Rechtsextremismus in Stichworten

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Rechtsextremismus in Stichworten Rechtsextremismus in Stichworten Ideologien - Organisationen - Aktivitäten Herausgeber: Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Johanniswall 4, 20095 Hamburg Telefon: 040/244443 Telefax: 040/338360 Internet-Homepage: http://www.hamburg.de/Behoerden/LfV/homepage.htm Auflage: 4000 Juni 2001 Druck: Lütcke & Wulff, Heidenkampsweg 76 B, 20097 Hamburg 2 Vorwort Die von rechtsextremistischen Bestrebungen ausgehenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung und für das friedliche Zu- sammenleben der Menschen sind gerade in jüngster Zeit besonders deutlich und damit auch Gegenstand tief besorgter und intensiver öf- fentlicher Diskussion geworden. Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten ist im vergangenen Jahr drastisch gestiegen, eine Vielzahl von Aufmärschen und anderen Aktivitäten vor allem von neonazisti- schen Gruppierungen haben Erschrecken, Empörung und Protest hervor- gerufen. Auch eine weltoffene und liberale Stadt wie Hamburg ist gegen rechtsextremistisches Treiben offensichtlich nicht gefeit, sie muss sich damit auseinandersetzen und ihm energisch entgegentreten. Zwar ist der Staat bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus in einer besonderen Pflicht - er hat die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkei- ten von Repression und Prävention auszuschöpfen -, sein Handeln kann jedoch nur dann nachhaltige Erfolge haben, wenn es von einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung getragen wird. Rechtsextremisten ha- ben nur dort eine Chance, wo es an demokratischem Engagement fehlt. Organisations- und Versammlungsverbote, die Verfolgung von Strafta- ten und die Beschlagnahme hasserfüllter CDs, Gefährderansprachen und Aussteigerprogramme sind notwendige Maßnahmen, um die Aktions- räume von Neonazis einzugrenzen. Dass ihre menschenverachtenden Pa- rolen nicht wieder verfangen und zumal junge Menschen verführen, be- darf darüber hinaus umfassender gesellschaftlicher Anstrengungen. Hier- für gibt es auch in Hamburg viele gute Beispiele. Wer sich engagieren will, braucht Informationen. In seinem kürzlich ver- öffentlichten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2000 hat das Lan- desamt für Verfassungsschutz die Entwicklung im gesamten Bereich des politischen Extremismus in Hamburg dargestellt. Dieser Bericht konzen- triert sich auf Ereignisse und Tendenzen des vergangenen Jahres. Mit dem nun erscheinenden „Stichwortverzeichnis“ zum Rechtsextremismus ist eine Informationsschrift erarbeitet worden, die viele weitere Themen und Details umfasst und sich dabei auch nicht auf die Situation in Ham- burg beschränkt. Sie soll und kann als Nachschlagewerk dienen, das ei- 3 ne schnelle Orientierung über die Vielzahl rechtsextremistischer Gruppie- rungen und ideologischer Strömungen ermöglicht. Die Arbeit enthält gleichzeitig Hinweise auf wichtige gesetzliche Regelungen, häufig ver- wendete Symbole und verbotene Organisationen. Das Hamburger Lan- desamt legt damit ein von Seiten der Verfassungsschutzbehörden in dieser Form bisher nicht bestehendes Informationsangebot vor. Senator Olaf Scholz Präses der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg 4 Rechtsextremismus in Stichworten Ideologien - Organisationen - Aktivitäten Einführung 1. Zielsetzung In der gesamten Öffentlichkeit – den Medien, den Parteien und Verbän- den, Institutionen und Einrichtungen und nicht zuletzt bei einer Vielzahl einzelner besorgter Bürgerinnen und Bürger – ist das Interesse am The- ma Rechtsextremismus in der letzten Zeit deutlich gestiegen. Die Ver- fassungsschutzbehörden spüren dies auch anhand der stark gestiegenen Nachfrage nach Interviews, Vorträgen, Publikationen, Stellungnahmen für die politischen Gremien und schließlich Einzelauskünften zu Organi- sationen, Personen und Ereignissen. Mit dieser Broschüre hoffen wir, eine Angebotslücke im Spektrum der zahlreichen bereits vorliegenden Veröffentlichungen zum Rechtsextre- mismus schließen zu können. In annähernd 200 Stichworten wird ein Überblick insbesondere über eine Vielzahl von mehr oder weniger be- deutsamen rechtsextremistischen Organisationen oder Gruppierungen und über verschiedene ideologische Strömungen – auch aus Grenzberei- chen -, ihre zentralen Begriffe und Aktionsformen gegeben. Die Arbeit kann also in erster Linie als ein Nachschlagewerk dienen, sie hilft zur schnellen Identifizierung oder Einordnung von Phänomenen. Wird eine Organisation als rechtsextremistisch eingestuft? Ist sie verbo- ten? Wo liegt oder lag ihr Aktionsschwerpunkt? Welche Querverbindun- gen zu anderen Organisationen oder Bestrebungen gibt es? Insbesondere Fragen dieser Art werden beantwortet. Verzichtet wird dagegen auf 5 Stichworte zu Namen bzw. Personen. Sie werden nur gelegentlich im Zusammenhang mit inhaltlichen Stichworten genannt. Wesentlicher Grund hierfür ist die den Verfassungsschutzbehörden obliegende Pflicht zum restriktiven Umgang mit personenbezogenen Daten. Fraglich ist darüber hinaus, ob eine „schwarze Liste“ rechtsextremer Aktivisten zum sachlich angemessenen Umgang mit der Problematik beitragen würde. Unser Stichwortverzeichnis versteht sich als Ergänzung sowohl zu den jährlichen Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder, die vorrangig auf wesentliche Entwicklungen und Ereignisse im jeweiligen Berichtsjahr eingehen, als auch zu den diversen kleineren Aufklärungs- schriften, in denen zentrale Merkmale des Rechtsextremismus kurz be- nannt und die Notwendigkeit seiner Bekämpfung eingefordert werden. Das Stichwortverzeichnis greift demgegenüber ein breiter angelegtes Spektrum von Themen auf und es zielt weniger auf aktuelle als vielmehr auf grundlegende Informationen. Diese Informationen beruhen zumeist auf eigenen Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden, sie werden auch deshalb nicht mit weite- ren Fundstellen belegt. Der Zielsetzung entsprechend werden keine wei- terreichenden Analysen etwa aus dem Bereich der politischen Wissen- schaft ausdrücklich vorgestellt. Sie sind mittelbar vor allem in die Erläu- terung von allgemeinen Begriffen oder ideologischen Strömungen wie z. B. „Nationalismus“ oder „Neue Rechte“ eingegangen. Es werden jedoch keine spezifischen Erkenntnisse oder wissenschaftlichen Positionen refe- riert, so dass keiner Zitierpflicht nachgekommen werden musste. Zu betonen ist, dass die Broschüre ausschließlich der tatsachenbezoge- nen Information dient. Die moralische Verwerflichkeit rechtsextremi- stisch motivierter Aktivitäten, seien es „nur“ menschenverachtende Pa- rolen und Hassgesänge oder aber Gewaltakte gegen Ausländer und so- ziale Minderheiten, ist offensichtlich und muss in einer Arbeit wie dieser nicht wiederkehrend hervorgehoben werden. Dass sich der Rechtsex- tremismus als solcher gegen unsere Verfassungsordnung richtet und damit eine grundsätzliche Gefahr für die demokratischen Institutionen und Willensbildungsprozesse beinhaltet, ist die Voraussetzung seiner Beobachtung durch den Verfassungsschutz. 6 Die Ergebnisse dieser Beobachtung sollen und können dazu beitragen, dass sich alle demokratischen Kräfte ein genaueres Bild von den tat- sächlichen Gefahren – ihrem Umfang und ihren Erscheinungsformen – machen, die vom Rechtsextremismus im Ganzen oder in einzelnen Strömungen ausgehen. Die Frage, welche praktischen Konsequenzen daraus zu ziehen sind, reicht weit über die Zuständigkeit der Behörden für Verfassungsschutz hinaus. 2. Was ist Rechtsextremismus? Begriffliche Klärungen Politische Positionen oder Gruppen werden im alltäglichen Sprachge- brauch zumeist als „radikal“ bezeichnet, wenn darauf hingewiesen wer- den soll, dass sie ihre Meinung besonders heftig vertreten oder Forde- rungen stellen, die über die gängigen Normen und Kompromisslinien der politischen Auseinandersetzung hinausgehen. So gibt es z.B. radikale Verfechter des Umweltschutzes oder auch von „law and order“- Vor- stellungen. In radikalen Positionen werden einzelne Probleme oder Ge- sichtspunkte besonders hervorgehoben und es wird nach konsequenten, an die Wurzel („Radix“) gehenden Lösungen gerufen. Solche Vorstellun- gen sind oft mit den politischen Realitäten kaum vereinbar, sie können aber auch wichtige Anstöße für sinnvolle Veränderungen liefern. Für den Begriff „Radikalismus“ gibt es keine objektivierten und überprüfbaren Merkmale, vielmehr handelt es sich um eine weitgehend subjektive Zu- schreibung. Anders verhält es sich beim Begriff „Extremismus“. Zwar gibt es im po- litischen Spektrum erkennbare Überschneidungen zwischen extremisti- schen und radikalen Positionen, der Extremismusbegriff ist jedoch ge- nauer abgegrenzt. Zunächst ist allerdings zu konstatieren, dass sich der Begriff selbst nicht in irgendwelchen Gesetzen (weder im Grundgesetz oder im Strafgesetzbuch noch in den Verfassungsschutzgesetzen) fin- det, sondern dass es sich um einen allgemein akzeptierten Arbeitsbegriff für solche politischen Bestrebungen handelt, bei denen es tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie „gegen die freiheitliche demokrati- sche Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder 7 ihrer Mitglieder zum Ziele haben.“ (§ 3 Bundesverfassungsschutzge- setz). Extremismus ist also gleichbedeutend mit Verfassungsfeindlichkeit. Dies heißt nun allerdings nicht, dass jemand, der einzelne Regelungen bzw. Artikel des Grundgesetzes nicht akzeptiert oder ihre Änderung fordert, zum Extremisten wird. Selbstverständlich sind sehr viele Einzelregelun- gen des Grundgesetzes „veränderungsoffen“ und
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