Greifswalder Beiträge
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GREIFSWALDER Jahrgang 12 - 2018 - Sonderheft 12 - 2018 Jahrgang BEITRÄGE zur Stadtgeschichte Denkmalpflege Stadtsanierung Sepulkralkultur in Mittelalter und Neuzeit Herausgeber: Universitäts- und Hansestadt Greifswald • Der Oberbürgermeister • Jahrgang 12 - 2018 - Sonderheft Stadtbauamt • Abteilung Stadtentwicklung / Untere Denkmalschutzbehörde Postfach 31 53 • D-17461 Greifswald • Tel.: +49 (0) 3834 8536 4241/-40 • Fax.: +49 (0) 3834 8536 4213 E-Mail: [email protected] • [email protected] Greifswalder Beiträge zur Stadtgeschichte, Denkmalpflege, Stadtsanierung Stadtgeschichte, Beiträge zur Greifswalder Impressum Herausgeber: Universitäts- und Hansestadt Greifswald Der Oberbürgermeister Stadtbauamt Abteilung Stadtentwicklung / Untere Denkmalschutzbehörde Redaktion: Dirk Brandt Thilo Kaiser Astrid Ewald Torsten Rütz Felix Schönrock André Lutze Idee und Konzeption: Sonderheft 2018 Torsten Rütz und Dirk Brandt Wissenschaftliche Betreuung, Lektorat und Layout: Dirk Brandt Büro für bauhistorische Untersuchung und Dokumentation - Arbeitsgemeinschaft A. Lutze & D. Brandt GbR Umschlag: Hintergrund: Greifswald, Markt 13, Westfassade, Detail (Foto: T. Rütz) Themenbild: Greifswald, St. Marien, nördliche Turmseitenhalle, Chronos am Grabmal Franz von Essens und Anna Pansows (Foto: D. Witt) Druck: Druckhaus Panzig Studentenberg 1a 17489 Greifswald Auflage: 500 Stück ISSN: 1613-3870 Internetpräsenz der Reihe: https://www.greifswald.de/de/wirtschaft-bauen-verkehr/bauen/ denkmalschutz-und-denkmalpflege/ © Universitäts- und Hansestadt Greifswald, Der Oberbürgermeister, Stadtbauamt, 2018 1 Inhaltsverzeichnis Die Autoren 2 Editorial 3 800 Jahre Begräbniskultur im Spiegel der Greifswalder Stadtgeschichte: Ein Überblick Michael Lissok 4 Archäologische Untersuchungen auf Greifswalder Bestattungsplätzen Jörg Ansorge 22 Bestattungen in Greifswalder Kirchen Jürgen Herold 34 Kammern unter dem Fußboden Gruftanlagen in den mittelalterlichen Kirchen Greifswalds Torsten Rütz 44 Es im Tode noch einmal allen zeigen! Barocke Grabmäler in Greifswalder Kirchen Detlef Witt 60 Der Alte Friedhof in Greifswald Geschichte und bauliche Besonderheiten Anja Kretschmer, Regina Ströbl und Andreas Ströbl 90 2 Die Autoren Dr. Jörg Ansorge Horst geb. 1965 Dipl.-Geologe, Archäologe Jürgen Herold M. A. Greifswald geb. 1957 Historiker Dr. Anja Kretschmer Bad Doberan geb. 1981 Kunsthistorikerin Dr. Michael Lissok Greifswald geb. 1958 Kunsthistoriker Torsten Rütz M. A. Greifswald geb. 1965 Archäologe, Bauhistoriker Dr. Regina Ströbl Lübeck geb. 1964 Archäologin, Kunsthistorikerin Dr. Andreas Ströbl Lübeck geb. 1964 Archäologe, Kunsthistoriker Detlef Witt M. A. Sundhagen geb. 1962 Kunsthistoriker 3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Jahr hat sich das Redaktionsteam unserer Besonders interessant ist der Artikel von Torsten Rütz, „Greifswalder Beiträge“ eines besonderen Themas der gewährt er doch Einblicke in die unsichtbaren Bereiche Stadtgeschichte angenommen: der Begräbniskultur des unserer Kirchen, die unter dem Fußboden angelegten, ge- Mittelalters und der Neuzeit in der Universitäts- und Han- mauerten Gruftanlagen. sestadt Greifswald. Mit der jüngeren Geschichte, den barocken Grabmälern, Uns war es wichtig, gerade dieses Thema einmal inten- beschäftigt sich Detlef Witt in einem sehr umfassenden siver zu beleuchten, nicht nur, weil es viele gute For- und besonders anschaulichen Beitrag. Dabei geht es um schungsergebnisse auf diesem Gebiet gibt, sondern auch Deutungen von Bildprogrammen an Schauwänden und deswegen, weil die Begräbniskultur in der Vergangenheit Epitaphien in den Greifswalder Kirchen sowie um die einen weit höheren Stellenwert im Leben der Menschen Abschaffung der Kirchenbestattung Ende des 18. Jahrhun- hatte als in der heutigen Zeit. derts und das daraus entstehende neue, kommunale Be- gräbniswesen. Vielen Greifswaldern ist der „Alte Friedhof“ in der Wolgas- ter Straße bekannt. Viele wissen auch um die besonders Den Abschluss bildet der Artikel von Anja Kretschmer so- gestalteten Grabplatten in den Kirchen; aber gibt es da wie Regina und Andreas Ströbl über den „Alten Friedhof“. noch mehr? Diesen und anderen Fragen gehen unsere Es werden die Geschichte der Entstehung des Friedhofes Autoren nach. So gibt uns Michael Lissok einen Überblick beleuchtet und die baulichen Besonderheiten vorgestellt: über 800 Jahre Begräbniskultur im Spiegel der Greifswalder die leider abgerissene neugotische Kapelle aber auch die Stadtgeschichte. Jörg Ansorge beschäftigt sich mit archäo- noch vorhandenen, zum Teil erst vor kurzem aufwendig logischen Untersuchungen auf Greifswalder Bestattungs- sanierten Grufthäuser. plätzen, insbesondere auf den Kirchhöfen von St. Marien und St. Jacobi. Jürgen Herold bringt uns Bestattungen in- Ich hoffe, Ihr Interesse für dieses außergewöhnliche The- nerhalb der Gotteshäuser näher und befasst sich vor allem ma geweckt zu haben und wünsche Ihnen wie immer viel mit den dort noch zahlreich vorhandenen Grabplatten. Spaß beim Lesen. Bleiben Sie neugierig. Ihr Thilo Kaiser 4 800 Jahre Begräbniskultur im Spiegel der Greifswalder Stadtgeschichte: Ein Überblick Michael Lissok Einführung schaften hin. Belege hierfür bieten auch die sogenannten Die rituelle, nach einem verbindlichen Regel- und For- „Urnenfelder“, also jene prähistorischen Begräbnisplätze, menkanon vorgenommene Bestattung der Toten gehört auf denen oft über einen langen Zeitraum mehr oder zu den elementarsten und ältesten „Kulturtechniken“ der weniger kontinuierlich Feuer- und Erdbestattungen vor- Menschheit. Dazu geeignete Orte auszuweisen, besonde- genommen wurden. re Stätten einzurichten sowie Objekte zu schaffen (z. B. Urnenbeisetzungen auf einem solchen frühgeschichtli- Grabmonumente oder Gedächtnismale), ist aus Glaubens- chen „Friedhof“, die während der vorrömischen Eisenzeit gründen und diversen zivilisatorischen Motiven stets von stattgefunden haben (ca. 600 v. Chr. - um 0), waren sogar Bedeutung gewesen und stand bei vielen Religionen und namengebend für eine unweit Greifswalds gelegene Ort- Gesellschaften sogar im Zentrum. Dieses anthropogene schaft, für Potthagen.1 Dabei ist dieser heutige Ortsteil von Kontinuum brachte auch eine immense Fülle materieller Weitenhagen natürlich keine Gründung der vorrömischen Zeugnisse hervor, unter denen sich herausragende Wer- Eisenzeit; er geht auch auf kein im Hochmittelalter ent- ke menschlichen Schöpfertums befinden. Zu denken ist standenes Rodungsdorf zurück, wie es die Silbe „hagen“ in dabei etwa an Gegenstände, die etliche Museen zu ihren seinem Namen eigentlich nahelegt. Diese Ansiedlung ist Glanzstücken zählen und die, während sie heute als hand- weitaus jünger, sie entstand erst während der 1730er Jah- werkliche und künstlerische Arbeiten von Rang bewun- re. Nahe ihrem zukünftigen Standort hatte man 1727 ein dert werden, ursprünglich für den Toten- und Ahnenkult prähistorisches Gräberfeld entdeckt und auf ihm nach und gefertigt wurden, kostbare Grabbeigaben oder wichtige nach über 150 Urnen mit reichen Grabbeigaben geborgen Symbol- und Funktionsträger innerhalb eines religiös- (Abb. 2).2 Wegen dieses spektakulären archäologischen sepulkralen Opfer- und Gedenkritus waren. Auch im hie- sigen Pommerschen Landesmuseum tragen die meisten der in der ur- und frühgeschichtlichen Abteilung ausge- stellten archäologischen Objekte diesen Charakter. Rückschau in die Ur- und Frühgeschichte Viele der ältesten dinglichen Hinterlassenschaften von Begräbniskulten, die auf pommerschem Boden entdeckt wurden, stammen aus der Jungsteinzeit und frühen Bron- zezeit, sind also rund 3500 bis 4000 Jahre alt. Während dieser Epochen entstanden in Vorpommern die Grabhü- gel und Megalithgräber („Hünengräber“) als frühe kollek- Abb. 1 Nadelitz auf Rügen. Großsdolmen der Jungsteinzeit. Grabmonu- tive Leistungen, deren Errichtung mit viel Aufwand be- mente wie dieses dokumentieren frühe kollektive Leistungen vor dem trieben wurde. In dieser Gruppe sepulkraler Großbauten Hintergrund von Totenkult und Jenseitsvorstellungen. Außerdem ver- artikulierte sich erstmals der Drang nach Dauerhaftigkeit weisen sie auf die Ortsgebundenheit ihrer Erbauer und eine ausgebil- und Monumentalität (Abb. 1). Zugleich weisen sie auf dete soziale Differenzierung innerhalb der neolithischen Bevölkerung. Abbildung: Gillys.-tosh6.1d (https://commons.wikimedia.org/wiki/File: eine permanente Besiedlung der Region und die Existenz Hünenbett.jpg), „Hünenbett“, https://creativecommons.org/licenses/by- wirtschaftlich und sozial differenzierter Siedlungsgemein- sa/3.0/legalcode (Aufnahme 2006, Abruf 12.11.2018) 1 Benthien u. a. 1968, S. 137 f. 2 Der von 1724 bis 1743 an der Universität Greifswald tätige Rechtsgelehrte Christian Nettelbladt (1696-1775) hatte 1727 bei Weitenhagen die ersten 35 Graburnen gebor- gen, untersucht und über sie noch im selben Jahr eine Veröffentlichung herausgebracht. Damit gehört Nettelbladt zu den Begründern der prähistorischen Forschung und Archäologie in Pommern. Auf dem Greifswalder Altstadtgebiet wurden 1994 hinter der Häuserreihe an der Marktostseite Reste eines Urnengrabes entdeckt (Man- gelsdorf 2000, S. 18 f.). 5 Angehörigen der Christenheit, wie sie nach theologischem Verständnis und als religiöses Ideal existierte, ihre quasi irdische, konkret erfahrbare Dimension.3 Jenseitsvorstellungen und Heilserwartungen, ausgehend vom Glauben an die Auferstehung von den Toten und an ein ewiges Leben, hatten für die Begräbnisriten und -formen wie auch für wichtige Teile der Ausstattung mit- telalterlicher Kirchen maßgebliche Bedeutung. Hier liegen