung der grossen institutionellen Be- stände. Auf die Schenkung der historischen Archive des Vororts und der Wirtschaftsförderung durch deren Nachfolgeorganisation economie- suisse folgte im Februar 2007 die unvorhergesehene Übernahme der Bibliothek und der Eigenschriften der Wirtschaftsförderung im Um- fang von rund 250 Laufmetern. Die mit Abstand grösste Akzession im vergangenen Jahr unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte als wichtigstes öffentliches Wirtschaftsarchiv in der Region Zürich. Um die gefährdeten Bestände dauerhaft archivieren und bewirtschaften zu können, müssen nun in gemeinsamer Anstrengung Das Zürcher Wirtschaftsarchivwesen hat Tradi- von ETH und privater Seite auch die tion: Gründungsstatut des Archivs für Handel dazu notwendigen Ressourcen be- und Industrie, 1910 (ZWD-Archiv). reit gestellt werden. Das lange angestrebte Förderungswerk bleibt somit er- stes Ziel zur Erhaltung dieses einzigartigen wirtschaftshistorischen Erbes. Erschliessung Im archivischen Kerngeschäft gilt es, bis Ende 2008 die seit längerem im Archiv befindlichen umfangreichen institutionellen Bestände zu erschliessen und möglichst bald der Forschung zugänglich zu machen. Das Jahr 2007 stand deshalb im Zeichen des Abschlusses der Verzeichnung aller Vorort- Akten bis 1980 auf Dossierebene. Nachdem dieser Stand in der Jahresmitte erreicht worden war, wurde die Bearbeitung der 112 Laufmeter Unterlagen aus den Jahren 1980 bis 2002 in Angriff genommen. Diese Etappe muss ihrerseits beendet sein, bevor eine letzte grosse Ablieferung aus dem Zwischenarchiv von economiesuisse an der Hegibachstrasse ansteht. Im Berichtsjahr ver-

19 Blick in die Wirtschaftsförderungs-Bibliothek am provisorischen Standort auf dem Hönggerberg. zeichneten Philipp Hofstetter, Sabina Bellofatto, Franziska Sidler, Anna Sieg und Tobias Krüger insgesamt rund 95 Laufmeter Akten. Deren Inhalte sind im Kapitel „Erschlossene Bestände“ ausführlich beschrieben. Sabina Bellofatto schloss darüber hinaus die Ordnungsarbeiten am zweiten Teil des Dokumentationsarchivs der Wirtschaftsförderung ab. Mit gegen einer Million Seiten aus den Jahren 1975 bis 1993 schliesst er die Lücke zwischen dem ersten Teil und der elektronischen Datenbank von economiesuisse, die 1993 einsetzt. Ob nach den Kontrollarbeiten auch eine vollständige Digita- lisierung der wohl bedeutendsten historischen Wirtschaftsdokumentation der Schweiz möglich wird, ist ungewiss. Nebst diesen laufenden Arbeiten konnte Anna Sieg die Erschliessung des Geschäfts- und Sacharchivs der Zentrale für Wirtschaftsdokumentation (ZWD) beenden. Akzession Die Übernahme der Bibliothek und der Eigenschriften der Wirtschaftsförde- rung erfolgte im Zuge wachsenden Raumbedarfs am Sitz von economiesuisse und bedeutete eine ungeplante Akzession im Umfang von rund 250 Laufme- tern. Eine weitere Ablieferung stammt aus dem Nachlass von Ambros Speiser (1922-2003) im ABB-Archiv in Baden und wurde durch Tobias Wildi vermittelt. Speiser war Forschungsdirektor der BBC und Professor an der ETH Zürich. Da-

20 neben arbeitete er von 1969 bis 1982 in der Kommission für Wissenschaft und Forschung des Vorortes mit. Die von Tobias Krüger bearbeiteten Unterlagen betreffen Speisers Tätigkeit als Kommissionsmitglied und ergänzen die im Vorort-Archiv befindlichen Akten dieses Gremiums. Schliesslich wurde mit der Forschungsdokumentation von Barbara Bonhage ein neuer Bestand zur schweizerischen Bankengeschichte übernommen. Veranstaltungen und Kooperationen Ein Novum für die Dokumentationsstelle war zu Jahresbeginn die Ausrich- tung eines Ausbildungsblocks für das Historische Seminar der Universität Basel. Die Übung zur Unternehmensgeschichte wurde unter der Leitung des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs (Johanna Gisler, Matthias Wiesmann) durchgeführt. Zusammen mit Philipp Hofstetter und Jonas Arnold präsen- tierte Daniel Nerlich die Wirtschaftsbestände des Archivs für Zeitgeschichte und deren Nutzungsmöglichkeiten. Vorgestellt und diskutiert wurden zudem Digitalisierungsprojekte als Strategie der Informationssicherung. Aufgrund der im Dezember erneut eingegangenen Kooperationsanfrage ist zu erwar- ten, dass sich mit Universität und Wirtschaftsarchiv Basel eine regelmässige Zusammenarbeit entwickeln wird, die dazu dienen soll, die Studierenden möglichst früh mit der Archivarbeit vertraut zu machen. 2.4 Schweiz – Kalter Krieg Im Dokumentationsbereich Schweiz - Kalter Krieg wurden zwei grössere Erschliessungsprojekte in Angriff genommen: Bis zum Jahresende konnte beim Nachlass von Marcel Brun ein wichtiges Etappenziel erreicht werden, während der Nachlass von Gustav Däniker jun. praktisch vollständig aufge- arbeitet wurde. Erschliessung Der Nachlass des Journalisten und Publizisten Marcel Brun (1928-2006), besser bekannt als Jean Villain, enthält neben Schriftgut Fotografien, Film- und Tondokumente sowie Einzelobjekte wie Stempel, Medaillen und Orden, darunter den Heinrich-Heine Preis oder den Vaterländischen Verdienstor- den der DDR in Bronze. Der Zustand der rund 11 Laufmeter umfassenden Archivalien ist im allgemeinen gut. Einzelne von Schimmelbefall betroffene Unterlagen mussten jedoch entsprechend behandelt werden. Der Nachlass enthält auch ein elektronisches Archiv von mehreren Gigabyte, was für das

21 AfZ in diesem Umfang ein Novum darstellt. Dessen Struktur und In- halt sind noch kaum überschaubar. Aufbauend auf einer groben Vor- strukturierung des Materials begann Michael Schaer mit der Erschliessung des Bestandes. Die von Marcel Brun angefertigten Verzeichnisse konnten bei der Erfassung in der Archivda- tenbank teilweise übernommen werden. Geordnet, neu verpackt und verzeichnet wurden insbesondere die voluminösen Staatsschutzdossiers der schweizerischen Bundespolizei, der Stadtpolizei Zürich (KKIII) und des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, die diversen Auszeichnungen Ähre und Schwungrad als Symbole der Arbei- und Ehrungen, seine Publikationen terbewegung: Marcel Bruns Mitgliedskarte der Partei der Arbeit. sowie die audiovisuellen Dokumente. Michael Schaer erschloss auch das im Nachlass integrierte historische Archiv der „Partei der Arbeit PdA: Sektion in der DDR“ und erstellte von einzelnen gefährdeten Dokumenten Sicher- heitskopien. Im laufenden Jahr kann die Erschliessung – abgesehen von den elektronischen Daten - voraussichtlich abgeschlossen werden. Der Nachlass von Divisionär Gustav Däniker (1928-2000) umfasste vor Beginn der Erschliessungsarbeiten 28 Laufmeter, wovon rund ein Drittel bereits früher von Marie-Claire Däniker erschlossen worden war. Der ungeordnete Rest von 18 Laufmetern kam grösstenteils nachträglich ins AfZ. Nach einer bereits im Vorjahr vorgenommenen Grobstrukturierung der noch nicht verzeichneten Unterlagen begann Christoph Manasse Anfang 2007 mit der eigentlichen Erschliessung. Die bereits erfassten Dossiers wurden überarbei- tet und die Bestandesstruktur angepasst. Als besonders aufwändig erwies sich die Ordnung und Einarbeitung der noch nicht verzeichneten Unterlagen: Teilweise mussten überhaupt erst Dossiers gebildet und diese den einzelnen Bereichen zugeordnet werden - besonders die Archivalien aus neuerer Zeit waren kaum vorgeordnet. Erschwerend kam hinzu, dass oft verschiedene

22 Versionen desselben Dokuments existierten, die an unterschiedlichen Or- ten abgelegt waren. Aus konservatorischen Gründen wurden zahlreiche Sicherheitskopien erstellt. Durch das Umpacken und das Ausscheiden von Doubletten konnte der Bestand auf rund 20 Laufmeter reduziert werden. Isabelle Matt begann im Berichtsjahr mit der Erschliessung einer Nachliefe- rung von 3,3 Laufmetern Mitgliederdossiers des Schweizerischen Aufklärungs- dienstes bzw. der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Demokratie (SAD). Bis Jahresende konnten die Dossiers zu den Einzelmitgliedern grösstenteils geordnet, umgepackt, alphabethisch eingeflochten und in der Datenbank erfasst werden. Die Bearbeitung der Dossiers zu den Kollektivmitgliedern steht noch aus. Akzession Abgesehen von einzelnen Nachlieferungen waren im Bereich Kalter Krieg kaum Neuzugänge zu verzeichnen. Erwähnenswert ist die Schenkung des historischen Archivs der Neuen Helvetischen Gesellschaft, Gruppe Zürich. Die chronologisch gegliederten Geschäftsakten betreffen den Zeitraum von 1957 bis 1969 und umfassen Korrespondenz, Rundschreiben, Jahresberichte, Protokolle, Referate und Adresslisten. Der Bestand passt in den Kontext der Geistigen Landesverteidigung im Kalten Krieg und ergänzt den Archivbe- stand des Schweizerischen Aufklärungsdienstes. Veranstaltungen und Kooperationen Dass die Epoche des Kalten Kriegs zunehmend auch in Lehrveranstaltungen an den Universitäten, aber auch in den Geschichtsunterricht an Gymnasien Eingang findet, belegt die steigende Nachfrage zu dieser Thematik. So stand der Dokumentationsbereich „Schweiz - Kalter Krieg“ im vergangenen Jahr gleich bei vier Archivpräsentationen und Führungen im Zentrum: Im Rah- men des Ergänzungsfachs Geschichte wurde das AfZ von je einer Klasse der Kantonsschule Wettingen und der Kantonsschule Zug besucht, ebenso für eine Seminarveranstaltung des Historischen Seminars der Universität Zürich und für einen Einführungskurs des Historischen Seminars der Universität Basel.

23 3 Infrastruktur 3.1 Informationstechnologie (IT) In Bezug auf die IT war 2007 ein Jahr des Übergangs, in dem Grundlagen für die zukünftige Realisierung neuer informationstechnologischer Lösungen und Angebote geschaffen wurden. Eine Schlüsselstellung im Archivbetrieb nimmt das jeweilige Informati- onssystem für die Erfassung, Erschliessung und Vermittlung des Archivguts ein. Nachdem 2006 der Entscheid für die Ablösung von DACHS gefallen war, konnte nach intensiven Vorbereitungsarbeiten im September 2007 das Archi- vinformationssystem CMISTAR eingeführt werden. Nach der Verabschiedung des Datenmodells wurden das verbesserte Layout, die fein regulierbaren Benutzerrechte und neue, die Erschliessungsarbeit beschleunigende Funk- tionalitäten implementiert. Die vorzügliche Zusammenarbeit mit der Firma CM Informatik in Schwerzenbach ermöglichte es, anlässlich der Migration eine Reihe automatisierter Datenbereinigungen vorzunehmen. Die interne Schulung bestätigte, wie selbstverständlich Benutzerinnen und Benutzer mit Erfahrung in Windows die neue Software anwenden. CMISTAR ist damit schon kurz nach seiner Einführung als internes Arbeitsinstrument etabliert. Die bisherigen Erfahrungen lassen erwarten, dass sich das Potential von CMISTAR beim Import von Metadaten sowie bei der geplanten Einführung verschiedener Umsysteme voll entfalten wird. Der im Januar 2006 eingeführte Virtuelle Katalog und Lesesaal „AfZ Online Archives“ hat sich inzwischen zu einer erfolgreichen Rechercheplattform zu unserem Archivgut entwickelt. Im unabhängigen Rating von www. archivportal.ch rangierte unser Angebot zeitweise auf Platz 1 und wurde ETH-intern mit einer Sonderprämie ausgezeichnet. Neben der im Internet veröffentlichten Instanz erweist sich die im Lesesaal eingerichtete Oberfläche als gewinnbringend, weil damit digitale Quellenkopien, die im Internet aus rechtlichen Gründen nicht publiziert werden dürfen, im Lesesaal direkt am Bildschirm konsultiert werden können. Mit der Einführung von CMISTAR wird auch das Webangebot auf die neue Datenbasis umgestellt. Die entsprechenden Arbeiten sind seit Dezember 2007 in vollem Gange und sollen im Frühjahr 2008 mit der Inbetriebnah- me einer neuen Suchmaschine der Firma Xylix Software abgeschlossen werden.

24 Digitalisat statt Mikrofilm: In der Lesesaalinstanz von AfZ Online Archives lassen sich Beuteakten aus dem Russischen Staatlichen Militärarchiv (Moskau) bequem am Lesesaal-PC aufrufen. Die Daten der technisch veralteten Bibliotheksdatenbank konnten im Februar 2007 in eine auf MS-SQL basierende Zwischenlösung migriert werden, die über einen Webbrowser (php) gepflegt und abgesucht werden kann. Die weitere Entwicklung der Datenbank hängt entscheidend davon ab, welche Bedeutung der Bibliothek des AfZ in Zukunft zukommt. Um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein, war auch im Bereich der Systemtechnik viel Grundlagenarbeit zu leisten, in erster Linie bei der Hardware: So wurden beinahe alle Arbeitsplatzrechner ersetzt. Aus- serdem wurden zwei (der insgesamt drei) Server abgelöst. Gute Erfahrungen machten wir mit der Virtualisierung des Webservers, der im Rahmen des 2007 abgeschlossenen Service Level Agreements nun vollumfänglich von den Informatikdiensten der ETH betreut wird. Dies ermöglicht es zum einen, die Daten zentral und damit sicherer und kostengünstiger zu bewirtschaften. Allerdings ist die Leistungsfähigkeit der zu schwachen Datenanbindung der Liegenschaft Hirschengraben 62 an die ETH zu verbessern, was im Be- richtsjahr noch nicht realisiert werden konnte. Zum andern ermöglicht eine solche Verlagerung der Systemtechnik an die ETH dem Informatikteam im Haus, sich in Zukunft verstärkt der Projektinformatik zu widmen. Dies ist umso sinnvoller, als dem Team neben dem Leiter Jonas Arnold lediglich ein technischer Mitarbeiter angehört: Von Oktober 2006 bis Mitte September 2007 war es Walter Sutter, der sich anschliessend wieder vollumfänglich dem Informatikstudium widmete. Als Nachfolger konnten wir mit Daniel Fank- hauser einen polyvalenten Informatiker gewinnen, dessen Kenntnisse der Webtechnologie in den gegenwärtigen Projekten zum Tragen kommen.

25 4 Sammlungen und Dokumentationen 4.1 Presseausschnittdokumentation Seit Mitte der 1960er Jahre wertet das AfZ eine Auswahl von schweize- rischen Tages- und Wochenzeitungen sowie einzelne Zeitschriften aus. Die Presseausschnittdokumentation gliedert sich in drei Teilbestände: Während die Biografische Sammlung mit ihren rund 10‘000 Dossiers einen Zugriff auf Informationen zu Personen der Zeitgeschichte erlaubt, bietet die Systema- tische Sammlung sachthematische Dossiers zum schweizerischen Zeitge- schehen. Die Sammlung Geschichte schliesslich umfasst Presseausschnitte mit historischem Bezug, geordnet nach chronologischen, geografischen und sachthematischen Kriterien. Laufend aktualisiert wird die Verzeichnung der Biografischen Sammlung. Da auch die wichtigsten Daten zu den einzelnen Persönlichkeiten erfasst werden, können die Metadaten zu den Dossiers auch als hilfreiches elektronisches Nachschlagewerk genutzt werden. Die bisher nur auf Klassenebene erschlossene Systematische Sammlung ist im Berichtsjahr bis auf Dossierebene in der Archivdatenbank erfasst worden, was eine deutliche Verfeinerung der Recherche erlaubt. Die Bereinigung der neu erfassten Einträge steht noch aus. 4.2 Bibliothek Das AfZ versteht sich in erster Linie als Archiv. Seine Büchererwerbungen halten sich deshalb in engen Grenzen und beschränken sich auf die wich- tigsten Neuerscheinungen zur Zeitgeschichte, vor allem mit Bezug zur Schweiz. Ein Teil dieser Neuzugänge sind unentgeltliche Belegexemplare von Arbeiten, welche unter Beizug von Unterlagen aus dem AfZ entstanden sind. Darunter finden sich neben im Buchhandel erhältlichen Publikationen auch zahlreiche unpublizierte Lizentiatsarbeiten. Die nachfolgende Liste der 2007 eingegangenen Belegexemplare gibt einen Einblick in die thematische Bandbreite der im AfZ benutzten Bestände. • Bickenbach, Wulff: Die Flüchtlingspolitik der Schweiz zur Zeit des Nationalsozialis- mus. Eidgenössische Darstellung, Interpretation und Diskussion, Magisterarbeit, Düsseldorf 2006. • Boller, Peter: Mit Psychologie die Welt verändern. Die „Zürcher Schule“ Friedrich Lieblings und die Gesellschaft (1952-1982), Zürich: Chronos 2007. • Braun, Peter: Karl Schmid und die Frage einer schweizerischen Atombewaffnung, in: Military Power Revue der Schweizer Armee, Frauenfeld 2007/2, S. 44-51 (Beilage zur ASMZ).

26 • Broer, Wolfgang: Schwundgeld. Bürgermeister Michael Unterguggenberger und das Wörgler Währungsexperiment 1932/33, Innsbruck: Studienverlag 2007. • Bruno, Stefano: 1906-2006: Von den Anfängen in die Moderne. Die Geschichte des Verbandes Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen. Hg.: VSEI, Baden: Baden- Verlag 2006. • Demuth, Yves: Der „Fall Sonderegger“. Von der Affäre um den ersten freiwirtschaft- lichen Bundespolitiker H. K. Sonderegger von 1943. Aspekte der „von flüsternder Pläneschmiederei und Geheimbündelei erfüllten Julitage“ 1940 und des nach- träglichen Umgangs damit, Lizentiatsarbeit, Freiburg i. Ue. 2007 (unpubliziert). • Dörner, Bernhard: Die Deutschen und der Holocaust. Was niemand wissen wollte, aber jeder wissen konnte, Berlin: Propyläen 2007. • Fischer, Raphael: Katholischer Aristokrat auf Abwegen? Eine Habitus-Analyse über Franz von Papen, Lizentiatsarbeit, Luzern 2007 (unpubliziert). • Fouradoulas, Anne-Vaïa: La communauté juive à Fribourg et son environnement cantonal (1895-2000). Hg.: Université de Fribourg, Fribourg 2007. • Gendre, Samuel / Vonlanthen, Vincent: Prélude au fossé. Le pangermanisme d‘Eduard Blocher, Seminararbeit, Fribourg [2007]. • Gesellschaft Schweiz - Israel (Hg.): Dialog, Verständnis, Freundschaft. 50 Jahre Ge- sellschaft Schweiz-Israel / Dialogue, compréhension mutuelle, amitié. L’Association Suisse-Israël a 50 ans, Zürich: Chronos 2007. • Herzka, Heinz Stefan: Unterwegs im Zwischen. Emigrantenkind, Kinderpsychiater, Schalmeiensucher. Eine Autobiographie, Frauenfeld / Stuttgart / Wien: Verlag Huber 2007. • Hiedl, Anouk: Der Zweite Weltkrieg als „Lehrmeister der Chirurgie“ – auch für die Schweiz? Kriegschirurgische Erfahrungsvermittlung am Beispiel der ersten Schweizer Ärztemission an die Ostfront 1941/42, Lizentiatsarbeit, Bern 2006 (un- publiziert). • Hug, Ralph: St. Gallen – Moskau – Aragón. Das Leben des Spanien-Kämpfers Walter Wagner, Zürich: Rotpunktverlag 2007. • Huser, Karin: Vieh- und Textilhändler an der Aare. Geschichte der Juden im Kanton Solothurn vom Mittelalter bis heute, Zürich: Chronos 2007. • In heikler Mission. Geschichten zur Schweizer Diplomatie. Publikation zur gleich- namigen Sonderausstellung im Landesmuseum Zürich, 16.5.-16.9.2007. Hg.: Lan- desmuseum Zürich, Zürich 2007. • Jünke, Christoph: Sozialistisches Strandgut. Leo Kofler - Leben und Werk (1907-1995), Hamburg: VSA-Verlag 2007. • Keller, Zsolt: Formen jüdischer Erinnerung in der Schweiz. Skizze einer Archiv- und Gedächtnispolitik des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Fribourg, 100. Jg. (2006), S. 105-124. • Kersten, Wolfgang / Blum, Anne / Blum, André L.: Régine Heim – Liebe als kosmi- scher Akt. Kabbalistische Glasfensterkunst im Zürcher Friedhof Friesenberg, in: Georges-Bloch-Jahrbuch des Kunsthistorischen Instituts der Universität Zürich,

27 Bd. 11/12 (2004/05). Hg.: Kunsthistorisches Institut der Universität Zürich, Zürich 2006, S. 240-267. • Kosmala, Beate / Ludewig-Kedmi, Revital: Verbotene Hilfe. Deutsche Retterinnen und Retter während des Holocaust. Mit einem Geleitwort von Emil Walter-Busch, Zürich / Donauwörth: Verlag Pestalozzianum / Auer Verlag 2003. • Kunz, Guido: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Pressenotrecht und dessen Inter- pretation, Bachelor-Arbeit, Bern 2007 (unpubliziert). • Küpfer, Sidonia: Europa vor Augen. Europakonzepte der Deutschschweizer Fron- tenbewegung 1933 bis 1945, Lizentiatsarbeit, Zürich 2007 (unpubliziert). • Mach, Léonard: Les milieux officiels et la presse suisses face a la „solution finale“. La campagne de protestation de l‘été 1944 contre l’extermination des Juifs de Hongrie, Lizentiatsarbeit, Genf 2006 (unpubliziert). • Mächler, Stefan: Le grand déchirement. La Fédération suisse des communautés israélites et la persécution nazie, 1933-1945, traduit de l’allemand par Ursula Gail- lard et Marianne Enckell, Zürich: Fédération suisse des communautés israélites / Lausanne: Éditions d’en bas 2007. • Malamud, Sibylle: Eine jüdische Flüchtlingsfamilie in der Schweiz der 1970er Jahre. Die Personendossiers des Verbandes Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen / Flüchtlingshilfen (VSJF), in: traverse, 2007/3, S. 149-158. • Marti, Simon: Die aussenpolitischen Eliten der Schweiz und der Marshallplan. Eine rollentheoretische Untersuchung der schweizerischen Teilnahme an der Lancie- rung des Marshallplans und an der Errichtung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa 1947-1948, Lizentiatsarbeit, Bern 2005 (unpubliziert). • Marti, Simon: Die aussenpolitischen Eliten der Schweiz und der Beginn der euro- päischen Integration. Eine rollentheoretische Untersuchung der schweizerischen Teilnahme an der Lancierung des Marshallplans und an der Errichtung der Orga- nisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa 1947-1948, Basel 2006. • Meier, Bruno (Hg.): Das Unbehagen im Kleinstaat Schweiz. Der Germanist und poli- tische Denker Karl Schmid (1907-1974). Hg. im Auftrag der Karl-Schmid-Stiftung, der Stiftung Museum Bärengasse und des Schweizerischen Landesmuseums Zürich, aus Anlass der Ausstellung „Unbehagen im Kleinstaat. Karl Schmid (1907-1974) und die Schweiz“ vom 19. September 2007 bis 2. März 2008 im Museum Bärengasse Zürich, Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung 2007. • Morgenstern, Matthias: Württembergische Juden und die Schweiz als Asylland in den Jahren 1933-1945, in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte, 105. Jg., 2005, S. 83-107. • Paucker, Henri R.: Das mindere Leid. Eine Zürcher Kindheit im Schatten des Holo- caust. Biographie romancée, Bern: edition kirchenfeld 2006. • Pritzker-Ehrlich, Marthi: Gestörte Bürgerlichkeit. Zeugnisse einer jüdisch-christli- chen Familie in Briefen, Dokumenten und Bildern (Bd. 1: 1802-1937, Bd. 2: 1938-1948), Brugg: munda-Verlag 2007. • Ritzer, Nadine: Alles nur Theater? Zur Rezeption von Rolf Hochhuths ‚Der Stellver- treter‘ in der Schweiz 1963/1964, Fribourg: Academic Press 2006.

28 • Schmidt, Anne / Jezler, Peter / Jezler-Hübner, Elke / Keck, Gabrielle (Hg.): Berner Pioniergeist 1899-2007. Katalog zur Ausstellung im Historischen Museum Bern, Bern: Historisches Museum Bern 2007. • Schwarz, Stephan: Ernst Freiherr von Weizsäckers Beziehungen zur Schweiz (1933- 1945). Ein Beitrag zur Geschichte der Diplomatie, Diss. Zürich, Bern: Peter Lang 2007. • Siano, Richard (Rafi): Benjamin Sagalowitz 1901-1970. A journalist against the Nazi’s, Masterarbeit, Haifa 2007 (unpubliziert, Orig. Hebräisch, Abstract Englisch). • Sigerist, Stefan: Schweizer in Ägypten, Triest und Bulgarien, Schaffhausen: Selbst- verlag 2007. • Stadler, Rafael: Comparaison entre les activités politiques culturelles de Carl Doka avec celles de Gonzague de Reynold après 1945, Seminararbeit, Fribourg 2006 (unpubliziert). • Studer, Markus: Die Hilfswerksvertretung bei Asylbefragungen. Entwicklung eines aussergewöhnlichen Verfahrensschutzes, Lizentiatsarbeit, Bern 2006 (unpubli- ziert). • ÜberLeben Erzählen / Survivre et témoigner. Holocaust-Überlebende in der Schweiz / Rescapés de la Shoah en Suisse (Videofilm von Gabrielle Antosiewicz, Begleitheft für den Unterricht von Alexandra Binnenkade / Charles Heimberg). Hg.: SIG, Eva Pruschy, Zürich / Genève: Verlag Pestalozzianum / Les éditions ies 2007. • Wechlin, Daniel: Von der Aktion zur Aktionsgemeinschaft. Die Schweizer Bewe- gung für die Juden in der Sowjetunion während den 1970er und 1980er Jahren, Lizentiatsarbeit, Zürich 2007 (unpubliziert). • Weilenmann, Gottfried: Kriegslist am Verhandlungstisch. Ein Lehrheft über die List bei den Verhandlungen mit Feinden, gezeigt am Beispiel des jetzt noch gül- tigen Waffenstillstandes in Korea, 2. leicht veränderte Auflage, Männedorf 2007 (unpubliziert). • Zeller, Céderic: Das Problem der Arbeitslosigkeit während der Zwischenkriegszeit aus Sicht der Arbeitgeber. Der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber- Organisationen: „Das Sprachrohr der Arbeitgeber“, Lizentiatsarbeit, Basel 2007 (unpubliziert). • Zweig-Strauss, Hanna: Saly Mayer 1882-1950. Ein Retter jüdischen Lebens während des Holocaust, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2007. Der Bibliotheksbestand des AfZ wird regelmässig durch Bücherschenkungen ergänzt, die oft im Zusammenhang mit der Übernahme von Aktenbeständen erfolgen. Darunter finden sich zeitgenössische, teils schwierig greifbare Publi- kationen mit Quellenwert. Für Bücherschenkungen im Berichtsjahr danken wir Claire Ajchenrand, Holger Bahl, Peter Bichsel, Peggy Frankstone, Nina Grässli, John H. King, Carola Lepping, Elsbeth Maurer, Franz Muheim, Heinz Peyer, Jean-François Pitteloud, Marianne Schuler, Werner Schweizer, Fidelis Semper, Christina Sieg, Veronika von Stockar, Karen Taieb und Eric Teitler.

29 5 Vermittlung und Vernetzung 5.1 Benutzung Als Nachfolgerin von Marijke Rupp im Benutzungsdienst konnte auf den 1. Februar die I+D-Assistentin Isabelle Matt gewonnen werden. Unterstützt von den wissenschaftlichen Archivarinnen und Archivaren betreute sie bis Ende 2007 die Benutzerinnen und Benutzer des Archivs. 2007 registrierte das AfZ 586 Lesesaalbesuche (2006: 660). Diese Besuche verteilten sich auf 198 verschiedene thematische Benutzungen. In 24 wei- teren Fällen wurden Quellen aus dem AfZ im Rahmen von Fernbenutzungen via Email oder Briefpost versandt. Unsere Website wurde insgesamt über 140‘000-mal besucht und das Angebot durchschnittlich jeweils eine halbe Stunde lang genutzt. In den elektronischen Findmitteln „AfZ Online Archi- ves“ verzeichneten wir über 7400 Recherchen bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von rund 6 Minuten. Gemessen an der Anzahl Besuche (Visits) stieg die Nutzung des Webangebots gegenüber der Vorperiode um rund 10 Prozent. Für das Publikum lohnt sich ein Gang ins Archiv allerdings auch, wenn die Internetrecherche erfolglos geblieben ist, da bislang nur in den Findmitteln von rund einem Drittel der Bestände online recherchiert werden kann.

30 Vier Fünftel der Benutzerinnen und Benutzer kamen aus der Schweiz, knapp 10 Prozent aus Deutschland, 3 Prozent aus Israel und Vereinzelte aus Fran- kreich, Grossbritannien, Kanada, Österreich, Polen, Schweden und den USA. Damit ist der Anteil der Benutzenden aus dem Ausland gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen. Beim Benutzungszweck stehen wissenschaftliche Arbeiten mit einem An- teil von 43 Prozent klar im Vordergrund, angefangen bei Proseminararbeiten über Lizentiatsarbeiten und Dissertationen bis hin zu Habilitationsschriften und Nationalfondsprojekten. Es folgen Benutzungen für journalistische Zwe- cke mit 21 Prozent. Amtliche und berufliche Zwecke bilden den Anlass für rund 15 Prozent der Benutzungen. Je 10 Prozent stehen im Zusammenhang mit einer Schularbeit oder mit privaten Zwecken. Grundlegende Verschiebungen gegenüber 2005/2006 sind damit nicht eingetreten. Von den mehr als 400 Beständen wurden im Berichtsjahr 149 konsultiert. Am meisten wurden Dossiers aus der Presseausschnittsammlung des AfZ bestellt, insbesondere aus der Biografischen und der Systematischen Samm- lung (45 bzw. 29 Benutzungen). Auch die Presseausschnittdokumentationen von Wirtschaftsförderung und NZZ waren wiederholt gefragt, ebenso die Sammlung politischer Zeitungen und Zeitschriften. Zwischen 10 und 24 Benutzungen verzeichneten verschiedene grosse institutionelle Bestände, allen voran die Archive und Dokumentationen der Jüdischen Nachrichten (JUNA), des Schweizerischen Aufklärungsdienstes (SAD), des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG), des Vororts und des Verbandes Schwei- zerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF). Bei den Nachlässen führten die Bestände Eugen Bircher, Georges Brunschvig, Alfred A. Häsler, Erwin Jaeckle und Karl Schmid mit je fünf bis zehn Benutzungen die Rangliste an. Im Hinblick auf die Themenbereiche standen Benutzungen zur Allgemei- nen Schweizerischen Zeitgeschichte mit gut 41 Prozent klar im Vordergrund. Die Jüdische Zeitgeschichte folgt mit 31 Prozent an zweiter Stelle, und auf den Kalten Krieg entfielen fast 20 Prozent. 8 Prozent der Benutzungen betrafen den Bereich Wirtschaft und Zeitgeschichte. Gegenüber den Vorjahren fällt der markante Anstieg des Anteils zum Kalten Krieg ins Auge – dazu beige- tragen haben zweifellos die Lehrveranstaltung einer Gymnasialklasse und ein Seminar an der Universität Zürich zur Geistigen Landesverteidigung, die beide mit Quellen aus den Beständen des AfZ arbeiteten.

31 Proseminar im Web: Auftritt des Archivs für Zeitgeschichte in der virtuellen Lernplattform des Historischen Seminars der Universität Zürich (Studentenansicht). Sowohl im Bereich der Allgemeinen Schweizerischen Zeitgeschichte als auch der jüdischen Zeitgeschichte wiesen mehr als ein Drittel der Benutzungen einen biografischen Bezug auf. In den Bereichen Kalter Krieg sowie Wirtschaft und Zeitgeschichte war dies weit weniger der Fall. Neben prominenten Per- sönlichkeiten der Zeitgeschichte wurde auch zu unbekannten Einzelschick- salen, etwa von Flüchtlingen, geforscht. In der Allgemeinen Zeitgeschichte standen als thematische Schwerpunkte das Verhältnis der Schweiz zum Nationalsozialismus (Frontismus, Ärzte- missionen an die Ostfront), die Ausländer- und Flüchtlingspolitik sowie die Aussenpolitik (bilaterale Beziehungen) im Vordergrund. Die jüdischen Flüchtlinge in der NS-Zeit, die nationalsozialistische Judenverfolgung und Rettungsaktionen zugunsten bedrohter Juden, Antisemitismus („Protokolle der Weisen von Zion“), innerjüdische Themen sowie das christlich-jüdische und das schweizerisch-israelische Verhältnis waren in der jüdischen Zeit- geschichte die dominierenden Themen. Die Benutzungen zum Kalten Krieg thematisierten einerseits die gesellschaftlichen Umbrüche in der Folge von 1968 (Globuskrawalle, Neue Linke, Antimilitarismus), anderseits die Abwehr- strategien (Geistige Landesverteidigung, Antikommunismus, Staatsschutz), die gegen diese Gefährdung der bestehenden Ordnung ergriffen wurden.

32 Untersucht wurde auch die Kontroverse um den schweizerischen Osthandel – ein damals politisch brisantes Thema ohne grosse wirtschaftliche Bedeu- tung. In den wirtschaftsgeschichtlichen Themen im engeren Sinne gab es bei den Benutzungen im Berichtsjahr keinen eigentlichen Schwerpunkt – das Spektrum reicht von der Europapolitik der Wirtschaftsverbände bis hin zu einzelnen Firmengeschichten. Der Benutzungsdienst wurde zudem für verschiedene Ausstellungsprojekte in Anspruch genommen. Im Berichtsjahr waren gleich an vier Ausstellungen Exponate aus den Beständen des AfZ zu sehen, nämlich an den Ausstellungen „In heikler Mission. Geschichten zur Schweizer Diplomatie“ (Schweizerisches Landesmuseum, Zürich), „Unbehagen im Kleinstaat. Karl Schmid (1907-1974) und die Schweiz“ (Museum Bärengasse, Zürich), „Tagebücher - Das gespiegel- te Ich“ (Strauhof Zürich) sowie an der Doppelausstellung „Visa retten Leben: Carl Lutz und die Rettung von 62‘000 Budapester Juden“ und „Gertrud Lutz- Fankhauser: Diplomatin und Humanistin“ (Universität Zürich). 5.2 Lehre Die Bologna-Reformen bringen auch Änderungen in der Ausbildung am Historischen Seminar der Universität Zürich mit sich. So werden die Pro- seminare künftig epochenübergreifend und mit stärkerer methodischer Orientierung ausgerichtet. In ersten Gesprächen zwischen Daniel Nerlich und dem zuständigen Oberassistenten Luís Calvo Salgado zeigte sich schnell das beidseitige Interesse, das Archiv für Zeitgeschichte in diese Grundkurse zu integrieren. Bis zu Beginn des Sommersemesters 2007 sollte das Archiv ein zweiteiliges Standardangebot erarbeiten, mit dem künftig regelmässig Proseminargruppen geschult werden können. Bereits im Januar wurde eine virtuelle Präsentation mit praktischen Übungen entworfen. Zusammen mit einem filmisch festgehaltenen „Gespräch unter Archivaren“, an dem Daniel Nerlich für das Archiv für Zeitgeschichte teilnahm, steht dieser Teil der Lehr- veranstaltung den Teilnehmenden der Proseminare auf einer besonderen Webplattform zur Verfügung. Das positive Feedback von Dozierenden und Studierenden bekräftigt die Absicht, das Lehrangebot, dessen zweiter Teil in einer Führung am Hirschengraben 62 besteht, weiterzuentwickeln und die Zusammenarbeit zwischen Archiv und Universität fortzuführen. Erstmals erfolgte auch eine Archivpräsentation und Führung im Rahmen des vom Historischen Seminar der Universität Zürich (Bernd Roeck) an-

33 gebotenen Kurses Master of Advanced Studies in Applied History, welche Werner Hagmann für die von Jan-Friedrich Missfelder geleitete Gruppe durchführte. Zwischen dem Historischen Seminar der Universität Basel und verschie- denen Archiven der Nordwestschweiz besteht seit längerem eine Lehrkoope- ration. Im Januar 2007 beteiligte sich das AfZ auf Anfrage des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs Basel erstmals an einem solchen Ausbildungsmodul. Im Dezember bekräftigten das Historische Seminar Basel und die beteiligten Archive den Wunsch, die Kooperation mit dem AfZ fortzuführen. 5.3 Forschung Das AfZ ist als Teil des Instituts für Geschichte der ETH zwar nahe an der Forschung, und auch der Archivgründer sowie zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfolgen (oder verfolgten in früheren Jahren) zeitge- schichtliche Forschungsprojekte. Das Archiv als Organisationseinheit der ETH versteht sich jedoch nicht als Forschungsinstitut, sondern stellt das Sichern, Erschliessen und Vermitteln von Quellen privater Herkunft ins Zentrum seiner Tätigkeit. Es unterstützt jedoch Forschungsprojekte, die in thematischem Zusammenhang mit seinen Quellenbeständen stehen, durch inhaltliche Beratung, administrative Vereinfachungen bei der Benutzung der Archivbestände sowie mit der Möglichkeit, Forschungsergebnisse in der Publikationsreihe des Archivs zu veröffentlichen. Derartige Unterstützung fanden namentlich das im Berichtsjahr abgeschlossene Projekt von Hanna Zweig über den SIG-Präsidenten Saly Mayer und das Ende 2007 begonnene Nationalfonds-Forschungsprojekt von Daniel Gerson über „Religionswandel und gesellschaftspolitische Orientierungen der Juden in der Schweiz“. 5.4 Verbände und Kooperationen Der Verein schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA) wählte an seiner Jahresversammlung in Basel am 6. September Daniel Nerlich in den Vereinsvorstand. Vorgängig war ihm zudem das Präsidium der VSA-Arbeits- gruppe „Archive der privaten Wirtschaft“ übertragen worden. Das Archiv für Zeitgeschichte ist damit erstmals auch im Leitungsorgan des für die Belan- ge der Archivistik in der Schweiz massgebenden Fachverbandes vertreten. Noch im Berichtsjahr erfolgte eine Standortbestimmung der Arbeitsgruppe „Archive der privaten Wirtschaft“. Sie bildet die Basis, um unter Beizug neuer

34 Mitglieder zunächst die Aktualisierung und Weiterführung des Internetver- zeichnisses „arCHeco“ zu wirtschaftsgeschichtlichen Archivbeständen in der Schweiz und in Liechtenstein anzugehen. Im Rahmen seiner Mitarbeit in der Gruppe Sammlungen und Archive der ETH lud das AfZ am 22. März Vertreter von vier Archiven ein (Archive und Nachlässe der ETH, Archiv gta, Thomas Mann-Archiv, Max Frisch-Archiv), um den Stand der Einführung des Archivinformationssystems CMISTAR zu demonstrieren. Die Arbeitsgruppe beschloss bei dieser Gelegenheit auch, Fragen der räumlichen Infrastruktur, insbesondere des Lagerraums für die Archivbestände, künftig über die Kulturgüterkommission der ETH weiter zu verfolgen. Eine gemeinsame PR-Arbeit im Vorfeld des 3. Schweizerischen Archivtags vom 17. November erwies sich dagegen als nicht angezeigt. Dieser zum dritten Mal nach 1997 und 2002 durchgeführte gesamtschweizerische Aktionstag fiel mit dem ETH-Tag und damit einer Schliessung des Hauptge- bäudes zusammen, weshalb die dort untergebrachten Archive im Gegensatz zum Archiv für Zeitgeschichte nicht teilnehmen konnten. Die Kulturgüterkommission der ETH Zürich, in die Daniel Nerlich als Delegierter der ETH-Archive einsitzt, hielt drei Sitzungen ab. Im Dienst der Sammlungen und Archive strebt sie künftig neben der besseren Einbindung in Raumplanungsfragen auch an, Grundlagen für Digitalisierungsprojekte im Sinne einer best practice zu erarbeiten. An der Plenarsitzung vom 28. No- vember wurde die Fortführung des erfolgreichen Abendführungs-Zyklus der Sammlungen und Archive 2008 beschlossen. Am 8. Mai hatte Daniel Nerlich in diesem Rahmen bereits rund 20 Gästen „Geschichte(n) für die Schweiz von morgen“ mit einem Überblick über die Sammlungsbereiche des Archivs für Zeitgeschichte präsentiert.

35 6 Neuzugänge Die Bestände des Archivs erhielten 2007 einen Zuwachs von gegen 340 Laufmetern, der sich im Zuge der Erschliessung erfahrungsgemäss redu- zieren wird. Einzeln aufgeführt werden im Folgenden neue Bestände und umfangreiche Nachlieferungen zu bestehenden Beständen. 6.1 Nachlässe Bestand Stichworte zum Inhalt Übernahme von Umfang Bergier, Materialien zur Biografie, zu den Profes- Bergier, Jean- 40 Lfm Jean-François suren an der Universität Genf und der ETH François Zürich, zur Mitarbeit in Institutionen, Verei- nigungen und Veranstaltungen, zum Vorsitz in der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg und zur militä- rischen Laufbahn; Korrespondenz, Vorträge, Manuskripte, Publikationen Laufzeit: ca. 1930-2006 Bigler, Kurt vormals Kurt Bergheim, Flüchtling aus Bigler-Eggenber- 0.4 Lfm Deutschland: persönliche Dokumente, Rei- ger, Margrith seberichte, Fotos, Schulaufsätze Laufzeit: ca. 1935-2003 Grob-Herms, Materialien zur Biografie, Privatkorrespon- Spycher, 1.8 Lfm Jacob u. Lucie denz, v.a. mit Briefpartnern in NS-Deutsch- Johannes land, Nachkriegsdeutschland, BRD und DDR Laufzeit: 1917-1988 Gübely, Mina Materialien zur Biografie, Geschäftskor- Weyrich, 0.1 Lfm respondenz, Privatkorrespondenz u.a. im Beatrice Zusammenhang mit Liebesgaben nach Deutschland, Österreich und Tschechoslo- wakei, Gedichtbände Laufzeit: ca. 1884-1968 Heim, Walter Fotografischer Nachlass von Walter Heim Erbengemein- 4 Lfm Laufzeit ca. 1960-2002 schaft Walter Heim Herzka, Heinz Materialien zur Biografie, zur beruflichen Herzka, Heinz 5.4 Lfm Stefan Tätigkeit als Kinderarzt und Psychologe; Stefan Korrespondenz; Publikationen Laufzeit: ca. 1935-2007 Hutter, Hans Literatur, zeitgenössische illustrierte Zeit- Hutter, Verena 7.4 Lfm schriften u. Zeitungen, Dokumente sowie Film- und Tondokumente zum Spanischen Bürgerkrieg und zu Spanienkämpfern Laufzeit: ca. 1936-1996 Karter, Egon Fotos, Broschüren, Notizen zur beruflichen Karter-Sender, 0.3 Lfm Tätigkeit als Schauspieler und Regisseur. Charlotte Einzelne Dokumente zu seinem Schicksal als Flüchtling in der Schweiz. Laufzeit: ca. 1935-1992 Kohn, Michael Akten zum Engagement in der Debatte Kohn, Michael 1.5 Lfm Schweiz - Zweiter Weltkrieg (Nachrichten- lose Vermögen) und zum Engagement in der Energiepolitik Laufzeit: ca. 1960-2007

36 Bestand Stichworte zum Inhalt Übernahme von Umfang Pünter, Otto Korrespondenz, Typoskripte, Bulletins, Maurer, Elsbeth 0.7 Lfm Drucksachen, Fotos, Zeichnungen, Familien- wappen etc. Laufzeit: ca. 1930-1988 Ledermann, 2 Erinnerungsalben an die Arbeit mit Ju- Ledermann, 0.3 Lfm Alfred gendlichen aus dem KZ Buchenwald Alfred Riedweg, Materialien betreffend Zugehörigkeit zur Riedweg, 0.1 Lfm Franz Waffen-SS, darunter Korrespondenz mit Michael Anwälten, Historikern, Publizisten, eides- stattliche Erklärungen, Gerichtsurteil des Bundesstrafgerichts (Auszug), Aktenkopien, Beiträge und Exposés zur Geschichte der SS, Presseartikel Laufzeit: 1938-1994 Schneewind, Fotoalben zum Aktivdienst 1939-1945 mit Schneewind, 0.5 Lfm Hans schriftlichen und mündlichen Erläute- Hans rungen, ergänzenden Dokumenten, Büchern betr. Nachrichtendienst im Zweiten Welt- krieg und zu Alfred Schmid Laufzeit: 1939-2007 Schuler, Materialien zur Stiftung psychologische Schuler, 0.3 Lfm Marianne Lehr- und Beratungsstelle Marianne Laufzeit: ca. 1972-1985 Steegmann, Korrespondenzen und Unterlagen zur Tätig- Steegmann, 0.1 Lfm Josef keit während des Zweiten Weltkriegs und Monica zu deren Beurteilung durch die Unabhän- gige Historikerkommission Liechtenstein Laufzeit: 1944 – 2006 Steger, Karikaturen (Originale, Kopien, Publikati- Steger, Hans U. 0.6 Lfm Hans U. onen) für Presseorgane wie Nebelspalter, Tages-Anzeiger, Weltwoche oder Zürcher Woche sowie für einzelne Organisationen und zu einzelnen Persönlichkeiten Laufzeit: 1944-2007 Vögeli, Robert Unterlagen zur Biografie, zur Tätigkeit bei Vögeli, 1.3 Lfm „Heer und Haus“, zum SAD, zum Militär- Madeleine dienst, zu Studienreisen, Publikationen und Vorträgen Laufzeit: 1927-2005 Wyler, Veit Fotoarchiv und Dokumentationsmaterial Siano-Wyler, Rafi 7 Lfm der Redaktion von „Das Neue Israel“ Laufzeit: ca. 1948-1986 Zehnder, Materialien zur Biografie (u.a. Jugenderin- Zehnder, Lucie E. 4.5 Lfm Alfred nerungen aus dem zaristischen Russland), Unterlagen zum diplomatischen Dienst in Sofia, Berlin, Moskau, Ottawa und Washing- ton, zur Tätigkeit als Generalsekretär des EPD, zur Mitwirkung in Vereinigungen und Organisationen, Manuskripte, Vorträge, Pu- blikationen, Korrespondenz, Diapositive Laufzeit: 1900-1983

37 Gerettete Kunst aus dem Internierungslager Gurs in der 2007 übernommenen Sammlung Elsbeth Kasser: „... es kommt der Tag ...“, s.d., roter Farbstift, rote und schwarze Wasserfarbe, signiert: „L+B Löw + Bodek“, (BA Elsbeth Kasser / 54). Karl Bodek und Kurt Loew bildeten im Lager Gurs eine künstlerische Gemeinschaft. Während Bodek als stiller, zurückhaltender Künstler arbeitete, kümmerte sich Loew um den Vertrieb der gemeinsam signierten Werke an Kunstinteressierte und Hilfsorganisationen. Loew überlebte die nationalsozialistische Verfolgung und wirkte nach dem Krieg als Künstler in Wien.

38 6.2 Institutionelle Bestände

Bestand Stichworte zum Inhalt Übernahme von Umfang CJA-Archiv Christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft: Gerber, Eduard 1.2 Lfm Präsidialakten CJA Bern und CJA Schweiz, Personendossiers, Unterlagen zu Israelreisen Laufzeit: ca. 1955-1990 NHGZH- Neue Helvetische Gesellschaft, Gruppe Zü- Müller, Fredy 0.5 Lfm Archiv rich: Geschäftsakten, Referate, Presseartikel Laufzeit: 1957-1969 IPZ-Archiv Institut für politologische Zeitfragen: Sta- Vögeli, 0.4 Lfm tuten, Jahresberichte, Mitgliederversamm- Madeleine lungen, Vorstandssitzungen; IPZ-Liquidation Laufzeit: 1966-1993 Vorort-Archiv Akten der Vorort-Kommission für Wissen- Wildi, Tobias 0.3 Lfm schaft und Forschung von Ambros Speiser, BBC Baden Laufzeit: 1969-1980 wf-Bibliothek Gesellschaft zur Förderung der Schweize- economiesuisse 197 Lfm rischen Wirtschaft (wf): Bibliothek mit Bü- chern, Katalogen, Thesauri etc. Laufzeit: ca. 1944-2000 wf-Eigen- Gesellschaft zur Förderung der Schweize- economiesuisse 56 Lfm schriften rischen Wirtschaft (wf): Periodika sowie the- matische und chronologische Wirtschafts- dokumentationen Laufzeit: 1944-2000

6.3 Dokumentationen und Kopienbestände

Bestand Stichworte zum Inhalt Übernahme von Umfang Bonhage, Kopien von Forschungsliteratur und Ma- Bonhage, Bar- 1.5 Lfm Barbara nuskripten zur schweizerischen Bankenge- bara schichte während des Nationalsozialismus Laufzeit: ca. 1996-2001 NARA RG 59 National Archives: Department of State, Suter, Jan 7 Mikro- M 1272 Records related to the internal affairs of the filme Dominican Republic Laufzeit: 1930-1939 NARA RG 59 National Archives: Department of State, Suter, Jan 17 Mikro- M 258 Records related to the internal affairs of San filme Salvador Laufzeit: 1910-1929

6.4 Bild- und Tondokumente

Bestand Stichworte zum Inhalt Übernahme von Umfang Elsbeth Grafische Werke der Sammlung Elsbeth Elsbeth Kasser- 1 Lfm Kasser Kasser von Insassen des Lagers Gurs Stiftung Sammlung Laufzeit: ca. 1936-1942

39 Bestand Stichworte zum Inhalt Übernahme von Umfang Fotosamm- 2 Fotoalben zur Dozententätigkeit von Kon- Schrenk, Konrad 0.1 Lfm lung AfZ rad Schrenk an der Universität Daressalam und zum Leben in Tansania; Fotoalbum zum Bau der Alusuisse-Fabrik in Richards- bay / Südafrika Laufzeit: ca. 1969-1986 NSL-Archiv Netzwerk Stadt und Landschaft: 4 Tonband- Koll-Schretzen- 4 Audio kassetten mit Zeitzeugeninterviews (Mar- mayr, Martina tin Lendi, Martin Rotach) zur Entwicklung der schweizerischen Raumplanung Laufzeit: 1995 Steinberg, Sammlung von Postkarten und Briefum- Steinberg, John 0.8 Lfm John schlägen aus Schweizer Lagern zur Zeit des Zweiten Weltkriegs Laufzeit: 1939-1945 Styger, Paul 820 S/W-Fotos zum Ersten Weltkrieg aus Staatsarchiv 0.5 Lfm der Sammlung von Paul Styger Schwyz Laufzeit: ca. 1914-1918 Tondoku- Zeitzeugeninterviews vom 26.1.2007 mit Archiv für Zeitge- 4 Audio mente JZG Rubin Gelbart, Fabian Gerson, Gabor Hirsch, schichte 4 Video Katharina Hardy Laufzeit: 2007 Tondoku- Zeitzeugeninterviews des Freundes- und Archiv für Zeitge- 4 Audio mente FFAfZ Fördererkreises des AfZ mit Peter Veleff, schichte Dietrich Bührle, Robert F. Lamberg, Margrith Bigler-Eggenberger Laufzeit: 2007

Den oben aufgeführten abgebenden Privatpersonen und Institutionen sei an dieser Stelle für das Vertrauen gedankt, dass sie dem AfZ mit der Übergabe ihrer Unterlagen entgegen bringen. Für die Schenkung von Zeitschriften, Einzeldokumenten und kleineren Nachlieferungen sowie für die Vermittlung von Beständen danken wir zudem den folgenden Personen und Firmen: Claire Ajchenrand, Reinhold Busch, Marlise Dreifuss-Paucker, Ernst Ludwig Ehrlich sel., Madeleine Er- langer, Renato Esseiva, Bettina Girsberger, Nina Grässli, Walter Gut, Erich A. Hausmann, Herbert Herz, Anouk Hiedl, Paul Hugger, Jüdische Medien AG, John H. King, Colette Landmann, Janos Morway, Fred R. Oederlin, Heinz Peyer, Dietrich Schindler jun., Marianne Schuler, Eric Teitler, Sigmund Toman und Peter Witschi.

40 7 Erschlossene Bestände 7.1 Nachlässe 7.1.1 Marcel Brun Teilbestand historisches Archiv der „Partei der Arbeit PdA: Sektion in der DDR“ 1962 gründeten einige in der DDR lebende, mehrheitlich im kulturellen Bereich tätige Schweizerinnen und Schweizer in Ostberlin die DDR-Sektion der Partei der Arbeit (PdA). Die Inhalte ihrer Zusammenkünfte, Vorstandsbe- schlüsse, Diskussionen über DDR-spezifische, schweizerische und internati- onale Probleme sowie der Ablauf ihrer Jahreshauptversammlungen wurden jeweils schriftlich festgehalten. Daneben umfasst das Archiv Mitgliederdos- siers, Finanzberichte, Korrespondenz (etwa mit DDR-Organen und der PdA Schweiz), aber auch Stempel, Mitgliederkarten und Parteiabzeichen.

„Versöhnungskonferenz“ zwischen PdA und SED in Berlin (Ost), 1973, mit dem DDR-Staatsrats- vorsitzenden Erich Honecker (2. von rechts) und dem in der DDR lebenden Schweizer Publizisten Marcel Brun (4. von links). Das Archiv der DDR-Sektion der PdA ist ein Teilbestand innerhalb des Nach- lasses von Marcel Brun. Dieser hatte die Parteiakten Anfang der 1970er Jahre vom Basler Maler und Grafiker Heiri Strub übernommen, seinem Vorgänger im Sektionsvorsitz. Die Unterlagen verblieben auf Wunsch der Sektion auch nach seinem Rücktritt Anfang der 1980er Jahre bei Brun. Nach deren Auflösung im Frühsommer 1990 übergab Marcel Bähler, der letzte Sektions- vorsitzende, die neu hinzugekommenen Akten ebenfalls Marcel Brun. Der

41 Teilbestand vermittelt einen interessanten Einblick sowohl in die politischen Aktivitäten wie auch in die Lebensumstände der kleinen Schweizer Kolonie in der DDR. 2008 jährt sich der „Prager Frühling“ zum 40. Mal. Auch unter den in der PdA-Sektion organisierten DDR-Schweizern wurden damals die Ereignisse in der Tschechoslowakei beobachtet und diskutiert, so etwa anlässlich der Mitgliederversammlungen vom 23. August 1968 oder vom 5. Juni 1970, an welcher der Botschafter der CSSR einen Vortrag hielt. Dabei wurde der Ein- marsch der Truppen des Warschauer Paktes unterschiedlich bewertet: Die einen nahmen – wie die Mutterpartei, die sich vom Militäreinsatz distanzierte – eine kritische Haltung ein. Auch Marcel Brun scheint diese Sicht geteilt zu haben. So rapportierte ein „IM Mario“ in einer undatierten handschriftlichen „Einschätzung“ dem Ministerium für Staatssicherheit: „Er [Marcel Brun] verurteilte damals die Intervention des Warschauer Paktes in der CSSR und war Hauptinitiator einer Protestresolution, die an das ZK der PdAS geschickt wurde“ (Ministerium für Staatssicherheit: Akte Marcel Brun, Reg.-Nr. MfS / XV 2099 / 78, I /Bd. 2, BStU 000018). Andere hingegen beurteilten diese Intervention im Vergleich zur angeblich drohenden Konterrevolution als das kleinere Übel. Obwohl man einen Reformbedarf grundsätzlich anerkannte, wurde befürchtet, dass die Situation „von einigen Leuten ausgenützt [würde], um zum Kapitalismus zurückzukehren“ (Stellungnahme von Genosse B. zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei, 15.9.1968). Einzelne Votanten, wie Genosse S., verteidigten das Eingreifen der Sowjetunion vorbehaltlos, da eine Lösung der Probleme aus eigener Kraft nicht mehr möglich gewesen sei: „Es wurde durch den Einmarsch eine blutige Auseinandersetzung verhindert. Aufrichtige Kommunisten empfanden [den] Einmarsch als Erlösung“ (Pro- tokoll Mitgliederversammlung vom 5.6.1970).

7.1.2 Gustav Däniker jun. 1928 wurde Gustav Däniker in Walenstadt (SG) geboren, wo sein gleichna- miger Vater Kommandant der Schiessschule war. Nach dem Studium der Geschichte und der Germanistik an der Universität Zürich arbeitete er ab 1956 zunächst als Redaktor, später als Direktor für die PR-Agentur von Rudolf Farner in Zürich. 1972 wurde er Delegierter und Partner dieser Agentur, von 1989 bis 1999 amtierte er als deren Verwaltungsratspräsident. Däniker en- gagierte sich von Anfang an für militärpolitische Belange. Als Sekretär des

42 Vereins zur Förderung des Wehrwil- lens und der Wehrwissenschaft, der wiederum zu einem der wichtigsten Kunden der PR-Agentur Farner gehörte, nutzte Däniker neuartige Kommunikationsmittel, etwa um die Atombewaffnung der Schweiz zu propagieren. Dies wurde auch bei der Präsentation der Armee an der Expo 64 sichtbar, für welche die Agentur Farner das Konzept „Wehrhafte Schweiz“ erarbeitete, mit dem Ziel, die „Festigung und Divisionär Gustav Däniker bekleidete zwischen Steigerung des Selbstvertrauens des 1980 und 1988 das neu geschaffene Amt des Schweizervolkes sowie den Respekt Stabschefs Operative Schulung. des Auslandes vor unserer Verteidigungszukunft“ zu erhöhen (Konzept „Wehrhafte Schweiz“, Zürich 1962). Zwischen 1967 und 1969 gehörte Däniker der Studienkommission für strategische Fragen unter der Leitung des Zürcher Germanisten und Ober- sten im Generalstab Karl Schmid an. Auf der von der Kommission heraus- gegebenen Grundlagenstudie konnte Däniker später aufbauen, als er im Auftrag der Zentralstelle für Gesamtverteidigung am 1973 erschienenen Bericht des Bundesrates über die Sicherheitspolitik der Schweiz mitwirkte. Seine militärische Laufbahn krönte er mit der neugeschaffenen Funktion als Stabschef Operative Schulung im Rang eines Divisionärs, die er von 1980 bis 1988 inne hatte. Seine reichhaltige Erfahrung in militärischen und strategischen Fragen prädestinierte Däniker in den 1990er Jahren zur Mitarbeit bei der Neuaus- richtung der schweizerischen Sicherheitspolitik im Rahmen der Konzeptionen für die Armee 95, der Sicherheitspolitik 2000 und der Armee XXI. Daneben wirkte Däniker auch als Publizist und als Lehrbeauftragter an der ETH und der Universität Zürich. Der Nachlass widerspiegelt Gustav Dänikers langjährige Beschäftigung mit strategischen und sicherheitspolitischen Fragen und seine Haltung zu sicher- heitspolitischen Grundsatzentscheidungen. Er enthält persönlich verfasste Unterlagen und umfangreiches dokumentarisches Material. Eingehend be-

43 legt sind Dänikers Tätigkeit in der Studienkommission für strategische Fragen und seine Mitwirkung am Sicherheitsbericht von 1973. Zu seiner Tätigkeit als Stabschef operative Schulung sind sowohl seine Arbeitsunterlagen als auch einzelne Studien, Berichte und Referate überliefert. An vorderster Front stand Däniker im Kampf gegen die Volksinitiative „Für eine Schweiz ohne Armee und für eine umfassende Friedenspolitik“, wie dies im Nachlass ausführlich dokumentiert ist. So trat Däniker beispielsweise am 18. Januar 1989 in einer kontradiktorischen Podiumsdiskussion in der Kulturwerkstatt Kaserne in Basel auf und attackierte die Initiative als illu- sionär, weil „sie die Realitäten des strategischen Umfeldes nicht anerkennt“, als faktenwidrig, weil „sie aufgrund eines Feindbildes ‚Armee‘ argumentiert und nicht zur Kenntnis nimmt, was die Armee kann und tut“ und als gefähr- lich, weil „sie die Schweiz hohen Risiken aussetzen will ohne die Gewähr zu haben, dass die Welt oder auch nur die Schweiz sicherer würde“ (Typoskript, 17.1.1989). Unterlagen verschiedener Art finden sich auch zu Dänikers umfangreichem publizistischem Schaffen, beispielsweise zu seinem 1966 veröffentlichten Buch „Strategie des Kleinstaates“, in dem er die Landesverteidigung im Atomzeitalter thematisiert und dezidiert für eine atomare Bewaffnung der Schweizer Armee eintritt. Die Publikation löste kontroverse Reaktionen aus, was auch in einer kritischen Rezension von Karl Schmid zum Ausdruck kam. Eine mehrere hundert Adressaten umfassende Korrespondenz rundet den Bestand ab und vermittelt ein eindrückliches Bild von Gustav Dänikers weit gespanntem beruflichem, militärischem und privatem Beziehungsnetz.

7.1.3 Georg Guggenheim Der Zürcher Rechtsanwalt Georg Guggenheim präsidierte von 1943 bis 1955 die Israelitische Cultusgemeinde Zürich (ICZ) und leitete im Schweize- rischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) von 1947 bis 1967 das wichtige Ressort „Abwehr und Aufklärung“. In diesen 20 Jahren prägte er die Politik des SIG zur Bekämpfung des Antisemitismus. Daneben trug Guggenheim als Exekutivmitglied massgebend dazu bei, dass der SIG eine aktivere Infor- mationspolitik betrieb und sich gegen aussen öffnete. In diesem Anliegen wurde er von seinem jüngeren Bruder, dem Genfer Staatsrechtsprofessor Paul Guggenheim, unterstützt. Georg Guggenheim initiierte die Jüdischen Nachrichten (JUNA) als Pressestelle des SIG und beschäftigte sich intensiv

44 mit deren Ausrichtung und Tätigkeit. Bereits 1936 hatte er sich für den Bei- tritt des SIG zum neugegründeten Jüdischen Weltkongress (WJC) eingesetzt; später vertrat er den SIG als Delegierter beim WJC. 1944 engagierte sich Guggenheim für die Rettung ungarischer Juden. Der Nachlass ist eine wichtige Ergänzung zum Archiv des SIG. Ausserdem enthält er Arbeitsunterlagen zur internationalen Tätigkeit Guggenheims im Rahmen des WJC, Aktennotizen und Korrespondenz mit zahlreichen Personen in der Schweiz und im Ausland, die Einblick in die komplexen Vorgänge zur Rettungsaktion in Ungarn geben, und Materialien zur Kandidatur und Tä- tigkeit als ICZ-Präsident. Guggenheims erfolgreiche Anwaltstätigkeit ist im Nachlass kaum doku- mentiert. Dagegen ist reichhaltiges Material zur Kindheit und Jugend sowie zum Privatleben überliefert. Gemeinsam mit seiner Frau Josi Guggenheim sammelte Georg Guggenheim zeitgenössische Kunst und baute eine renom- mierte Privatsammlung auf. Die Korrespondenz des Ehepaars gibt Einblick in das weit verzweigte Beziehungsnetz, das die beiden mit der Welt der Kunst verband. Nach Georg Guggenheims Tod 1987 führte Josi Guggenheim dieses Engagement weiter und gründete unter anderem die „Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung“, die junge Künstlerinnen und Künstler unterstützt, der aber auch die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte wichtige Unterstützungsbeiträge verdankt.

7.1.4 Alfred und Eli Ledermann Alfred und Eli Ledermann lernten sich kennen, als sie im Sommer 1945 in Gurnigel-Bad und auf dem Zugerberg für die Kinderhilfe des Schweize- rischen Roten Kreuzes jugendliche Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald betreuten. Zwei Erinnerungsalben dokumentieren diese Tä- tigkeit des (späteren) Ehepaars. Zahlreiche Fotos und Texte gewähren einen Einblick in den Alltag mit den Jugendlichen und in deren Gedankenwelt. In Briefen schilderten die Überlebenden ihren Lebensweg oder bedankten sich für die Unterstützung. Eli Ledermanns Album enthält zudem Kopien von Zeichnungen, die der ehemalige Häftling Thomas Geve zum Leben im Konzentrationslager angefertigt hatte und die 1997 publiziert wurden (vgl. Thomas Geve: Es gibt hier keine Kinder, hg. von Volkhard Knigge, Göttingen 1997). Auch die beiden vom AfZ übernommenen Alben wurden bereits als Grundlage für eine Publikation genutzt (vgl. Rainer Horbelt: Die Kinder von

45 Zeichnung eines jungen Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald aus dem 2007 übernommenen Erinnerungsalbum von Alfred Ledermann: Kalman Landau kam mit einer Hilfsaktion für Jugendliche aus dem befreiten KZ-Buchenwald im Sommer 1945 in die Schweiz. In einem Heim des Schweizerischen Roten Kreuzes (Kinderhilfe) auf dem Zugerberg lernte er Alfred Ledermann kennen. Einige Zeichnungen von Kalman Landau wurden im Frühjahr 1946 in der Zeitschrift „DU“ veröffentlicht. Kalman Landau reiste im Juni 1949 nach Israel aus.

46 Buchenwald, Bielefeld 2005). Sie sind für das AfZ eine wertvolle Ergänzung zum Nachlass von Charlotte Weber, der diverse Unterlagen zum Heim der Kinderhilfe auf dem Zugerberg enthält. Zum Nachlass gehört zudem eine 1997 verfasste zweibändige unpublizierte Autobiografie von Alfred Leder- mann, der langjähriger Zentralsekretär der Pro Juventute gewesen war.

7.1.5 Avner Less 1933 flüchtete Avner Less aus Berlin nach Frankreich, 1938 emigrierte er nach Palästina. 1948 trat er in den israelischen Staatsdienst ein, zunächst als Leiter der Sektion Import – Export im Handels- und Industrieministerium, dann als Vizedirektor der Rechtsabteilung für die Preiskontrolle im Distrikt Haifa. 1951 wurde er Polizeioffizier in der Abteilung Wirtschaftsverbrechen. Gleichzeitig verrichtete er von 1954 bis 1968 Auslanddienst als Attaché und Konsul in New York und Paris sowie als permanenter Vertreter Israels an den Jahreskonferenzen der UNO-Rauschgift-Kommission in Genf und als Verbindungsoffizier zur . Als Polizeihauptmann in Jerusalem leitete er 1960/61 das Verhör von Adolf Eichmann. Nach dem Prozess war Less ein viel- befragter Zeitzeuge und Sachverständiger zu Eichmann als Person und Täter. 1968 siedelte er in die Schweiz über, wo er bis 1979 bei verschiedenen Banken und Revisionsstellen arbeitete. Nach seinem Tod 1987 in Zürich gelangte der Bestand ins Archiv für Zeitgeschichte, wo die gedruckten Verhörprotokolle zum Eichmann-Prozess durch Schenkungen von Willy Guggenheim und Alfred Cattani ergänzt wurden. Der Bestand bietet neben der offiziellen Dokumentation zum Eichmann- Prozess (Dokumentensammlung des Polizeibüros 06, Gutachten und Berichte der Polizei, Transkriptionen des Verhörs von Eichmann, Sitzungsunterlagen der Gerichtsverhandlung) auch einen einzigartigen Zugang zur Schwierigkeit der Aufgabe von Avner Less, der Adolf Eichmann während unzähliger Stun- den in Verhören zum Vertrauten machen musste, um jene Informationen zu erhalten, die er benötigte. Der Bestand zeigt deutlich, wie sehr ihn diese Erfahrung Zeit seines Lebens geprägt und weiter begleitet hat. Ausser den Verhörprotokollen dürfte die offizielle Dokumentation zum Eichmann-Prozess in der Schweiz einzigartig sein. Sie ist zwar nicht ganz vollständig, doch hebt sie sich durch handschriftliche Anmerkungen von Avner Less auch von jener Dokumentation ab, die sich im israelischen Staats- archiv befindet.

47 Jerusalem 1961: Avner Less (3. v. l.) und Eichmann (vorne links).

Überliefert sind zudem einige biografische Materialien sowie persönliche Vorbereitungen und Mitschriften (Notizen) von Avner Less zum Verhör, Tran- skripte für geplante Memoiren sowie Interviewmitschnitte, Publikationen und Vorträge. Der Publizist Jochen Lang gab 1982 in Zusammenarbeit mit Avner Less „Das Eichmann-Protokoll. Tonbandaufzeichnungen der israe- lischen Verhöre mit 66 faksimilierten Dokumenten“ heraus. Auch dazu sind Unterlagen vorhanden. Eine Presseausschnittdokumentation zum gesamten Prozess und dessen Widerhall in der westlichen Welt (dt., engl. und hebr. Presse) ergänzt den Bestand. 7.1.6 Jean Nordmann Geboren und aufgewachsen in Fribourg, galt das Engagement Jean Nord- manns während vier Jahrzehnten der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz. 1944 bis 1980 gehörte er der Geschäftsleitung des Schweizerischen Israeli- tischen Gemeindebunds an, 1968 wurde er Vizepräsident, 1973 bis 1980 prä- sidierte er den SIG. Von 1957 bis 1986 war er zudem Präsident der jüdischen Gemeinde Fribourg. Im Vorstand der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemein- schaft, der er von 1946 bis zu seinem Tod angehörte, kämpfte er gegen den Antisemitismus in der Schweiz.

48 Der Bestand ist eine substanzielle Ergänzung zum SIG-Archiv. Er enthält unter anderem die „Vororientierungen“ (Orientations préalables), die den Mitgliedern der Geschäftsleitung vor den Sitzungen zugesandt wurden und gewährt damit einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Tätig- keiten der SIG-Leitung. Vollständig überliefert sind seine Korrespondenzen als SIG-Präsident. Darin widerspiegeln sich insbesondere die zahlreichen internationalen Kontakte mit jüdischen Institutionen und Organisationen in Europa, Israel und den USA. Unter den vielfältigen sonstigen Tätigkeiten, die im Nachlass dokumentiert sind, ist Nordmanns Beteiligung an den Hilfsmassnahmen für deutsche Ju- den im südfranzösischen Lager Gurs 1941 hervorzuheben. Erhalten sind der Briefwechsel mit Internierten und der Bericht über einen Besuch im Lager. 7.2 Institutionelle Bestände 7.2.1 Bund Schweizerischer Jüdischer Frauenorganisationen (BSJF) Der BSJF wurde im Jahre 1924 als Dachorganisation von zunächst sieben israelitischen Frauenvereinen gegründet und hiess bis 1995 Bund Schweize- rischer Israelitischer Frauenvereine. Weitere lokale israelitische Frauenvereine sowie die zionistischen Frauenverbände WIZO und Emunah schlossen sich während der folgenden Jahre an. Der BSJF ist seit 1935 Mitglied des Bundes Schweizerischer Frauenorganisationen (BSF, seit 1999: Alliance F) und fun- gierte 1949 als Mitbegründer des International Council of Jewish Women (ICJW). Als generelle Aufgabe bezeichnet der BSJF die Vertretung jüdischer Fraueninteressen gegenüber Gemeindeinstitutionen und der allgemeinen jüdischen und nicht-jüdischen Öffentlichkeit auf nationaler und interna- tionaler Ebene. Der BSJF nimmt hierzu an Vernehmlassungen in der Schweiz teil und beteiligt sich an internationalen Protestaktionen zugunsten unter- drückter jüdischer Frauen, Männer und Kinder. Bereits in den 1930er Jahren und vor allem während des Zweiten Weltkriegs engagierte sich der BSJF in der Betreuung jüdischer Flüchtlingskinder. Ab 1944 war er Mitglied im Verband Schweizerischer Jüdischer Flüchtlingshilfen / Fürsorgen (VSJF) und koordi- nierte so finanzielle Unterstützungen und konkrete Flüchtlingshilfe. In den 1970er und 1980er Jahren galten die Hilfsaktionen Israel sowie Juden in der ehemaligen Sowjetunion und in Jugoslawien. Neben der Fürsorgetätigkeit und dem politischen Engagement gewann das Interesse an innerjüdischen

49 Fragen und am Dialog zwischen den verschiedenen religiösen Strömungen innerhalb der jüdischen Gemeinschaft an Bedeutung. Die Übernahme des historischen Archivs erfolgte 1999, nachdem Eli- sabeth Weingarten unter Verwendung dieser Akten eine Geschichte des BSJF geschrieben hatte. Dank ihrem Engagement konnten ins BSJF-Archiv Teilbestände integriert werden, die sich zuvor im Gosteli-Archiv, im Florence- Guggenheim-Archiv und bei zwei Privatpersonen befunden hatten. 2006 kamen die Handakten von Vera Kronenberg hinzu, die den BSJF von 1992 bis 2003 präsidiert hatte. Der Bestand enthält die nahezu vollständig überlieferten Protokolle der einzelnen Gremien von der Gründung des Vereins bis in die Gegenwart. Anhand der ausführlichen Dokumentation zur Tätigkeit des BSJF lässt sich ein Paradigmenwechsel nachzeichnen. Stand in den Kriegsjahren das fürsorgerische Engagement im Vordergrund, so erweiterte sich das Spek- trum in den Jahrzehnten danach. Neben innerjüdischen Fragen (Get, d. h. politisch-halachische Scheidungsbriefproblematik für die jüdischen Frauen; Toleranz-/Dialogseminare) fanden auch frauenpolitische Themen (Gleich- stellung, Teilnahme an Vernehmlassungen), interreligiöse Fragen (Liturgie Weltgebettag 1994) oder das Engagement gegen den Rassismus Aufmerk- samkeit. Zur Arbeit des BSJF gehörte auch die Organisation von Vorträgen, Seminaren und anderen Veranstaltungen (u.a. Internetkurse, Kochkurse, gesellige Nachmittage). Damit bietet der gut dokumentierte Bestand die Möglichkeit, Frauenarbeit in der Schweiz unter einem spezifisch jüdischen Blickwinkel über einen Zeitraum von 80 Jahren und in ihrer Verbindung über die religiösen und nationalen Schranken hinweg zu untersuchen.

7.2.2 Archiv des Jüdischen Flüchtlingsverbands in der Schweiz Der Jüdische Flüchtlingsverband in der Schweiz wurde im Herbst 1945 auf Initiative des Aktionskomitees der jüdischen Flüchtlinge (u.a. Leo Broczyner, Maximilian Rosenwald) in Zürich gegründet. Er verstand sich als unpolitische Selbsthilfeorganisation, die das bestehende jüdische Flüchtlingshilfswerk ergänzen und die geistigen, sozialen und kulturellen Interessen der jüdischen Emigranten und Flüchtlinge in der Schweiz fördern wollte. Um seine Mit- glieder auch bei der Suche nach einer neuen Existenzbasis beraten zu kön- nen, pflegte er engen Kontakt mit der Flüchtlingsvertretung für Rück- und Weiterwanderungsfragen (Hans Klee, Genf) und mit anderen jüdischen

50 Vom Nähnachmittag über die Alters- und Familienfürsorge bis hin zum Schwesternheim und Jugendhort: Selbstdarstellung des „Bunds der Israelitischen Frauenvereine in der Schweiz“ anlässlich der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA), 1928.

Flüchtlingsorganisationen. Er veranstaltete Kulturabende zur Vermittlung jüdischen Wissens und informierte über mögliche Auswanderungsländer. Um Verwechslungen mit anderen Flüchtlingshilfsorganisationen zu vermeiden, wurde der Verband 1947 in Union Jüdischer Flüchtlinge umbenannt. Der Bestand dokumentiert die Tätigkeit des Jüdischen Flüchtlingsverbands von seiner Entstehung 1945 bis ins Jahr 1947. Er enthält Protokolle zur Grün- dungsversammlung und den Vorstandssitzungen, Manifeste, Statuten und Mitgliederlisten sowie Unterlagen und Korrespondenzen zur Tätigkeit.

7.2.3 Prozess gegen David Frankfurter Der 1909 im österreichisch-ungarischen Daruvar (heute Kroatien) geborene David Frankfurter studierte ab 1929 in Wien, Leipzig und am Main Medizin. Ab 1933 setzte er sein Studium in Bern fort. Aus Protest gegen den nationalsozialistischen Antisemitismus ermordete er am 4. Februar 1936 in Davos Wilhelm Gustloff, den Landesgruppenleiter der NSDAP in der Schweiz. In einem international beachteten Prozess wurde er am Ende 1936 zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Juni 1945 erfolgten seine Begnadigung und die Ausweisung aus der Schweiz. Er wanderte nach Palästina aus und wurde

51 1945 begnadigt, aber ausgewiesen: David Frankfurter im Churer Gerichtsaal 1936. später Beamter des israelischen Verteidigungsministeriums. 1969 nahm der Grosse Rat des Kantons Graubünden sein Einreiseverbot zurück. 1982 starb Frankfurter in Tel Aviv. Der Bestand wurde 1994 als Teil des JUNA-Archivs übernommen und später als eigener Bestand erfasst. Er umfasst Unterlagen zum Prozess von 1936 (Protokolle, Urteil, Gutachten, Prozessnotizen) sowie zur Begnadigung 1945 (Begnadigungsgesuch, Gutachten). Dazu gehören auch Korrespondenzen von Saly Mayer, Prediger Joseph Messinger und Saly Braunschweig. Ergänzt wird das Material durch persönliche Dokumente und Fotos von David Frankfurter, Broschüren und Berichte sowie eine Dokumentation von in- und auslän- dischen Presseartikeln. 7.2.4 Vorort-Archiv Das historische Archiv des Vororts, der Vorgängerorganisation von economie- suisse, umfasst gut 450 Laufmeter. Davon wurden 2007 rund 95 Laufmeter erschlossen, deren Inhalt im Folgenden vorgestellt wird. Finanz-, Fiskal- und Währungspolitik In der Bundesfinanzpolitik kam es nach 1980 zu einer ersten Welle von Sparmassnahmen. Die Neuordnung der Finanzen und die Sanierung des ausufernden Bundeshaushalts waren zentrale Themen. In der Steuerpolitik

52 dominierten drei Bereiche: die Einführung der Mehrwertsteuer 1990, die direkte Bundessteuer und die Fiskalzölle. Gut dokumentiert ist die Debatte um die Einführung einer Strafrechtsnorm gegen die Geldwäscherei und die zweimalige Revision der Bankenverordnung 1987 und 1994. Die Revisi- on des Aktienrechts – in der Endphase begleitet durch eine Vorort-interne Arbeitsgruppe – begann bereits in den 1960er Jahren und konnte 1991 ab- geschlossen werden. Sozialpolitik Die Akten zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) reichen bis ins Jahr 1941 zurück und behandeln hauptsächlich deren Revisionen. Ein grosser Teil des Materials besteht aus den Sitzungsunterlagen der verschiedenen AHV-Kommissionen, in denen stets ein Mitglied des Vororts vertreten war. Nach der Einführung der AHV 1948 fanden im Zeitraum von 1950 bis 1977 neun grössere sogenannte Anpassungsrevisionen statt. Weniger gut doku- mentiert sind die 1980er Jahre. Thematisch stand hier die Einführung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvor- sorge (BVG) im Zentrum. Die Akten der 1990er Jahren befassen sich einerseits mit der Revision des BVG und ande- rerseits mit Volksinitiativen wie jener zur AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters (AHV-Auffanginitiative) vom September 1998. Zur 1918 errichteten SUVA sind vor allem die Prämienverordnungsrevisi- onen seit dem Zweiten Weltkrieg do- kumentiert. Überliefert sind zudem die Materialien einer Expertenkom- mission zur Revision des Unfallversi- cherungsgesetzes, die von der Mitte der 1960er Jahre bis 1981 dauerte. Der Vorort befasste sich schon früh auch mit dem Thema Arbeits- zeit (beispielsweise 1938 mit dem Auf dem Weg zum 3-Säulen-Prinzip: Abstim- Schichtbetrieb und Arbeitsschluss an mungsempfehlung gegen die Volkspensions- Samstagen in Hutgeflechtfabriken). Initiative der PdA 1972 (wf-Plakate).

53 Speziell zu erwähnen sind die Akten über die sogenannte Chauffeuren- Verordnung. Ebenfalls schon 1938 korrespondierte der Vorort über die Arbeits- und Ruhezeit von Fahrzeugführern im Strassen- und Transportwe- sen. Die entsprechende Verordnung zum Arbeitsgesetz wurde in den 1970er-Jahren ein erstes und 1995 ein zweites Mal revidiert. Aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind vor allem zwei Initiativen zum Thema dokumentiert: die 1985 abgelehnte Initiative für eine Verlängerung der bezahlten Ferienzeit und die 1988 abgelehnte Initiative für eine 40- Stundenwoche. Die Mitbestimmung der Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer im Betrieb war bis in die 1970er Jahre kaum ein Thema für den Vorort. Es bestand zwar die „Schweizerische Abstimmungsempfehlung von 1976 gegen Vereinbarung über die Arbeitsbedin- die Mitbestimmungs-Initiative der Gewerk- schaften (wf-Plakate). gungen der Angestellten“, die jedoch nicht wirklich eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsah. 1971 lancierten der Christlichnationale Gewerk- schaftsbund (CNG), der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der Schweizerische Verband evangelischer Arbeitnehmer (SVEA) gemeinsam die Volksinitiative „Für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer“. Im Hinblick auf die Volksabstimmung kämpfte der Vorort nebst dem Arbeitgeberver- band (ZSAO) nun unter dem Slogan „Volksinitiative: Nein – Gegenvorschlag [des Ständerates]: Ja“. Beide Vorlagen wurden am 21. März 1976 vom Volk verworfen. Post und Telekommunikation Ausführlich dokumentiert sind das Postverkehrsgesetz der 1920er Jahre, das PTT-Organisationsgesetz der 1960er Jahre sowie die Deregulierung der PTT, die 1998 zur Trennung von Post und Telekommunikation (Swisscom) führte.

54 Zölle, Veredelungsverkehr, Import- und Exportregelungen Die Unterlagen zum Zolltarif von 1921 erstrecken sich bis ins Jahr 1959. Ei- gentliche Handakten zu einzelnen Zolländerungen und Reverszöllen setzen 1929 ein. Von Bedeutung ist ein Dossier zur Diskussion von Zollerhöhungen zur Deckung von Rüstungsausgaben während der Koreakrise. Die Unterla- gen zum neuen Zolltarif von 1959 betreffen vor allem Tarifänderungen und Reversverzollungen jeweils einzelner Positionen der Jahre 1958 bis 1999. Weitere interessante Akten zur internationalen Zollpolitik betreffen den Zollabbau in Europa in den 1950er Jahren. Wichtig sind auch die Unterlagen zur Brüsseler Zollnomenklatur der 1950er bis 1970er Jahre und zur Einführung des harmonisierten Zollsystems in den 1980er Jahren. Europäische Wirtschaftsorganisationen und -Institutionen Neu gebildet wurden Teilbestände zur EFTA, zum Europäischen Wirtschafts- raum (EWR), zur Arbeitsgruppe des Vororts zu den Beziehungen mit der EG / EU (GRECO), Eurolex / Swisslex, sowie zu den bilateralen Abkommen mit der EU I. Letztere sind nahezu vollständig überliefert worden. Globale Wirtschafts-Organisationen und -Institutionen Gut dokumentiert sind die Verhand- lungen der Uruguayrunde des GATT und der Anfangsjahre der WTO. Un- gefähr 100 neue Dossiers wurden bei der Überarbeitung dieser Bestände ge- bildet. Neben allgemeinen Fragen des Welthandels, der Entwicklungszusam- menarbeit, der Ursprungsregelungen und des Urheberrechts wurden in den 1970er und 1980er Jahren im Vorort zudem ein internationaler Verhalten- scodex beim Technologietransfer, bei restriktiven Geschäftspraktiken und für multinationale Unternehmen dis- kutiert und dokumentiert. Im Bereich Vergebliches Engagement: Das Nein zum EWR von 1992 bedeutet eine wichtige der Entwicklungspolitik spiegelt sich in Zäsur in der jüngsten schweizerischen den erschlossenen Materialien nebst Wirtschaftsgeschichte (wf-Plakate).

55 der Verschuldungsthematik und der Konzeption der humanitären Hilfe der Schweiz die wachsende Bedeutung der Umweltprobleme. Wirtschaftsbeziehungen zu einzelnen Ländern 1945-2002 Neu wurden im Bereich der europäischen Länder die Unterlagen zu Russland, Georgien und dem Baltikum wie auch jene zur Interessengemeinschaft Schweiz - GUS erschlossen. Der Vorort führte sowohl das Sekretariat der schweizerisch-russischen Handelskammer als auch jenes der Gemischten Kommission Schweiz - Russland und stellte den Vizepräsidenten der Interes- sengemeinschaft. Neben den regelmässigen Umfragen über die Beziehungen von schweizerischen zu russischen Unternehmen sind die Unterlagen zu den Besuchen von Regierungsmitgliedern besonders interessant. Dazu zählen der Besuch von Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin in der Schweiz, die Rei- sen von Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz nach Russland sowie die Besuche der Finanzvorstände Otto Stich und Kaspar Villiger in den GUS-Staaten. Unter den Dossiers zu Asien (u.a. Bangladesh, Hongkong, Indonesien, Südkorea, Pakistan, Philippinen, Taiwan, Thailand, Vietnam) stechen jene zu China, Indien und Japan quantitativ und qualitativ heraus. Die Materialien zu den Tagungen der Gemischten Kommission Schweiz - China belegen eine stetige Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen trotz erheblicher politischer Schwierigkeiten. Selbst das Massaker am Tienamenplatz 1989 oder der verunglückte Staatsbesuch von Jiang Zemin 1999 in der Schweiz bedeuteten dabei kaum Rückschläge. Ausführlich dokumentiert sind acht Tagungen der Gemischten Kommission Schweiz - Indien. Zu den zahlreichen Missionen nach Indien und Japan in den beiden letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts sind die Korrespondenz zur Teilnahme und Organisation sowie diverse Umfragen und Berichte überliefert. 7.2.5 Bibliothek und Eigenschriften der Wirtschaftsförderung (wf) Hauptgrund für eine Rettung der Bibliothek der Wirtschaftsförderung ist die zahlreich enthaltene graue Literatur, die in dieser Konzentration wohl einmalig ist. Von den bis 1997 reichenden Beständen wurden sämtliche Publikationen bis 1986 vollständig, danach die vorhandene graue Literatur in Form von Broschüren, Studien etc. übernommen. Erschlossen sind die rund 200 Laufmeter Materialien durch zwei Zettelkataloge (Publikationsti- tel, Sachthemen), welche die integral übernommenen Teile gemäss ersten Stichproben vollständig abdecken. Eine Bewertung und sinnvolle Nutzung

56 beziehungsweise Recherche in der Bi- bliothek wird allerdings erst mit einer Digitalisierung und OCR-Erkennung der Zettelkataloge möglich, bei der allenfalls auch Zettel zu Teilen, die von economiesuisse bereits kassiert wurden (Periodika, Jahresberichte), ausgeschieden werden können. Die Eigenschriften der Wirtschaftsför- derung im Umfang von 56 Laufmetern wurden vollständig übernommen. Die Überlieferung ist annähernd lückenlos. Erhalten sind auch französische und italienische Reihen der örtlichen Büros. Durch die Digitalisierung des reichhaltigen Neben den beiden Teilen der Pressedo- Schlagwortkatalogs würde eine Nachnut- kumentation und den vorläufig noch zung der Wirtschaftsförderungs-Bibliothek ermöglicht. bei economiesuisse verbleibenden Pro- tokollreihen sowie den Kampagnenunterlagen bilden die Eigenschriften den vierten komplementären Part der historischen wf-Akten. Inhaltlich wichtige Periodika sind der Artikeldienst und die Kurzinformationen (1946-1997), die wirtschaftspolitischen Mitteilungen (WIPOMI, 1944-1991) und der Radio- und Fernsehspiegel (1970-1999). Der eigene Dokumentations- und Pressedienst (DPD, 1945-2000) stellte aus den laufenden Periodika chronologische und the- matische Dossiers zusammen. Daneben publizierte die wf von 1976 bis 2000 Lehrmittel mit speziell auf den Schulunterricht fokussierten Themen.

7.2.6 Zentrale für Wirtschaftsdokumentation (ZWD) Die Zentrale für Wirtschaftsdokumentation wurde 1972 als Nachfolgerin des zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Zürich gegründeten Archivs für Handel und Industrie der Universität Zürich angegliedert. Sie schenkte das Ge- schäftsarchiv der Vorgängerorganisation sowie ihre wirtschaftshistorische Sachdokumentation dem Archiv für Zeitgeschichte im Jahr 2005. Auf die provisorische Verzeichnung folgte 2007 die Erarbeitung einer Ord- nungsstruktur für das dokumentarische Sacharchiv von über 20 Laufmetern und die Feinerschliessung des Geschäftsarchivs der ZWD. Die thematische Gliederung des Sacharchivs erfolgte in Anlehnung an einen Bibliotheks-

57 katalog auf allen Ebenen alphabetisch. Dossiers mit gleichem Aktentitel wurden chronologisch geordnet und unterscheiden sich entweder durch die Materialität oder durch eine unterschiedliche Laufzeit. Die Neugliederung des Bestandes erforderte auch eine physische Umstellung und abschlies- sende Etikettierung. Bei den ab Ende 2008 online recherchierbaren knapp 500 Dossiers handelt es sich hauptsächlich um Broschüren und Bücher oder um Pressedokumentationen aus dem 20. Jahrhundert. Das breite Themenspektrum reicht dabei von Agrarpolitik über Arbeit und Bildung, Aussenhandel, Dienstleistungssektor, Gewerbe und Industrie, Infrastruktur, Internationale Organisationen, Länderdossiers und Rechtswesen bis hin zur Währungspolitik. 7.3 Dokumentationen 7.3.1 Forschungsdokumentation Theo Tschuy Theo Tschuy legte für sein 1995 erschienenes Werk „Carl Lutz und die Juden von Budapest“ eine Forschungsdokumentation an, die umfangreiche Mate- rialien zur Biografie von Carl Lutz aus Archiven im In- und Ausland, aber auch aus privater Provenienz enthält. Der Kopienbestand zur Rettungstätigkeit des Schweizerischen Gesandten in Budapest während der Kriegsjahre ist eine interessante Ergänzung zum Nachlass von Carl Lutz. Hinzu kommen Vorträge und Aufsätze von Theo Tschuy, seine handschriftlichen Notizen und Arbeitsunterlagen, Korrespondenz mit Zeitzeugen und Institutionen sowie Presseausschnittdokumentationen zu verschiedenen Themen. Ergänzt wird die Forschungsdokumentation zudem durch Rechercheunterlagen, Materi- alien und Fotos zur Wanderausstellung „Visas for Life“. Sein zweites Buchprojekt über das Kinderheim des Schweizerischen Roten Kreuzes in La Hille in Südfrankreich konnte der frühzeitig verstorbene Tschuy nicht beenden. Vor seinem Lebensende vermachte er seine Arbeitsmaterialien (Kopien von Quellen und Fachliteratur, Recherchenotizen, Fotos, Korrespon- denz und Presseausschnitte) dem AfZ. Hervorzuheben sind die Korrespon- denz mit ehemaligen Kindern von La Hille, Unterlagen zu Forschungsreisen und Fotos von La Hille aus dem Jahre 2002. Somit bietet der Bestand eine gute Grundlage für weitere Forschungen zu den Kindern von La Hille.

58 8 Das Archiv auf einen Blick 8.1 Daten 22.01.2007 Präsentation von Wirtschaftsbeständen und Digitalisierungs- projekten: Übung des Historischen Seminars der Universität Basel zur Unternehmensgeschichte in der Praxis (Johanna Gisler, Matthias Wiesmann). 26.01.2007 Holocaustgedenktag im Archiv für Zeitgeschichte: Maturanden- Klassen der Kantonsschulen Rämibühl und Hohe Promenade (Zürich), Romanshorn und Rychenberg (Winterthur) begegnen Überlebenden der Shoa (Rubin Gelbart, Fabian Gerson, Katharina Hardy und Gabor Hirsch). 13.03.2007 Archivpräsentation und Führung von Schülerinnen der katho- lischen Frauenschule Theresianum Ingenbohl. 21.03.2007 Archivpräsentation und Führung mit Schwerpunkt Dokumen- tationsbereich „Schweiz – Kalter Krieg“ für das Ergänzungsfach Geschichte der Kantonsschule Wettingen (Hansjörg Frank). 28.03.2007 Kolloquium zur Zeitgeschichte mit Peter Veleff: „Bedrohte Schweiz? Persönliche Erfahrungen im Kalten Krieg und Ve- rifikationen auf Grund von Akten der DDR und Zeitzeugen“ (Gesprächsleitung: Klaus Urner, Hans Rudolf Fuhrer). 02.04.2007 Archivpräsentation, Führung und Übungen für das Proseminar II des Historischen Seminars der Universität Zürich (Luís Calvo Salgado). 13.04.2007 Archivpräsentation, Führung und Übungen für das Proseminar II des Historischen Seminars der Universität Zürich (Constanze Rendtel, Aline Steinbrecher). 08.05.2007 „Schweizer Geschichte(n) für die Welt von morgen“: Archivprä- sentation und Führung im Rahmen der Abendführungen der Sammlungen und Archive der ETH Zürich. 30.05.2007 Kolloquium zur Zeitgeschichte mit Dietrich Bührle: „Die Oerlikon- Bührle Holding AG. Rückblick 1924 – 1990“ (Gesprächsleitung: Klaus Urner). 27.06.2007 Kolloquium zur Zeitgeschichte mit Robert F. Lamberg: „Zwischen braunem und rotem Totalitarismus. Rückblick auf meine Jahre in der Tschechoslowakei 1929-1957“ (Gesprächsleitung: Klaus Urner). 14.07.2007 Archivpräsentation und Führung für den Kurs Master of Advan- ced Studies in Applied History des Historischen Seminars der Universität Zürich (Bernd Roeck, Jan-Friedrich Missfelder).

59 Bereit zur Aufnahme: a. Bundesrichterin Margrith Bigler-Eggenberger und der neue Archivleiter Gregor Spuhler setzten die Reihe „Zeugen der Zeit“ am 28.11.2007 fort. 01.09.2007 Amtswechsel: Nach vierzig Jahren Auf- und Ausbauarbeit tritt der Gründer und Leiter des Archivs für Zeitgeschichte Klaus Urner altershalber zurück und übergibt die Leitung seinem Nachfolger Gregor Spuhler. 04.09.2007 Stabübergabeanlass: Im Lesesaal halten Jean-François Bergier und Georg Kreis vor rund 60 geladenen Gästen Rück- und Aus- blick. Gruss- und Dankesworte sprechen Rolf Bloch und René Braginsky. 05.10.2007 Archivpräsentation und Führung für das Proseminar II des Histo- rischen Seminars der Universität Zürich (Luís Calvo Salgado). 15.10.2007 Archivpräsentation und Führung mit Schwerpunkt Dokumen- tationsbereich „Schweiz – Kalter Krieg“ für ein Seminar des Historischen Seminars der Universität Zürich (Rudolf Jaun). 31.10.2007 Archivpräsentation und Führung mit Schwerpunkt Dokumen- tationsbereich „Schweiz – Kalter Krieg“ für einen Einführungs- kurs des Historischen Seminars der Universität Basel (Julia Richers). 31.10.2007 Buchvernissage: „Saly Mayer (1882-1950). Ein Retter jüdischen Lebens während des Holocaust“. Beatrix Mesmer und Jacques Picard stellen das neuste Werk der Historikerin Hanna Zweig vor, das zum grossen Teil auf der Auswertung von Quellen des Archivs für Zeitgeschichte basiert.

60 17.11.2007 Schweizerischer Archivtag: Rund 170 Gäste interessieren sich nebst einem Einblick in die Arbeit des Archivs für das Thema „Schweizer in Berlin“, das mit einer Tonbildschau, einer Ausstel- lung im Lesesaal und Filmen aus dem Kalten Krieg beleuchtet wird. 23.11.2007 Archivpräsentation mit Schwerpunkt Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte im Rahmen eines Kolloquiums des Hi- storischen Seminars der Universität Zürich (Carmen Scheide). 28.11.2007 Kolloquium zur Zeitgeschichte mit a. Bundesrichterin Margrith Bigler-Eggenberger: „Als erste Frau und als Sozialdemokratin am Bundesgericht: Rückblick auf meine Erfahrungen“ (Gesprächs- leitung: Gregor Spuhler). 06.12.2007 Archivpräsentation und Führung mit Schwerpunkt Dokumen- tationsbereich „Schweiz – Kalter Krieg“ für das Ergänzungsfach Geschichte der Kantonsschule Zug (Florian Horschik). 8.2 Finanzen Das Archiv für Zeitgeschichte gehört zum Institut für Geschichte der ETH Zürich und wird mehrheitlich von finanziellen Mitteln des Bundes getragen. Die zweite tragende Säule ist das aus Stiftungen und Fonds bestehende För- derungswerk zugunsten des Archivs für Zeitgeschichte. Schliesslich erhält das Archiv alljährlich grosszügige freie sowie zweckgebundene Spenden zugunsten der Erschliessung bestimmter Quellenbestände oder zur Un- terstützung einzelner Dokumentationsstellen. Diese Mittel verteilten sich 2007 folgendermassen: ETH 1‘030’000.- Förderungswerk 542’000.- Spenden 140’000.- Total 1‘712’000.-

Förderungswerk Der Rat der Stiftung Archiv für Zeitgeschichte befasste sich an seiner ordent- lichen Jahressitzung vom 4. Juli insbesondere mit Fragen der Verwaltung des Stiftungsvermögens. Neben den Mietbeiträgen der ETH wurde dieses durch die Errichtung des Hermann Levin Goldschmidt-Bollag-Fonds geäufnet sowie durch 147‘000 Franken, die economiesuisse im Rahmen des Schenkungsver- trags von 2006 als Grundstock an das geplante Förderungswerk zu Gunsten des wirtschaftsgeschichtlichen Archivguts leistete. Im Weiteren genehmigte

61 der Stiftungsrat den Jahresbericht 2006 des Archivs für Zeitgeschichte und sprach diesem für 2008 ein ordentliches Budget von 252‘000 Franken zu. Im Jahr 2007 stellte die Stiftung dem AfZ 100‘000 Franken zur Verfügung. Nebst Anstellungen im Benutzungsdienst und Erschliessungen im Bereich der allgemeinen Zeitgeschichte wurde damit auch ein Teil der Arbeiten am Vorort-Archiv finanziert. Schliesslich wurde Gregor Spuhler als neuer Archiv- leiter von Amtes wegen in das Gremium aufgenommen, während Klaus Urner als Mitglied ad personam und Vizepräsident im Stiftungsrat verbleibt. Auch dem Rat der Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich ge- hört der Archivleiter ex officio an. Seit dem Leitungswechsel ist Klaus Urner Mitglied ad personam und weiterhin Vizepräsident der Stiftung. Im Jahr 2007 unterstützte die Stiftung das Archiv mit einen Gesamtbetrag von rund 300‘000 Franken. Damit wurden in erster Linie Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Jüdischen Zeitgeschichte, diverse Einsätze und Praktika sowie ein Teil der Infrastrukturkosten, na- mentlich im Bereich der IT, finanziert. An der Stiftungsratssitzung vom 4. Juli 2007 konnte die Stiftung dem Archiv auch für das Jahr 2008 einen Betrag von 300‘000 Franken zugunsten der Dokumentationsstelle Jüdische Zeit- geschichte sowie einen Infrastrukturbeitrag zusprechen. Zudem beschloss sie, das am Institut für Jüdische Studien der Universität Basel angesiedelte Forschungsprojekt von Daniel Gerson über „Religionswandel und gesell- schaftspolitische Orientierungen der Juden in der Schweiz“ (seit 1945) mit einem namhaften Beitrag zu unterstützen. Zum Förderungswerk zugunsten des Archivs für Zeitgeschichte gehören zahlreiche weitere Stiftungen und Fonds: Die Jaeckle-Treadwell-Stiftung, der Emil Friedrich Rimensberger-Fonds, die Simon und Hildegard Rothschild- Stiftung, die Karl Schmid-Stiftung und die Victor H. und Elisabeth Umbricht- Stiftung. So weit nötig und möglich vollzogen sie an den jährlichen Sitzungen die personellen Veränderungen nach und sprachen dem Archiv für seine Arbeit Unterstützungsbeiträge zu. Schliesslich konstituierte sich im Dezem- ber 2007 auch das Kuratorium des Mary und Hermann Levin Goldschmidt- Bollag-Fonds, welcher der Stiftung Archiv für Zeitgeschichte als Unterfonds angegliedert ist und das Archiv ab 2008 mit Projektbeiträgen unterstützen wird. Das Kuratorium besteht aus vier ehemaligen Mitgliedern der früheren Stiftung Dialogik. Zum Vorsitzenden wurde Hans Werner Tobler gewählt, weitere Mitglieder sind Uriel Gast, Georg Hafner und Klaus Urner.

62 8.3 AfZ-Team Am 31.12.2007 waren im Archiv für Zeitgeschichte 20 Personen zu insgesamt 1365 Stellenprozent angestellt:

Archivleitung Stellenprozent Gregor Spuhler, Dr. phil. 100 Stv. Archivleitung Daniel Nerlich, Dr. phil 100 Allgemeine Zeitgeschichte / Kalter Krieg Werner Hagmann, Dr. phil. 80 Christoph Manasse, lic. phil. 60 Michael Schaer, stud. phil. 40 Daniel Schwane, Dr. phil. 100 Jüdische Zeitgeschichte Uriel Gast, Dr. phil. 100 Anne Frenkel, MA 80 Regina Gehrig, lic. phil. 70 Madeleine Lerf, lic. phil. 40 Noëmi Sibold, lic. phil. (seit 1.12.) 60 Wirtschaft und Zeitgeschichte Daniel Nerlich, Dr. phil. Sabina Bellofatto, stud. phil 40 Philipp Hofstetter, lic. phil. 70 Anna Sieg, stud. phil. 40 Stabsdienste / IT Jonas Arnold, lic. phil. 95 Daniel Fankhauser (seit 1.7.) 80 Leitung Erschliessung Claudia Hoerschelmann, Dr. phil. 80 Benutzungsdienst Werner Hagmann, Dr. phil. Isabelle Matt (seit 1.2.) 100 Sekretariat Katharina Hilbich 20 Karl Schmid-Stiftung Daniel Schmid, lic. phil. 10

63 Für seine vielseitigen temporären Arbeitseinsätze danken wir Hubert Vilimek. Für die immer zuverlässige Mitarbeit in der Presseausschnittdokumentation danken wir Dr. iur. Sylvia Rüdin. Praktika absolvierten Dr. phil. Tobias Krüger (1.8.-31.10.), lic. phil. Franziska Sidler (1.11.06-15.7.) und Nicole Vogler (3.5.-19.7.). Janine Wilhelm arbeitete wie bereits im Vorjahr während des Sommerhalb- jahrs (1.4.-30.9.) mit einem 80%-Pensum im Bereich der Jüdischen Zeitge- schichte. Das AfZ verlassen haben 2007: • Sabina Bellofatto, stud. phil. (31.12.) • Daniel Gerson, Dr. phil. (31.10.) • Isabelle Matt (31.12.) • Anna Sieg, stud. phil. (31.12.) • Sandra Studer, lic. phil. (31.8.) • Walter Sutter (15.9.) • Klaus Urner, Prof. Dr. (31.8.) • Aurel Waeber, lic. phil. (30.11.)

Das Engagement und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Basis des Erfolgs des AfZ. In diesem Sinn gebührt allen ein grosser Dank für ihre Leistungen im vergangenen Jahr. Jenen, die das AfZ teils nach kürzerem, teils nach jahrelangem Engagement 2007 verlassen haben, wün- schen wir in ihrem neuen beruflichen Umfeld viel Erfolg und alles Gute. 9 Dank

Das Archiv für Zeitgeschichte ist heute, mehr als 40 Jahre nachdem ein Student namens Klaus Urner begonnen hatte, auf privater Basis Unterlagen zur Zeitgeschichte zu sammeln, ein national und international anerkanntes öffentliches Archiv. Dies ist dem Engagement zahlloser Personen und Insti- tutionen zu verdanken. Dass das AfZ seine Aufgaben im vergangenen Jahr in jenem Masse wahrnehmen konnte, wie es der vorliegende Bericht dokumen- tiert, ist der grosszügigen finanziellen Unterstützung durch Privatpersonen, Institutionen und Stiftungen zu verdanken – einer materiellen Unterstüt- zung, der ein ideeller Wert zugrunde liegt, nämlich die Überzeugung, dass es wichtig ist, gefährdetes Kulturgut für eine Zukunft aufzubewahren, die mit Sicherheit irgendwann nach ihrer Vergangenheit fragen wird. Jene, die das Archiv für Zeitgeschichte im letzten Jahr finanziell unterstützt haben, sind im Folgenden aufgeführt. Ihnen und allen, die dem Archiv und seinen

64 Zielsetzungen wohlgesinnt sind und es mit Rat und Tat unterstützen, sei für Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung ganz herzlich gedankt. Förderungswerk (Stiftungen und Fonds zu Gunsten des Archivs) • Stiftung Archiv für Zeitgeschichte • Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich • Emil Friedrich Rimensberger-Fonds • Simon und Hildegard Rothschild-Stiftung • Karl Schmid-Stiftung • Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung

Beiträge an die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte • Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung • Ernst und Jacqueline Weil-Stiftung • Kirschner-Loeb-Stiftung • Lucie und Louis Weil-Bloch Stiftung • Saly Mayer Memorial Stiftung, Zürich • Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund • Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus • Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen • Willi und Mimi Guggenheim-Stiftung Beiträge an die Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte • economiesuisse

Zweckgebundene Spenden • Rolf Bloch • Elsbeth Kasser-Stiftung • Fam. Dietrich Schindler • Schweizerische Flüchtlingshilfe

Für zahlreiche Einzelspenden danken wir zudem den Mitgliedern des Freun- des- und Fördererkreises.

65 Archiv für Zeitgeschichte

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9.00 - 17.00 Uhr. Standort: Hirschengraben 62, 8001 Zürich (Tram 3, 4, 6, 7, 10, 15, Bus 32 bis Central) Postadresse: ETH Zürich, Archiv für Zeitgeschichte, Hirschengraben 62, CH 8092 Zürich Telefon: (0041) 44 632 40 03 Fax: (0041) 44 632 13 92 e-mail: [email protected] Website: http://www.afz.ethz.ch

66