Otto Schmidt (1888-1971): Gegner Hitlers Und Intimus Hugenbergs
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Otto Schmidt (1888-1971): Gegner Hitlers und Intimus Hugenbergs Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn vorgelegt von Maximilian Terhalle aus Berlin Bonn 2006 Gedruckt mit der Genehmigung der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn. Erstgutachter: Prof. Dr. Klaus Hildebrand Zweitgutachter: Prof. Dr. Joachim Scholtyseck Tag der mündlichen Prüfung: 24. Mai 2006 Diese Dissertation ist auf dem Hochschulschriftenserver der ULB Bonn: http:/hss.ulb.uni-bonn.de/diss_online elektronisch publiziert. Danksagung Unendlicher Dank gilt meinen geliebten Eltern. Ihnen habe ich es zu verdanken, daß ich mich auf diese doktorale Reise begeben durfte. Sie haben mich während der ganzen Zeit unentwegt und auf das herzlichste unterstützt. Sie haben mir das nämliche Brot und vieles mehr gewährt, was in seiner Grenzenlosigkeit kaum in Worte zu fassen ist. Disziplin, eiserne Disziplin, die Härte gegen sich selbst habe ich von Ihnen gelernt. Diese preußische Disziplin war das unersetzbare Movens, das diese Arbeit ermöglicht hat. Meinen Eltern möchte ich an dieser Stelle für Ihre liebevolle Ausdauer danken. Ihnen sei diese Doktorarbeit in Liebe gewidmet. Berlin, den 26. Mai 2006 Wir müssen den vergangenen Generationen das zurückgeben, was sie einmal besaßen, so wie jede Gegenwart es besitzt: die Fülle der möglichen Zukunft, die Ungewißheit, die Freiheit, die Endlichkeit, die Widersprüchlichkeit. Nipperdey, Th., 1933 und die Kontinuität in der deutschen Geschichte, in: ders., Nachdenken über die deutsche Geschichte. Essays, München 2. Aufl. 1986, S. 204 f. Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 1 1.1. Gegenstand der Untersuchung und ihre Methode 1 1.2. Quellenlage 8 1.3. Gedruckte Memoirenliteratur 14 1.4. Zeitzeugen und Nachfahren 17 1.5. Forschungsstand 18 2. Familie und Jugend 19 3. Militärzeit (1906 – 1919) 21 3.1. Vom IR 19 bis zur Kriegsakademie (1906 – 1914) 21 3.2. Front und Generalstab (1914 – 1918) 25 3.3. Oberost, Brest-Litowsk und Moskau (1917 / 1918) 29 3.4. Offizier und Revolution 1918: „Zusammenbruch der Welt“ 42 4. Vom Generalstab aufs Land: der Weg in die Politik (1919 – 1924) 47 5. Hannoverscher Reichstagsabgeordneter für die DNVP: Die schwierige Suche nach dem Umgang mit der ungeliebten Republik (Mai 1924 – Oktober 1928) 77 5.1. Der Dawes-Plan und seine „deutschnationalen“ Folgen 77 5.2. Schmidts Einfluß auf die Reichspräsidentenwahl 1925 121 5.3. Zehn Monate wehrpolitischer Regierungskoalitionär 146 5.4. Wieder in der Opposition (Januar 1926 – Dezember 1926) 153 5.5. Schmidts Westarp-Kurs in Richtung Republik im zweiten Bürgerblock 163 5.6. „Dieser Staat ist nicht unser Staat“ – Schmidts Bruch mit Westarp nach der Reichstagswahl vom 20. Mai 1928 und sein Weg zu Hugenberg 181 6. Die Entscheidung 1928: mit Hugenberg gegen die Republik 200 6.1. Schmidts Aufstieg unter Hugenberg und seine erste Bewährungsprobe: der Reichsausschuß gegen den Young-Plan 1929 200 6.2. Schmidts Haltung zum Kabinett Brüning I und der weitere Zerfall der Fraktion 231 6.3. Der mißlungene Schock: Harzburg und Schmidts erwachtes Mißtrauen 257 6.4. Schmidt gegen Hindenburg und das Ende Brünings 1932 289 6.5. Schmidt im Wahlkampf für Papen: erfolglos monarchistisch 310 6.6. Verfassungsbruch als Gebot der Stunde: Schmidts Einsatz für die „einzige wirkliche antiparlamentarische Partei“ bis zum Planspiel Ott (August bis Dezember 1932) 317 6.7. Keine Unterstützung, aber ein Moratorium für Schleicher 338 6.8. Der widerwillige Sieg am 30. Januar, die Enttäuschung über Hugenberg und die neuentdeckte Notwendigkeit der Verteidigung des Rechtsstaates 353 6.9. Abkehr von Berlin, Hochzeitseklat bei Everling und Nichteinzug in den ersten Einheitsreichstag 370 7. Verfolgung Schmidts 1934 378 8. Rückzug in die Privatwirtschaft: innere Emigration im Zweiten Weltkrieg 383 9. Politisches Comeback: Versuch einer programmatischen Neuorientierung in der Deutschen Konservativen Partei (ab 1946) und der Deutschen Partei (1953) 386 10. Zusammenfassung und Ergebnisse 402 11. Abkürzungsverzeichnis 412 12. Quellen- und Literaturverzeichnis 414 1 Otto Schmidt (1888 - 1971): Gegner Hitlers und Intimus Hugenbergs 1. Einführung 1.1. Gegenstand der Untersuchung und ihre Methode Pastorensohn, Generalstabsoffizier im Ersten Weltkrieg, Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei, engster Mitarbeiter Alfred Hugenbergs, letzter Vorsitzender der deutschnationalen Reichstagsfraktion, Aufsichtsratsmitglied des UfA- Konzerns während des Zweiten Weltkrieges und Bundestagskandidat konservativer Parteien nach dem Krieg. Telegrammhaft sind dies die Stationen im Leben Otto Schmidts, dessen nach äußerem Schein bescheidenes Wirken eine gut erkennbare Spur in der neueren deutschen Geschichte hinterlassen hat. Schmidt gehört zweifellos nicht zu jenen „Extrapersonen“1, zu denen Jacob Burckhardt Julius Caesar, Peter den Großen oder Friedrich den Großen gezählt hat. Ob er deshalb zur „biographischen Illusion“2 avanciert, scheint heute erheblich fraglicher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Die seinerzeitige Kritik von Seiten der Sozial- und Strukturhistoriker läßt sich folgendermaßen zusammenfassen: Biographik galt ihnen als Ausdruck eines „oft geradezu dogmatisierten Individualitätsprinzips des Historismus“3. Sie lehnten jede „Reduktion der Geschichte auf das Denken und Wirken von Individuen“ ab4, zumal die Methodik der narrativen Geschichtsschreibung in ihren sozialwissenschaftlichen Augen weniger als ungenügend ausgeformt schien. Dazu ist von ausgewiesener Seite richtig bemerkt worden: „Das Klappern dürrer Statistiken, das ihre Arbeiten geisterhaft erfüllt, die Häufung abstrakter Begriffe oder das Präparieren von Strukturen und anonymen Kollektivkräften stilisiert sich zwar gern zum Ethos entsagungsvoller sprachlicher Nüchternheit. In Wirklichkeit verrät es aber nichts anderes als einen Mangel an humaner Neugier“5. Die angenommene Determinierbarkeit der menschlichen Natur, mithin der Geschichte selbst, wurzelte untergründig in dem dogmatischen Glauben, den „Schlüssel im Schloß zu einem angeblich existierenden Geschichtsplan, sei er marxistischer oder liberaler 1 Burckhardt, J., Weltgeschichtliche Betrachtungen, Stuttgart 1955, S. 232. 2 Bourdieu, P., Die biographische Illusion, in: BIOS 1 (1990), S. 76. 3 Oelkers, J., Biographik – Überlegungen zu einer unschuldigen Gattung, in: NPL 3 (1974), S. 304. 4 Bödeker, H., Biographie. Annäherungen an den gegenwärtigen Forschungs- und Diskussionsstand, in: ders. (Hg.), Biographie schreiben, Göttingen 2003, S. 12. 5 Fest, J., Literatur ohne Heilsplan. Über den Umgang mit der Geschichte: Zur Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille, in: FAZ v. 12.2. 2000. Vgl. ders., Die Unvorhersehbarkeit der Geschichte. Über den Methodenstreit der Historiker und die Kunst der Biographie, in: E. Conze / U. Schlie / H. Seubert (Hgg.), Geschichte zwischen Wissenschaft und Politik. Festschrift für Michael Stürmer zum 65. Geburtstag, Baden-Baden 2003, S. 3-15. 2 Provenienz“6, gefunden zu haben. Diese Entmenschlichung historischer Entwicklung war ihrer vermeintlichen Kalkulierbarkeit geschuldet, führte jedoch sehr bald zu einer Blutleere in den Darstellungen, die im Klima der Zeit zunächst nur scharf konstatiert wurde. Nicolaus Sombarts spitzer Bemerkung, nunmehr würde die Geschichte des Kaiserreichs ohne den Kaiser geschrieben werden, folgten weitere Kritiken.7 Mit der Zeitenwende des Jahres 1989 / 1990, dem unmerklichen aber effektiven Drängen in der Literatur und aufgrund eines lautlosen, ungebrochenen öffentlichen Verlangens kann die Biographik nun seit über zehn Jahren „signifikant“ reüssieren.8 Die Merkmale des reformierten Genres wurden kürzlich vom Göttinger Max-Planck- Institut aufgelistet. „Eine Rückkehr zum Verständnis des Historismus vom Menschen als ,einer kleinen Welt für sich, die letzten Endes ganz unabhängig von der großen Welt außerhalb seiner existiert’, ist für moderne Biographik nicht mehr möglich“. Vielmehr liege „[i]n der systematischen Analyse der Bezüge der untersuchten Person zu ihren historischen Lebenswelten, ihrer Prägung und Wirkung auf Familie, Verwandtschaft, peer group, Klasse usw. .. ein charakteristischer Unterschied zur individualistischen Biographie des Historismus. Die neue, reflektierte Biographie begreift den untersuchten Menschen zwar als einzigartiges, moralisch gesprochen autonomes, historisches Individuum, doch begreift sie ihn als Teil seiner historischen Lebenswelten. Die untersuchte Person steht nicht mehr länger für sich selbst, sondern wird vielmehr als Teil einer Sozialgruppe interpretiert. Die moderne biographische Forschung geht, da sie Gesellschaft und Individuum nicht mehr länger als Dichotomie begreift, von einem soziologischen Begriff der historischen Persönlichkeit aus“9. Der grundsätzliche Fortschritt dieser Neuvermessung liegt gewiß in der Anerkennung, daß die Biographie als historische Darstellungsform keineswegs ausgedient hat, sondern lange Zeit aus methodisch-ideologischen Gründen ins Abseits gestellt worden war. Gerade „[w]eil der Homo humanus, der ,duldende, strebende und handelnde Mensch, 6 Hildebrand, K., Vielleicht war sie entzückt, vielleicht war sie bedrückt. Vielleicht auch ein bißchen verrückt: Was einst Jubel und Jammer war im Leben der Kaiserin Elisabeth und anderer Unglücklicher, darf nun Erkenntnis werden in den Büchern von Brigitte Hamann, in: FAZ v. 27.12. 2003 (i.f. zit. als: Hildebrand, Jubel und Jammer). 7 Vgl. Sombart, N., Zur Lage der Geschichtswissenschaft, in: FAZ v. 27.1. 1979; Bruch, R.v., Nachwort,