Beiträge Zur Erforschung Und Seiner Randlandschaften ·VII
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Beiträge zur Erforschung des Odenwaldes und seiner Randlandschaften ·VII Herausgegeben von \Vinfried \Vackerfuß Breuberg-Neustadt 2005 l leinricli Wagner Poppo von Henneberg, Vogt von Lorsch, Graf von Lindenfels I. Einführung Die Yögte des Reichsklosters Lorsch im hohen Mittelalter haben schon des öfte- ren das Interesse der Forschung gefunden'. Jedoch ist es bisher nicht gelungen, die Herkunft des Yogtes Burkhard zu ermitteln, der nur einmal in einer undatierten Lorscher Notiz von vor 1067 als Yogt bezeugt ist. Er wird darin als fünfter von zehn ~Iännem - an ihrer Spitze Graf Adalbert von Calw - genannt, welche die Freiheit des Klosters Lorsch - nämlich gegen Erzbischof Adalhert von Bremen, dem der noch unmündige König Heinrich IV. das Kloster 1065 verliehen hatte" - "mannhaft verteidigten":'. Während aber über die Identität Burkhards nach wie vor nur mehr oder minder begründete Yermutungen möglich sind, hat bereits l Iclfrich Bcrnhard \Venck 1783 in seiner "IIessischen Landesgeschichte" den seit 1094 bezeugten Lorscher Vogt Bertolf/Bertold d. Ä. (senior)" mit dem Stifter des Klosters Gottesaue [Stadt Karlsruhe] identifiziert", ihn aber irrig als einen Grafen von IIenneberg betrachtet. Yerwunderlich ist das freilich nicht, denn zum einen bezeichnet die im 14. Jahrhundert entstandene Grabplatte des Klostergriinders, die Späteren als au- thentisch gegolten haben muß, diesen als comes de Izen[ll}eb(er)rt. Zum ande- ren kannte \Venck offenbar Heiratsverbindungen der IIenneberger, welche diese im Laufe der Jahrhunderte mehrfach mit Hochadelsfamilien des südwestlichen Deutschlands eingegangen waren. Von daher ist es auch verständlich, daß der hennebergtsehe Geschichtsschreiber Cyriacus Spangenberg schon Ende des 16. Jahrhunderts versucht hat, diesen Grafen Bertold, seinen gleiclmamigen Sohn so- wie seine Vorfahren in seiner Genealogie der Grafen von IIenneberg unterzubrin- gen? Danach soll Bertolds d. A. Vater ein angeblicher Henneherger namens Poppo gewesen sein, wobei Spangenberg möglicherweise auf die o.g. Urkunde Heinrichs IV. von 1065 rekurrierte, in welcher dieser die Abtei Lorsch im Lobdengau ill comitatu Poppenis comit is an Eb. Adalbcrt von Bremen übertragen hatte, Dieser Poppo wiederum sollte von seinem Vater IIermann die Herrschaft Durlach [!] und Neuenburg ererbt haben", Bertolds d. A. engere Familic wird dann (offenbar nach dem Privileg l Ieinrichs V. von 1110) richtig und vollständig aufgezählt, während die Urkunde selbst von SpangenLerg aber zu 1010 [1] und damit um ganzc 100 Jahre zu früh angesetzt wird", Dieselbe Urkunde führt er bei Bertolds glcichnmnigem Sohn nochmals, dies- mal zum Jahr 1060 [I] an, übrigens mit der richtigen Einordnung des Lei ihm Lliegelingou-e genannten Gottesauer Ausstattungsortes Hitlielinlunoa vor Nurietlt 10. Spangenbergs "F0l1setzer" Iohann Ludwig Heim hat u.a. auch ,,[Nathanaelis] Caroli Anmerkungen über den Spnngcnberg" abgedruckt!'. Caroli weiß anzu- führen, daß das Kloster Gottesauc 1063 [I] "durch Brand jämmerlich verderbt" 1 worden sei und Bertold d. 1. [I] es 1064 [I] "verneuert" und die Kirche erweitert habel2• Diese Nachricht mag - trotz der sicher unrichtigen Jahresangaben 13 - durch die von Günther Haselier in seiner Bearbeitung des Klosters Gottesaue im fünften Band der Germania Benedictina erwähnte Verlegung des Gründungsklosters "aus dem noch heute starke Nebelbildungen aufweisenden Gebiet der Kinzig-Murg- Rinne nach Westen hin (...) auf die sandige, daher weniger feuchte Hardplatte" beeinflußt sein'", Die "verneuerte" Klosterkirche sei, so Caroli weiter, "ao. 1082 quarto non. Novembr. auf den Mitwochen aller Seelen Tag" durch Bischof Gebhard Ill. von Konstanz "zu Abt Burkhards Zeiten" geweiht worden", Carolis Quelle zu den Schicksalen von Gottesaue war ein "Durchlachischer Canzleibericht", den er "ao. 1590 von dem Hrn. Embricio daselbst bekom- men" hatte". Die Weihenachricht wirft vor allem deshalb Probleme auf, weil der Zähringersproß Gebhard [Ill.] bekanntlich erst Ende 1084 Bischof von Konstanz wurde!". Merkwürdigerweise war aber der angegebene Weihetag Allerseelen im Jahr 1082 tatsächlich ein Mittwoch, und eine nachträglich richtige Berechnung des Wochentags [I] durch einen Fälscher kann wohl ausgeschlossen werden. Das bedeutet, daß dieser Nachricht mit hoher Wahrscheinlichkeit eine annalistische Notiz über eine Weihe der ersten Klosterkirche zugrunde lag, die aber keine Angaben zum Konsekrator machte. Damit dürfte diese [erste] Weihe tatsächlich ins Jahr 1082 fallen, während man später - in Ermangelung einer entsprechenden Information zu diesem Jahr - den [für 1082 anachronistischen] Bischofsnamen der Nachricht über die [zweite] Weihe zum Jahr 1103 entnahm. Damit ist es aber sehr die Frage, ob Bertold d. Ä. seiner Stiftung tatsächlich "von Anfang an den Status eines Reformklosters nach Hirsauer Vorbild ge- währte't!", oder ob Gottesaue nicht vielmehr zunächst als "klassisches" adliges Eigenkloster gegründet, von dem zuständigen Speyerer Diözesan IIuzmann ge- weiht und erst später - vermutlich nach seiner Verlegung und zweiten Gründung - zum Reformkloster nach Hirsauer Muster wurde. Dies würde auch nicht den verlorenen Gottesauer Annalen widersprechen, die der verdienstvolle Jesuitenpater Johannes Gamans für seine Genealogie des badischen Fürstenhauses noch benut- zen konnte. Diesen Annalen zufolge war das Jahr der [zweiten] Gründung 1094, der angeblich erste Abt hieß Gebhard und das Kloster wurde im Jahr 1103 von Bischof Gebhard Ill. von Konstanz geweiht!". Der Weihetag ist m.W. unbekannt, doch fiel Allerseelen in diesem Jahr auf einen Montag, weshalb eine Verwechslung mit der Weihe von 1082 jedenfalls ausscheidet. 11.Die Crafen "von Hohenberg" Gamans bzw. den von ihm in Auszügen überlieferten, verschollenen Gottesauer Annalen ist es offenbar zuzuschreiben, daß sich für den Lorscher Klostervogt Bertold d. Ä., seine Frau und seine Kinder der Beiname "von Hohenberg" einge- bürgert hat20• Doch verdient festgehalten zu werden, daß weder der ältere noch der jüngere Bertold sich jemals so zubenennen bzw, urkundlich zubenannt werden, von den weiblichen Mitgliedern der Familie ganz zu schweigen. Zwar lag Kloster Gottesaue zu Füßen des schon im 8. Jahrhundert genannten Hohenberc+, identisch 2 mit dem nachmals so genannten Tunnberg bei Durlach, so daß die Bezeichnung eine ge,,;sse Berechtigung haben mag; jedoch ist sie für die in der Literatur stets so genannten Grafen nicht urkundlich beglaubigt. Bertold d. Ä. soll, so wird aus dem 1110 bezeugten Besitz am Hohenberg geschlossen, gegen Ende des 11. Jahrhunderts Graf im Pfinzgau gewesen sein22• Während über die Herkunft des Stifters von Gottesaue nichts Sicheres bekannt ist, geht aus der fast wörtlich nach dem "lIirsauer Formular" von angeblich 1075 abgefaßten Bestätigungsurkunde für das Kloster Gottesaue aus dem Jahr 1110 immerhin hervor, daß Graf Bertolfl Bertold [d. Ä.] mit einer Liutgard verheiratet war und aus dieser Ehe einen Sohn BertolflBertold [d. 1.] sowie die Töchter Liutgard und Mathilde/Mechthild hatte23• Über Bertolds Frau ist außer dem Namen nichts bekannt, doch hält eine Lorscher Urkunde von 1095 fest, daß Vogt Bcrtold [d. Ä.] und seine Frau Liutgard - zu einem unbekannten Zeitpunkt - zwei Huben in Winemundesdale an die 1072 ge- gründete Lorscher Propstei [Steinbach- ]Michelstadt schenkten", Daraus schloß Wolfgang Hartmann, daß Liutgards I Ierkunft und Erbe nicht im Albgau, sondern im Odenwald zu suchen sein müßten, während Bertold landschaftsfremd gewesen sei25• In seiner Frau vermutet er eine Tochter Diemars von Trifels-Niedemburg und Schwester Reginbodos von Malsch26. Ungeklärt bleibt jedoch, wie Bertold d. Ä. in den Besitz der Lorscher Klostervogtei kam. Wenn es sich nicht um eine Neuverleihung durch Heinrich IV. handelt - was in den Wirren des sog. Investi- turstreits allerdings recht gut denkbar wäre -, dann mag die ältere Liutgard eine Tochter des Vogtes Burkhard von vor 1067 gewesen und die Lorscher Vogtei über sie als Erbin an Bertold d. Ä. gelangt sein. Zu einem unbekannten Zeitpunkt nach der Schenkung Bertolds d. Ä. und seiner Frau Liutgard an Steinbach-Michelstadt kam es zu einem Streit zwischen dem Lorscher Abt Anshelm (1088-1101) und dem "tyrannischen" Klostervogt, der so eskalierte, daß Bertold den Abt in der cella Michelstadt kurzerhand ergriff und mit Zustimmung seines Verwandten (cognatus), eines Grafen Egino, in dem die Forschung einen Grafen von Urach sieht'", in der Burg Vaihingen (a. d. Enz) gefangenhielt28• Auf kaiserliche \~reisung mußte der Abt aus der Haft entlassen werden und die "Anstifter des Verbrechens" wurden angeblich - unbekannt auf welche Weise - bestraft (auctoribus sceleris [...] multatis). Abt Anshelm starb am 25. Juni 1101 "nur wenig später" (nee multo post)29. Sein Gegner Bertold d. Ä. überlebte ihn um mindestens ein Jahrzehnt; er starb in einem unbekannten Jahr nach 1110; dem Lorscher Totenbuch zufolge an einem 3. März30• Das Jahr post quem ergibt sich daraus, daß Bertold zusammen mit seiner Frau Liutgard und seinen Kindem noch am 16. August 1110 eine Bestätigung Heinrichs V. über die Gründung und den Besitz des Klosters Gottesaue erhielt (s.o.). Als Bertolds Todestag überlieferte das verschollene Nekrolog des Klosters ebenfalls den 3. März31 und gab außerdem an, dieser habe im Jahr 1122 als Mönch in dem von ihm gegründeten Kloster das Zeitliche gesegnet32• Das wäre nicht ohne Beispiel und dann gut möglich, wenn er vor 1117 Mönch wurde, denn der jüngere Bertold ist ab ca. 1117 als Vogt von Lorsch bezeugt'", muß das Erbe seines Vaters damals also bereits angetreten