Berliner Festspiele # musikfestberlin MUSIK

In Zusammen­ arbeit mit der Stiftung FEST Berliner BERLINPhilharmoniker

31.8. 2019

Eröffnungskonzert Gastspiel: London Orchestre Révolutionnaire et Romantique & Monteverdi Choir Sir Berliner Festspiele

Les Siècles

So 20:00 1 5 .9. Philharmonie

Jean-Philippe Rameau „Ein wirklicher Champion Orchestersuite aus Les Indes Galantes für Berlioz!“ Helmut Lachenmann Mouvement (– vor der Erstarrung) Sir John Eliot Gardiner für Ensemble über François-Xavier Roth

Hector Berlioz Harold en Italie op. 16 Symphonie in vier Teilen mit konzertanter Viola

Tabea Zimmermann Viola Orchestre Les Siècles François-Xavier Roth Leitung 30.8.– 19.9. MUSIK

2019 In Zusammen­­- arbeit mit der Stiftung FEST Berliner BERLINPhilharmoniker Das Libretto zu Benvenuto Cellini ist erhältlich an den Abendprogramm-Countern in der Philharmonie und unter berlinerfestspiele.de/libretto-benvenuto-cellini

Bildnachweise

S. 7 Pierre Petit, Hector Berlioz © Bibliothèque National de France, Foto: Wikimedia Commons S.5 1 José Benillure y Gil, Karneval in Rom, 1881, Carmen Thyssen Museum, Foto: Wikimedia Commons S.1 2 Benvenuto Cellini, Selbstportrait, c.a 1540/43, Royal Library Turin, Foto: Wikimedia Commons S.4 2 Benvenuto Cellini, Perseus, 1554, Loggia die Lanzi, Florenz, Foto: Wikimedia Commons S.8 2 Forum Romanum, 1892, Foto: pastpictures.org S.2 3 Félix Nadar, Hector Berlioz, 1 8 5 7, Bibliothèque National de France, Foto: Wikimedia Commons S.4 3 Sir John Eliot Gardiner © Sim Canetty-Clarke S.6 3 Michael Spyres © Marco Borelli Sophia Burgos © Kate Lemmon S.7 3 Matthew Rose © Lena Kern Adèle Charvet © Alice Pacaud S.8 3 Tareq Nazmi © Marco Borggreve Christian Adams © Piotr Kucia S.9 3 Lionel Lhote © opermusic.com Ashley Riches © Ashley Riches S.0 4 Duncan Meadows © N.N. Noa Naamat © Johan Persson S.1 4 Sarah Denise Cordery © sarahdenisestudio.com Rick Fisher © N.N. S.3 4 Monteverdi Choir © Barbara Frommen S.5 4 Orchestre Révolutionnare et Romantique © Sim Canetty-Clarke MUSIKFEST BERLIN 2019

Samstag 31. August 19:00 Uhr

Konzertprogramm S. 5

Rollen / Orchester S. 6 Ein Renaissancemensch im Zeitalter von Revolution und Romantik Sir John Eliot Gardiner im Gespräch S. 8 Olaf Wilhelmer Episode aus dem Leben eines Künstlers S. 16

Hector Berlioz – Benvenuto Cellini – Sonett S. 20

Handlung – Benvenuto Cellini S. 22

Perseus – Held der griechischen Mythologie S. 25 Benvenuto Cellini Der Guss der Perseus-Statue S.26

„Quartett der Kritiker“ S. 31

Komponist S. 32

Interpret*innen S. 35

Musikfest Berlin 2019 im Radio und online S. 53

Musikfest Berlin 2019 Programmübersicht S. 54

Impressum S. 56

3 Bitte schalten Sie Ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus. Bitte beachten Sie, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Die Aufführung der Oper Benvenuto Cellini von Hector Berlioz bei den BBC Proms mit dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique und dem Monteverdi Choir unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner wird von Deutschlandfunk Kultur am 2. September 2019 in der Sendereihe „Oper“ ab 19:05 übertragen. Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf www.deutschlandfunkkultur.de zu empfangen.

4 PROGRAMM

Eröffnungskonzert Gastspiel : London I Hector Berlioz-Jahr 2019

Hector Berlioz (1803 – 1869) Benvenuto Cellini Opéra semi-sérieux in zwei Akten op. 23 (1834 – 1838) Libretto von Armand-François Léon de Wailly und Henri-August Barbier nach der Autobiografie Benvenuto Cellinis in der Übersetzung von Denis Dominique Farjasse

Halbszenische Aufführung Fassung von Sir John Eliot Gardiner

Michael Spyres Tenor (Benvenuto Cellini) Sophia Burgos Sopran (Teresa) Matthew Rose Bass (Giacomo Balducci) Samstag, 31.8. Adèle Charvet Mezzosopran (Ascanio) Tareq Nazmi Bass (Papst Clemens VII) 19:00 Krystian Adam Tenor (Francesco) Lionel Lhote Bariton (Fieramosca) bis 22:30 Ashley Riches Bassbariton (Bernardino) Alex Ashworth Bass (Pompeo) Pause nach dem 2. Akt Peter Davoren Tenor (Le Cabaretier) Duncan Meadows Schauspieler (Perseus) Philharmonie

Noa Naamat Bewegungsregie Sarah Denise Cordery Kostümdesign „Quartett der Kritiker“ Rick Fisher Lichtdesign

17:0 0 Monteverdi Choir Orchestre Révolutionnaire et Romantique Ausstellungsfoyer Sir John Eliot Gardiner Leitung des Kammermusiksaals

Siehe Seite 31 Einziges Gastspiel in Deutschland im Rahmen der Europa-Tournee 2019 (La Côte-Saint-André, Berlin, London, Paris).

Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin, gefördert durch Mittel des Hauptstadtkulturfonds

5 ROLLEN / ORCHESTER

BENVENUTO CELLINI Goldschmied (Tenor) TERESA Tochter von Balducci (Sopran) GIACOMO BALDUCCI Päpstlicher Schatzmeister (Bass) ASCANIO Cellinis Lehrling (Mezzosopran) PAPST CLEMENS VII (Bass) FRANCESCO Handwerker im Atelier Cellinis (Tenor) FIERAMOSCA Bildhauer im Dienst des Papstes (Bariton) BERNARDINO Handwerker im Atelier Cellinis (Bass) POMPEO Mörder (Bariton) CABARETIER Schankwirt (Tenor) EIN KELLNER DER SCHENKE 3 SCHAUSPIELER FÜR DIE PANTOMIME 2 MÖRDER

FRAUEN UND KINDER, HANDWERKER, BÜRGER, BÜSSER, MÖNCHE UND EDELLEUTE Gemischter Chor – Sopran, Alt, Tenor, Bariton, Bass

Die Handlung spielt in Rom im Jahr 1532.

2 Flöten (2. auch Piccolo) 2 Oboen (auch Englisch Horn) 2 Klarinetten (1. auch Bassklarinette) 4 Fagotte

4 Hörner 4 Trompeten Piston (Kleines Ventilhorn) 3 Posaunen Ophikleide

3 Pauken Triangel, Schellentrommel, Paradetrommel, Becken, Große Trommel, kleiner Amboss, Tamtam Schlagzeug 4 Harfen Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe

Bühnenmusik: 2 Gitarren, 2 Trompeten, Schlagzeug

Entstehungszeit: 1834 – 1837 Uraufführung: Am 10. September 1838 an der Pariser Grand Opéra.

6 ORCHESTERBESETZUNG

7 INTERVIEW

Ein Renaissance-Mensch im Zeitalter von Revolution und Romantik

Sir John Eliot Gardiner im Gespräch mit Olaf Wilhelmer über Hector Berlioz und seine Oper Benvenuto Cellini

London, 29. November 2018

Olaf Wilhelmer: Sie haben Benvenuto Cellini ein kompliziertes Stück, mit dessen drei verschie- 2002 an der Züricher Oper dirigiert. Was hat Sie denen Versionen er nie zufrieden war. Ich glaube, dazu bewogen, sich diese selten gespielte Oper dass es möglich ist, diese drei Fassungen in einer von Hector Berlioz nun wieder vorzunehmen? Synthese zusammenzuführen.

Sir John Eliot Gardiner: Ich finde es sehr wichtig, Zunächst gibt es die Version, die 1838 vor der die dramatischen Werke von Berlioz immer wieder Uraufführung beendet wurde. Die zweite neu aufzuführen. Das gilt auch für Les Troyens , Fassung ist in gekürzter und bearbeiteter Form die ich 2003 im Théâtre du Châtelet in Paris aus der Probenarbeit zu dieser Uraufführung aufgeführt habe. Ich kenne keine Opern außer hervorgegangen. Schließlich ist eine Fassung diesen beiden, die die theatralische Darstellung bekannt, die anlässlich einer von Franz Liszt und die Fantasie so spannend miteinander 1852 in Weimar geleiteten Aufführung entstand. verbinden. Benvenuto Cellini ist ungeheuerlich, Wieso stellen Sie sich eine eigene Fassung es ist fast ein Selbstporträt, basierend auf der zusammen, anstatt das Werk in einem dieser tatsächlich geschriebenen Autobiografie des überlieferten Zustände aufzuführen? gleichnamigen Künstlers. Der historische Cellini war ein Brigant, er war ungezogen, voller Energie Das wäre möglich, natürlich. Aber ich glaube, dass und Ehrgeiz – und vollkommen unkontrollierbar. es hier besser ist, sich die Rosinen herauszupicken. Berlioz war in seinem Charakter durchaus ähnlich, Das Problem hängt vor allem mit den beiden in seiner Fantasie und seinem Kampf für roman­ großen, virtuosen Arien von Teresa zusammen. tische und revolutionäre Musik. Es ist unglaublich, Die eine enthält viele Koloraturen, die andere ist dass einem jungen Komponisten gleich in seiner lyrischer. Aber beide erscheinen nicht dort, wo ersten Oper ein Meisterwerk gelingt. Aber es ist man sie erwarten würde. Man muss hier etwas

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heraustrennen und an anderer Stelle wieder Textvarianten sind in der Partitur so wieder­ einfügen. Ansonsten sind die Unterschiede nicht gegeben, dass sich jeder Dirigent seine eigene so groß, es ist eher eine Frage der Szenenlänge. Fassung erstellen kann – was allerdings dazu Berlioz ist in seiner Orchestrierung sehr präzise, führt, dass man viel hin- und her blättern muss. wie auch in Les Troyens, so dass man mit einer einzelnen Version sehr zufrieden sein könnte. Ich In der Tat: Man muss viel blättern und kleben, habe aber ein wenig mehr Ehrgeiz. das ist nicht einfach.

Können Sie erklären, warum Franz Liszt das Gibt es über diese publizierten Quellen hinaus Werk für seine Weimarer Aufführung verändert Dokumente, aus denen man etwas über Berlioz‘ hat? Immerhin war er doch mit Berlioz sehr Ansichten zur Aufführung des Benvenuto Cellini befreundet und dürfte seine Absichten gut erfahren kann? verstanden haben. Ich werde jetzt die erste Version, die vor der Ja, aber er war auch ein Freund von Richard Premiere entstand, noch einmal studieren, aber Wagner, und darin liegt vielleicht die Antwort. Hugh Macdonald ist ein sehr guter Musikforscher, Liszt war weder Franzose noch Theaterkomponist. auf dessen Arbeit Verlass ist. Aber er war ein fantastischer Diplomat. Es gibt ein wunderschönes Buch von Hugh Macdonald Was hat Berlioz an dem Thema eigentlich Music in 1853 – The Biography of a Year. Hier geht fasziniert? Sie haben schon die biografisch- es um die Begegnungen zwischen Komponisten charakterlichen Parallelen zwischen dem wie Berlioz, Liszt und Wagner angesichts der Komponisten und der historischen Figur des neuen Eisenbahnverbindungen. Plötzlich konnten Benvenuto Cellini erwähnt. Die auffallendste sie sich schnell an einen Tisch setzen. Man muss davon ist sicherlich, dass beide Memoiren nur daran denken, wie Mozart in seiner Zeit dazu geschrieben haben, die sich stellenweise wie gezwungen war, in der Kutsche zwischen Wien Kriminalromane lesen. Man kann sich denken, und Prag zu komponieren. In der Mitte des dass Dichtung und Wahrheit in beiden Fällen 19. Jahrhunderts kam die Eisenbahn und hat viele ineinander übergehen … Kontakte erleichtert. Auf jeden Fall. Wenn man die Wahrheit in Berlioz‘ Zeitgenossen kritisierten an Berlioz‘ Benvenuto Leben suchen will, muss man seine Briefe lesen. Cellini, dass das Werk nach der Pause zu lang Das ist eine viel sicherere Quelle. Cellini war eine und dramaturgisch nicht geschickt aufgebaut faszinierende Figur für Berlioz, weil er als Künstler sei. Und in der Tat: Während die Finalszenen des genauso einsam und so eigenartig, geradezu ersten sowie des zweiten Bildes sehr lebendig isoliert war. Berlioz kam aus der Provinz, aus La sind, scheint die Geschichte danach ein wenig Côte-Saint-André aus der Dauphiné. Für ihn war vorhersehbar zu werden. es nicht leicht, einen Lehrer zu finden. Berlioz war zu 80 bis 90 Prozent Autodidakt, er spielte kein Das ist nicht ganz wahr, denn die letzte Viertel­ Klavier, dafür Gitarre und ein bisschen Flöte. stunde der Oper ist in allen drei Versionen fabel- Deswegen ist seine harmonische Sprache ganz haft! Es gibt so viel Spannung, man weiß nicht, anders als die damals übliche, also die deutsch- wie es sich am Ende entwickeln wird. Es ist wahr, österreichische Schule von Haydn, Mozart bis dass in der Weimarer Version der abschließende Beethoven auf der einen Seite und die italienische Teil etwas zu lang ist – was Berlioz in der zweiten Schule bis zu Rossini auf der anderen, der damals Pariser Fassung korrigiert hatte. Deswegen diri- in Mode war. Ich persönlich schätze Rossini sehr, giere ich den letzten Akt aus der zweiten Pariser aber für Berlioz war das schwer zu ertragen. Fassung. Berlioz hat sich sehr negativ über Rossini ge- Ist die Edition, die Hugh Macdonald für die äußert und sogar davon geträumt, das Théâtre- Berlioz-Gesamtausgabe von Bärenreiter erstellt Italien in Paris „mit seiner ganzen Rossini- hat, für die Aufführung gut zu benutzen? Die Bevölkerung in die Luft zu sprengen“. So steht

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es in den Memoiren, die damit die späteren Cellini, den Berlioz explizit nicht als Grand Opéra Fantasien eines Pierre Boulez vorwegnehmen … anlegt. Was ist das für ein Werk? Auf der anderen Seite weiß man, dass Berlioz den Guillaume Tell von Rossini sehr geschätzt Man kann es nicht kategorisieren. Auf der einen hat, der 1829, ein paar Jahre vor Benvenuto Cellini, Seite ist es eine Opéra comique und weist Einflüsse entstanden ist. von Rameau und dessen Opern-Divertissements auf. Aber es gibt auch tragische Elemente, nicht Das ist kein Wunder, denn das ist ein Meisterstück! durchgehend, aber manchmal spürt man, dass die Figur Cellini nicht nur frech, sondern auch sehr Gibt es von diesem epochalen Werk aus Verbin- poetisch und nostalgisch ist. Und es gibt das ernste dungen zu Berlioz? Thema des Kampfes, den ein Künstler gegen Autoritäten führt, gegen einen Rivalen wie Wenn man sieht, welche Opern Rossini und Verdi Fieramosca ebenso wie gegen einen launischen für Paris komponiert oder zumindest überarbeitet Mäzen wie den Papst. haben, versteht man die Einflüsse auf und von Berlioz. Ich glaube, dass es ohne Berlioz keine Wie stellt Berlioz den Papst dar? Man weiß, dass französischen Opern von Verdi geben würde. Zum Berlioz selbst ein sehr gespaltenes Verhältnis zur Beispiel hat Verdi in der französischen Fassung Kirche hatte, und er lässt Cellini ja auch damit von Don Carlo sehr viel von Berlioz‘ Troyens drohen, die Statue zu zerstören, wenn er sie nicht gelernt. selbst vollenden darf. Der Papst lenkt ein – hat der Künstler damit über die Kirche triumphiert? Aber was ist eigentlich das Französische an diesen revolutionären französischen Opern rund Fast, würde ich sagen. Es ist vor allem ein Triumph um 1830? Aus oder über Italien kommen Rossini, über die Feinde, die alles verhindern. Das gilt auch Spontini und Meyerbeer nach Paris, so wie es für seine Mitarbeiter, die er länger schon nicht früher bereits bei Lully und Gluck der Fall bezahlt hat, und die sich deswegen gegen ihn gewesen war. Was trägt die Stadt zu den Opern stellen. Am Schluss gewinnt er, aber sehr knapp. dieser Komponisten bei, welche Kreativität löst Es hätte auch alles schief gehen können! sie aus? Die Darstellung der Arbeiter und des sozialen Da gibt es zwei verschiedene Sachen. Erstens Umfelds scheint mir für Berlioz erstaunlich zu die Instrumentierung. Man kann französische, sein, der in gesellschaftspolitischer Hinsicht italienische und deutsche Instrumente nicht sonst ein eher konservatives, zurückgezogenes miteinander vergleichen. Wie beispielsweise Bild vermittelt. Später hat sich Berlioz sogar Rameau für Holzbläser, allen voran für die Fagotte Napoleon III. angedient, ganz im Gegensatz zu komponiert hat, ist eigenartig. Und das gibt es Victor Hugo, der ins Exil ging. Dass Berlioz auch bei Gluck, vor allem aber in Berlioz‘ Musik. 1838 einen Streik komponiert, der sich in den Die timbres variés, das heißt die verschiedenen Kulissen des Kolosseums von Rom abspielt, ist Klangfarben der Holzbläser, sind bei Berlioz so ungewöhnlich. wichtig, und das hat er indirekt von Rameau gelernt. Auf der anderen Seite gibt es diese Ja, das ist ungewöhnlich, sehr frech und sehr besondere Mischung von französischer Rhetorik sympathisch! Ich glaube, dass Berlioz keine poli-­ und Musik. Das hat Berlioz fabelhaft gemacht, tische Figur war, jedenfalls nicht so wie Beethoven, viel besser als alle seine Zeitgenossen. der seine politischen Vorlieben wie die Hemden gewechselt hat. Manchmal war Beethoven für Welche Rolle spielt hier die typische Form der Napoleon Bonaparte und wollte am liebsten in französischen Oper? Mit Rossinis Guillaume Tell Paris leben, später in Wien war er gegen die beginnt 1829 gewissermaßen die Epoche der Franzosen, sehr patriotisch, sehr deutsch. Berlioz Grand Opéra. Im Jahr darauf erscheint Meyer- dagegen war eine eigenartige, einsame Figur. beers Robert le diable, 1836 kommen von ihm Wenn er sich mit Freunden traf, legte er immer Les Huguenots heraus, zwei Jahre vor Benvenuto zwei Pistolen auf den Tisch!

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Berlioz muss ein sehr gebildeter Mensch gewe- ­Shakespeare-Übersetzungen vor sich auf dem sen sein, was ihn wiederum mit dem historischen Schreibtisch, aber die Worte, auf die er die Musik Benvenuto Cellini verbindet. Dessen Vater hätte komponierte, verwarf er teilweise wieder. Er hatte ihn am liebsten als Musiker gesehen, so dass er nichts gegen die Oper, aber das Orchester war zunächst Flöte lernte – wie Berlioz auch! Von ihm ihm wichtiger – seine Herausforderung fand er wiederum ist bekannt, dass er mit Schriftstellern darin, die Instrumente wie lebendige Personen und Malern eng befreundet war. Ist Berlioz ein auftreten zu lassen. Renaissance-Mensch, den es ins 19. Jahrhundert verschlagen hat? Ist ein Werk wie Roméo et Juliette damit nicht letztlich gelungener als eine seiner Opern, in Ich glaube, das ist eine sehr gute Definition. Ein denen Berlioz seine Imagination immer wieder Renaissance-Mensch im Zeitalter von Revolution mit den Möglichkeiten eines Opernhauses und Romantik. kurzschließen musste? In den Mischformen – etwa Lélio, Roméo und Damnation – konnte er Welche Bedeutung hat das Werk Benvenuto Cellini machen, was er wollte. Dagegen waren die für Berlioz gehabt, welche Stellung nimmt es „echten Opern“ Benvenuto Cellini und Les Troyens unter seinen dramatischen Kompositionen ein – für ihn mit vielen Problemen behaftet, und sofern man hier überhaupt Gattungsgrenzen auch die späte Oper Béatrice et Benedict war ziehen kann? Schon das 1831 begonnene Werk nicht gerade ein großer Erfolg, wenn man an Lélio, ou Le Retour à la vie, die Fortsetzung der das Musiktheater der damaligen Zeit denkt. Symphonie fantastique, wäre hier zu nennen … Was Sie sagen, ist wahr. Seine theatralischen oder … nein, früher noch: Es beginnt bereits 1829 mit oratorischen Orchesterwerke – Roméo und Dam- den Huit scènes de Faust, die sozusagen die ersten nation – stellen keine Kompromisse dar. Er hat Skizzen zur späteren Damnation de Faust sind. Sie sich die Freiheit genommen, das zu entwickeln, werden bei Berlioz nicht eine Komposition finden, aber für viele Zuhörer war das zu verwirrend. Die die nicht theatralisch ist, von ein paar Liedern haben das einfach nicht kapiert! Im 21. Jahrhundert vielleicht abgesehen. Aber die Symphonie fantas- ist der Einfluss eines Shakespeare-Stücks auf tique ist sehr theatralisch, nicht nur vom Pro- ein Instrumentalwerk viel leichter zu akzeptieren. gramm her – man kann sich hier geradezu eine Aber da Berlioz mit den Konventionen seiner Inszenierung vorstellen. Lélio ist ein eigenartiges Zeit Kompromisse machen musste, gibt es drei Stück, schwer zu interpretieren, aber faszinierend. verschiedene Versuche, und da ist das eigentliche Seine zweite Symphonie, Harold en Italie, ist Wunder, dass gerade die Troyens – von denen er ebenfalls sehr theatralisch. Ich habe es neulich in selbst in seinem Leben nur den zweiten Teil gehört Europa und Amerika mit Antoine Tamestit als hat – theatermäßig so überzeugend sind. Es gibt Solo-Bratschist aufgeführt. Wir haben ihn dabei darin fast gar keine Schwächen, das Werk ist so bewusst nicht nur vor dem Orchester spielen präzise komponiert, die Stimmen der Solist*innen, lassen, sondern er wandert durchs Orchester und des Chores und des Orchesters sind allesamt unter versucht, mit der Harfe und dem ersten Horn Kontrolle, alles ist durchdacht. Als ich das Werk Partnerschaften aufzubauen – später dann mit 2003 in Paris aufgeführt habe, war das wie eine den drei Streichern, die hinter der Bühne spielen. Offenbarung. Aber das hängt auch mit der Verwen- Das ist kein Quatsch, sondern Berlioz hatte sehr dung von historischen Instrumenten zusammen. viel Sinn für solche Wirkungen, es ist ein auto­ Wenn man Berlioz auf sogenannten modernen biografisches Stück aus der Zeit, die er als Stipen- Instrumenten spielt, wird seine Musik sehr schnell diat des Prix de Rome in Rom verbracht hat. zu dicht, zu massiv – man könnte sagen: zu wag­- Viel glücklicher als dort war er auf einer Bummel- nerisch. Mit historischen Instrumenten ist das fahrt durch die Abruzzen, wo er Briganten ken- nicht nur leichter, sondern auch farbiger. Beispiels- nenlernte – ganz im Stil von Lord Byron. Bei weise klingen die neun Saxhörner in den Troyens Roméo et Juliette gibt es nur phasenweise Sänger, ganz anders als etwa Hörner und Trompeten mit vieles spielt sich im Orchester ab. […] Als Berlioz Ventilen. Es ist viel gesanglicher – und zugleich das Werk schrieb, hatte er drei französische liegt im Klang etwas Unheimliches.

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Gilt das nicht auch für die Ophikleide, das Ein bisschen schon. In der alten Salle du Conser­ Berlioz-typische Instrument par excellence? vatoire mussten wir uns ein wenig zurückhalten, denn der Saal ist nicht sehr groß. Komischerweise Ja, das ist lustig, er hat das Instrument in Benvenu- konnten wir damals nicht die originale Aufstellung to Cellini mit viel Humor eingesetzt – anders als in des Orchesters imitieren, weil wir körperlich mehr der Symphonie fantastique, wo die Ophikleide das Platz beanspruchten. Berlioz war ganz klein, und Dies-irae-Motiv in furchterregender Weise spielt. auch seine Musiker waren viel kleiner als wir. In Berlioz‘ Heimatstadt La Côte-Saint-André kann Gesetzt den Fall, Sie führen die Symphonie man sein Bett sehen, das erstaunlich klein ist. Der fantastique mit einem modernen Orchester wie Vorteil der historischen Instrumente aber ist, dass dem London Symphony Orchestra auf: Würden man beim Spielen in Sachen Kraft und Volumen Sie es akzeptieren, dass der Ophikleiden-Part, bis an die Grenze gehen kann, ohne zu forcieren. wie heute üblich, von der Tuba übernommen Mit einem modernen Orchester darf man das nicht wird? machen – wenn Sie dort sagen: spielen Sie alles Fortissimo, dann ist das totaler Mist. Mit histori- Nein. Ich habe auch für mein erstes Konzert mit schen Instrumenten kann man dagegen so weit den Berliner Philharmonikern einen eigenen gehen, dass die Nadel im roten Bereich ausschlägt! Ophikleide-Spieler mitgebracht, und einige dieser Außerdem hat Berlioz‘ Orchestrierung so viele wunderbaren Berliner Musiker fragten: Was ist abgestufte Klänge, dass die Instrumente auch in das für ein komisches Instrument? Ich sagte: Ja, es der Berliner Philharmonie oder im Barbican Centre ist ein komisches Instrument, aber bewusst von gut durchkommen. Berlioz gewählt! Es fällt auf, dass Berlioz in Großbritannien sehr Ein Blick in das Repertoire des 19. Jahrhunderts beliebt ist – mehr jedenfalls als in Frankreich, zeigt, dass auch andere Komponisten die aber wohl auch als in Deutschland und in Ophikleide verlangt haben, und das gar nicht anderen Ländern. Mit Ihrer Arbeit haben Sie sich so selten. Es gibt sie etwa bei Mendelssohn in die Tradition britischer Berlioz-Dirigenten wie Bartholdy, bei Wagner und Verdi, sogar in der Thomas Beecham und Colin Davis eingereiht. Wiener Strauß-Dynastie. Wie konnte dieses Wieso steht Berlioz auf der Insel so hoch im Instrument so in Vergessenheit geraten? Kurs?

Ich glaube, dass das mit der Entwicklung der Zu unserem Charakter als Engländer gehört es Posaunen zusammenhängt. Da die Posaunen erstens, dass wir immer eine Schwäche für den immer größer wurden, brauchte man ein Bass- Underdog haben. Und Berlioz ist ein solcher Instrument mit mehr Volumen, und das war die Außenseiter. Zweitens suchen wir immer musika­ Tuba. Sie hat weniger Charakter, aber sie ist lische Helden außerhalb der Tradition. Natürlich sicherer zu spielen als eine Ophikleide, die sehr schätzen wir auch Mozart, Beethoven und Bach, heikel ist. aber für eigenartige Figuren haben wir eine besondere Sympathie. Drittens glaube ich, dass Wie gehen Sie damit um, dass Sie mit diesem wir einfach entzückt davon sind, wenn jemand wie historischen Instrumentarium in sehr unter- Berlioz Shakespeare mit einer solchen Energie schiedlichen Sälen auftreten? Sie haben die liebt. Umgekehrt habe ich keine Ahnung, warum Symphonie fantastique 1991 im Saal des Alten die Franzosen bis vor zwanzig Jahren gegenüber Konservatoriums in Paris aufgeführt – an jenem Berlioz so indifferent, ja negativ eingestellt waren. Ort, für den das Werk komponiert wurde. Wenn Die haben ihn von Anfang bis Ende missverstan- Sie Ihre Interpretation, sagen wir, im Barbican den – jetzt nicht mehr, denn seit unserer Auffüh- Centre oder in der Berliner Philharmonie rung der Troyens 2003 in Paris kenne ich viel mehr präsentieren: Müssen Sie da nicht ganz anders französische Berufsmusiker, die Berlioz lieben. herangehen, um diese Instrumente zum Klingen Mein damaliger Assistent François-Xavier Roth zu bringen? ist heute ein wirklicher Champion, wenn es um Berlioz geht. Als ich ihn 2002 kennenlernte, war

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er für Wagner und gegen Berlioz! Es gibt also … und das mit sehr viel Glück und Fantasie! Ich Zeichen, die mich optimistisch stimmen. liebe dieses Stück, auch wenn es nicht sein bestes ist. Aber es ist ein sehr, sehr schönes neobarockes Ihr Name ist für viele Musikfreunde zunächst Werk. einmal untrennbar mit Monteverdi verbunden, nicht zuletzt durch die Gründung des Monteverdi Wie haben die Musiker in Lyon auf Ihre Initiati- Choir in den 1960er Jahren. Wann kam Berlioz ven in Sachen Berlioz reagiert? Sein Geburtsort dazu, wie haben Sie seine Musik kennengelernt? La Côte-Saint-André liegt immerhin im Großraum der Stadt. Das Orchester allerdings Als ich an der Universität von Cambridge war, gab mussten Sie neu organisieren. es die Chelsea Opera Group. Die haben ein, zwei Mal im Jahr Berlioz in Cambridge und in Oxford Nicht nur neu organisieren, es gab dort überhaupt aufgeführt, immer dirigiert von Colin Davis. In kein Orchester. Alles war für die neu und eine diesem Ensemble habe ich Geige und Bratsche Überraschung. Ich habe meinen Tubisten in gespielt, und bei der Damnation de Faust habe ich diesem Orchester, Marc Girardot, gefragt, ob er im Chor bei den Tenören mitgesungen. Das war für Ophikleide spiele. Er sagte: Nein, aber ich weiß, mich eine große Überraschung, ich habe mich total dass mein Lehrer eine Ophikleide hat, die er als in diese Musik verliebt. So habe ich in kurzer Zeit Blumenvase benutzt. Darauf ich: Ich gebe dir drei viele große Werke von Berlioz kennengelernt, in Monate bei voller Bezahlung frei, aber bitte bringe denen ich entweder mitgespielt oder mitgesungen das Instrument in Ordnung und komme danach habe. Meine erste Platteneinspielung galt in der als Spezialist für Ophikleide zurück! Das war 1985, Tat Monteverdi, aber bereits die zweite LP, 1967 heute spielt er immer noch Ophikleide und wird aufgenommen, war Irlande , den Neuf Mélodies auch bei der Berliner Aufführung von Benvenuto op. 2 von Berlioz gewidmet. Auch habe ich damals Cellini dabei sein! die frühen Scènes de Faust aufgenommen. Als ich Chefdirigent des Opernhauses von Lyon war, Existieren Ophikleiden heute nur noch als hatten wir jedes Jahr Berlioz-Festspiele – keine Blumenvasen und muss man sie nachbauen, fabelhaften, aber immerhin. Es gab uns die oder kann man auch die alten Instrumente noch Gelegenheit, seine Heimatstadt La Côte-Saint- spielen? André zu besuchen, wo wir auf dem Marktplatz unter einem Holzdach die Damnation de Faust Es ist wirklich fantastisch, wie viele Blechblas­ und L’Enfance du Christ aufgeführt haben. Das war instrumente aus dieser Zeit noch spielbar sind. für mich ein sehr großer Schritt, dem die Gründung Zum Beispiel diese Saxhörner, die ich 2003 für Les des Orchestre Révolutionnaire et Romantique Troyens verwendet habe: Ich bin in das Museum folgte. des Pariser Konservatoriums gegangen und habe gefragt, ob wir diese Instrumente benutzen dürften. Sie haben in Paris bei Nadia Boulanger studiert – Das ging aber nicht, auch nicht in Brüssel. Dann hat da Berlioz eine Rolle gespielt? habe ich einen sehr netten Man kennengelernt, der für die französische Eisenbahn arbeitet und privat Nein, überhaupt nicht. Meine liebe Professorin Blechblasinstrumente aus Berlioz‘ Zeit sammelt. Nadia Boulanger war kein Berlioz-Fan. Schade. In seinem Haus sieht man Saxhörner an Wänden Aber sie glühte für Jean-Philippe Rameau, der in und Decken, überall. Er hat uns seine ganze Frankreich ebenfalls unterschätzt wird, obwohl er Sammlung gegeben – spielen Sie, nehmen Sie, was ein großer Zeitgenosse von Händel und Bach war. Sie wollen. Es gab sehr wenig Probleme, man musste nur hier und da putzen und reparieren, Knüpfen Sie mit der neoklassizistischen Prä- sonst nichts. gung, die Nadia Boulanger ihren Schülern vermittelt hat, an den Klassizisten Berlioz an? Hatten Sie denn damals in Lyon schon den In seiner Enfance du Christ hat Berlioz sogar eine Gedanken, Berlioz auf alten Instrumenten zu Stilkopie des Barock vorgelegt … spielen? Das Orchestre Révolutionnaire et Romantique ist ja kein kleines Barock-Ensemble,

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sondern eine auch logistisch anspruchsvolle In den vergangenen vier, fünf Jahren hatte ich das Unternehmung. Wo finden Sie die vielen Glück, intensiv mit dem amerikanischen Tenor ­Musiker, die hier mitspielen? Michael Spyres arbeiten zu können. Er ist ein Wunder! Er ist ein ausgebildeter Rossini-Sänger, Sie kommen aus sechzehn verschiedenen Natio- ein Tenore di grazia, sein Französisch ist fabel-­ nen, mehr und mehr sind auch Franzosen dabei. haft, er macht kaum Fehler und hat jetzt sehr viele Das bereitet mir sehr viel Freude, da sich die Erfahrungen mit Berlioz gesammelt. Er hat an Franzosen ja ursprünglich nicht sonderlich für der schon den Cellini Berlioz interessierten. Jetzt sind zwei Fagottisten gesungen, er hat mit John Nelson eine neue Franzosen, dann drei Cellisten, ein Kontrabassist, Plattenaufnahme der Troyens gemacht, und mit drei oder vier Geiger, einige Blechbläser. Das mir den Lélio aufgeführt. Er ist ideal. Teresa ist sind hauptsächlich Kammermusikspieler, Lehrer schwer und es war lange unklar, wen wir nehmen und virtuose Solisten, die sich freuen, zu Projekten werden. Für einen Mezzosopran liegt die Partie zusammenzukommen: 2018 zur Symphonie ein bisschen zu hoch, für einen lyrischen Sopran fantastique, zu Lélio und Harold en Italie, nun etwas zu tief, und es gibt Koloratur-Elemente. zu Benvenuto Cellini, im nächsten Jahr zu Ascanio ist eine typische Hosenrolle wie Cherubino ­Beethoven, wo wir den Symphonien-Zyklus fünf oder Octavian. Der Papst ist relativ einfach als Mal spielen werden. Basso profundo …

Sie führen Lélio so auf, wie Berlioz ihn konzi-­ …der bei Ihrer Züricher Aufführung sogar noch piert hat, als Epilog zur Symphonie fantastique. von Nicolai Ghiaurov gesungen wurde … Funktioniert das? … ja, am Schluss seines Lebens. Balducci ist ein Das geht mal mehr, mal weniger gut. Mit einem komischer Bass, ein Buffo, der ist nicht schwer zu guten französischen Schauspieler, der tief finden, anders als Fieramosca, der ein Baryton- in Berlioz‘ Texten steckt, ist das wunderbar. Martin ist – ein hoher Bariton wie Debussys Aber wir haben es neulich mit einer englischen Pelléas, aber ein lustiger Pelléas ! Das gibt es nicht Übersetzung probiert, da muss man zu viele sehr oft. Kompromisse machen. In der Weimarer Fassung hat Berlioz diese Rolle Gedanklich erscheint der intendierte Weg von als Tenorpartie angegeben. der Symphonie zum Monodrama in einer Aufführung reizvoll, aber wie funktioniert das Ja, aber es ist zu einfach für einen Tenor! musikalisch? Nach der begeisternden Symphonie fantastique das komplexe, sehr heterogene Bleibt als letzte Besetzungsfrage Ihre „Rolle“, Stück Lélio ou Le Retour à la vie. Ist das nicht ein die des Dirigenten. In seinen Memoiren schildert Anti-Klimax? Berlioz, wie er bei der Uraufführung des Benvenuto Cellini mit dem Dirigenten François- Es kann leicht zum Anti-Klimax werden, aber Antoine Habeneck aneinandergeriet, so dass er wenn der Schauspieler funktioniert, dann funktio- allen Komponisten empfahl, ihre Werke mög- niert auch das ganze Stück. Ich finde die Musik lichst selbst zu leiten, denn „euer gefährlichster im Lélio fantastisch, die zwei Tenor-Arien sind Interpret ist der Dirigent“. Was heißt das für Sie wirklich verblüffend, der Briganten-Chor hat so heute? viel Power und Charme, und die Fantasie über Shakespeares Tempest ist wirklich ein Wunder. Berlioz ist ein guter Freund des Dirigenten, denn in seiner Partitur steht alles klipp und klar. Man Die Solistenbesetzung bei Berlioz ist generell muss sich total mit ihm identifizieren, man kann heikel. Benvenuto Cellini ist für den Tenor eine das nicht objektiv dirigieren, wie das mein lieber große Herausforderung. Worauf achten Sie bei Freund Pierre Boulez versucht hat. Ich liebe den der Auswahl der Sänger? Komponisten Berlioz, den Schriftsteller Berlioz sehr. Ich liebe an ihm auch den Künstler, den

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Romantiker, den Revolutionär. Wenn ich die Möglichkeit hätte, eine schöne Flasche Wein mit einem Komponisten der Vergangenheit zu trinken, wäre Berlioz meine erste Wahl.

Nicht Monteverdi?

Nein. Mit Berlioz wäre es bestimmt viel lustiger und auch viel gemütlicher. Aber ich würde ihn bitten, die Pistolen zuhause zu lassen!

Olaf Wilhelmer, Berlin, studierte Geschichte, Musikwissenschaft und Germanistik an der Humboldt-Universität Berlin. Nach Stationen in Potsdam und Köln ist er freier Redakteur für Konzertübertragungen und Musikproduktionen beim Deutschlandradio Kultur in Berlin.

15 ESSAY

Episode aus dem Leben eines Künstlers Notizen zu Benvenuto Cellini von Hector Berlioz

Puossi in terra veder garzon più bello che ’l mio Perseo? e fra l’umane gente chi nol tocassi, sarie al mondo solo!

Wer kann auf Erden einen schöneren Jüngling sehen, als es mein Perseus ist? Und sollt’ er unter allen auch einen nicht berühren, wär’ dieser wohl in aller Welt allein!

Benvenuto Cellini (1556)

16 ESSAY

I „Ich liebe diese mir teure Benvenuto-Partitur mehr denn je, sie ist lebendiger, frischer und neuartiger (einer ihrer großen Fehler) als jedes andere Werk von mir.“

emessen daran, dass Hector Berlioz’ erste der nach Meinung der Pariser Académie des Oper Benvenuto Cellini lange Jahre ver- Beaux-Arts die beste Kantate auf einen in der Ggessen war und auch heute nicht zu Regel sehr langweiligen Text komponiert hatte – seinen prominentesten Werken gehört, mag diese worunter ganze Generationen von französischen Aussage des Komponisten überraschen. Zumal Komponisten bis hin zu Olivier Messiaen gelitten der Satz 1853 geschrieben wurde, als ein Großteil haben. Schlimmer noch: War der Gewinner seines Œuvres – mit Ausnahme der beiden späten erst in der Villa Medici angekommen, musste er Opern – bereits geschaff­ en war. Doch Berlioz regelmäßig­ Arbeitsproben nach Paris schicken, hat diesem Werk, das ihm 1838 einen eklatanten die sich durch edle Einfalt und stille Größe Misserfolg eintrug, stets die Treue gehalten, und auszuzeichnen hatten. 1855 befand er ironisch: „Das hat eine Verve und Berlioz traf Italien also nicht als das Land der eine Gedankenfrische, wie ich sie vielleicht nie Freiheit an, zu dem man frühmorgens heimlich wieder erreichen werde. Es ist ein prahlerisches aufbrach wie einst Goethe, sondern als akade­ Herumstolzieren, großsprecherisch, eine italie­ mische Exklave des französischen Staates, aus nische Aufschneiderei, wirklich!“ der man nur fliehen konnte. Kein Wunder, dass ihn Worin diese „Aufschneiderei“ liegt, ist nicht Childe Harold’s Pilgrimage (1812 – 18) von Lord ganz klar. Handelt es sich um das historische Byron zu seiner konzertanten Symphonie Harold Vorbild des Titelhelden, um den 1500 geborenen en Italie über einen empfindsamen Außenseiter und 1571 gestorbenen Goldschmied und Bildhauer, inspirierte, die einige Motive der anschließend diesen Meister des Manierismus, dessen wüste komponierten Oper vorwegnahm, etwa das Bild Memoiren hoffen lassen, sie seien zumindest der vorbeiziehenden Pilger und die Figur des stellenweise erfunden? Ist es die turbulente, aus Briganten, eines positiv konnotierten Outlaws. manchen Quellen gespeiste Handlung rund um Damit war das Interesse an Benvenuto Cellini und den römischen Karneval, die Berlioz und seine dessen Memoiren vorgezeichnet, die schon Goethe kon g­ enialen Librettisten auf die dafür völlig un- so fasziniert hatten, dass er sie ins Deutsche vor be­ reiteten Bühnen brachten? Oder ist es das übersetzte. Kunststück, aus diesem durch und durch italieni- Indem Berlioz einen in der Realität enttäu- schen Thema eine französische Oper geschrieben schenden Ort auf der Bühne zum exotischen zu haben, die ihre Anhänger vor allem in Deutsch­ Erlebnis machte, entsprach er einem zeittypischen land fand? Bedürfnis, das der Dichter Gérard de Nerval gegenüber seinem Kollegen Théophile Gautier am Beispiel Ägyptens auf den Punkt brachte: II „Du, du glaubst noch an den Ibis, an den purpur­ Unbestritten war Italien ein Sehnsuchtsland für farbenen Lotus, an den gelben Nil […]. Ach! der Ibis Berlioz. Allerdings konnten die Wege, die einen ist ein Wildvogel, der Lotus eine vulgäre Zwiebel, jungen Komponisten aus Paris nach Rom führten, der Nil eine rotbraune Brühe mit schiefergrauen nur über eine unerwünschte Pauschalreise Farben […]. Ich werde in der Opéra das wahre betreten werden, die sich „Prix de Rome“ nannte. Kairo wiederfinden, das unbefleckte Ägypten, Dieses Stipendium für einen Rom-Aufenthalt den Orient, der mir entgleitet.“ erhielt in einem jährlichen Wettbewerb derjenige,

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III säuberlich voneinander getrennt zur Diskussion Wer als Komponist in Paris reüssieren wollte, tat gestellt, so dass sich heutige Interpreten zwischen gut daran, eine Oper zu schreiben. Zur Zeit der drei Hauptfassungen und etlichen Varianten Julirevolution 1830 hatten Gioacchino Rossini entscheiden können – und müssen, denn die ( Guillaume Tell, 1829) und Giacomo Meyerbeer Partitur versteht sich als Vorlage, die für die ( Robert le diable, 1831) der Gattung neue Wege Aufführung eingerichtet werden will. Im Wesent- gewiesen, hatten den Formenreichtum und die lichen wird zwischen der Originalfassung gesellschaftliche Relevanz dieser Kunstform auf (Paris 1), der uraufgeführten Fassung (Paris 2) eine neue Stufe gehoben. Seit seiner Rückkehr und der anderthalb Jahrzehnte später erarbeiteten aus Italien 1832 plante auch Berlioz ein solches Weimarer Fassung unterschieden. Werk, konnte sich aber mit einem Hamlet nicht Im Hinblick auf die Zensur und auf die bei der Opéra durchsetzen. Die Auftragsvergabe Wünsche der sich unterfordert wähnenden Sänger war kompliziert, da die öffentlichen Bühnen ein musste Berlioz vor der Uraufführung, die François- wahrhaftes Staats-Theater waren, in dem eine Antoine Habeneck am 10. September 1838 dirigier- „Commission Spéciale des Théâtres Royaux“ die te, etliche Änderungen vornehmen. Über die Tortur Zustimmung des Innenministers zu einem neuen der Probenarbeit schrieb er in seinen Memoiren: Werk einholen musste, das schließlich von der „Das Desinteresse und der offensichtliche Wider- „Commission d’Examen“ zensiert wurde. wille, mit denen die meisten Darsteller zu den Nach der Vollendung von Harold en Italie fiel Proben erschienen, weil sie schon jetzt überzeugt Berlioz’ Wahl 1834 auf Benvenuto Cellini, dessen waren, dass die Oper durchfallen würde; Memoiren er begeistert gelesen und dessen ­Habenecks schlechte Laune; die unterschwelligen bildnerisches Hauptwerk, die Perseus-Statue, er Gerüchte, die im Theater zirkulierten; die dummen in Florenz gesehen hatte. Über die Ereignisse Bemerkungen dieses ungebildeten Volkes über rund um den abenteuerlichen Guss dieser tech- bestimmte Ausdrücke eines Librettos, das sich nisch komplexen Bronzefigur schrieben ihm Léon durch seinen Stil deutlich von der seichten und de Wailly und Auguste Barbier in Zusammen-­ billigen gereimten Prosa der Scribeschen Schule arbeit mit Alfred de Vigny ein Libretto, das Berlioz unterschied – dies alles verriet mir eine allgemeine als „die köstlichste Opéra-comique […], die man Feindseligkeit, gegen die ich machtlos war, und ich sich denken kann“ bezeichnete. Allein, der musste so tun, als bemerkte ich sie nicht.“ Nach Direktor des gleichnamigen Theaters lehnte ab, der heftig umstrittenen Premiere wurde Benvenuto so dass die Opéra ins Spiel kam, die nach einem Cellini noch ein paar Mal (teils in entstellter Form) Direktionswechsel den Benvenuto Cellini als gespielt, dann verschwand die Oper, um erst 1972 heiter grundiertes Werk in Betracht zog, aber auf nach Paris zurückzukehren. einigen haustypischen Zutaten wie Rezitativen Eine erste Ehrenrettung unternahm Franz (statt Dialogen) und Ballettnummern beharrte – Liszt, als er die Oper seines Freundes 1852 in und das Schicksal des Werkes als eines in keine Weimar herausbrachte. Allerdings hatten Liszt und Schublade passenden Unikats besiegelte. Ohne sein Adlatus Hans von Bülow nach der Premieren­ auf einen offiziellen Auftrag zu warten, begann serie Kürzungen und Umstellungen vorgeschlagen, Berlioz nach langem Hin und Her im Januar 1836 insbesondere das Schlussbild betreffend, das mit der Komposition, die er, unterbrochen durch „für die Totalwirkung von wesentlichem Nach-­­ diverse Brotarbeiten, zwei Jahre später mit der theil“ sei – Berlioz entsprach den Wünschen seiner nachkomponierten Ouvertüre fertigstellte. wohlmeinenden Anhänger, deren er sonst nicht viele hatte, und war von den deutschen Aufführun- gen so angetan, dass er vier seiner Nuits d’été - IV Lieder den Weimarer Sängern widmete. Als 1994 die Partitur des Benvenuto Cellini in der Mit Liszts Einsatz schloss sich ein Kreis, historisch-kritischen Ausgabe von Hugh Mac­ denn gemeinsam mit Frédéric Chopin und dem donald im Bärenreiter-Verlag erschien, konnte Libret tiste­ n de Vigny hatte Liszt im Mai 1834 eine sich die Musikwelt erstmals ein Bild von der Gesellschaft bei Berlioz besucht, auf der man Entstehungs- und Leidensgeschichte dieser Oper „den italienischen Sonnenschein genießend […] machen. Mehrere Schichten der Partitur wurden über Kunst, Dichtung, Gedanken, Musik, Drama,

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ja eigentlich alles, was das Leben ausmacht“ tique – jener Épisode de la vie d’un artiste – und sprach. Wenige Tage nach dem so beschriebenen in dem Monodram Lélio ou Le retour à la vie Abend hatte Berlioz den Entschluss gefasst, erscheinen. Berlioz schätzte das Klavier gering und den Benvenuto Cellini zu komponieren. spielte lieber Flöte, Gitarre und Trommel; der historische Cellini spielte Flöte, der Bühnen-Cellini tritt mit Gitarre und Tamburin auf … Im Schlussbild V fragt sich der unter äußerstem Druck stehende Benvenuto Cellini ist Benvenuto Cellini nicht Cellini in seiner großen Arie „Sur les monts les plus unbedingt gleichzusetzen. Was immer an den sauvages“, warum er kein Schäfer geworden sei, Memoiren des Renaissance-Künstlers wahr sein und beschwört somit ein Landidyll herauf, das mag: Berlioz und seine Librettisten haben sie frei schon in der „Scène aux champs“ der Symphonie adaptiert und mit Motiven aus E.T.A. Hoffmanns fantastique dem Bedrängten keinen Ausweg bot. Die Serapions-Brüder vermischt. Auch wurde die Die intensive und unbürgerliche Erfahrung des Handlung von 1554 auf 1532 und von Florenz Lebens bezahlt der Künstler als Vordenker seiner nach Rom verlegt, wo sie an den drei aufeinander Zeit mit vielfachen Anfechtungen, denen einzig folgenden Tagen von Rosenmontag bis Ascher­ seine Tollkühnheit gewachsen ist. So kommt es mittwoch spielt. Die Perseus-Statue, die der zum spektakulären Finale, in dem die unrealisier- historische Cellini für Cosimo I. de’ Medici schuf – bar erscheinende Perseus-Statue ihre Feuertaufe der sie immerhin zwischen Donatellos Judith in den Ruinen des Kolosseums erlebt. Dass der und Michelangelos David aufstellen ließ – gießt Ofen dabei detoniert sei, wird auch in der literari- sein Bühnenpendant für Papst Clemens VII., den schen Vorlage behauptet, und dass der Künstler die Opernzensur umgehend in einen Kardinal alles in die Flammen wirft, um daraus ein neues Salviati verwandelte. Werk einzuschmelzen, kannte Berlioz nur zu gut: Ein mit leichter Hand geknüpftes Netz von Im Benvenuto Cellini findet sich aterialM etwa aus unterhaltsamen Opernintrigen umgibt das zwie­- der lange verschollen geglaubten Messe solennelle, lichtige Genie, das sich für Teresa, die Tochter des deren erste Aufführung seit 1827 Sir John Eliot päpstlichen Schatzmeisters Balducci interessiert, Gardiner 1993 dirigierte. Später münzte Berlioz die wiederum an seinen Konkurrenten Fieramosca wiederum Teile seiner erfolglosen Oper in andere verheiratet werden soll. Neben den brillant Stücke um, etwa in die Ouverture caractéristique instrumentierten – und in den Chören polyphon Le Carnaval Romain. Mit dem Unterschied, dass es meisterhaft gesetzten – Karnevalsszenen tritt von im Leben wie im Schaffen dieses visionären und Beginn an das Zusammengehen von lyrischen noch heute unterschätzten Einzelgängers, anders und komischen Passagen hervor. Wenn sich Cellini als in der Oper, kein Happy End gab. und Teresa im ersten Bild ihre Liebe in einem schier endlosen As-Dur-Thema gestehen und der Olaf Wilhelmer sie belauschende Fieramosca einige nicht verstan- dene Worte daraus nachplappert, dann ist die Stimmungslage eines tragikomischen Opern­ zwitters deutlich umrissen, und man kann es nicht begreifen, dass dieses Werk einmal tatsächlich im Ruf stand, „unmelodisch“ zu sein.

VI Merkwürdigerweise hat sich der sonst so aus- kunftsfreudige Berlioz nie eingehender über die Cellini-Figur und sein eigenes Verhältnis zu ihr geäußert. Vieles spricht dafür, dass er sich als Seelenverwandter des historischen Cellini empfand, und dass der Bühnen-Cellini eines jener Alter Egos ist, die auch in der Symphonie fantas-

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Benvenuto Cellini Hector Berlioz

Zuschauer, das Spektakel, das man deinen Augen präsentiert, Ist keinesfalls eine unglaubwürdige Geschichte. Die Begebenheiten sind wahr, du kannst dich davon überzeugen Anhand der Memoiren, die der grosse Künstler geschrieben hat.

Cellini erblickte das Licht der Welt im schönen Florenz. Er war ein grosser Goldschmied und Bildhauer, Wusste Rom zu verteidigen, weil er etwas von Artillerie verstand, Und war in Paris im Dienste von Franz I. von Frankreich.

Er war gewalttätig und oft unvernünftig. Vorschnell im Umgang mit der Waffe, tötete er mehr als einen Menschen, Und häufig verdankte er es nur seinem Talent, dass er Vergebung fand.

Wie man sieht, war er kein Engel, aber im Grunde Hegte er nie niedrige Instinkte im Herzen Und immer liebte er mit Leidenschaft die Kunst.

Das Sonett erschien als Vorwort zum Erstdruck des Librettos, Paris 1838

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Handlung

1. Akt 1. Bild: Karnevalsmontag Im Haus des päpstlichen Schatzmeisters Balducci. Teresa schaut aus dem Fenster dem Karnevalstreiben zu, als ihr Vater hereinkommt, der auf dem Weg zum Papst ist. Teresa liebt den Bildhauer Cellini gegen den Willen ihres Vaters und wird wiedergeliebt. Balducci ist verstimmt über das Verhalten seiner Tochter. Außerdem ärgert er sich darüber, dass der Heilige Vater Cellini, den er für einen Taugenichts hält, den Auftrag erteilt hat, eine Perseus-Statue zu gießen. Er selber bevorzugt Fieramosca, den er auch als Ehemann für seine Tochter vorgesehen hat. Cellini und seine maskierten Freunde ziehen vor dem Haus vorbei, streuen einen Blumenregen über Teresa und bewerfen Balducci mit falschem Zuckerwerk aus Gips. Teresa entdeckt einen Brief von Cellini unter den Blumen. Er will später zu ihr kommen. Sie besingt die Macht der Liebe. Cellini erscheint und eröffnet Teresa seinen Plan, sie am nächsten Abend im Trubel des Karnevals als Mönch verkleidet zu entführen. Die beiden bemerken nicht, dass Fieramosca sich hereingeschlichen hat und sie belauscht. Balduccis Kommen schreckt sie auf. Cellini gelingt es, sich aus dem Staub zu machen, Fieramosca aber wird von Vater und Tochter entdeckt und als schamloser Schürzenjäger dem Zorn und Spott der Nachbar*innen ausgesetzt.

2. Bild: Karnevalsdienstag In Cellinis Werkstatt singen die durstigen Arbeiter eine Hymne auf die Kunst der Ziseleure und verlangen nach mehr Wein. Der Wirt verweigert ihnen Nach- schub, weil sie nicht bezahlt haben, und präsentiert ihnen die Rechnung auf einer langen Holzlatte. Cellinis Gehilfe Ascanio kommt eben zur rechten Zeit mit einer Anzahlung des Papstes für den Guss der Perseus-Statue. Die Summe ist jedoch so klein, dass sie nur eben die Schulden beim Wirt deckt. Zornig beschließen die Arbeiter, Rache am geizigen Schatzmeister Balducci zu nehmen: Sie wollen ihn am Abend auf der Bühne von Cassandros Theater der Lächerlichkeit preisgeben. Fieramosca, der alles mitgehört hat, ärgert sich über die „Verschwörung“ gegen

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ihn und Balducci. Sein Freund Pompeo rät ihm, ebenfalls als Mönch verkleidet am Karneval zu erscheinen und Cellini einen Strich durch die Rechnung zu machen. Fieramosca ist begeistert und voller Tatendrang. Am Karnevalsabend erscheinen Balducci und Teresa zu Cassandros Theatervorstellung. Cellini und Ascanio tauchen als Mönche verkleidet auf. Das Spiel beginnt: Die Gaukler inszenieren einen Gesangswettbewerb zwischen Harlekin und Pierrot. Richter ist der päpstliche Schatzmeister, eine böse Karikatur von Balducci. Dieser gerät außer sich vor Wut und stürzt auf die Bühne. Das allgemeine Durcheinander will Cellini zur Flucht mit Teresa nutzen. Sie sieht sich aber plötzlich vier Mönchen gegenüber und ist verwirrt. Es kommt zum Kampf zwischen den Rivalen. Cellini tötet Pompeo. Als die bestürzte Menge den Mörder fassen will, künden Kanonen- schüsse von der Engelsburg das Ende des Karnevals an. Die Kerzen werden ausgelöscht, und Cellini gelingt die Flucht. An seiner Stelle wird Fieramosca als Mörder festgenommen. Ascanio bringt Teresa in Sicherheit.

2. Akt 3. Bild: Aschermittwoch-Morgen Teresa ist mit Ascanio in Cellinis Werkstatt geflüchtet. Die beiden lauschen einem Matrosenlied, das Arbeiter in der Ferne singen, und deuten es als böses Omen. Sie machen sich Sorgen um Cellini und beten für ihn. Doch plötzlich taucht er auf – er konnte sich unbemerkt unter einen Zug von Mönchen mischen – , und die Liebenden treffen Vorbereitungen zur Flucht. Balducci und Fieramosca kommen ihnen aber zuvor und verlangen Teresa zurück. Der Streit wird unterbrochen durch die Ankunft des Papstes, der sich über den Fortschritt der Arbeit an der Statue informieren will. Cellini hat den Guss noch immer nicht vollendet. Ungeduldig droht der Papst, den Auftrag einem anderen Bildhauer zu übertragen. Als Cellini darüber in Wut gerät und das Modell des Perseus zerstören will, gewährt ihm der Papst noch Zeit bis zum Abend. Hält er die Frist ein, soll ihm seine Mordtat vergeben und Teresa seine Frau werden. Andernfalls droht ihm der Tod durch den Strang.

4. Bild: Aschermittwoch-Abend Cellini sitzt mutlos in seiner Werkstatt. Ascanio versucht ihn aufzumuntern. Allein gelassen träumt Cellini vom einfachen, freien Leben der Hirten. Die Gießereiarbeiter, die sich von Cellini ausgenutzt fühlen, wollen in Streik treten. Teresa fleht sie an, Cellini jetzt nicht im Stich zu lassen. Als Fieramosca erscheint, glaubt sie, er habe Cellini getötet und fordert die Arbeiter zur Rache an ihrem Meister auf. Da kommt Cellini heil und unversehrt zurück. Er beruhigt seine Arbeiter und spannt Fieramosca als Helfer ein. Der Papst erscheint, um dem Guss der Statue beizuwohnen. Die Arbeit beginnt. Plötzlich stellt sich heraus, dass nicht genügend Metall vorhanden ist, das Werk droht zu scheitern. Da fasst Cellini einen verzweifelten Entschluss: Er wirft alle seine Meisterwerke, die im Atelier stehen, in den Brennofen. Der Guss gelingt, und Cellini hat nun alles gewonnen: die Absolution des Papstes, Künstlerruhm und die Hand seiner Geliebten Teresa.

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PERSEUS Held der griechischen Mythologie. Sohn des Zeus und der Danae, aufgezogen von Polydektes, dem König der Kykladeninsel Seriphos. Herangewachsen, wurde er von Polydektes, der sich in Danae verliebt hatte und Perseus beseitigen wollte, mit dem Auftrag ausgesandt, das Haupt der Medusa zu erbeuten. Ausgestattet von den Nymphen mit Flügelsandalen und einer Tarnkappe und von den Göttern mit einem Sichelschwert, gelangte er zu den Gorgonen und tötete Medusa. Auf dem Rückweg befreite Perseus Andromeda, die Tochter des äthiopischen Königs Kepheus, von einem Seeungeheuer und führte sie als Gemahlin heim nach Seriphos. Hier befreite er seine Mutter Danae von Polydektes, den er kraft des Medusen­ hauptes in Stein verwandelte. Perseus wurde König von Argos und gründete die Stadt Mykene.

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Benvenuto Cellini Der Guss der Perseus-Statue

aus: Benvenuto Cellini, La vita di Bevenuto Cellini orefice e scultore Fiorentino da lui medesimo scritta (1557 – 1566 )

ährend ich meine Werkstatt bauen keine zu finden, und alles allein zu tun war mir liess, in der ich den Perseus beginnen nicht möglich. Es gab zwar einige in Florenz, die Wwollte, arbeitete ich in einem Raum gern gekommen wären, aber Bandinello (Floren­ zu ebener Erde. Dort stellte ich die Gipsfigur des tiner Bildhauer, Rivale und Erzfeind von Cellini) Perseus in der Grösse her, die das Werk anschlies- konnte sie sofort daran hindern, zu mir zu gehen. send haben sollte, wobei ich es dann diesem Nachdem er mich eine Zeitlang auf diese Weise Gipsmodell nachzubilden beabsichtigte. Als ich hingehalten hatte, teilte er dem Herzog ( Cosimo I. feststellte, dass es mir etwas zu lange dauern de’ Medici 1519 – 1574) mit, ich würde versuchen, würde, ihn auf diese Art anzufertigen, wählte ich ihm seine Gehilfen zu nehmen, weil es mir allein ein anderes Vorgehen, zumal ein Teil meiner unmöglich sei, eine so grosse Figur zusammen­ erbärmlichen Werkstatt – Ziegelstein auf Ziegel-­ zusetzen. stein – zwar schon aufrecht stand, aber in solcher Ich beklagte mich beim Herzog über den Ärger, Armseligkeit, dass mich die Erinnerung daran zu den mir diese Bestie bereitete, und ich bat ihn, er sehr kränkt. möge dafür sorgen, dass ich einige Gehilfen aus Ich fing mit der Figur der Medusa an, machte der Dombauhütte bekäme. Aber ausgerechnet zunächst ein Gerüst aus Eisen und begann dann, diese Bitte meinerseits bewirkte, dass der Herzog sie aus Ton zu formen; nachdem ich sie in dieser den Worten Bandinellos Glauben schenkte. Weise fertiggestellt hatte, brannte ich sie. Dabei Nachdem ich dies festgestellt hatte, schickte ich war ich allein mit einigen jungen Gehilfen, unter mich an, alles – soweit ich nur konnte – allein zu denen sich einer von grosser Schönheit befand, machen. der Sohn einer Dirne, die man la Gambetta nannte. Ich bediente mich dieses Knaben als Modell, Wie ich schon sagte, hatte ich inzwischen die denn wir haben keine anderen Bücher, die uns die grosse Figur der Medusa vorangetrieben und das Kunst lehren könnten, als die Natur selbst. Eisengerüst hergestellt. Dann übertrug ich sie in Ich versuchte, Gehilfen anzustellen, um mein anatomisch richtiger Weise in einem um einen Werk schneller voranzutreiben, vermochte aber halben Finger kleineren Massstab in Ton und

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brannte sie gut. Daraufhin brachte ich die Wachs- sicht voran, um ihn zu vollenden. Ich hatte ihn schicht an und führte die Figur so aus, wie sie bereits mit Wachs überzogen und erwartete, dass meiner Ansicht nach werden sollte. Der Herzog, er mir in Bronze ebenso gut glücken würde, wie es der mehrere Male zu Besuch gekommen war, hatte bei der Medusa der Fall gewesen war. Als ich ihn grosse Angst, die Figur würde mir in Bronze nicht aufs vorzüglichste in Wachs vollendet hatte, zeigte gelingen, und hätte es gern gehabt, wenn ich einen er sich derart schön, dass er auch dem Herzog, der Meister zu Hilfe riefe, der sie giessen solle. Das ihn betrachtete, ebenso erschien. Ob nun irgend erste Werk, das ich in Bronze goss, war jene jemand den Herzog glauben liess, der Perseus Porträtbüste Seiner Exzellenz, die ich zu der Zeit könne in Bronze so nicht gelingen, oder ob es sich in der Goldschmiedewerkstatt aus Ton geformt der Herzog selbst so vorgestellt haben mochte ... hatte, als ich unter Rückenschmerzen litt. Es er besuchte mich jedenfalls öfters, als er es sonst wurde ein Werk, das Gefallen fand, und ich schuf zu tun pflegte, in meinem Haus und sagte einmal es aus keinem anderen Grund, als um den Ton für zu mir: „Benvenuto, diese Figur kann dir in Bronze den Bronzeguss zu prüfen. Obwohl ich wusste, nicht gelingen, denn die Kunst erlaubt es dir nicht!“ dass der bewundernswerte Donatello seine Von diesen Worten Seiner Exzellenz war ich sehr Bronzewerke mit Hilfe florentinischen Tons betroffen und erwiderte: „Herr, ich muss feststel- gegossen hatte, schien mir doch, er habe sie nur len, dass mir Eure Exzellenz sehr wenig zutrauen; unter grössten Schwierigkeiten ausgeführt. Da ich glaube, dies kommt daher, dass Eure Exzellenz ich glaubte, dies rühre von einem Mangel der Ton­- jenen zu viel Glauben schenken, die soviel Böses erde her, wollte ich, bevor ich mich an den Guss über mich äussern, oder weil sie wahrhaftig nichts des Perseus machte, die entsprechende Sorgfalt davon verstehen!“ aufwenden, mittels derer ich schliesslich heraus- Er liess mich kaum ausreden und entgegnete: „Ich fand, dass der Ton gut war, dass er aber vom glaube, ich verstehe davon etwas – verstehe mich wunderbaren Donatello nicht richtig angewendet sogar bestens darauf!“ worden war. – Ich bereitete aufgrund meiner Ich erwiderte sofort: „Gewiss, als Herr – aber nicht Erfahrung in diesem Handwerk einen Ton vor, als Künstler!“ der mir bestens diente, und mit ihm goss ich, wie Der Herzog hatte grosse Mühe, all meine Begrün- ich bereits erzählt habe, die erwähnte Büste. dungen anzuhören, denn er wandte sich bald Da ich mir noch keinen Ofen gebaut hatte, hierhin, bald dorthin. Ich Armer war jedoch völlig benützte ich den Ofen von Meister Zanobi di verzweifelt, denn ich erinnerte mich an die Pagno, dem Glockengiesser. Und nachdem ich herrlichen Verhältnisse, die ich in Frankreich gesehen hatte, wie sauber der Guss der Büste gehabt hatte, und war deswegen betrübt. Dann herausgekommen war, begann ich in der Werk- sagte der Herzog plötzlich: „Erkläre mir, statt, die mir der Herzog hatte bauen lassen, ­Benvenuto, wie es möglich ist, dass jener schöne einen kleinen Ofen nach eigener Anordnung und Kopf der Medusa oben in der Hand des Perseus je Zeichnung zu errichten. Nachdem ich ihn fertig­ gelingen kann!“ gestellt hatte, machte ich mich so sorgfältig wie Ich antwortete sogleich: „Seht nun, mein Herr, möglich daran, die Figur der Medusa zu giessen, hätten Eure Exzellenz von der Kunst jene Kenntnis, also jener unter den Füssen des Perseus sich die Ihr zu besitzen vorgebt, würdet Ihr, was den – krümmend dargestellten Frauengestalt. Da es wie Ihr sagt – schönen Kopf betrifft, nicht befürch- sich bei diesem Guss um etwas sehr Schwieriges ten, er könne nicht gut werden, sondern würdet – handelte, wollte ich es nicht versäumen, alle wohl mit Recht – um jenen rechten Fuss besorgt Sorgfalt, die ich erlernt hatte, anzuwenden, um sein, der dort unten und so weit weg ist.“ jeglichen Fehler zu vermeiden. Und so gelang der Darauf wandte sich der Herzog, halb erzürnt, an erste Guss, den ich mit meinem kleinen Ofen einige Signori, die sich bei Seiner Exzellenz ausführte, bestens. aufhielten, und sagte: „Ich glaube, dass dieser Benvenuto allein aus Vorwitzigkeit widerspricht!“ Nachdem ich die Medusa gegossen hatte, trieb ich Und ein wenig spöttisch – wie sich auch alle die Arbeit an meinem Perseus mit grosser Zuver- anderen Anwesenden verhielten – kehrte er sich

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wieder mit den Worten zu mir um: „Ich will mit dir jetziges Gussrohr, wie ich bereits erwähnt habe, viel Geduld haben und zuhören, welchen Grund in einer Länge von sechs Ellen bis zu den Füssen du mir wohl dafür anzuführen gedenkst, damit ich reicht und nicht dicker als zwei Finger ist.“ dir Glauben schenken kann.“ „Ich werde Euch einen solchen Grund nennen, Ich schöpfte Vertrauen in mich selbst, machte mir dass Eure Exzellenz völlig davon überzeugt sein guten Mut und verjagte alle jene Gedanken, die werden.“ Und so begann ich: „Herr, Ihr sollt wissen, Stunde für Stunde in mir aufkamen. Sie liessen dass es zur Natur des Feuers gehört, nach oben zu mich oft bittere Tränen vergiessen und bereuen, streben, weswegen ich Euch versprechen kann, Frankreich verlassen zu haben und nach Florenz, dass der Kopf der Medusa bestens gelingen wird; meiner süssen Vaterstadt zurückgekehrt zu sein. da es aber nicht zur Natur des Feuers gehört, Trotz allem erhoffte ich mir aber, dass sich, wenn nach unten zu streben, und es deshalb mit einem ich die begonnene Arbeit am Perseus beendet Kunstgriff sechs Ellen nach unten getrieben hätte, alle meine Mühen in höchste Freude und werden muss, sage ich Eurer Exzellenz, und zwar ruhmreiches Wohlergehen verwandeln würden. aus diesem triftigen Grund, dass jener Fuss So fand ich neue Kraft mitsamt allen Möglichkei- unmöglich gelingen kann, aber es wird für mich ten, die mir mein Körper und meine Mittel boten. ein leichtes sein, ihn nochmals anzufertigen.“ Und obwohl mir nur wenig Geld übriggeblieben Da fragte der Herzog: „Und weshalb sorgst du nicht war, begann ich, mir einige Klafter Fichtenholz zu dafür, dass jener Fuss in genau gleicher Weise beschaffen, die ich aus dem Wald der Seristori gelingt, wie es nach deinen Worten mit dem Kopf nahe bei Monte Lupo erhielt. geschehen wird?“ Ich erwiderte: „Dazu wäre es Während ich darauf wartete, umgab ich meinen nötig gewesen, einen grösseren Ofen zu bauen, so Perseus mit dem Ton, den ich mehrere Monate dass ich einen Abflusskanal vom Umfang meines zuvor zubereitet hatte, damit er die nötige Reife Beines hätte anbringen können, damit ich das hatte. Und nachdem ich seine Kutte – das ist die glühende Metall dank seiner Schwere durch diesen im Handwerk übliche Bezeichnung – aus Ton an- hätte fliessen lassen können, während mein gefertigt, sie bestens gestützt und sehr sorgfältig

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mit Eisen umgürtet hatte, entfernte ich allmählich bunden war, dass sie unerträglich für mich wurde. bei mässigem Feuer das Wachs daraus, das aus Ausserdem musste ich erleben, dass das Feuer vielen Luftlöchern, die ich angebracht hatte, auf die Werkstatt übergriff und wir befürchten herausrann; denn um so mehr Löcher man mussten, das Dach könne auf uns niederstürzen. anbringt, desto besser füllt sich anschliessend die Überdies trieb mir der Himmel vom Garten her Form. Als ich mit dem Arbeitsgang, das Wachs so viel Wasser und Wind entgegen, dass sich mir herauszuholen, fertig war, umgab ich meinen sogar der Ofen abkühlte. Weil ich nun gegen derart Perseus, das heisst, die vorhin genannte Form, mit widrige Vorfälle mehrere Stunden zu kämpfen einem Ärmel von Ziegelsteinen, wobei ich einen hatte, ermüdete ich so sehr, dass meine von Natur an den anderen fügte und viele Zwischenräume aus kräftige Konstitution keinen Widerstand mehr offenliess, damit das Feuer besser hindurchziehen leisten konnte. Und so befiel mich plötzlich das konnte. Dann begann ich behutsam Holz aufzu­ heftigste Fieber, das man sich nur vorstellen kann, legen und liess das Feuer zwei Tage und zwei und ich war gezwungen, mich ins Bett zu legen. Nächte lang ununterbrochen brennen. Nachdem Voller Unzufriedenheit, dass ich notgedrungen alles Wachs herausgeholt und die erwähnte Form fortgehen musste, wandte ich mich an alle, die bestens gebrannt worden war, begann ich damit, mir halfen. Es waren etwa zehn oder mehr an der die Grube, in die meine Form eingegraben werden Zahl; unter ihnen gab es Meister im Bronzeguss, sollte, nach all den schönen Regeln, die uns unser Handlanger, Bauern, eigene Werkstattgehilfen Handwerk vorschreibt, auszuheben. Als ich mit sowie Bernardino Manellini di Mugello, den ich mir dem Ausheben der Grube fertig war, nahm ich schon seit Jahren als Schüler herangezogen hatte. meine Form und richtete sie mit Hilfe von Winden Nachdem ich mich allen empfohlen hatte, sagte und starken Seilen sorgfältig auf. Ich hielt sie eine ich zu ihm: „Sieh, mein lieber Bernardino, beachte Elle oberhalb des Ofenbodens fest und richtete sie die Weisung, die ich dir gegeben habe; mach, so so gut aus, dass sie genau über der Mitte der Grube schnell du nur kannst, denn das Metall wird gleich hing. Dann senkte ich sie ganz sachte bis auf den bereit sein. Du kannst gar nicht fehlgehen; diese Boden des Ofens und setzte sie dann mit aller nur anderen tüchtigen Männer werden die Kanäle erdenklichen Sorgfalt ab. Als ich diese schöne rasch errichten, und mit diesen zwei Rührhaken Arbeit ausgeführt hatte, deckte ich die Form mit werdet ihr die zwei Keilstöpsel ohne Schwierig­ derselben Erde wieder zu, die ich zuvor ausge­ keiten entfernen können. Ich bin sicher, dass sich hoben hatte; und im selben Abstand, wie ich die meine Form bestens füllen wird. Ich fühle mich so Erde ansteigen liess, brachte ich die Luftröhren an. elend, wie ich mich noch nie gefühlt habe, seit ich zur Welt gekommen bin; ich glaube, dass mich Als ich festgestellt hatte, dass die Form bestens dieses grosse Übel in wenigen Stunden umbringen befestigt war, wandte ich mich meinem Ofen zu. wird.“ Während ich mich in massloser Pein befand, Ich hatte diesen mit vielen Kupfer- und Bronze­ war mir, als sähe ich, wie ein Mann in meine stücken füllen lassen und Stück für Stück nach der Kammer trat, der so gekrümmt wie ein grosses S Regel, die uns unsere Kunst lehrt, so angeordnet – schien; er sprach mit einer traurigen und kummer- das heisst in der Weise übereinandergeschichtet –, vollen Stimme, wie jene sie haben, die Gott die dass ich dem Feuer einen Durchlass verschaffte, Seele der zur Hinrichtung Schreitenden empfehlen, damit das Metall sich rascher erhitzen, schmelzen und sagte: „O Benvenuto, Euer Werk ist verdorben, und flüssig werden konnte. Voller Zuversicht es gibt keinerlei Abhilfe mehr!“ Kaum hatte ich erteilte ich dann den Befehl, das Feuer des Ofens diese Worte des Unseligen vernommen, stiess ich anzuzünden. einen so gewaltigen Schrei aus, dass man ihn vom Dank dem reichlich vorhandenen Harz, welches Feuerhimmel aus gehört hätte. Ich erhob mich vom das Fichtenholz, das man hineingelegt hatte, Bett, griff zu meinen Kleidern und begann mich ausscheidet, und der vortrefflichen Bauweise anzuziehen. Nachdem ich mich ganz angekleidet meines Ofens brannte dieser so gut, dass ich hatte, ging ich in die Werkstatt, wo ich alle diese gezwungen war, bald da, bald dort Hand anzu­ Leute, die ich in solchem Übermut verlassen hatte, legen, was mit einer solchen Anstrengung ver­ erschreckt und bestürzt sah. Unverzüglich sah ich

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nach dem Ofen und stellte fest, dass das Metall nicht gelungen war – wie ich es Seiner Exzellenz geronnen war oder – wie man es nennt – einen von Anfang an gesagt hatte –, sah ich, wie er nur Kuchen gebildet hatte. Ich befahl zwei Hand­ staunte, und er erzählte der Herzogin, ich hätte es langern, sie sollten ins gegenüberliegende Haus ihm so vorausgesagt. des Metzgers Capretta laufen, um mir ein Klafter Holz junger Eichen zu holen, und begann mit dem Wie es nun meinem ruhmreichen und unsterb­ Füllen des Feuerherdes. Als nun besagter Kuchen lichen Gott gefiel, vollendete ich mein Werk und der Wirkung jenes schrecklichen Feuers ausge- deckte es an einem Donnerstagmorgen vollständig setzt war, hellte er sich allmählich auf und begann auf. Es war noch nicht einmal hell, als sich eine aufzublitzen. so unermesslich grosse Menschenmenge versam- Nachdem ich all diesem Wüten Abhilfe geschaffen melte, dass es wohl unmöglich wäre, es zu be- hatte, rief ich mit lauter Stimme bald diesem, bald schreiben. Alle wetteiferten einhellig darin, wer jenem zu: „Bring her! Nimm dort weg!“, so dass mir wohl das Beste darüber sagen könne. Der Herzog die ganze Schar – nachdem man festgestellt hatte, stand an einem der unteren Fenster des Palastes, dass sich der Kuchen verflüssigte – mit grosser das sich über dem Tor befindet, und halb hinter Bereitschaft gehorchte. dem Fenster verborgen, hörte er alles, was man Auf einmal hörte man ein lautes Dröhnen, das von über das Werk sagte. Nachdem er mehrere einem mächtigen Feuerschein begleitet war, so Stunden zugehört hatte, entfernte er sich voller dass es schien, mitten unter uns habe sich ein Stolz und Zufriedenheit, wandte sich an seinen Blitzstrahl gebildet. Wegen dieses ungewöhnlichen Messer Sforza und sprach: „Sforza, geh und suche und furchteinflössenden Ereignisses waren alle Benvenuto auf. Sage ihm in meinem Namen, er fassungslos, ich noch mehr als die anderen. Als habe mich weit mehr zufriedengestellt, als ich es der gewaltige Lärm und Feuerglanz vorüber war, erwartet hätte, und richte ihm aus, dass ich nun stellte ich fest, dass die Deckenwölbung des Ofens ihn so zufriedenstellen will, dass ich ihn in Staunen geborsten war und sich so gehoben hatte, dass die versetzen werde. Sage ihm also, er solle guten Bronze überfloss. Ich liess sogleich die Öffnungen Mutes sein!“ meiner Form freilegen und die beiden Zapfen Messer Sforza überbrachte mir diese ruhmvolle wegschlagen. Und als ich sah, dass das Metall Botschaft, die mich tröstete. Der Tag war für mich nicht mit der üblichen Geschwindigkeit ausfloss, ein Freudentag, zum einen wegen dieser guten liess ich alle meine Schüsseln, Teller und Platten Nachricht, zum anderen, weil mich die Leute aus Zinn holen – es waren ungefähr zweihundert –, diesem und jenem mit dem Finger zeigten, so als schichtete sie vor den Kanälen auf und liess einen sei ich etwas Wunderbares oder Neuartiges. Teil in den Ofen werfen. Als nun jeder sah, dass sich meine Bronze bestens verflüssigt hatte und meine Form sich allmählich füllte, halfen und gehorchten mir alle mutig und freudig.

Nachdem ich mein gegossenes Werk während zweier Tage hatte erkalten ließ, begann ich es ganz sachte aufzudecken. Nachdem ich gesehen hatte, dass es so gut gelungen war, reiste ich sofort nach Pisa, um meinen Herzog aufzusuchen. Er bereitete mir einen so angenehmen Empfang, wie man es sich nur vorstellen kann, und das gleiche tat die Herzogin. Obwohl sie ihr Haushofmeister bereits Benvenuto Cellini: Mein Leben. über alles in Kenntnis gesetzt hatte, schien es Ihren Die Autobiographie eines Künstlers Exzellenzen eine noch vortrefflichere und wunder- aus der Renaissance, barere Sache zu sein, alles von mir selbst zu hören. übersetzt von Jacques Laager, Als ich dann zu jenem Fuss des Perseus kam, der Manesse Verlag, Zürich, 2000.

30 31.8.19 Ausstellungsfoyer des Kammermusiksaal

PERSEUS

„Quartett der Kritiker“

So / Sun, 31.8. Eleonore Büning Freie Musikjournalistin

17:0 0 Volker Hagedorn Ausstellungsfoyer Journalist und Autor des Buches Der Klang von Paris des Kammermusiksaals Michael Stegemann Professor für Musikwissenschaft, Musikjournalist

Susanne Benda Musikredakteurin, Stuttgarter Nachrichten

sprechen und diskutieren über die Oper Benvenuto Cellini von Hector Berlioz

Olaf Wilhelmer Moderation Deutschlandfunk Kultur

Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin in Zusammenarbeit­ mit Deutschlandfunk Kultur und dem Preis der deutschen ­Schallplattenkritik e.V.

31 BIOGRAFIE – KOMPONIST

32 BIOGRAFIE – KOMPONIST

Nach der Symphonie fantastique erhielt Berlioz eine Reihe ehrenvoller Kompositionsaufträge. Seine künstlerischen Konzeptionen blieben dabei im Grenzbereich zwischen absoluter Musik und musikalischem Erzählen angesiedelt. Mit neuartig konzipierten symphonischen Werken wie Harold en Italie und Roméo et Juliette oder auch dem Requiem hatte er durchaus Erfolge. Seine litera- risch ambitionierte Künstleroper Benvenuto Cellini, die quer zur konventionellen Operndrama- Hector Berlioz turgie steht, fiel dagegen geradezu spektakulär durch und brachte es nur auf drei Vorstellungen. ie Entdeckung der Klangfarbe als eigen- Letztlich gelang es Berlioz insbesondere in Paris ständiges, zentrales Gestaltungsmittel ist nicht, sich als Musiker wirklich durchzusetzen, Dwohl die wichtigste Neuerung im Schaffen und so blieb er zeitlebens auf die Einkünfte aus von Hector Berlioz (1803 – 1869). Seine besondere Brotberufen als Journalist – der glänzend zu klangliche Imaginationskraft führte ihn fast schreiben vermochte – und als Bibliothekar schon automatisch zur Orchestermusik, die er angewiesen. Hinzu kam ab 1835 eine Tätigkeit nicht nur durch seine Werke, sondern auch durch als Dirigent, wobei Berlioz vor allem als Anwalt seine Abhandlung zur Instrumentation tiefgreifend eigener Kompositionen auftrat. beeinflusst hat. In der Überarbeitung durch Im Laufe der 1840er Jahre wandelte sich Richard Strauss stellt sie ein viel genutztes Berlioz‘ Position im Musikleben. Im Vergleich mit Standardwerk auf diesem Gebiet dar, ohne das jüngeren Komponisten wie Liszt und Wagner, die die Entwicklung des modernen Orchesters nicht ihm künstlerisch in Vielem verpflichtet waren, denkbar wäre. wirkte der ehemalige Revolutionär Berlioz nach­ Berlioz hat sein Leben rückschauend als einen gerade konservativ. Die Oper Les Troyens, das „unwahrscheinlichen Roman“ empfunden. In der zentrale Projekt seines späteren Schaffens, konnte Tat verlief es in einem abenteuerlichen Auf und Ab Berlioz zu Lebzeiten nicht seinen Vorstellungen zwischen heftigen Liebesaffären, großen Erfolgen entsprechend auf die Bühne bringen. Eine stark und beruflichen Desastern, fast durchweg begleitet gekürzte Fassung wurde aber 1863 zu einem von finanziellen Sorgen. Der Komponist stammt großen Erfolg. In den 1860er Jahren fühlte sich aus einem kleinen Ort am Fuße der französischen Berlioz zunehmend isoliert und verlor sich in Alpen und sollte eigentlich Arzt werden – wie sein depressiver Resignation. Er starb kurz nach der Vater. Das halbherzig betriebene Medizinstudium Rückkehr von einer Konzertreise in Russland am gab Berlioz jedoch 1826 auf, um sich ganz der 8. März 1869 in Paris. Musik zu widmen. 1830 schuf er dann sein Meisterwerk, die Symphonie fantastique, die im Dezember desselben Jahres uraufgeführt wurde. In dieser Symphonie wischt Berlioz zahlreiche, zuvor für unantastbar gehaltene Gattungskonventionen beiseite und führt eine gleichsam dichterische, erzählende Gestaltungsweise von enormer Anschaulichkeit und dramatischer Schlagkraft in die Musik ein.

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2017 feierte Gardiner zusammen mit den Monte- verdi-Ensembles den 450. Geburtstag Claudio Monteverdis in Europa und in den USA mit halb- szenischen Aufführungen aller drei über­lieferten Opern Monteverdis. Dieses Projekt wurde mit dem Royal Philharmonic Society Musik Award in der Sir John Eliot Gardiner Kategorie Oper und Musiktheater aus­gezeichnet. Zuletzt sind bei Soli Deo Gloria Einspielungen ir John Eliot Gardiner gilt als einer der mit Bachs Magnificat in e-Moll und die Matthäus weltweit innovativsten und dynamischsten Passion erschienen und mit dem London SMusiker und als Vorreiter visionärer Sym­phony Orchestra die Symphonie Nr. 2 von Interpretationen. Er ist eine der Leitfiguren des Felix Mendelssohn Bartholdy. 2018 unternahm aktuellen Musiklebens. Seine Arbeit mit dem Gardiner – zusammen mit dem Monteverdi Choir Monteverdi Choir, den English Baroque Soloists und den English Baroque Soloists – eine Neu- und dem Orchestre Révolutionnaire et Roman- auflage der Bach-Kantaten-Pilgerfahrt zu einigen tique, deren Gründer und künstlerischer Leiter er der berühmtesten Konzertsäle und Kirchen ist, haben ihn zur Schlüsselfigur der Wiederent­ Europas, bevor er mit dem Monteverdi Choir und deckung Alter Musik und zum Pionier der histo­ dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique risch informierten Aufführungspraxis gemacht. eine Reihe hochgelobter Aufführungen von Verdis Als regelmäßiger Gast weltweit führender Requiem gab. Gardiner demonstrierte sein er­- Symphonieorchester, wie dem London Symphony neu tes­ Engagement für Berlioz’ Musik mit einer Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayeri- umfangreichen Tournee seiner wichtigsten schen Rundfunks, dem Royal Concertgebouw symphonischen Werke (einschließlich Harold en Orchestra Amsterdam und dem Gewandhausor- Italie, Lélio und Symphonie Fantastique ) durch chester Leipzig, dirigiert Gardiner Repertoire vom Europa und die USA. Im Berlioz-Jahr 2019 ehrt 17. bis zum 20. Jahrhundert. Die ganze Spannbreite Sir John Eliot Gardiner diesen Komponisten mit seines Repertoires erschließt sich aus seinen der halbszenischen Aufführung seiner ersten Oper über 250 preisgekrönten Einspielungen, die er Benvenuto Cellini, die er auf einer Tournee in mit seinen eigenen Ensembles wie führenden Frankreich und Deutschland präsentiert. Orchestern für große Labels (wie die Deutsche Als Experte für die Musik von J. S. Bach hat Grammophon, Decca, Philips und Erato) gemacht Sir John Eliot Gardiner im Oktober 2013 bei Allen hat. Seine Diskographie umfasst neben Werken Lane sein Buch Music in the Castle of Heaven: A aus der Renaissance und dem Barock auch Portrait of Johann Sebastian Bach veröffentlicht, Komponisten wie Mozart, Schumann, Berlioz, für das ihm der Prix des Muses (Singer-Polignac) Elgar und Kurt Weill. Sir John Eliot Gardiner hat verliehen wurde. Unter seinen vielen Auszeich- mehr Schallplattenpreise als jeder andere lebende nungen finden sich mehrere Ehrendoktorwürden Künstler erhalten. Seine vielen Ehrungen umfas- als Anerkennung seiner Arbeit. In Großbritannien sen außerdem zwei Grammy Awards. wurde er 1998 für seine Verdienste um die Musik Sir John Eliot Gardiner hat auch Operninsze- zum Ritter geschlagen. nierungen am Royal Opera House Covent Garden, an der Wiener Staatsoper und der Mailänder Scala dirigiert. Von 1983 bis 1988 war er künstlerischer Leiter der Opéra de Lyon, deren neues Orchester er gründete.

35 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Michael Sophia Spyres Burgos

ichael Spyres gehört zu den am meisten ie puerto-ricanische Sopranistin Sophia gefragten Tenören seiner Generation. Burgos macht sich derzeit in der internatio- MIn Missouri geboren, begann er seine Dnalen Szene einen Namen als Sängerin mit Ausbildung in den USA und setzte sie am Wiener einer großen Bühnenpräsenz. Konservatorium fort. Internationale Aufmerksam- Ihre jüngsten Erfolge waren Crumbs Ancient keit erlangte er zuerst im Jahr 2008 als Otello Voices of Children mit dem SWR Sinfonieorchester bei Rossini in Wildbad und als Ensemblemitglied und Theodor Currentzis, die Rolle Fox in The der Deutschen Oper Berlin, wo er als Tamino Cunning Little Vixen mit dem London Symphony debütierte. Orchestra und Sir , Maria in West Side Weitere Höhepunkte seiner Karriere waren Story und Sir John Eliot Gardiner beim Edinburgh unter anderem Auftritte an der Mailänder Scala, International Festival, Ann Truelove in The Rake’s La Monnaie, der Königlich Niederländischen Oper, Progress mit dem London Philharmonic Orchestra der Semperoper Dresden, der Lyric Opera Chicago, und Vladimir Jurowski, eine CD-Aufnahme sowie der Carnegie Hall, am Gewandhaus, der Bunka Konzerte mit dem Sinfonieorchester Basel und Ivor Kaikan Hall, in Aix-en-Provence und Pesaro. Bolton, Quatre Chants Pour Franchir Le Seul von Engagements in der Spielzeit 2019 / 20 sind Gérard Grisey an der Hamburger Elbphilharmonie, unter anderem sein Debüt an der Metropolitan Brittens Les Illuminations bei den Bregenzer Opera ( La Damnation de Faust ) und am Theater Festspielen, Bernsteins Songfest mit dem BBC an der Wien ( La Vestale ), Aufführungen an der Symphony Orchestra und dem MDR-Sinfonieor- Bayerischen Staatsoper ( Les Contes d’Hoffmann, chester, Claude Viviers Lonely Child mit dem Guillaume Tell ), der Wiener Staatsoper ( Lucia Mahler Chamber Orchestra und Teodor Currentzis di Lammermoor ) und der Nationaloper in Paris sowie Belinda in Dido and Aeneas beim Festival ( Il Pirata ). Zu seinen jüngsten Auftritten gehören d’Aix-en-Provence. La Cenerentola an der Wiener Staatsoper, La Höhepunkte in der Spielzeit 2019 / 20 sind Clemenza di Tito an der Pariser Oper, Mitridate unter anderem ihr Rollendebut als Despina in am Royal Opera House, Covent Garden, Orlando Così Fan Tutte an De Nationale Oper Amsterdam Paladino in Zürich, Les Contes d’Hoffmann an der sowie als Zerlina in Don Giovanni und Susanna Bayerischen Staatsoper, La Favorite am Liceu in Le Nozze di Figaro am Brüsseler La Monnaie. Barcelona, La Damnation de Faust bei den BBC Proms, Carmen und Fidelio in Paris und Schuberts Es-Dur Messe bei den Salzburger Festspielen.

36 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Matthew Adèle Rose Charvet

atthew Rose studierte am Curtis Insti­- ie junge französische Mezzosopranistin tute of Music und wurde anschließend Adèle Charvet studierte am Pariser MMitglied des Young Artist Programme DNationalkonservatorium bei Professor am Royal Opera House, Covent Garden. Im Jahr Elèna Golgevit. 2006 debütierte er mit großem Erfolg an der Ihre Begeisterung für das Song- und Lieder­ Glyndebourne Festival Opera als Bottom in repertoire brachte sie dazu, 2015 ein Duo mit dem Brittens A Midsummer Night’s Dream. Für diese Pianisten Florian Caroubi zu gründen, mit dem Interpretation erhielt er den John Christie Award; sie den Mélodie-Preis beim Internationalen Duo- seither ist er an Opernhäusern in aller Welt zu Wettbewerb für Gesang und Klavier Nadia et Lili erleben. Boulanger in Paris gewann. Im Jahr 2016 gewan- Zu den Höhepunkten der Spielzeit 2018 / 19 nen sie unter anderem den Großen Duo-Preis gehört eine Rückkehr an die Metropolitan Opera beim Internationalen Gesangswettbewerb in als Colline und Ashby (in Puccinis La Fanciulla ‘s-Hertogenbosch in den Niederlanden. 2017 wurde del West ) und ein Engagement als Pimen in Adèle Charvet in Verbier mit dem Yves Paternot- Mussorgskys Boris Godunov am Covent Garden. Preis als herausragende Musikerin der Akademie Demnächst wird er unter anderem zu hören sein ausgezeichnet. Sie debütierte mit einer Rolle in Mozarts Requiem mit Manfred Honeck und in Borodins Prinz Igor an der Niederländischen dem New York Philharmonic, als Nick Shadow Nationaloper und sang danach die Rollen der in Strawinskys The Rake’s Progress mit Vladimir Mercedes in Carmen am Royal Opera House Jurowski und dem London Philharmonic Or- Covent Garden, Rosina im Il Barbiere di Siviglia chestra, Bartóks Cantata Profana und Haydns in Bordeaux und Javotte in Manon sowie an der Nelson-Messe mit dem London Symphony Or- Opèra Comique. chestra, Berlioz‘ L’Enfance du Christ mit Edward Demnächst wird sie an der Nationaloper in Gardner und dem BBC Symphony Orchestra, Paris in Rigoletto und Carmen zu erleben sein, einem Konzert in der Londoner Wigmore Hall in Roméo et Juliette in Bordeaux und als das sowie bei einer Konzerttour durch Europa mit dem Blumenmädchen in Parsifal in Toulouse. Zudem Monteverdi Choir. wird sie in einer Konzertreihe mit dem Ensemble Pygmalion unter der musikalischen Leitung von Raphaël Pichon auftreten.

37 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Tareq Krystian Nazmi Adam

er Bassist Tareq Nazmi sammelte erste rystian Adam machte im polnischen Bühnenerfahrungen am Opernstudio der Wroclaw eine Ausbildung zum Gesangs- DBayerischen Staatsoper und wurde später Kund Musiklehrer und setzte seine Studien festes Ensemblemitglied des Hauses. Er war dort danach am Conservatorio di Musica Giuseppe in verschiedenen Rollen zu hören, darunter Verdi in Mailand fort. Er debütierte in der Rolle des Masetto, Truffaldino, Publio oder Osman in Les Conte d’Almaviva in Il Barbiere di Siviglia und Indes galantes. sang danach die Titelrolle in La Clemenza di Tito In der vergangenen Spielzeit debütierte er am und den Paolino in Il Matrimonio Segreto. Theater St. Gallen in der Rolle des Filippo ( Don Zu den Höhepunkten seiner erfolgreichen Carlo ), war als Banco ( Macbeth ) in Antwerpen zu Karriere zählen Händels Rodelinda (Grimoaldo) erleben und war Protagonist einer Konzerttour mit mit Ian Adamus und der Capella Cracoviensis, Verdis Requiem mit Auftritten in Luzern, Mailand, die Uraufführung von Fabio Vacchis Teneke (sein Hamburg, Athen, Wien und Brüssel unter der Debut am Mailänder Teatro alla Scala im Jahr musikalischen Leitung von Teodor Currentzis, 2007), dirigiert von Roberto Abbado, Händels sang in Beethovens Missa Solemnis , dirigiert von Israel in Egypt mit Diego Fasolis, Händels Il Triofo Kirill Petrenko, in München und trat gemeinsam del Tempo e del Disinganno (Tempo) mit Fabio mit dem Pianisten Gerold Huber bei Lieder- Bonizzoni, die Premiere der neuen Inszenierung abenden in Köln, Regensburg und Ingolstadt auf. von Piccinis Il Finto Turco mit Federico Guglielmo, Unter den Höhepunkten vergangener Spielzeiten die Rolle des Lurcanio in Ariodante mit Federico wären seine Interpretationen von Bottom in Maria Sardelli in Beaune und Santiago de Com­ Brittens A Midsummer Night’s Dream in einer postela, die Premiere von Salieris Il Mondo alla Produktion von Damiano Michieletto in Theater Rovescia am Teatro Filarmonico in Verona, an der Wien ebenso zu nennen wie der Sprecher Purcells Dido and Aeneas am Teatro La Fenice in in Mozarts Zauberflöte mit Constantinos Carydis Venedig unter der Leitung von Attilio Cremonesi, bei den Salzburger Festspielen. In der Spielzeit Pergolesis Dixit Dominus unter Claudio Abbado 2019 / 20 wird Tareq Nazmi als Colline an der mit dem Orchestra Mozart (Einspielung für Metropolitan Opera debütieren und in einer Deutsche Grammophon) und Glucks Le Cinesi bei szenischen Produktion von Verdis Requiem an den Potsdamer Musikfestspielen Sansoucci und der Hamburger Staatsoper zu hören sein, ebenso am Theater Winterthur mit Werner Erhardt und wie in einer neuen Produktion von Beethovens L’Arte del Mondo. Fidelio von Mateja Koležnik am Festspielhaus Baden-Baden.

38 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Lionel Ashley Lhote Riches

ionel Lhote begann seine Gesangsaus­ er britische Bassbariton Ashley Riches bildung an der Académie de Musique de studierte Anglistik an der University of LLa Bouverie-Frameries bei seinem Vater. DCambridge, wo er dem namhaften King’s Anschließend studierte er bei Marcel Vanaud und College Choir angehörte. Danach studierte er an Jacques Legrand am Conservatoire Royal in der Guildhall School of Music and Drama und Mons und schloss anschließend sein Studium am wurde anschließend in das Jette Parker Young Brüsseler Conservatoire Royal de Musique mit Artist Programme am Royal Opera House auf­ einem ersten Preis für Konzertgesang und einem genommen. Diplom mit höchster Auszeichnung ab. Engagements führten ihn an das Royal Opera In der Spielzeit 2017 / 2018 war Lionel Lhote House, die English National Opera, die Opéra in Toulon in der Rolle des Sharpless in Madama National de Lorraine, die Berliner Philharmonie, Butterfly zu erleben, am Königlichen Opernhaus in zum Gabrieli Consort und zum Philharmonia Or- Lüttich als Escamillo in Carmen und noch einmal chestra. Er arbeitete mit Dirigenten wie Esa-Pekka in Monte Carlo, diesmal als Valentin und später als Salonen, Robin Ticciati, Sir John Eliot Gardiner, Directeur de la Troupe (Rollendebüt) in Pinocchio, Sir Simon Rattle, Christian Curnyn und Sir Roger der jüngsten Oper des belgischen Komponisten Norrington. Philippe Boesmans, die am Opernhaus in Bor- Unter seinen Lied-Einspielungen sind die deaux wiederaufgenommen wurde. Erwähnens- Chansons Gaillardes von Poulenc mit Graham wert sind weiterhin sein Debüt als Don Carlo in Johnson (Hyperion), die Songs von Arthur Sullivan Verdis Ernani und seine Auftritte in Il Barbiere di mit David Owen Norris (Chandos) und eine Siviglia (Titelrolle), beide am Königlichen Opern- Ersteinspielung­ der Vertonung von William haus in Lüttich, sein unvergleichlicher Dandini Shakespeares Sonetten durch Mario Castelnuovo- in La Cenerentola an der Staatsoper Stuttgart Tedesco mit Emma Abbate (Resonus) zu erwäh- und sein Debüt an der Opéra National de Paris nen. Außerdem wirkte er bei Aufnahmen von als Johann in Werther. Zuletzt brillierte er als Händels L’Allegro, il Pensieroso ed il Moderato mit ­Somarone in zwei verschiedenen Inszenierungen dem Gabrieli Consort mit, sang bei der Aufnahme von Hector Berlioz‘ Béatrice et Bénédict, eine von Bachs Matthäus-Passion (Paul McCreesh, am Brüsseler Opernhaus La Monnaie und eine Gabrieli Consort) die Bassarien des Pilatus, mit beim Glyndebourne Festival. dem Monteverdi Choir (Soli Deo Gloria) sowie die Rolle des Jesus in Bachs Johannes-­Passion mit dem Crouch End Festival Chorus, die erste Aufnahme in englischer Sprache seit mehr als 50 Jahren.

39 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Duncan Noa Meadows Naamat

uncan Meadows ist ein britischer Schau- ie israelische Regisseurin Noa Naamat spieler und Straßenkünstler, der durch arbeitet zurzeit im Rahmen des renommier- Dseine Auftritte als Henker in Salome, einer Dten Jette Parker Young Artist Programm am Produktion des Royal Opera House, bekannt Königliches Opernhaus, Covent Garden. Naamat geworden ist. hat bereits an über 40 Produktio­ nen in Israel, Meadows war oft als Straßenkünstler in Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz, USA, Londons geschäftigem Stadtviertel Covent Garden Großbritannien und Irland mitgewirkt. zu sehen, wo er als menschliche Statue einen Ihre Regie-Arbeiten umfassen Don Pasquale, Zenturio, einen römischen Offizier, in einem selbst L‘elisir d’amore und Don Giovanni für das Arezzo entworfenen Kostüm darstellte. 2007 wurde er Opera Festival, La voix Humaine für das Studio­ von Sir David McVicar, dem Regisseur von Salome, theater Schloss Belvedere Weimar und Antonio entdeckt und für die Rolle des „Henkers“ engagiert. Salieris Prima la musica und poi le parole für das Obwohl Meadows bereits in vielen Werbekampag- Royal Conservatoire of Scotland. nen und Fernsehrollen mitgewirkt hatte, musste Ihre Neuproduktion von Il matrimonio segreto er sich seine Rollen als Hauptdarsteller schwer für das Baldwin Wallace Conservatory of Music erarbeiten. Dies änderte sich 2009, als der frühere gewann den Opernproduktionswettbewerb der Star von Grange Hill und East Enders, Todd Carty, National Opera Association. ihm in seinem Regiedebüt-Spielfilm The Perfect In der Spielzeit 2017 / 2018 gab sie ihr Debüt Burger (2010) die Rolle des Elton gab. Danach am Royal Opera House, wo sie in der Young Artists wurde er vom Hollywood-Science-Fiction-Autor Summer Performance Ausschnitte aus Ariadne und Regisseur Neil Gaiman, der für seine Arbeiten auf Naxos, The Rake‘s Progress, Hamlet und zu Stardust und Beowulf berühmt ist, für eine L‘italiana in Algerie als Regisseurin betreute. Schlüsselrolle in seinem Kurzfilm Statuesque Highlights der Saison 2018 / 2019 waren die Regie ausgewählt. 2010 gab er sein Kinodebüt in von Henzes Phaedra am Royal Opera House und Bonded by Blood und gastierte in der BBC-Fantasy- ihre Rückkehr zum Programm Young Artists Abenteuerserie Merlin. 2012 spielte er zusammen Summer Performance. mit dem britischen Schauspieler Bob Hoskins Naamat hat ein Masterstudium in Fach Regie in dem Spielfilm Outside Bet. Duncan Meadows am Royal Conservatoire of Scotland absolviert arbeitet weiterhin als Schauspieler, kann aber und davor Theatre Practice an der Royal Central gelegentlich immer wieder einmal auch als School of Speech and Drama studiert sowie Straßenkünstler in Covent Garden entdeckt Operngeschichte und Italianistik an der Accade- werden. mia Europea di Firenze. Sie hat außerdem an der Regieausbildung des Lyric Opera Studio Weimar und am Oberlin Summer Opera Program in Italien teilgenommen und erhielt ein Stipendium der Richard-Wagner-Stipendienstiftung Bayreuth und der Accademia Europea dell‘Opera.

40 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Sarah Denise Rick Cordery Fisher

achdem Sarah Denise Cordery jahrelang er aus Philadelphia stammende Rick in Modedesignbüros gearbeitet und sich Fisher gewann zwei Mal den Olivier Award Nvom Junior Designer zum Senior Product Dfür bestes Lichtdesign und den Tony Developer durch Marken und Kontinente ge­- Award für das Licht in An Inspector Calls und kämpft hatte, machte sie sich Anfang des Jahres Billy Elliot am Broad­way. Mit John Eliot Gardiner auf den Weg in die Selbstständigkeit und eröffnete hat er bereits in Produktionen von Leonore, das kreative Online-Portal Sarah Denise Studio. Die Zauberflöte und A Midsummer Night’s Dream Sie hilft anderen, ihre Produktionen, Produkte zusammengearbeitet. Außerdem entwarf und Marken durch preisgekrönte Design und er das Licht u. a. für Consent (National Theatre, Branchenerfahrung zum Erfolg zu führen. Dies London), Rent (auf Tournee in Großbritannien); erlaubt ihr auch ihre Leidenschaft für das Kostüm- What’s in a Name, An Inspector Calls, Sunny design, die sie während ihrer Zeit als Tänzerin Afternoon, Judas Kiss (New York, Toronto, entwickelt hat, mit einzubringen. London), The Audience (West End, Broadway) Seit ihrem zweiten Lebensjahr hatte Sarah sowie Matthew Bournes Swan Lake und Billy Ballettunterricht und tritt heute regelmäßig als Elliot. Burlesque- und Trapezkünstlerin auf. Sie hat einen international anerkannten Contour Fashion Degree Course absolviert und setzt nun ihr Können im Entwerfen von Miederwaren und Performance- Bekleidung ein, um Charaktere und Emotionen in der Welt des Theaters zu vermitteln.

41 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Monteverdi Choir

er weltweit gefeierte Montverdi Choir, in den 1960er-Jahren von Sir John Eliot DGardiner gegründet, legt seit jeher Wert darauf, durch eine Verbindung aus vollendeter Chortechnik und historischer Aufführungspraxis sein Repertoire aus immer neuen Blickwinkeln zu betrachten. Weit über die Musik hinaus ver- sucht der Chor, durch die visuelle Wirkung seiner Auftritte die Intensität der Erfahrung seiner Zuhörer*innen noch zu steigern und nutzt dabei oft die Gegebenheiten der verschiedenen Auftritts- orte, um möglichst unmittelbar und dramatisch zu wirken. Dieser ausgesprochen vielseitige Chor tritt sowohl bei formalen Konzerten, szenischen Konzerten und in Opernformaten auf. Er arbeitet mit führenden künstlerischen Partnerorgani­ sationen aus aller Welt zusammen, darunter das Gewandhausorchester Leipzig, die Hofesh Shechter Dance Company, der National Youth Choir of Scotland, die Opéra Comique, das Royal Opera House Convent Garden, das Théâtre du Sopran Châtelet sowie Gardiners eigene Formationen English Baroque Soloists (EBS) und Orchestre Emily Armour Révolutionnaire et Romantique (ORR). Elenor Bowers-Jolley Zu den jüngsten Erfolgen gehört unter Zoe Brookshaw anderem die preisgekrönte Monteverdi 450 Christine Buras Trilogy -Tournee, bei welcher der Chor alle drei Amy Carson erhaltenen Opern Monteverdis in ganz Europa Sam Cobb* sowie den Vereinigten Staaten aufführte. 2018 Hilary Cronin bot der Monteverdi Choir im Rückgriff auf seine Rebecca Hardwick ikonische Bach Cantata Pilgrimage verschiedene Angela Hicks Konzerte mit gemischten Programmen aus den Eloise Irving heiligen Kantaten des Komponisten gemeinsam Emily Kirby-Ashmore mit dem EBS dar, bevor er mit dem ORR eine Gwendolen Martin Reihe gefeierter Aufführungen von Verdis Chloe Morgan Requiem präsentierte – darunter ein Konzert in Emma Nash der Westminster Cathedral zugunsten von Cancer Alison Ponsford-Hill Research, das seitdem als Meilenstein gilt. Elinor Rolfe-Johnson In der näheren Zukunft führt der Chor Auf­ Angharad Rowlands führungen von Berlioz‘ Benvenuto Cellini sowie Debüts in Russland und Südamerika mit einem Programm geistlicher Musik durch, darunter Werke von Carissimi, Monteverdi, Purcell und Scarlatti.

42 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Alt Tenor Bass

Francesca Biliotti Mark Bonney Alex Ashworth Luthien Brackett John Bowen James Birchall Margaret Bridge Andrew Busher Geoffroy Buffière Rosie Clifford Peter Davoren Daniel D‘Souza Christie Cook Edmund Hastings Robert Davies Jessica Dandy Thomas Herford Sam Evans Sarah Denbee Nicholas Keay Ben Kazez Clara Kanter Thomas Kelly Michael Lafferty* Rozanna Madylus Angus McPhee* Alistair Ollerenshaw Melanie Sanders Graham Neal Edmund Saddington Benedict Quirke Jon Stainsby Cameron Rolls David Stuart Edward Ross Humphrey Thompson Gareth Treseder Lawrence Wallington Kieran White Christopher Webb

* 2018 – 19 Monteverdi Apprentices

43 BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Orchestre Révolutionnaire et Romantique

989 von Sir John Eliot Gardiner gegründet, hat sich das Orchestre Révolutionnaire et Roman- 1tique (ORR) als Ziel gesetzt, die stilistische Wiedergabetreue und Ausdrucksstärke der renommierten English Baroque Soloists in die Musik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts einzu- bringen. Das ORR wurde seither für seine Interpre- tationen aller bedeutenden frühromantischen Flöte Komponisten von Berlioz bis Beethoven sowie für Marten Root Werke von Komponisten von Verdi bis Debussy Lina Leon ausgezeichnet. 2018 setzte es sein Engagement für die Musik von Hector Berlioz fort und unternahm eine Piccolo ausgedehnte Tournee durch Europa und die USA Lina Leon mit dessen bedeutendsten symphonischen Werken (darunter Harold en Italie, Lélio und Symphonie fantastique ), deren Höhepunkt zweifellos ein Auf- Oboe / Englisch Horn tritt bei den BBC Proms war mit der Star-Mezzo­ Michael Niesemann sopranistin Joyce DiDonato. Auch präsentierte das Rachel Chaplin ORR mehrfach Verdis monumentales Requiem zusammen mit dem Monteverdi Choir auf einer von der Kritik gefeierten Europatournee. Die Klarinette Berlioz-Feierlichkeiten des ORR finden 2019 ihren Timothy Lines Höhepunkt – in diesem Jahr jährt sich der Todestag James Maltby des Komponisten zum 150. Mal. Aus diesem Anlass wird das ORR zusammen mit dem Monteverdi Choir und einer Riege internationaler Solisten Bassklarinette unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner James Maltby Berlioz’ erste Oper Benvenuto Cellini halbszenisch und auf historischen Instrumenten im Rahmen einer Europa-Tournee aufführen. Eine schöne Fagott Koinzidenz dabei ist: Diese Konzerte finden genau Veit Scholz 30 Jahre nach der Gründung des ORR statt. Thomas Quinquenel Das Orchestre Révolutionnaire et Romantique Antoine Pecqueur steht unter der Schirmherrschaft von HRH The Philip Turbett Prince of Wales.

44 Horn Pauken Violine I Viola Anneke Scott Robert Kendell Peter Hanson Judith Busbridge Mark de Merlier Bobby Ball Madeleine Easton Oliver Wilson Jeroen Billiet Stephan Gawlick Miranda Playfair Lisa Cochrane Martin Lawrence Martin Gwilym-Jones Catherine Musker Emil Chakalov Mark Braithwaite Schlagzeug Catherine van de Geest Monika Grimm Kornett Nigel Bates Beatrice Philips Joe Ichinose Neil Brough Tim Palmer Paula Muldoon Felicity Matthews Robert Vanryne Stephen Gibson Cibrán Sierra Vázquez Clare Hoffman Fiona Stevens Violoncello Trompete Harfe Davina Clarke Robin Michael Michael Harrison Gwyneth Wentink Catherine Rimer Paul Sharp Anne Denholm Ruth Alford Simon Munday Elizabeth Bass Violine II Olaf Reimers Matthew Wells Rachel Wick Anne Schumann Lucile Perrin Julia Hanson Aoife Nic Athlaoich Gabrielle Maas Jonathan Byers Posaune Gitarre Håkan Wikström Adam Woolf Daniel Thomas Judith Templeman Miguel Tantos Sevillano Tom Ellis Nancy Elan Kontrabass James Buckle Bérénice Lavigne Valerie Botwright Jenna Sherry Markus van Horn Elizabeth Bradley Ophicleide Jean Ané Marc Girardot Raivis Misjuns

45 46 47 48 49 50 51 52 Das Musikfest Berlin 2019 im Radio und online

Deutschlandfunk Kultur – Die Sendetermine

3.9. Di 20:03 Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Aufzeichnung vom 2.9.

5.9. Do 20:03 BBC Symphony Orchestra Live-Übertragung

7.9. Sa 19:05 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Aufzeichnung vom 1.9.

8.9. So 20:03 Berliner Philharmoniker Live-Übertragung

13.9. Fr 20:03 Münchner Philharmoniker Aufzeichnung vom 10.9.

15.9. So 15:05 „Quartett der Kritiker“ Aufzeichnung vom 31.8.

15.9. So 20:03 Junge Deutsche Philharmonie Aufzeichnung vom 15.9.

17.9. Di 20:03 Israel Philharmonic Orchestra Aufzeichnung vom 16.9. wird als Studioproduktion 21.9. Sa 22:00 Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin La Roue in Ausschnitten gesendet

24.9. Di 20:03 IPPNW–Benefizkonzert Aufzeichnung vom 22.9.

26.9. Do 20:03 Ensemble Musikfabrik Aufzeichnung vom 8.9.

Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf deutschlandfunkkultur.de zu empfangen.

rbbKultur – Die Sendetermine

6.9. Fr 20:04 Konzerthausorchester Berlin Live-Übertragung

21.9. Sa 20:04 Berliner Philharmoniker Aufzeichnung vom 12. / 13. / 14.9.

6.10. So 20:04 Les Siècles Aufzeichnung vom 15.9. rbbKultur ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf rbbkultur.de zu empfangen.

Digital Concert Hall – Die Sendetermine

8.9. So 20:00 Berliner Philharmoniker Live-Übertragung

14.9. Sa 19:00 Berliner Philharmoniker Live-Übertragung digitalconcerthall.com

53 Programmübersicht

Philharmonie Fr 30.8. 21:00 Pierre-Laurent Aimard I

Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal Sa 31.8. 17:0 0 „Quartett der Kritiker“

Eröffnungskonzert Orchestre Révolutionnaire et Romantique Philharmonie Monteverdi Choir 19:00 Sir John Eliot Gardiner

Kammermusiksaal So 1.9. 11:00 Alexander Melnikov

Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden Rundfunkchor Berlin Philharmonie Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin 18:00 Vladimir Jurowski

Philharmonie Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Mo 2.9. 20:00 Tugan Sokhiev

Philharmonie Japanisches Nō-Theater Di 3.9. 19:00 Ensemble der Umewaka Kennōkai Foundation

Philharmonie Ensemble Modern Mi 4.9. 20:00 Brad Lubman

Philharmonie BBC Symphony Orchestra Do 5.9. 20:00 Sakari Oramo

Kammermusiksaal Fr 6.9. 20:00 Pierre-Laurent Aimard II

Konzerthaus Berlin Konzerthausorchester Berlin 20:00 Juraj Valčuha

Philharmonie Berliner Philharmoniker Sa 7.9. 19:00 Peter Eötvös

Kammermusiksaal Ensemble Musikfabrik So 8.9. 17:0 0 Peter Eötvös

(wie 7.9.) Philharmonie Berliner Philharmoniker 20:00 Peter Eötvös

54 Kammermusiksaal Mo 9.9. 20:00 Georg Nigl & Olga Pashchenko

Philharmonie Münchner Philharmoniker Di 10.9. 20:00 Valery Gergiev

Philharmonie London Symphony Orchestra Mi 11.9. 20:00 Sir Simon Rattle

Kammermusiksaal Pierre-Laurent Aimard III Do 12.9. 20:00 & Yuko Kakuta

Rundfunkchor Berlin Philharmonie Berliner Philharmoniker 20:00 Daniel Harding

(wie 12./ 14.9.) Rundfunkchor Berlin Philharmonie Berliner Philharmoniker Fr 13.9. 20:00 Daniel Harding

Film & Live Musik: La Roue Konzerthaus Berlin Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Sa 14.9. 14:00 – 23:00 Frank Strobel

(wie 12./ 13.9.) Rundfunkchor Berlin Philharmonie Berliner Philharmoniker 19:00 Daniel Harding

Jack Quartet Philharmonie Junge Deutsche Philharmonie So 15.9. 11:00 Jonathan Nott

Philharmonie Orchestre Les Siècles 20:00 François-Xavier Roth

Philharmonie Israel Philharmonic Orchestra Mo 16.9. 20:00 Zubin Mehta

Philharmonie Orchester der Deutschen Oper Berlin Di 17.9. 20:00 Donald Runnicles

Kammermusiksaal Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Mi 18.9. 20:00 Susanna Mälkki

Rundfunkchor Berlin Philharmonie Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Do 19.9. 20:00 Robin Ticciati

Kammermusiksaal IPPNW-Benefizkonzert So 22.9. 16:00 WuWei Trio

55 IMPRESSUM

Musikfest Berlin Berliner Festspiele

Künstlerische Leitung Ein Geschäftsbereich der Studentische Mitarbeit Dr. Winrich Hopp Kulturveranstaltungen des Kommunikation­ Bundes in Berlin GmbH Josip Jolić, Leonard Pelz Organisation Anke Buckentin (Leitung), Intendant Ticket Office Anna Crespo Palomar, Dr. Thomas Oberender Ingo Franke (Leitung), Ina Steffan Maike Dietrich,­ Simone Erlein, Frano Kaufmännische Geschäftsführung Ivić, Torsten S­ ommer, Sibylle Steffen, Charlotte Sieben Alexa Stümpke, Marc Völz Abendprogramm Vertrieb Redaktion Leitung Kommunikation Uwe Krey Dr. Barbara Barthelmes Claudia Nola Gebäudemanagement Lektorat Grafik Ulrike Johnson (Leitung), Anke Buckentin Christine Berkenhoff, Frank Choschzick, Olaf Jüngling, Anna Crespo Palomar Anna Busdiecker, Felix Ewers Georg Mikulla, Sven Reinisch Thalia Hertel Internetredaktion Hotelbüro Gestaltung Cover Frank Giesker, Jan Köhler Caroline Döring, Selina Kahle, Christine Berkenhoff und Frauke Nissen Anna Busdiecker Marketing Anna-Maria Eigel, Gerlind Fichte, Logistik Gestaltung Innenseiten Jan Heberlein, Michaela Mainberger I-Chin Liu (Leitung), Sven Altmann Christine Berkenhoff nach einem Entwurf von Eps51 Presse Technische Leitung Anna Lina Hinz, Patricia Hofmann, Matthias Schäfer Herstellung Svenja Kauer, Jasmin Takim, medialis Offsetdruck GmbH, Berlin Jennifer Wilkens Adresse Berliner Festspiele Stand: 31. Juli 2019 Protokoll Schaperstraße 24, Programm- und Besetzungs- Gerhild Heyder 10719 Berlin änderungen vorbehalten

Redaktion + 49 30 254 89 0 Dr. Barbara Barthelmes, [email protected] berlinerfestspiele.de Andrea Berger, Anne Phillips-Krug, Paul Rabe

Gefördert durch / Berliner Festspiele / Musikfest Berlin in Zusammenarbeit mit / in cooperation with Funded by Stiftung Berliner Philharmoniker

Medienpartner / Media Partners

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