Lesebuch Landschaft Ein Blick in die Bergische Kulturlandschaft Impressum Redaktion Inhalt André Spans, Frank Herhaus, Carina Harbich, unter Mitarbeit von Manuela Thomas Idee, Konzeption und Umsetzung Text Vorwort 4 „Lesebuch Landschaft – Carina Harbich, André Spans unter Mitarbeit Was ist Kulturlandschaft? 5 Ein Blick in die von Theo Boxberg, Inga Dohmann, Bergische Kulturlandschaft“: Frank Herhaus, Milena Karabaic, Ortsnamen 6 Dr. Klaus-Dieter Kleefeld, Olaf Schriever, Dörfer 8 Biologische Station Oberberg Christoph Weitkemper, Christine Wosnitza Dorfstrukturen 10 Graphische Umsetzung/Illustrationen Axel Helmus Streuobstwiesen 12 Druck und Herstellung Hecken und Strauchgruppen 14 Rotes Haus, Schloss Homburg 2 gronenberg GmbH & Co. KG, Hohlwege 16 51588 Nümbrecht Wir bedanken uns bei allen, die uns 02293 - 90 15 0 fachlich oder durch Bereitstellung von Wegekreuze und Fußfälle 18 www.BioStationOberberg.de Bildmaterial unterstützt haben: Buckelraine, Buckelweiden und Ackerterrassen 20 [email protected] Werner Boxberg, Reiner Jacobs, Ingo Lehmann, Klaus Mühlmann, Dr. Herbert Nicke, Heuwiesen 22 Biologische Station Rhein-Berg Dr. Hermann Platzen, Walter Schröder, Wirtschaftswiesen und Maisäcker 24 Ingo Siegner Bergischer Geschichtsverein e.V.: Dieter Forst Feuchtwiesen und Feuchtbrachen 26 Bürgerverein Kreuzberg e.V.: Gerd Wurth Dorf und Heimatverein Wildberg e.V.: Wässerwiesen 28 Kammerbroich 67 • 51503 Rösrath Stefan Fassbender Einzelbäume und Grenzbäume 30 02205 - 94 98 94 0 Kreisbauernschaft Oberberg: Helmut Dresbach Kreisbauernschaft Oberberg/Rhein-Berg: Ober- und Untergräben 32 www.BioStation-Rhein-Berg.de Stefan Rankenhohn [email protected] Kreisbauernschaft Rhein-Berg: Peter Lautz Heiden und Wacholderheiden 34 Landschaftsverband Rheinland: Niederwälder (Haubüsche) 36 Christoph Boddenberg, Dr. Erich Claßen, In Kooperation mit Dr. Martina Gelhar, Dr. Klaus Dieter Kleefeld, Wirtschaftswälder (Hochwälder) 38 Julia König Steinbrüche 40 Zweckverband Naturpark Landwirtschaftskammer NRW: Ursula Jandel, Bernd Schnippering, Lothar Stinn, Ulrich Timmer Bergbaustollen und Pingen 42 Mühlenverband Rhein-Erft-Rur: Dr. Ralf Kreiner, Gabriele Mohr Alleen 44 Waldbauernverband: Karl Wilhelm Dohrmann, Bergische Bräuche 46 Hans-Friedrich Hardt KuLaDig (Kultur. Landschaft. Digital.) 48 Ein Projekt des LVR-Netzwerkes Moltkestr. 34 • 51643 Gummersbach Landschaftliche Kulturpflege Quellen- und Bildverzeichnis 50 02261 - 88 69 09 Ein Projekt des LVR-Netzwerks www.NaturparkBergischesLand.de Landschaftliche Kulturpflege [email protected]

2 3 Vorwort Was ist Kulturlandschaft?

Eine Landschaft kann auch als „Text“ verstanden werden. Jede Generation schreibt Können wir uns vorstellen, dass die Bergische Landschaft um uns herum ursprünglich eine weitere Seite. Wir müssen lernen, diesen „Text“ zu lesen, um die Kultur der beinahe flächendeckend von Wald bewachsen war? Mit der Besiedlung des Menschen Landschaft zu verstehen und sie dadurch bewahren zu können. begann die nutzungsbedingte Veränderung der Landschaft. Durch anfängliche Rodungen Das vorliegende Lesebuch ist ein Ergebnis des vom Landschaftsverband Rheinland für Siedlungsgründungen, Waldweide und Ackerbau lichtete sich der Wald immer mehr (LVR) geförderten Projektes „Hecke, Hohlweg, Heimat“ der Biologischen Station und schuf neuen Lebensraum für die Menschen. Die ursprüngliche Naturlandschaft Oberberg. Es entstand in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station Rhein-Berg wandelte sich durch das Wirken des Menschen zur Kulturlandschaft. und dem Naturpark Bergisches Land. Das Bergische Land ist geprägt von regional ganz typischen Dörfern, Steinbrüchen, Eine kurzgefasste Definition könnte lauten: Kulturlandschaft ist das Ergebnis der Streuobstwiesen, Hecken und Sträuchern, Hohlwegen und vielem mehr. Wechselwirkungen zwischen naturräumlichen Gegebenheiten und menschlicher Die Voraussetzung zum behutsamen Umgang mit diesem Kulturellen Erbe in der Einflussnahme im Laufe der Geschichte. Ständige Veränderungen prägen das vom Landschaft ist Wissen: Wann sind Bergbaustollen oder Alleen entstanden? Menschen genutzte Gefüge im Bergischen Land: Mühlen und Hämmer, Entwässerung Wie hat der Mensch die Wälder in historischer Zeit genutzt? Welche Kulturfolger feuchter Talgründe, Bergbau, Eisenbahn- und Straßenbau, die Mechanisierung der unter den Tieren und Pflanzen nutzen diese Lebensräume? Landwirtschaft bis hin zur Verstädterung von Dörfern und der einhergehenden Bildung Darauf gibt das Lesebuch spannende Antworten und macht somit Landschaft von Siedlungsschwerpunkten. Heute finden wir in der Landschaft sich überlagernde verständlich. Der LVR wünscht sich viele interessierte Leserinnen und Leser. Zeugen kulturlandschaftlicher Spuren aus hunderten von Jahren. Der ursprüngliche Damit wird die Landschaftsgeschichte weiter erzählt und auch zukünftige Generationen Wald hat sich im Bergischen zu einer charakteristisch mosaikartigen Landschaft von können sich an den Besonderheiten des Bergischen Landes weiter erfreuen. Wald, Offenland, ländlichen Siedlungen und größeren Städten entwickelt.

Neben dem Lesebuch bietet zudem das LVR-Internetportal Je mehr wir über unser Umfeld wissen, desto mehr können wir hiervon entdecken und „Kultur. Landschaft. Digital.“ (KuLaDig; www.KuLaDig.LVR.de) viele weitere Informationen verstehen, unsere Wurzeln und die Entstehungsgeschichte der typisch Bergischen zur Kulturlandschaft im Bergischen Land. Landschaft erkennen. Diese Kenntnis der Kulturlandschaft ist die Grundlage, um das Kulturelle Erbe zu bewahren und bewusst ein Lebensumfeld zu gestalten, mit dem wir uns identifizieren und wohl fühlen können. Übrigens: Zahlreiche der hier beschriebenen Landschaftselemente können Sie auch im LVR-Freilichtmuseum entdecken.

Milena Karabaic Für unsere kleinen Entdecker

Der kleine Drache Kokosnuss aus den Kinder- büchern von Ingo Siegner erlebt auf der Dracheninsel spannende Abenteuer. Milena Karabaic, „Määääh, ich bin Schnucki und zeige Jenseits der Drachenbucht gibt es, genau LVR-Dezernat Kultur und euch tolle Aktionen, die man in der wie bei uns im Bergischen Land, viel zu Landschaftliche Kulturpflege Landschaft erleben kann! entdecken. Er hat sich einmal in unserem Findet mich auf den nächsten Seiten!“ Lesebuch verirrt, findet ihr ihn?

4 5 Ortsnamen Streuobstwiesen Wollen wir etwas über die Landschaft erfahren, in der wir leben, empfiehlt es „Baum“: „Hammer, Hämmern“: Nutzung der Wasserkraft an sich, mit dem Naheliegenden zu beginnen: den Orts-, Flur- und Straßennamen Kirschbaum (Overath) Gewässern zur Eisenverarbeitung unserer Umgebung. Wie wurde die Landschaft genutzt? Gab es räumliche Apfelbaum, Birnbaum (Gummersbach) Besonderheiten? Welche Wirtschaftsform war hier ausgeprägt? Die Namen Hammermühle (Nümbrecht, Overath) geben oft gute Hinweise wie z. B. Baum, Bruch oder Hülse. Hämmern (Wipperfürth) „Born“: Quelle Kaltenborn (Overath) Hohlweg Winterborn (Nümbrecht) „Holl“: Holl (Lindlar) Hollkotten (Wermelskirchen) „Bruch, Broich“: sumpfiges Gelände Broich (Berg. Gladbach, ) niedrigwüchsiger Wald Bruch (Lindlar, Gummersbach, Wipperfürth, „Hülse“: mit viel Hülse (Hülse = Stechpalme, Ilex) Nümbrecht) Hülsen (Overath) Hülsenbusch (Gummersbach)

„Hütte“: Eisenverarbeitung Britanniahütte (Berg. Gladbach) Wildberger Hütte ()

„Kamp“: Laubwald im oder um ein Dorf Heidkamp (Berg. Gladbach) Distelkamp (Nümbrecht)

„Kuhlen, Kaule“: Bergbau Silberkaule (Berg. Gladbach) Laiveskuhle (Wipperfürth)

„Siefen, Seifen, Siepen“: Kerbtal mit Bach Herkensiefen (Berg. Gladbach) Krähsiefen (Overath) Kirschsiepen () Seifen (, Waldbröl, Windeck)

Ausschnitt aus der Reproduktion der Karte von Arnold Mercator, Grenzen des Bergischen Amtes Windeck und der Herrschaft Homburg von 1575 6 7 Schleiereule Dörfer Dörfer sind prägende Elemente der Bergischen Landschaft. Außerhalb der wenigen Städte liegen die zahlreichen Dörfer in der Landschaft verteilt. Ackerland Allein zur Gemeinde Nümbrecht gehören Reste einer rund 80, zur Stadt Wermelskirchen über Streuobstwiese 100 Dörfer.

Dörfer entstanden aus Einzelhöfen, die Alter sich ursprünglich an den Hängen ansiedel- Gehölzstreifen/Hecke Scheune Hausbaum ten, meist oberhalb von Quellmulden. Zahlreiche Ortsnamen mit den Endungen „Siefen“ oder „Seifen“ deuten auf diese Siedlungslage hin. Durch die Zersplitterung der Höfe in Folge der Realteilung (Erbrecht) entstanden Gehöfte mit mehreren, meist unregelmäßig zueinander stehenden Trockenmauer Gebäudegruppen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die meisten Gebäude- gruppen weiter zu Dörfern, andere haben Ehemaliger häufig wegen der Geländelage ihre DorfKamp ursprüngliche Form bis heute beibehalten. Ehemaliger Größere Dörfer übernahmen eine Dorfteich zentrale Funktion mit entsprechender Infrastruktur (Kirche, Gasthaus, Schule, Dorfladen) für die umliegenden Siedlungen. Diese liegen oft auf den Höhen Weiden und (im Oberbergischen Kreis: z. B. Thier, Wiesen Kreuzberg, Marienberghausen oder im Rheinisch-Bergischen Kreis: z. B. Bechen, Biesfeld) und werden als Kirchdörfer bezeichnet. Steinmarder Schöllkraut

In den Dörfern entstanden auf Grund der Gundermann vielfältigen Strukturen zahlreiche Lebens- räume für Tier- und Pflanzenarten.

Saatkrähe

8 9 Dorfstrukturen Dorfkamp Hausbaum Bauerngarten Kulturlandschaftliche Der Dorfkamp, auch Kämpe genannt, Der Mensch ist seit Urzeiten eng mit Ausgehend von traditionellen Kloster- Spurensuche im Dorf ist ein kleines Dorfwäldchen mit Eichen, Bäumen verbunden, schon die Kelten gärten entwickelten sich die typisch Buchen und anderen Laubbäumen. In verehrten die Bäume als heilige Wesen. bergischen Bauerngärten im Laufe der früheren Zeiten diente er als Bauholz- Hausbäume boten den Einwohnern Zeit zu einem prachtvollen Mix aus Obst Trockenmauer reserve und zur Schweinemast (Eicheln, Schutz, Schatten und Futter für das und Gemüse, (Heil)kräutern und Zier- Zum typisch bergischen Dorfbild gehört Bucheckern). Er war dörflicher Treffpunkt Vieh. Auch empfindliche Obstarten wie pflanzen mit einer Beetumrandung aus die Trockenmauer aus Grauwacke-Sand- und bot genug Platz für gemeinsames Kirschen wurden hausnah gepflanzt. Buchsbaum. Diese Bauerngärten sind steinen. Zur Befestigung von Hängen, Obstpressen und Krautkochen (aus Im Bergischen sind besonders Linden, zwar selten geworden, aber heute noch Einfriedung von Gehöften oder Gärten Äpfeln und Birnen). Heute finden wir nur Eichen oder die Walnuss verbreitet. Auch in einigen Dörfern zu sehen. wurde sie entweder ohne Bindemittel noch wenige Dorfkämpe im Bergischen, heute noch ist die Tradition des Hausbaums oder mit Kalkmörtel aufgeschichtet. Die z. B. in Erlinghagen bei Gimborn oder in in vielen bergischen Dörfern zu finden. Steine kamen früher meist aus örtlichen Oberwiehl (Eichenkamp). „Steinkuhlen“ ( Steinbrüche, S. 40). Trockenmauern sind heute nicht nur von hohem ästhetischen Wert, sondern vor allem Lebensraum für wärmeliebende Pflanzen und zahlreiche Tierarten.

Dorfteich Lesesteinhaufen Der Dorfteich diente u. a. als Brandweiher, Lesesteinhaufen haben nichts mit zum Waschen, als Viehtränke und Büchern zu tun. Früher war es üblich, Ententeich. Kopfweiden an den Ufern größere Steine von den Äckern lieferten ursprünglich Material zum „aufzulesen“, da sie beim Pflügen störten. Korbflechten. Für die Artenvielfalt im Diese Steine wurden am Ackerrand zu Dorf ist ein solcher Teich unerlässlich Lesesteinhaufen aufgeschichtet oder und bietet auch den „kleinen Forschern“ dienten als Lesesteinwälle zur Befestigung ein direktes Naturerlebnis. Frösche, von  Ackerterrassen (S. 21). Besonders Posthornschnecken oder Libellen lassen für Eidechsen, Kröten und Kleinsäuger sich hier besonders gut beobachten. sind sie ein wertvolles Versteck und Viele Dorfteiche mussten der Siedlungs- Winterquartier. Heute sind sie vielfach entwicklung weichen, heute sind nur überwachsen und es braucht ein noch wenige erhalten. gutes Auge, um sie zu entdecken.

10 11 Streuobstwiesen Eine mit hochstämmigen Obstbäumen bestandene Wiese, auf der verschiedene Obstarten wie Apfel, Birne, Kirsche und Pflaume wachsen; Mit seinen durch- traditionell angrenzend an Dörfer oder Bauernhöfe dringenden ki-wuik- Rufen macht der Steinkauz nachts auf sich aufmerksam

Lebensraum für zahlreiche z. T. bedrohte Bäumchensapfel Tier- und Pflanzenarten: in Höhlen alter Obstbäume nisten u. a. Steinkauz, Grün- specht oder Gartenrotschwanz. Auch Fledermäuse, Siebenschläfer und Hornissen nutzen die Obstwiesen als Quartier.

Kulturlandschaftlicher Wert Erhalt alter Obstsorten, die auf das raue Klima und die kargen Böden des Bergischen eingestellt sind: Bäume mit langer Lebensdauer, robust gegen Schädlinge und Krankheiten, Früchte mit intensivem Geschmack. Alte Apfelsorten tragen Namen wie Jakob Lebel, Bäumchensapfel Hoher ästhetischer Wert: Verschönerung oder Schafsnase des Ortsbilds, Erleben der Jahreszeiten durch Wechsel von Blühaspekten, Woran erkenne ich eine Streuobstwiese? Fruchtbildung und Laubfall. Hochstämmige Obstbäume auf Wiesen und Weiden, heutzutage meist überaltert Achtung – gefährdet! ohne jüngere Nachpflanzungen; verstreuter Wozu wurden Streuobstwiesen angelegt? Durch geförderte Obstbaumrodungen Blühaspekt durch unterschiedliche Blüh- Obstbaumwiesen und -weiden umgaben in den 1970er Jahren und Siedlungs- zeiten der Obstarten und -sorten. früher dörfliche Siedlungen. Die Obsternte bau verschwanden die meisten war für die damalige Bevölkerung über- Streuobstwiesen aus dem Bergischen Wo finde ich Streuobstwiesen? lebenswichtig – gelagert, gedörrt und in oder sie sind mittlerweile völlig Im gesamten ländlichen Raum des Form von Apfel- und Birnenkraut diente überaltert. Viele damals nur örtlich Bergischen verteilt; besonders prägend das Obst vor allem als Wintervorrat und vorkommende Obstsorten sind für für das Homburger Ländchen sowie für Vitaminquelle. Zusätzliche Bedeutung der immer verschwunden. Leichlingen und Burscheid (siehe auch Streuobstwiesen: Windschutz, Schatten- Der Admiral ist ein www.KuLaDig.LVR.de). spender und Futterquelle für das Vieh. Wanderfalter und liebt süßes Fallobst

12 13 Hecken und Strauchgruppen Der Neuntöter Bandförmig wachsende Strauchgehölze (ein- oder mehrreihig) von nur spießt seine Beute wenigen Metern Breite, die alle 15-30 Jahre zurückgeschnitten werden zur Vorratshaltung auf Dornen oder Wie sind Hecken aufgebaut? und schützen umliegende Ackerflächen Stacheldraht Hecken sind im Idealfall stockwerkartig vor Austrocknung, Frösten und Erosion. aufgebaut, hier ein Beispiel einer mehr- Für Tierarten wie den Neuntöter und reihigen Baumhecke: Der waldrand- die Haselmaus sind Hecken über- ähnliche äußere Heckensaum wird aus lebenswichtig! Weil vielfältige Haselmaus Sträuchern wie Brombeere, Schlehe und Strukturen mit genügend Weißdorn gebildet. In der darauf folgenden Deckung und Nahrungs- Mantelzone stehen höher wachsende angebot immer mehr Straucharten wie Schwarzer Holunder aus der Landschaft und Hasel. Die innere Kernzone kann verschwinden, sind Schlehe Baumarten wie Hainbuche, Eiche und diese Tiere mittler- Vogelkirsche enthalten. Gelegentlich ist weile sehr selten den Hecken ein breiter Krautsaum u. a. geworden. mit  Lesesteinhaufen (S. 11) vorgelagert.

Wo finde ich Hecken? Im gesamten Bergischen verteilt, jedoch immer seltener werdend. Besonders ausgeprägt sind die Hecken- strukturen im Höhenort Radevormwald.

Wie sind Hecken in der Kulturlandschaft entstanden? Hecken als „lebende Zäune“ dienten zur Abgrenzung von Flurstücken, zum Ein- Hecken schmecken – zäunen von Vieh, sie lieferten Brennholz, Holunderblütensirup wertvolle Beeren und Nüsse oder sie 24 Holunderblütendolden, 1 Liter Wasser, wurden als Windschutz angelegt. 2 Zitronen, 1 kg Zucker Auch zum Schutz vor unliebsamen Ein- Wasche die Holunderblütendolden und dringlingen wurden um die Dörfer herum lege sie in einen großen Topf. oft Schlehenhecken angelegt. Geschnittene Zitronenscheiben, Zucker und Wasser in einem zweiten Topf auf- Ökologische Bedeutung kochen und unter schwacher Hitze so Durch ihre vielfältige Struktur auf kleins- lange weiterkochen, bis sich der Zucker tem Raum bieten Hecken unzähligen gelöst hat. Danach den Zucker über Tier- und Pflanzenarten Lebensraum, die Holunderblütendolden gießen, gut abdecken und drei Tage ziehen lassen. Schutz, Nahrung und Überwinterungs- Hunds-Rose Igel quartiere. Sie vernetzen Biotope miteinander Igel Am Ende wird das Ganze durch ein Sieb gegossen und in Flaschen abgefüllt. Mmh, lecker! 14 15 Hohlwege Achtung – gefährdet! Ökologische Bedeutung Ehemals vielbefahrene und Neue Straßen und andere Maßnahmen Verschiedene Klimabedingungen auf begangene Wege, die sich durch haben viele Hohlwege zerstört, z. T. wurden kleinstem Raum (trockene und nasse, langjährige Nutzung in das sie auch zugeschüttet oder sie drohen besonnte und beschattete Stellen), Gelände eingeschnitten haben durch fehlende Nutzung zu verbuschen. daher wertvoller Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten, z. B. für Wildbienen, die in der Erde unbewachsener Steilhänge nisten, oder Farne.

Entstehung eines Hohlweges

frühere Geländekante

Woran erkenne ich einen Hohlweg? Wie entsteht ein Hohlweg? Hohlweg-Forscher In das Gelände eingetiefter und unbe- Wird ein Weg jahrzehnte- oder jahrhunderte- Hohlwege sind voller spannender Pflanzen, Tiere und festigter Weg mit Steilhängen oder lang durch den Menschen genutzt, gräbt deren Spuren. Wenn ihr das nächste Mal einen Ausflug ansteigenden Böschungen, die oft er sich immer tiefer in die Umgebung ein. macht, bastelt euch doch aus Zahnstochern und buntem mit Gehölzen bewachsen sind. Regen spült diese entstandenen Rinnen Papier kleine Fähnchen. Sucht euch einen Abschnitt im zusätzlich aus und es bilden sich rechts Hohlweg aus und beobachtet ganz genau – bei inter- Wo finde ich Hohlwege? und links des Weges Steilhänge essanten Entdeckungen, z. B. einem Mauseloch, einer Im gesamten Bergischen Land verteilt (siehe Abb. S. 17). hübschen Pflanze oder einem Schneckenhaus, steckt (siehe auch www.KuLaDig.LVR.de). ihr ein Fähnchen daneben. Tauscht eure Entdeckungen aus – wer hat was gefunden? Wenn ihr weitergeht, denkt bitte daran eure Fähnchen wieder mitzunehmen! Feuersalamander 16 17 Wegekreuze und Fußfälle Fußfall Historische, z. B. an Wegrändern, Höfen, Kapellen oder Kirchen aufgestellte Kreuze aus Holz oder Stein, mit Darstellungen von christlichen Symbolen oder Szenen aus der Kreuzigung Jesu (katholisches Brauchtum)

Woran erkenne ich, ob es sich um ein Flechten Wegekreuz oder einen Fußfall handelt ? Erstaunliche Lebensformen begegnen Wege- oder Hofkreuze sind entweder aus uns auf Mauern und steinernen Wege- Holz oder heimischer Grauwacke errichtet kreuzen in unserer Kulturlandschaft – und stellen christliche Symbole dar. die Flechten. Fußfälle dagegen enthalten immer ein reliefartiges Motiv aus dem Kreuzweg- Wohl einzigartig in der Natur, entstehen thema und bestehen meist aus Grau- Flechten aus einer dauerhaften „Lebens- wacke. Traditionell wurden entlang gemeinschaft“ von Pilz und Alge. Obwohl eines Weges sieben Bildstöcke mit den aus diesen beiden Arten zusammen- Stationen der Leidensgeschichte Christi gesetzt, sehen Flechten seltsamerweise Wegekreuz errichtet. „Fußfall“ heißen diese Kreuze, weder der einen noch der anderen weil vor ihnen die Menschen andächtig Wozu wurden Wegekreuze und Fußfälle ähnlich. Flechten können sehr gut mit im Gebet einen Kniefall machten. errichtet? Hitze und Trockenheit umgehen, nicht Vielleicht auch, weil Jesus der Legende Für unsere Vorfahren war der Gang zur beteten die Menschen zu Gott für ihre jedoch mit Luftverschmutzung. nach siebenmal unter der Last seines Kirche aufgrund langer Wege oft ein kranken oder verstorbenen Verwandten Einige Arten sind daher bestens geeignet, Kreuzes auf die Knie fiel. schwieriges Unterfangen. Deshalb hielt und erbaten Hilfe in anderen schwierigen um die Luftqualität ohne komplizierte man Andachten zum Teil gemeinsam an Lebenssituationen. Noch heute erinnern Messungen beurteilen zu können. Wo finde ich Wegekreuze und Fußfälle? eigens errichteten Wege- oder Hofkreuzen kirchliche Prozessionen in der In katholischen Regionen des Bergischen ab. Die meisten Wegekreuze und Fußfälle Passionszeit an diese Tradition verteilt, z. B. in Lindlar, Overath und entstanden ab dem 18. Jahrhundert, und an die Frömmigkeit Wipperfürth. meist aus Anlässen wie Krankheiten, unserer Ahnen. Seuchen oder Hungersnöten. An den Kreuzen oder Stationen der Fußfälle

18 19 Buckelraine und Buckelweiden Ackerterrassen Buckelraine: Hügelketten von Wiesenameisen-Bauten Ökologische Bedeutung Bei genauem Hinsehen entdecken wir Buckelweiden: unregelmäßig verteilte Ameisenhügel Da die Kuppen der Buckel nährstoffärmer sie noch – die Spuren alter Feldbewirt- auf Weiden (meist Schafe) und trockener sind als ihre Umgebung, schaftung an hängigen Lagen. Durch wachsen dort lichtliebende und stellen- das damalige Bearbeiten des Bodens weise seltene Pflanzenarten wie Thymian, rutschte immer wieder Erde hangabwärts Woran erkenne ich einen Buckelrain? Wo finde ich Buckelraine und -weiden? Frühlingshungerblümchen oder Buntes und Terrassen bildeten sich, an deren Buckelraine bilden sich ausschließlich Im gesamten Bergischen verteilt – Vergissmeinnicht. Rändern häufig Lesesteinwälle unter Zäunen (meist Stacheldraht). Die Augen auf bei Spaziergängen! ( Dorfstrukturen, S. 11) oder  Hecken Hügel der Wiesenameise sind darunter (S. 14) angelegt wurden. Heute werden perlschnurartig aneinandergereiht. diese Flächen meist als Wiesen oder Weiden genutzt. Viele Kanten wurden eingeebnet, um sie mit modernen Maschi- nen bearbeiten zu können. Frag doch mal Bewohner deines Ortes, ob sie sich noch Historische Nutzung an solche Äcker erinnern – erstaunlich, der Ackerterrassen wie sich unsere Augen plötzlich für die Umgebung schärfen!

Die Acker-Witwenblume blüht z. B. an den Rändern dieser ehemaligen Ackerterrassen

Nicht nur in meiner Heimat, der Dracheninsel, findet ihr bunte Buckel, sondern auch im Bergischen. Augen auf! Wie entstehen Buckelraine und -weiden? Die Gelbe Wiesenameise baut stabile Erdnester, die im Offenland bis zu 50 cm hohe Hügel bilden können. Unter der Der Gemeine Thymian untersten Bespannung von Stacheldraht- braucht vor allem Wärme zäunen sind sie geschützt, da das Vieh und Licht und wächst diese Bereiche nicht betritt. deshalb auf den Buckeln Auf Weiden mit geringem Viehbesatz, ohne große Trittbelastung, breiten sich die Hügelnester über die Fläche aus; das Abweiden der Hügelkuppen ist für die wärmeliebende Wiesenameise eine willkommene Pflege.

20 21 Heuwiesen Wie sind Heuwiesen entstanden? Achtung – gefährdet! Kräuterreiche Mähwiese mit ein bis zwei Schnitten Das Bergische war zu Beginn der Besied- Durch Einführung des mineralischen im Jahr, die nicht oder nur wenig gedüngt wird lung nahezu flächendeckend bewaldet Düngers und durch die Weiterentwicklung und das Vieh wurde zur Futtersuche in der Landwirtschaft wurden Heuwiesen den Wald getrieben. Unter dem Bewei- zunehmend unrentabel. Die heutige Woran erkenne ich eine Heuwiese? Wo finde ich Heuwiesen? dungsdruck lichteten sich die Wälder Landwirtschaft braucht energiehaltiges Artenreich, mit abwechslungsreichen Im Bergischen selten geworden, am immer mehr auf und es wanderten licht- Futter, welches Heuwiesen nicht ausrei- Blühaspekten im Jahresverlauf. Sie häufigsten sind sie noch in den südlichen liebende, regenerationsfähige Pflanzenarten chend hergeben. Aus diesem Grund sind unterscheidet sich von den intensiver Gemeinden des Oberbergischen Kreises ein. Später wurde überwiegend zur die Wiesen stärker gedüngt und dadurch genutzten Wiesen (meist gelbe und weiße vertreten, z. B. im Rengsetal bei Stallhaltung übergegangen und die Gräser artenärmer geworden. Blütenfarben) durch zusätzlich blaue, -Niederrengse. und Kräuter wurden als Heu für das Vieh violette und rosa Blüten. geschnitten. Durch Reisende oder Ökologische Bedeutung Mahdzeiten witterungsbedingt: Wanderschafherden verbreiteten sich Heuwiesen gehören zu den artenreichsten Im Bergischen erfolgt der erste Schnitt weitere Pflanzenarten und es entwickelte Lebensräumen in Mitteleuropa. Sie sind ab Mitte bis Ende Juni, der zweite Schnitt Großes Heupferd sich die typische Artenzusammensetzung Wohnstätte und Nahrungsgrundlage für ab Mitte August. der Heuwiese, die optimal an die Mahd- unzählige Insekten- und Spinnenarten, für zeiten angepasst ist. Bodenorganismen sowie für Vögel und Säugetiere wie Maulwurf, Igel, Mäuse und Rehe. Zittergras

Schachbrettfalter auf Glockenblume Acker-Witwenblume

Kleiner Klappertopf

Gefleckter Schmalbock auf Spitzwegerich Kleine Bibernelle 22 23 Wirtschaftswiesen und Maisäcker Wirtschaftswiesen: intensiv bewirtschaftetes Grünland, das mehrmals im Jahr mit Wirtschaftsdünger (z. B. Gülle, Mist) gedüngt und gemäht wird Rotbunte und Maisäcker: Acker mit jährlicher Schwarzbunte Aussaat von Futtermais Milchkühe Siloballen

Traktor mit Schwader

Löwenzahn Gänseblümchen

flächen mit Getreide bestellt hatten, auf die reine Grünlandbewirtschaftung und die Milcherzeugung. Durch die Erfindung der Silage wurde die Ernte des Grases, das vorher zu Heu getrocknet werden musste, einfacher und es konnte energie- reicheres Winterfutter (mit mehreren Schnitten im Jahr) für die Milcherzeugung eingefahren werden. Dies ging allerdings zu Lasten der Artenvielfalt. Seitdem haben Weiß-Klee Knaulgras sich viele Höfe aufgrund der gesellschaft- ernähren zu können, wird neben der Wo finde ich Wirtschaftswiesen und Höfe zur Selbstversorgung. Aufgrund der lichen und wirtschaftlichen Rahmenbe- Grassilage auf den wenigen Äckern zuneh- Maisäcker ? industriellen Revolution im 19. Jahrhundert dingungen zu hochspezialisierten Betrieben mend energiereicher Futtermais angebaut. Im gesamten ländlichen Raum des waren immer weniger Arbeitskräfte in der entwickelt. Die Zahl der Landwirtinnen und Bergischen sind Wirtschaftswiesen sehr Landwirtschaft tätig. Durch die wachsende Landwirte ist insgesamt zurückgegangen. Ökologische Bedeutung häufig, da sie heute die gebräuchliche Bevölkerung in den Städten ergab sich Kleinere Höfe werden im Nebenerwerb Bedingt durch den Eintrag von Nährstoffen Form der landwirtschaftlichen Nutzung der Zwang zur Mechanisierung (z. B. bewirtschaftet. Um die wachsende Zahl und die dadurch resultierenden dichten darstellen. Dagegen gibt es nur wenige Dreschmaschinen, von Pferden gezogene des zu haltenden Milchviehs optimal Wiesenbestände, die zudem häufig Ackerflächen, diese werden meistens mit Mähmaschinen, Melkmaschinen, Traktoren). gemäht werden, können sich nur wenige Futtermais bestellt. Mit dem Bau von Jauchegruben und der Maisacker Pflanzen- und Tierarten entwickeln. Erfindung des Mineraldüngers konnten Deshalb ist diese Form des Grünlandes in Wie sind Wirtschaftswiesen und die Flächenerträge weiter gesteigert werden. der Regel artenarm. Die vorkommenden Maisäcker entstanden? Pflanzenarten wie z. B. Löwenzahn, Viehwirtschaft war schon im Mittelalter Seit den 1960er Jahren spezialisierten Weiß-Klee und Deutsches Weidelgras wesentlicher Bestandteil der bergischen sich die Betriebe, die vorher auch Acker- sind dann allerdings sehr häufig.

24 25 Mädesüß-Perlmutterfalter

Feuchtwiesen und Feuchtbrachen Achtung – gefährdet! Feuchtwiese: Kräuterreiche Mähwiese in feuchten Tallagen mit mindestens Heutzutage wird besonders energiehaltiges einem Schnitt im Jahr (Mitte Juli), die nicht oder nur wenig gedüngt wird Futter benötigt. Dafür wurden die meisten (farbliche Blühaspekte  Heuwiese, S. 22) Feuchtwiesen in den vergangenen Feuchtbrache: Von der Nutzung ausgenommene ehemalige Feuchtwiese, auf der sich eine Jahrzehnten durch Entwässerung und stabile Gemeinschaft von feuchtigkeitsliebenden Hochstauden, z. B. Mädesüß, gebildet hat verstärktes Düngen in ertragreiche, aber artenarme Wiesen oder Weiden umge- wandelt. Schlecht zu bewirtschaftende Wie erkenne ich Feuchtwiesen und Wie sind Feuchtwiesen und Feucht- oder abgelegene Flächen rentierten sich Feuchtbrachen? brachen entstanden? in der Bewirtschaftung nicht mehr; sie Feuchtwiesen sind im Bergischen Im Zuge der Besiedlung des Bergischen verbrachten entweder oder wurden selten geworden. Wir finden sie z. B. in drang der Mensch auch in die Täler vor Sumpf-Kratzdistel aufgeforstet. den Brucher Wiesen (Wiehl-Bruch, und rodete dort die feuchten bis nassen barrierefrei über einen Bohlenweg zu Bruch- und Auwälder. Durch Auflichtung Feuchtbrachen entwickeln sich aus nicht Ökologische Bedeutung besichtigen), in den Bachtälern an der fanden sich Pflanzenarten ein, die sonst mehr bewirtschafteten Feuchtwiesen. Feuchtwiesen beherbergen, wie die Dhünntalsperre oder im Eifgenbachtal nur verteilt an Sickerquellen, in Röhrichten Es beginnen feuchtigkeitsliebende  Heuwiesen (S. 22) eine große Anzahl bei Wermelskirchen. oder Waldlichtungen vorkamen. Hochstauden zu wachsen, die zuvor von gefährdeten Pflanzen- und Tierarten. Feuchtbrachen sind häufiger in den Für Ackerbau zu nass, dienten die Flächen durch die Mahd zurückgedrängt wurden. Sie sind zwar nicht so artenreich, haben Randlagen der Täler des Bergischen als Mähwiesen. Der Futterwert des Auf dem Boden entsteht ein dichter Filz jedoch eine besondere Bedeutung als zu finden. Heus war durch Nässe und den dadurch aus abgestorbenen Pflanzenteilen, der Lebensraum für Insekten, so z. B. für verlangsamten Wuchs jedoch nur gering. das Keimen anderer Pflanzen verhindert. Schmetterlinge oder in hohlen Stängeln Häufig wurden die Wiesen auch erst im Daher können sich Feuchtbrachen relativ der Stauden überwinternde Insekten. Herbst gemäht und das Mahdgut als lange halten, bevor sie der Wald durch Stalleinstreu genutzt. Daher kommt der Gehölzaufwuchs zurückerobert. Schwarzstorch Name „Streuwiese“. Drüsiges Springkraut Feuchtbrache Feuchtwiese Mädesüß Schlangen-Knöterich

Ampfer-Grünwidderchen auf Kuckucks-Lichtnelke

26 27 Kriechender Günsel Wässerwiesen Hauhechel-Bläuling Wiesen mit meist künstlich hergestelltem leichten Gefälle an einem Bachlauf, die durch ein ausgeklügeltes Grabensystem vom Bach her bewässert werden können Bachlauf Wehre 1 und 2 Woran erkenne ich eine Wässerwiese? Obergraben Wiese mit Grabensystemen (s. Abb. r.) Hauptwehr Bewässerung

Entwässerung

Bachlauf

Wo finde ich Wässerwiesen? Wie funktioniert das? Wässerwiesen gab es an zahlreichen Im Frühjahr und Herbst wird mit einem Stellen im Bergischen, sie sind heute Hauptwehr Wasser aus dem Bach in aber kaum noch zu erkennen. Ein einen oberhalb der Wiesen gelegenen Vorzeigeprojekt wurde im Strombachtal Obergraben abgezweigt. Dieser Ober- nahe Gummersbach angelegt (zwischen graben staut mithilfe von kleinen Wehren Liefenroth und Hanfgarten). das Wasser und lenkt es in einen Haupt- bewässerungsgraben. Von dort wird es Wozu wurden Wässerwiesen angelegt? erneut über kleinere Wehre in die erhöhten Das Bachwasser schwemmt gelöste kleinen Bewässerungsgräben geleitet Nährstoffe auf die Wiesen. So konnte und rieselt gleichmäßig verteilt in die auch in Zeiten vor der Erfindung des Wiese. Die tiefer gelegenen muldenförmig Kunstdüngers der Heu-Ertrag auf den ausgebildeten Entwässerungsgräben Flächen gesteigert werden. Im Frühjahr leiten das überschüssige Wasser in den beschleunigt die Bewässerung die Bach zurück. Schneeschmelze und die Pflanzen beginnen früher zu wachsen. Ökologische Bedeutung Wechselfeuchte Wiesen sind ein idealer Lebensraum für Pflanzenarten wie Kriechender Günsel, Kuckucks-Lichtnelke Erdkröte und Schlangen-Knöterich sowie für Tiere wie Erdkröten, Blutzikaden und Hauhechel-Bläulinge.

28 29 Einzelbäume Grenzbäume Frei stehende, markante Bäume in der Wo finde ich Einzelbäume? Grenzbäume markierten in vergangenen Landschaft oder in Dörfern, häufig alt Auf Wiesen und Weiden, an Wegrändern Zeiten Eigentumsgrenzen. Einige Bäume und mit ausladender Krone und Kreuzungen, an Weggabelungen und wurden regelmäßig in Kopfhöhe gestutzt, Wegekreuzen sowie in Dörfern. dadurch waren sie auch in  Nieder- wäldern (S. 36) deutlich als Grenzbaum Wozu dienten Einzelbäume? zu erkennen. Später übernahmen Grenz- Zur damaligen Zeit dienten einzelne steine die Funktion. Um diese jedoch Bäume als Markierungen von Grund- wiederzufinden, wurden sie mit soge- stücken ( Grenzbäume, S. 31) nannten „Grenzfichten“ markiert, da oder die Obrigkeit hielt unter ei- Fichten vor den 1930er Jahren bei uns nem Baum Gericht (Gerichts- noch sehr selten waren. In unseren baum). Ältere Generationen heutigen ausgedehnten Fichtenwäldern können noch von Kaffee- wäre es dagegen schwierig, Grenzsteine trinker-Linden oder Tanz- unter den vielen Fichten ausfindig zu linden in den Dörfern machen. erzählen. Die weit aus- ladenden Äste trugen Podeste, unter denen die Bewohner bei Festen tanzten. Bäume auf den Weiden spendeten Mensch und Vieh kühlenden Schatten.

Ökologische Bedeutung Alte Einzelbäume sind heute oft Naturdenkmale, sie bereichern das Landschaftsbild und sind wertvolle Lebensräume für zahlreiche Tierarten.

schen Glaubens war: zur damaligen Zeit ein Skandal! Deshalb machten sie als heimlichen Treffpunkt die Eiche oberhalb Der Zauberbaum des Katharinenberges aus, die zwischen Namen „Zauberbaum“ trug. (leicht Zwischen Wildberg und Nosbach Wildberg und Nosbach lag. Damals verändert, Quelle: www.KuLaDig.LVR.de) (Gemeinde Reichshof) gab es weder Telefon noch Handy zum Leider kamen diese Botschaften meist Um die uralte Tradition fortzuführen, Vor langer Zeit verliebten sich eine junge Verabreden, daher erschienen die beiden gar nicht an: spielende Kinder fanden liegen noch heute hin und wieder kleine Frau aus Wildberg und ein junger Mann dort nicht immer zur gleichen Zeit. Blieb die Liebesbeweise und dachten, dass Geschenke in der Astgabel der mächtigen aus Nosbach. Die Liebenden durften einer der Liebenden aus, so legte der die alte Eiche ihnen schöne Geschenke Eiche am Katharinenberg. Versuche doch sich jedoch nicht öffentlich treffen, weil andere eine Botschaft oder ein kleines bereitgelegt habe. Täglich suchten sie dein Glück, vielleicht hat der Zauberbaum sie katholischen und er protestanti- Geschenk in eine Astgabel der Eiche. seitdem die Eiche ab, welche bald den auch ein Geschenk für dich!

30 31 Mühle mit Ober- und Untergräben Stauteich Schütz Teile einer ehemaligen wasserbaulichen Anlage von Mühlen Obergraben zur Nutzung der Wasserkraft eines Fließgewässers Wehr

Woran erkenne ich einen Ober- oder Kulturelle Bedeutung der Mühlenanlagen Untergraben? Die ersten Siedlungsformen in den Tälern Obergraben: vom Bach oder Fluss abge- des Bergischen waren Wassermühlen. zweigter Graben mit Stauwehr und Schütz Anfangs nur zum Mahlen von Getreide (bewegliche Sperre zur Regelung der genutzt, entwickelten sie eine wachsende Wasserzufuhr – siehe Abb. rechts) Vielfalt. Im Laufe der Zeit kamen Loh- Untergraben: unterhalb einer Mühlenan- und Pulvermühlen, Hämmer, Papier- und Wie funktioniert die Mühlenanlage? Ökologische Bedeutung lage wieder zum Fließgewässer führender Walkmühlen dazu. Um 1800 schließlich Aus dem Fluss wurde mit Hilfe eines Für den Aufstau des Baches zur Ausleitung Graben gab es zwischen Wupper und Sieg mehr Wehrs das Wasser in den Obergraben des Wassers in den Obergraben musste als tausend Mühlen. Ihre Anlagen haben abgeleitet. Von dort floss es meist zuerst ein Absperrbauwerk errichtet werden. Wo finde ich Ober- und Untergräben? das Bild und die Geschichte des Bergischen in einen Stauteich, der vor der Mühle Dadurch veränderten sich die Lebens- Hier und da in den Tälern im Bergischen; nachhaltig geprägt. Bis heute haben nur angelegt wurde. Dadurch konnten tages- bedingungen im Bach. Viele Fische und z. B. gut erhaltener Obergraben von 1,4 km wenige Mühlen überdauert, aber die zeitliche Schwankungen des Wasserbe- andere Tiere können diese Barriere nicht Länge an der Wipper verlaufend bei Ober- und Untergräben sind vielerorts darfs ausgeglichen werden. Mittels eines überwinden. Heute wird versucht, die Wipperfürth-Egerpohl (an alter Bahntrasse) noch deutlich zu erkennen. Schützes wurde die Wasserzufuhr auf Bäche an diesen Stellen wieder durch- oder in Burscheid bei der Lambertsmühle das meist oberschlächtige Wasserrad gängig zu machen. Verfallene und nicht im Wiembachtal (siehe auch geregelt. Unterhalb der Mühle führte der mehr genutzte Wehre werden beseitigt, www.KuLaDig.LVR.de). Untergraben das Wasser in den Bach um Forellen und Lachsen sowie anderen zurück. Gewässerbewohnern den Weg zu ihren Laichgründen freizugeben.

Baue dir ein Mühlrad! 1 Korken (am besten aus Naturkork), 2 Holzspieße, 1 sauberer Milchkarton, 1 Schere, 1 kleines Messer Bauan- Lasse dir von einem Erwachsenen in den leitung Korken vier ca. 2 cm lange Kerben in Längsrichtung mit einer Tiefe von ca. 0,5 cm einritzen. Nun stecke die Holzspieße links und rechts mittig in die Korkenenden. Danach schneide mit einer Schere vier 2 x 6 cm große Streifen aus einem Milchkarton. Diese steckst du in die Kerben des Korkens. Fertig ist dein Mühlrad! Lege die Enden der Holzspieße zwischen Daumen und Zeigefinger in deine Hände, schon bei geringer Fließgeschwindigkeit fängt das Rad sich an zu drehen! 32 33 Heiden und Wacholderheiden nährstoffarmen Verhältnisse angepasste Achtung – gefährdet! Waldfreie Flächen, die mit Heidekraut bewachsen sind Arten, wie die Besen-Heide, breiteten Viele Heideflächen wurden beginnend im und außer dem Vorkommen von Wacholder vereinzelt sich auf den Flächen aus. Bei gleichzeitiger 19. Jahrhundert systematisch aufgeforstet, weitere Baumarten wie Eiche, Birke und Buche oder Beweidung hatten Laubbäume keine erst mit Kiefer, dann mit Fichte, da diese Sträucher wie Ilex oder Ginster aufweisen Wacholder Chance mehr und der lichtliebende auch auf verarmten Böden wachsen Wacholder konnte sich als Weideunkraut können. Die verbliebenen Heiden drohen gut entwickeln – seine nadelspitzen heute durch Aufgabe der Nutzung zu Blätter schützen ihn vor Verbiss. überaltern und zu verbuschen. Kommen die ersten Gehölze auf, wird der lichtbe- dürftige Wacholder verdrängt. Der beste Schutz der Heiden ist die Offenhaltung der Fläche durch Beweidung mit Schafen und Ziegen. Englischer Ginster Ökologische Bedeutung Moorschnucken Heiden sind Lebensraum für viele licht- liebende Pflanzen- und Tierarten, die auf nährstoffreichen Böden nicht konkurrenz- fähig sind. Dazu gehören z. B. Ginsterarten, Becherflechten sowie eine Reihe von Käfern, Heuschrecken und Reptilien.

Feld-Sandlaufkäfer

Besenheide

Wacholderbeeren Wo finde ich (Wacholder-) Heiden? Holznutzung ( Niederwälder, S. 36) Der Wacholder Selten geworden, Vorkommen in Reichs- und Beweidung mit Schafen und Ziegen Schlingnatter Das im Bergischen heimische Nadel- hof und Morsbach (Wacholderweg bei entstanden waldfreie Flächen. Hinzu kam gehölz war bei unseren Vorfahren sehr Branscheid, NSG Wacholderbestände bei die sogenannte Plaggennutzung (Abplag- beliebt. Wacholderzweige schützten Wildberg, Heiderhardt in Morsbach) oder gen). Dazu wurde der krautige Aufwuchs Haus und Stall vor bösen Geistern. Über in der Wahner Heide bei Rösrath. mitsamt des Oberbodens abgestochen Wacholderholz geräucherter Schinken ist und als Stalleinstreu genutzt, um diese auch heute noch eine Delikatesse und Wie sind (Wacholder-) Heiden entstanden? anschließend als Dünger auf die Äcker die Beeren finden nicht nur als Gewürz Heiden bildeten sich im Bergischen Land in zu bringen. Dadurch verarmte der Boden Verwendung, sondern vor allem als Zeiten großer Holznot. Durch intensive und nur wenige, an diese kargen, verdauungsfördernder Wacholderschnaps.

34 35 Niederwälder (Haubüsche) Baumpieper Historische Waldnutzungsform, bei der sämtliche Bäume eines Waldstückes genossenschaftlich bewirtschaftet. Nieder- in Abständen von 15-30 Jahren „auf den Stock gesetzt“, d. h. gefällt werden. wälder, die seit längerem nicht mehr Aus den Stümpfen treiben anschließend neue Stämme aus, die zuerst Büsche „auf den Stock gesetzt“ wurden und sich und mit der Zeit wieder einen Wald bilden. langsam zu älterem „Hochwald“ entwickeln, sind überall verteilt und heute noch am Woran erkenne ich einen Niederwald? Wo finde ich Niederwälder? krummen Wuchs der Stämme zu erkennen. Wald mit mehrstämmigen Laubbäumen Regelmäßig genutzte Niederwälder gibt von niedriger Höhe. es im Bergischen Land aktuell nur noch Wie sind Niederwälder entstanden? im Nutscheid bei Waldbröl. Sie werden Eichen, Hainbuchen und Birken besitzen von sogenannten „Waldnachbarschaften“ die Fähigkeit, neue Triebe aus dem Rand Alle Produkte des Niederwaldes fanden ihrer Wurzelstöcke wachsen zu lassen – Verwendung: Das Holz wurde als Brenn- auch „Stockausschlag“ genannt. Diese holz genutzt, Köhler verkohlten Holz zu Eigenschaft nutzte der Mensch in Zeiten Kohle. Sogenannte „Lohschäler“ ernteten großer Holzknappheit, um innerhalb die Rinde junger Eichen wegen ihres weniger Jahre lebenswichtiges Brennholz hohen Gerbstoffgehaltes und verkauften zu erwirtschaften. sie an Gerbereien (z. B. in Waldbröl). Das Laub sammelten die Bauern als Streu für ihre Viehställe. Dadurch verarmte der Boden und in den Niederwäldern wuchs in der Krautschicht fast nur noch Besen- heide oder Heidelbeere. Heute spielen Niederwälder wirtschaftlich keine Rolle mehr, sind jedoch sehr wertvoll für den Naturschutz.

Ökologische Bedeutung Die vielfältigen Strukturen der Niederwälder bieten abwechslungsreiche Lebensräume Zum Abschälen für viele gefährdete Tierarten, darunter der jungen Haselhuhn, Baumpieper, zahlreiche Eichenrinde Schmetterlingsarten, Heuschrecken und wurde der „Lohlöffel“ andere Insekten. verwendet

Die Gefleckte Keulenschrecke Blaubeere kommt im Heidestadium des Niederwaldes vor, wenn die Stämme frisch Stockausschlag abgeerntet sind

36 37 Wirtschaftswälder (Hochwälder) Rotmilan Wald, in dem die Bäume aus Samen entstanden sind. Durch die Forstwirtschaft werden die Wuchsformen der Bäume für die Erzeugung von qualitativ hochwertigen Laub- und Nadelhölzern optimiert.

Wo finde ich Wirtschaftswälder ? Zur Geschichte und heutigen Bedeutung Bewirtschaftung mit dem Ziel der nach- Ökologische Bedeutung Nahezu alle Wälder im Bergischen Land von Wirtschaftswäldern haltigen Nutzung durchsetzte. Mit dem Hochwälder natürlicher Waldgesellschaften werden heute forstwirtschaftlich genutzt. Vom Menschen nicht beeinflusste Wälder Siegeszug der fossilen Brennstoffe ver- (z. B. Hainsimsen-Buchenwälder) beher- Die meisten gehören Privatleuten und gibt es in Mitteleuropa schon lange nicht änderte sich der Holzbedarf der Menschen: bergen ein riesiges Netz aus Lebens- sind in kleine Grundstücksparzellen mehr. Seit der Besiedelung des Bergischen Anstelle von Brennholz wurde vermehrt gemeinschaften von Pflanzen, Tieren aufgeteilt – eine Folge des im Bergischen Landes (ab ca. 800 n. Chr.) hat der Mensch hochwertiges Bauholz nachgefragt. In der und Pilzen. Sie sind – wie auch standort- vorherrschenden Real-Erbteilungsrechts. den Wald wirtschaftlich genutzt; als Brenn- Folge wurden die traditionellen Nieder- gerechte Mischwälder – wichtig für den holz, zum Haus- und Möbelbau, zur wälder in Hochwälder umgewandelt. Die Schutz von Wasser, Boden und Klima Herstellung von Holzkohle für die Eisen- Fichte hielt als „Brotbaum“ Einzug im und somit ein unverzichtbarer Bestandteil erzschmelze, als Viehweide und für viele Bergischen und die Technik der Wald- der Kulturlandschaft. andere Zwecke. bewirtschaftung entwickelte sich rasant. Wirtschaftswälder, wie wir sie heute kennen, Heute ist die Forst- und Holzwirtschaft entwickelten sich im 19. Jahrhundert, als ein bedeutender Wirtschaftszweig mit sich in der Forstwirtschaft eine planmäßige 180.000 Beschäftigten allein in Eichhörnchen Nordrhein-Westfalen. Buntspecht

Forstwirt

Fliegenpilz Langholz-Transporter

Wildschwein 38 39 Turmfalke Steinbrüche Kalkgestein: entstand aus ehemaligen durch Erschöpfung des Materials schlossen Oberirdische Abbauflächen zur Gewinnung Korallenriffen und kommt nur an im vorigen Jahrhundert immer mehr von festem Gestein, im Bergischen Land manchen Stellen im Bergischen an Steinbrüche und heute sind nur noch Grauwacke-Sandstein die Oberfläche, wird heutzutage nicht wenige in Betrieb. mehr genutzt. Ökologische Bedeutung Woran erkenne ich einen alten Steinbruch? Wie hat sich die Steinbruchindustrie Offen gelassene, alte Steinbrüche sind Mehr oder weniger tiefe Gruben, häufig entwickelt? von großer Bedeutung für den Artenschutz, mit kleinen stehenden Gewässern auf In oberflächennahen Steinkuhlen wurden da sich eine Vielfalt von Lebensräumen den Abbausohlen, Blockschutt an den seit dem Mittelalter für den Eigenbedarf auf kleinstem Raum ergibt. Hier finden Der Uhu und der Turmfalke Hängen und steilen Abbruchwänden. der Bevölkerung zum Bau von Kirchen, zahlreiche Pflanzen- und Tierarten einen nisten gerne in den Abbruchwänden Wohngebäuden und Trockenmauern Rückzugsort. Verfüllungen von Steinbrüchen Wo finde ich Steinbrüche? (S. 10) sowie zum Kalkbrennen Steine oder Zuwachsen der Stein- Alte Steinbrüche verschiedener Größe findet ausgegraben. Da die Transportmöglich- brüche bedeuten das man im gesamten Bergischen verteilt, keiten unzulänglich waren, spielte der Verschwinden dieses nicht alle sind mehr zugänglich (verfüllt oder kommerzielle Abbau keine große Rolle. Artenreichtums. zugewachsen). Die alte Dolomitgrube Cox Im Zuge der Industrialisierung und dem bei Bensberg kann auf ausgewiesenen Ausbau der Eisenbahn kam die Blütezeit Wegen besichtigt werden. Aktive der Gewinnung von Grauwacke zur Pflaster- Grauwacke-Steinbrüche gibt es z. B. in steinherstellung. Für die Menschen im Uhu Lindlar, Gummersbach und Bergneustadt. Bergischen bot die Arbeit im Steinbruch Dort werden auch Führungen angeboten. eine gute Einkommensquelle. Durch zuneh- mende Konkurrenz aus dem Ausland oder Welche Gesteine spielen bei uns eine Rolle? Hauptberufe in den Steinbrüchen: Grauwacke: hartes Sedimentgestein aus Räumer befreiten die Felsen von dem Erdzeitalter Devon, ca. 350 Mio. Erdschichten, Stößer Jahre alt. sprengten und spalteten das Gestein in große Blöcke, Seelilien-Stängel sind Kipper verarbeiteten die typische Fossilien des Blöcke zu Pflastersteinen Bergischen Landes

Im Henkelmann transportierten die Steinbrucharbeiter Habichtskraut ihr Essen

40 41 Bergbaustollen Pingen Unterirdisch führende Gänge zum Fördern von Erzen Runde kraterförmige Kuhlen von bis zu zwei Metern Durchmesser können Spuren von oberflächlichem Erzabbau Wo finde ich Bergbaustollen? Heute finden wir in der Landschaft zwar sein. Das Wort „Pinge“ bedeutet so viel Spuren des Bergbaus sind im gesamten noch Spuren des einst bedeutenden wie „Aufschurf“. Es wurden brunnenartige Bergischen zu entdecken. Gelände- Industriezweigs, die meisten Stollen sind Löcher gegraben, bis das Grundwasser führungen im „Bensberger Erzrevier“ jedoch verfüllt worden oder mittlerweile die Gruben verfüllte. Dann wurde in (erstreckt sich zwischen Bergisch verfallen. Achtung: Gefahr beim Betreten! einigem Abstand mit einer neuen Pinge Gladbach, Engelskirchen und Much) werden begonnen. Im gesamten Bergischen vom Bergischen Museum für Bergbau, Ökologische Bedeutung wurden auf diese Weise Erze im Tagebau Handwerk und Gewerbe angeboten. Stollen sind bedeutende Überwinterungs- geschürft. Die Grube Silberhardt bei Windeck ist von quartiere gefährdeter Fledermausarten. März bis Oktober für Besucher geöffnet. Zum Schutz der Fledermäuse werden die Stolleneingänge mit Gittern versehen Welche aus Erzen gewonnenen Metalle oder anderweitig verschlossen. Für die Pinge spielen im Bergischen eine Rolle? Tiere kann es lebensbedrohlich sein, Zackeneule Eisen, Blei, Silber, Zink und Kupfer wenn sie aus ihrem Winterschlaf geweckt werden! Auch andere Arten wie Feuer- Wie hat sich der Bergbau im Bergischen salamander oder Zackeneule überwintern entwickelt? in den Stollen. Bergbau gab es im Bergischen schon vor über 2.000 Jahren. Im Mittelalter gelangte Wasserfledermaus der Abbau von Erzgestein zu seiner ersten wirtschaftlichen Blüte. Damals wurden zur Verhüttung und Weiterverarbeitung der Erze hohe Energiemengen (Holzkohle) benötigt und dadurch extremer Raubbau an den Wäldern verübt ( Niederwald, S. 36). Zu Beginn wurde das Erz an der Oberfläche geschürft ( Pingen, S. 43), später wurden Stollen und Schächte gegraben. Im 18. Jahrhundert begann die zweite Blütezeit des Erzbergbaus, dafür sorgten die Errungenschaften der Technik und verbesserte Transportmöglichkeiten. Die Abbautiefe der Schächte und Stollen erreichte zum Teil über 200 Meter. Anfang der 1920er Jahre kam der Berg- bau durch Erschöpfung der Erzlager und Konkurrenz aus dem nahegelegenen Ruhrgebiet zum Erliegen. In der Grube Lüderich (Overath) wurde noch bis 1978 abgebaut.

42 43 Alleen Gleichaltrig gepflanzte Baumreihen beiderseits Der Erdhummel kommen entlang von Weg- oder Straßenrändern zahlreiche Lindenblüten als Nektarquelle sehr gelegen

Nachts werden Alleen zu bevorzugten Jagdgebieten von Fledermäusen Lindenblüten

Wo finde ich Alleen? Ökologische Bedeutung Alte Alleen sind im Bergischen Land Abgesehen von ihrer Bedeutung als selten. Durch Hückeswagen und Bergisch Schadstofffilter stellen Alleen wichtige Gladbach führt z. B. die Deutsche Alleen- Verbindungen zwischen Siedlungen und straße, die von der Insel Rügen bis zum der Landschaft her. Diese „Brücken“ Bodensee reicht. Viele Alleen sind dienen, genauso wie  Hecken (S. 14) ansonsten nur noch fragmentiert vorhan- auch der Vernetzung für viele Tiere und den, in Form einzelner Baumreihen oder Pflanzen. übriggebliebener Einzelbäume. Jüngere Alleen wurden im Rahmen von Förder- programmen gesetzt, z. B. an der K1 Alte Hainbuchen-Allee zwischen Dörpmühle und Hückeswagen (135 Berg-Ahorne auf 2,5 km).

Wozu wurden Alleen gepflanzt? Baumreihen an Straßen und Wegen gibt es seit der Antike. Im Barock wurden sie vor allem zur ästhetischen Gestaltung der herrschaftlichen Anwesen genutzt. In der freien Landschaft dienten Alleen zur Orientierung und als Schattenspender für Mensch und Vieh. Später wurde es üblich, zur besseren Nahrungsversorgung auch Obstgehölze an die Wegränder zu pflanzen. In Dörfern und Städten zierten Baumreihen zentrale Straßen und verliehen ihnen einen ganz besonderen Charme.

Welche Baumarten sind typisch für Alleen im Bergischen? Stiel-Eiche, Winter-Linde, Rosskastanie, Berg-Ahorn und Birke.

44 45 Bergische Bräuche

Landschaften und die dort wohnenden und arbeitenden Menschen befinden sich in einem ständigen Wandel. Nichts scheint in der heutigen Zeit beständig. Alles und Jedermann ist in Eile, bewegt sich fort und verändert sich.

Aber auch der moderne Mensch braucht Ruhephasen. Wir empfinden ein Wohl- gefühl, wenn vertraute Erinnerungen wach werden, feste Abläufe dem Alltag eine Struktur geben, Sehnsüchte nach beständig auftretenden Ereignissen befriedigt werden. Maibaumsetzen In Süddeutschland machen es ganze Dörfer, im Bergischen dagegen eher einzelne verliebte junge Männer: einen Maibaum setzen. In der letzten Aprilnacht Ernetedankumzug des Bröltaler Erntevereins e.V. ziehen sie in die Wälder, um dort eine Erntedankfeste zu nutzen. Heute ist das Erntedankfest Birke zu schlagen. Diese wird anschlie- Eigentlich ist Erntedank am ersten aus dem Lichtenberger Gemeindeleben ßend mit farbigen Bändern, Krepp- und Sonntag im Oktober – aber schon ab nicht mehr wegzudenken – so wie in Seidenpapier geschmückt und dann Mitte September feiern die Menschen im vielen anderen Orten im Bergischen Land mehr oder weniger heimlich vor dem Bergischen Land diesen Brauch, wie z. B. ebenfalls nicht. Haus der Angebeteten aufgestellt. Damit in Drabenderhöhe, Morsbach, Overath, die junge Dame auch weiß, dass sie Windeck, Witzhelden und vielen anderen gemeint ist, gehört zu einem richtigen Mai- Orten mehr. Überall da, wo das Ernten und baum auch ein Maiherz aus Pappe oder die Landwirtschaft eine große Rolle spielten Holz, rot bemalt und versehen mit dem oder noch spielen, rückt im Herbst die Namen derjenigen, für die der Maibaum Dankbarkeit der Menschen für ein gutes bestimmt ist. In manchen Orten ist es Erntejahr in den Mittelpunkt. So wie in üblich, dass der Maibaum-Aufsteller die Morsbach-Lichtenberg, das alljährlich Birke nach einem Monat wieder abholt einen großen Ernteumzug mit vielen Fest- und dafür von der Familie der Angebeteten wagen und Fußgruppen erlebt. Ins Leben mit einem Kasten Bier belohnt wird – und gerufen wurde dieser Brauch 1932 von manchmal auch mit einem Kuss der jun- der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr, gen Dame. In anderen Ortschaften gibt die mit dem erstmals durchgeführten es alle vier Jahre einen Rollentausch: In Erntedankfest die Schulden tilgen wollte, Maibaum den Schaltjahren sind es hier die unver- die beim Ankauf der Ausrüstung für Weitere Brauchtümer werden in der heirateten Mädchen, die den jungen Floriansjünger entstanden waren. Sogar Broschüre „Bergische Bräuche“ vom Männern einen Baum vor das Fenster der Pfarrer war einverstanden, das kirch- Naturpark Bergisches Land beschrieben. stellen. lich orientierte Fest zu diesem Zweck

46 47 KuLaDig (Kultur . Landschaft . Digital.) Eine alte Stadtmauer. Eine Obstwiese. Ein Schloss. Eine stillgelegte Fabrik. Eine Allee. Stumme Zeugnisse in der Landschaft. KuLaDig bringt sie zum Sprechen: Mit dem Informationssystem über das landschaftliche Kulturelle Erbe werden sie lebendig und im World Wide Web per Mausklick zugänglich.

Zahlreiche Menschen und Institutionen Somit wird eine ganzheitliche Betrachtungs- verschiedener Fachdisziplinen erforschen weise der Kulturlandschaft ermöglicht. und dokumentieren die historische Kultur- landschaft. Diese Informationen sind Das Fachinformationssystem KuLaDig jedoch bisher schwer zugänglich, wie z. B. wird vom Landschaftsverband Rheinland in Archiven. Zudem sind sie nicht zentral (LVR), dem Landesamt für Denkmalpflege verfügbar. Hinzu kommt, dass zahlreiche Hessen und dem Rheinischen Verein für Objekte nicht oder unzureichend verortet Denkmalpflege und Landschaftsschutz sind. KuLaDig kann hier Abhilfe schaffen. e.V. betrieben und ist für weitere Partner in Deutschland und Europa offen. Übersichtlich, informativ, digital Alle können bei „KuLaDig“ mitmachen In KuLaDig werden Informationen und selbst Objekte eingeben. verschiedener Disziplinen zusammen- Eine Redaktion im LVR liest und prüft die geführt und präsentiert. Artikel und schaltet diese bei Richtigkeit frei.

Konkret bedeutet das: Es lohnt sich, dazu beizutragen, das • Exakte Verortung von Objekten, Strukturen Wissen über unsere Heimat und ihre und Phänomenen in einer Karte vielfältige Natur und Kultur zu sammeln • Beschreibungen und Objektinformationen und der Öffentlichkeit auf „KuLaDig“ zur • Darstellung der Beziehungen zwischen Verfügung zu stellen. Objekten, Strukturen und Phänomenen • Informationen zum Wandel der Kultur- landschaft, Medienangebote, wie z. B. Texte, Karten, aktuelle und historische Fotos, Videos, Tondokumente www.KuLaDig.LVR.de

48 49 Quellen- und Bildverzeichnis

Weiterführende Quellen Bildverzeichnis Klaus, Reichshof: Steinkauz 12, Uhu 41; rechts 31; gemeinfrei Sumpfkratzdistel 27; Böseke, Harry (2002): Die Straße der Arbeit. Bergischer Geschichtsverein, Abt. Oberberg e.V., Spans, André: 10 links; Schriever, Olaf, Udo Schmidt/CC BY-SA 2.0: Bibernelle 22; Eine Zeitreise in Geschichten, Erinnerungen Reproduktion der Karte von Arnold Mercator, Bergische-Obstsorten.de: Obstwiese u. Ulrich Hartmann/CC BY-SA 2.0: Steinherz und Bildern. Wiehl. Grenzen des Bergischen Amtes Windeck Apfelkiste 12, 13 oben, Klappertopf links 31; Vera Buhl/GFDL/CC BY-SA 3.0: Erd- und der Herrschaft Homburg (Kopie von Hans 23; Schweineberg, Sören: 39 oben; hummel 45; Werner Pichler/CC BY-SA 3.0: Goebel, Klaus (Hrsg.) (2001): Oberbergische Weirich): Karte 6; Biologische Stationen Ober- VDN/Johannes Matzke: 46 unten; Mädesüß-Perlmutterfalter 27 Geschichte, Bd. 1, Von den Anfängen bis zum berg / Rhein-Berg: Titelbild 1, 7, Luftbild 8/9, Westfälischen Frieden. Wiehl. 9 unten, 10 rechts, 11, 13 unten, Hecke Wikimedia Commons: © Hans Hillewaert/ Goebel, Klaus (Hrsg.) (1998): Oberbergische 14/15, 14 unten, 15 rechts oben, Hohlweg CC-BY-SA-4.0: Glockenblume 22; Algir- Geschichte, Bd. 2, Vom Westfälischen Frieden 16, 19 oben u. rechts unten, Ackerterras- das at the Lithuanian language Wikipedia zum Ende der Monarchie 1648-1918. Wiehl. se 20/21, Buckelrain 20, pflügender Bauer /GFDL/CC BY-SA 3.0: Weißklee 25; And- 20, 21 unten, Heuwiese 22/23, Schmal- ré Karwath/CC BY-SA 2.5: Zackeneule 43; Goebel, Klaus (Hrsg.) (2001): Oberbergische bock 22, Schachbrettfalter auf Ackerwit- Andreas Trepte, www.photo-natur.de/CC BY- Geschichte, Bd. 3, Von der Weimarer Republik wenblume 23, großes Wiesenbild 24/25, SA 2.5: Turmfalke 41; AnRo0002/CC0 1.0: bis zur Jahrtausendwende 1918-1999. Wiehl. 25 oben u. unten, 26/27 ab Mitte unten, 29 rechts oben; Björn Schulz/GFDL/CC BY-SA Karthaus, Gero (1993): Natur vor der Haustür. 28, Bläuling 29, Einzelbäume 31, 32, 33 3.0: Haselmaus 15; BjørnTennøe/CC BY-SA Leben mit Landschaft, Pflanzen und Tieren unten, Heidelandschaft (ohne Schafe) 34/35, 2.0: Blaubeere 36; Corradox/GFDL/CC BY-SA in oberbergischen Dörfern früher und heute. Lohschälmesser 37, Fichtenwald 38, Laubwald 3.0: Moorschnucken 34; DickDaniels/GFDL/ . 39, Holztransporter u. Holzhaufen 39, Henkel- CC BY-SA 3.0: 8 unten links; Dietmar Nill/CC BY mann u. Seelilien 40, Steinbruch u. Habichts- 2.5: Fledermäuse 44; Fritz Geller-Grimm/CC Karthaus, Gero (1988): Oberbergische kraut rechts 41, Stollen 42/43, Fledermaus BY-SA 3.0: Feld-Sandlaufkäfer 35, Gefleckte Lebensräume. Die Pflanzen- und Tierwelt der 43, Allee u. Wanderschafherde 44, 45 unten; Keulenschrecke 37; Henry Mühlpfordt/GFDL/ wertvollsten Biotope im Oberbergischen Kreis. Boxberg, Werner, [email protected]: CC BY-SA 3.0/CC BY-SA 2.5/CC BY-SA 2.0/CC Gummersbach. Prozession 18/19; Bürgerverein Kreuz- BY-SA 1.0: Gänseblümchen 25; Ist der Name Kremer, Bruno P. (1997): Lebensraum aus berg e.V.: 43 oben; © Can Stock Pho- noch frei?/CC BY-SA 4.0: Löwenzahn 25; Menschenhand. Schützenswerte Biotope der to Inc. / kikkerdirk: 16/17 unten; © cbj, James Lindsey at Ecology of Commanster/ rheinischen Kulturlandschaft; Schriften des München, mit freundlicher Genehmigung CC BY-SA 2.5/CC BY-SA 3.0: Knaulgras 24; Bergischen Freilichtmuseums, 6. Köln. des Verlags: Drache Kokosnuss 5, 21; Joachim K. Löckener/GFDL/CC BY-SA 3.0/ Dorf- und Heimatverein Wildberg e.V., CC BY-SA 2.5/CC BY-SA 2.0/CC BY-SA 1.0: Nehls, Alfred (1993): Aller Reichtum lag in www.wildberg-ev.de: Einzelbaum 30; Harbich, Großes Heupferd 22; Jörg Hempel/CC BY- der Erde. Die Geschichte des Bergbaus im Carina: 18 oben, Ackerwitwenblume 21, Zitter- SA 2.0 DE: Igel 15; Luc Viatour / www.Luc- Oberbergischen Kreis. Gummersbach. gras 22, 23 rechts unten, durchgewachsener nix.be/GFDL/CC BY-SA 3.0/CC BY-SA 2.5/ Nicke, Herbert (1995): Das Oberbergische Niederwald 36/37; Heimatbildarchiv des Ober- CC BY-SA 2.0/CC BY-SA 1.0: Schleiereule 9; Land. Ein Landschaftsportrait. Wiehl. bergischen Kreises: s/w 40/41; Helmus, Axel, Marek Szczepanek/GFDL/CC BY-SA 3.0: Biologische Station Oberberg: Brief 30/31, 46 29 links unten; Mike aus dem Bayerwald/CC Nicke, Herbert (1998): Bergische Mühlen. oben, 48/49, Illustrationen 5, 15, 17, 29, 30, BY-SA 3.0: 8 rechts unten; N p holmes/GFDL/ Auf den Spuren der Wasserkraftnutzung im 31, 33, 36, 37, 43, 46 r. o.; Jacobs, Reiner, CC BY-SA 3.0: 45 rechts oben; Peter Forster/ Land der tausend Mühlen zwischen Wupper http://reinerjacobs-naturfoto.jimdo.com: CC BY-SA 2.0: 35 rechts; Piet Spaans/GFDL/ und Sieg. Wiehl. 15 oben links, 37 oben, Eichhörnchen u. CC BY-SA 3.0/CC BY 2.5: 35 links unten; Trott, Inge (2004): So lebten unsere Vorfah- Fliegenpilz 38, Wildschwein u. Buntspecht 39; sarefo/GFDL/CC BY-SA 3.0/CC BY-SA 2.5/ ren. Auf Spurensuche im Bergischen Land. Kraus, Elke, Bröltaler Ernteverein: 47; CC BY-SA 2.0/CC BY-SA 1.0: Gelbe Wiesen- Nümbrecht. Mattil, Christiane: Forstwirt 38; Mühlmann, ameise 20; Sylda31/CC BY-SA 3.0: Steinherz

50 51 Biologische Station Oberberg Rotes Haus, Schloss Homburg 2 51588 Nümbrecht 02293 - 90 15 0 www.BioStationOberberg.de [email protected]

Biologische Station Rhein-Berg Kammerbroich 67 51503 Rösrath 02205 - 94 98 94 0 www.BioStation-Rhein-Berg.de [email protected]

Zweckverband Naturpark Bergisches Land Moltkestr. 34 51643 Gummersbach 02261 - 88 69 09 www.NaturparkBergischesLand.de [email protected]

Ein Projekt des LVR-Netzwerks Landschaftliche Kulturpflege