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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Wissenschaftliche Arbeiten aus dem

Jahr/Year: 2001

Band/Volume: 105

Autor(en)/Author(s): Kaus Karl

Artikel/Article: Archäologische Objekte in Burgenländischen Gemeindewappen. 181-194 © Landesmuseum für Burgenland, , download unter www.biologiezentrum.at Wissenschaftliche Arbeiten Forscher - Gestalter - Vermittler Eisenstadt 2001 aus dem Burgenland Festschrift Gerald Schlag Österreich (WAB) Band 105 ISBN 3-85405-142-5

ARCHÄOLOGISCHE OBJEKTE IN BURGENLÄNDISCHEN GEMEINDEWAPPEN

Karl KAUS, Eisenstadt

Hannersdorf

Die Gemeinde mit den Ortsteilen Burg, Hannersdorf und Woppendorf erhielt 1994 das Recht zur Führung des Gemeindewappens1. Die offizielle Verleihungsfeier, verbun­ den mit der feierlichen Einweihung des neuen Gemeindeamtes, fand am 11. Juni 1995 statt. Das Wappenbild wurde von Dr. Heinrich Purkarthofer entworfen und von Dipl. Graphiker Erwin Morawitz gestaltet (Abb. 1).

Abb. 1: Gemeindewappen von Hannersdorf

„Zwischen schwarzen, durch goldene Zinnen gespaltenen Flanken ein oben und unten ansto­ ßender Römerstein mit goldenem Bord und rotem Feld, darin golden aus einem Akantheros ein Weinstock mit vier Blättern und vier Trauben wachsend.“ Die Zinnen sollen an die urzeitlichen und mittelalterlichen Befestigungen im Ortsteil Burg erinnern, der Römerstein mit Weinranke, der in der Pfarrkirche Mariae Geburt in Hannersdorf eingemauert ist, symbolisiert die alte Weinkultur des Ortes.

181 In der Wappenbeschreibung© Landesmuseum bereitet für Burgenland, das Austria, sonst download nicht unter www.biologiezentrum.at bekannte Wort „Akantheros“ Schwierigkeiten. Vermutlich sind die Begriffe „Acanthus“ und „Kantharos“ hier irrtümlich zu einem Wort zusammengezogen: Acanthus (lat. acanthus, griech. axavOot;) ist die Stachelähre, bzw. der Stachelbärenklau, eine Mittelmeerpflanze, deren Form laut Vitruv das Vorbild für die Ausbildung des korinthischen Kapitells gewesen ist2. Als Kantharos (lat. cantharus, griech. KavOapoq) wurde in der Antike ein Trinkgefäß mit zwei Henkeln bezeichnet. Das Gefäß am Hannersdorfer Römerstein und im Wappen ist aber besser als doppelhenkeliger Volutenkrater, als großes Mischgefäß mit geschwungenen und an den Enden eingerollten Henkeln, zu bezeichnen3. In der älteren Literatur wird immer wieder angeführt, dass die Römersteine in der Hannersdorfer Kirche „gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Burg gefunden wurden“4. Dies beruht aber auf einem Irrtum und einer daraus entstandenen Fehlinformation aus dem Jahr 1929. Gendarmerieinspektor K. Halaunbrenner berichtete nach Recherchen in Burg und Hannersdorf an das Landesmuseum und Bundesdenkmalamt: „[...] teile ich mit, dass der in Hannersdorf in der Kirchenmauer befindliche Stein, wie ich feststellen konnte, vor 40 Jahren in Burg gefunden wurde“5. Der Gewährsmann, der Halaunbrenner dies erzählte, meinte aber einen römischen Reliefstein, der 1885 in Burg entdeckt worden war und über Vermittlung des damaligen Pfarrers von Hannersdorf, Ferencz Lindenmayer (der Mitglied des Altertums­ vereines in Steinamanger war) ins Savaria-Museum kam. Das Relief befindet sich heute noch im Lapidarium dieses Museums6. Die ältesten bisher bekannten Abbildungen der Hannersdorfer Römersteine stammen vom Ödenburger Künstler Franz Storno, der am 23. und 24. September 1870 sowohl den Marmorlöwen, als auch das Weinrankenrelief und andere Details zeichnete (Abb. 2)7. Die römischen Spolien sind so nahtlos in das übrige gotische Mauerwerk eingebunden, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit schon, wie die ebenfalls mitvermauerten romanischen Bauteile, bei der Errichtung der Kirche mit eingebaut worden sind (Abb. 3). Vielleicht waren sie sogar schon in der mittelalterlichen Vorgängerkirche, deren Grundriss 1993 vom Landesmuseum festgestellt werden konnte, sichtbar eingemauert. Weinstock und Löwe sind ja eng mit der christ­ lichen Symbolik der Evangelien verbunden8. Der römische Quader mit dem Volutenkrater und dem Weinrankenrelief, eingemauert im ersten nördlichen Strebepfeiler des gotischen Kirchenschiffes, ist aus Basalt-Tuff9. Dieses Material und andere vulkanische Gesteinsarten sind im römischen Pannonien häufig nachgewiesen. Wegen des Wechsels von harten Einschlüssen in weicheren Gesteinsschichten ist Basalt-Tuff vor allem für Straßenpflaster, Bauquader, Mühlsteine und Mörser verwendet worden. Für Bildhauerarbeiten ist er wegen schwieriger Bearbeitung und unregelmäßiger Verwitterung schlecht geeignet und kommt daher nur sehr selten vor. Der Basalt-Tuff in Savaria und Umgebung stammt überwiegend vom Sagberg, einem Vulkankegel östlich von Särvär10. Der Quader an der Hannersdorfer Kirche ist rundum etwas bestoßen, ca. 79 cm hoch, 33 cm breit und maximal 60 cm dick. Zwei Seiten sind sichtbar, die linke ist unverziert, auf der vor­ deren Schmalseite ist das Relief in einem 56 cm hohen und 17 cm breiten, doppelt gerahmten Feld. Aus dem 17 cm hohen, einfach gestalteten Volutenkrater wächst eine S-förmig geschwun­ gene Weinranke, an der links und rechts noch je eine Traube und ein Weinblatt abwechselnd zu sehen sind. Weitere Blätter oder Trauben nahe der linken oberen Ecke sind durch Beschädigung und Verwitterung verschwunden (Abb. 4). Der Reliefquader stammt von einem Grabbau, entweder von einer Grabkapelle (Aedicula) als flankierender Pfeiler, oder vom Eingangsbereich (Dromos) eines römerzeitlichen Grabhügels mit gemauerter Kammer. Volutenkrater und Weinranke sind unmittelbar mit dem antiken

182 Grabbrauchtum verknüpft. © Beide Landesmuseum gehören für Burgenland, zur Austria, dionysischen download unter www.biologiezentrum.at Vorstellungswelt, die ein glück­ licheres Jenseits versprach. Das Gefäß enthält das Wasser des Lebens, daraus wächst der Lebensbaum. Das Christentum hat diese antiken Symbole der Unsterblichkeit (Baum, Weinrebe, Efeuranke, Acanthus und Lotos) und der Erlösung (Gefäß mit dem Leben spenden­ den Wasser) übernommen und ausgedeutet: Christus ist der wahre Weinstock, auch die Traube ist Christus, der am Kreuz hängt11.

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Abb. 2: Franz Storno, Weinrankenrelief von Hannersdorf, Bleistiftzeichnung, datiert 23.9.1870.

Abb. 3: Hannersdorf Grundriß der röm.kath. Pfarrkirche Mariae Geburt

i -i - gotisches Mauerwerk — romanische Fundamente (1993 festgestellt) Römische und romanische Spolien im gotischen Mauerwerk: 1 - römischer Quader mit Volutenkrater und Weinranke, 2 — romanischer Sandsteinquader, 3 - römische Löwenplastik aus Marmor, 4 - römischer Stampfinörser aus Basalt-Tuff, 5 - romanischer Rundbogen aus Sandstein, 6 - römischer Quader aus Basalt-Tuff.

183 © Landesmuseum für Burgenland, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Abb. 4: Hannersdorf, Foto und Umzeichnung des Volutenkrater-Weinrankenreliefs

Aus der großen Zahl von Vergleichsstücken zum Hannersdorfer Relief ergibt sich die Datie­ rung vor allem anhand von Funden entlang der Bernsteinstraße von Pannonien nach Italien. Parallelen finden sich in steigender Qualität zum Beispiel in Szombathely12, Sempeter13 und Aquileia14. Danach ist unser Stück ins späte 2. oder in das 3. Jahrhundert zu stellen. Ein aus­ gezeichnetes Beispiel, wie auch das Relief in Hannersdorf in einen Grabbau integriert gewesen sein könnte, ist der Nischengrabstein aus Arnoldstein in Kärnten, jetzt im Landesmuseum in Klagenfurt. Rechts und links der Portraits der Grabinhaber ist je ein Relief mit Krater und Weinranke eingemeißelt15 (Abb. 5).

Abb. 5: Grabstein aus Arnoldstein, Kärnten. Doppelportrait, flankiert von Reliefs mit Krater und Weinranke.

184 © Landesmuseum für Burgenland, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Nach einer Volksbefragung im Jahre 1994 wurde Schandorf am 1.1.1996 wieder selbständige Ortsgemeinde, der am 14. Juli 1998 das Recht zur Führung eines eigenen Gemeindewappens verliehen wurde16. Die festliche Wappenübergabe fand am 4. September 1998 statt. Entwurf und Gestaltung des Wappenbildes stammen von Dipl. Graphiker E. Morawitz (Abb. 6).

Abb. 6: Gemeindewappen von Schandorf

„In Gold ein roter Dreiberg von ineinandergeschobenen Hügeln, aus dem ein roter Baum wächst, belegt mit drei goldenen Ähren.“ Lebensbaum und Getreideähren sind zum Teil den älteren Gemeindesiegeln entnommen und symbolisieren Land- und Forstwirtschaft und den Arbeitsfleiß der Bevölkerung. Die drei Hügel weisen auf die großen Hügelgräber im Schandorfer Wald und die reiche, oft schwere Vergangenheit des Ortes hin. Im Wald südlich von Schandorf befinden sich 232 Hügelgräber in fünf Gruppen. Die 90 Hügel der Gruppen III und V sind römisch, die 142 größeren Hügel der Gruppen I, II und IV gehö­ ren der Hallstattkultur der älteren Eisenzeit an (Abb. 7, 8). Die Schandorfer Grabhügel sind in der europäischen Urgeschichtsforschung seit dem vorigen Jahrhundert bekannt, als der berühmte ungarische Archäologe Florian Römer beim 8. interna­ tionalen Kongress für Anthropologie und prähistorische Archäologie in Budapest 1876 über die Grabhügel berichtete17. Schon vor 1870 wurden, vermutlich von Graf Stefan Erdödy, die zwei größten, ursprünglich wohl über 20 Meter hohen Hügel II/1 und IV/8 angegraben. Leider sind die Ergebnisse und der Verbleib der Funde heute unbekannt. Wahrscheinlich sind etwaige Grabungsberichte beim Brand des Schlosses Rotenturm 1924 vernichtet worden. 1930 unter­ suchte A. Barb, der Leiter des Burgenländischen Landesmuseums, elf römische Hügel. Anschließend folgte die erste Vermessung der Hügelgräberfelder und 1933 die Ausgrabung des hallstättischen Hügels 1/41 durch R Karnitsch. A. Barb publizierte diese Forschungsarbeiten 1937 in den Mitteilungen der Wiener Anthropologischen Gesellschaft 18. In den letzten Monaten und Tagen des Zweiten Weltkrieges wurden im Grenzbereich Stellungen und Panzergräben gebaut, wodurch etwa ein Dutzend Grabhügel in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Hauptmasse der Hügelgräber im Schandorfer Wald ist aber noch heute ungestört und hervorragend erhalten. Die Hügel sind rund, haben relativ steile Flanken, und bei vielen ist der Erdentnahmegraben ringförmig um den Hügelfuß gut zu erkennen. Auch Erdbrücken über die Entnahmegräben kommen vor. Die meisten hallstättischen Hügel sind

185 über 5 Meter hoch, einige Hügel© Landesmuseum erreichen für Burgenland, eine Austria, Höhe download unter von www.biologiezentrum.at 10 Metern, die größten sind über 16 Meter hoch. Im Südteil der größten Grabhügelgruppe befindet sich der Hügel 1/15, der sich in seiner Form von den übrigen unterscheidet. Er hat einen Durchmesser von 60 Metern, eine Höhe von 10 Metern und ist von einem Ringgraben und einer ringförmigen Berme umgeben. Seine Flanken sind wesentlich flacher als die der übrigen Hügel. Da mittelalterlicher Umbau - etwa zu einem Hausberg - auszuschließen ist, könnte es sich entweder um einen unvollendeten Riesenhügel oder wahrscheinlicher um einen zentralen Kult- oder Verbrennungsplatz handeln.

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Abb. 7: Hallstattzeitliche und römische Grabhügel und Hügelgräberfelder bei Schandorf 232 Hügel in fünf Gruppen im Schandorf er Wald 84 Hügel am Eisenberg, im Maßwald von Burg und Vilägoswald von Felsocscitär 30 Hügel im Urbarialwcild von 5 Hügel (eingeebnet) nördlich von Vaskeresztes

186 Alle Funde seit 1921 befinden© Landesmuseum sich im für Burgenland,Burgenländischen Austria, download unter Landesmuseum. www.biologiezentrum.at Die von A. Barb untersuchten römischen Hügel entsprechen der norisch-pannonischen Hügelgräbersitte mit Steineinbauten. Sie stammen aus dem 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. und haben als lokale Besonderheit die Beigabe von jeweils mehreren Öllämpchen in einer Grabkammer. Im Inneren des 1933 am Siidende der größten Gruppe ausgegrabenen hallstättischen Hügels 1/41 wurde eine Steinpackung und Kammer aus großen Steinplatten festgestellt. Zwei Mehrkopfnadeln, Kegelhalsgefäße mit schwarzroter Bemalung und figuralen Aufsätzen, Trinkgeschirrsätze, ein Bronzegefäß, sowie Eisengeräte lassen auf ein Männergrab der ent­ wickelten Stufe Hallstatt C, aus dem 7. Jahrhundert v. Chr., schließen. Die Hügelgräber im Schandorfer Wald müssen wegen ihres hervorragenden Erhaltungs­ zustandes, als wertvollstes europäisches Kulturgut und archäologisches Hoffnungsgebiet hoch­ rangig geschützt und überwacht werden. Weitere Ausgrabungen im Schandorfer Wald sind daher derzeit nicht vorgesehen, lediglich Korrekturarbeiten an bereits gestörten Hügeln wären möglich. Die zum Teil 1999 begonnene touristische Nutzung in Form eines beschilderten Wanderwegs19 sollte nur unter vollständiger Schonung des überlieferten Bestandes, ohne ergänzende Zubauten und Wegebeschotterungen erfolgen. Auch die Waldbewirtschaftung soll­ te möglichst ohne weitere Erdbewegungen durchgeführt werden. Auf den Anhöhen südlich und südöstlich der befestigten Siedlung in der Pinkaschlinge von Burg liegen weitere Grabhügelgruppen der Hallstattkultur mit insgesamt 114 Grabhügeln. Die kleinere Gruppe mit 30 Hügeln liegt auf der Hochleiten im Badersdorfer Urbarialwald, die grö­ ßere, grenzüberschreitende Gruppe mit 84 Hügeln befindet sich am Eisenberg, im Maßwald auf dem Gemeindegebiet von Burg und im Vilägoswald von Felsöcsatär in Ungarn. Eine weitere Gruppe von fünf Hügeln hat sich im Tal nördlich von Vaskeresztes befunden. Diese Grabhügel sind aus landwirtschaftlichen Gründen eingeebnet worden, konnten aber zum Teil noch vom Savaria Museum in Szombathely untersucht werden20. Insgesamt befinden sich also im Raum Schandorf-Felsöcsatär-Burg-Eisenberg-Vaskeresztes- Badersdorf 351 Hügelgräber. 261 davon gehören der Hallstattzeit und 90 der römischen Kaiserzeit an.

Abb. 8: Grabhügel im Schandorfer Wald (Hügel IV/7, 16 Meter hoch).

187 © Landesmuseum für Burgenland, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Die seit 1992 wieder selbstständige Gemeinde Zagersdorf erhielt nach Beschluss der Landesregierung vom 16.7.199621 am 29.September 1996 feierlich ihr neues Gemeindewappen verliehen. Das Wappenbild wurde von Dipl. Graphiker E. Morawitz gestaltet (Abb. 9).

Abb. 9: Gemeindewappen von Zagersdorf

„In goldenem Schild auf grünem Schildfuß, der mit drei goldenen Rebsamenkörnern neben­ einander belegt ist, zwei gekreuzte rote Weinreben, überhöht von einem roten Löwen.“ Der Löwe stammt aus dem Wappen der Herren von Csäk, die im Mittelalter den Ort besessen haben sollen, die roten Weinranken symbolisieren Zagersdorf als bedeutende Rotweingemein­ de. Die drei Rebkerne sind der bisher früheste Nachweis für Weinbau im Burgenland, stammen aus einem Grabhügel der älteren Eisenzeit und wurden 1985 bei Ausgrabungen des Landes­ museums entdeckt. Der Grabhügel befindet sich im Zagersdorfer Urbarialwald, dicht an der Gemeindegrenze zu , knapp westlich des Klingenbacher Pfarrgartens und ist der östlichste Hügel einer Gruppe von fünf hallstättischen Grabhügeln. Der Hügel ist seit 1934 bekannt und wurde im Winter 1944-45 bei Anlage eines Schützengrabens teilweise angegraben. 1948 erfolgte eine erste archäologische Teiluntersuchung, die vollständige Ausgrabung durch das Landesmuseum konnte aber erst nach dem Schlägern des Robinienwaldbestandes im Jahre 1985 durchgeführt werden. Der Hügel war noch etwa einen Meter hoch, bei einem Durchmesser von rund 16 Metern. Trotz der älteren Störungen konnte noch eine großteils intakte quadratische Grab­ kammer von 3 mal 3 Metern auf der Hügelbasis festgestellt und ausgegraben werden. In der Kammer befanden sich die Leichenbrände von mindestens vier Bestattungen, die Haupt­ bestattung dürfte einer Frau zuzurechnen sein. Als Beigaben und Trachtbestandteile fanden sich über 50 Keramikgefäße (Kegelhalsgefäße, Kegelrandgefäße, Tassen, Schalen, Schüsseln, Fußschalen, Töpfe und Situlen mit Deckel), Tonprismen und Spinnwirtel, ferner Ringe, Spiralröllchen, eine Harfenfibel und Blechteile von einem Gürtel aus Bronze sowie drei Eisenmesser. Diese Fundobjekte lassen eine Datierung des Grabhügels in die Stufe Hallstatt- C1 der älteren Eisenzeit, in die Zeit um 700 v. Chr., erwägen22. Nach der Dokumentation wurden die Keramikgefäße sorgfältig gehoben und im Labor des Landesmuseums weiter bearbeitet. Dabei gelang im Inneren eines schwarz-rot bemalten Kegelrandgefäßes, das nahe der ungestörten Südwand der Grabkammer gefunden worden war,

188 eine besondere Entdeckung.© Landesmuseum Knapp über für Burgenland, dem Austria,Gefäßboden download unter www.biologiezentrum.at konnten drei halbe Weintrauben­ kerne herausgeschlämmt werden (Abb. 10). Diese Rebkerne wurden von G. Facsar an der Universität für Gartenbau in Budapest eingehend untersucht und als kulturkonvergente Kerne von Vitis vivifera L. bestimmt. Der schmälste Kern stammt von einer Traube ähnlich dem grü­ nen Sylvaner, ein zweiter ist ähnlich dem Welschriesling. Der dritte, primitivste und breiteste Kern steht nahe zu Vitis sylvestris der Form Chardonnay. Damit war 1986 der damals älteste Nachweis für Weinbau in Österreich gelungen23.

Abb. 10: Die drei halben Weintraubenkerne aus Hügel 1 von Zagersdorf

Die besten Parallelen zu den Zagersdorfer Rebkernen stammen aus Gräbern und Siedlungs­ gruben, die nur wenige Kilometer entfernt bei Ausgrabungen der ungarischen Akademie der Wissenschaften durch E. Jerem am Soproner Krautacker in Ungarn gefunden worden waren24. Auch diese Rebkerne sind von verschiedenen Weißweinsorten. Bei anderen Forschungs- und Ausgrabungsprojekten in Österreich wurde daraufhin erhöhtes Augenmerk auf archäobotanische Funde gerichtet. So konnte neuerdings für Stillfried an der March im niederösterreichischen Weinviertel der Nachweis eines umfangreichen Kultur­ pflanzenspektrums erarbeitet werden. Unter den nachgewiesenen verkohlten Samen befinden sich auch zwei Kerne von Vitis vinifera ssp. vinifera aus einer Siedlungsgrube der späten Urnenfelderkultur des 10. und 9. Jahrhunderts v. Chr.25 Wie die ältesten Rebkerne von Sopron- Krautacker sind auch die Stillfrieder Stücke etwas älter als die Kerne von Zagersdorf. Zagersdorf kann sich aber weiterhin als älteste Weinbaugemeinde des Burgenlandes bezeich­ nen! Das hallstattzeitliche Hügelgräberfeld von Zagersdorf wurde nach Wiederaufschüttung des 1985 ausgegrabenen Hügels im Jahre 1995 zu einer frei zugänglichen Parkanlage gestaltet. Als besonderes Wahrzeichen kündet ein 150fach vergrößerter Rebkern aus rotem Granit, den der Bildhauer H. Bruckschwaiger geschaffen hat, von der Bedeutung dieses Ortes (Abb. 11, 12). Das Fundmaterial liegt nun in der Bearbeitung durch K. Rebay vor26 und soll demnächst in den Wissenschaftlichen Arbeiten aus dem Burgenland gedruckt erscheinen.

189 © Landesmuseum für Burgenland, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Abb. 11: Der wieclerhergestellte Hügel 1 Abb.12: Der Gedenkstein in Zagersdorf

Zillingtal

Zillingtal ist seit 1991 wieder eigenständige Gemeinde. Am 24.6.1992 wurde dem Ort mit Beschluss der Landesregierung das Gemeindewappen verliehen27 und schon drei Tage später, am 27. Juni 1992 feierlich übergeben. Auch die graphische Ausarbeitung dieses Wappens besorgte E. Morawitz.

Abb. 13: Gemeindewappen von Zillingtal

„In Rot ein goldener Greif, aus dessen Flug eine goldene Herzblume wächst.“ Das Herz mit dem Dreispross ist schon im Gemeindesiegel aus dem Jahre 1746 vorhanden28. Der Greif, ein Fabelwesen mit geflügeltem Löwenkörper und Adlerkopf, war in der Spätawarenzeit das beherrschende Motiv der gegossenen Gürtelbeschläge. Das bisher größte und einzige vollständig untersuchte awarische Gräberfeld des Burgenlandes liegt im Gemeindegebiet von Zillingtal.

190 1927 wurden westlich des Ortes,© Landesmuseum in der für Burgenland, Ried Austria,Herrschaftsbreiten, download unter www.biologiezentrum.at beim Bau einer Feldbahn von der Hirmer Zuckerfabrik zum Meierhof Fondsgut die ersten Gräber entdeckt. Über Veran­ lassung der beiden Konservatoren des Bundesdenkmalamtes, S. Wolf und F. Hautmann, konn­ ten daraufhin von A. Bierbaum, F. Mühlhofer und J. Fuchs die ersten 81 Gräber geborgen wer­ den. 1930 untersuchte J. Caspart weitere 130 Bestattungen. Sein Grabungsbericht erschien 1935 in den Mitteilungen der Wiener Anthropologischen Gesellschaft29. Die Funde kamen in das Burgenländische Landesmuseum, in das Staatsmuseum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin, in die Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien und an das Urgeschichtliche Institut der Universität Wien. Die Skelette gelangten an die Anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums. Da Caspart 1930 das Vorhandensein von zahlreichen weiteren Gräbern feststellte, seine Gra­ bungen aus Geldmangel aber nicht fortführen konnte, kam es zu einer längeren Unterbrechung der Forschungstätigkeit. Erst 1985 wurden die Ausgrabungen wieder aufgenommen. Im Rahmen eines großangelegten Forschungsprojektes unter der Leitung von F. Daim vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien konnten bis 1994 insgesamt 586 weitere Awa­ rengräber untersucht werden. Das Gräberfeld ist nun vollständig ausgegraben und enthielt 797 Bestattungen aus dem 7. und 8. Jahrhundert n. Chr30. Unter den spätawarischen Gräbern des 8. Jahrhunderts sind besonders ein Reihe von Männer­ gräbern mit gegossenen Gürtelgarnituren im Greifen-Ranken-Stil bemerkenswert. Der Grei­ fenbeschlag aus dem 1927 geborgenem Grab B 1031, der sich unter der Inventarnummer 1112 im Landesmuseum in Eisenstadt befindet, ist das Vorbild für das Zillingtaler Wappentier. Das Stück ist aus Bronze gegossen und versilbert, 3,6 cm lang, 2,2 cm hoch und 2,7 mm dick. Der Greif ist nach links - heraldisch rechts - gewendet und kauert auf seinen Beinen. Der Schnabel berührt die Vorderpfote, der Schweif ist geschwungen, die Flügel sind stilisiert. Am Rahmen sind in den vier Ecken Löcher zur Befestigung am Ledergürtel (Abb. 14).

Abb. 14: Awcirischer Gürtelbeschlag aus Zillingtal, Grab BIO

Spätawarische Gürtelgarnituren bestehen aus Schnalle, Zierbeschlägen mit Greifendarstellun­ gen mit und ohne Rankenanhängern an Scharnieren, Haupt- und Nebenriemenzungen mit Tierkampfdarstellungen und Rankenmustern, Drehbeschlägen und Lochschützern, sowie oft noch weiteren Metallteilen32 (Abb. 15). Das Greifenmotiv wurde von den Awaren aus dem Formenschatz des byzantinischen Kunsthandwerks übernommen. Ursprünglich schon in altorientalischen Kulturen des 4. Jahr­ tausends v. Chr. bekannt, erscheint der Greif im östlichen Mittelmeerraum auch in der minoi-

191 sehen und griechischen Kunst,© Landesmuseum in Grabreliefs für Burgenland, oft Austria, neben download dem unter www.biologiezentrum.atKantharos oder Krater. In helle­ nistischer Zeit galt der Greif als dämonisches und gefährliches Raubtier, oft als Trabant von Göttern, aber auch als Wächter von Goldschätzen oder als Symbol der Stärke. Herodot berich­ tet auch von menschenfressenden Greifen. Im römischen und byzantinischen Reich wurden diese alten Traditionen fortgeführt33.

Abb. 15: Awarische Gilrtelgarnitur im Greifen-Ranken-Stil (verkürzte und schematisierte Darstellung)

Die Pflugschar im Wappen

Einige burgenländische Gemeinden, so zum Beispiel Pama, , Klingenbach, Loipersbach, Oberpullendorf, Deutsch Schützen - Eisenberg, und Strem führen im Wappen eine Pflugschar als Symbol für die Landwirtschaft. Dieses Symbol ist durchwegs älteren Gemeindesiegeln entnommen. Während aber die Siegelbilder des 18. und 19. Jahrhun­ derts die Pflugschar fast immer darstellungstreu und funktionsecht zeigen, sind die modernen Abbilder oft stark stilisiert und vom Vorbild abweichend. Manche Pflugscharen in den heuti­ gen Wappen sehen aus wie Messerklingen, Fleischhauerbeile, Seche oder Wetterfahnen. Im Burgenländischen Landesmuseum sind zwei eiserne Pflugscharen aus Zemendorf ausge­ stellt. Sie wurden 1933 zusammen mit einem Krug voll Silbermünzen gefunden. Da die jüng­ ste Münze aus der Zeit um 1230 stammt, dürften auch die Pflugscharen um oder knapp nach 1200 hergestellt worden sein34. Der Pflug mit asymmetrischer Schar, mit der die aufgeworfe­ nen Erdschollen gewendet werden, ist in Ostösterreich und Westungarn also seit dem Hoch­ mittelalter bekannt. Bis in die Neuzeit ist seine Form unverändert geblieben (Abb. 16).

Abb. 16: Eiserne, asymmetrische Pflugschar aus Zemendorf.

192 © Landesmuseum für ZusammenfassungBurgenland, Austria, download unter www.biologiezentrum.at

Seit 1992 haben vier burgenländische Gemeinden archäologische Funde oder Bodendenkmale in ihr Gemeindewappen aufgenommen und damit ihre Verbundenheit mit der ältesten Ge­ schichte des Ortes und des Landes bekundet. Die angeführten historischen Stätten und Objekte werden zum Teil als touristische Attraktionen, zum Teil in der Weinwerbung genutzt. Festzuhalten ist ferner, dass nicht nur diese, sondern auch die übrigen burgenländischen Gemeindewappen dekorative und historisch gewachsene Erkennungszeichen sind. Zusätzliche Symbole - wie viele der derzeit modernen Logos - sind oft nur schwer verständlich, nicht immer ortsbezogen, und erscheinen daher eher überflüssig.

Anmerkungen:

' LABl. 334/1994. 2 Vitruvii cle architectura libri decem, IV/I, 9. 3 W. Hilgers, Lateinische Gefäßnamen , D üsseldorf 1969, S. 52, 136 u.156 ff. 4 Österreichische Kunsttopographie XL, Wien 1974, S. 56; CSIR 1/5, 1974, S. 40 f.; Dehio Burgenland, Wien 1980, S. 127. 5 Schreiben v. 8.1.1929 im Landesmuseum, arch. Ortsakt Hannnersdorf. 6 A Vasmegyei regeszeti-egylet evi jelentese XIII, Szombathely 1885, S. 31; Th. Buöcz, Das Lapidarium des Scivciria M useums, Szombathely 1994, Nr. 102. 7 F. Storno, Skizzenbuch Nr. 53/1870, S. 101-113 (Soproni müzeum, Inv.-Nr. S.84.137.1). 8 Bei der letzten Kirchenrenovierung 1993 erfolgte eine archäologische Begleituntersuchung, bei der im Innern des gotischen Kirchenschiffes die Fundamente des romanischen Vorgängerbaues dokumentiert werden konn­ ten. Diese mittelalterliche Kirche stammt aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts und gleicht im Ausmaß der ersten Kirche von (vgl. dazu auch H.-J. Ubl, Die baugeschichtliche Untersuchung der ehemaligen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, in: Die Obere Wart, Oberwart 1977, S. 365 ff.). 9 Basalttuffit mit Lapillis, in der älteren Literatur irrtümlich als „Konglomerat“ oder „Sandstein“ bezeichnet. 10 L. Banda, Sabaria közlekedesföldrajzi viszonyai - Die Verkehrsverhältnisse von Sabaria, in: Annales musei comitcitis Castriferrei sectio hist.-natur., Szombathely 1928, S. 89 ff. 11 J. Haberl, Lebensbaum und Vase auf antiken Denkmälern Österreichs, in: ÖJH 43, Wien 1956, Beibl., S. 187 ff.; J. Ploder, Der Wein in der bildenden Kunst. Weinkultur, Katalog der Steiermärkischen Landes­ ausstellung Gamlitz, Graz 1990, S. 361 ff. 12 Th. Buöcz (siehe Anm. 6), Nr. 116. 13 P. Kranz, Die Grabmonumente von Sempeter, in: Bonner Jahrbücher 186 (1986), S. 212; E. Pochmarski, Über­ legungen zum Enniermonument in Sempeter, in: Situla 35, Ljubljana 1997, S. 199. 14 G. Brusin, Führer durch Aquileia, Padova 1971, S. 84 ff. 15 G. Piccottini, Die Römer in Kärnten, Klagenfurt 1984, S. 244 f., u. CSIR-Österreich II/2, 1972, Nr. 155. >6 LABl. 444/1998. 17 Fl. Römer, Les tumuli (Halmok). Compte-renclu de la huitieme session ä Budapest 1876, Vol.2/1, Budapest 1878, S. 158. 18 A. Barb, Hügelgräbernekropolen und frühgeschichtliche Siedlung im Raume der Gemeinden Schandorf und (Burgenland), in: MAG 67, Wien 1937, S. 74 ff. 19 M. Kaus, Hügelgräber in Schandorf. Wanderführer, Großpetersdorf 1998. 20 M. Fekete, Rettungsgrabung früheisenzeitlicher Hügelgräber in Vciskeresztes, in: Acta Archaeologica Hunga- rica 7, Budapest 1985, 33 ff. 2' LABl, 496/1996. 22 FÖ 24/25, 1985/86, S. 247. 23 K. Kaus, Weinbau im Burgenland vor 2700 Jahren, in: Pcinnonische Weinblätter VII, Eisenstadt 1987. 24 G. Facsar - E. Je rem, Zum urgeschichtlichen Weinbau in Mitteleuropa. Rebkernfunde von Vitis vinifera L. aus der urnenfelder-, hallstatt- und latenezeitlichen Siedlung Sopron-Krautacker, in: Urgeschichte - Römerzeit — Mittelalter Materialien zur Archäologie und Landeskunde des Burgenlandes II, Festschrift Alois J. Ohren­ berger (= Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 71), Eisenstadt 1985, S. 121 ff.

193 25 M. Kohler-Schneider, Zur© Landesmuseum Rekonstruktion für Burgenland, des Austria, spätbronzezeitlichen download unter www.biologiezentrum.at Ackerbaus in Stillfried, NÖ, in: Archäologie Österreichs 10/2, Wien 1999, S. 64 ff. 26 K. Rebay, Die hallstattzeitliche Grabhügelgruppe von Zagersclorf im Burgenland. Diplomarbeit an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, Wien 2000. 27 LABl. 358/1992. 28 Z. Horväth, A jobbägyviläg alkonya Sopron megyeben, Budapest 1976, S. 222 u. Abb. 39. 29 J. Caspart, Das frühgeschichtliche Gräberfeld bei Zillingtal im Burgenlande, in: MAG 65, Wien 1935, S. 1 ff. 30 F. Daim, Das awarische Gräberfeld von Zillingtal, Burgenlancl, in: Hunnen + Awaren - Reitervölker aus dem Osten, Begleitbuch und Katalog der Burgenländischen Landesausstellung Schloß Halbturn 1996, Eisenstadt 1996, S. 417 ff.; FÖ 33, Wien 1994, S. 615. 3> Vgl. J. Caspart (siehe Anm. 29), S. 3 u. Taf. VI, 82. 32 D. Csalläny, Der awarische Gürtel, in: Actci Archaeologica Hungarica 14, Budapest 1962, S. 445 ff. 33 F. Daim, Der awarische Greif uncl die byzantinische Antike, in: Veröffentlichungen cler Kommission fü r Früh­ m ittelalterforschung cler Österreichischen Akadem ie cler Wissenschaften, Bd. 13, Wien 1990, S. 273 ff. 34 F. Dworschak, Der Münzfund von Zemendorf in: B H Bl.3, Eisenstadt 1934, S. 25 ff.

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