Freitag 08. 01. 2016 6. Jahrgang 5.– www.tageswoche.ch Nr. Gerbergasse 30 4001 02 T 061 561 61 80

Beat Jans über Seite Heimatgefühle 20 und die Fehler der SP.

«UNSERE POLITIK GEHT AN DER REALITÄT

Durchsetzungsinitiative VORBEI» Ein Ja zur SVP-Initiative isch f würde den Rechtsstaat Seite durchrütteln. 6 Foto: nils FÜR SIE MACHEN WIR DRUCK IM PRINT GEBEN SIE IHRE ANZEIGEN IN BESTE HÄNDE. PROFITIEREN SIE VON UNSEREN ANGEBOTEN IN DER TAGESWOCHE, BARFI.CH UND ALLEN WEITEREN PRINT UND ONLINE PRODUKTEN IN IHRER REGION. DIE GRÖSSTE ANZEIGENVERMITTLUNG DER NORD WESTSCHWEIZ BERÄT SIE GERNE. TELEFONISCH UNTER 061 366 10 00 ODER PERSÖNLICH AN DER GÜTERSTRASSE 145 IN BASEL.

COVER AD LINE AG GÜTERSTRASSE 145, 4053 BASEL INFOCOVERADLINE.CH WWW.COVERADLINE.CH DER MEDIAVERMARKTER 3

INHALTDurchsetzungsinitiative Foto: hans-jörg walter

Die SVP will die Gewaltenteilung aushebeln und ihre Gegner schauen zu. Fakten, Seite Szenarien und ein Gespräch mit einem Einzelkämpfer gegen das Volksbegehren. 6

Wahljahr 2016 Foto: hans-jörg walter Kulturjahr 2016 Foto: universal pictures

Bleibt Morin? Und was macht BastA? Seite Unsere Kulturredaktion freut sich auf Seite Ein Ausblick auf die Basler Wahlen. 18 Peter Stamm und Scarlett Johansson. 36

ANZEIGE Tom Ricklin S. 4 Flüchtling Bestattungen S. 28 Kulturflash S. 39 Kolumnist Sie, er, es S. 43 EPICYCLE 3/6 KRAFT Impressum S. 43 Knackeboul Kultwerk S. 44 denkt über ein BALDUR Wochenendlich S. 45 KOMMT bedenkliches 24. JAN. 16 Zeitmaschine S. 46 Seite HALLE 3 Wort nach. 29 MESSE BASEL

TagesWoche 02/16 EDITORIAL PORTRÄT 4

Der Anfang war leicht Tom Ricklin von Michel Schultheiss m Montag habe ich ganz offiziell meinen neuen Eigentlich macht er sich nicht so viel ­Arbeitsplatz bei der ­TagesWoche eingerichtet. Und aus den Festtagen. Doch dieses Mal so ein erster Tag ist ja meistens etwas chaotisch. Bei erlebte Tom Ricklin eine ganz beson- Christian Degen A dere Weihnachtsgeschichte. mir lief das ungefähr wie folgt ab: Ich habe nach einer Chefredaktor ­kurzen Begrüssung die erste Redaktionssitzung miterlebt, er regelmässig das Drachen- Center besucht, kennt den danach einen Crashkurs zum Betriebssystem erhalten hageren Mann mit rotem und dann meinen Computer eingerichtet. Nach einigen Bart und Baseballmütze. WStets freundlich und diskret wartet Tom ­Gesprächen und ersten Diskussionen war dieser Einstieg Ricklin dort am Eingang auf Spenden. auf der Redaktion bereits wieder vorbei, und ich durfte am «Mischle» – so nennt er das. Ganz allein muss er aber nicht die hohle Abend am Neujahrsempfang unserem Regierungspräsi- Hand machen: Sein «Meitschi» ist immer denten Guy Morin lauschen. dabei. Die schwarze Hündin ist seit neun Jahren seine Begleiterin. Nicht selten Zum Ende der ersten Arbeitswoche möchte ich mich nimmt sie in seinem Handwagen Platz, nun an Sie, liebe Leserinnen und Leser, wenden. Viele von wenn er mit ihr durch die Stadt zieht. «So habe ich sie im Blick», erklärt Ricklin. Ihnen begleiten die Tages­Woche seit ihrem Start im Okto- Wer den 48-Jährigen nach seinem ber 2011. Sie haben die Entwicklung dieses Medienprojekts Wohnort fragt, bekommt diese Antwort: «Ich lebe eigentlich überall in Basel.» Ob verfolgt und fragen sich vielleicht, wohin die Reise unter Parkhäuser, ruhigere öffentliche Toiletten meiner Führung gehen soll. oder gar Friedhöfe, im Winter haben ihm schon einige windgeschützte Orte Unter- Ich kann Ihnen sagen, dass die TagesWoche ­inhaltlich schlupf geboten. noch stärker auf die Stadt und die Region Basel fokussie- Aufgewachsen ist Tom Ricklin in Wet- tingen. «In guten Verhältnissen», wie er ren wird. Wir wollen die Themen aufnehmen, die die Men- sagt. Sein Vater war Heizungsmonteur, sei- schen in der Region bewegen, Diskussionen lancieren und ne Mutter arbeitete in einer Verpackungs- firma. Das handwerkliche Geschick hat er für Gesprächsstoff sorgen. Wir möchten Ihnen Beiträge geerbt: Viele Jahre lang verdiente er seinen anbieten, die von politischer Unabhängigkeit und ­Niveau Lebensunterhalt als Sanitärinstallateur und Deckenbauer. Zudem trat er in Bern, zeugen – und das immer wieder einmal mit einer Prise Hu- Thun, Luzern und Zürich als Velo­kurier in mor gewürzt. Dabei sollen auch Artikel abseits von Tages- die Pedale. Eine Zeitlang arbeitete er als Senn in Lenk im Simmental. aktualität und Agenda Setting von aussen ihren Platz ha- So hangelte er sich von einem Gelegen- ben. heitsjob zum anderen. Dann aber kam die Durststrecke. In Lenk fand er keine Arbeit Und mein erster Eindruck bei der TaWo stimmt mich mehr und so verschlug es ihn nach Basel. extrem positiv. Die Redaktion besteht aus motivierten, «Über 400 Bewerbungen habe ich geschrie- ­kreativen, aber kritischen Leuten, die auch gegenüber ben – vergeblich», erinnert er sich. heiklen Themen keine Berührungsängste kennen. Und Bloss nicht zur Sozialhilfe Trotz Erwerbslosigkeit wählte er nicht ­genau solche Leute braucht es, um den modernen und den Weg über die Behörden, sondern ver- ­relevanten Journalismus zu betreiben, wie ich ihn mir suchte, täglich aufs Neue zu improvisieren, lebte von der Hand in den Mund. Ihm ist es ­vorstelle. Ich freue mich sehr, wenn Sie uns dabei unter- wichtig, nicht von der Sozialhilfe ­abhängig stützen, indem Sie uns auf Themen aufmerksam machen zu sein: «Ich fühle mich so freier.» Als Bettler sieht sich Tom Ricklin nicht und unsere ­Arbeit kritisch, aber konstruktiv begleiten. unbedingt. Denn eigentlich bietet er mit tageswoche.ch/+gdts1 × seinem Handwagen Hauslieferdienste an für Leute, die nicht mehr gut zu Fuss sind. «Daher habe ich auch keine Probleme mit der Polizei», sagt der Betreiber von «Meit- schis Lieferservice», wie er seine Dienst- leistung benannt hat. Generell erlebt er die Basler als offen: «Die Leute sind hier gross-

TagesWoche 02/16 Wieder vereint: Tom Ricklin, Hündin Meitschi und der Handwagen. Foto: michel schultheiss zügig – ich habe viel Stammkundschaft.» Anrufe erhalten.» Zahlreiche Leute seien Zeichnung von Meitschi in ihrem Wagen. Mitte Dezember erlebte Tom Ricklin auch persönlich bei seinem Stammplatz Erst später bemerkte Tom, dass zudem ein eine «Weihnachtsbescherung» unerfreu- beim Drachen-Center vorbeigekommen, ansehnlicher Gönnerbeitrag im Umschlag licher Art: Eines Nachts wurde ihm sein um zu fragen, was er brauche. zu finden war. Zahlreiche kleinere und Handwagen gestohlen. Ein herber Verlust: grössere Spenden – auch in Form von Hun- Ricklin sparte nämlich auf ein Lastenvelo Eine Frau brachte ein defutter – kamen so zusammen. für den Hauslieferdienst. So könnte Meit- Eine weitere Wendung zum Guten schi im Anhänger mitfahren, während die Couvert mit einer nahm die Geschichte im neuen Jahr. Am bestellten Sachen auf der Ladefläche des 3. Januar tauchte der geklaute Wagen in der Cargobikes verstaut würden. Der Hund Zeichnung. Erst später Nähe der Kaserne wieder auf. Erstaun- sollte sich nämlich nicht gleich neben die licherweise waren alle Sachen noch drin. Ware legen. So war der Plan, der mit dem merkte Ricklin, dass auch Zudem meldete sich der Lieferdienst Diebstahl zu platzen drohte. «Obst und Gemüse» bei Ricklin, er könne Doch dann begann das Weihnachtsmär- Geld im Umschlag war. sich bei ihnen ein Cargobike für seine chen. Am 24. Dezember erzählt die Tages- ­Arbeit ausleihen. In ein paar Wochen wird Woche die Geschichte von Tom, Meitschi Ein junger Familienvater schenkte ihm er ein solches Velo zu einem guten Preis und dem gestohlenen Handwagen. Kurz einen Veloanhänger – als Ersatz für den kaufen können. Dank den Spenden hat darauf läutete Ricklins Telefon wieder und ­geklauten Wagen. Eine Frau überreichte Tom Ricklin das Geld dafür zusammen. wieder: «Ich habe an Heiligabend etwa 40 ihm ein Couvert. Darin war eine liebevolle tageswoche.ch/+zp63c ×

TagesWoche 02/16 Durchsetzungsinitiative Das Volk darf nicht alles, was es kann, es sein denn, es will den Rechtsstaat ad absurdum führen.

DURCHGREIFEN UND DURCHSETZEN BIS ZUM DURCHDREHEN

8 Abstimmung Am 28. Februar kommt die Durchsetzungsinitiative vors Volk. Neun Fragen und Antworten zur umstrittenen SVP-Vorlage. Bagatellen, Härtefälle,­ Grundrechte – darum geht es

Wer muss denn gehen? Hans-Ueli Vogt (l.) interpretiert die Vorlage anders als seine Partei. von Jeremias Schulthess ie SVP doppelt nach. Bereits zum zweiten Mal entscheidet die Stimmbevölkerung darüber, ob Menschen ohne Schweizer DPass aus dem Land gewiesen werden, wenn sie eine Straftat begangen haben. Die SVP-Initiative zur «Ausschaffung von kriminellen Ausländern» wurde am 28. November 2010 angenommen. Bundes- rat und Parlament haben die Volksinitiative bereits umgesetzt– jedoch zu lasch, wie die SVP findet. Nun soll es die Durchsetzungsinitiative richten, über die die stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer am 28. Feb- ruar entscheiden.

1. Worüber stimmen wir ab?

Mit der Durchsetzungsinitiative ent- scheidet die Stimmbevölkerung, ob Men- schen ohne Schweizer Pass bei bestimmten Straftaten das Land verlassen müssen – ohne Rücksicht auf die individuelle Situati- on der Delinquenten. Der Text, der in die Verfassung soll, um- fasst einen Katalog an Delikten, die zu einer Ausweisung führen sollen. Zum Beispiel schwere Straftaten wie Mord, Vergewalti- gung oder schwere Körperverletzung. Aber auch Delikte wie Diebstahl, Hausfriedens- bruch oder Betrug im Bereich der Sozial- versicherungen können zu einer Auswei- sung führen. Wer also ein Moped stiehlt oder beim Abrechnen der AHV einen Fehler macht und keinen Schweizer Pass besitzt, der muss nach Annahme der Initiative quasi automatisch das Land verlassen.

TagesWoche 02/16 2. Was sind die Unterschiede zwischen Durchsetzungs- und Ausschaffungsinitiative?

Das Gesetz, das Bundesrat und Parla- ment nach der Annahme der Ausschaf- fungsinitiative formulierten und das bei ­einer Ablehnung der Durchsetzungsinitia- tive in Kraft tritt, beinhaltet ebenfalls einen Katalog an Delikten, nach denen Ausländer das Land verlassen müssen. Bei der Durchsetzungsinitiative sind es jedoch rund 40 Delikte mehr, die zu einer Ausweisung führen sollen. Die neue Initia- tive will insbesondere, dass auch einfache Delikte wie Sozialhilfemissbrauch oder Hausfriedensbruch zwingend zur Auswei- sung führen. Zudem wollen Bundesrat und Parla- ment eine Härtefallklausel, die eine Aus- weisung in bestimmten Fällen verhindert. Die SVP will diese mit der Durchsetzungs- initiative verhindern.

3. Was bedeutet Härtefallklausel?

Ein Härtefall ist ein sogenannt atypi- scher Sachverhalt, der vom Normalfall ­abweicht. Bei der Härtefallklausel müssen Es geht um die Wurst: Bei einem Ja sagen diese Männer, was Recht ist. fotos: Hans-Jörg Walter Richter also auch die individuelle Situation einer Person berücksichtigen – was in vie- len Rechtsbereichen üblich ist. Personen unterschieden, die hier geboren 8. Warum wurde die Initiative Für die Ausschaffungspraxis bedeutet sind oder nicht. Die Rede ist von «Auslän- nicht für ungültig erklärt? das: Wer beispielsweise eine schwere Kör- derinnen und Ausländern» – das sind per perverletzung begeht und in der Schweiz definitionemMenschen ohne Schweizer Eine Initiative ist dann ungültig, wenn Frau und Kinder hat, der darf unter be- Pass, also auch Secondos. die «Einheit der Materie» nicht gegeben ist, stimmten Umständen im Land bleiben. also etwa wenn die Initiative widersprüch- Nämlich dann, wenn etwa der Richter das 6. Tangiert die Initiative die lich formuliert ist oder unterschiedliche Wohl des Kindes bei einem Aufwachsen Grundrechte? Bereiche vermischt. Oder wenn die Initiati- mit dem Vater höher gewichtet als das öf- ve zwingende Bestimmungen des Völker- fentliche Interesse an einer Ausweisung. Die Initiative setzt das Prinzip der Ver- rechts verletzt. Wie viele Personen dank Härtefallklau- hältnismässigkeit praktisch ausser Kraft. Der Bundesrat schlug vor, die Initiative sel in der Schweiz bleiben dürften, ist heute Richter würden nach dem neuen Gesetz als teilungültig zu erklären, da die SVP im schwer abzuschätzen. Fest steht: So wie der keine Einzelfallprüfung vornehmen, ein Initiativtext das zwingende Völkerrecht Bundesrat die Härtefallklausel formuliert, Delinquent würde quasi automatisch aus- neu definierte («als zwingendes Völker- wäre es nur ein Bruchteil der Personen, die geschafft. recht gelten …»). Diese Passage sei unzuläs- ausgewiesen werden. In letzter Instanz könnten die Bundes- sig, fanden Bundesrat wie auch National- richter eine Ausweisung verhindern. Näm- und Ständerat. 4. Wie viele Menschen sind von lich dann, wenn sie das Recht auf eine Ein- Dennoch kommt die Initiative zur der Initiative betroffen? zelfallprüfung stärker gewichten würden ­Abstimmung. Den Antrag von Nationalrat als das neue Gesetz. Andreas Gross (SP, ZH), der die Initiative Laut dem Bundesamt für Statistik wür- In bestimmten Fällen beschneidet die als ungültig erklären wollte, lehnte das Par- den nach Annahme der Initiative über Initiative auch das Recht auf Privat- und lament ab. 10 000 Personen pro Jahr ausgewiesen. Mit ­Familienleben, wie es die Europäische Seit Einführung der Volksinitiative wur- dem Gesetz zur Ausschaffungsinitiative, die Menschenrechtskonvention (EMRK) den erst deren vier als ungültig erklärt. Bundesrat und Parlament vorschlugen, ­garantiert. Nämlich dann, wenn eine Per- ­wären es klar weniger – etwa 4000 pro Jahr. son ausgeschafft und damit das Recht auf 9. Welche Folgen hätte eine Da die Durchsetzungsinitiative auch Familienleben missachtet wird. Annahme auf internationaler ­Bagatelldelikte umfasst, sind es deutlich Ebene? mehr Personen, die das Land verlassen 7. Ist die Initiative verfassungs- müssten. widrig? Eine Verletzung der EMRK wäre nach einem Ja programmiert. Die Organisation 5. Müssen auch in der Schweiz Nein. Die Initiative ist mit der Verfas- humanrights.ch warnt davor, «dass die geborene Secondos gehen? sung vereinbar. Sie untergräbt aber die Schweiz die EMRK systematisch verletzen ­Gewaltenteilung, indem sie das Parlament würde» und damit eine Kündigung der Der SVP-Nationalrat und Rechtsprofes- als Gesetzgeber quasi ausschaltet. EMRK in Kauf genommen werde. sor Hans-Ueli Vogt sagte im Interview mit Mit der Initiative haben Bundesrat und Ausserdem widerspricht die automati- der «Schweiz am Sonntag», dass in der Parlament kaum Spielraum für eine Umset- sche Ausschaffung dem Freizügigkeits­ Schweiz geborene Personen hier bleiben zung. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, abkommen mit der EU. Denkbar wäre, dass dürften, wenn sie ein Delikt begehen. als den Deliktkatalog und den Ausschaf- die Beziehungen zur EU damit einer weite- Der Initiativtext spricht hingegen eine fungsautomatismus ins Gesetz zu schrei- ren Belastungsprobe unterzogen würden. andere Sprache. Dort wird nicht zwischen ben, so wie sie die SVP formuliert. tageswoche.ch/+jhkwi ×

TagesWoche 02/16 Auch die SVP hat ein Herz für Ausländerkinder. «Aber wenn du einmal erwachsen und nicht brav bist, dann schaffen wir dich aus, gell.» foto: hans-jörg walter

Durchsetzungsinitiative Die Durchsetzungsinitiative trifft Mörder, Vergewaltiger, Schläger. Aber nicht nur. Fünf fiktive Beispiele, bei denen geringe Vergehen zu einer Ausweisung führen würden. So wenig brauchts für eine Ausschaffung von Jeremias Schulthess

ie Durchsetzungsinitiative rich- Wird die Durchsetzungsinitiative ange- Der Sanitär, der in seinen Lehr- te sich gegen «kriminelle Aus- nommen, werden es pro Jahr rund 10 000 lingsbetrieb einbrach länder». So formuliert es die Personen sein, die die Schweiz verlassen SVP, die mit der Initiative bei müssten – so viele hätte die Initiative 2014 Mit sechs Jahren kam Sander aus Norwe- Dder Ausweisung von Personen ohne betroffen. Ein grosser Teil der Personen, gen in die Schweiz. In Reinach besuchte Schweizer Pass nachdoppeln will. die ausgewiesen werden sollen, haben also er die Schule und später absolvierte er die Mörder, Vergewaltiger und Schläger andere Delikte als die oben genannten Ausbildung zum Sanitär. sollen das Land verlassen, so wiederholen begangen. Ein Jahr nach Lehrabschluss trifft sich es SVP-Vertreter. 2011 wären bei Delikten Im Katalog, den die SVP in der Durch- Sander mit zwei ehemaligen Lehrlingskol- wie Mord, Sexualstraftaten, schwere Kör- setzungsinitiative formuliert, finden sich legen, die beide einen Schweizer Pass besit- perverletzung, Raub und Diebstahl etwa neben schweren Straftaten auch Delikte zen. Sie trinken Bier in einer Reinacher 1000 Personen ohne Schweizer Pass betrof- wie Hausfriedensbruch, Gewalt und Dro- Dorfkneipe. Als das Lokal schliesst, sind sie fen gewesen. Diese Delikte machen jedoch hung gegen Beamte oder Sozialbetrug. Wir betrunken. Sie beschliessen, ihren Lehr- nur einen Teil der Vergehen aus, infolge de- haben uns zur Veranschaulichung der Fol- lingsbetrieb aufzusuchen. Ein Wort gibt rer Personen das Land verlassen müssten. gen fünf Beispiele überlegt. das nächste. Sie brechen gewaltsam in die

TagesWoche 02/16 11 Ein Jahr später fährt sie nach einem wohnt er in Basel und arbeitet bei einem Apéro mit dem öffentlichen Verkehr nach Pharmakonzern als Finanzanalyst. Hause. Im Tram wird sie kontrolliert. Sie Mit seinem C-Aufenthaltsstatus muss er hat kein Billett gelöst und will sich aus der in Basel-Stadt jedes Jahr eine Steuererklä- Affäre reden. Ein Kontrolleur stellt sich ne- rung ausfüllen. Sein Privatvermögen, das ben sie und rückt näher an sie heran. Sarah er auf einer Londoner Bank bunkert, gab er verliert die Nerven und sagt: «Kommen Sie zwei Jahre lang nicht an. Doch dann mir nicht zu Nahe sonst setzts was.» schöpfte die Steuerverwaltung Verdacht Diesen Satz hätte sie besser nicht gesagt. und forderte ihn auf, einen Kontoauszug Denn die Aussage kommt nach der Ausein- vorzulegen. andersetzung zur Anzeige. Ein Gericht Der Amerikaner wollte nicht einsehen, wertet ihre Worte als Androhung von Ge- warum er neben seinen Einkommenssteu- walt gegen Beamte – wozu auch BVB-Kont- ern auch Vermögenssteuern zahlen sollte rolleure zählen – und spricht Sarah schul- und schritt zur Fälschung. Er bestellte den dig. Welche aufenthaltsrechtlichen Folgen Kontoauszug aus London und liess ihn von hat das in Verbindung mit der Vorstrafe? einem Bekannten so manipulieren, dass sein Vermögen etwas über 100 000 Fran- Nach Umsetzungsgesetz zur Ausschaf- ken betrug. fungsinitiative: Keine Konsequenzen. Der Sachbearbeiter in der Steuerverwal- Nach Durchsetzungsinitiative: Automa- tung geht dem Fall nach und kann John Ur- tische Ausweisung. kundenfälschung nachweisen. Die Staats- anwaltschaft übernimmt den Fall, John Der Assistenzarzt, der den Urlaub wird wegen Urkundenfälschung und Steu- seines Sohnes nicht meldete erbetrug schuldig gesprochen. Die Tat hat für John weitere Konsequen- Akin ist in der Elfenbeinküste geboren, zen – jedoch nur nach dem Umsetzungs­ hat in Paris studiert und arbeitet seit 2007 gesetz zur Ausschaffungsinitiative. Nach als Assistenzarzt am Universitätsspital Ba- Annahme der Durchsetzungsinitiative sel. Sein 19-jähriger Sohn studiert Psycho- dürfte John in der Schweiz bleiben. logie an der Universität Basel. Akin erhält dafür Ausbildungszulagen: 250 Franken Nach Umsetzungsgesetz zur Ausschaf- pro Monat. fungsinitiative: Ausweisung vorgesehen. Gegebenenfalls Härtefall. Steuerbetrug führt laut Nach Durchsetzungsinitiative: Keine Kon- sequenzen. Umsetzungsgesetz zur Auch die SVP hat ein Herz für Ausländerkinder. «Aber wenn du einmal erwachsen und nicht brav bist, dann schaffen wir dich aus, gell.» foto: hans-jörg walter Die Reinigungskraft, die die Ausschaffungsinitiative Arztrechnung falsch abrechnete alte Wirkungsstätte ein, bedienen sich aus dem Kühlschrank, treiben Scherze. Zur all- zum Landesverweis. Karimas Eltern kommen aus Afghanis- gemeinen Erheiterung uriniert einer in ei- tan, sie ist in der Schweiz geboren, hat nen Farbeimer. Bei einem Ja zur ­jedoch keinen Schweizer Pass. Nach Der Lehrmeister ahnt, wer die Täter ­Abbruch einer Ausbildung zur Fachfrau ­waren. Nach einem Telefonanruf hat er das Umsetzungsinitiative Gesundheit jobbt sie als Reinigungskraft in Geständnis von einem der drei. Er erstattet Basel und Umgebung. Anzeige. Für die zwei Schweizer bleibt es dürfen Steuersünder Beim Joggen macht Karima einen Fehl- bei einer Geldstrafe. Für Sander hat die Tat tritt und verknackst sich dabei den Knö- weitere Konsequenzen. hingegen bleiben. chel. Sie schreibt in die Unfallmeldung, sie sei über eine Baumwurzel gestolpert. ­So- Nach Umsetzungsgesetz zur Ausschaf- Nach dem zweiten Semester unterbricht mit übernimmt die Unfallversicherung die fungsinitiative: Ausweisung vorgesehen. der Sohn das Studium für ein Jahr und reist Kosten für den Arzt und die Untersuchun- Der Richter kann gegebenenfalls auf Härte- mit seiner Freundin nach Australien und gen in Höhe von 400 Franken. fall entscheiden, Sander dürfte dann in der Südamerika. Während dieser Zeit hat Akin Nun fragt die Versicherung bei Karima Schweiz bleiben. keinen Anspruch auf Ausbildungszulagen. nach, wie der Unfall genau erfolgte. Sie ver- Nach Durchsetzungsinitiative: Automa- Das Geld fliesst jedoch weiter auf sein Kon- plappert sich und erzählt schliesslich die tische Ausweisung. to, denn Akin verschweigt der Behörde, Wahrheit. Sie habe bloss einen Fehltritt ge- dass sich sein Sohn auf Weltreise befindet. macht. Also hätte sie die Kosten über die Die Serviceangestellte, die einen Das Schweigen wird später als vorsätz- Krankenkasse selbst bezahlen müssen, da Kontrolleur bedrohte licher Sozialmissbrauch gewertet. Mit wel- sie eine Franchise von 2500 Franken hat. cher Folge? In der Konsequenz hat sie die Unfallver- Sarah stammt aus Deutschland und sicherung vorsätzlich um 400 Franken wohnt seit zwei Jahren in der Schweiz. Sie Nach Umsetzungsgesetz zur Ausschaf- ­geschädigt. Welche Konsequenzen hat das pendelt zwischen ihrem Wohnort Basel fungsinitiative: Ausweisung vorgesehen. für Karima? und Liestal, wo sie in einem Restaurant im Gegebenenfalls Härtefall. Service arbeitet. Ab und zu fährt sie die Nach Durchsetzungsinitiative: Automa- Nach Umsetzungsgesetz zur Ausschaf- Strecke mit dem Auto. An einem Morgen tische Ausweisung. fungsinitiative: Ausweisung vorgesehen. übersieht sie eine rote Ampel und wird Gegebenenfalls Härtefall. ­dabei geblitzt. Der Fall wird als grobe Ver- Der Finanzanalyst, der seinen Nach Durchsetzungsinitiative: Automa- kehrsregelverletzung gewertet. Sarah muss Kontoauszug fälschte tische Ausweisung. fünf Tagessätze gemeinnützige Arbeit ver- richten. Damit ist die Angelegenheit fürs John wuchs in den USA auf, lebte einige Diese Beispiele sind fiktiv – aber realistisch. Erste abgehakt. Jahre in London und Schanghai. Seit 2009 tageswoche.ch/+ycjs2 ×

TagesWoche 02/16 12 Durchsetzungsinitiative Der Jurist Matthias Bertschinger kämpft als Einzelmaske gegen die SVP-Initiative. Ein Gespräch über fehlenden Widerstand und die Verführbarkeit des Stimmvolkes. «Desinformation trifft auf Desinteresse»

von Renato Beck

atthias Bertschinger ist nicht Mit dem Prinzip der Einzelfallgerech- Das ist immer möglich, eine Demokratie erst seit der Durchsetzungs- tigkeit. Alles staatliche Handeln ist gemäss lebt von Voraussetzungen. Eine Medien- initiative ein aktiver Kämp- unserer Verfassung dem Recht und der macht beispielsweise, die es gewissen Kräf- fer gegen Angriffe auf den ­Gerechtigkeit verpflichtet – auch jenes des ten erlaubt, die Bevölkerung einseitig zu MRechtsstaat. Seit der Minarettinitiative Souveräns. Dass man jeden Fall für sich be- indoktrinier­ en, wäre einer freien Willens- ­engagiert sich der Nunninger Jurist in Dis- trachtet, ist eines der zentralen Prinzipien bildung, dem Volkswillen abträglich. kussionszirkeln. Aber erst jetzt stossen sei- der Gerechtigkeit. Das zweite Prinzip, das Das impliziert, dass die Bevölkerung ne Aussagen auf Echo. Die «Zeit» stellte ein verletzt wird, ist jenes der richterlichen Nein stimmen würde, wäre sie adäquat Gutachten vor, das er in einer Fachzeit- ­Unabhängigkeit. Wenn der Katalog der Ini- informiert? schrift veröffentlicht hatte. Darin schildert tiative über die Bestrafung entscheidet, Davon bin ich überzeugt. Machen Sie er, wie geringfügig Vergehen sein können, braucht es keine Richter mehr. Für diesen eine Umfrage auf der Strasse und Sie wer- die eine Ausschaffung zur Folge haben. Job reicht ein Ausschaffungs-Automat, der den ernüchtert sein. Desinformation trifft Das Papier hat die Diskussion um die schaut, welches Delikt vorliegt und welche auf Desinteresse und Vertrauensverlust. ­Initiative verändert, es hat das Bild des Rechtsfolge vorgeschrieben ist. Die wenigsten Leute werden sagen können, «Ausschaffungs-Automaten», der laut Bert- welche Konsequenzen die Initiative mit schinger die Richter bei einer Annahme er- sich bringt. Das gewaltige Verfassungscha- setzen wird, in die Debatte getragen. os, das angerichtet wird, ist kaum jeman- Herr Bertschinger, Sie verfassen dem bewusst. Das ändert nun ein wenig. juristische und rechtsphilosophische Sie argumentieren, man müsse die Analysen gegen die Durchsetzungs- Demokratie vor sich selber schützen, initiative. Aussergewöhnlich viel um sie zu erhalten. Engagement für eine Privatperson. Es braucht rechtliche Schutzvorkehrun- Eigentlich sind wir alle primär Bürger. gen. Ein Beispiel: Eine Mehrheit der Die ausschliessliche Unterscheidung in Schweizer Stimmbevölkerung würde be- privat und beruflich ist fragwürdig. Als schliessen, den Romands das Stimmrecht Bürger sind wir dazu verpflichtet, unserer zu entziehen. Das wäre dann keine Demo- freiheitlichen Ordnung zu dienen. Das ist kratie mehr und käme einer rechtslogi- die Voraussetzung für die Demokratie. Ich schen Unmöglichkeit gleich. Eine Demo- habe aus eigenem Antrieb gehandelt. Das kratie kann sich gegen sich selber wenden, hat vieles angestossen und einigen aufge- aber dann ist es keine Demokratie mehr. Es zeigt, was für Folgen eine Annahme hätte. gibt Grundprinzipien, die respektiert Weshalb zeigt sich der Widerstand so «Eine Demokratie kann werden müssen. Die aufklärerische Idee, spät und so verhalten? dass das Individuum und seine Würde und Wir stellen eine derart hohe Kadenz von sich gegen sich selber Freiheit im Zentrum stehen und nicht ir- Initiativen aus dieser Ecke fest, dass Kräf- gendeine Ideologie, ist von gewissen Siche- ten, die dagegen mobilisieren können, der wenden, aber dann ist es rungssystemen abhängig. Etwa die richter- Atem ausgegangen ist. Sämtliche Kampag- liche Unabhängigkeit, die Gewaltenteilung. nenkassen sind leer, es war ja eben erst keine Demokratie mehr.» Was geschieht bei einer Annahme? Wahlkampf. Wer sich jetzt engagiert, tut das Wird das Bundesgericht die Umset- durchs Band ehrenamtlich. Die Wirtschaft Recht ist letztlich gesellschaftlicher zung stoppen? hält sich zurück, da keine Kerninteressen Konsens und Ausdruck des Zeitgeistes. Das kann keiner sagen, es kursieren die betroffen seien. Eine kurzsichtige Betrach- Will die Gesellschaft eine Änderung, unterschiedlichsten Szenarien dazu. Die tung. Staatliche Stellen verstecken sich hin- und sei es eine extreme Verschärfung, einen behaupten, die Verfassungsbestim- ter der politischen Neutralität. Immerhin ist das prinzipiell legitim. mung sei direkt anwendbar, so etwa der äussern sich jetzt einige Juristen und Rich- Würden Sie das auch behaupten, wenn Bundesrat in seiner Botschaft … ter mit deutlichen Voten. das Fundament der Meinungsbildung eine … also, dass die übliche parlamentari- Sie behaupten, eine Annahme der Lüge, ein grosses Verwirrspiel ist? sche Beratung wegfällt. Initiative käme einem Verfassungs- Sie glauben, das Volk weiss nicht, Ja. Andere behaupten das Gegenteil: bruch gleich. Womit würde gebrochen? worüber es abstimmt? Das Umsetzungsgesetz zur Ausschaffungs-

TagesWoche 02/16 13 initiative müsse in Kraft gesetzt werden Zeit sozialisiert worden bin. Jüngeren Men- hat gezeigt, wohin solche Entwicklungen Matthias oder zurück in die parlamentarische Bera- schen fällt vielleicht gar nicht auf, was gera- führen können. Mir macht das Angst. Bertschinger, tung, weil es in der Schweiz keine Verfas- de im Gang ist. Eine moralische Verantwor- Nochmals: Warum ist angesichts wohnhaft in sungsgerichtsbarkeit auf Bundesebene tungslosigkeit prägt die Politik, die früher dessen, was auf dem Spiel steht, der Nunningen, gibt. Es herrscht grosse Verwirrung. nicht für möglich gehalten worden wäre. Widerstand gegen diese Tendenzen führte 20 Jahre Die Frage ist auch, ob das Bundesge- Ein Politstil, der Mehrheiten gewinnt. nicht vehementer? ein Gartenbau­ richt auf die Wahrung der Verhältnis- Das kann man psychologisch erklären. Da fragen Sie den Falschen, ich lege geschäft und mässigkeit pocht, auch wenn das Volk Die Komplexität der Welt hat einen Bedro- mich ziemlich ins Zeug. Vielleicht hat es arbeitete danach diese aussetzt. hungscharakter angenommen. Die Psyche mit der angesprochenen, ausschliesslichen im Rechtsdienst Gewisse Politiker und Juristen meinen, nimmt, sobald sie sich bedroht fühlt, eine Unterscheidung zwischen privat und be- der Basler der Volkswille gehe in jedem Fall vor, so Abwehrhaltung ein, sie kreiert Feindbilder, ruflich zu tun. Der Bürger als dritte Katego- Sozialhilfe.­ Der etwa FDP-Nationalrat Kurt Fluri. Etliche an denen sie die diffuse Bedrohung festma- rie, der Mensch in der öffentlichen Sphäre, 47-Jährige ist Juristen und Richter meinen, die Verhält- chen kann. Vor allem nimmt sie Angebote ist verschwunden. Aber das Leben ist poli- zweifacher nismässigkeit könne nicht ausser Kraft ge- von Feindbildern schneller an als in Zeiten tisch, es muss politisch sein in einer frei- Familienvater.­ setzt werden. Bei einer Annahme sei der Hoffnung, etwa nach dem Mauerfall. heitlichen Demokratie. Was wir erleben, ist Bertschinger «bloss» eine massive Verschärfung die Fol- Das hat sich massiv verändert. eine andauernde Entpolitisierung des engagiert sich ge – solange der Europäische Gerichtshof ­Lebens. Erst diese schafft dieVorausset - seit Jahren poli- für Menschenrechte nicht einschreitet. «Damit wir Souverän zungen dafür, dass gewisse Kräfte mit ein- tisch, auch als Sie glauben, die Initiative wird nie im fachen Botschaften und Verkürzungen Sektionspräsi- Sinne der SVP umgesetzt? sein können, brauchen leichtes Spiel haben. dent der Neuen Niemals so scharf wie verlangt. Aber Ist es so leicht? Europäischen eine Verschärfung wird es sicher geben, die wir die Grundrechte.» Ein weiteres Problem ist, dass Grund- Bewegung gibt es bereits mit dem Umsetzungsgesetz rechte, Menschenrechte als Begrenzung Schweiz (Nebs). ­ zur Ausschaffungsinitiative. Schon dort ist Hat die Initiative in ihrer Radikalität des eigenen Systems wahrgenommen wer- die Verschärfung untragbar: automatische und Missachtung der Rechte einer den. Tatsächlich sind sie die Grundlage des Ausschaffung unabhängig vom Strafmass. Minderheit etwas Unschweizerisches? Souveräns. Damit wir Souverän sein kön- Deuten die Angriffe auf die Gewalten- Sie hat etwas Uneuropäisches. Sie bricht nen, brauchen wir die Grundrechte. ­Damit teilung, auf fest verankerte Rechts- mit den Errungenschaften der Aufklärung, sind sie auch Zweck, Ziel staatlichen Han- prinzipien durch diese Initiative, aber die sich in den freiheitlichen Verfassungen delns – auch des Handelns der Mehrheit. auch durch die kommende Völker- Europas wiederfinden. Nimmt man Mass- Der Widerstand lahmt aber auf allen rechtsinitiative der SVP darauf hin, halten als schweizerische Eigenart, dann ist Ebenen. Woran liegt das? dass die Schweiz einen ähnlichen sie auch in höchstem Mass unschweize- Eine originelle Antwort hat der Schwei- Weg beschreitet wie Ungarn oder risch. Wichtiger scheint mir, dass in ganz zer Philosoph Jonas Lüscher gegeben: In jüngst auch Polen? Europa Gegenkräfte gegen die Tradition einer übersättigten Gesellschaft stellt sich Es entspricht einer europäischen, viel- der Aufklärung erstarken. Es gibt keinen irgendwann die Sinnfrage. Und diese führt leicht weltweiten Tendenz, denken Sie nur Kampf der Kulturen, wie Huntington be- zu einer tiefen Verunsicherung. Parteien an Donald Trump. Es hat sich ein Politstil hauptet hat, sondern einen Kampf inner- wie die SVP bieten eine Fluchtmöglichkeit. durchgesetzt, der vor einigen Jahren noch halb der jeweiligen Kulturen, ein Kampf Sie ermöglichen den Leuten, ihren Schre- undenkbar gewesen wäre. Ich stehe dem der Kulturen mit sich selbst. Das zeigt sich cken auf irgendwelche Feindbilder zu pro- mit Fassungslosigkeit gegenüber. Was auch im breiten Aufstieg der rechtspopulisti- jizieren und der Sinnfrage auszuweichen. damit zu tun hat, dass ich in einer anderen schen Parteien europaweit. Die Geschichte tageswoche.ch/+pwm0b ×

Eine Schweiz frei von ausländischen Kriminellen – eine Sauordnung können wir nämlich auch selber machen. foto: hans-jörg walter Geld und Einsatz: Der SVP mangelt es an keinem von beidem. foto: hans-jörg walter

Durchsetzungsinitiative Abkommen – halten. Wenn man Verträge nach Lust und Laune bricht, schafft dies ei- Interpharma-Chef Thomas Cueni weibelt nen gefährlichen Präzedenzfall», erklärt Cueni. im Abstimmungskampf – die meisten Aus staatspolitischer Sicht lehnt er die Durchsetzungsinitiative ab, «weil sie Wirtschaftsführer aber schweigen lieber. Rechtsgrundsätze wie die Verhältnismäs- sigkeit und Einzelfallabklärung ausser Kraft setzt und weil sie die seit über hundert Die Wirtschaft hält sich raus Jahren etablierte Gewaltenteilung in der Schweiz beschädigt». Die Initiative hebelt das Parlament in der Gesetzgebung aus, da sie keinen Spiel- raum bei der Umsetzung zulässt – und die Gerichte, weil diese ohne Ausnahme aus- ländische Straftäter des Landes verweisen von Renato Beck müssen – ungeachtet der Schwere des Ver- gehens und der Verwurzelung in der homas Cueni wirkt gut gelaunt Ausschaffungen für kleinste Vergehen Schweiz. am Telefon. Der Geschäftsführer wie Falschangaben beim Kindergeld oder des Branchenverbands Inter- auch Verkehrsdelikt wie hohe Geschwin- Economiesuisse hat kein Geld pharma ist nach seiner Kritik an digkeitsüberschreitungen würden das Cueni spricht Klartext: Er attestiert der Tder Durchsetzungsinitiative ein gefragter ­Abkommen zur Personenfreizügigkeit und Initiative einen «ausländerfeindlichen Mann. die europäische Menschenrechtskonventi- Charakter», der das Image der Schweiz Während die Wirtschaft weitgehend on verletzen. nachhaltig beschädigen könnte. Aber der schweigt, hat sich Cueni aus der Deckung Pharmavertreter ist ein einsamer Mahner, gewagt: Er attackiert offen die SVP-Initiati- «Wir möchten zu dieser zumindest unter Vertretern der Wirtschaft. ve, die einen Rechtsautomatismus in die Economiesuisse als oberster Wirtschafts- Verfassung schreiben lassen will, wonach Initiative nicht Stellung verband lehnt die Initiative zwar ab, tut das Menschen ohne Schweizer Pass schon bei aber lustlos: Für eine Beteiligung an der kleinsten Vergehen aus dem Land gewor- nehmen.» Kampagne fehle das Geld. Der Gewerbe- fen werden. verband unter Direktor Hans-Ulrich Bigler «Die Initiative ist aus staats- und wirt- Stellungnahme Roche hat Stimmfreigabe beschlossen, FDP- schaftspolitischen Gründen hochproble- Mann Bigler selber hat sich für die Initiati- matisch», begründet Cueni seinen Einsatz. «Als Exportindustrie, die fast 99 Prozent ve ausgesprochen. Allein der Industrie- «Wir schiessen uns damit in den eigenen unserer Produktion exportiert, sind wir verband Swissmem beteiligt sich neben Fuss, denn die geforderte strenge Ausle- ­darauf angewiesen, dass Vertragspartner Interpharma an der Nein-Kampagne. gung würde zu einem Bruch mit europäi- sich an einmal abgeschlossene Verträge – Selbst jene Unternehmen, die Cueni schen Verträgen führen.» Freihandels- oder Investitionsschutz-­ vertritt, halten sich vornehm zurück. No-

TagesWoche 02/16 15 Durchsetzungsinitiative Die SVP-Vorlage widerspricht krass den Grundwerten dieses Landes. Die Schweiz erkennt sich darin selbst nicht mehr.

tellen Sie sich einmal vor, Ihr Kind schwänzt gemeinsam mit einem Freund die Schule. Die Lehrerin erwischt die beiden beim Fussball Sspielen. Während der Freund als Strafe ­einen Nachmittag die Schulbänke putzen muss, wird Ihr Kind direkt von der Schule gewiesen. Die Lehrerin begründet das da- mit, dass Ihr Kind leider keinen Schweizer Christian Degen ist Chefredaktor der Pass besitze. Selbst die Kinder erkennen, TagesWoche. dass hier etwas nicht stimmen kann, und tageswoche.ch/+7qk8w reden auf die Lehrerin ein. Aber sie kann gar nicht anders entscheiden. Das Schul­ reglement lässt keine Ausnahmen zu. «Die Annahme der Geld und Einsatz: Der SVP mangelt es an keinem von beidem. foto: hans-jörg walter Genau so funktioniert die Durchset- zungsinitiative. Initiative bedroht nicht Wie wir an einfachen Beispielen aufzei- vartis verweist auf Economiesuisse und gen (Seite 10), wären solche Ungerechtig- nur die Existenz der teilt vage mit, Firmenvertreter hätten bei keiten bei einer Annahme Alltag. Nur geht verschiedenen Gelegenheiten darauf hin- es dann nicht um längere Schulwege oder Ausländer, sondern auch gewiesen, «dass die Kompatibilität von Ini- neue Klassenkameraden. Sondern um die tiativen mit internationalem Recht und ge- pure Existenz von Menschen. Das Modell ganz direkt die der regelte Verhältnisse mit dem Ausland für des Assistenzarztes Akin zeigt das deutlich den Wirtschaftsstandort Schweiz wichtig auf. Obwohl sein Sohn auf Weltreise ist, be- Schweizer.» sind». Gänzlich abgemeldet aus der Debat- zieht er weiterhin die Ausbildungszulagen te hat sich Roche: «Wir möchten von unse- von 250 Franken pro Monat. Dies wird spä- Dabei wären die Folgen einer Annahme rer Seite zu dieser Initiative nicht Stellung ter als vorsätzlicher Sozialmissbrauch für die Wirtschaft fatal. Wenn Menschen nehmen.» ­gewertet und er wird ausgewiesen. Er muss wie unser Assistenzarzt oder irgendein Interpharma-Mann Cueni hat Verständ- die Schweiz verlassen und sich in einem an- ­Manager aus der Pharmabranche wegen nis für die Zurückhaltung: «Es ist durchaus deren Land ein neues Leben aufbauen. Bagatellen in ihrer Existenz gefährdet sein normal, dass Verbandsvertreter sich stell- Das ist allein schon schwierig genug. können, wird es schwierig, neue Fachkräf- vertretend für die Firmen engagieren.» ­Betroffen ist aber die ganze Familie. Auch te ins Land zu holen. Die Initiative wider- sein Sohn muss sein Studium hier aufge- spricht auch dem Freizügigkeitsabkom- Aufgeschreckt durch Umfrage ben und seine Freunde verlassen. Die Fa- men mit der Europäischen Union. Die Cueni versichert, er spüre einen grossen milie wird also entweder auseinandergeris- ­Zusammenarbeit mit dem wichtigsten Rückhalt in der Wirtschaft für seine Äusse- sen oder alle Familienmitglieder müssen Handelspartner wäre noch stärker belastet rungen. Dass sein Verband Mitte Novem- ihre neue Heimat, ihr Umfeld, ihren Beruf und würde allmählich fast unmöglich. ber letzten Jahres eine Umfrage veröffent- oder ihre Ausbildung aufgeben. Die Annahme der Initiative bedroht licht habe, die der Initiative eine Zweidrit- nicht nur die Existenz der Ausländerinnen telmehrheit bescheinigte, sei ein Weckruf Engagement sieht anders aus. und Ausländer, sondern auch ganz direkt für viele gewesen. Die erste Ernüchterung Die Schweiz erkennt sich darin selbst die der Schweizerinnen und Schweizer. angesichts der deutlichen Zustimmung sei nicht mehr. Die Durchsetzungsinitiative wi- Deshalb muss jetzt jeder Farbe bekennen. dem Glauben gewichen, die Geschicke derspricht krass den Grundwerten dieses Wer eine moderne, freiheitliche, liberale, noch ändern zu können. Landes. Sie führt zu Ungleichheit und Unsi- wirtschaftsfreundliche und soziale Schweiz Cueni glaubt, dass es möglich ist, die cherheit. Deshalb ist es unverständlich, will, muss diese Initiative ablehnen. × Verhältnisse noch zu drehen: «Seit ein paar dass sich die Wirtschaft nicht vehementer Wochen diskutiert man über die Schwä- dagegen wehrt. Der Branchenverband In- chen der Initiative. Die Leute beginnen zu terpharma und der Wirtschaftsdachver- verstehen, was es bedeutet, wenn das Kind band Economiesuisse haben sich gegen die italienischer oder portugiesischer Einwan- Initiative ausgesprochen. Finanziell will derer, die seit 40 Jahren in der Schweiz sind, sich Economiesuisse aber nicht engagieren. wegen einer Bagatelle das Land verlassen Der Präsident der Handelskammer beider muss.» Basel, Thomas Staehelin, hat am Neujahrs- tageswoche.ch/+t31hx × empfang am Dienstag klar Stellung gegen die Initiative bezogen. Doch auch hier blieb es bislang bei der Wortmeldung.

TagesWoche 02/16 Da soll noch einer durchblicken: Die Öffentlichkeit wird über die Zukunft des «Schiffs» im Unklaren gelassen. foto: Anthony Bertschi

Gastro- und Clubszene Die Tiefgang AG hat sich vom «Schiff» verabschiedet, Simon Lutz und Agron Isaku wollen das Eventboot am Klybeckquai übernehmen. Offiziell aber hüllen sich noch alle in Schweigen. «Das Schiff» macht dicht

von Marc Krebs

ie Familien Herzig und Grieder macht, möchte das lieber nicht kommuni- dass das Schiff nahtlos neue Mieter haben ihr langjähriges Engage- zieren», sagt Michel Hopf. ­gefunden habe – und dass es weitergehen ment auf der «Expostar», Der Basler Anwalt ist Verwaltungsrat der werde. schlicht «Das Schiff» genannt, Naveva AG, der Eigentümerin des Schiffs. Wann und in welcher Form und an Dbeendet. Auf eigenartige Weise: still- Er bestätigt, dass das Mietverhältnis mit der ­welchem Ort? Das möchten wir von Simon schweigend, öffentlichkeitsscheu und Tiefgang AG per 31. Dezember 2015 beendet Lutz wissen. Er weilt derzeit im Ausland ­unnahbar. worden ist. Die Gründe will er nicht näher und richtet aus, dass er im Moment keine Die Tiefgang AG, über die sie das kommentieren. Aussagen zum Thema «Schiff» machen «Schiff» am Basler Klybeckquai betrieben könne. haben, reagiert nicht mehr auf Anfragen Der Vermieter gibt keine der TagesWoche – wohl auch, weil wir Rückt «Das Schiff» näher zur Stadt? im Juni 2015 über die finanziellen Proble- Auskunft und überlässt Tatsache ist, dass Lutz und Isaku im me berichtet hatten. Mit dem Wechsel Frühjahr 2015 die Luis AG gegründet vom Musik- zum reinen Gastro- und es der neuen Mieterschaft, ­haben. Bereits involviert sind die beiden ­Bankettbetrieb versuchte man zuletzt Fürsten des Basler Nachtlebens beim die Kehrtwende. Offenbar liess sich die die Öffentlichkeit zu jüngst eröffneten Club(programm) im ungünstige Schlagseite, die das «Schiff» Café Singer. seit Jahren aufwies, aber nicht mehr informieren. Ebenfalls Tatsache ist, dass der Nord- ­korrigieren. stern eine neue Location sucht. Das Wie geht es weiter? Gemäss Informati- ­Mietverhältnis mit der IWB läuft aus, Kein Kommentar onen der TagesWoche werden künftig der Club an der Voltastrasse wird ab Mai Jetzt ist diese Ära zu Ende. Seit Montag ­Simon Lutz (Kuppel, Acqua, Annex) und 2016 Geschichte sein. ist die gesamte Website vom «Schiff» off- Agron Isaku (Nordstern) das Schiff Ob ein anderes Stück Basler Club­ line. Die Tiefgang AG, sie ist abgetaucht. schaukeln, und zwar über die Luis AG. geschichte künftig am Rheinufer weiter­ Warum macht Verwaltungsratspräsident «Dazu gebe ich keine Auskunft», sagt geführt werden wird, vielleicht noch näher Hector Herzig ein Geheimnis daraus, ­Vermieter Hopf. Er überlasse es der bei der Dreirosenbrücke? Offiziell wird dass seine Zeit auf dem «Schiff» zu Ende ­neuen Mieterschaft, die Öffentlichkeit man das in den nächsten Wochen erfahren. ist? «Jeder Betrieb, der unfreiwillig zu- zu informieren. Bestätigen will er nur, tageswoche.ch/+3tw46 ×

TagesWoche 02/16 17 Stadtentwicklung Der Erweiterungsbau des Kunstmuseums, das Schulhaus Sandgruben oder die Rheinuferpromenade: In Basel werden einige Bauprojekte abgeschlossen. Eine Übersicht. Hier ist 2016 fertig gebaut

von Yen Duong

n Baustellen mangelt es in Basel- Flüchtlinge werden bald auch in Basel- Die Wohncontainer sollen kurzfristig Stadt nicht: Der Kanton inves- Stadt in Wohncontainern untergebracht: Flüchtlingen zur Verfügung stehen, bei tie- tiert so viel in neue Strassen und Die Regierung will auf dem Areal der ehe- feren Asylgesuchszahlen mittelfristig aber Gebäude wie schon lange nicht maligen BVB-Werkstätten beim Dreispitz auch für andere Menschen in Wohnungs- Amehr. So wird momentan an der Verlänge- Container mit 150 Plätzen erstellen lassen: not genutzt werden. Den Betrieb über- rung der Tramlinie 3 nach St.-Louis und am ein provisorisches Zuhause für 30 Flücht- nimmt die Sozialhilfe Basel. Neubau des Biozentrums gebaut. Und mit lingsfamilien. der Rheinuferpromenade St. Johann und Schulraumoffensive der Stadt dem Erweiterungsbau des Kunstmuseums Die Wohncontainer für Bis 2020 erneuert und erweitert die­ Stadt werden zwei Grossprojekte fertiggestellt. ihre Schulhäuser. Die sogenannte Schul- Die Eröffnung des Erweiterungsbaus Flüchtlinge sollen künftig raumoffensive kostet 790 Millionen und des Kunstmuseums zählt zu den Highlights ­beinhaltet 60 Projekte. Grund für die Inves- 2016 in Basel. Im August 2013 wurde der auch anderen Menschen tition sind die Schulharmonisierung (Har- Grundstein für den Neubau an der Dufour- mos) und der Aufbau von­T agesstrukturen, strasse gelegt. Mitte April soll das Projekt offenstehen. zudem besteht bei di­ versen Schulhäusern der Basler Architekten Christ & Ganten- baulicher Nachholbedarf. bein eröffnet werden. Die Container werden voraussichtlich Als Leuchtturm-Projekt von Harmos gilt Der 100-Millionen-Bau wird über eine im Oktober eröffnet. Vorgesehen sind das zehnte Sekundarschulhaus in Basel, Nettofläche von rund 8000 Quadratmetern Wohnmodule mit Küchen und Nasszellen, das für 60 Millionen Franken auf dem verfügen. Auf 2740 Quadratmetern Ausstel- Büroräume für Betreuungspersonal, ein Sandgruben-Areal beim Badischen Bahn- lungsfläche werden künftig vor allem die Spielplatz und ein Schulungsraum. Der hof zu stehen kommt und bis Mitte 2016 fer- grossen Sonderausstellungen gezeigt. Wohnkomplex ist als in sich geschlossene tiggestellt sein soll. Es bietet Platz für Neubau und Haupthaus werden durch eine Einheit g­ eplant, kostet rund 6,9 Millionen 27 Klassen. Bis Dezember 2016 bezugsbe- unterirdische Passage verbunden. Geplant Franken und ist als Zwischennutzung vor- reit wird zudem das Primarschulhaus ist auch eine Halle für Veranstaltungen für gesehen, bis die Wohnüberbauung «Am Schoren, das Platz für sechs Klassen bietet. bis zu 1000 Personen. Walkeweg» realisiert wird. tageswoche.ch/+pctsl × Der Kanton steuerte an die Kosten 50 Mil- lionen Franken bei. Die Laurenz-Stiftung ANZEIGE der Mäzenin Maja Oeri unterstützt den Neubau ebenfalls mit 50 Millionen. Basel erhält eine neue Flaniermeile: Zwischen der Dreirosenbrücke und Hun- ingue entsteht derzeit eine Rheinuferpro- menade für Fussgänger und Velofahrer. Im Frühling wird die rund 550 Meter lange und 28 Millionen Franken teure Promenade nach dreijähriger Bauzeit eröffnet.

Baden bis zur Landesgrenze Im Eckgebäude des Novartis Campus wird es ein öffentliches Restaurant mit Ter- rasse geben. Rheinschwimmer können sich über Duschen, breite Treppen und Lei- tern für den Ausstieg freuen. Gebadet wer- den darf jedoch nur in der Schweiz: Ab der Landesgrenze gilt ein Badeverbot. Ursprünglich war die Eröffnung des Rheinuferwegs für 2014 vorgesehen. Die Eröffnung musste mehrmals verschoben Vom 7. bis 9. Januar 2016 offerieren wir Ihnen werden, unter anderem wegen Verzögerun- gen bei bei der Deponie Steih. absolute Toplabels mit bis zu 60% Rabatt. Mehr Leben wird es auch im nahe lie- www.tonimueller.ch genden St.-Johanns-Park geben: Das Café Toni Müller Wohnkultur | St. Jakobs-Strasse 148 | 4132 Muttenz Saint-Louis eröffnet im Frühling eine ­Buvette am St.-Johanns-Rheinweg.

TagesWoche 02/16 18 Wahlen 2016 Die Gesamterneuerungswahlen im Herbst starten aus einer spannenden Ausgangslage. Tritt Guy Morin zurück, gerät die rot-grüne Regierungsmehrheit in Gefahr. Einer sollte noch mal, viele dürfen nicht mehr

von Yen Duong

m 23. Oktober 2016 werden in Er ist seit 2005 in der Basler Regierung – ein der kandidieren dürften Baschi Dürr (FDP) ­Basel-Stadt die Regierung und Rücktritt käme nicht überraschend. Doch sowie L­ ukas Engelberger (CVP), gehören der Grosse Rat neu gewählt. In tut er dies tatsächlich, dürfte es für die Grü- doch beide erst seit 2013 respektive 2014 der der Regierung gibt es mindes- nen schwierig werden, ihren Sitz in der Re- Exekutive an. Atens einen vakanten Sitz neu zu besetzen, gierung zu halten. Zumal Mirjam Ballmer, allenfalls auch drei. Und im Grossen Rat der grosse Chancen eingeräumt wurden, in SVP-Frehner will eigentlich nicht steht eine Partei wegen der Amtszeitbe- die Fussstapfen von Morin zu treten, über- Die SVP wird als zweistärkste Partei in schränkung praktisch vor dem Aus. raschend ihren Rücktritt aus der Basler Po- Basel erneut versuchen, einen Sitz in der litik bekannt­ gegeben hat. Bei den Grünen Regierung zu erobern. Der Partei mangelt fehlt es dadurch an valablen Kandidaten. es jedoch an valablem Personal. Der chan- Möglich ist deshalb auch, dass Morin sei- cenreichste Kandidat, Sebastian Frehner, ner Partei zuliebe nochmals antritt – und liess in der Vergangenheit immer wieder um die rot-grüne Merhheit in der Regie- durchblicken, dass er eigentlich keine Lust rung nicht zu gefährden. auf eine Karriere in der Regierung hat. Tritt Morin allerdings zurück, dann Keine Perspektiven für Herzog könnte es sich Frehner auch anders überle- Morin lässt derzeit offen, ob er eine vier- gen. Die Chancen auf ­einen Sitz in der Exe- te Amtsperiode absolvieren will: «Meinen kutive wären dann nämlich so gut wie noch Entscheid, ob ich zu den Wahlen 2016 nie für die SVP. ­antreten werde, treffe ich im stillen Käm- In der «Schweiz am Sonntag» wurde merlein und in Absprache mit meiner auch der Riehener Gemeinderat Daniel ­Familie und der Partei. Diesen Entscheid ­Albietz, der überraschend aus der CVP aus- werde ich zu gegebenem Zeitpunkt kom- getreten ist, als möglicher überparteilicher munizieren», sagt er dazu. Kandidat der Bürgerlichen ins Spiel ge- Fraglich ist auch, ob noch- bracht. Diese Option ist aber unwahr- In der siebenköpfigen Basler Regierung mals für eine Legislatur zu haben ist. Dage- scheinlich – die CVP wird eine Kandidatur kommt es zu mindestens einem Wechsel. gen spricht, dass die Finanzdirektorin wie Albietz’ kaum unterstützen: zu unschön Schon seit Längerem ist bekannt, dass der Morin bereits seit 2005 in der Basler Regie- war sein Abgang aus der Partei. neue Nationalrat Christoph Eymann (LDP) rung sitzt – dafür, dass Herzog derzeit keine nicht für eine weitere Amtsperiode antre- anderen Perspektiven in der Politik hat. Aufgrund der Amtszeit- ten wird, da er bereits seit 2002 in der Exe- Herzog werden seit Längerem Ambitionen kutive ist. für den Ständerat nachgesagt. Dieser Sitz beschränkung müssen gehört jedoch bis 2019 ihrer Parteikollegin Was macht Morin? . Denkbar ist deshalb, dass Her- vier der fünf Grossräte Als Eymanns Nachfolger wird seit ge- zog nochmals antritt, 2019 für den Stände- raumer Zeit Conradin Cramer gehandelt. rat kandidiert und erst dann aus der Regie- der BastA! aufhören. Der 36-jährige Anwalt hat bis jetzt aber rung zurücktritt. Tritt Eva Herzog aber nicht durchblicken lassen, ob er kandidie- demnächst zurück, befindet sich mit gröss- Und Nachwuchs ist nicht ren wird. Anders seine Parteipräsidentin ter Wahrscheinlichkeit Tanja Soland in der Patricia von Falkenstein: Die Ex-Partnerin Pole-Position für ihren Sitz. wirklich vorhanden. von Christoph Eymann zeigt Interesse an Ziemlich klar scheint hingegen, dass die einer Kandidatur. Cramer gilt jedoch als beiden Sozialdemokraten Christoph Brut- Im 100-köpfigen Grossen Rat kommt es klarer Favorit. schin und Hans-Peter Wessels für eine wei- ab der neuen Legislatur zu einigen Verän- Die spannendste Frage ist, was Regie- tere Amtszeit antreten werden. Sie gehören derungen. Denn gemäss Kantonsverfas- rungspräsident Guy Morin (Grüne) macht. der Regierung seit 2009 an. Ebenfalls wie- sung gilt für den Grossen Rat eine Amts-

TagesWoche 02/16 zeitbeschränkung von vier Legislaturen. Politiker, die diese erreicht haben, müssen anschliessend vier Jahre aussetzen. Im Klartext: Wer vor Februar 2005 dazu kam, ist 2016 nicht mehr wählbar. Besonders die Linkspartei BastA! trifft es hart, für sie gleicht diese Regelung ei- nem Aus im Grossen Rat: Bei den Wahlen am 23. Oktober dürfen gleich vier von ins- gesamt fünf Grossratsmitgliedern nicht mehr für das ­Basler Parlament kandidieren. Über die Klinge springen müssen Patrizia Bernasconi, Brigitta Gerber, Heidi Mück und Urs Müller – vier Aushängeschilder der Partei. Einzig Nationalrätin darf nochmals, und somit zum letzten Mal, für den Grossen Rat kandidieren. Es wird also eine Herausforderung für die Partei, ihre Sitze mit neuen Köpfen zu verteidigen – Nachwuchs ist nicht wirklich vorhanden.

Prominente Abgänge Wegen der Amtszeitbeschränkung ver- zeichnen auch SVP und LDP prominente Abgänge. Bei der SVP darf Lorenz Nägelin nicht mehr antreten, bei der LDP trifft es Christine Wirz-von Planta (beide Frakti- onspräsidenten). In der SP-Fraktion kommt es mindes- tens zu drei Wechseln. Bei 33 Fraktiosmit- gliedern fällt dies jedoch nicht gross ins Gewicht. Nicht mehr antreten dürfen für die SP Martin Lüchinger (ehemaliger Par- teipräsident), Philippe Macherel und Bri- gitte Heilbronner. Bei der FDP müssen Ernst Mutschler und der ehemalige Grossratspräsident Christian Egeler gehen. Egeler hat bereits bekanntgeben, dass er aus beruflichen Gründen Anfang 2016 vorzeitig zurücktre- ten wird. Bei der CVP und GLP gibt es – zu- mindest wegen der Amtszeitbeschränkung – keine Veränderungen. Im Grossen Rat wird es einige Wechsel geben. foto: hans-jörg walter tageswoche.ch/+v2bos ×

TagesWoche 02/16 20 Interview Der Basler Nationalrat ist neu Vizepräsident der SP Schweiz und kritisiert seine eigene Partei: Die Sozialdemokraten würden momentan ein paar grundlegende Fehler begehen. «Die SP muss ­ selbstbewusster werden»

von Yen Duong und Jeremias Schulthess

eat Jans hat sich verbissen. Nicht Herr Jans, ist der Posten als Vizepräsi- ­vorhanden, in der SP Schweiz ist dies weni- in das Croissant, das vor ihm dent ein Trostpreis dafür, dass Sie ger der Fall. liegt, sondern in seine politi- nicht Fraktionspräsident wurden? Auch im Bundesparlament ist die SP in schen Gegner. Wenn Jans über Die Enttäuschung war bei mir nicht der Minderheit. Bdie SVP spricht, geht seine Stimme hoch, gross, als es mit dem Fraktionspräsidium Natürlich. Dennoch finde ich, dass wir seine Augen fangen an zu funkeln. nicht geklappt hat. Daher muss ich auch als Partei selbstbewusster auftreten müs- Er ist ein emotionaler Typ. Und er weiss, nicht getröstet werden. Im Nachhinein fin- sen – auch in wirtschaftlichen Fragen. Uns wie er seine Emotionen einsetzen muss. de ich sogar: Dass ich nun Vizepräsident würde es guttun, weniger an fundamenta- Kaum ist der Fotograf da, gestikuliert er mit und nicht Fraktionspräsident bin, ist die len Fragen herumzustudieren, sondern seinen Händen, legt noch mehr Effort in bessere Lösung für mich und meine Fami- konkrete Lösungen zu präsentieren. Viel- die Mimik – Jans gibt vollen Körpereinsatz. lie. Denn so habe ich mehr Zeit. leicht muss auch unsere Sprache einfacher Seit über 15 Jahren politisiert er. Zuerst Wo wollen Sie die Partei als Vizechef werden. als Präsident der SP Basel-Stadt und Gross- hinsteuern? Das hört sich selbstkritisch an. rat, seit 2010 als Nationalrat. Er bezeichnet Ich möchte die Basler Erfahrung in die Ich bin nicht Vizepräsident geworden, sich selbst als «Berufspolitiker» – ein Wort, Partei bringen. Das fehlt mir ein wenig in weil ich alles auf den Kopf stellen möchte das andere Nationalräte als Schimpfwort der SP Schweiz. oder den Zustand der Partei schlecht finde. empfinden. Denn zurzeit lebt Jans in erster Was verstehen Sie unter «Basler Aber manchmal geht mir unsere Politik Linie für die Bundespolitik. Erfahrung»? zu sehr an der Realität der Menschen vor- Daneben gibt er eine Vorlesung an der Mehrheitsverantwortung zu überneh- bei. Viele machen sich Sorgen um den Job Uni Basel, sitzt in einigen Vorständen und men und in diesem Umfeld zu politisieren – oder die Vorsorge. Wir müssen den Leuten berät Unternehmen punkto Umweltschutz. und ein gewisses Verständnis dafür, dass zeigen, dass wir hier sind und Lösungen Im Dezember wurde Jans zudem zum Vize- wir es besser und anders machen können. ­bereit haben. Das finde ich viel wichtiger, präsidenten der SP Schweiz gewählt. In der Basler SP ist dieses Bewusstsein als sich mit fundamentalen Fragen ausein-

TagesWoche 02/16 Beat Jans ist seit 2010 für die SP Basel-Stadt im Nationalrat. Von 2000 bis 2005 war er Präsident der Basler SP. Jans ist selbst- ständiger Berater im Bereich Umweltschutz­ und Kommuni- kation. Zudem ist der 51-Jährige Dozent an der Uni Basel. Er ist verheiratet, Vater zweier Töchter und lebt im Kleinbasel.

«Erfolg verpflichtet: Ich habe grossen Respekt vor diesem Amt.» SP-Vizepräsident Beat Jans. Fotos: Nils Fisch

TagesWoche 02/16 anderzusetzen. Im Moment habe ich das Gefühl, dass die SP bei den brennenden Themen keine prägende Rolle spielt. Ich hoffe, dass ich mit meinem Rucksack aus Basel mithelfen kann, dies zu ändern. Dem «Tages-Anzeiger» sagten Sie, dass die SP «oft zu wenig konsequent» sei: So wurden im Kampf die eigenen Themen zu wenig bewirtschaftet. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr verzetteln. Denn wenn man seine eigenen Themen zu wenig pusht, ­besteht die Gefahr, dass man von anderen vor sich hergetrieben wird. Konkret: Die SP wehrt die Vorstösse der SVP ab und vergisst dabei ihre eigenen Schwerpunkte? Diese Gefahr besteht. Das Aufkommen der SVP mit ihren ausländerfeindlichen und isolationistischen Gedanken hat mich wie viele in der SP extrem politisiert. Aber reagieren ist kein Parteiprogramm. Wir müssen unsere eigenen Themen konse- quent bewirtschaften – denn davon gäbe es genug. Im Wahlkampf habe ich immer wieder die Frage gehört: «Was macht ihr ­eigentlich noch für uns?» Das hat mich enorm beschäftigt, denn wenn diese Frage gestellt wird, dann machen wir offensicht- «Die Politik der SP ist mehrheitsfähig – und zwar je länger, je mehr.» lich etwas grundlegend falsch. Ich hoffe, wir schaffen es, den Leuten wieder das Berg- und Urkantone haben eine grosse Wird das in der Schweiz konkrete ­Gefühl von Heimat zurückzugeben. Macht, personell sind sie völlig übervertre- Folgen haben? Heimat – ein SVP-Wort. ten. Deshalb ist es sehr wichtig, was in den Es gibt keine Alternative zu diesem Weg. Genau das ist das Problem. Wir Linken Städten geschieht. Und dort bin ich über- Ich bin überzeugt, wer schneller diesen dürfen uns nicht von den Begriffen Freiheit zeugt: Die Politik der SP ist mehrheitsfähig Weg findet, der ist besser dran. und Heimat distanzieren, sondern müssen – und zwar je länger, je mehr. Im Nationalrat sehen das die wenigs- sie selber definieren. Diese Begriffe wer- ten so. den zu sehr von den rechtspopulistischen «Mittlerweile hat Das ist leider so. Unser kapitalistisches Kräften in diesem Land vereinnahmt. Die Energie-Modell, bei dem wir fossile Ener- SVP profitiert extrem von den Globalisie- die Schweizer Identität gieträger aus kriegsführenden Ländern im- rungsängsten, die in jedem von uns stecken. portieren und Kernenergie produzieren – Die Leute haben das Gefühl, bei der SVP mit Edelweiss-Hemden die nebenbei bemerkt auf dem Import von würden sie Schutz finden. Ich möchte den Uran basiert –, dieses Modell verkaufen Leuten klarmachen, dass das Heimatgefühl und Kuhwiesen zu tun. Bürgerliche als «Succès suisse». Das ist eigentlich mit ganz anderen Sachen zu tun doch völliger Chabis. Eine echte schweize- hat. Das geht völlig an der rische Energieversorgung basiert vielmehr Nämlich? auf einheimischen, erneuerbaren Ressour- Heimat entsteht, wenn man spürt, dass Lebensrealität vorbei.» cen. So ist die Schweiz gross geworden. die Gesellschaft Sorge zu einem trägt, man Und es wird höchste Zeit, dass wir die eine materielle Sicherheit hat und man in Die Energiewende – Ihr eigentliches ­dreckigen Energien reduzieren. Das wird der Gesellschaft eine Chance hat – und zwar Kernthema – wird nun von allen Seiten unsere wirtschaftliche Entwicklung beför- die gleiche wie alle anderen auch. H­ eimat attackiert. Das neu zusammengesetzte dern, Arbeitsplätze schaffen, und es wird hört nicht an der Grenze auf. Mittlerweile Parlament wird die Energiestrategie vor allem die dringend notwendige ökolo- hat die Schweizer Identität mit Edelweiss- 2050 weiter aushöhlen, Wirtschaftsver- gische Entlastung bringen. Hemden und Kuhwiesen zu tun. Das geht an bände kämpfen gegen Sie. Ist es nicht Das klingt nach dem Prinzip Hoffnung. der Lebensrealität völlig vorbei. Es ist wich- frustrierend, wenn man auf allen Bislang haben die Klimakonferenzen tig, dass wir eine Antwort finden auf die Seiten gegen so viel Widerstand kaum konkrete Konsequenzen Heidi-Apostel-Theorien der Rechtspopulis- kämpfen muss? gebracht. ten. Auf die Errungenschaften der Schweiz Ich sage es so: Es ist eine Herausforde- Es muss nun etwas passieren. Bei Klima- müssen wir stolz sein. Den Stolz auf das rung, eine zusätzliche Motivation. Frust- gasen soll die Emission auf null reduziert Land dürfen wir nicht der SVP überlassen. riert darf man als Politiker nicht sein, sonst werden, darauf haben sich die Regierungen Die Partei stellt nämlich die grösste Gefahr muss man aufhören. Ich bin es gewohnt, geeinigt. Das bedeutet eine Verdoppelung für die ureidgenössischen Errungenschaf- dass viele Entwicklungen Geduld brau- des Tempos, das wir mit der Energiestrate- ten der Schweiz dar – beispielsweise mit chen – in der Schweiz sowieso. Aber die gie 2050 angeschlagen haben. Nicht mehr ­ihrer Durchsetzungsinitiative, die unser Energiewende, die kommt. Das hat die Kli- und nicht weniger. Die Energiestrategie ­demokratisches System infrage stellt. Und makonferenz in Paris erneut gezeigt. Es wa- führt nur etwa zu 50 Prozent Reduktion bis wer kappt den Sozialversicherungen immer ren zunächst Lippenbekenntnisse, das ist 2050. Ausserdem hilft die technologische wieder Geld? Die Rechtspopulisten! klar. Aber die Regierungschefs haben das Entwicklung bei der Energiewende. Sprich: Die Schweiz tickt eben bürgerlich. fossile Zeitalter ausgeläutet. Im Jahr 2050 Erneuerbare Energien werden marktfähig. Linke Ideen haben kaum Chancen. sollen keine Klimagase mehr emittiert wer- Beispielsweise die Entwicklung der Wind- Ausser in den Städten, ja. Das Parlament den. Man muss sich das mal vorstellen. Das kraft geht global viel schneller, als man pro- in Bern ist jedoch sehr ländlich organisiert. ist historisch. gnostizierte. Die Frage ist nicht, ob die

TagesWoche 02/16 23 Energiewende stattfindet – sie findet statt. Aber das erreicht man doch nicht mit teilung des Verfassungsartikels absolut Die Frage ist, ob die Schweiz bei diesem ­einem Alleingang. Es gäbe auch noch eine Sinn. Nun vertritt Economiesuisse die Mei- Umbau mitmacht, ob sie hinten dabei ist andere Lösung. Die heisst «Rasa-Initiative» nung: Umsetzung und Bilaterale erhalten – oder vorne. Ich bin überzeugt, sie muss vor- («Raus aus der Sackgasse», Anm. der Red.). das geht. Genau das hat übrigens auch ne dabei sein, weil wir dort eine riesige Diese ist bereits eingereicht. Aber Econo- Christoph Blocher vor der Abstimmung Chance haben. miesuisse killt diese Initiative, indem sie den 2014 gesagt. Ich glaube, diese inhaltliche Bei der Durchsetzungsinitiative zeigt Leuten weismacht, man könne die Massen- Annäherung hat auch mit personellen sich einmal mehr, dass Wirtschafts­ einwanderungsinitiative einfach so um­ ­Verflechtungen zu tun. verbände nur gegen SP-Initiativen setzen. Damit gaukelt der Verband ­etwas vor, Was sind Ihre Pläne für die Zukunft, kämpfen, bei der SVP halten sie sich was er gar nicht beurteilen kann. Das ist haben Sie Ambitionen auf das Partei­ zurück. Warum ist das so? hochriskant. Economiesuisse setzt mit die- präsidium? Wegen der Verfilzung. Die SVP hat es sem Vorgehen die Bilateralen aufs Spiel. Nein. Die habe ich nicht. Ich denke nicht ­geschafft, in all diese Gremien hineinzu- in solchen Karriereschritten. Für das Amt als kommen. Beim Gewerbeverband stellt sie «Ständerat fände ich Vizepräsident habe ich mich beworben, weil das Präsidium, bei anderen Verbänden ich mich nach meinem guten Wahl­resultat in sind die personellen Verflechtungen auch einen spannenden Job. der Pflicht fühlte, mehr Verantwortung zu relativ stark. Das ist der einzige Grund. übernehmen – Erfolg verpflichtet. Ich habe Die SP verpasst es hingegen, stärker mit Aber Eva Herzog hätte die grossen Respekt vor diesem Amt. der Wirtschaft zusammenzuarbeiten. Kommt eine Ständeratskandidatur in Das stimmt. Vielleicht wurde es auch besseren Wahlchancen ein paar Jahren für Sie infrage? zu wenig versucht – zum Beispiel bei der Das fände ich einen spannenden Job. Umsetzung der Masseneinwanderungsini- als ich.» Da sind Sie in der SP nicht der Einzige. tiative. Ich bin schockiert, wie sich Econo- Ihre Kollegin Eva Herzog will ebenfalls. miesuisse in dieser Sache verhält. Dahinter steckt eine klare Abwägung: Und sie wäre eine hervorragende Kandi- Warum? Die Rasa-Initiative ist chancenlos, also datin! Sie hätte vermutlich auch die besse- Economiesuisse propagiert seit Länge- muss eine andere Lösung her. ren Wahlchancen als ich. Letztlich muss die rem eine Umsetzung via Schutzklausel. Wieso soll Rasa keine Chance haben? Partei entscheiden, wer der beste Kandidat Nun soll diese Schutzklausel auch ohne Zu- Die Situation hat sich geändert seit dem dafür ist. stimmung von Brüssel eingeführt werden. 9. Februar 2014. Erstens sind einige Leute, Sie könnten ja für die Regierung Das finde ich grob fahrlässig. die damals noch ein Zeichen setzen wollten, kandidieren. Es ist doch ein legitimer Anspruch des aufgewacht. Zweitens hat Brüssel ziemlich An eine Regierungsratskandidatur Dachverbands, die angenommene klare Signale ausgesendet. Nämlich: Eine ­denke ich im Moment nicht. Dieses Jahr SVP-Initiative so umzusetzen, dass die EU-kompatible Lösung gibt es nicht. Vor kommt es sicher nicht infrage. Wirtschaft keinen Schaden erleidet. diesem Hintergrund macht eine Neubeur- tageswoche.ch/+0rky2 ×

ANZEIGE FitnessAKTION bis 31. Januar Jahresabo nur Fr. 484.–

ist bei uns gross ge- Persönliche Beratung schrieben. Im Laufe der Monate wird das Pro- gramm immer wieder indivi- duell angepasst und erneuert. Wir lassen Sie nie im Stich.

Krankenkassen geprüftes Center

Basel · Vogesenstrasse 87 Tel. 061 321 55 33 www.swiss-training.com

TagesWoche 02/16 24 Grosser Rat Kopf der Woche gend oberirdische Parkplätze abgebaut werden müssten. Entsprechend könne der Niederlage für Grosse Rat lediglich darüber bestimmen, ob ein Teil dieser Parklätze nun an der Wett- steinallee oder anderswo im Quartier abge- die Parkplatz- baut werden sollten. LDP-Fraktionssprecher André Auder- Lobby set bezeichnete die Pflanzung neuer Bäu- me als «restlos unnötig». Er wies darauf von Dominique Spirgi hin, dass neue Bäume bei den Anwohnern im Gegenteil unerwünscht seien, da sie die ordergründig ging es um den «Aus- Häuser verfinstern würden. gabenbericht zur Sanierung von Gar als «skandalös» bezeichnete Auder- Strasse und Werkleitungen». Weil an set die Tatsache, dass der Kredit für die Vder Wettsteinallee (Abschnitt Rheinfelder- Strassensanierung von 1,37 Millionen strasse bis Riehenring) aber zudem neue ­absichtlich knapp unter der Referendums- Bäume gepflanzt und Parkplätze geopfert grenze angesetzt worden sei – zumal mit werden sollen, kam es im Grossen Rat zu ­einer Kostenüberschreitung zu rechnen sei. Dominique ­einer Grundsatzdebatte entlang des Links- Regierungsrat Wessels wies diese Anmer- rechts-Grabens. kung als böse Unterstellung zurück. ­König-Lüdin Die Basler Regierung hatte vorgeschla- gen, 22 neue Bäume zu pflanzen und Rückweisungsantrag abgeschmettert von Dominique Spirgi dafür 20 Parkplätze aufzuheben. Weil der SP-Fraktionssprecher Jörg Vitelli sagte, Parkierdruck im Quartier hoch ist, brachte dass es begrüssenswert wäre, wenn die or der Neubesetzung des Grossrat­ die Umwelt-, Verkehrs- und Energiekom- ­Einfamilienhausbesitzer und Stockwerk- präsidiums sprachen verschiedene mission des Grossen Rats (Uvek) einen eigentümer ihr Parkplatzproblem selber an V Medien von einer «Basler Nacht Kompromissvorschlag ein: Statt 22 sollen die Hand nehmen und sich für private un- der langen Messer». Es waren aber kurze nur noch zwölf Bäume gepflanzt und zehn terirdische Quartierparkings einsetzten. Messer, die da gewetzt worden waren. Die Parkplätze aufgehoben werden. Der Rückweisungsantrag der LDP, der SP-Grossrätin Dominique König-Lüdin Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter von der FDP und der SVP unterstützt wur- wurde mit 82 von 96 Stimmen sehr deutlich Wessels konnte sich mit dem Kompromiss- de, kam aber nicht durch. Der Ausgabenbe- zur neuen Präsidentin des Grossen Rats vorschlag der Uvek einverstanden erklä- richt wurde schliesslich mit 61 gegen 33 ­gewählt. Damit folgt auf Elisabeth Acker- ren. Es ist ein Vorschlag, den der Kommis- Stimmen bei 3 Enthaltungen gutgeheissen. mann von den Grünen erneut und erwar- sions-Vizepräsident Heiner Vischer (LDP) Die bürgerlichen Parkplatz-Lobbyisten, die tungsgemäss eine Frau an der Spitze des eingebracht hatte. Vischer wies als Kom- sich als Anwälte des Parkplätze suchenden Kantonsparlaments. Joël Thüring wurde missionssprecher im Grossen Rat darauf Volkes in Szene gesetzt hatten, mussten also mit 54 von 95 Stimmen relativ knapp zum hin, dass im Quartier wegen des Neubaus einmal mehr eine Niederlage einstecken. neuen Vizepräsidenten des Rats gewählt. von 69 öffentlichen Einstellplätzen zwin- tageswoche.ch/+fwpar × tageswoche.ch/+p7t12 ×

Gesehen von Tom Künzli

Tom Künzli ist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 41-Jährige wohnt in Bern.

TagesWoche 02/16 25 Verwaltungsgebäude FDP ergreift ­Referendum ­gegen Neubau von Yen Duong

as Amt für Umwelt und Energie (AUE) darf gemäss dem Willen des D Grossen Rates von Kleinhüningen in die Innenstadt ziehen. Das Parlament ­bewilligte nach einer kontroversen Diskus- sion rund 16 Millionen Franken für ein ­neues Verwaltungsgebäude an der Spiegel- gasse. Realisiert werden soll das Projekt vom Basler Büro Jessenvollenweider ­Architektur bis 2019. Vorgesehen ist ein achtgeschossiger Holzbau mit einer Nutz- fläche von 1200 Quadratmetern. Der 16-Millionen-Neubau für das AUE war im Grossen Rat, wie auch bereits in der vorberatenden Bau- und Raumplanungs- kommission, äusserst umstritten. FDP und Ausgetanzt: Die goldenen Zeiten des Cabaret sind vorbei. Foto: istock SVP erachteten das Projekt als zu teuer und den Standort in der Innenstadt als ungeeig- Tänzerinnen-Statut ­ihren Betrieb einstellen mussten», sagt Mig- net. Die SVP beantragte die Rückweisung giano. Dazu gehört etwa der «Gasthof zum des Geschäfts an die Regierung, jedoch mit Löwen» in Balsthal. Wo zuvor die meist 30 gegen 58 Stimmen erfolglos. Striplokale ­osteuropäischen Frauen logierten, wohnen heute Asylsuchende. «Luxus-Prestigeobjekt» Während Vermittlungsagenturen und Anders sahen das die übrigen Parteien, kommen unter Cabarets wirtschaftliche Sorgen plagen, so etwa die CVP: «Das AUE ist ein Amt fürchten Frauenschutzorganisationen, mit beachtlichem Publikumsverkehr. Der Druck ­Beratungsstellen für Sexarbeiterinnen und gewählte Standort an der Spiegelgasse ist Präventionsexperten um die Sicherheit deshalb alles andere als abwegig», sagte von Matthias Oppliger der Frauen. Sie haben sich im Vorfeld vehe- Grossrätin Helen Schai. ment gegen die Abschaffung des Tänzerin- Die FDP will im Wahljahr nun das Refe- ie Idee war mehr Schutz für die nen-Statuts ausgesprochen. rendum gegen den Grossratsbeschluss Frauen, als der Bundesrat Mitte So warnte etwa Daniel Stolz, ehemaliger ­ergreifen. In einer Mitteilung bezeichnet D der 90er-Jahre das Tänzerinnen- Basler Nationalrat und Geschäftsleiter der die Partei das Projekt als «Luxus-Prestige- Statut einführte. Mit der Sonderbewilli- Aidshilfe beider Basel, bereits 2014 gegen- projekt der rot-grünen Regierung». gung durften Frauen aus Drittstaaten, also über der «Basler Zeitung» vor den fatalen Christoph Brutschin, SP-Regierungsrat Staaten ausserhalb der EU, für acht Monate Folgen des Bundesratsentscheides. Dieser und oberster Chef des AUE, blickt einer pro Jahr in der Schweiz in Striplokalen als würde die Frauen in die Illegalität treiben, möglichen Abstimmung gelassen entgegen: Tänzerinnen arbeiten. Seit dem 1. Januar ist etwa indem sie sich ohne Arbeitsbewilli- «Die Bevölkerung soll entscheiden.» In Schluss damit, Cabarettänzerinnen aus gung in Kontaktbars prostituieren würden. der Vergangenheit habe diese immer wie- Nicht-EU-Ländern erhalten hierzulande Doch ohne legalen Status seien sie im Mi- der gezeigt, dass sie auch Projekte, die der keine Arbeitsbewilligung mehr. lieu noch stärkererem Druck ausgesetzt. Verwaltung zugute kommen, unterstütze. Begründung: Die Regelung habe ihre Das jetzige Gebäude des AUE an der Schutzwirkung nie entfaltet. Viele Frauen Der Druck im Milieu steigt Hochbergerstrasse darf gemäss Grossrats- hätten nicht nur als Tänzerin gearbeitet, Im Milieu geht es bereits rau zu und beschluss zudem nicht verkauft werden, sondern seien versteckt zur Prostitution her, daran wird auch die Abschaffung des sondern soll künftig primär für Wohnun- und zur Animation gedrängt worden. 2015 Tänzerinnen-Statuts nichts ändern. Gleich gen genutzt werden. stellte der Kanton Basel-Stadt noch 461 Ar- noch einmal verschärfen dürfte sich das tageswoche.ch/+s9git × beitsbewilligungen für Tänzerinnen aus. Klima im Sexgewerbe ab kommendem Juni. Über 300 davon gingen an Frauen aus der Ab dann gilt die Personenfreizügigkeit ANZEIGE Ukraine, jeweils etwa 40 an Frauen aus Russ- auch für die beiden EU-Staaten Rumänien land und der Dominikanischen Republik. und Bulgarien. JSD-Sprecher Martin Schütz blickt mit Betrieb eingestellt Besorgnis in die Zukunft. «Wir gehen davon Die ungefähr 15 Cabarets in Basel sind aus, dass ab Frühjahr die Meldungen von auf diese Tänzerinnen angewiesen, denn Frauen aus Rumänien und Bulgarien stark innerhalb der EU finden sich kaum Frauen, zunehmen.» Dadurch werde dank höhe- die gewillt sind, sich in Schweizer Lokalen rem Preis- und Konkurrenzdruck auch der vor Publikum auszuziehen. Das merkt auch Druck auf die Frauen steigen, riskante Sara Miggiano, die in Bern mit ihrer Agen- Praktiken wie Verkehr ohne Kondom anzu- tur Atlas GmbH Tänzerinnen vermittelt. bieten, ist Schütz überzeugt. «Ich weiss von zahlreichen Cabarets, die tageswoche.ch/+q5dft ×

TagesWoche 02/16 Bildstoff 360° tageswoche.ch/360

Israel Im Sternbild des Wals: Als ob sie ein ­Tänzchen zu Ehren des alten Jahres aufführten, ­zeichneten am 31. Dezember ­unzählige Stare auf ihrem Weg gen Süden Bilder in den Himmel. amir cohen/reuters

Lowell Schreck lass nach! Doch der Ausdruck auf dem Gesicht der republikanischen Parteigängerin täuscht. Sie gerät bei einer Wahlkampf­ veranstaltung in Massachusetts ­komplett aus dem Häuschen, als ihr Idol Donald Trump vor ihr steht. brian snyder/reuters

Pune Alle auf Empfang: Die nationalistische Hinduorganisation RSS demonstriert ihre Macht bei einer Massenver­ anstaltung. Die in Indien regierende Bharatiya Janata Party gilt als ihr politischer Flügel. danish siddiqui/ reuters Berlin Die Pfleger ­staunten wohl nicht schlecht, als sie am Neujahrs- morgen einen Elefanten mehr im Stall vorfanden. Nun sucht der ­Tierpark ­Berlin einen Paten, der gemeinsam mit den Pflegern einen Namen für den Bullen aussuchen darf. Hannibal HanschkE/ reuters

Burns Der Name ist ­Programm: Im Malheur-Natur- schutzgebiet in Oregon drohte eine bewaffnete Bürgerwehr den Behörden mit Gewalt. Der Grund: Zwei Jäger waren der Wilderei ­überführt worden, obwohl sie ihre Spuren mit einem Feuer vernichten wollten. Zu guter Letzt zogen die «Rebellen» friedlich ab. jim urquhart/ reuters

TagesWoche 02/16 28 Bestattungsanzeigen Basel-Stadt und Region

Allschwil str. 88, Basel, wurde 14.12.2015, Horburg- Spalenring 105, Basel, Pratteln Nussbaumer-Städeli, bestattet. str. 114, Basel, Trauer- wurde bestattet. Spörri, Kurt Walter, Milly, von Basel/BS, Ellgehausen-Pfeifer, feier: Freitag, 08.01., 27.07.1927–28.12.2015, Dieter Kurt Karl Josef, Jetzer-Wirth, Helene, Biel-Benken von Pratteln/BL, Egg/ von Basel/BS, 09.30 Uhr, Friedhof ZH, 06.08.1930– Moosweg 34, Riehen, von Basel/BS, am Hörnli. Kleiber-Ruepp, Verena, Trauerfeier: Montag, 26.06.1937–02.01.2016, 24.09.1918–31.12.2015, von Biel-Benken/BL, 01.01.2016, (wohnhaft Bruderholzstr. 104, Rüegsegger-Wasser- gewesen im Alterszen- 11.01., 14.30 Uhr, Fried- Muesmattweg 33, 01.04.1941–03.01.2016, hof am Hörnli. Allschwil, Trauerfeier Basel, wurde bestattet. mann, Anna Maria, Neuweilerstr. 4, trum Birsfelden, Hard- und Beisetzung im Joss, Annemarie von Basel/BS, Biel-Benken, Abdan- str. 71), Pratteln, Stehle, Irma Marie, engsten Familien- und Elisabeth, 02.10.1916–01.01.2016, kungsfeier: Freitag, Trauerfeier: Donners- von Riehen/BS, Freundeskreis. von Bern/BE, Helfenbergstr. 26, 08.01., 14.30 Uhr, tag, 14.01., 14.00 Uhr, 01.04.1920–27.12.2015, Basel, Trauerfeier: Friedhof Blözen, Albert Oeri-Str. 7, Arlesheim 04.10.1931–28.12.2015, Besammlung ref. Kirche Parkweg 25, Basel, Montag, 11.01., Biel-Benken. Abdankungskapelle. Riehen, wurde Sturgess-Wahl, 13.30 Uhr, Friedhof am bestattet. Trauerfeier: Mittwoch, Birsfelden Beisetzung im engsten Yvonne Bertha, von 13.01., 15.00 Uhr, Hörnli. Familienkreis. W Schlienger-Habegger, eibel-Baschang, Uta, Basel/BS, 11.10.1933– Kapelle der Adullam- Ruf, Irene, von Basel/ Reinach von Malters/LU, 17.12.2015, Feldreben- Sonja, von Hellikon/AG, Stiftung, Mittlere BS, 21.11.1932– 14.03.1939–01.01.2016, Krauer-Scheller, 28.06.1937–03.12.2015, weg 3, Arlesheim, Str. 15. 27.12.2015, Lerchen- Aeussere Baselstr. 236, Trauerfeier: Mittwoch, Hardstr. 71, Birsfelden, Vreni, von Zürich/ZH, Köhli-Imfeld, Willy str. 90, Basel, Trauer- Beisetzung: Dienstag, Wald/ZH, 15.05.1923– Riehen, wurde 13.01., 14.00 Uhr, ref. feier: Dienstag, 12.01., bestattet. Kirche in Arlesheim, Samuel, von Kallnach/ 19.01., 10.00 Uhr, 04.01.2016, Kirchgasse BE, 12.02.1920– 14.30 Uhr, Friedhof Besammlung kath. 12, Reinach, Trauer- Wider-Gisin, Josef, anschliessend Beiset- am Hörnli. zung auf dem Friedhof 02.01.2016, Im Burgfel- Kirche Birsfelden. feier: Freitag, 15.01., von Riehen/BS, Bromhübel. derhof 30, Basel, Saner-Schürmann, 14.00 Uhr, Friedhof 02.08.1946–27.12.2015, Trauerfeier: Mittwoch, Rita Hedwig, von Lausen Fiechten, Reinach. Esterliweg 131, Riehen, Basel 13.01., 13.30 Uhr, Basel/BS, 24.11.1940– Jermann-Grolimund, Trauerfeier: Freitag, Annemarie, von Dittin- Wyrsch, Andreas, von Arszenievits-Rüegg, Friedhof am Hörnli. 27.12.2015, Emil Angst- Attinghausen/UR, 08.01., 10.30 Uhr, Magdalena, von Str. 20, Basel, gen/BL, 30.04.1941– Friedhof am Hörnli. Leiser-Bauer, Marga- 01.01.2016, Florastr. 6, 25.02.1926–31.12.2015, Bretzwil/BL, rete Elisabeth Helene, Trauerfeier im engs- Aumattstr. 79, Rei- 03.11.1920–05.01.2016, ten Kreis. Lausen, Urnenbeiset- von Seedorf/BE, zung in Aesch im engs- nach, Urnenbeiset- Zürcherstr. 143, Basel, 20.04.1941–01.01.2016, Schirmaier-Wilhelm, zung: Freitag, 15.01., Trauerfeier im engs- ten Familien- und Allschwilerstr. 50, Erhard, von Basel/BS, Freundeskreis. 11.00 Uhr, Friedhof ten Kreis. Basel, Trauerfeier im 17.05.1926–18.12.2015, Fiechten, Reinach. Muttenz Baer-Waldnig, engsten Kreis. Magdenstr. 47, Basel, Riehen Theresia, von Hausen Trauerfeier: Mittwoch, Bär-Arnet, Marie, aus Leubin-Wehle, Anne- Bouzater-Kettnaker, am Albis/ZH, marie, von Basel/BS, 13.01., 16.00 Uhr, Muttenz/BL, Vordem- 04.10.1927–21.12.2015, St. Michaelskirche, wald/AG 27.02.1925– Agnes Lucie, von 22.11.1926–24.12.2015, Basel/BS, 07.10.1945– Im Zimmerhof 3, Morgartenring 143, Allmendstr. 32. 27.12.2015, Tramstr. 83, Basel, wurde bestattet. APH Zum Park, Muttenz, 24.12.2015, Hörnli- Basel, wurde bestattet. Schmitz-Wendt, Peter allee 70, Riehen, Compare, Angelo, Paul, von Salenstein/ wurde im engsten Fami- Libralato-Vesentini, lienkreis bestattet. Trauerfeier im engs- von Italien, 15.11.1934– Maria, von Italien, TG, 25.09.1923– ten Kreis. 03.01.2016, Jungstr. 26, 08.09.1928–03.01.2016, 03.01.2016, Allschwi- Furrer-Bachmann, Basel, Trauerfeier: lerplatz 9, Basel, Hansjörg, von Böttstein/ Grieder-Bastian, Luzernerring 72, Basel, Sonja Maria, von Dienstag, 12.01., wurde bestattet. Trauerfeier: Dienstag, AG,06.05.1945– 13.30 Uhr, Friedhof am 12.01., 10.30 Uhr, 03.01.2016, Gartenstr. 123, Wintersingen/BL, Hörnli. Lichtsteiner-Stöcklin, Friedhof am Hörnli. Muttenz, Trauerfeier: 10.03.1933–29.12.2015, Rolf Robert, von Montag, 11.01., 14.00 Uhr, Siegwaldweg 45, Dolder-Vonder Mühll, Ohmstal/LU, Spring-Hodel, Adel- Riehen, Trauerfeier: Fred, von Basel, heid Hedwig, von Abdankungsraum, 09.05.1935–29.12.2015, Friedhof Muttenz. Dienstag, 12.01., 07.02.1926–29.12.2015, Volkensbergerstr. 32, Basel/BS, 20.05.1924– 11.30 Uhr, Friedhof am Hirzbodenpark 12, Basel, Trauerfeier im 27.12.2015, Brantgas- Just-Matt, Gertrud, von Hörnli. Basel, Trauerfeier: engsten Kreis. se 5, Basel, wurde Basel/BS, 14.07.1923– Freitag, 08.01., bestattet. 25.12.2015, Reichenstei- Hofer-Grob, Hans, von Näf-Wyss, Burkard Riehen/BS, Basel/BS, 14.30 Uhr, Peters- Spring-Wilhelm, Nina, nerstr. 55, APH Käppeli, kirche, Peterskirch- Josef, von Ittenthal/ Muttenz, Abschied im 16.09.1919–26.12.2015, AG, 13.01.1935– von Seedorf/BE, Inzlingerstr. 50, platz 8. 19.08.1933–24.12.2015, engsten Familien- und 29.12.2015, Horburg- Freundeskreis. Riehen, Trauerfeier: Frei-Heer, Hildegard, str. 54, Basel, Trauer- Bruderholzstr. 104 , Montag, 11.01., von Bettingen/BS, feier: Montag, 11.01., Basel, Wurde bestattet. Schärer, Hans, von 15.00 Uhr, Dorfkirche 12.12.1926–26.12.2015, 11.30 Uhr, Friedhof am Stocker-Bisang, Erna Jaberg/BE, 20.07.1918– Riehen. Hirzbrunnenschan- 25.12.2015, Tramstr. 83, Hörnli. Julia, von Basel/BS, Keller-Lisardo, Alfred, ze 70, Basel, Trauer- Beromünster/LU, APH Zum Park, Muttenz, feier: Freitag, 08.01., Pal-Szabo, Susanne Urnenbeisetzung: Mitt- von Basel/BS, Flora, von Basel/BS, 09.12.1936–31.12.2015, 18.02.1942–30.12.2015, 15.30 Uhr, Friedhof am Margarethenstr. 75, woch, 13.01., 14.00 Uhr, Hörnli. 23.01.1948–23.12.2015, Friedhof Muttenz. In den Neumatten 43, St.Alban-Anlage 49, Basel, Trauerfeier: Riehen, wurde Glenck, Rosmarie Basel, Trauerfeier: Freitag, 08.01., 13.30 Ostermundigen bestattet. Hedy, von Basel/BS, Uhr, Heiliggeistkirche, Freitag, 08.01., Brennwald-Utzinger, Mattera-Trofa, Vitto- 09.02.1923–22.12.2015, 14.30 Uhr, Friedhof Basel. Helene Elsa, von Rie- Bruderholzstr. 104, rio, von Riehen/BS, am Hörnli. Suter-Moser, Rosma- hen/BS, 14.05.1923– 29.07.1936–30.12.2015, Basel, Trauerfeier: 20.12.2015, Mitteldorf- Reichen-Herz, Wer- rie, von Basel/BS, Rössligasse 62, Rie- Freitag, 08.01., str. 16, Ostermundigen, ner, von Frutigen/BE, Kölliken/AG, hen, wurde bestattet. 13.00 Uhr, Kapelle 06.02.1932–31.12.2015, wurde bestattet. Wolfgottesacker. 26.11.1927–19.12.2015, Kapellenstr. 37, Basel, St. Jakobs-Str. 201, Jenny-Schöpflin, wurde bestattet. Basel, wurde bestattet. Berta Luise, von Rizzotto-Beretti, Urfer, Annemarie, von laufend aktualisiert: Basel/BS, 01.09.1931– Burgistein/BE, 20.12.2015, Hammer- Ernesta Stella, von tageswoche.ch/todesanzeigen Italien, 14.07.1939– 23.09.1940–28.12.2015,

TagesWoche 02/16 29 Knackeboul Flüchtling – ein Wort, das man sagt, ohne sich etwas dabei zu denken. Bis man dann doch nachdenkt und den Gedanken nicht los wird, dass dieses Wort bedenklich ist.

waren sie Flüchtlinge. Ein hartes Schicksal. Denn ein Flüchtling muss im Freien schlafen, ein Flüchtling kann froh sein, wenn er etwas zu essen kriegt, ab und zu ertrinken ein paar Flüchtlingskinder im Meer – Schicksal. Flüchtlinge müssen im Zaun gehalten werden, in Lagern. Versu- chen sie eine Grenze zu überqueren, dür- eine Gutmensch-Kolumne fen sie niedergeknüppelt werden. Flücht- in der letzten Ausgabe hat linge sollten es nicht allzu schön haben, Wellen geschlagen. Dieser sie können froh sein, wenn sie in der Satz enthält mindestens ein Schweiz in einem unterirdischen Bunker Mdoppeldeutiges Wort und eine Metapher. leben dürfen. Als Wortkünstler bin ich angetan von Meta- Ein Flüchtling, der sich beschwert – eine phern, Doppeldeutigkeiten, Sinn und Sinn- absolute Frechheit! Und wozu braucht so losigkeit dieser Buchstabenhaufen. Knackeboul ist Rapper, Beatboxer einer eigentlich ein Smartphone, bitte? «Flüchtlingsstrom» ist auch ein interes- und Publizist. Oder einen Anwalt? Oder die selben santes Konstrukt. Es hat etwas Meteoro- tageswoche.ch/+fxj4j Rechte wie wir Schweizer? Und ist Euch logisches oder Geografisches. Ein Strom. auch schon einmal so eine Gruppe Ein unkontrollierter Fluss, der sich sei- Flüchtlinge am Bahnhof begegnet? nen Weg bahnt und Dämme einreisst. Das Wort Flüchtling ist ein fieses Sam- Schon furchteinflössend, nicht wahr? Dass es sich bei der Flüchtlingswelle melwort, das versucht eine Menschen- Jetzt beginnen immerhin einzelne dieser (auch ein toller Begriff) um Millionen von gruppe zu beschreiben, dabei scheitert verweichlichten Flüchtlinge zurückzu- Individuen mit verschiedenen Hinter- und noch ein weiteres fatales Handicap flüchten. Nur recht so! Wenns ihnen nicht gründen und unterschiedlichen Lebens- hat – es ist negativ behaftet und wird so passt – tschüss! entwürfen handelt, das transportiert der zum Unheil bringenden Stigma. Richtig Begriff «Strom» nicht. bewusst wurde mir dies während meinen Die sind ja irgendwie selbst schuld paar Tagen mit einer Gruppe freiwilliger Merken wir, was hier abgeht?! Diese Men- Eine Lehrerin, die Sneakers sammelt Schweizer Helfer auf der griechischen In- schen flüchten vor Elend und Krieg – sie «Völkerwanderung» wäre für mich ein sel Lesbos. Dutzende Boote und Tausen- sind Opfer, auch wenn das ein weiteres treffenderes Wort für das, was da passiert. de Menschen sah ich an der griechischen zweischneidiges Wort ist. Wenn in Frank- Aber auch das ist nur ein zusammen­ Küste landen. reich ein deutsches Flugzeug abstürzt, gesetztes Wort, das der Tragweite der ge- herrscht europaweit Trauer. Wenn Tau- genwärtigen Phänomene nicht gerecht Das Wort Flüchtling sende Menschen vor unseren Küsten er- wird. Trotzdem würde ich die «Völker- trinken, passiert wenig bis nichts, ja, es wanderung» dem «Flüchtlingsstrom» als nimmt Menschen ihre gibt sogar Spott, weil es eben keine Bezeichnung vorziehen. Denn Ersteres Schweizer oder Deutsche oder Franzosen verzichtet auf ein anderes trügerisches Identität und macht sie zu sind – sondern nur Flüchtlinge, und die Wort, das der eigentliche Protagonist die- sind irgendwie selbst schuld. ser Kolumne ist – der «Flüchtling»! einem abstrakten Ding. Ein Wort besiegelt das Schicksal von Was zum Teufel soll denn das genau sein – Millionen Menschen. Sie verlieren ihre ein Flüchtling? Ein Gnom? Eine exoti- Wir brachten Hunderte Kinder, Frauen Identität und werden zu diesem abstrakten sche Tierart? Flüchtling – ein Wort, das und Männer ins Auffanglager Moria (ja Ding – zu einem Flüchtling. Immer wieder man sagt und schreibt, ohne sich gross et- genau, wie die Unterwelt in «Herr der überlege ich mir Alternativen zu diesem was dabei zu denken; bis man dann doch Ringe») ein überfülltes Höllenloch, das in Wort und immer wieder komme ich zum mal nachdenkt und den Gedanken nicht der Fachsprache übrigens «concentrati- gleichen Schluss. Die momentane Weltlage los wird, dass dieses Wort bedenklich ist. on camp» heisst … Hier mussten Tausen- und unsere politischen und gesellschaftli- Versteht mich nicht falsch. Ich verwende de Menschen zum Teil tagelang anstehen chen Challenges lassen sich nicht auf ein das Wort auch oft und mir ist bisher keine – beziehungsweise «ankauern» – um ein Wort reduzieren. Sie erfordern Dialog und knackige Alternative eingefallen. für die Weiterreise unerlässliches Doku- viel Geduld und Offenheit. Deshalb miss- Aber ich glaube, dass sich nicht einer der ment zu besorgen. traue ich Worten und auch Menschen, die über 50 Millionen Menschen auf der Lösungen für Konflikte in ein, zwei Wör- Flucht in erster Linie als Flüchtling «Ankauern» im «concentration camp» tern formulieren und bewahre mir eine re- ­bezeichnen würde. Er oder sie (was ist Mit «ankauern» meine ich, dass die über- spektvolle Faszination für Doppeldeutig- ­eigentlich die weibliche Form von Flücht- forderten griechischen Polizisten, um den keiten und Metaphern. × ling? Die Flüchtlingin? Fluchtfrau?) wür- Überblick über die Menschenmasse zu de wohl eher sagen: Ich bin eine Lehrerin, behalten, alle Anstehenden in die Knie die gerne Gedichte schreibt, Sneakers zwangen. Der Apotheker, der Musiker, sammelt und ihre beste Freundin ver- zwei Studentinnen, der Bauer, Sportler, misst. Oder: Ich bin Arzt und Vater von die junge Familie, eine Gruppe Hipster – drei Töchtern und grosser Inter-Mailand- einige von ihnen hatten wir persönlich Fan. Was er kaum sagen würde: Hallo, ich kennengelernt – sie alle waren gerade da- bin ein junger männlicher Flüchtling. bei, ihre Identität zu verlieren. Von nun an

TagesWoche 02/16 30 Polen Die regierende PiS baut Polen in einen autoritären Staat um und verletzt zentrale Werte. Das darf die EU ihrem Mitglied nicht durchgehen lassen. Aber auch die Polen selbst stehen in der Pflicht. «Noch ist Polen nicht verloren»

Online von Georg Kreis

ie Entwicklung erfüllt uns mit len. Bezahlen soll das «internationale Kapi­ ­Aufstände gegen die Russen sowie an den Sorge. Die im November an die tal», das heisst die zusätzlich besteuerten Versuch der U­ ntergrundarmee 1944, das Macht gekommene national­ Handelsketten und Banken. Land von der NS-Okkupation zu befreien. konservative Partei PiS mit In dieser Politik nehmen durchaus real Erinnert sei auch an die berühmte tageswoche.ch/ Ddem irreführenden Namen «Recht und verstandene «Krankheitsvorstellungen» ­Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc mit tehmen/ ­Gerechtigkeit» ist daran, Polen im Eiltem­ ­einen wichtigen Platz ein. Sanieren heisst ihren ersten Danziger Streiks von 1980 und Georg Kreis po in einen autoritären Staat umzubauen. da politisch heilen, und das meint auch an die Opposition der Kirche gegen das Bereits in den ersten zwei Monaten hat sie «säubern». Ministerpräsidentin Beata kommunistische Regime. Diese wichtigen das Verfassungsgericht lahmgelegt und so Szydlo: «Bis zum Sommer wird die Regie­ Bewegungen lebten zu einem Teil vom die die Gewaltenteilung unterminiert. Nun rung die Sanierung des Staates und seiner Gesellschaft durchdringenden polnischen werden die staatlichen Medien an die Institutionen abgeschlossen haben.» Die Nationalismus, der damals eine Oppositi­ ­Kandare genommen und die privaten mit rechtsnationale Kur wird Polen allerdings onskraft war und jetzt zu einer Repressi­ Verstaatlichung bedroht. nur kränker machen. onskraft geworden ist. Die Mentalität, aus der heraus dies alles Dieser Nationalismus kultiviert, wie geschieht, ist besorgniserregend. Seit ihrer Aus dem Nationalismus, ­jeder Nationalismus, Gegnerschaft im In­ Machtübernahme will die PiS die Verhält­ neren wie im Ausland. Beliebte Adressaten nisse derart umkrempeln, dass es – obwohl der eine Oppositionskraft­ sind heute die Intellektuellen und Künstler, in Demokratien üblich – kein Auswechseln die Liberalen und Linken, die Medien­ von Parteihoheiten mehr geben und die war, wurde in Polen schaffenden, Juden, Flüchtlinge und die ­vorangetriebene Entwicklung auch nicht Ausländer schlechthin. mehr in eine andere Richtung gelenkt eine ­Repressionskraft. ­werden kann. Die EU muss reagieren Dem hemmungslosen Durchsetzungs­ Im Osten ist – historisch sehr verständ­ Brosamen an Bedürftige willen entsprechend soll eine neue Ära lich – Russland der Feind. Weit weniger Parteichef Jaroslaw Kaczynski war mit ­eingeläutet werden, eine Zeit, die sich im ­verständlich, gibt es neuerdings auch im der PiS 2005 bis 2007 schon einmal an der Kalender abbilden lässt: Nach der 2. Repu­ Westen Gegner: die Europäische Union Macht. Er musste diese aber an die liberal­ blik (1918–1939) und der 3. Republik (1989– und Berlin mit seiner angeblichen Herrsch­ konservative Bürgerplattform (PO) abtre­ 2015) jetzt eben eine neue, ausdrücklich sucht. Die gegen die EU hochgefahrene ten, die dann acht Jahre lang regierte. Jetzt eine 4. Republik. Es gab schon in der 2. Re­ Gegnerschaft führte schon dazu, dass die vergeudet die rechtsnationalistische Regie­ publik eine Phase, die der jetzigen nicht zuvor aus den wöchentlichen Pressekonfe­ rung keine Zeit, um möglichst viel in ihrem ­unähnlich war, mit der 1926 staatsstreich­ renzen der Regierung verbannte EU-Fahne Sinn und, wie sie sich erhofft, für immer zu ähnlichen Errichtung einer «Vernunft­ auf den Strassen verbrannt und die EU – im regeln. Die aktuellen Eingriffe in die Staats­ diktatur» unter Marschall Josef Pilsudski, Lande von Auschwitz – als Konzentrations­ ordnung haben vor allem die Funktion, der wie Kaczynski nicht Ministerpräsident lager beschimpft wurde. eine nochmalige Abwahl zu verhindern. Die werden wollte und dennoch die Geschicke Die EU kommt nicht darum herum, auf PiS baut ihre Machtposition aus, damit sie des Landes leitete. diese jüngste Entwicklung warnend zu nicht wieder zu Fall gebracht werden kann. Warum ist so etwas heute möglich? Man ­reagieren. Damit wird sie sich bei den Ohne Brosamen an Bedürftige geht das sagt den Polen doch nach, ein freiheitslie­ Rechtsnationalen freilich noch unbeliebter nicht: Senkung des Rentenalters, Anhe­ bendes Volk zu sein. Das mag als allgemei­ machen. Bekanntlich prüft die EU bei der bung des Kindergelds, Verteilung von ne Einschätzung stimmen. Zumal wenn Aufnahme von Neumitgliedern, ob sie die ­Gratismedikamenten an Alte und anderes man sich an wichtige Momente in der Ge­ demokratisch-rechtsstaatlichen Elementar­ mehr. Alles begleitet von Fortschrittsparo­ schichte erinnert, insbesondere an die voraussetzungen erfüllen. Es ist aber nicht

TagesWoche 02/16 31 im Einzelnen geregelt, wie man mit einem Kommission beim Europäischen Gerichts- Hauptaufgaben gehören, den Rechtsnatio- aufgenommenen Mitglied umgeht, wenn es hof (EuGH) in Luxemburg. Angedeutet nalismus einzudämmen. Die ­zentrale Fest- von diesen Standards ­abweichen sollte. wird sodann die Möglichkeit, die polnische stellung in der Begründung der Friedens- Erst die Erfahrungen mit der ebenfalls Regierung mit dem Hinweis auf die ihr zu- preisverleihung von 2012 an die EU lautete, die Grundvoraussetzungen verletzenden strömenden EU-Gelder zu zähmen. dass sie zur Förderung von Frieden und Ver- Politik des ungarischen Regierungschefs söhnung beigetragen habe. Dies ­bezog sich Victor Orban führten dazu, dass die Es rächt sich nun, dass auf die vergangenen sechs Jahrzehnte und ­EU-Kommission im März 2014 «Rahmen- auf zwischenstaatliche Beziehungen. Es vorschriften zum Schutze der Rechtsstaat- die EU nicht schon früher, müsste aber auch für die kommenden Jahre lichkeit» erliess. So kann nun im Falle und bezogen auf die innerstaatlichen Ver- von «schwerwiegenden und anhaltenden gerade im Fall Ungarns, hältnisse aller Mitglieder zutreffen. Verletzungen» der vertraglich verankerten Die «Rettung» kann aber nicht nur von Werte durch ein Gemeinschaftsmitglied eingeschritten ist. aussen kommen, sie muss in erster Linie von ein dreistufiges Verfahren in Gang gesetzt der innerstaatlichen polnischen Opposition werden. Darüber, ob dieses im Fall von Es rächt sich nun, dass die EU nicht geleistet werden. Ihr ist es immerhin schon ­Polen zum Zug kommt, soll bereits am schon früher, gerade im Falle Ungarns, ent- gelungen, Zehntausende für eindrückliche ­Mittwoch, 13. Januar, in Brüssel eine erste schiedener eingeschritten ist. Kaczynski, Demonstrationen zu mobilisieren. Umfra- Debatte geführt werden. der sich Orbans Ungarn zum Vorbild gen zeigen, dass einige Bürger und Bürge- Die Kommission muss gemäss diesem ­genommen hat, kann darauf spekulieren, rinnen ihr Votum für die PiS bereits bereuen. Verfahren zunächst den Dialog suchen und dass sie auch in seinem Fall nur halbherzig das beanstandete Mitglied zu einer Stel- reagieren wird. Diese Zaghaftigkeit mag sich Hoffnung als Leitmotiv lungnahme auffordern. In einem zweiten aus den wenig erfreulichen Reaktionen er- Die Opposition kann sich an der geflü- Schritt ergeht eine «Rechtsstaatlichkeits- klären, welche die «Sanktionen» auslösten, gelten Formel orientieren: «Noch ist Polen empfehlung» in Kombination mit der mit denen die EU im Februar 2000 auf den nicht verloren!» Der mit diesem Satz begin- ­Aufforderung, binnen einer gesetzten Frist Einbezug des Rechtspopulisten Jörg Haider nende Text entstand Ende des 18. Jahrhun- Stellung zu nehmen. in Österreichs Regierungskabinett Schüssel derts und wurde 1918 zur Nationalhymne In einem dritten Schritt kann die Kom- reagierte. Die Sanktionen bestanden bloss gemacht. Dieses Leitmotiv drückt zwar mission eine Aussetzung des Stimmrechts darin, dass die anderen 14 Mitglieder ihre Hoffnung aus, seine Verwendung zeugt einleiten. Das erfordert allerdings eine Beziehungen zu Österreich auf Regierungs- aber auch davon, dass die momentane Lage Mehrheit von vier Fünfteln des Ministerrats, ebene reduzierten (also nicht auf supranati- als desolat und beinahe desperat empfun- die Zustimmung des Europäischen Parla- onaler EU-Ebene). den wird. So ist das bei den Hymnen: Ihre ments sowie eine einstimmige Feststellung Selbst dieser zahme Reflex, der auch Losungsworte können sehr unterschied- der EU-Regierungschefs. Polen könnte da ­gegenüber Berlusconi fällig gewesen wäre, lich genutzt werden. Auch ein Kaczynski aber mit dem Veto Ungarns rechnen. wurde von EU-Skeptikern, auch in der kann diesen Spruch für sich beanspruchen. Dieses Prozedere wurde noch nie ange- Schweiz, als Beleg für den supranationalen Wichtig wäre für Polen, dass die Oppositi- wendet – es dauert lang und die Anforderun- Herrschaftsanspruch der EU denunziert. on aus ihrer Zuversicht den besseren gen sind hoch. Eine weitere Gegenmassnah- Die EU muss Polen vor sich selber schüt- ­Nutzen zu ziehen versteht. me wäre eine ebenfalls langfädige Klage der zen – und damit auch die EU. Es wird zu ­ihren tageswoche.ch/+52prp ×

Polen rutscht nach rechts: Das politische Klima wird frostig und die Beziehungen zur EU kühlen sich ab. foto: Keystone 32 nicht nur symbolische, sondern auch ­operative Schlagkraft, trug doch seine Luft­ waffe zum Fall der IS-Hochburg Ramadi bei. Dazu kommt das Gewicht der fran­ zösischen Geschichte – der unverdaute ­Algerienkrieg, die ungelöste Integration der nordafrikanischen Zuwanderer, die Banlieue -Zonen, die der republikanischen Kontrolle entgleiten. Und davon profitiert der Front ­National? Durchaus, obschon sein Vormarsch ­natürlich schon früher begann. Sein Erfolg bei den jüngsten Regionalwahlen im Dezem­ ber muss zudem relativiert werden: Auch wenn erstmals fast sieben Millionen Franzo­ sen den Front National gewählt haben, ­eroberte die Partei im zweiten Wahlgang ­keinen einzigen Regionalrat. Die Partei lebt von den Ängsten in der Bevölkerung, macht aber den Franzosen selber Angst. «Die IS-Chefs wollen in ihrem psychologischen Krieg nicht zuletzt neue Mitstreiter im Nahen Osten, Nordafrika und Europa mobilisieren.» Vor einem Jahr demonstrierten in Antiislamische Proteste im französischen Lille. foto: screenshot/instagram Paris Millionen zum Slogan «Je suis Charlie». Was wurde aus diesem Terrorismus Solidaritätsgefühl? Das war ein kurzer, fast magischer ­Moment, der nicht von Dauer sein konnte. Der Politologe Dominique Moïsi glaubt Die Franzosen mögen und brauchen sol­ che Zelebrationen, die sehr schön sind, nicht an die Radikalisierung des Islam, aber auch etwas künstlich wirken. Die Franzosen fragen sich: Gibt es so vielmehr werde die Radikalität islamisiert. etwas wie einen Attentatsrhythmus? Solche Anschläge erfolgen oft nach ­militärischen IS-Niederlagen auf dem Feld. Nach dem Fall von Kobane in Nordsyrien kam es zu Terrorattacken in Istanbul, Bei­ «Kultur der Gewalt rut, dann Paris. Man kann sich fragen, ob der Fall von Ramadi eine neue Anschlags­ serie auslösen wird. Die IS-Chefs wollen in ihrem psychologischen Krieg beweisen, hat keinen Erfolg» dass sie brandgefährlich bleiben. Damit versuchen sie nicht zuletzt, neue Mit­ streiter im Mittleren Osten, Nordafrika und auch Europa zu mobilisieren. Welche Rolle spielt dabei der Islam? Viele sagen, der IS radikalisiere den ­Islam. Ich glaube im Gegenteil an eine von Stefan Brändle ­«Islamisierung der Radikalität». Mehrere Studien zeigen, dass die jungen Jihadisten ominique Moïsi (69) ist einer Terroranschläge noch und noch, den Islam kaum kennen; sie interessiert der bekanntesten Politologen Vormarsch des Front National: einzig die Gewalt. Sie sind näher bei «Clock­ Frankreichs. Der Spezialbera­ Was ist mit Frankreich los? work Orange» von Stanley Kubrik als beim ter des französischen Institutes Dass Frankreich 2015 Schauplatz meh­ Koran. Diese Kultur der extremen Gewalt Dfür internationale Beziehungen (IFRI) war rerer Terrorangriffe von «Charlie Hebdo» nährt sich in den europäischen Vorstädten Professor an der Pariser Elite-Uni Sciences bis «Bataclan» wurde, hat zwei Gründe. Von vom allgemeinen Gefühl der Entfremdung, Po sowie in Harvard. Auf Deutsch erschien den EU-Staaten kämpft Frankreich heute der Zurückweisung und Erniedrigung. Er­ von ihm zuletzt «Kampf der Emotionen: fast allein in Irak, Syrien und Afrika. Der folg kann eine solche Kultur trotzdem nicht Wie Kulturen der Angst, Demütigung und französische Flugzeugträger Charles de haben. Auch in Syrien und Irak ist der IS auf Hoffnung die Weltpolitik bestimmen». Gaulle im östlichen Mittelmeer hat dabei Dauer zum Scheitern verurteilt.

TagesWoche 02/16 33 Die explosive Lage in den Pariser gibt es auch in Deutschland Probleme. fähr erfreut er sich in Frankreich höchster Vorstädten wird aber andauern. Was ist Aber verglichen mit der aktuellen Stärke Beliebtheit. dagegen zu tun? Deutschlands fällt die gegenwärtige Wird Juppé 2017 der nächste Präsident In einer ersten Phase ist auf jeden Fall ­Mittelmässigkeit Frankreichs nur noch Frankreichs? mehr Entschiedenheit und Autorität nötig. mehr auf. Er hat reelle Chancen wegen der all­ Der Staat muss alle Zonen dem Drogenhan- Auch in Sachen Flüchtlinge ist das gemeinen Angst vor Marine Le Pen und del und anderen Kriminellen entreissen frühere Asylland Frankreich viel wegen der Enttäuschung über Nicolas und sie unter seine Kontrolle bringen. zögerlicher. Sarkozy und François Hollande. Eine sol- ­Mittelfristig muss der Staat aber auch dem Gewiss. Ja, und auch dafür ist die Wirt- che Negativwahl hat aber in Frankreich Gebot der Brüderlichkeit nachleben, die schaftslage mit der hohen Jugend- und noch nie zum Sieg gereicht; Juppé wird in Schulen fördern, um diesen Territorien sonstigen Arbeitslosigkeit ein wichtiger diesem Jahr beweisen müssen, dass er wieder eine Zukunft zu geben – und die Grund. trotz seines hohen Alters (70, die Red.) massive Jugendarbeitslosigkeit bekämp- Wie weit können sich der Front Natio- und seines kühlen Temperamentes in der fen, die in Frankreich ein regelrechtes nal und seine Ideologie in Frankreich Lage ist, die Franzosen zu begeistern. Krebsgeschwür ist. noch ausbreiten? Nachdem ich die Delegation von Angela Und die auch den Front National Ich denke, die Mehrheit der Franzosen Merkel auf ihrer letzten China-Reise be- nährt? wird widerstehen. Einzelne Politiker gleitet habe, weiss ich jedenfalls, dass die Auf jeden Fall. Gerade bei der Bekämp- ­etablierter Parteien versuchen zwar, diese deutsche Regierung von einem Präsiden- fung der Arbeitslosigkeit sagen sich heute Ideen zu übernehmen, so etwa Nicolas ten Juppé begeistert wäre. viele Franzosen, sie hätten es schon mit der Sarkozy. Mit diesem Kurs wird er aber tageswoche.ch/+q1icp × Linken wie mit der Rechten versucht; jetzt heute ausserhalb und zum Teil auch inner- wollen sie Marine Le Pen eine Chance halb seiner Partei immer unpopulärer. ­geben. Obwohl sie meist nur abstruse Ganz anders sein konservativer Partei- ­Rezepte hat. freund Alain Juppé, der sich gegenüber Sind Populisten à la Le Pen ein europä- den Ideen des Front National viel resisten- isches Phänomen? ter und reservierter zeigt. Nicht von unge- Man muss unterscheiden zwischen Ost- und Westeuropa. Der Osten hat wenig ANZEIGE ­Erfahrung mit der demokratischen Kultur. Das führt zu Reaktionen wie in Ungarn. Die Lage in Polen halte ich, was die Durchdrin- gung der Gesellschaft durch diese Kräfte anbelangt, für noch beunruhigender als die in Frankreich.

Info-Abende für Eltern und Lernende

Wirtschaftsmittelschule Berufsvorbereitende Schule 2 Kaufmännische Vorbereitungsschule Schulisches Brückenangebot plus modular «Verglichen mit der aktuellen Stärke Reinach, Mittwoch 13. Januar 2016 19.30 Uhr, Aula Bildungszentrum kvBL Reinach, Deutschlands fällt Weiermattstr. 11, Tel. 061 717 18 18

die Mittelmässigkeit Muttenz, Donnerstag 14. Januar 2016 Frankreichs nur noch 19.30 Uhr, Aula Bildungszentrum kvBL Muttenz, Kriegackerstr. 30, Tel. 061 465 46 20 mehr auf.» Frankreich scheint allerdings blockier- ter und damit anfälliger als etwa Deutschland. Ja, der Unterschied ist frappant. www.kvbl.ch Deutschland hat in Angela Merkel eine richtige Leaderin, die auch Risiken ­eingeht, dazu eine erfolgreiche Wirt- schaft; und jetzt wird es auch noch zu ­einem moralischen Modell. Natürlich

TagesWoche 02/16 34 Porträt Thomas Bächtold führt reisefreudige Abenteurer zu den exklusivsten Plätzen der Welt. Jetzt will er sein eigenes Abenteuer erleben – und endlich Europa entdecken. Expedition in die alte Heimat

Heimkehr, leider ohne Schnee: Thomas Bächtold ist in Australien zu Hause, verbrachte die Festtage aber in Basel. foto: nils fisch 35 von Olivier Joliat ­erkunden. Eine wilde Zeit. Manchmal Erst wollten die beiden in Palau häus- sprangen wir zum Tauchen vom Wasser- lich werden und ein Eco-Resort eröffnen, eisse Haie sieht Thomas flugzeug aus ins Riff.» doch dann zogen sie zusammen als Guides Bächtold Jahr um Jahr – vor Trotzdem löste er sich von der Traum­ auf Expeditionsschiffen weiter. «Nach Mexiko,­ Australien oder insel, um als Safari-Guide Afrika besser sechs Monaten hatten wir alle sieben Kon- Südafrika. Weisse Weih- kennenzulernen. «Ich fand immer einen tinente bereist. Beim Aufwachen wusste Wnachten kennt seine Familie dagegen nicht. Job, der mich wieder etwas Neues entde- ich manchmal nicht, wo ich gerade war. Wir Dieser Wunsch ging für die Bächtolds auch cken liess.» Bald heuerte er auf Tauchschif- wechselten von einer Antarktis-Runde auf 2015 nicht in Erfüllung – obwohl sie diese fen an und kreuzte als Tauchguide und Eis direkt zur Safari in den Steppen ­Afrikas Weihnachten in Basel verbrachten. «Trotz- ­Kameramann quer über die Weltmeere. oder zum Tauchen in Neu Guinea.» dem herrschte hier mit all den Weihnachts- «Ich habe unglaublich viel gesehen und Sieben Jahre zogen die beiden um den märkten, Lichtern und Dekorationen eine ­erlebt.» Nicht nur Schönes. Globus, reisten elf Monate im Jahr. «Wir ha- Stimmung, die wir daheim in Australien ben mal durchgerechnet, dass uns diese nicht kennen.» Im Kampf gegen den Todessturm Trips regulär 3,5 Millionen Dollar gekostet Doch seine knapp zwei und vier Jahre Anfang des neuen Jahrtausends geriet hätten. So verdienten wir bei diesen Erleb- ­alten Töchter sollen hier nicht nur den Win- er im karibischen Belize in einen Zyklon. nissen sogar etwas.» ter erleben. Ein Jahr wird die Familie nun in Das Tauchschiff war zwar in einem ver- Vor sechs Jahren gründeten die beiden der Schweiz wohnen, um Neues zu entde- meintlich sicheren Hafen an einem Dock ihre eigene Firma Wild Earth Expeditions. cken. «Europa ist der Kontinent, den ich vertäut. «Nachts wurde der Dschungel erst «Wir wollten unsere Erfahrung nutzen, um am wenigsten kenne. Ausserdem hoffe ich, totenstill, dann erfasste uns der Sturm mit kleinen Gruppen von ­maximal 16 Personen meine Kinder werden durch die Erfahrung fast 300 Stundenkilometern.» Bächtold die schönsten Ecken dieses Planeten zu irgendwann von derselben Lust gepackt war mit Kunden unter Deck, als es das Boot zeigen.» Im hart umkämpften Markt wie ich, die unglaubliche Vielfalt an Natur auf den Kopf stellte. «Wasserfontänen füll- trumpft Bächtold mit selbst konzipierten und Kultur auf dieser Welt zu erleben.» Die ten das Boot im Nu. Ich kannte das Schiff Trips, die sonst keiner anbietet: etwa zu vielzitierten Reisestrapazen machen den zwar blind, doch merkte ich im schwarzen ­allen fünf Grosskatzen in Indien, oder von Kleinen wenig aus, war die Familie doch Wasser erst dank dem Motorengeräusch, minus 30 Grad im Himalaya bis runter in nur schon letztes Jahr auf den Salomonen, dass wir auf dem Kopf standen. So konnte die Bengalen bei plus 30. Auch erhielt er als in Palau, Asien und Amerika. ich noch knapp ins Freie tauchen.» erster Anbieter eine Lizenz,­ um vor der Thomas Bächtold zeigt auf seinen Expe- Dort zog es ihn an den Schiffsschrauben Küste Mexikos mit einem Forschungs-U- ditionen reisefreudigen Abenteurern die vorbei in die Luft. «Ich dachte, das ist nun Boot weisse Haie zu begleiten. exklusivsten Plätze der Welt. Nun will er der Flug in den Himmel.» Doch der Zyklon sein eigenes Abenteuer erleben – und end- spuckte Bächtold wieder aus, und er krach- «Ich bin wie ein Zigeuner» lich Europa entdecken. Der Freudentanz, te 100 Meter vom Schiff entfernt in die Der letzte Trip kombinierte Tauchen den er in Westguinea aufführte, brachte al- Mangroven. «Ich zog mich immer wieder und Schnorcheln im südost-indonesi- lerdings nichts: Schnee an Weihnachten in die Mangroven runter, um dem Sog des schen Raja Ampat mit einer Trekking Tour blieb ihm in Basel versagt. Sturmes zu entkommen.» Nach einer ge- durch die Berge West-Papuas. Über 40 ein- Auch Bächtold hat das Herumziehen in fühlten Ewigkeit flaute der Sturm endlich heimische Träger von vier verschiedenen die Wiege gelegt bekommen. Die Mutter ab. Bächtold gehörte zu den acht Überle- Stämmen sorgten dabei für das Wohl der war als fliegende Krankenschwester in benden von 28 Menschen auf dem Schiff. zwölfköpfigen Trekkingtruppe. «Damit bei Neufundland unterwegs, der Vater für ein «Ich konnte kaum glauben, dass ich nur mit solch einem Trip alles reibungslos läuft, Chemie-Unternehmen in Kanada. Als er ein paar Kratzern davongekommen war.» müssen wir schon zwei Jahre vorher mit ein Kleinkind war, zog die Familie für sechs der Planung beginnen.» Gut sechs mehr- Jahre nach Sydney. Die Schulzeit absolvier- «Zehn Jahre lang habe wöchige Touren bietet das Unternehmen te er dann in der Schweiz. «Kurz vor der jährlich an. Matur flog ich von der Schule, weil ich zu ich nie gekocht oder Mit den Kindern wurde die Familie viel Seich gebaut hatte.» nördlich von Sydney sesshaft. Die Hälfte Bächtold machte das Handelsdiplom, Wäsche gewaschen. des Jahres arbeitet Bächtold aber nach wie arbeitete jedoch nur so lange im Büro, bis vor irgendwo in schönster Ferne. «Ich bin er genug Geld für eine Weltreise hatte. «Ich Ich lebte aus dem Koffer.» wie ein Zigeuner und kann schwer länger dachte an ein halbes Jahr, doch in der Zeit- als zwei Monate am selben Ort bleiben. spanne hatte ich kaum mehr als das Start- Thomas Bächtold ­Allerdings vermisse ich die Familie mittler- land Brasilien gesehen.» Nach zwei Jahren weile schon sehr.» landete er in Australien, wo er dank seinem Bald danach heuerte er auf einem ande- Deshalb soll sie nach seinen Trips so oft zweiten Pass bei einer Bank arbeiten konn- ren Schiff an. «Es war ein unglaublich har- wie möglich nachreisen können. Ausser- te. «Ich verschob Papierberge von einem ter Unfall. Trotzdem wollte ich weiter tau- dem plant Bächtold, neue Guides für Wild Pultende ans andere. Lange hielt ich das chen.» Doch als das Schiff dann von Palau Earth Expeditions aufzubauen. Denn die nicht aus.» im Südostpazifik zurück nach Belize sollte, Trips sind praktisch immer ausgebucht, ging er von Bord und wurde Operations- und wenn er die Anzahl der Angebote und Tauchen mit Michael Schuhmacher Manager einer Tauchbasis in Palau. Guides erweitert, kann er auch mal daheim Also verdingte er sich für drei Monate Dort lernte er seine Frau kennen. «Nata- bleiben oder vielleicht gar seinen grössten bei einem Tauchladen am Great Barrier lia kam eigentlich nur auf einem Ferientrip Traum erfüllen: «Irgendwann hoffe ich, Reef, dafür konnte er sich dort gratis zum bei uns tauchen, doch zum Glück war es wieder nur mit Familie und Freunden die Tauchlehrer ausbilden lassen. Bald hatte er nicht nur bei mir Liebe auf den ersten Welt zu entdecken.» auch das Instruktordiplom im Sack und Blick.» Die Australierin machte gleich den Den Anfang macht er nun hier in Euro- fand einen Job im exklusiven Hayman Tauchmaster und zog zu ihm ins Hotel. «Da pa. Denn auch wenn das für die meisten ­Island Resort. «Das war in den Neunziger- auch noch mein Bruder als Tauchguide an- Ohren unspektakulär klingt, Bächtolds jahren das Nonplusultra. Ich hatte das heuerte, war es an der Zeit, eine Wohnung ­Augen funkeln, wenn er von seinen nächs- Glück, mit Michael Schuhmacher, Robin zu finden. Meine erste. Die zehn Jahre ten Zielen spricht: «Ich will endlich mal Williams, Natalie Cole und Janet Jackson ­davor hatte ich nie gekocht oder Wäsche Berlin und Rom entdecken!» die Wunder des Great Barrier Reef zu ­gewaschen. Ich lebte aus dem Koffer.»­ tageswoche.ch/+5gpah ×

TagesWoche 02/16 36 Kunst «Twin Peaks» und der Erweiterungsbau des Kunstmuseums, Joe Sacco im Cartoonm­ useum und ein neuer Roman von Peter Stamm. Darauf freut sich unsere Kulturredaktion 2016. Das Kultur-Orakel fürs neue Jahr

von Naomi Gregoris, Marc Krebs, Karen N. Gerig und Hannes Nüsseler

ie Kunststadt Basel steht 2016 Bei den neuen Serien siehts weniger ­Geschichte sein wird. Auch die Kuppel, das ganz im Zeichen der Eröffnung ­rosig aus. Bis auf einen grossen Coup: ewige Provisorium, verschwindet zu die- des Erweiterungsbaus. Und ­David Lynchs Meisterwerk «Twin Peaks» sem Zeitpunkt. Für sie ist aber seit Jahren sonst? Clubs stehen vor Frage- kehrt zurück! Und wird voraussichtlich ein Ersatz in Planung. Will heissen, dass Dzeichen, «The Cure» feiern ein Comeback 2016 ausgestrahlt, unter Mitarbeit der ­Simon Lutz 2016 besonders gefordert sein in der St. Jakobshalle, und auch die TV-­ ­beiden ursprünglichen Produzenten wird: Die Parkplanung der Stadt hat einen Serie Twin Peaks kehrt zurück. Lynch und Mark Frost. klaren Zeitplan, im Frühjahr 2017 sollte die Auch zurück ist die Neunzigerjahre-­ neue Kuppel stehen, doch hat man noch Konzerte Familienserie «Full House». Name: «Fuller immer nichts von einer Trägerschaft ver- House». Es ist zu befürchten, dass sie punk- nommen. Wo bleibt die Kuppel-Stiftung Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten to Kreativität ihrem Titel gleichkommt. Das mit Geldern aus Basler Privatkreisen? Die voraus. Oder ihre Lidstriche. So kommen Haus Netflix plant zudem eine Serie zu der Zeit drängt! zwei meisterhafte Verfechter der gothisch an- «Lemony Snicket»-Kinderbuch-Reihe – Sie drängt nicht nur für Kuppel und gehauchten Rockmusik in die Schweiz: Black wenn die nur halb so gut wie die Bücher Nordstern, sondern auch für den Hinter- Sabbath sind auf Abschiedstournee. Man wird, ist Grosses zu erwarten. hof. Ob es für den ebenfalls eine Ersatz­ kann gespannt sein, wie sich Ozzy ­Osbourne lösung geben wird? auf der Bühne halten wird – und woran! Im Frühjahr 2017 sollte ­Jedenfalls muss man von diesen dunklen Kunst & Museen ­Vätern des Hardrock gebührend Abschied die neue Kuppel stehen, nehmen: am 19. Juni im Hallenstadion Zürich. Das Basler Kunstereignis des Jahres Nicht so weit reisen muss man für The doch hat man noch wird die Eröffnung des Erweiterungsbaus Cure – aber länger warten: Am 4. ­November des Kunstmuseums im April. Dies wird mit gastiert die Band um den Struwwelsänger immer nichts von einer der grossen Sonderausstellung «Sculpture Robert Smith in der St. Jakobshalle. Ein on the Move 1946–2016» geschehen. Damit Comeback, auf das man sich freuen darf. Trägerschaft vernommen. aber nicht genug Veränderung: Im Herbst Und dazwischen? Feiert das berühmtes- wird sich Direktor Bernhard Mendes Bürgi te Festival der Schweiz grosses Jubiläum. Auch Mulder und Scully sind zurück: verabschieden und seinen Posten an Nach- 50 Jahre Montreux. Ohne Gründer Claude 14 Jahre, nachdem die letzte Folge der TV-­ folger Josef Helfenstein übergeben. Nobs, leider, aber dennoch mit schäumen- Serie über die Bildschirme flimmerte, wer- Apropos Nachfolger: Das Historische den Partys und Konzerten, auf dass es am den die X-Akten wieder geöffnet. Wie die Museum Basel will 2016 kommunizieren, Ufer des Lac Léman wusle vor Lebensfreu- neue Verschwörung wohl aussieht? Ab wer den Posten von Ex-Direktorin Marie- de. Vom 1. bis 16. Juli, das Programm wird Ende Januar wissen wir mehr. Paule Jungblut übernimmt. im April bekannt gegeben. 2016 wird ausserdem ein Jahr für Co- Clubs mic-Fans: Im April kommt Joe Sacco für Serien ein Künstlergespräch ins Cartoonmuseum. Ob das Gerücht stimmt, wonach Simon Wer an diesem Tag verhindert ist, kann den 2016 freuen wir uns weniger auf neue Lutz (Kuppel) und Agron Isaku (Nordstern) preisgekrönten Comicreporter einen Tag Serien als auf neue Staffeln: «Girls» geht in künftig Das Schiff schaukeln wollen, wird vorher am Comix-Festival Fumetto (das die 5. Runde und verspricht endlich wieder sich 2016 zeigen (siehe auch S. 16). Tatsache 2016 übrigens 25 Jahre feiert) im Gespräch gut zu werden (erwachsene Beziehungen, ist, dass die beiden eine Aktiengesellschaft mit den nicht minder tollen Zeichnern Guy Hochzeit und Japan-Aufenthalte ), ebenso (Luis AG) gegründet und Kapital einge- Delisle und Olivier Kugler sehen. «Broad City», «Game of Thrones» und das schossen haben, Tatsache ist auch, dass der Im Sommer gehts weiter mit grossen «Breaking-Bad»-Spin-off «Better Call Saul». Nordstern ab Mai am alten Standort Namen: In einer Ausstellung über Aline

TagesWoche 02/16 37 und Robert Crumb, die Pionierin des auto- ­Opfer fiel. Jetzt erscheint sie erstmals auf schenrechte kämpfen. Das hört sich nach biografischen Comics und ihren Mann, Deutsch, Mitte Januar, im avant-Verlag. einem diffizilen Stoff an, aber wer Belluccis den Schöpfer von Fritz the Cat. Im Novem- hinreissenden «Nel giardino dei suoni» er- ber ist dann Zeit für eine der berühmtesten Film lebt hat, weiss, dass der Filmemacher den Schweizer Comicfiguren: Titeuf, vom West- richtigen Ton treffen wird. schweizer Zeichner ZEP. Zwischen diesen Im Januar läuft Quentin Tarantinos Im April lädt uns Thomas Vinterberg grossen Werkschauen streut das Cartoon- «The Hateful Eight» bei uns an: Der begna- zu einem Besuch ins Kollektiv ein: Der museum weitere feine Schweizer Comic- dete Fanboy und Frauenversteher gibt dem ­dänische Regisseur hat sein eigenes Kunst, wie die der Luzerner Illustratoren Western die Sporen und lässt Kopfgeld­ ­Theaterstück über das Leben in einer des grandiosen «Ampel Magazins» oder jäger in einer winterlichen Blockhütte an- Kommune verfilmt, das sich bei aller Tole- des in Basel geborenen Karikaturisten einandergeraten. ranz und Off­ enheit in ein klaustrophobi- Hans Meury, alias Haëm. Im Januar läuft auch «Anomalisa» von sches Bootcamp verkehrt. Dem «Festen»- Charlie Kaufman an, der die Drehbücher Regisseur wird es eine Freude sein, die Reisst Peter Stamm mit für «Being John Malkovich» und «Eternal heile Welt der verbiesterten Gutmen- Sunshine of the Spotless Mind» schrieb. schen zwischen Ämtliplan und freier «Weit über das Land» «Anomalisa» handelt von einem Motiva- ­Liebe aufzureiben. tionstrainer, der selbst auf Sparflamme etwas Grosses oder läuft, bis er, nun ja, eine Frau kennenlernt. «Ghostbusters» kommt Unspektakulär? Nicht, wenn die existen- verkommt er langsam ziellen Verrenkungen von Puppenfiguren zurück –mit einem auf­geführt werden. zum One-Trick-Pony? Im Februar verhohnepiepeln die Coen- weiblichen Team Brüder das alte Hollywood: Der Star eines Und die Fondation Beyeler? Da sind wir aufwendigen Sandalenfilms wird entführt, und einem Kurzauftritt auf eine Ausstellung gespannt, die Mobi- die Glitzermetropole steht Kopf. Schon der les von Alexander Calder mit Werken von Trailer zu «Hail, Caesar!» versprüht gute von Bill Murray. Fischli/Weiss kombiniert. Im Zentrum Laune, und der Cast der Komödie ist episch stehe «das Moment des fragilen Gleich- mit George Clooney, Tilda Swinton, Josh Die diversen Sequels im Fortsetzungs- gewichts, eines prekären und gleichzeitig Brolin, Frances McDormand. Und oben- sommer spielen Verstecken, indem sie glücksverheissenden, immer nur tempo- drauf gibts Scarlett Johansson als Meer- ­zumeist auf sachdienliche Ziffern im Film- rären Zustands». Zu sehen ist es ab Ende jungfrau – gekauft! titel verzichten. Doch «Ghostbusters» Mai. Freunde der überkreuzten Paralleluni- sticht ins Auge: War da nicht einmal was mit versen kommen im März auf ihre Kosten, Bill Murray? Nach Jahrzehnten in der De- Literatur wenn sich ein Millionär mit Fledermaus- velopment Hell kommt jetzt der Reboot, Phobie und ein ausserirdischer Krypton- wie die Neu-erfindung des Protonen-Ruck- Peter Stamm, «Weit über das Land»: Allergiker Saures geben: In «Batman v Su- sacks heisst, mit einem ausschliesslich Stamms sechster Roman handelt wieder perman: Dawn of Justice» steht wieder mal weiblichen Team. Nostalgiker werden sich einmal von einem Mann in der Krise. das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel, den Film wegen eines Kurzauftrittes von ­Erzählt wird die Geschichte von Thomas, und wo zwei sich streiten, freut sich der Murray ­anschauen. der eines Tages ganz nonchalant sein altes Dritte: Auf Jesse Eisenberg als Bösewicht Und dann ist da noch «Trainspotting 2», Leben zurücklässt. «Ein Roman, der die all- Lex Luthor freuen wir uns besonders. den Regisseur Danny Boyle 2016 rechtzei- täglichste aller Fragen stellt: die nach dem Ebenfalls im März bringt der Basler tig zum 20-jährigen Jubiläum der stilbil- eigenen Leben», meint sein Verlag. Reisst ­Regisseur Nicola Bellucci seinen neuen denden Drogen-Groteske in der originalen Stamm damit was Grosses oder verkommt Dokumentarfilm «Grozny Blues» in die Besetzung drehen will. Ob sich der Film an er langsam zum One-Trick-Pony? Wir sind ­Kinos: Erzählt wird die Geschichte von vier den Fahrplan halten kann, wird das Jahr gespannt. Ab 25. Februar im Buchhandel. Freundinnen, die in Tschetschenien unter weisen. Don DeLillo, «Zero K»: Postmodernis- schwierigsten Bedingungen für die Men- tageswoche.ch/+8zxr1 × ten ahoi! Euer Meister hat ein neues Buch in petto – und es verspricht interessant zu Scarlett Johansson im neuen Coen-Film «Hail, Caesar!». foto: universal pictures werden: Milliardärssohn konserviert alten Papa, Fragen um Ethik, Biomedizin und Endlichkeit des Lebens stellen sich. «Wir wählen unser Dasein auf der Erde nicht, wieso sollte es sich mit unserem Abschied nicht auch so verhalten?» So viel ist bis jetzt zu «Zero K» bekannt. Wer DeLillo kennt, weiss: Das wird gut! Das Buch erscheint im Mai 2016 auf Englisch. Héctor Germán Oesterheld und Fran- cisco Solano López, «El Eternauta»: Der ­berühmteste Comic Argentiniens wird ins Deutsche übersetzt: Die Science-Fiction- Geschichte um den Familienvater Juan ­Salvo, der in Buenos Aires gegen eine über- mächtige ausserirdische Bedrohung kämpft und auf der Suche nach seiner ­Familie durch Zeit und Raum reist, gehört zu den wichtigsten literarischen Werken Argentiniens. Sie wird heute noch bei ­Demonstrationen als Motiv gebraucht, um an den Widerstand gegen die Militärdikta- tur zu erinnern, der Autor Oesterheld zum

TagesWoche 02/16 Rachegefühle wärmen besser als jedes Fell: Hugh Glass (Leonardo DiCaprio) ist zum Äussersten bereit. foto: © twentieth century fox

Kino Die Rachelust treibt Leonardo DiCaprio in Alejandro González Iñárritus «The Revenant» zu Höchstleistungenan: So blutig hat man den mexikanischen Regisseur noch nie erlebt. Ein Film wie ein rohes Stück Fleisch

von Karen N. Gerig

ins vornweg: «The Revenant» ist Regisseurs um grundlegende existenzielle wird Glass von einer Grizzlybärin angegrif- nichts für schwache Mägen. Da Fragen wie jene, was die Menschen am Le- fen und schwer verletzt. Halbtot wird er mit durchbohren Pfeile in Grossauf- ben hält. Neu ist, dass er diese Frage an- John Fitzgerald und Jim Bridger, zwei nahme Halsschlagadern, wer- hand eines zumindest teilweise historisch Trappern, zurückgelassen, die ihn schliess- Eden Pferde ausgeweidet, Finger in Wunden verbürgten Plots erörtert. lich in ein Grab werfen und zum Sterben gebohrt und Leonardo DiCaprio fast von zurücklassen. Doch Glass stirbt nicht, son- einem Bären erdrückt. Wobei Letzteres ei- Zwei Monate in der Wildnis dern kämpft sich schwer verletzt zwei Mo- gentlich am Anfang des Geschehens steht. Leonardo DiCaprio spielt Hugh Glass, nate lang durch die Wildnis bis zum Fort, «The Revenant» ist der neueste Film von einen Scout im Wilden Westen Anfang des wo er beschliesst, an Fitzgerald und Bridger Alejandro González Iñárritu, und wie 19. Jahrhunderts, der eine Gruppe von Pelz- Rache zu nehmen. schon in «Babel» oder «21 Grams» geht es jägern entlang des Missouri zum Fort Iowa Filmreif genug wären diese historisch auch in diesem Werk des mexikanischen führen soll. 300 Meilen vom Ziel entfernt verbürgten Fakten bereits gewesen, doch es

TagesWoche 02/16 39 FLASH scheint, als wäre Iñárritu darin das Rache- durchdringt, noch heftiger spürbar. motiv als zu schwach erschienen. Ein stär- Schneestürme und eisige Kälte bilden kerer Auslöser musste her, und dafür erfand den szenografischen Hintergrund, vor der Regisseur für Glass einen indianischen dem sich das Drama abspielt. Gedreht KULTUR Sohn, der von John Fitzgerald getötet wird. wurde ausschliesslich mit natürlichem Konzert Mord am einzigen verbliebenen Familien- Licht, was dem Film zusätzlich realen mitglied, ein heftiger Anlass. Und nichts als Charakter verleiht. der Gedanke, jenen zu töten, der ihm alles Iñárritu setzt uns seinen Film vor, als genommen hat, hält Glass in Iñárritus Ver- wäre er ein Stück rohes Fleisch. So wie die sion der Geschichte noch am Leben. Bisonleber, welche DiCaprio verspeist, die echt und noch körperwarm war und den Indianergeschichten Schauspieler nicht nur zum Schein würgen Iñárritu schmückt den Plot mit weiteren liess. Iñárritu will den Schauspielern und Indianergeschichten aus. Da ist der Tod der dem Zuschauer unter die Haut, und es ge- geliebten Frau von Hugh Glass. Da ist der lingt ihm. alte Häuptling, der seine Tochter sucht, die ihm geraubt wurde. Und da ist der letzte Erde, Blut und Schweiss Überlebende eines Pawnee-Stammes, der Das rohe Epos lebt von der Diskrepanz sich auf die Suche nach einem neuen Volk zwischen der von einer Heftigkeit gepräg- macht, nachdem die Franzosen seinen ten Geschichte, die gleichzeitig in wunder- ­alten Stamm ausgelöscht haben. baren Bildern schwelgt. Landschaften und Diese Indianer haben alle Leid erfahren Träume, Natur- und Menschengewalt. Gina Été im und ihre eigenen Vorstellungen von Rache, Wortkarge Einsamkeit. Rotes Blut auf weis- die teilweise ganz anders aussehen als jene sem Schnee. Erde, Spucke und Schweiss, ihrer weissen Besatzer. Diese kulturellen den man zu riechen glaubt. Näher, so hat Milchhüsli Eigenheiten sind es, die Iñárritu faszinie- man an manchen Stellen das Gefühl, kann ren. Es ist ein Teil der amerikanischen ein Film nicht an die Materie des Lebens Vor einem Jahr startete die Sängerin Gina Geschichte und Kulturgeschichte, die der kommen. Été ihre Solokarriere. Begleitete sich die Filmemacher geschickt mit einem Einzel- Und über allem schwebt die Rache. Und Musikstudentin anfänglich am Piano oder schicksal verwebt. die Frage: Was geschieht mit dem Lebens- an der Bratsche, so weiss sie mittlerweile «The Revenant» ist kein Film, der Hoff- willen, wenn man kein Ziel im Leben mehr eine Band an ihrer Seite. Ihre Songs bewe- nung versprüht. Das sind wir uns von hat? Iñárritu lässt die Antwort offen. gen sich zwischen Jazz und TripHop, zu Iñárritu auch nicht gewohnt. Doch das tageswoche.ch/+eowps × ­ihren Inspirationen zählt sie denn auch Setting dieses Filmes macht die Beklem- ­eigenwillige Musikerinnen wie Sophie mung, die auch seine anderen Filme «The Revenant» läuft in den Basler Kinos. Hunger oder Beth Gibbons. ×

ANZEIGE Mittwoch, 13. Januar, 20 Uhr. Milchhüsli, Missionsstrasse 61, Basel.

Theater thomas «A&X» im ruff Ackermannshof im gespräch mit Zum Jahresauftakt gastiert die Volksbühne Basel im Ackermannshof. Im Gepäck: Jacques Herzog «A&X», eine Adaption nach dem Roman «A und X – eine Liebesgeschichte in Brie- fen» des britischen Schriftstellers John Donnerstag, 14. JANUAR 2016 Berger. Die Geschichte um den lebensläng- lich ­verurteilten Xavier und seine Geliebte 18.30 Uhr, Auf Deutsch Aida, die ihm Briefe ins Gefängnis schickt, wird im Ackermannshof erstmals in einer Künstlergespräch mit Thomas Ruff deutschsprachigen Adaption gezeigt. × und Jacques Herzog (Architekt, Herzog & de Meuron) Samstag, 20 Uhr, Druckereihalle im Anlässlich der Ausstellung FUTURE PRESENT, Ackermannshof. Vorstellungen bis Emanuel Hoffmann-Stiftung, 13. Juni 2015 – 31. Januar 2016 zum 6. Februar.

Die Kosten sind im Eintrittspreis inbegriffen. Eintrittspreise: Ticket für drei Eintritte (nicht übertragbar) regulär CHF 18.–, reduziert CHF 12.– Dauereintritt regulär CHF 30.–, reduziert CHF 22.–

Ruchfeldstrasse 19, CH-4142 Münchenstein/Basel T +41 61 335 32 32, www.schaulager.org

TagesWoche 02/16 40 2016 Egal, wie das letzte war, das neue Jahr bietet immer Potenzial für Verbesserungen. Das sind die Wünsche unserer Leserinnen und Leser. Leserwünsche

Dieser Wunsch ist noch nicht in Erfüllung gegangen: Auf Schnee hofft die Region Basel weiter. foto: Don Komarechka 41 ie Neujahrsausgabe der Tages- angesehen werden, was sie sein könnten, – Wir möchten einen Pflegehund. Woche haben wir ganz unseren nämlich eine lebensunterstützende – Beruflich möchte ich wieder einsteigen. Wünschen für das Jahr 2016 Kraft, und nicht als Blöcke in einem – Eine Geschäftsidee, die sich erfolgreich ­gewidmet. Gleichzeitig haben lebensvernichtenden Machtkampf umsetzen lässt, wünsche ich mir. Dwir Sie, liebe Leserinnen und Leser, aufge- – Ich wünsche allen Menschen mehr fordert, Ihre eigenen Wünsche zu formulie- inneren Frieden anstelle von blinder Pascal Karrer wünscht sich: ren. Und das kommt auf uns zu – so denn Konsumwut und ungezügelter Reiselust, – Weniger Georg Kreis und andere Ihre Wünsche in Erfüllung gehen. die nur den Körper ankommen lässt, EU-Enthusiasten aber Seele und Geist zurücklässt. – Stadtreinigung mit mehr Besenschwingern Hansruedi Schmutz hat «mehr oder – Und dem Redaktionsteam der Tages- statt Kot und Laubbläser weniger» Wünsche: Woche gutes Gelingen mit dem neuen – Windelobligatorium für Katzen – Viel weniger gute Vorsätze Chefredaktor. – Stopp der Jagd auf Neophyten fürs das neue Jahr – Förderung lokaler Lebensmittelproduzenten – Weniger Silvester-Feuerwerk Trudi Wirz macht einen praktischen – Bruttoglücksprodukt, Décroissance und – Mehr Champagner im neuen Jahr Vorschlag … Ähnliches. – Weniger Köppel, mehr Blocher «Ich wünsche mir, dass jede Gemeinde einen – Weniger BaZ, mehr TagesWoche Ort zur Verfügung stellt, wo alle Einwohner Armando Bee schliesslich wünscht – Weniger Messe Schweiz, Sachen, die sie nicht mehr brauchen, ablie- sich: mehr Innovation fern können und diese dann an Flüchtlinge – Mehr Velowege, ab und zu Platz für Freiden- – Mehr Roche mit weniger Türmen und arme Menschen weitergegeben werden kende in der TagesWoche, weniger Werbung – Mehr Herzog und noch mehr de Meuron und das gratis.» auf SRF und keine Co-Kommentatoren bei – Mehr Stücki, kein Weil und mehr Freie Sportsendungen, Steuererhöhungen in Strasse … und Jean-Pierre Huber sich Sorgen Baselland und, falls noch Platz bleibe – Weniger Erlenmatt, mehr Dreispitz um unser aller Gesundheit: – Weniger Lounges und mehr Brasserien «Ich wünsche mir für 2016, dass Besserwisser «un feliz ano nuevo con – Mehr Beizen und weniger Clara Towers öfter ihren Blutdruck messen lassen.» – Keine Buvetten mehr am Rhein, mucha salud, amor, dafür Pissoirs J. S. hat einen Wunschzettel geschrie- – Weniger Velos und keine Wüthrichs ben: pesetas y tiempo para – Kein Uber und mehr gute Taxis – Friede auf Erden – Mehr Thomas Kessler und mehr markige – Genug zu essen für alle Menschen gustarla!» Sprüche von ihm – Dass jeder Mensch ein Dach über dem – Weniger Chris von Rohr, aber viel mehr Kopf hat Der Platz war da und wir schliessen uns Dräck – Dass es überall genug Wasser gibt an und wünschen allen ein gutes Jahr mit – Weniger Morin – null Wessels – kein Tino – Keine Benzinautos mehr, viel Gesundheit, Liebe, Geld und Zeit, das Krattiger – mehr Eva Herzog dafür Solar- und Windenergie alles zu geniessen! – Keine Leutenegger Oberholzer, mehr – Respekt vor der Natur tageswoche.ch/+ev30v × Christoph Buser oder Brutschin – Keine Gewalt an Tieren – Viele Röhren am Gotthard und einige – Keine Religionenmehr Giezendanner mehr – Eine neues Bewusstsein – Mehr Filippo Lombardi und viel mehr (Friede, Liebe, Licht) Christa Rigozzi – Keine Ungerechtigkeiten mehr – Viel mehr Bern und viel weniger Brüssel – Dass sich die Natur erholt – Weniger SRG und ein besseres Telebasel – Keine Gemeinheiten mehr – Mehr Ueli Bier und kein Feldschlösschen – Abschaffung aller Armeen mehr – Dass weise Menschen ein Land regieren – Mehr FCB und viel mehr Heusler – Dass es mehr Regenbögen gibt – Mehr Wanner und öfter Weihnachten – Dass es so etwas wie ein – Mehr Federer und keine Ospel mehr Weltbewusstsein gibt – Meerschweinchen und weniger Schweine – Viel Sonne im Winter – Mehr Scheinchen und weniger kleine. – Gleichwertigkeit zwischen Männern und Frauen überall. Auch Martina C. Nonn-Büeler hat eher mehr Wünsche, schickte uns aber nur Und auch diese Wünsche sollen – trotz ein paar davon: Anonymität des Absenders – in Erfül- – Dass die Schönheit und unendliche lung gehen: Vielfalt der Schneeflocken uns Zeichen – Dass die erwiderte Liebe bleibt und sich seien für die Erhaltung der weltweiten vergrössert Artenvielfalt in Flora und Fauna, damit – Dass mein Sohn einen männlichen, diese uns auch morgen noch schenken, erwachsenen Papi-Typ als Spielkameraden was wir zum Leben brauchen – sei es und Kumpel bekommt nun körperlich, seelisch oder geistig – Dass ich wieder tanzen gehe – Dass die Schweizerinnen und Schweizer – Dass ich wieder öfter Leute treffe sich bei der Entscheidungsfindung vor – Dass ich mich sexuell entwickeln kann, den kommenden Abstimmungen mehr weil mein Vertrauen wächst vom Herzen leiten lassen als von Profit- – Ich möchte mein Glück vervielfältigen gier und Egoismus und verteilen – Die Einsicht, dass eine Wirtschaft, die – Meine Haare wünsche ich mir lang nicht zum Wohl aller Beteiligten gedeiht, und gesund Millionen von Flüchtlingen zur Folge – Meinen Körper wünsche ich mir gesund hat – und die Körper meiner Liebsten auch. – Dass die Religionen dieser Welt als das – Dass wir mehr ins Thermalbad gehen

TagesWoche 02/16 42 Kinoprogramm 14.30/17.30/20.15— BASEL CAPITOL FR/SA: 23.00—SA/SO: 11.30 D STUDIO CENTRAL Steinenvorstadt 36 kitag.com 18.00/20.45—FR/SA: 23.30 E/d/f Gerbergasse 16 kitag.com • HEIDI [4/4 J] • BRUDER VOR LUDER [6/4 J] • JOY – ALLES AUSSER Dialekt FR/MO-MI: 12.30—SA/SO: 11.00— Basel und Region 13.45/16.30 SA/SO/MI: 13.15 D GEWÖHNLICH [8/6 J] • THE REVENANT [16/14 J] 14.30/20.30 E/d/f E/d/f • JOY – ALLES AUSSER 08. bis 14. Januar 13.45/17.00/20.15 GEWÖHNLICH [8/6 J] • BRIDGE OF SPIES – • SPECTRE – 007 [12/10 J] FR/MO/DI: 12.30/15.00— 20.15 E/d/f DER UNTERHÄNDLER [12/10 J] FR/SO/DI: 20.15— 17.15 E/d/f SA/SO/MI: 15.20— KULT.KINO ATELIER SA/MO/MI: 17.40—SA: 23.00 D FRICK MONTI ANZEIGEN Theaterstr. 7 kultkino.ch FR/SO/DI: 17.40—FR: 23.00— SA/MO/MI: 20.15 E/d/f Kaistenbergstr. 5 fricks-monti.ch • HELLO I AM DAVID! [12/10 J] FR/SA/MO/MI: 12.00—SO: 11.30 E/d •EGEND L [16/14 J] • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] FR/MO/DI: 12.30/15.15— Dialekt • ALS DIE SONNE FR/DI: 18.00—FR: 23.30— FR: 18.00—SO: 10.30 VOM HIMMEL FIEL [12/10 J] SA/MO/MI: 20.45 D • STAR WARS: DAS ERWACHEN FR/SA/MO/MI: 12.10—SO: 17.00 D/Jap/d/f FR/SO/DI: 20.45— DER MACHT – 3D [12/10 J] • THE BOY SA/MO/MI: 18.00—SA: 23.30 E/d/f FR/SA: 20.15 D AND THE WORLD [16/14 J] ohne Dialog • BURNT – IM RAUSCH • HEIDI [0/0 J] FR-MO/MI: 12.10 DER STERNE [10/8 J] D SA/SO: 15.00— • LOUDER THAN BOMBS [10/8 J] 12.45 Dialekt E/d/f SO: 17.15/20.15 FR/SA/MO/MI: 12.15 • THE REVENANT – •Y BOD [16/14 J] DER RÜCKKEHRER [16/14 J] • SPECTRE – 007 [12/10 J] 20.30—FR-MO/MI: 13.40 Poln/d/f 14.15/17.20/20.30— SA: 17.15 D • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] FR/SA: 23.40—SA/SO: 11.00 E/d/f • DIE PEANUTS – 13.45/18.15—FR-MO/MI: 16.00 Dialekt 14.30/17.40/20.45— D DER FILM – 3D [0/0 J] • THE DANISH GIRL [12/10 J] FR/SA: 23.50—SA/SO: 11.15 SO: 13.00 D 18.30— • DIE TRIBUTE VON PANEM – FR-MO/MI: 13.50— TEIL 2 – 3D [12/10 J] • DrumMarLand: Schlagzeug- FR/SA/MO-MI: 20.45—SO: 19.30 E/d/f 20.00—FR/SO-DI: 14.20— und Perkussions-Show FR/SA: 22.50 D mit Marco «Smitty» Schmid • HEIDI [0/0 J] und Roland Hasler 18.30—FR-MO/MI: 14.00/16.15— • THE BIG SHORT [12/10 J] Ov SO: 12.00/14.30/17.45— 15.00—FR/SO/DI: 17.45— MO/MI: 20.15—MI: 15.00 DI: 16.00 Dialekt FR: 23.15—SA/MO/MI: 20.30 D • AN – VON KIRSCHBLÜTEN FR/SO/DI: 20.30—SA/SO: 10.00— LIESTAL ORIS UND ROTEN BOHNEN [6/4 J] SA/MO/MI: 17.45—SA: 23.15 E/d/f Kanonengasse 15 oris-liestal.ch 20.00—FR-MO/MI: 15.00/17.30— • BRIDGE OF SPIES – DI: 18.15 Jap/d/f DER UNTERHÄNDLER [12/10 J] • STAR WARS: DAS ERWACHEN •ROL CA [14/12 J] FR/SO-MI: 17.10—SA: 14.45 E/d/f DER MACHT – 3D [12/10 J] FR-MO/MI: 15.30/20.15— • VACANZE AI CARAIBI [8/6 J] FR /SA: 17.45 D FR/SA/MO-MI: 17.45 E/d SA: 17.45—SO: 18.15 I • STAR WARS: DAS ERWACHEN • LE TOUT NOUVEAU DER MACHT [12/10 J] TESTAMENT [8/6 J] PATHÉ PLAZA D F/d SO: 17.45 21.00—FR-MO/MI: 16.15 Steinentorstr. 8 pathe.ch • EL ULTIMO TANGO [12/10 J] • JOY – ALLES AUSSER SO: 11.15 Ov/d/f • SPECTRE – 007 [12/10 J] GEWÖHNLICH [8/6 J] • DER KLEINE PRINZ [6/4 J] FR/MO/DI: 14.00— 20.30 D D FR/SO/DI: 20.00— SO: 13.00 D • DIE PEANUTS – • COMME UN AVION [12/10 J] SA/MO/MI: 17.00—SA: 23.00 F/d FR/SO/DI: 17.00—FR: 23.00— DER FILM – 3D [0/0 J] DI: 20.15 SA/MO/MI: 20.00 E/d/f SA/SO: 13.15 D • ARLO & SPOT – 3D [6/4 J] KULT.KINO CAMERA D • DIE PEANUTS – DER FILM [0/0 J] SA/SO/MI: 14.45 D Rebgasse 1 kultkino.ch MI: 13.30 REX • HEIDI [0/0 J] • DIE MELODIE SA/SO: 15.15—SO: 10.30— DES MEERES [6/4 J] Steinenvorstadt 29 kitag.com Dialekt D MO-MI: 18.00—MI: 15.30 VERSCHENKEN SIE DIESES BESONDERE 14.15 • STAR WARS: DAS ERWACHEN • WINTERGAST [14/12 J] ERLEBNIS MIT EINEM GUTSCHEIN Dialekt/d/f DER MACHT [12/10 J] SPUTNIK (CHF 89.00, Gültigkeit 24 Monate) FR-DI: 14.15 E/d/f 14.30/17.30/20.30 Poststr. 2 palazzo.ch • RAMS – HRÚTAR [16/14 J] • STAR WARS: DAS ERWACHEN 16.00 Isländisch/d DER MACHT – 3D [12/10 J] • AN – VON KIRSCHBLÜTEN EXKLUSIVES EVENT IM CINE DELUXE • ICH BIN DANN MAL WEG [8/6 J] 14.45 D GAUMEN- UND FILMGENUSS D E/d/f UND ROTEN BOHNEN [6/4 J] 18.15/20.15—FR-DI: 16.15 FR-DI: 17.45/20.45 FR: 18.00 Jap/d GETRÄNKE A DISCRETION • HALLÅ HALLÅ [10/8 J] • KITAG CINEMAS Männerabend: Schwed/d • HEAVEN ON EARTH [12/10 J] 18.00 CREED Schwed/d • HEAVEN ON EARTH [12/10 J] MI: 20.00 E/d/f FR-MO: 20.15 20.00 Schwed/d/f • DIE MELODIE •ÖPEK K [16/14 J] STADTKINO DES MEERES [6/4 J] SO: 12.15 Türk/d/f Klostergasse 5 stadtkinobasel.ch SA/SO/MI: 13.15 D • LA PASSION • THE MAN WHO KNEW • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] D’AUGUSTINE [10/8 J] TOO MUCH [12/10 J] SA/SO/MI: 15.30 Dialekt MOVIE & SO: 12.30 F/d E/d FR: 16.45 •ROL CA [14/12 J] • ZAUBERLATERNE •AURA L [12/10 J] E/d/f MI: 14.00/16.00 D FR: 18.30 E/d SA: 18.00 • THE BOYS FROM FENGKUEI • HELLO I AM DAVID! [12/10 J] NEUES KINO FR: 21.00 Ov/e SO: 11.00—MI: 18.00 E/d Klybeckstr. 247 neueskinobasel.ch • NINOTCHKA [12/10 J] • A WALK E/d DINE • LE MANOIR DU DIABLE SA: 15.00 IN THE WOODS [12/10 J] DAS ERLEBNIS FÜR FR: 21.00 ohne Dialog • THE PUPPETMASTER [14/12 J] SO: 18.00 E/d SA: 17.15 Ov/d/f ANSPRUCHSVOLLE CINEASTEN • VAMPYR – • CONDUCTA [12/10 J] • FILL THE VOID [14/12 J] Sp/d/f DER TRAUM DES ALLAN GRAY Ov/d MO/DI: 18.00 FR: 21.01 D SA: 20.00 CHF • SHADOW OF A DOUBT [12/10 J] • IRRATIONAL MAN [14/12 J] E/d E/d p. P. PATHÉ KÜCHLIN SA: 22.15 DI/MI: 20.15 • THE LODGER – A STORY 89. Steinenvorstadt 55 pathe.ch OF THE LONDON FOG [12/10 J] SISSACH PALACE Stumm mit engl. Zwischentiteln LASSEN SIE SICH WÄHREND DES FILMS BEI EINEM EXKLUSIVEN • ARLO & SPOT – 3D [6/4 J] SO: 13.30 Felsenstrasse 3a palacesissach.ch FR/SO-MI: 12.10— [16/14 J] FLYING DINNER KULINARISCH VERWÖHNEN D • THE LADY VANISHES SA: 10.15/12.30—SO: 10.00 SO: 15.15 E/d • ICH BIN DANN MAL WEG [8/6 J] Der Preis beinhaltet ein mehrgängiges, am Platz serviertes Flying Dinner in unserem exklusiven • HEIDI [0/0 J] 18.00 D Ciné Deluxe, Cüpli, Rot- und Weisswein, Bier, Mineral, Kaffee à discretion und Filmbesuch. • REBECCA [16/14 J] FR/MO-MI: 12.10—SA/SO: 10.30— E/d/f SA/SO/MI: 12.50/15.15 Dialekt SO: 17.30 • THE DANISH GIRL [12/10 J] • A CITY OF SADNESS 20.30 E/d/f PATHE KÜCHLIN pathe.ch/basel CATERING BY: • DIE PEANUTS – Ov/e DER FILM – 3D [0/0 J] SO: 20.00 • DIE PEANUTS – FR/MO-MI: 12.15— [0/0 J] D • THE 39 STEPS [16/14 J] DER FILM SA/SO/MI: 13.45/15.45 MO: 18.30 E/d SA/SO/MI: 12.30 D • DIE PEANUTS – DER FILM [0/0 J] • THE SPIRAL • HEIDI [0/0 J] SA/SO: 11.45 D STAIRCASE [16/14 J] SA/SO/MI: 14.00 Dialekt • STAR WARS: DAS ERWACHEN MO: 21.00 E/e • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] DER MACHT [12/10 J] • GOOD MEN, GOOD WOMEN SA/SO/MI: 16.00 Dialekt D FR/MO/DI: 12.20/15.10 MI: 18.30 Ov/d/f • RAMS – HRÚTAR [16/14 J] • STAR WARS: DAS ERWACHEN • TO TAKE A WIFE SO: 10.30 Isländ/d/f DER MACHT – 3D [12/10 J] MI: 21.00 Ov/e TagesWoche 02/16 43

Impressum

TagesWoche Chefredaktion/ Mike Niederer (Produzent), Bildredaktion Unterstützen Sie unsere Arbeit 6. Jahrgang, Nr. 02; Geschäftsleitung Hannes Nüsseler (Produzent), Nils Fisch mit einem Jahresbeitrag verbreitete Auflage: Christian Degen Jonas Grieder Korrektorat Supporter: 60 Franken pro Jahr 10 800 Exemplare (prov. Wemf- Digitalstratege (Multimedia-Redaktor), Yves Binet, Balint Csontos, Enthusiast: 160 Franken pro Jahr beglaubigt, weitere Infos: Thom Nagy Yen Duong, Renato Beck, Chiara Paganetti, Gönner: 500 Franken pro Jahr tageswoche.ch/+sbaj6), Creative Director Naomi Gregoris Irene Schubiger, Mehr dazu: tageswoche.ch/join Gerbergasse 30, Hans-Jörg Walter Christoph Kieslich, Martin Stohler,­ 4001 Basel Redaktion Marc Krebs, Felix Michel, Dominique Thommen Druck Herausgeber Karen N. Gerig Matthias Oppliger, Verlag und Lesermarkt Zehnder Druck AG, Wil Neue Medien Basel AG (Leiterin Redaktion), Jeremias Schulthess, Tobias Gees Designkonzept und Schrift Redaktion Andreas Schwald Dominique Spirgi, Abodienst Ludovic Balland, Basel Tel. 061 561 61 80, (Stv. Chefredaktor), Samuel Waldis Tel. 061 561 61 61, [email protected] Reto Aschwanden Redaktionsassistenz [email protected] (Leiter Produktion), Béatrice Frefel Anzeigenverkauf Die TagesWoche erscheint Amir Mustedanagić Layout/Grafik COVER AD LINE AG täglich online und jeweils am (Leiter Newsdesk), Anthony Bertschi, Tel. 061 366 10 00, Freitag als Wochenzeitung. Tino Bruni (Produzent), Carol Engler [email protected] 44 at»): Der Mann, den man der Einfachheit halber als Musiker bezeichnet, hat immer wieder überrascht mit seiner theatrali- schen Kunst. Das Faible für Rollenspiele kommt nicht von ungefähr: Ehe er sich Da- vid Bowie nannte, nahm David Robert Jones im Alter von 20 Jahren Pantomimenunter- richt bei Lindsay Kemp. Und interessierte sich fürs japanische Theater ebenso wie die Undergroundszene der Transvestiten. Die- ser junge Mann sog alles auf. Und kreierte sich selber als Kultwerk, das sich immer wieder verändert. «Ch-ch-ch-ch-changes»! Und während ihn unglücklich argu- mentierende Journalisten als «Chamäleon» bezeichneten, zupfte man freudig erregt seine bunte Strähne und realisierte, dass Bowies Wandlungsfähigkeit nicht mit die- sem Tier verglichen werden durfte. Denn es wird ihm nicht gerecht. Ein Chamäleon verändert sich, um seinen Hintergrund nachzuahmen. Bowie aber streift sich nicht einfach eine Farbe über, er zwingt den Hin- tergrund, sich nach ihm zu richten.

Einer, der die Fantasie anregt Nun erscheint zu seinem 69. Geburtstag das wunderbar gewagte, neue Album. Sein Fünfundzwanzigstes. Und sein spannends- Brav kann er auch: David Bowie, Meister der Verwandlung. foto: imago tes seit Jahren. Er selber hält sich dabei im Hintergrund, bleibt ein Mysterium, lässt Kultwerk #212 den Mythos arbeiten, während er in Man- hattan vielleicht den Wasserkocher aufsetzt oder seine Tochter zur Schule bringt. David Bowie bleibt auch mit 69 ein Und während wir uns fragen, was er heute wohl macht, beobachtet er seit Jah- Gesamtkunstwerk der Popmusik – ren in seinem New Yorker Réduit, wie er einfach so im Gespräch bleibt. Nachdem er das zeigt sein brandneues Album. sich 2004 nach einem Herzinfarkt aus der Öffentlichkeit verabschiedete, zog er ein stilles, familiäres Leben dem Rampenlicht vor. Die Schlagzeilen über sich lässt er an- Der letzte Popstar dere machen. Lady Gaga etwa, die nicht müde wird, ihn als eines ihrer Vorbilder in Sachen Verwandlungskunst zu nennen. Wenn Sie nun denken: Alles Gerede, Bo- von sagenumwobener wie ist doch auch nur ein Mensch. Natür- lich. Aber einer, der unsere Fantasie anregt wie kaum ein anderer. Als er im Dezember Grandezza überraschend einen neuen Song veröffent- lichte («Blackstar») und mit «Lazarus» auch eine Musicalpremiere in New York City promoten sollte (bei dem er nur die Songs schrieb, aber nicht selber auftritt), da ver- von Marc Krebs nahm man von ihm keinen einzigen kom- mentierenden Ton. ie Musik der Jugend, sie ist etwa. Das ambiente Meisterwerk «Low». So war es allein schon eine Sensation, längst von ihrer mystischen Oder das ausserirdische Glamrock-Kon- dass in der US-amerikanischen «Late Show Faszination befreit worden. zept, mit dem «Ziggy Stardust» aus dem With Stephen Colbert» ein Bowie-Song zu Vielleicht liegt es am Alter. Viel- Traumschiff Pop stieg. hören war. Ein neuer Song zudem: «Laza- Dleicht an der Repetition der Trends und rus». Nicht vom Meister interpretiert, son- ­ihrer kurzen Halbwertszeit. Vielleicht liegt Er lässt den Mythos für sich arbeiten dern von Schauspieler Michael C. Hall es auch an der ständigen Verfügbarkeit: von Bowie hat mit so vielen Musikstilen, ­(bekannt aus den mittlerweile begrabenen Informationen bis Definitionen, alles ist Haarfarben, Alter Egos und Drogen experi- TV-Serien «Six Feet Under» und «Dexter»). greifbar, Pop längst auf überhitzte Server mentiert, dass er sich in seinen grössten Schöner könnte uns dieser Herr nicht abgeschoben worden. ­eskapistischsten Momenten wohl wie sein vor Augen führen, wie ungreifbar er geblie- Einer ist anders. David Bowie ist anders. «Major Tom» am liebsten ins All geschossen ben ist. David Bowie. Performer. Darsteller. Er bleibt einzigartig, auch mit 69 Jahren. hätte. Und sich je nach Tagesform und Sänger. Komponist. Erbauer eines Mythos. Man könnte in dieser Rubrik, die Kultwerk Rauschmittel ebenso verloren vorkam. Vielleicht der letzte Popstar mit sagenum- heisst, eines seiner Alben würdigen. Das Ob als Ziggy Stardust oder Thin White wobener Grandezza. Wir wünschen alles mit Pop-Perlen wie «Life On Mars» ge- Duke, ob als Nikolas Tesla (im Film «Pres- Gute zum Geburtstag. spickte «Hunky Dory» aus dem Jahr 1971 tige») oder Andy Warhol (im Film «Basqui- tageswoche.ch/+q0gkx ×

TagesWoche 02/16 45 Wochenendlich Athen ist mehr als nur Antike. Vor allem ist die griechische Hauptstadt trotz aller Schreckensgeschichten zur Eurokrise eine pulsierende Metropole. Ein kurzer Reiseführer. Schau mir in die Augen, Malaka

von Philip Vlahos

m globalisierten Zeitalter sind die Die Menge bleibt verhalten, ehe er noch ­wegen dem Haupt einer geköpften Statue, Einheimischen und ihre kulturellen lauter zu seiner Pointe übergeht: «Und nun das – als Mahnmal dieser Ereignisse – im- Gepflogenheiten eigentlich das alle, die pleite sind: Macht verdammt noch- mer noch an derselben Stelle liegt wie 1973. Spannendste eines Landes. Wer nun mal Lärm!» Woraufhin der US-Rapper über Gleich daneben liegt das Exarchia- Imit den Griechen und Griechinnen in Kon- die Ausbeutung im Kapitalismus zu rappen Quartier, welches inzwischen auch als takt treten will, sollte jedoch gewappnet beginnt, während Einzelne der rund 3000 «Kreuzberg Athens» bezeichnet wird. Ganz sein, denn es gilt eine andere Gestik. Zuschauer Pyros zünden. so weit ist hier die urbane Entwicklung Das Wichtigste: Kopfschütteln bedeutet zwar noch nicht fortgeschritten. Familien Zustimmung und Nicken heisst Ablehnung. Mehr Reitschule als ETH sollten es sich entsprechend eher zwei Mal Ein weiterer Punkt, den es zu beachten gilt: Wir befinden uns auf dem Campus der überlegen, ehe sie in diesem Quartier essen Während eines Gesprächs den Blickkon- Nationalen Technischen Universität gehen, für das sich die Polizei nicht interes- takt zu brechen, gilt als unhöflich. Es mag Athens, der unter den Einheimischen als siert. Wen kiffende Quartier­bewohner und den gemeinen Nordeuropäer erst ein we- Polytechneio bekannt ist. Das Gelände mit leicht suspekte Pitbull-Halter irritieren, nig irritieren, dass alle Kellner ihm ein- seinen Graffiti-verzierten Wänden gleicht dem sei eher die Akropolis empfohlen. dringlich in die Augen starren. Nach dem dabei eher der Reitschule Bern als der ETH Wer bei seiner Reise übrigens eine ersten Schreck stellt man jedoch schnell Zürich. Das Erscheinungsbild und der Um- ­Unterkunft braucht, sucht diese am besten fest, dass das Ganze irgendwie doch ent- stand, dass die Antifa Athens ausgerechnet über AirBnB. Die in Athen aufgeführten waffnend und schön ist. hier regelmässig kulturelle Events abhält, Wohnungen sind allesamt ziemlich schön Tolle Cafés gibt es fast überall in Athen. ist kein Zufall. und erschwinglich. Ein Tipp der Einheimi- Namentlich erwähnt sei dennoch das Schliesslich war es auf diesem Campus, schen lautet dabei, nicht zu nahe am Zent- «Tailor Made» auf dem gemütlichen Agias- auf dem 1973 der studentische Aufstand ge- rum zu wohnen, weil die nächtliche Klein- Irinis-Platz. Dort gibt es eine aromatische gen das Militärregime und dessen blutige kriminalität in den Aussenquartieren weni- Auswahl an speziellen Kaffeesorten, die auf Niederschlagung stattfand. So lohnt sich ger ausgeprägt ist. so verschiedene Arten und Weisen zuberei- ein Blick ins Polytechneio wenigstens tageswoche.ch/+qjq2o × tet werden, dass daneben selbst die Barista- Kultur Italiens verblasst. Die Pflichtsehenswürdigkeiten Athens sind offensichtlich, doch nicht minder ein- drücklich. Die Akropolis galt als Sitz der griechischen Götter. Ein wenig an Mystik verliert sie dur­ ch die Dauerrenovation. ­Ansehnlich ist sie dennoch. Um sie herum liegen weitere Ruinen wie die Agora und entsprechende Museen.

Kunst und Zwischennutzungen Athen hat auch im Bereich der zeit­ genössischen Kunst einiges zu bieten – jetzt schon und nicht erst, wenn 2017 die docu- menta mit ihren Ablegern herkommt. Um aktuelle künstlerische Zwischennutzungs- projekte zu erleben, sei das Kerameikos- Quartier empfohlen. Für Speis, Trank und Clubbing begibt man sich am besten ins Psiri- oder Gazi-Quartier. Ein persönlicher Favorit: der «Six Dogs»-Club. «Alle, die 20 Euro in der Tasche haben: Immer noch Touristenmagnet Nummer eins: die Akropolis. foto: philip vlahos Macht Lärm!», ruft B. Dolan ins Mikrofon.

TagesWoche 02/16 46 Volldampf. 1905, anlässlich des 25-jährigen Bestehens, wies es beachtliche Zahlen auf. Die Passagierzahl war von 73 704 (im Jahr 1881) auf 135 640 Reisende angestiegen, der Güterverkehr hatte sich von 248 Tonnen (1881) auf 3223 Tonnen erhöht. Kurz zuvor hatte die Bahn ihre fünfte Lokomotive ­erhalten. Die Jahre des Ersten Weltkriegs setzten dem Unternehmen dann allerdings zu, ins- besondere weil die Kohle knapp und teuer wurde. Als Ende der 1920er-Jahre ein nächster Modernisierungsschritt anstand, wurden denn auch Überlegungen ange- stellt, die Bahn zu elektrifizieren. 1934 stell- te die ­Regierung einen entsprechenden Antrag. Experten rieten von der Elektrifizierung der Bahn oder dem Kauf von Nächster Halt Museum: Die Dampfloks haben im Baselbiet ausgedient. foto: keystone Autobussen ab. Zeitmaschine Da die vorberatende Landratskommis- sion sich aber nicht einig war, liess die 1953 lösten elektrische Triebwagen die ­Regierung ein Gutachten bei Experten ein- holen. Diese rieten davon ab, Geld in die Dampfloks der Waldenburgerbahn ab. Elektrifizierung der Bahn oder den Kauf von Autobussen zu stecken, sondern emp- Bald ist auch Schluss mit Nostalgiefahrten. fahlen – auch um die Touristen bei der Stange zu halten − eine zusätzliche Loko- motive und weitere Reisewagen anzuschaf- fen. Und so fuhr das Waldenburgerli wei- Dem Waldenburgerli terhin mit Dampf durchs Tal. «Odyssee zur Elektrifizierung» Doch schon bald stand die Frage der geht der Schnauf aus Elektrifizierung wieder auf der Tagesord- nung. Erwogen wurde zeitweise auch, die Bahn durch Auto- oder Trolleybusse zu er- setzen. Anfang der 1950er-Jahre schliess- lich gaben die Baselbieter Regierung und der Landrat das lange erwartete Signal zur Elektrifizierung. Im Geschäftsbericht der Bahn für das Jahr 1951 ist nachzulesen: «Über diese ‹Odyssee› seit 1943 und beson- ders seit der Vorlage des umfassenden ­Berichts des Eidgenössischen Amtes für Verkehr vom 15. November 1946 bis zur von Martin Stohler ­Beschlussfassung des Landrates vom 28. Juni 1951 und fernerhin liesse sich ein ie Eisenbahn war auch im derselben einzustehen», heisst es etwa in Buch schreiben.» ­Baselbiet das Trojanische Pferd einer Resolution, die eine Versammlung in Am Sonntag, dem 25. Oktober 1953, war des Fortschritts. Nachdem 1858 Waldenburg am 14. September 1879 verab- es dann so weit: Das ganze Tal von Walden- die Bahnlinie von Basel nach schiedete. burg bis Liestal feierte die neue elektrische DOlten über Sissach und Läufelfingen in Bahn und sagte den Dampfzügen adieu. ­Betrieb genommen wurde, verlagerte sich Schmalspur kommt günstiger Ganz verschwunden sind sie allerdings der Transportverkehr von der Strasse auf Die Menschen im Oberbaselbieter Tal nicht. Seit 1970 kommen bei Nostalgiefahr- die Schiene. mussten nicht mehr allzu lange warten, bis ten wieder Dampfloks zum Einsatz. Diese Das bekamen auch die Menschen im ihr langgehegter Wunsch in Erfüllung ging. mussten – wie das elektrische Waldenbur- Waldenburgertal zu spüren, durch das wäh- Am 24. Februar 1880 erteilte der Bundesrat gerli – für die (Schmal-)Spurweite von rend Jahrhunderten via Oberen Hauen- die Konzession für den Bau der Bahn, und 75 Zentimetern angefertigt werden. stein eine wichtige Route des Nah- und am 1. November 1880 nahm diese den Das wird sich in den nächsten Jahren Fernverkehrs führte. Nun blieben die Fuhr- ­Betrieb mit zwei Dampflokomotiven auf. ändern. Im Dezember des vergangenen werke aus. Um die Baukosten tief zu halten, hatte man Jahres hat der Landrat beschlossen, im Einfach hinnehmen wollte man das sich für Geleise mit einer Spurweite von Rahmen einer Erneuerung der Waldenbur- nicht. «Die Eisenbahn ist eine Lebensfrage nur 75 Zentimetern entschieden. gerbahn die Spurweite auf einen Meter zu für das Waldenburgertal und letzteres ver- In den folgenden Jahrzehnten entwi- erweitern. spricht, mit allen Mitteln für die Erstellung ckelte sich das Unternehmen quasi mit tageswoche.ch/+hh6ou ×

TagesWoche 02/16 47

Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt Steuerverwaltung

Generelle steuerliche Neubewertung der selbstgenutzten Liegenschaften im Kanton Basel-Stadt per 31. Dezember 2016

Information der Steuerverwaltung Die Preise für Einfamilienhäuser und Stockwerkeigentums- wohnungen haben sich seit der letzten generellen steuerlichen Bewertung im Jahre 2001 stark erhöht und von den aktuellen Vermögenssteuerwerten deutlich entfernt. Aus diesem Grunde und zur Vermeidung von Rechtsungleichheiten muss die Steuer- verwaltung die Steuerwerte anpassen. Dies geschieht mit einer generellen Neubewertung von sämtlichen im Kanton Basel-Stadt gelegenen selbstgenutzten Liegenschaften (Einfamilienhäuser, Stockwerkeigentumswohnungen u.a.). Die Neubewertung er- folgt per 31.Dezember 2016. Nicht betroffen von der Neubewertung sind die vermieteten Liegenschaften. Deren Vermögenssteuerwerte werden alljährlich durch Kapitalisierung des Jahresertrags bestimmt, so dass die Steuerwerte jedes Jahr aktualisiert werden. Für die Durchführung der Neubewertung sind die Vorschriften gemäss Steuergesetz und Steuerverordnung massgeblich. Die Neubewertung wird zu einer Erhöhung der Vermögenssteuer- werte und damit verbunden auch der Eigenmietwerte führen. Die neuen Werte werden, um Überbewertungen zu vermeiden, jedoch massvoll bleiben. Die Steuerverwaltung wird ab April 2016 sukzessive allen Eigentümern von selbstgenutzten Liegenschaften anfecht- bare Verfügungen mit den neuen Vermögenssteuerwerten eröffnen. Anfangs 2017 werden alle Eigentümer im Besitze der nötigen Angaben für die Deklaration ihres Einkom- mens und Vermögens mit der Steuererklärung 2016 sein. Die verfügten neuen Steuerwerte sind ab Steuerperiode 2016 wirksam und haben auch für die folgenden Steuerperio- den Geltung.

Steuerverwaltung Basel-Stadt

Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt Fischmarkt 10, CH-4001 Basel E-Mail [email protected]

Internet www.steuerverwaltung.bs.ch 50009.a.01.16

TagesWoche 02/16 AZA TagesWoche 061 561 61 61 CH-4001 Basel PP/Journal Post CH AG

ANZEIGE

KLEINANZEIGEN JOBS

Kontakt: tageswoche.ch/kleinanzeigen Kontakt: tageswoche.ch/jobs

SCHÖNES ZIMMER IN ALTBAU- PUTZFRAU GESUCHT WOHNUNG IM MATTHÄUS- 44 CHF / 2 STD. (BASEL-STADT) QUARTIER Alle zwei Wochen In einer gemütlichen Wohnung gibt es ein Zim- mer mit gemeinsamer Nutzung von Küche, Bad, Stube, Balkon und Waschküche zu vermieten. In TECHNISCHER KAUFMANN ein paar Minuten am Rhein, ganz in der Nähe von Uni, Spital und Messegelände sowie gute öV-Ver- (W/M), RAUM BASEL bindungen mit Haltestellen fast vor dem Haus. UNTERNEHMENSKUNDE (DIENSTLEISTUNG) Für unsere Partnerkunden suchen wir im Raum SCOTT AFD EXPERT RENNRAD Basel per sofort oder nach Vereinbarung eine/n Technischen Kaufmann (w/m). Schönes Scott Rennrad in einwandfreiem Zu- stand, alles original, Schaltung und Bremsen sind einwandfrei. KRANKEN- UND ALTEN- Preis 480.– CHF BETREUER (M/W) 100% IN BASEL Als Partner von renommierten Spitalgruppen, RETRO LEDERSOFA ORIGINAL Pflegeinstitutionen und Seniorenresidenzen su- chen wir fortlaufend nach Verstärkung. Aus diesem 60ER-JAHRE Grund suchen wir ab sofort eine sozialkompetente Ledersofa-Kombination (2er-Sofa und 2 Sessel) und flexible Persönlichkeit als Kranken- und Al- 60er-Jahre zu verkaufen. Farbe: senfgelb, Sitz- tenbetreuer (m/w) 100% in Basel. Wir bieten Ihnen kissen dunkelbraun. Die Kombination ist in sehr eine verantwortungsvolle und abwechslungsreiche gutem Zustand und wurde 2011 komplett neu Tätigkeit in renommierten Pflegeinstitutionen. aufgepolstert. Sofa und Sessel stehen auf kleinen Metallrollen. Preis: 500.– CHF VERKAUFS-AUSHILFE 60 – 80% W/M IM RAUM BASEL FREITAG-TASCHE «LELAND» Für unseren Partnerkunden suchen wir flexible und « » Coole Freitag-Tasche Leland in peppigem engagierte Aushilfen rund um alle anfallenden Auf- rostrot mit einem Innenfach mit Reissverschluss gaben im Verkauf von Food- und Non-Food-Artikel, in der Hand tragbar oder zum Umhängen. Jede die sich in einem dynamischen und spannenden Tasche ist ein Unikat! Preis: 145.– CHF Umfeld als Teamplayer engagieren wollen.