Diplomarbeit Freiraumplanung SS 04 Bestandsanalyse und Entwurfsplanung der Freianlagen von Schloss

2 Grundlagenermittlung zu Schloss Tonndorf

2.1 Natürliche Gegebenheiten und Topographie

2.1.1 Naturräumliche Lage

Das Schloss und der Ort Tonndorf liegen im Südosten des Thüringer Beckens, ca. 15 km südöstlich von der thüringischen Landeshauptstadt in dem 19.850 ha großen Landschaftsschutzgebiet ´Ilmtal zwischen und ´ 10 gemeinhin be- kannt als LSG ´Mittleres Ilmtal´.

Abb. 1: Lage Schloss Tonndorf (rot hervorgehoben), Geogr. Karte (maßstabslos)

10 Hiekel W. Dr., Thüringer Landesanstalt für Umwelt, Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, 1994: Wissenschaftliche Beiträge zum Landschaftsprogramm Thüringens, Nr. N2/94, Druck: Jenprint Jena, Anlage 4: Liste der Schutzgebiete, Seite 7

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Am Südrand des Troistedter Forstes, etwa 600 Meter nordöstlich von Tonndorf 11 , thront auf der auslaufenden Meckfelder Hochfläche (ca. 400 m ü. NN) 12 am Rande des Hohenfeldener Buntsandsteinkessels das Schloss Tonndorf 13 . Westlich von Tonndorf befindet sich hinter dem Schlossholz 14 , unterhalb des Steinberges mit der Stiefelburg, der Ort Nauendorf. Der weite Talkessel, ebenfalls Tannrodaer Sattel genannt, wird vom Tonndorfbach durchflossen, der früher auch Münchbach, nach dem südöstlich von Tonndorf gelegenen München, genannt wurde. 15

Tonndorf liegt im südlichen Landkreis , in der „Toskana des Ostens“.

Mit als Kreisstadt gehört es neben Kranichfeld und seinen Ortsteilen Barchfeld und Stedten, den Ortschaften Rittersdorf, , Nauendorf und mit dem Ortsteil Schellroda zur Verwaltungsgemeinschaft Kranichfeld.

Tonndorf ist seit dem 14.Jahrhundert Amtsdorf, was sich in seiner außergewöhnlichen, quadratischen Form und der parallelen Straßenführung widerspiegelt.

Zudem besaß Tonndorf an seinen vier Zufahrten je ein Tor. Dies waren das Böttcher-Tor im Süd-Westen, das Junkerstor (NO), das Töpfertor (NW) und das Gerstenhauer-Tor im Süd-Osten.

Abb. 2: Blick von Norden auf Tonndorf

11 o. V.: Kinderheim Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 102 14.04.1940, o. S. 12 Landkreis Weimarer Land, Untere Denkmalschutzbehörde, Moszner Karl, Weber Alexander, o.J.: Burgen und Schlösser im Weimarer Land, Seite 46, Im folgenden zitiert als: Moszner K.: (Arbeitszeitsystem) 13 Vgl. o. V.: Unterwegs im Tal der Ilm. Wissenswertes und Informatives für Touristen und Einheimische. Hrsg. MFB Verlagsgesellschaft Eisenach mbH. Eisenach 1998. Seite 61 14 dto. 15 Moszner K.: a.a.O., S. 46

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2.1.2 Der Ort Tonndorf in Stichpunkten

Einwohner :

- 618 davon 318 weiblich und 300 männlich 16

- (aktuell 677)

Gemarkung :

- (1012 ha=10,12km²)

- 45,7 % Flächen für Landwirtschaft,

- 38,2 % Flächen für Wald,

- 14,6 % Bauflächen und Straßen

Infrastruktur :

- Bürgerhaus „Burghof“

- Kindergarten „Dorfspatzen“ (30 Plätze)

- Schullandheim des Landkreises Weimarer Land mit multimedialem Zentrum für Kinder

- Kinderspielplatz (von Pfarramt gepachtet)

- Fußballplatz

- Kirche Sankt Peter und Paul

- Gaststätte „Deutscher Kaiser“ (2005 – 444-jähriges Bestehen)

- Gasthaus „Grünes Herz“

- Milchviehanlage (größter örtlicher AG)

- Agrargenossenschaft

- Bäckerei

- Forstamt Kranichfeld

- WeiHelPro GbR Landschaftsbau

- Pflanzenhof Tonndorf GbR

- Friseursalon

- Heißmangel

- Drucker- und Kopierservice Johannes Öhlschläger

- Loris . TV-Technologie & Vision

- CTS – Computer Telecom Service

- Autoreparaturwerkstatt Göran Neubert

16 Verwaltungsgemeinschaft Kranichfeld, Bevölkerung und Fläche am 31.12.1998, Seite 21

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Sehenswürdigkeiten :

- Kirche Sankt Peter und Paul

- Mausoleum in Weidenbachs-Garten (Kindergrab des 18.Jh.)

- Schloss Tonndorf

Gemeinschaftsleben :

- SV 70 Tonndorf (Fußball, Laufen, Aerobic)

- Rassegeflügelverein- und Kleintierzüchter

- Tonndorfer Chor, Mitglied im Singekreis Rundadinella Kranichfeld

- Landfrauenverein

- Angelverein

- Jagdpachtgenossenschaft

- Feuerwehrverein

- Freiwillige Feuerwehr

- TCC - Tonndorfer Carneval Club

- Kirmesgesellschaft

Dorfkultur :

- Maibaum-Setzen

- Riesenfest (Sommerwendfeuer)

- Kirmes

- Fasching

- Stiefelburglauf

- Stauseelauf Hohenfelden

- Straßenfußballturnier

Planungsgrundlagen :

- Baumschutzsatzung

- [Entwurf zum FNP (nicht bestätigt)]

- [REK Südliches Weimarer Land in Arbeit]

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2.1.3 Geologie und Boden

Die, das Thüringer Becken ringförmig umschließende, Ilm- Saale- Kalkplatte zeigt im südlichen Weimarer Land eine deutliche Zunahme landschaftlicher Vielfalt, die auf tektonische Ursachen zurückzuführen ist. Es handelt sich um eine Aufsattelung, das Tannrodaer Gewölbe , die das Gebiet zwischen im Osten und Riechheimer Berg im Westen, zwischen im Norden und Kranichfeld im Süden umfasst. Dieser Sattel entstand während der saxonischen Gebirgsbildung . Entsprechend seiner lang gestreckten Sattelachse hat das Gebiet eine ovale Form mit einer nördlichen und einer südlichen Umrandung. Ihre höchsten Erhebungen sind im Norden der Kötsch (497m), der Buchfahrter Forst, der Hexenberg bei Bad Berka und der Troistedter Forst. Die Erhebungen im Süden verlaufen von Keßlar über Thangelstedt, Tannroda, Kranichfeld zum Riechheimer Berg. Dieser umschließt als westlichster Ausläufer den Hohenfeldener Kessel. 17

Abb. 3: Aufbau des Tannrodaer Sattels

Die Achse des Sattels ist west- nordwestlich gerichtet. Die aus dem Trias stammenden Horizonte des Buntsandsteins, des Muschelkalks und des Keupers wurden gehoben

17 Salzmann, Manfred, 1993: Weimar und das Ilmtal (Neumanns Landschaftsführer), Neumann Verlag GmbH, Radebeul, Druck u. Verarbeitung: Verlag u. Druckerei Fortschritt Erfurt GmbH, Seite 44 f., Im folgenden zitiert als: Salzmann, M.: (Arbeitszeitsystem)

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und die jüngsten, am höchsten gehobenen Teile währenddessen bzw. später ganz oder teilweise abgetragen.

So verschwanden die Keuper-Ablagerungen vollständig, der Muschelkalk blieb lediglich an den Rändern als ein Kranz von Kalkbergen erhalten.

Das Sattelinnere besteht fast ausschließlich aus Ablagerungen der Buntsandstein- zeit ,ebenfalls beträchtlich durch Erosion abgetragen.

Das ganze Gebiet ist ein Beispiel für Reliefumkehr , in dem der Sattel morphologisch eine Mulde und die Sattelflanken Höhenzüge bilden.

Die Umkehr wird bedingt durch die unterschiedliche Wertigkeit von Sandsteinen und Kalksteinen.

Abb. 4: Profil mit „Luftsattel“

Das Sattelinnere weißt heute typische Formen der Buntsandsteinlandschaften auf.

Kerbsohlentäler, schmale Riedel, flache Kuppen und kleine Plateaus werden von einer gänzlich anders gestalteten Kalklandschaft umrahmt.

Die größte Rolle bei der Abtragung spielte die Ilm mit ihren Nebenbächen Krummbach, Tonndorfbach und Schwarza.

In der Regel zeichnet sich die Buntsandsteinlandschaft durch sanft gerundete Formen aus.

Die Verwitterung ist abhängig von der Zementierung der Quarzkörper durch Bindemittel und den unterschiedlichen Tongehalt.

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Zu den widerständigeren Schichten gehören die Rothensteiner Schichten, die haupt- sächlich aus grauen bis gelblichen Sandsteinen mit zahlreichen, meist dunkelroten Schiefertonzwischenlagen bestehen, der Bausandstein, aus dickbankigen roten Sandsteinen bestehend (Abbau bei Tonndorf) und der Chirotherien- sandstein (westlich Bad Berka).

„Die älteren Schichten des Buntsand- steins, der hier Oberflächen gestaltend auftritt, wurden einst unter heißem Klima in wüstenartigen Gebieten abgelagert.

Periodische Regenfälle lieferten die tonigen Einschlüsse, am häufigsten sind jedoch Gesteine, die zu feinem, lockerem Sand verwittern.

Abb. 5: gegen den Südhang ansteigende Kalkstein- schichten unmittelbar beim Schloss

Im westlichen Teil des Sattels bildeten sich infolge der Auslaugung von Zechsteinsalzen im Untergrund beträchtliche Bodenabsenkungen und so Erdfälle, deren Bildung auch in jüngster geologischer Vergangenheit noch fortschreitet.

Ein im Tertiär entstandenes kleines Braunkohlenlager liegt heute tief eingesenkt im mittleren Buntsandstein.

Den Ablagerungen des mittleren Buntsandsteins folgen anstelle der Sandsteine rote und bisweilen grüne Mergel, mit vereinzelten Gips- und Karbonatbänken des oberen Buntsandsteins.

Sie bilden flach geböscht, den Übergang zu den steilen Hängen, der Gesteine des unteren Muschelkalks.“18

18 Salzmann, M., a.a.O, S. 45 ff.

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2.1.4 Gewässer und Grundwasser

Auf dem Schlossgelände selbst finden sich am Südhang unterhalb des Schlosses Quellen die zur Schneeschmelze zu sprudeln beginnen und danach wieder versiegen.

Im Ort fließt der Tonndorfbach ( 111) an dessen Lauf sich neun Brunnen zur Fassung von Grundwasser als Trinkwasser befinden. Hinzu kommen drei weitere Brunnen Richtung Stausee Hohenfelden. Der Umkreis dieser Förderanlagen ist als Wasserschutzzone II ausgewiesen.

111

555

444 333 222

333

Abb. 6: Wasserschutzzonen und Gewässer um Tonndorf

In der Tonndorfer Gegend findet man Quellen (teilw. zyklisch), Fließ- und stehende

Gewässer. Das größte ist der Stausee Hohenfelden ( 222), der ein Gebiet von 38 ha 19

überflutet und vom Krummbach ( 333) gespeist wird. Die durchschnittliche Tiefe des Stausees beträgt vier Meter.

Als Folgeerscheinung der Lösung von Zechsteinsalzen im Grundwasserbereich, deren Ausspülung und dem Nachstürzen darüber liegender Gesteinsschichten entstanden um Tonndorf eine Reihe von Erdfällen. Die beiden größeren heißen Scheibengrube (444) und „Erdfall“ ( 555).

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Durch die so genannte Subrosion entstand auch die ursprüngliche Mulde des Stausees Hohenfelden.

Oberhalb von Schloss Tonndorf befindet sich mit der Erfurter Störungszone sowohl eine ober- als auch unterirdische Wasserscheide. Oberhalb fließt das Grundwasser nach Norden ab, unterhalb nach Süden, bevor es dann Richtung Südosten und Ilmtal einlenkt.

Abb. 7: Grundwassertiefe und Fließrichtung

Die Höhe des bei Schloss Tonndorf anstehenden Grundwassers ergibt sich aus der Differenz der Höhe der Burg (400 m NN) und der Tiefe des Brunnenschachts (ca. 90 m). Also etwa 310 m NN. Diese Angabe lässt sich anhand der oben abgebildeten Karte nachprüfen.

Für Schloss Tonndorf sind Grundwasser und die Schutzzonen in doppelter Hinsicht von Bedeutung, da es einerseits mit dem Brunnen davon fördert und da andererseits die geklärten Abwässer auf dem Gelände versickert werden.

19 Salzmann, Manfred, 1991: Das mittlere Ilmtal, Seite 37

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2.1.5 Klima und Lufthygiene

Wie in Mitteleuropa typisch, zeichnet sich auch das Klima des mittleren Ilmtals durch besondere Unbeständigkeit der Witterung aus, die durch den häufigen Wechsel der Großwetterlagen hervorgerufen wird. Die Landschaft liegt im Übergangsgebiet der südwestlichen gebirgsrandnahen Teile des Thüringer Beckens mit niedrigeren Temperaturen und höheren Niederschlägen, als in den kontinentaleren östlichen Bereichen. Vorherrschend sind Westwetterlagen, starke westliche Strömungen, mit denen in rascher Folge atlantische Zyklonen ostwärts ziehen. Sie bewirken reichhaltige Niederschläge und im Winter kräftige Temperaturanstiege, im Sommer dagegen bringen sie Abkühlung.

Der Jahresgang der Temperaturen (°C) in Bad Berka (330 m NN) zeigt folgende Werte (1951 - 1980):

I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII ∅ -1,2 -0,6 2,4 6,6 11,3 15,0 16,7 15,7 12,4 8,0 3,5 0,3 7,5

Die Niederschlagswerte liegen etwas höher als die der benachbarten Stadt Weimar, so dass man von einem sekundären Niederschlagsmaximum, das durch den höher gelegenen Tannrodaer Sattel hervorgerufen wird, sprechen kann. Insgesamt zeigt sich aber, dass das Gebiet des Mittleren Ilmtals im Lee des Thüringer Waldes bei vorherrschenden Südwest-, West- und Nordwestwinden liegt und somit ein Trockengebiet darstellt. Die Jahressummen der beiden nächsten Stationen zu Tonndorf zeigen folgende Werte: Bad Berka (319 m NN) 632 mm und Kranichfeld (310 m NN) 615 mm Niederschlag 20 .

Tonndorf profitiert von seiner Lage südlich der Ballungszentren und der BAB A4, da es so außerhalb des Dunstkreises ihrer Emissionen bleibt, die von den vorherrschenden Westwinden nördlich abgeleitet werden. So kommt Tonndorf in den Genuss einer „würzigen, staubfreien Wald- und Bergluft 21 “. Diese in Verbindung mit mildem, anregendem Klima war auch ausschlaggebend für die Nutzung von Schloss Tonndorf als Kinderheim und Lungenheilstation.

20 Salzmann, Manfred, 1991: Das mittlere Ilmtal, Seite 1 f. 21 Klappe Walter: unveröffentlichte Chronik von Schloss Tonndorf, 1961, Seite 2, Im folgenden zitiert als: Klappe W.: (Arbeitszeitsystem)

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2.1.6 Flora und Fauna

In den ausgedehnten Waldbeständen auf sandigen Böden herrschen Pinus sylvestris (Wald-Kiefer) und Picea abies (Gemeine Fichte) vor. Typisch für diese Gebiete ist Vaccinium myrtillus (Heidelbeere). Calluna vulgaris (Heidekraut) dominiert ebenfalls große Flächen. Eines der häufigsten Gräser ist Avenella flexuosa (Drahtschmiele). Weit verbreitet ist Epilobium angustifolium (Schmalbättriges Weidenröschen), so dass es für die Schonungen der Forstwirt- schaft bereits ein Unkraut darstellt. An lichteren Stellen und auf Kahlschlägen findet man die giftigen Digitalis purpurea (Roter Fingerhut) und Ribes idaeus (Himbeere). Die trockenen Sandböden sind ideal für Senecio sylvaticus (Wald- Abb. 8: Primula veris Greiskraut). Auf etwas feuchteren Standorten blühen im Frühjahr Primula elatior (Wald-Schlüsselblume), Cardamine pratensis (Wiesen- schaumkraut) und Anemone nemorosa (Buschwindröschen), später Geum rivale (Bach-Nelkenwurz), Lysimachia vulgaris (Gemeiner Gilbweiderich) und Equisetum sylvaticum (Wald- Schachtelhalm). Abb. 9: Anemone nemorosa

Insgesamt ist die Artenvielfalt auf den Sandböden, im Gegensatz zu den Landschaften auf Kalkböden vergleichsweise gering. Hier herrscht Fagus sylvatica (Rotbuche) vor. Da sie im Vergleich zu anderen Baumarten duldsam ist, besitzen die Buchenwälder oft eine dichte Strauchschicht, u.a. bestehend aus Viburnum lantana (Wolligem Schneeball), Acer campestre (Feldahorn), Corylus avellana (Hasel) und Cornus (Hartriegel). Abb10: Fagus sylvatica

Einen reichhaltigen Frühjahrsaspekt bilden die Bestände von Mercurialis perennis (Bingelkraut), Pulmonaria officinalis (Lungenkraut), Hepatica nobilis (Leberblümchen) und Lathyrus vernus (Frühlings-Platterbse). Lilium martagon (Türkenbund-Lilie) und Aconitum vulparia (Gelber Eisenhut) gehören zu den vorkommenden geschützten

Pflanzen. Abb.: 11: Hepatica nobilis Abb. 8-11: typische Pflanzenarten

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Den größten Artenreichtum mit Asarum europaeum (Haselwurz), Sanicula europaea (Sanikel), Polygonatum -Sorten (Weißwurz), Melampyrum nemorosum (Hain- Wachtelweizen) und vielen anderen Arten der Krautschicht weisen die an bestimmten Stellen vorhandenen Eichen-Hainbuchen-Niederwälder auf.

Auf den Sandböden im Gebiet des Tannrodaer Gewölbes wachsen verschiedene Pilzarten wie Maronen, Täublinge, Ritterlinge, Parasole, Hallimasch, während Maipilze und Stockschwämmchen die Muschelkalkböden bevorzugen.

Neben dem Schwarzwild und Rehwild bildet das hier ausgesetzte Muffelwild eine echte Bereicherung. Diese von der Mittelmeerinsel Korsika stammenden Wildschafe treten meist in Rudeln auf. Auch Damwild ist vorhanden, vor allem im Bereich des Stausees Hohenfelden und des Dambachsgrundes.

Neben den häufigen Füchsen und Mardern tritt vereinzelt im Umfeld des Riechheimer Berges auch die Wildkatze auf.

In den Wäldern leben zahlreiche Vogelarten, zum Teil Brutvögel, aber auch Wintergäste in größeren Schwärmen. Schwarzspechte und andere Spechtarten, Ringel- Hohl- und Türkentauben, die selteneren Kolkraben, der Tannenhäher und sieben Meisenarten beleben die Landschaft.

Der Stausee Hohenfelden hat eine Reihe Wasservögel, Durchzügler und Brutvögel, an sich gezogen, und an der Ilm sind der prachtvolle Eisvogel, die Gebirgsstelze und die Wasseramsel zu finden. 22

Abb. 12: Eidechse auf dem Weg beim "Erdfall"

22 Salzmann, M., a.a.O, S. 46 ff

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2.2 Die Historische Entwicklung von Schloss Tonndorf

Die folgenden Ausführungen basieren auf einer unveröffentlichten Semesterarbeit zur Bau- und Kunstgeschichte Schloss Tonndorfs von Pierre Zwetkow aus dem Jahre 2003, die ich überarbeitete und ergänzte. Im Sinne der besseren Nachprüfbarkeit sind die jeweiligen Originalquellen angegeben.

2.2.1 Erste urkundliche Erwähnungen (706 bzw. 1143)

Erstmals fand Tonndorf im Jahr 706 23 als Tonecdorf oder Tunecdorf Erwähnung. Aus diesem Jahr existiert eine Schenkungsurkunde des Frankenkönigs Dagobert an das Peterskloster in Erfurt. Die Echtheit dieser Urkunde ist jedoch umstritten. 24 Auch wenn es sich bei dieser Urkunde um eine Fälschung handeln sollte, so kann das Vorhandensein einer Burganlage auf dem heutigen Standort des Tonndorfer Schlosses im 8.

Jahrhundert als relativ sicher angesehen werden, denn KÜHN 25 zitiert eine Quelle, welche die Existenz einer Höhenburg bei Tonndorf in dieser Zeit bestätigt. Diese vermutlich als Fluchtstätte genutzte Burg des Tonndorfer Adelshofes, fand in anderen Quellen keine Erwähnung.

So wird mehrfach 26 ,27 ,28 ,29 die erste gesicherte Erwähnung des Ortes als Tundorf in das Jahr 1143 datiert. Hier hatte laut einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Heinrich 30 das Erfurter Peterskloster Besitzungen. In einem aktuellen Touristenführer 31 ist wiederum nachzulesen, dass der Ort Tonndorf als Tundorf im Jahr 1149 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Auch bei SALZMANN 32 ist zu erfahren, dass Tonndorf erst in diesem Jahr in einer Urkunde des Erzbischofs Heinrich von Mainz für das Peterskloster in Erfurt in Zusammenhang mit dem Adelsnamen de Tuncdorf erstmals erschien.

23 Lehfeldt, P.: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Sachsen. Weimar. Eisenach. Band 1. Jena 1893, Seite 174 24 Maresch, Doris und Hans: Sehenswertes Thüringen. Burgen und Schlösser. Erfurt 1996, Seite 226 25 Kühn, Bodo: Ältester Ort des Kreises Weimar ?. In: Thüringer Tageblatt vom 21.6.1986, o. S. 26 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 174 27 Kühn, Bodo: a.a.O., o. S. 28 o. V.: Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 306 06.09.1913, o. S. 29 Kahl Wolfgang, 1996: Ersterwähnung Thüringer Städte und Dörfer bis 1300, Verlagshaus Erfurt, S. 69 (Quelle Mainzer Urkundenbuch), S. 68 30 Kühn, Bodo: a.a.O., o. S. 31 o. V.: Unterwegs im Tal der Ilm. Wissenswertes und Informatives für Touristen und Einheimische. Hrsg. MFB Verlagsgesellschaft Eisenach mbH. Eisenach 1998. Seite 61 32 Salzmann, Manfred: Weimarer Schriften zur Heimatgeschichte und Naturkunde. Der Landkreis Weimar. Heft 42, Hrsg. Stadtmuseum Weimar. Weimar 1982

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Eine in Stein gemeißelte Primärquelle befindet sich im Schacht des ca. 90 m tiefen Brunnens. Hier soll in ca. 5 m Tiefe die Jahreszahl 1151 in lateinischen Buchstaben (MCLI) 33 in einen Stein der oberen Brunnenausmauerung gehauen sein. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage muss noch überprüft und dokumentiert werden. Lehfeld 34 , dessen Heft über Tonndorf 1893 erschien, beschreibt ein heute nicht mehr existierendes, viereckiges romanisches Brunnenhaus. (s. Abb. rechts)

Zu Beginn seiner Geschichte war das

heute als Schloss Tonndorf bezeichnete Abb. 13: Der Schlosshof um 1893; vorn rechts das Brunnenhaus Objekt eine mittelalterliche Herrenburg.

Die Behauptung von SALZMANN 35 , Schloss Tonndorf wäre ursprünglich eine Wasserburg gewesen, muss aufgrund der Lage des Schlosses auf einer Anhöhe und des anstehenden ungünstigen, weil porösen Kalkgesteins, bezweifelt werden. Weiter fehlt die nötige Wasserquelle zum Unterhalten eines Wassergrabens dieser Dimension.

Die Burg Tonndorf war offensichtlich Bestandteil der mittelalterlichen Burgenkette, welche sich entlang der Ilm in Nord-Südrichtung erstreckt. Diese Burgen an der Ilm stellten hinter den Saale-Burgen ein zweites Burgwallsystem als Bollwerk gegen die östlich siedelnden Slawen dar.

33 Maresch, Doris und Hans: a.a.O., S. 226 34 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 178 35 Salzmann, M.: a.a.O., S. 84

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2.2.2 Die erste Mainzer Herrschaft (1235-1345)

Die ersten nachweißlichen Burg- oder Schlossherren waren die Grafen von Orlamünde, die unter der Lehenshoheit des Erzstiftes Mainz auf Schloss Tonndorf herrschten. 36

MARESCH 37 weißt anhand einer Urkunde aus dem Jahr 1248 die Herrschaft der Grafen auf Schloss Tonndorf nach. KÜHN 38 datiert die erste urkundliche Erwähnung des Schlosses als castrum Tondorff in dieses Jahr.

Im Jahr 1235 39 verpfändete der Graf von Orlamünde Tonndorf an die Burggrafen von Kirchheim, deren Stammsitz auf dem Hausberg bei Jena lag. Dies geschah gegen den Willen des Mainzer Kurfürsten, welcher der Lehnsherr von Tonndorf war. Daher wurden im Jahr 1277 40 Beamte von Mainz eingesetzt.

Im Jahr 1284 wurde Tonndorf als Tuntdorf und im Jahr 1297 als Tuncdorf bezeichnet. 41

Auf Drängen von Mainz entsagen im Jahr 1287 die Burggrafen ihren Ansprüchen auf Schloss Tonndorf, worauf es wieder an die Grafen von Orlamünde zurückfällt. 42

In der Zeit des 12. Jahrhunderts soll Schloss Tonndorf folgendermaßen ausgesehen haben: Das ursprüngliche Burggelände hatte, wie auch heute noch zu erkennen ist, die Form eines unregelmäßigen Fünfeckes und wurde durch eine , die innere Mauer begrenzt.

Inmitten des Burghofes befand sich der Brunnen. Außerdem soll es neben diesem Ziehbrunnen noch drei Zisternen zur Wasserversorgung, weiterhin zwei Wohnhäuser, unterkellerte Pferdeställe, separate Scheunen und eine Backstube sowie ein Badehaus unweit der Zugbrücke gegeben haben 43 .

Der Zugang zur Burg befand sich vermutlich auch damals schon in der Mitte der östlichen Ringmauer.

36 Kühn, Bodo: a.a.O., o. S. 37 Maresch, Doris und Hans: a.a.O., S. 226 38 Kühn, Bodo: a.a.O., o. S. 39 ebenda 40 ebenda 41 Maresch, Doris und Hans: a.a.O., S. 226 42 o. V.: Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 306 06.09.1913, o. S.

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Die Burg wurde in Nord-, Ost- und Südrichtung durch einen natürlichen Abhang und von Westen her durch den künstlich angelegten Graben geschützt 44 .

Die romanische Baugeschichte lässt sich heute noch am Bergfried, am Brunnen und dem nördlichen Abschnitt der inneren Mauer nachweisen. Die unteren zwanzig Meter des Bergfriedes mit einem Rundbogenfenster über dem Eingang stammen aus dieser Zeit. In diesem Bereich beträgt die Mauerstärke 3,70 m.

Dieser Teil des Turmes zeichnet sich durch die Verwendung von mächtigen, sehr präzise gearbeiteten Buckelquadern für das Mauerwerk aus. (Ähnliche Gestaltungen der Maueroberfläche finden sich z. B. am Turm des Kranichfelder Oberschlosses oder auch am noch erhaltenen Stumpf des Bergfriedes der Wasserburg .)

Der runde Brunnenschacht aus romanischer Abb. 14: unterer Teil des Bergfriedes

Zeit ist ebenfalls noch heute auf dem Schloss- gelände vorhanden.

Die gesamte Anlage, insbesondere der Brunnen lassen aufgrund ihres Aufbaus, der gleichen Entstehungszeit unter der selben Herrschaft deutliche Parallelen zur Mühlburg erkennen 45 .

43 o.V.: O, Schloß auf Bergeshöhn... In: Abendpost Nr. 189. Erfurt 21.8.1948, o. S. 44 Kühn, Bodo: a.a.O., o. S. 45 Aussage Udo Hopf (Historiker), Gotha

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2.2.3 Die Erfurter Herrschaft (1345-1590)

2.2.3.1 Tonndorf fällt in Erfurter Hände

In den Jahren 1342-45 tobte der Thüringer Grafenkrieg. Im Verlauf dieses Krieges, während der Fastenzeit des Jahres 1345 46 , eroberten Erfurter Truppen Schloss Tonndorf. Mainz behielt aber zunächst weiterhin die Lehenshoheit über das Schloss.

1347 47 verpfändete der Kurfürst von Mainz außer der Lehenshoheit alle übrigen Rechte widerruflich an Erfurt. Nach anderen Quellen 48 ,49 erfolgte diese Verpfändung bzw. Verleihung im Jahr 1351, bzw. erst 1353 50 . Bienert schreibt von einem Erwerb des Schlosses durch die Stadt Erfurt im Jahre 1355 und dessen Besetzung mit städtischen Soldaten. 51 Das in der Folgezeit von den Erfurtern gegründete Amt Tonndorf umfasste neben Tonndorf noch die Orte Nauendorf, Tiefengruben, Gutendorf, Klettbach, die Wüstungen Hesselborn sowie Wilden- oder Wetterode, Teile von Hohenfelden und Meckfeld 52 .

Während der Erfurter Herrschaft wurde Schloss Tonndorf stark ausgebaut und befestigt, um die wichtige so genannte „Böhmische Handelsstraße“ 53 zu sichern. Die Straße, die von Erfurt nach Saalfeld und weiter bis nach Prag führte, war für den Waidhandel außerordentlich bedeutungsvoll. In anderen Quellen ist von der so genannten „Salzstrasse“, welche von Hamburg über Erfurt nach Süddeutschland führte die Rede 54 . Auch zum Schutz des ausgedehnten Erfurter Landgebietes, an dessen Grenze es sich befand, war Schloss Tonndorf wichtig 55 .

Während des Thüringischen Bruderkrieges lagen im Jahre 1448 einige Zeit böhmische Söldner auf dem Schloss, die zur Unterstützung herbeigerufen worden waren. Sie richteten während ihrem Quartier auf dem Schloss erheblich Schaden an.

46 Maresch, Doris und Hans: a.a.O., S. 226 47 ebenda 48 Wohlleben, J.: Schloß Tonndorf. In: Heimatbuch des Landkreises Weimar. o. O. 1925, Seite 49-50 (Kopien dieser Seiten im Stadtarchiv Erfurt) 49 Salzmann, Manfred: a.a.O., S. 84 50 o. V.: O, Schloß auf Bergeshöhn... In: Abendpost Nr. 189. Erfurt 21.08.1948. o. S. 51 Bienert T.: a.a.O., S. 362 52 Lehfeldt, P.: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Sachsen. Weimar. Eisenach. Band 1. Jena 1893, Seite 175 53 Gr. A.: Vom Grenzwächter zur Heilstätte. Schloß Tonndorf 800 Jahre alt. In: Thür. Tagebl. Nr. 173 06.08.1951, o. S. 54 Klappe W.: a.a.O., S. 2

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2.2.3.2 Die Bautätigkeit der Erfurter Amtleute

Mehrere erhaltene, detaillierte Baurechnungen 56 aus der Zeit von 1358-1417 zeugen von den massiven Um- und Ausbauarbeiten auf dem Schlossgelände. Im folgenden wurden die wichtigsten Baumaßnahmen chronologisch aufgelistet.

1357 - Neubau eines Hauses. 1359 - Säubern der Burggräben, - erneuern der drei Zisternen, - Neubau eines Backofens. 1360 - Erhöhung des Turmes. 1361 - Ausbesserung des Turmes, - Anbau von Erkern. 1363 - Anbringung von Zinnen. 1371 - Ausbessern von Ställen und Dächern. 1375 - Neubau eines Backhauses und einer Speiskammer, - Neubau einer Kapelle, - Aufrichten einer Blide. 1376 - Einbringen eines Estrichs in die Kemenaten, - Säubern des Grabens, - Neubau und Ausbesserung einer Zinnenmauer, - Aufrichten von Bliden. 1377 - Neubau von Kemenaten. 1378 - Erneuerung der Brücke, - Bau eines Erkers vor der Brücke, - Ausbesserung der Badestube nahe der Brücke, - Ausbesserung des Brunnens, - Einrichtung eines Pferdestalles über dem Keller, - Anbau von Erkern auf der Mauer. 1380 - Ausbesserung des Turmes und der Brücke. 1381 - Neudeckung des Turmdaches. 1383 - Verlängerung der Burgmauer, - Neudeckung eines Daches.

55 o. V.: O, Schloß auf Bergeshöhn... In: Abendpost Nr. 189. Erfurt 21.08.1948. o. S. 56 Jaeger, J.: Baurechnungen von Tonndorf und Mühlberg 1358 – 1417. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Alterthumskunde von Erfurt. Zwölftes Heft. Hrsg. Selbst- Verlag des Vereins. Erfurt 1885, Seite 231-236

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1385 - Decken und Ausbessern von Erkern und Dach. 1386 - Verlängerung der Mauer. 1389 - Neubau eines Hauses. 1390 - Neubau eines Stalles. 1395 - Neubau einer Warte und einer Hütte vor dem Schloss. 1387 - Einbau von neuen Fenstern, - Neubau eines Zaunes, - Ausbesserung der Mauern. 1398 - Graben eines neuen Brunnens. 1400 - Neudeckung des Turmes. 1401 - Vertiefung des Brunnens um 24 Ellen, - Neubau eines Kellers, - Neubau von Scheunen und Ställen. 1402 - Bau eines Brunnenhauses. 1403 - Neubau eines Backofens, - Erneuerung des Brunnenrades, - Neubau einer Brücke, - Anlegen eines neuen Grabens. 1405 - Ausbesserung der Ställe. 1407 - Neubau eines Zaunes. 1410 - Neubau einer Brücke. 1412 - Anlegen eines Grabens, - Ausbesserung der Kemenaten, - Neubau einer Stube, - Bau eines Vorwerkes.

Erfurter Amtleute werden erstmals im Jahr 1377 in Tonndorf erwähnt, so SALZMANN 57 . Im

Gegensatz hierzu notierte LEHFELD T58 einen Erfurter Amtmann namens Berthold Cloz in das Jahr 1304 59 . „Einer von Berlstede“ 60 war 1409 Amtmann auf Tonndorf. In den Jahren 1413-1432 waren „Mehrere von Heitingsberg (dem heutigen )“ 61 die Amtleute im

57 Salzmann, Manfred: a.a.O., S. 84 58 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 178 59 Anmerkung: vermutlich liegt hier bei Lehfeldt ein Schreibfehler vor. Da die Erfurter erst in der Mitte des 14. Jh. die Herrschaft auf Schloss Tonndorf übernommen haben, kann die Jahreszahl eigentlich nur 1404 heißen 60 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 178 61 ebenda

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Schloss. Aus der gleichen Quelle ist zur Baugeschichte zu erfahren, dass der Bergfried bei der eben erwähnten Erhöhung im Jahr 1360 um ca. acht Meter aufgestockt wurde. Die damalige Turmhöhe markiert sich heute als zweiter Absatz im Mauerwerk 62 (). Im Jahr 1466 nahm ein „Graf E. von Gleichen“ 63 den Posten als Amtmann ein.

Nördlich der Toreinfahrt wurde im Jahr 1487 eine neue Kapelle gebaut. In Form eines 40-tägigen 64 Ablasses ist die Kapelle von Bischof Berthold geweiht worden. Eine andere Quelle datiert dies auf das Jahr 1455 65 . Ob sich diese Kapelle an der gleichen Stelle befunden hat wie der erwähnte Vorgängerbau aus dem Jahr 1375, ist ungewiss.

LEHFELDT 66 beschreibt eine weitere Bauphase für die Zeit des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts.

Vor allem der heute noch in seiner äußeren Form bestehende rechteckige Bau an der Ostseite rechts und links des Haupttores stammt aus dieser Zeit. Weiterhin die östliche Hälfte vom Südflügel des Schlosses, welche an den Ostflügel anstößt und ursprünglich zum Hof zu rechteckig vorgesprungen ist. Außerdem die Erhöhung der Ringmauer bei gleichzeitigem Einbau von Schießscharten, eine weitere Erhöhung des Bergfriedes um zehn Meter (s. Abb.: Querschnitt des Bergfriedes, S. 56). Bei dieser Baumaßnahme sind die heute noch vorhandenen Fensteröffnungen im obersten Geschoss des Turmes eingebaut worden. Eine wesentliche bauliche Verstärkung des Objektes stellt die Errichtung einer zweiten (der äußeren) Ringmauer um die ursprüngliche Burganlage dar. Infolge dieser Maßnahme befand sich nun der Burggraben zwischen der alten inneren und der neuen äußeren Ringmauer. Über den Graben führte eine hölzerne Zugbrücke an der Ostseite schräg vom Haupttor zu einem damals in der neuen äußeren Ringmauer befindlichen Spitzbogentor. An der Westseite wurde außerdem ein äußerer Graben angelegt.

Auf der Internetseite der Gemeinde Tonndorf 67 ist von der Anlage eines kleinen Einganges an der Südseite des Vorhofes in dieser Zeit die Rede. Dieser Vorhof wurde jedoch laut Lehfeldt 68 erst im 18. Jahrhundert angelegt.

62 s. Abb.39 u. 40:, S. 57 63 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 178 64 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 65 Klappe W.: a.a.O., S. 4 66 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 178 f. 67 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html

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2.2.3.3 Das Ende der Erfurter Herrschaft

Ende April des Jahres 1525 wurde, im Verlauf des Bauernkrieges, die Schlossanlage durch Aufständische aus der Tonndorfer Umgegend erstürmt 69 . Es wird beschrieben, dass die eingesetzten bäuerlichen Wächter während der Nacht „... gar übel oben hausten“ 70 . Der Aufstand wurde niedergeschlagen und vier der Anführer, unter ihnen auch der Tonndorfer Hans Beck(e), hingerichtet. 71 Er wurde am 25.August 1525 in Melchendorf enthauptet. Für das Jahr 1578 72 wird ein Amtmann Gebhard auf dem Schloss erwähnt. Die für die Erfurter strategisch sehr wichtige Herrschaft auf Schloss Tonndorf währte noch bis ins Jahr 1590 73 . In diesem Jahr forderte der Mainzer Kurfürst Wolfgang das seit Mitte des 14. Jahrhunderts an die Erfurter verliehene Schloss Tonndorf zurück. Damit endete die fast 250 Jahre währende Herrschaft Erfurts über das Schloss.

Abb. 15: „“ von Gerhard Mercator, o.J. (ca.1590)

68 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 69 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 70 o. V.: Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 306 06.09.1913, o. S. 71 Maresch, Doris und Hans: a.a.O., S. 226 72 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 73 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49

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2.2.4 Die erste Herrschaft des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach (1590- 1665)

2.2.4.1 Tonndorf fällt in die Hände des Großherzogtums

Im September des Jahres 1590 teilte Kurfürst Wolfgang von Mainz dem Erfurter Rat mit, dass er das im 14. Jahrhundert von Mainz an Erfurt verpfändete Amt Tonndorf wieder einlösen werde. Erfurt weigerte sich vehement, seine, besonders für den Handel wichtige Besitzung, wieder herauszugeben. Weil der Kurfürst Wolfgang kein Interesse an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Erfurt hatte, trat er als Ergebnis der Streitigkeiten seine Hoheitsrechte für Tonndorf an das Herzogtum Sachsen ab 74 .

Am 2.12.1592 75 nahm Herzog Friedrich Wilhelm I. von Weimar das Amt Tonndorf gewaltsam in Besitz. Amtmann Christoph Apell schrieb darüber an den Erfurter Rat, wie tapfer er sich gegen die Erstürmung des Schlosses gewehrt habe und dass er nun in „ harter Verstrickung gehalten werde“ 76 . Den Erfurtern gelang es nach dieser Besetzung nicht, das Schloss wieder zurückzuerobern.

2.2.4.2 Die Bautätigkeit der Amtleute des Großherzogtums

Das Schloss wurde auch in Weimarer Hand als Amtssitz genutzt. Im Jahre 1595 77 wurde im westlichen Teil des Schlosshofes ein Amtshaus gebaut. Drei Jahre später, 1598, entstanden erhebliche Schäden an der Schlossanlage durch einen Brand 78 . Welche Gebäudeteile vom Schloss betroffen waren, ist nicht überliefert.

Für das Jahr 1603 bezeichnete LEHFELDT 79 den Amtmann Wilhelm von Draxdorf als

Nutzer des Schlosses. Demgegenüber betitelte WOHLLEBEN 80 den Amtmann als Herr Wolf Philipsen von Draadorf .

Bis zum Jahr 1603 war das Schloss unter sächsischer Herrschaft. Ab diesem Zeitpunkt bleibt es 32 Jahre lang bis 1635 81 unter gemeinsamer, weimar´scher und

74 o. V.: Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 306 06.09.1913, o. S. 75 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 76 o. V.: Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 306 06.09.1913, o. S. 77 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 78 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 79 ebenda 80 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49-50 81 o. V.: O, Schloß auf Bergeshöhn... In: Abendpost Nr. 189. Erfurt 21.08.1948. o. S.

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altenburg´scher Herrschaft. Ab dem Jahr 1635 wurde es dem Erbteil von Herzog Wilhelm von Weimar 82 zugeschlagen. 5 Jahre später gelangte das Schloss durch Erbteilung unter gotha´sche Herrschaft. 83

Aus dieser Zeit (1640) stammt die Tuschezeichnung (Feder und Pinsel) aus dem Thüringischen Staatsarchiv Gotha 84 .

Auffallend sind im Gegensatz zum heutigen Dach der damalige Renaissance -Stil mit den typischen Zwerchgiebeln und Schleppgauben. Außerdem liegt vor dem Tor, auf dem Gelände des heutigen Vorhofes ein Ravellin, vermutlich aus dem Dreißig- jährigen Krieg 85 .

Abb. 16: Schloss Tonndorf um 1640 2.2.5 Die zweite Mainzer Herrschaft (1665-1815)

2.2.5.1 Mainz gewinnt die Herrschaft über Tonndorf zurück

Im Jahre 1665 86 , im Verlauf der Leipziger Recesse, wurde Schloss Tonndorf nach über drei Jahrhunderten wieder den Mainzer Kurfürsten zugesprochen. Daraufhin gelangte es am 21.06.1680 87 per Vertrag in den Besitz des Mainzer Kurfürsten Anselm-Franz von Ingelheim . Die von Kurmainz an Gotha zu entrichtende Einlösesumme betrug 5177 Gulden 88 . Der neue Eigentümer des Schlosses wurde ein Jahr zuvor, am 7. November 1679, zum Fürstbischof von Mainz geweiht. Ingelheim war somit gleichzeitig Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Er starb am 30. März 1695 89 ,90

82 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 83 ebenda 84 o.A., 1997: Gothaisches Jahrbuch, 1. Aufl., Hain Verlag Rudolstadt & Gotha, S. 84 85 Aussage Udo Hopf (Historiker), Gotha 86 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 87 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 88 o. V.: Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 306 06.09.1913, o. S. 89 http://www.hoeckmann.de/geschichte/mainzbischof.html 90 http://www.wein-sekt-vertrieb-windgassen.de/das_weingut.html

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2.2.5.2 Die Bautätigkeit unter Ingelheim

Nachdem Kurmainz die Herrschaft wieder übernommen hatte, begann eine rege Bautätigkeit auf Schloss Tonndorf. Wichtige Baumaßnahmen 91 werden im folgenden genannt. Das heute noch bestehende Torhaus des Schlosses mit zwei Kreuzgewölben in der Durchfahrt und jeweils einem Rundbogenportal an der Außen- und der Hofseite wurde errichtet. Das Portal an der Außenseite des Torhauses wurde mit umlaufenden Diamantquadern sowie einem Kettenfries verziert. Über dem Portal sind links und rechts Öffnungen mit Laufrollen für die Seile der Zugbrücke angelegt worden. In der Mitte über dem Portal wurde ein schmaler und attikaartiger Aufsatz, in dessen Zentrum sich die Wappen von Mainz und des Erzbischofs Anselm- Franz von Ingelheim befinden, angebracht. Im Deck- und Fußgesims dieses Aufsatzes befinden

sich zwei Inschriften in Form eines Chronogramm-es mit folgendem Wortlaut: Abb. 17: Rundbogenportal an der Außen- seite

„QVO TER CENTVM ANNIS CARVIT MOGVNTIA TONDORFF REDDIDIT HOC PRINCEPS ANSELMVS NATVS AB INGLEIM (!)

(Drei Jahrhunderte lang blieb Tonndorf ferne den Mainzern, Bis es der Fürst Anselm von Ingelheim ihnen zurückgab) ...

TRE CENT IS ANN IS OPP IGNORATA SATRAP IA TON DORFF REST ITVI TVR ANSE LMI REGENT IS IV RIBVS

(Die durch dreihundert Jahre verpfändete Statthalterschaft Tonndorf kehrt in den rechtmäßigen Besitz des Fürsten Anselmus zurück) 92

Addiert man die groß gedruckten Buchstaben in ihrer Bedeutung als römische Ziffern ergibt sich die Jahreszahl 1680 93 . Diese Gestaltung des Eingangsportals ist bis heute erhalten geblieben.

91 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 92 ebenda S. 179 93 die römischen Ziffern: I=1; V=5; L=50; C=100; D=500; M=1.000

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Weiterhin wurde ein Rundbogentor in die äußere Zwingmauer gebaut, welches über eine Zugbrücke mit dem Hauptportal verbunden war. Aus dieser Zeit des Barock existierte laut LEHFELDT 94 um 1893 noch einiger architektonischer Schmuck in der erneuerten Kapelle, so zum Beispiel eine runde Nische mit Muschelverzierungen über dem Ausgussbecken. Im Jahr 1681 95 wurde das Amt Kranichfeld mit dem Amt Tonndorf vereinigt. Die nächste Information zum Schloss stammt aus dem Jahr 1683 96 . Zu dieser Zeit soll der Mainzer Stadthalter samt Gefolge wegen der Pest in Erfurt auf Schloss Tonndorf geflohen sein. Im Jahr 1690 wurde Schloss Tonndorf als „ Sitz der Vogtei des Mainzer Erzstiftes zu Erfurt“ 97 bezeichnet. Diese Behörde verwaltete die Einkünfte aus Tonndorf, Meckfeld, Klettbach, Tiefengruben, Gutendorf und Hohenfelden.

2.2.6 Veränderungen und Ereignisse im 18. Jahrhundert

Vom Jahre 1701 bis zum Jahr 1816 98 war Schloss Tonndorf der Sitz des Justiz- und

Rentenamtes. LEHFELDT 99 berichtete von einem beginnenden Verfall des Schlosses im 18. Jahrhundert. Allerdings sind auch größere bauliche Veränderungen am Schloss aus dieser Zeit bekannt. So erhielt der Bergfried im Jahr 1763 100 ein neues Dach. Das heißt, der verloren gegangene, alte Turmhelm wurde durch eine kegelförmige Haube mit aufgesetzter Schweifkuppel ersetzt. Weiterhin ist aus dieser Zeit die Anlage eines ummauerten Vorhofes vor der östlichen äußeren Burgmauer überliefert. Dieser Vorhof wurde mit flachbogigen Toren in der Mitte der Ost- und am westlichen Ende der Südmauer versehen. 101

Die Errichtung der heute noch vorhandenen festen Steinbrücke anstelle der alten hölzernen Zugbrücke am Eingang des Schlosses kann wohl ebenfalls in das 18. Jahrhundert 102 datiert werden. Obwohl auf einem Brüstungsstein an der Südseite der

Brücke die Jahreszahl 1773 zu finden ist, datierte LEHFELDT 103 die Umwandlung der Zugbrücke in eine feste Steinbrücke erst in das 19. Jahrhundert.

94 Lehfeldt, P.: a.a.O., S.179 95 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 96 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 97 Köber, H.: Burg Tonndorf Band II. Nachtrag. Erfurt 1950, o. S. 98 ebenda, o. S. 99 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 100 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 101 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 102 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html. 17.09.02 103 Lehfeldt, P.: a.a.O., S.179

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2.2.7 Die zweite Herrschaft von Sachsen-Weimar-Eisenach (1815-1894)

2.2.7.1 Das Großherzogtum gewinnt Tonndorf zurück

Nach den siegreichen Befreiungskriegen gegen die napoleonische Fremdherrschaft wurde im Jahre 1815 104 das Amt Tonndorf, nachdem es um weitere 8 Orte vermehrt wurde, im Wiener Kongress erneut dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach angegliedert. In diesem Jahr sollte die letzte Epoche des Schlosses als landesherrlicher Besitz eingeläutet werden.

Zuvor soll sich Napoleon I. im Jahr 1806 105 , nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt, auf Schloss Tonndorf aufgehalten haben. Ein weiteres Mal weilte Napoleon im Jahr 1813 106 nach seiner Niederlage in der Völkerschlacht zu Leipzig auf dem Schloss.

2.2.7.2 Veränderungen und Ereignisse im 19. Jahrhundert

Im Jahr 1814 107 besucht Johann Wolfgang von Goethe das Schloss. Danach, im April und September 1816 108 , verweilte er als Minister mit seinem Großherzog Karl August und dessen Gemahlin auf dem Schloss. Die Herrschaften wurden feierlich empfangen. Festlich geschmückte Kinder bildeten eine Doppelreihe von der Einfahrt bis zum Schloss. 109

Über viele Jahre pflegte Goethe Kontakte zum Tonndorfer Spielkartenfabrikanten August Friedrich Dreyssig, den er 1814 bei einer Badekur in Berka kennen lernte. Dreyssig beschäftigte sich etwa seit 1790 mit Blumenzucht und richtete eine Garten- anlage ein, in der zunächst Levkojen gezüchtet wurden. Nach der Zerstörung seiner Fabrik in den Kriegswirren 1806 wandte sich Dreyssig ganz und gar der Gärtnerei zu und eröffnete ein Handelsgeschäft.

Um 1810 war der „Blumist“ Dreyssig weithin als erfolgreicher Blumenzüchter bekannt, der sich besonders um die Kultur einzigartig gefärbter Hortensien verdient machte. Als erster deutscher Gärtner veredelte Dreyssig Dahlien (Georginen), die erst wenige Jahre vorher von Alexander von Humboldt nach Deutschland gebracht worden waren.

104 Lehfeldt, P a.a.O., S. 179 105 o. V.: O, Schloß auf Bergeshöhn... In: Abendpost Nr. 189. Erfurt 21.08.1948. o. S. 106 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 107 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 108 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 109 Klappe W.: a.a.O., S. 5

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Nach dem Tode Dreyssigs führte seine Frau dessen Lebenswerk sachkundig weiter und pflegte auch weiterhin Kontakte zu Goethe. 110 Im Jahr 1816 wurde das Amt Tonndorf mit dem Amt Berka 111 vereinigt. Zwei Jahre später 112 ist das bisherige Amt Tonndorf nach Berka an der Ilm (Bad Berka) verlegt worden. Daraufhin zog der letzte Tonndorfer Amtmann Dr. Anton Apell mit seinem gesamten Gefolge von Schloss Tonndorf nach Berka. In zwei anderen Quellen 113 ,114 wird die Auflösung des Tonndorfer Amtes erst für das Jahr 1819 notiert.

Im Jahre 1836 soll der kleine Eingang an der Südseite des Vorhofes umgebaut worden sein 115 .

Aus dem Jahre 1852 116 ist bekannt, dass die Turmhaube repariert werden musste. Diese Reparaturarbeiten wurden vom Großherzoglichen Rentamtmann Hayn geleitet, Amtszimmermann Störl führte die Arbeiten aus. Diese Notiz fand sich im Turmknopf des Tonndorfer Bergfriedes. Darin ist weiterhin vermerkt, dass ältere Dokumente zur Geschichte von Schloss Tonndorf, welche sich früher im Turmknopf befanden, durch Blitzschlag zerstört wurden.

Nachdem der Amtssitz aufgelöst wurde, ist die Schlossanlage im 19. Jahrhundert teilweise dem Verfall preisgegeben worden. Dennoch kann aufgrund von Umnutzungen über Baumaßnahmen aus dieser Zeit berichtet werden. So wurden im inneren Burghof mehrere Nebengebäude wie z. B. Scheunen in Fachwerkbauweise errichtet. Dabei sind auch Teile der inneren westlichen und nördlichen Burgmauer beim Bau dieser Nebengebäude mit einbezogen worden. 117

Von dem Jahr 1816 bis ins Jahr 1893 diente das Schlossgelände dem großherzoglichen Revierförster als Wohnung. Daneben wurde das Anwesen mehrmals kurzzeitig als Kaserne genutzt. 118

Um 1893 119 , gegen Ende der Herrschaft des Großherzogtums, war das Schloss schon teilweise zur Ruine verfallen.

110 Müller Karla, 1999: „Thüringen kreuz und quer durchwandernd...“ – Goethe über Städte, Dörfer und Landschaften seiner mitteldeutschen Heimat, o.S. 111 Köber, H.: a.a.O., o. S. 112 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 113 o. V.: Unterwegs im Tal der Ilm. Wissenswertes und Informatives für Touristen und Einheimische. Hrsg. MFB Verlagsgesellschaft Eisenach mbH. Eisenach 1998. Seite 61 114 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 115 Klappe Walter: a.a.O., S. 7 116 Köber, H.: a.a.O., o. S. 117 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 118 Köber, H.: a.a.O., o. S.

- 39 - Diplomarbeit Freiraumplanung SS 04 Bestandsanalyse und Entwurfsplanung der Freianlagen von Schloss Tonndorf

2.2.8 Familie Rauchfuß (1894-1919)

Im Herbst des Jahres 1894 120 wurde das sehr desolate Schloss Tonndorf von der Großherzoglichen Regierung für 50.000,- Mark verkauft und gelangte dadurch in Privatbesitz. Der neue Eigentümer war Herr Hermann Rauchfuß aus Metz .

Herr Rauchfuß war Hauptmann und Compagnie-Chef im Infanterieregiment Graf Bosa. Das Schloss sollte ihm und seiner Familie als Wohnung dienen. Bis ins Jahr 1919 lebte die Familie Rauchfuß auf dem Schloss. Während dieser Zeit wurden deren Kinder Hermenfried (*1896), Wilhelm (*1898) und Hermonerich (*1901) geboren. 121

Am 7. Dezember des Jahres 1894 wurde mit umfangreichen Umbauarbeiten am Schloss begonnen, die am 15. April des Folgejahres abgeschlossen waren. Die Baukosten beliefen sich auf 25.000,- Mark. 122

Mit der Leitung der Umbaumaßnahmen wurde der Architekt und Bauunternehmer Reinhold Röhr aus Berka an der Ilm 123 beauftragt. Es wird beschrieben, dass „unter dessen fachmännischer Leitung das Innere und Äußere des Schlosses geschmackvoll und zeitentsprechend ausgeführt wurde.“ 124 Es kann als gesichert gelten, dass unter Leitung des Architekten das Dach des, aus dem 16. Jahrhundert stammenden, ehemaligen Amtshauses im Westteil des inneren Schlosshofes entfernt worden ist. Die Grundmauern dieses Gebäudes wurden, dem historisierenden Geschmack der Zeit entsprechend, als Ruine stehen gelassen (heutiger Hexenkeller).

Das Bild zeigt das Schloss noch mit dem westlichen Seitenflügel als großem Amtshaus, das 1895 unter Rauchfuß weichen musste.

Abb. 18: Schlossansicht vor 1895

119 Lehfeldt, P.: a.a.O., S. 179 120 Köber, H.: a.a.O., o. S. 121 Köber, H.: Burg Tonndorf Band II. Nachtrag. Erfurt 1950, o. S. 122 ebenda 123 ebenda 124 ebenda

- 40 - Diplomarbeit Freiraumplanung SS 04 Bestandsanalyse und Entwurfsplanung der Freianlagen von Schloss Tonndorf

Inwieweit sämtliche nachfolgend aufgeführten Baumaßnahmen bis zum bekannten Umbauende 1895 erfolgten, ist unbekannt. Als sicher gilt, dass an dem Schloss innerhalb des Besitztums der Familie Rauchfuß eine Reihe bauliche Veränderungen durchgeführt wurden:

Die Einfahrt an der Ostseite des Vorhofes erhielt ein neues Zinnenbekröntes Rund- bogentor. Über der Einfahrt wurde das steinerne Wappen der Familie Rauchfuß angebracht. Außerdem wurde der zu diesem Tor führende Zufahrtsweg zum Schloss verbessert und ausgebaut.

Es kam zum Abriss des aus dem 16. Jahr- hundert stammenden Amtshauses sowie der Nebengebäude im westlichen Flügel. Hierbei blieb der noch erhaltene tonnengewölbte Keller des Amtshauses, der sog. Hexenkeller, erhalten. Die durch den Abriss entstandene Lücke in der inneren Burgumfassung wurde durch eine zinnenbekrönte Mauer geschlossen. Abb. 19: Eingangsportal zum Vorhof

An der Südwestecke der inneren Ringmauer wurde ein zinnenbekröntes Ecktürmchen angebracht 125 . Eine andere Quelle 126 datiert die Errichtung dieses Ecktürmchens jedoch auf den Zeitraum zwischen 1919-1922.

Im Vorhof wurden neue Wohn- und Wirtschaftsgebäude 127 errichtet.

125 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 126 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 127 Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Thüringen. Hrsg. In Zusammenarbeit mit dem Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege. Berlin 1998. Seite 1234

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Rauchfuß ließ die Spitze des Bergfrieds erneuern 128 , nachdem am 3. Juli des Jahres 1903 129 der Blitz zweimal hintereinander in den Bergfried eingeschlagen hatte, wodurch die Schiefer- und Ziegeldeckung sowie Wetterfahne und Turmknopf beschädigt wurden.

Der Burgbrunnen, welcher zuvor als Ziehbrunnen mit großem Tretrad 130 bestanden hatte, wurde erneuert.

Im Jahr 1909 131 erhält Schloss Tonndorf einen Stromanschluss.

Im Schlossgebäude wurde ein neues Treppenhaus 132 eingebaut. Rauchfuß ließ die heute noch erhaltenen hölzernen Nischenbänke in den Wohnräumen der ersten Etage des Schlosses einbauen und die Fenster erneuern. 133

Für 1000 Mark, die Herr Rauchfuß der Gemeinde Tonndorf schenkte, wurde

eine „Kommunikationsstrecke“ 134 vom Abb. 20: Die Nischenbänke im Schlossgebäude Dorfrand bis zum Schlosseingang angelegt und chausseeartig mit Kastanienbäumen bepflanzt. Durch den jährlichen Hinzukauf von Wald und Ackerland vergrößerte Frau Wally Rauchfuß stetig das Grundstück ums Schloss. Sie nutzte diese Flächen zum Anpflanzen von Obstbäumen, um die stark vernachlässigte Obstwirtschaft in der Gegend wieder voranzutreiben. So wurden in den Jahren 1895-1903 135 ca. 1700 Obstbäume (vornehmlich Apfelbäume) gepflanzt.

128 Köber, H.: a.a.O., o. S. 129 ebenda 130 Köber, H.: a.a.O., o. S. 131 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 132 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 133 Köber, H.: a.a.O., o. S. 134 ebenda 135 ebenda

- 42 - Diplomarbeit Freiraumplanung SS 04 Bestandsanalyse und Entwurfsplanung der Freianlagen von Schloss Tonndorf

Am Berghang südlich des Schlosses sowie auf dem Bergrücken östlich des Schlosses sind heute noch Restbestände dieser Obstbäume vorhanden.

Abb. 21: Schloss Tonndorf zu Beginn des 20. Jhd.

2.2.9 Unternehmer W. Teusch (1919-1922)

Im Jahr 1919 wechselt erneut der Besitzer des Schlosses. Es wurde von Wally Rauchfuß an den Bergwerksbesitzer W. Teusch aus Karlsbad verkauft. 136 ,137

Der Unternehmer richtete auf dem Schlossgelände eine Geflügelzucht 138 ein und führte wiederum umfangreiche Umbauten am Schloss durch. So sind aus den Jahren 1919-1922 folgende bauliche Veränderungen bekannt:

Herr Teusch errichtet auf der Nordseite des Schlossgrundstückes einen drei Meter hohen Zaun, der heute nicht mehr existiert. An der Süd- und Westfront ließ er die noch vorhandene Betonsteinmauer mit Zaunsfeldern errichten.

136 o. V.: Aus der Chronik des Schlosses Tonndorf - Die Nutzung des Schlosses seit 1922. In: Exposé Schloss Tonndorf. DRK, Kreisverband Weimar e. V. 137 Köber, H.: a.a.O., o. S. 138 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html

- 43 - Diplomarbeit Freiraumplanung SS 04 Bestandsanalyse und Entwurfsplanung der Freianlagen von Schloss Tonndorf

Abb. 22: Südansicht des Schlossgrundstückes mit dem etwa drei Meter hohen Zaun

In das Schloss wurde eine Zentral- heizung eingebaut. Der Anbau einer großen Halle an den Südflügel des Schlosses bedingten den Abriss einiger Zimmer desselben und eines großen Teils der Hofmauer. Der Fußboden der neuen Halle musste durch Pfeiler gestützt

werden, welche durch die alten Abb. 23: Kellergewölbe mit den später eingebauten Stützpfeilern tonnengewölbten Kellerräume hindurch errichtet wurden. An diesen Schlosskomplex ließ Teusch einen Wintergarten mit einem oben liegenden Altan anbauen. Eine Quelle 139 datiert den Anbau des Ecktürmchens an der Südwestecke der inneren Ringmauer in diese Zeit. Da jedoch der Anbau eines zinnenbekrönten Ecktürmchens schon für die Rauchfußsche Zeit auf Schloss Tonndorf belegt ist, kann mit dieser Aussage vielleicht der Umbau des offenen Zinnentürmchens in sein heutiges Aussehen (geschlossen mit Dach und Fenstern) gemeint sein. Vermutlich aufgrund finanzieller Probleme sah sich der Bergwerksbesitzer Teusch nach Abschluss der Rohbauarbeiten 140 gezwungen, das Schloss wieder zu verkaufen.

139 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 140 Köber, H.: a.a.O., o. S.

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2.2.10 Die Gebrüder Gahlert (1922-1938)

Am 29. Oktober des Jahres 1922 verkauft Herr Teusch das Schloss an die Gebrüder Adolf, Anton und Willi Gahlert . Die Herren Gahlert waren Industrielle aus Baerenstein im sächsischen Erzgebirge.

Die Brüder trieben den von Teusch begonnenen Umbau des Schlosses weiter voran: Es erfolgte der Einbau von Parkett, Decken, Malereien und elektrischem Licht im Schloss. Die Umbauten waren im April 1923 141 beendet.

Abb. 24: Innenausstattung Anfang des 20. Jhd.

WOHLLEBEN 142 weist darauf hin, dass die Kapelle nördlich des Schlosseinganges zur Zeit der Gahlertbrüder noch gut erhalten war.

Die neuen Besitzer errichteten 300 Meter östlich der Schlossanlage eine Spitzenklöppel- fabrik 143 .

Aus dem Oktober des Jahres 1923 144 ist bekannt, dass, nachdem Tonndorf von Hindenburghusaren besetzt worden war, Tonndorfer Kommunisten zwei Tage lang im Bergfried eingesperrt waren. Im Jahr 1927 145 schlossen die Gebrüder Gahlert ihre Spitzenklöppelfabrik. Daraufhin standen die Fabrikgebäude mehrere Jahre leer.

Der zur Wasserversorgung des Schlosses genutzte Brunnen versiegte im Jahr 1933 146 , vermutlich aufgrund einer tiefen Brunnenbohrung im benachbarten Bad Berka. Daraufhin ließen die Schlossbesitzer den Brunnenschacht im Folgejahr um 20 Meter vertiefen. Diese Schachtarbeiten führte die Firma Etschel & Mayer aus Hof durch.

141 ebenda 142 Wohlleben, J.: a.a.O., S. 49 143 Köber, H.: a.a.O., o. S. 144 ebenda 145 Köber, H.: a.a.O., o. S. 146 ebenda

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In den nunmehr ca. 90 Meter tiefen Brunnenschacht wurde anschließend eine Unterwasserpumpe gehängt.

Im Jahre 1934 nutzten die Brüder Gahlert die leerstehenden Fabrikgebäude erneut indem sie eine Zwirnerei einrichten.

Aus dem Jahr 1936 147 ist überliefert, dass der Blitz erneut in den Bergfried einschlug. Daraufhin ist eine größere Reparatur an der Turmspitze durchgeführt worden.

2.2.11 Barmer Ersatzkasse (1938-1945)

Die Brüder Gahlert verkauften die Schlossanlage, nachdem sie durch Repressalien der nationalsozialistischen Regierung 148 in Finanznot geraten waren, im Jahr 1938 149 an die Barmer Ersatzkasse.

Die Barmer baute das Schloss in den Jahren 1939-40 150 umfangreich um, da sie es als Kinderkurheim nutzen wollte. Der großzügige, repräsentative Charakter der Räumlichkeiten des Schlosses und die Innenausstattung gingen dabei nahezu vollständig verloren, weil für die neue Nutzung kleinteilige Raumstrukturen gebraucht wurden. Die Wendeltreppe zwischen Küche und erster Etage wurde 1939 eingebaut. Zeitgleich musste die Treppe zum Keller erneuert werden und im Keller entstanden Waschräume. Auf halber Höhe zwischen Keller und Erdgeschoss wurde eine Heizanlage eingebaut. Die Küche musste, den neuen Ansprüchen entsprechend, als Großküche

Abb. 25: Waschraum im Keller

147 ebenda 148 o. V.: Aus der Chronik des Schlosses Tonndorf - Die Nutzung des Schlosses seit 1922. In: Exposé Schloss Tonndorf. DRK, Kreisverband Weimar e. V. 149 Köber, H.: a.a.O., o. S. 150 ebenda

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eingerichtet werden. Da es, wie auch heute, keinen Gasanschluß gab, erhielt Schloss Tonndorf eine der modernsten „Elektro-Küchen“ für die damaligen Verhältnisse.

Im Gebäude nördlich der Torfahrt wurden im ersten Obergeschoss Waschräume, Wohnräume für das Personal und eine Arztstation eingerichtet. 151

Die Kapelle wurde umgebaut. Hier wurden kleine Isolierzellen 152 für epidemisch Kranke eingebaut. Die gesamte Schlossanlage erhielt eine zentrale Wasserversorgung, welche aus dem Schlossbrunnen gespeist wurde. Dafür ist ein großer vernieteter Kessel als Wasserreservoir im Bergfried installiert worden. Für die Beseitigung des Abwassers wurde eine Frischwasser-Klärgrube mit Sickeranlage 153 im Burggraben gebaut.

In den ehemaligen Fabriksälen östlich des Schlosses richtete man Turn- und Gymnastikräume ein.

Südlich wurden die offenen Liegehallen 154 gebaut.

Abb. 26: nach Süden hin offene Liegehalle

Die Eröffnung des Kinderkurheimes fand im Jahr 1940155 statt.

1944 156 wurde das Schloss von der Barmer Ersatzkasse an die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt für Schulungszwecke verpachtet. Kurz darauf ist es als Lazarett genutzt worden. Am Ende des zweiten Weltkrieges, im Jahr 1945, wurde Schloss Tonndorf, nach der Besetzung des Schlosses durch die amerikanischen Truppen, als Unterkunft für einen Stab der amerikanischen Besatzungsmacht genutzt. Nach deren Abzug erfolgte die Besetzung des Schlosses durch sowjetische Truppen 1946. Anschließend sind ca. 100 Umsiedler im Schloss untergebracht worden. Danach diente es als Lazarett für die Sowjetsoldaten. 157

151 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 152 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 153 Aird, A.: Erläuterung zur Kläranlage für Schloss Tonndorf. 16. März 1939, o. S. 154 o. V.: Kinderheim Schloß Tonndorf. In: Deutschland Nr. 102 14.04.1940, o. S. 155 Köber, H.: a.a.O., o. S. 156 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 157 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html

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2.2.12 Veränderungen und Ereignisse in der DDR (1947-1989)

Im Jahr 1947 158 übernahm die Sozialversicherungsanstalt Thüringen das Schloss und richtete eine Silikose- und Tuberkuloseheilanstalt ein. Es wurde der Münchener Sophienheilstätte 159 angegliedert. Von der umfangreichen Einrichtung des Schlosses durch die Barmer Ersatzkasse war zu dieser Zeit ein Großteil zerstört oder verschwunden. Der landwirtschaftliche Betrieb, der früher die ökonomische Grundlage der Burgherrschaft war, wurde durch die Bodenreform zu Neubauernstellen aufgesiedelt. 160

Der Blitz schlug am 13. Mai 1952 161 erneut in den Bergfried ein und beschädigte ihn, sodass daraufhin Reparaturarbeiten durchgeführt werden mussten. Währenddessen wurde am 18. September der Turmknopf abgenommen, geöffnet und mit neuen Dokumenten zur Objektgeschichte versehen. Diese Schriftstücke belegen, dass zum Zeitpunkt der Reparatur das Schloss über die modernsten Einrichtungen verfügte und knapp 100 Patienten beherbergte, die von ca. 40 Angestellten betreut wurden.

Die Gahlertschen Fabrikgebäude östlich des Schlosses sind zu Patientenunterkünften umgebaut worden. 162 In den ehemaligen Fabrikräumen entstanden sechs Patientenzimmer und ein Aufenthaltsraum. An diesen Gebäudekomplex wurden Waschräume, eine Küche und ein Gang angebaut. 163

Die ärztliche Leitung der Heilanstalt hatte zu dieser Zeit Dr. med. Ladislaus Majunke 164 . Im Jahr 1963 165 wird Tonndorf an das zentrale Trinkwasserleitungsnetz angeschlossen.

Ab 1968 166 wurde das Schloss als Alten- und Pflegeheim genutzt. Seit dem 1. März dieses Jahres waren hier die 40 Altenheim-Insassen und 70 Pfleglinge untergebracht, welche früher im Erfurter Altenheim im Juri-Gagarin-Ring gewohnt hatten. Vorher wurde der gesamte Schlosskomplex renoviert. Über die Inneneinrichtung des Schlosses

158 Köber, H.: a.a.O., o. S. 159 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 160 Landkreis Weimarer Land, Moszner Karl: Burgen und Schlösser im Weimarer Land a.a.O, Seite 47 161 Köber, H.: a.a.O., o. S. 162 ebenda 163 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 164 Köber, H.: a.a.O., o. S. 165 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 166 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html

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wird berichtet, dass es in fast allen Ein- bis Fünfbettzimmern fließendes Wasser gibt. Außerdem waren in der großen Diele des Schlossgebäudes noch zwei 200 Jahre alte geschnitzte Schränke vorhanden, welche heute nicht mehr zu finden sind.

Nebenher wurde in der Zeit um 1968 167 auf dem Schlossgrundstück Garten- und Landwirtschaft zur Selbstversorgung betrieben. Außerdem wurden Meerschweinchen und Kaninchen für medizinische Zwecke gezüchtet.

1973 ist das Stallgebäude in der Nordostecke des Vorhofes zu einem Wohnhaus mit 4 Wohneinheiten (1- u. 5-Raumwohnung im Erdgeschoss, 3- u. 4-Raumwohnung im Dachgeschoss) umgebaut worden.

Im Jahr 1976 wird laut mündlicher Auskunft des derzeitigen Schlossverwalters Herrn Loris 168 das Dach des Bergfriedes mit der heute noch vorhandenen Kupferblech- deckung versehen. Davor war das Dach ein Ziegeldach.

Im Jahre 1985 erfolgten mehrere Neu- und Umbauten im Vorhof. Es wurde ein Löschwasserspeicher mit 150 m³ Fassungsvermögen angelegt. Außerdem ist die Heizungsanlage modernisiert worden. Ein Heizhaus mit langem Schornstein entstand nördlich des Eingangstores zum Vorhof.

2.2.13 Veränderungen und Ereignisse nach der Wiedervereinigung (1989)

Nach der politischen Wende und der Wiedervereinigung Deutschlands sind die Eigentumsrechte an Schloss Tonndorf im Jahr 1993 169 an die Barmer Ersatzkasse rückübertragen worden. Das Schloss wird daraufhin vom Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband Weimar e.V. als Senioren- und Pflegeheim 170 genutzt. In dieser Zeit werden moderne Ölheizungen sowohl im Schloss, als auch im ehemaligen Fabrikgebäude eingebaut.

Nachdem das DRK, Kreisverband Weimar e.V. in Weimar ein neues Seniorenheim gebaut hatte, wurde das Seniorenheim auf Schloss Tonndorf im Jahr 1997 171 aufgelöst und im Januar 1998 geräumt 172 .

167 o.V.: Am Lebensabend vorbildlich betreut und umsorgt. Das Feierabend- und Pflegeheim im Schloß Tonndorf – Neu hergerichtet und modern ausgestattet. In: Thür. Tageblatt Nr. 192 15.08.1968, o. S. 168 Herr Loris vom DRK-Kreisverband Weimar e.V. ist momentan als Verwalter des leer stehenden Schlosses tätig. 169 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html

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Seit dem Jahre 1997 wird die Schlossanlage nicht mehr genutzt und die gesamte Bausubstanz verfällt mit zunehmendem Tempo.

Die Dächer und Dachrinnen zeigen Schäden, Fensterscheiben sind kaputt, Putz und Farben bröckeln ab.

Die äußere Ringmauer zeigt Risse und Materialverluste.

Aufgrund der Tatsache, dass die Räume des Schlosses schon seit Jahren nicht mehr geheizt wurden, sind auch schon Schäden im Inneren des Schlosses erkennbar. Die Wasserleitungs- und Heizungsrohre sind an vielen Stellen im Schloss, aber auch unter der Brücke, aufgefroren.

Im Außenbereich erobert sich die Natur Abb. 27: Schäden im Anbau des Südflügels (Wintergarten) das Schlossgelände in rasantem Tempo mehr und mehr zurück.

Trotz jetzt schon mehrjähriger Verkaufsbemühungen durch das DRK, Kreisverband Weimar e.V., die einen Erfurter Immobilienmakler beauftragt hatte, konnte bisher kein Käufer für Schloss Tonndorf gefunden werden.

An diesem neuralgischen Punkt befindet sich die bisher so ereignisreiche Geschichte von Schloss Tonndorf heute.

170 http://www.gemeinde-tonndorf.de/kultur/schloss/schloss-dr.html 171 http://www.kranichfeld.de/portrait/daten/daten17.html 172 Moszner K., a.a.O.: Seite 47

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