«Jauchzet Gott in allen Landen» Kantate von Johann Sebastian Bach für Sopran

Wenn ich zurück denke, gab es keine Zeit in meinem Leben, in der ich nicht gesungen habe. Schon als kleines Kind habe ich leidenschaftlich gerne gesungen und diese Leiden- schaft erfüllt mich bis heute. Dass sie auch zur Berufung wurde und dann zum Beruf, erfüllt mich mit grosser Dankbarkeit! Nach vielen Jahren auf internationalen Bühnen durf- te ich zu Weihnachten auch in unserer Kirche singen, was mich sehr gefreut hat. Seit drei Jahren wohnen wir nun hier in Küsnacht und fühlen uns sehr wohl.

Wenn ich diese Zeilen schreibe, hoffe ich, dass es Ihnen allen gut geht und dass Sie trotz dieser speziellen und herausfordernden Coronasituation eine erfüllte Zeit erleben können.

Ich bin gesund und verbringe, wie alle, die meiste Zeit zu Hause. Auftritte gibt es keine, die Hochschule, in der ich unterrichte, ist geschlossen. Meine Gesangsstudierende kann ich jedoch via Internet (Skype) unterrichten.

Es ist interessant und erfreulich festzustellen, dass wir, obwohl wir getrennt bleiben sollen, trotzdem mehr Nähe zu einander empfinden. Als könne Nichts der seelischen Nähe im Weg sein. Wir mögen zwar leiblich eingeschränkt sein, aber unser Seele und Geist lassen sich nicht einschränken und so konnen wir täglich neu aufbrechen, um Neues erleben und entdecken.

Zum Beispiel konnen wir Neues entdecken in Erinnerungen und Erlebtem: Es beschäftigt mich sehr, wie mir «vor Corona» vieles so selbstverständlich war; plotzlich ist alles an- ders, nichts mehr ist selbstverständlich.

Ich beziehe mich wieder aufs Singen: Wie selbstverständlich war es mit einem vollen Terminkalender, wo ein Konzert schoner als das andere sich abloste, an vielen spannenden Orten, mit vielen spannenden Kollegen, wunderbarem Publikum etc.

Jetzt hinter dem Coronaschleier erscheint all das Erlebte und alle Begegnungen wie kost- bare Schätze, die man innigst gerne noch einmal erleben mochte, um es wirklich erlebt zu haben!

Wie es nach Corona sein wird, konnen wir nicht wissen, aber eins weiss ich: ich mochte nicht mit halber Aufmerksamkeit leben, sondern so, dass ich im Nachhinein sagen kann, ich war mitten drin, mitten im Jetzt, mit meinem ganzen Wesen!

Ich stelle mir vor, wie es überall bei Euch und bei den vielen Menschen hier in der Schweiz und sonst in der Welt brodelt, ähnlich wie bei mir. Wir werden nach Corona nicht mehr sein wie vorher!

Kultur Täglich 7.4.2020 1 Ich versuche mir vorzustellen, wie das erste Konzert sein wird: Ich sehe vor mir die Kühe, wie sie nach dem Winter das erste Mal auf die Wiese rausdürfen... Ungefähr so wird es sein! Lauter Freudensprünge – wir Alle!

Was mir Mut macht: In dieser Zeit, wo wir so schmerzhaft erleben, wie fragil und vergänglich unser Leben ist und wie schnell sich plotzlich alles verändern kann, bin ich unendlich dankbar, einen Gott zu kennen, der ewig und unveränderlich ist!

Einen Gott, der in mir stark ist, wenn ich schwach bin und mich so annimmt, wie ich bin. Diesem Gott gehört mein Lied und meine Dankbarkeit und ich sage wie König David:

«Der Herr ist meine Starke und mein Schild; auf ihn vertraut mein Herz und mir ist geholfen. Nun ist mein Herz frohlich, und ich will ihm danken mit meinem Lied.» Psalm 28:7

Oder wie bei Johann Sebastian Bach:

«Jauchzet Gott in allen Landen! Was der Himmel und die Welt an Geschopfen in sich halt, mussen dessen Ruhm erhohen. Und wir wollen unserm Gott gleichfalls jetzt ein Opfer bringen, dass er uns in Kreis und Not allezeit hat beigestanden.»

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Kraft, Gelassenheit und Freude beim Hören! → Jauchzet Gott in allen Landen!, BWV 51: Aria: Jauchzet Gott in allen Landen! (Soprano)

Malin Hartelius Die schwedische Sopranistin Malin Hartelius studierte in Wien bei und begann ihre Karriere als Mitglied der Wiener Staatsoper von 1989 bis 1991. Von 1991/92 bis 2012 gehörte sie dem Ensemble des Opernhauses Zürich an. Im Juli 2011, nach der ersten Nacht von IL RE PASTORE in Zürich, wurde sie als eine der besten Mozart-Sängerinnen unserer Zeit gefeiert. Malin Hartelius ist auch als Konzertsängerin gefragt. Sie arbeitete mit füh- renden Dirigenten wie , Sir , , und Franz Welser-Möst sowie mit berühmten Orchestern wie den Wiener Philharmonikern, dem Königlichen Concertgebouw Orchester, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Tonhalle-Orchester Zürich. 2010 wurde sie vom schwedischen König in Stockholm mit der Verleihung des Ordens «Lit- teris et Artibus» geehrt. Hartelius lebt mit ihrer Familie in Küsnacht.

Kultur Täglich 7.4.2020 2