Arbeitshilfe Zum Israelsonntag 2012 10
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Barbara Eberhardt, Volker Haarmann, Ursula Rudnick Arbeitshilfe zum Israelsonntag 2012 10. Sonntag nach Trinitatis - 12. August Satzdatei Israelsonntag 2012.indd 1 11.05.2012 07:44:53 Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................................3 Auslegung des biblischen Textes (Jes 62,6-12) Zions Rettung und Verpflichtung Christl M. Maier ............................................................................................................................4 Ein Blick in die Welt der jüdischen Kommentare (Jes 62,6-12) Jerusalem als Symbol der Erlösung Steven Langnas ..........................................................................................................................11 Der Traum von Jerusalem Jonathan Magonet...................................................................................................................15 Bibel und Politik Impressum: Martin Stöhr ...............................................................................................................................19 Herausgegeben von Barbara Eberhardt, Überlegungen zum intertextuellen Raum und zur Predigt (Jes 62,6-12) Volker Haarmann Gott keine Ruhe lassen! und Volker Haarmann ......................................................................................................................29 Ursula Rudnick Zur liturgischen Gestaltung im Auftrag von Begegnung von Johannes Wachowski ..............................................................................................................36 Christen und Lesepredigt (Jes 62,6-12) Juden in Bayern Bei mir bist du scheijn, Jerusalem (BCJ.Bayern), Barbara Eberhardt .................................................................................................................... 41 der Evangelischen Kirche im Ideen für einen Abend mit der Gemeinde Rheinland und Jerusalem - Biblische Perspektiven der Arbeitsstel- Ursula Rudnick ...........................................................................................................................46 le Kirche und Judentum im HkD Der Israelsonntag der Evangelisch- Barbara Eberhardt ....................................................................................................................53 Lutherischen Landeskirche Die Autoren/Autorinnen .......................................................................................................54 Hannovers, München, Düsseldorf, Hannover: 2012 Titelbild: Menachem Kahana, AFP/Getty Images Satz und Layout: Kerstin Dominika Urban Druck: Druckerei Conrad, Nürnberg Satzdatei Israelsonntag 2012.indd 2 11.05.2012 07:44:54 Liebe Leserinnen und Leser, das Foto auf dem Titel zeigt eine Kunstaktion des israelischen Künstlers Yuda Braun, die 2009 begann. Der Künstler trägt die Uniform – und das Gewehr – eines israelischen Soldaten und patrouilliert in den Straßen von West- und Ostjerusalem. Jedoch: Die weiße Farbe im Gesicht, an den Händen, der Uniform und auch am Gewehr macht deutlich: Dies ist kein gewöhnlicher israelischer Soldat. Es ist gar kein Soldat, sondern ein Künstler. Der knapp 30-jährige Künstler Yuda Braun lebt in Jerusalem. Er stammt aus Ginot Schomron, einer Siedlung in der Westbank. Seine Erziehung vermittelte ihm religiös-zionistische Werte, die durch seinen Militär- dienst in Gaza, den zweiten Libanonkrieg und seine persönliche Entwick- lung als Künstler infrage gestellt wurden. Yuda Braun beschreibt die Reaktionen der Menschen: Die Gegenwart des Weißen Soldaten bringt die emotionale und nationale Komplexität des anstrengenden Alltagslebens von Menschen auf beiden Seiten der Grenze zum Vorschein. Durch die Performance in den Straßen werden die Zuschauer mit der Absurdität der gewalttätigen Wirklichkeit auf eine Weise konfrontiert, die sie nicht ignorieren können. Die Reaktionen sind vielfältig und ganz unterschiedlich. In ihnen drückt sich immer wieder die Ratlosigkeit der Menschen im Angesicht des israelisch-palästinensischen Konfliktes aus. Mit seiner Performance als „White Soldier“ stößt Yuda Braun Denkprozesse an und regt an, nach neuen Perspektiven zu suchen. Mehr über den Künst- ler und seine Aktion finden Sie unter: http://www.whitesoldier.com/. Dies ist auch unser Wunsch, den wir mit unserer Arbeitshilfe zum Isra- elsonntag am 12. August 2012 verbinden: dass mit den Worten Jesajas neue Türen geöffnet werden und sich neue Denk- und Glaubenswelten erschließen. Viel Freude mit der Arbeitshilfe, die wieder in nunmehr schon gewohnt guter Kooperation zwischen Bayern, Hannover und dem Rheinland ent- standen ist, wünschen Ihnen Barbara Eberhardt Volker Haarmann Ursula Rudnick 3 Satzdatei Israelsonntag 2012.indd 3 11.05.2012 07:44:54 Christl M. Maier Auslegung des biblischen Textes (Jes 62,6–12) Zions Rettung und Verpflichtung Die Heilsweissagung für Jerusalem Jes 62,6–12 unterstreicht die Intenti- on, am Israelsonntag nicht länger die Zerstörung Jerusalems ins Zentrum zu stellen, sondern die bleibende Bedeutung der Stadt für Gott, Israel und die Völker. Der Text in seinem Kontext Der Abschnitt entstammt dem dritten Teil des Jesajabuches, der in der Wissenschaft mit „Tritojesaja“ bezeichnet wird (Jes 56–66). Die Kapitel gehen nicht auf eine mündliche prophetische Verkündigung zurück, son- dern sind schriftlich verfasste Aktualisierungen der Heilsweissagungen des namenlosen exilischen Propheten, der „Deuterojesaja“ genannt wird. Die in Jes 56–66 gesammelte „schriftgelehrte Prophetie“ nimmt ihren Ausgangspunkt bei den noch nicht eingetroffenen Aspekten der Heilsan- kündigung, indem sie Verse aus Jes 40–55 zitiert oder anklingen lässt. Sie versucht einerseits, die Verzögerung des Heils mit der Schuld und der mangelnden Hoffnung des Gottesvolkes zu begründen, und ander- seits, die Heilserwartung wachzuhalten. Charakteristisch für Tritojesaja, vermutlich eine Autorengruppe, ist eine Unterscheidung innerhalb Isra- els: Den politisch relevanten Gruppen wird aufgrund ihrer Vergehen der Untergang verheißen (Jes 57,3–13.19 f.; 59,1–8; 65,11 f.), während die „Knechte JHWHs“, die momentan leiden und nicht beachtet werden, auf eine Rehabilitierung hoffen können (Jes 57,1 f.; 65,8–10.13–25). Men- schen aus den Völkern, die sich JHWH anschließen und seine Weisung beachten, wird die Zugehörigkeit zur Jerusalemer Tempelgemeinde ver- heißen (56,1–8). Das Herzstück der Sammlung bilden Jes 60–62, in denen sich ein Sprecher als geistbegabte, prophetisch redende Person (61,1) vorstellt und die Heils- botschaft für Jerusalem in Gestalt des Wiederaufbaus und der Heimkehr der Exilierten ausmalt. Die drei Kapitel sind geprägt von der Metaphorik von Licht und Finsternis sowie dem Gegensatz zwischen der jetzigen bekla- genswerten Situation, in der Mangel und Gewalt herrschen, und einer für die nahe Zukunft erwarteten Wende zum Heil, das die Rückkehr zum Zion und den Wiederaufbau Jerusalems durch fremde Völker einschließt. 4 Satzdatei Israelsonntag 2012.indd 4 11.05.2012 07:44:54 Jes 62,6–12 6 Auf deine Mauern, Jerusalem, habe ich Wachen gestellt, sie sollen nicht schweigen den ganzen Tag und die ganze Nacht. Die ihr an Adonaj erinnert, gönnt euch keine Ruhe! 7 Gönnt ihm keine Ruhe, bis er sie gründet, bis er Jerusalem zum Lobpreis auf der Erde macht. 8 Adonaj hat geschworen mit der Rechten und mit machtvollem Arm: Ich will dein Getreide nicht mehr denen zu essen geben, die dir feind sind, und die Kinder der Fremde sollen deinen Most nicht trinken, mit dem du so viel Arbeit hast. 9 Sondern die die Ernte einbringen, sollen sie essen und Adonaj loben, die Wein lesen, sollen ihn trinken in den Vorhöfen meines Heiligtums. 10 Durchschreitet, durchschreitet die Tore, macht den Weg frei für das Volk! Schüttet auf, schüttet die Straße auf, räumt die Steine weg, richtet ein Zeichen über den Völkern auf! 11 Siehe, Adonaj lässt sich hören bis an das Ende der Erde: sagt zur Tochter Zion: Siehe, deine Rettung kommt! Siehe, sein Lohn ist bei ihm und was ihm zusteht, geht vor ihm her 12 Und man wird sie „heiliges Volk“, „Befreite Adonajs“ nennen. Du aber wirst „Vielbesuchte“ genannt werden, „Stadt, die nicht verlassen wird“. Zions Rettung als Auslegung der Heilsbotschaft Deuterojesajas Die Abgrenzung der Perikope (V. 6–12) ist insofern schwer zu begründen, als die Verse 6–7 noch zu V. 1–5 gehören, denn der Abschnitt wird durch ein Sprecher-Ich, das sich direkt an Jerusalem wendet (V. 1.6), gerahmt. Die Identität der in V.1 und V. 6 sprechenden Person ist umstritten. Es könnte der geistbegabte Ausleger von Jes 61,1 sein, der über Jerusalems Rettung nicht schweigen kann (62,1) und nun auf deren Mauern Wäch- ter bestellt (62,6). Möglich ist aber auch, V. 1a „um Zions willen will ich nicht schweigen und um Jerusalems Willen nicht ruhig sein“ und V. 6a „auf deine Mauern, Jerusalem, habe ich Wachen gestellt“ als Zitate gött- licher Zusagen anzusehen, da das Schweigen Gottes auch in Jes 42,14; 57,11; 64,11; 65,5 begegnet und Gott nach Jes 49,16 bekräftigt, die Mau- ern Jerusalems stünden ihm beständig vor Augen. In diesem Fall legt der schriftgelehrte Prophet die Gottesworte aus und bekräftigt Gottes blei- bendes Interesse am Heil Zions. 5 Satzdatei Israelsonntag 2012.indd 5 11.05.2012 07:44:54 Die Wächter auf den Stadtmauern sollen nicht die Rückkehr Gottes zum Zion melden, wie noch in Jes 52,7–9, sondern Tag und Nacht an JHWH erinnern, mithin dessen Heilszusage so lange verkünden, bis die Neu- gründung und erkennbare Besiedlung der Stadt vollzogen ist. Jerusalem erscheint noch verlassen, ja verwüstet,