Dossier Paradise Watch 2019-2
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Paradise Watch Von Entwicklungsfonds und namibi- schen Söhnen Inhalt Die geheimen Wege des schmutzigen Geldes 03 Steueroase Namibia? Eine Einführung von Daniel Düster Die Panama Papers von 2016 und die ein Jahr später ver- öffentlichten Paradise Papers sind vertrauliche Unterla- 04 Die Geschäfte der Söhne gen über Steuerhinterziehung und Geldwäsche, die über von Hannah Würbel und Daniel Düster riesige Daten-Leaks aus Anwaltskanzleien an die Presse gelangt sind. Die Panama Papers umfassen 11,5 Millionen 09 Entwicklungshilfe für Steuerparadiese Dokumente in Form von E-Mails, PDFs und Fotodateien Kleine Anfragen an die Bundesregierung sowie 214.000 Briefkastenfirmen. 10 Investmentsfonds übernehmen Entwick- Weitere 13,4 Millionen Dokumente umfassen die Para- lungspolitik dise Papers, deren Auswertung am 5. November 2017 Der AATIF-Fonds als Entwicklungsfianzie- gleichzeitig weltweit durch Journalisten des International rung für die Agrarindustrie Sambias Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) öffentlich von Roman Herre gemacht wurde. Nicht wenige Prominente haben sie in Erklärungsnot gebracht, zeigen die Recherchen doch, wie von Milliardären, Staatschefs, Diktatoren und Sportstars weltweit mittels Geldwäsche und Verschleierung – un- ter anderem über die Gründung von Briefkastenfirmen und die Nutzung von Offshore-Steueroasen – Steuerver- meidung und Steuerhinterziehung betrieben wurde und Foto? wird. Paradise Watch ist eine auf vier Ausgaben angesetzte Dossier-Reihe von afrika süd über illegale Kapitaltransfers aus einigen Ländern des südlichen Afrika. Sie beleuchtet die Rolle der regionalen sowie europäischen Offshore- Zentren bei der Kapitalflucht aus Afrika und transnatio- Foto: motortion / dreamstime.com naler Wirtschaftskriminalität. Impressum Die Reihe «Paradise Watch» wird gefördert von der Rosa Luxemburg Stiftung mit Mitteln des Bundesmi- Paradise Watch 2/2019 nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und afrika süd-Dossier zu den Panama und Paradise Pa- Entwicklung (BMZ) der Bundesrepublik Deutschland. pers Bonn, April 2019 Redaktion: Lothar Berger (V.i.S.d.P.) Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa) Königswinterer Str. 116, D-53227 Bonn Für den Inhalt dieser Publikation ist allein der Heraus- Tel.: 0228-464 369, E-Mail: [email protected] geber verantwortlich; die hier dargestellten Positio- www.issa-bonn.org, www.afrika-sued.org nen geben nicht unbedingt den Standpunkt der Rosa Luxemburg Stiftung wieder. Titelbild: Kalvis Kalsers / Dreamstime.com Gestaltung: Jan Philipp Huss, jp.huss mediadesign Layout: Nikolai Link Steueroase Namibia? Foto: Grobler Du Preez / Dreamstime.com Die Aufregung war groß, als die EU im Dezember 2017 ihre zur Steuergerechtigkeit geschickt und seine Behörde sei »Schwarze Liste« der Steueroasen veröffentlichte. Nur ei- von einer längeren Frist ausgegangen. Jedoch sei dies der nen Monat nach Veröffentlichung der Paradise Papers re- fehlerhaften Kommunikation vonseiten der EU geschul- agierte Brüssel auf den Skandal und stellte Staaten an den det. Daraufhin sei das Land als »unkooperativ« eingestuft Pranger, gegen die es steuerrechtliche Bedenken gab oder worden – zu Unrecht, wie Schlettwein beklagt. Doch er die sich unkooperativ verhielten. Ganze 90 Staaten lan- wolle auch nicht akzeptieren, einseitig und ohne Ver- deten schließlich auf der Liste, die abgesehen vom Stigma handlung ein Regelwerk der EU zu unterzeichnen: »Hier keinerlei Sanktionen beinhaltete. Überraschenderweise sitzen nicht zwei Verhandlungspartner an einem Tisch. waren nicht nur die üblichen Verdächtigen dabei: Neben Sondern es werden einseitig Forderungen an uns gestellt.« Inselstaaten wie den Marshallinseln, Seychellen, Komo- Namibia sei keine Steueroase, stellt er klar, sondern viel- ren oder Bahamas fanden sich auch Industrienationen mehr Opfer von Steuerhinterziehung und Steuerprakti- wie Südkorea am Pranger und sogar US-Territorien wie ken anderer Länder. Amerikanisch-Samoa. Auffällig, wenn auch nicht ganz unerwartet, ist das Fehlen von Staaten und Territorien Nachdem Namibia der EU schließlich Zusammenarbeit im der EU wie der Niederlande, der britischen Jungfernin- Bereich Datenaustausch und Steuern zugesagt hatte, wur- seln, Malta, Luxemburg oder Irland. Im Laufe des folgen- de das Land im November 2018 schlussendlich von der den Jahres schrumpfte die Liste dann rasch zusammen: Liste genommen (die im März 2019 wiederum aktualisiert Viele Staaten machten Zugeständnisse und versprachen und erweitert wurde). Doch auch jenseits der politisch Reformen und andere übten diplomatischen Druck aus, beeinflussten »Shaming-Praxis« bleibt die Frage, ob Nami- um von der diskreditierenden Liste zu verschwinden. bia eine Steueroase ist oder selbst ein Opfer, nicht zuletzt der Anmaßung der EU, einseitig Forderungen zu stellen Oktober 2018 enthielt die Blacklist schließlich nur noch und Fristen zu setzen. Gewiss hat Namibia wenig mit dem sechs Namen: Die fünf Inselstaaten Samoa, Amerikanisch- Geschäftsmodell »klassischer« Insel-Steuerparadiese ge- Samoa, Palau, Guam, Trinidad und Tobago sowie Namibia. mein. Doch gleichzeitig unterhält das an Bodenschätzen Namibia? Nachdem selbst die Schweiz, die Bahamas und überaus reiche Land einige steuerbefreite Sonderwirt- Panama von der Liste gestrichen wurden, sollte ausge- schaftszonen für Minenbetreiber – und erhält so nur 1,2 rechnet das südwestafrikanische Flächenland unter den Prozent an Steuern aus dem Abbau von Diamanten, Uran sechs hartnäckigsten Steuerschlupflöchern rangieren? und Gold. Inwieweit Namibia also durch undurchsichtige Offshore-Geschäfte benachteiligt wird und gleichzeitig Für Namibias Finanzminister Calle Schlettwein ist das hohe Regierungskreise durch eigenes Steuer-Dumping ganze ein Missverständnis, für das die EU die Verantwor- profitieren, wird im Folgenden näher beleuchtet. tung trägt. Er räumt ein, die EU habe eine Liste mit Fragen Daniel Düster paradise watch 2/2019 – 3 Die Geschäfte der Söhne Die Paradise und Panama Papers offenbaren haarsträubende Verbindungen der namibischen Wirtschaft zu Offshore-Geschäften und zur Mafia. Hauptprotagonisten sind die Söhne eines Mafia-Chefs, eines Rennfahrers und eines Präsidenten. Auch mit von der Partie: ein russischer Oligarch, der mit dubiosen Landdeals von sich reden machte. Weithin bekannt: Sam Nujoma. Foto: Hans Peters / Anefo / wikimedia / CC0 1.0 Jedes Kind in Namibia kennt Sam Nujoma. Der heute fast einflussreich. Sein Ältester, Utoni Nujoma, sitzt bereits seit 90-jährige war Anführer der Swapo im Unabhängigkeits- 14 Jahren ununterbrochen im Kabinett. Nach der letzten kampf gegen die Apartheid, nach der Unabhängigkeit Na- Amtszeit des Vaters wurde er 2005 Vize-Justizminister, mibias seit Februar 1990 Staatsgründer und 15 Jahre lang später dann Außenminister, Justizminister und seit Gein- Präsident des Landes. Heute schmücken Statuen von Nu- gobs Amtsantritt 2015 ist er Minister für Landreform. joma das Land und seine Porträts die Amtsstuben. Seine Sein jüngster Bruder Zacharias Nujoma, genannt Zacky, Partei, die Swapo, ist auch fast 30 Jahre nach der Unab- hingegen hat in Deutschland Geologie studiert und ist heute Geschäftsmann, der sich auf Bodenschätze speziali- siert hat, insbesondere Diamanten und Uran. Und das mit besten Kontakten im Land und zweifelhaften Freunden aus Übersee. Auf Grundlage der Panama Papers berichteten schon 2016 Reporter des International Consortium of Investi- gative Journalists über Zackys Verbindungen zur sizili- anischen Cosa Nostra. Anscheinend war er der perfekte Türöffner für die Mafia, um ihre Diamanten-Geschäfte in Namibia betreiben zu können. Vorbei an der Steuer und ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Rechte und Ge- sundheit von Arbeitern. Mafia-Boss Palazzolo und Rennfahrer Agusta Vito Roberto Palazzolo bei seiner Verhaftung in Thailand Bereits Vito Roberto Palazzolo, Kopf des berüchtigten hängigkeit Alleinherrscherin im Parlament und stellt den Mafia-Clans Cosa Nostra, wusste um die Einträglichkeit Präsidenten, Hage Geingob. Doch auch seine Söhne sind des illegalen Diamantengeschäfts. Die durch die Panama 4 namibische söhne Papers berühmt gewordene panamaische Anwaltskanzlei Vater in Südafrika seinen Mossack Fonseca schirmte die Geschäfte des Cosa Nost- Nachnamen. Rockys Sohn ra von namibischen, südafrikanischen und italienischen Giovanni Agusta, benannt Behörden ab, indem sie Strohfirmen auf den Britischen nach seinem flugzeugbauen- Jungferninseln verwendete. den Urgroßvater, war mit Peter also seit Jugendjahren bekannt. Ge- 1986 floh Palazzolo vor der Strafverfolgung nach Südafri- meinsam tauchen die beiden heute als Hauptanteilseig- ka und das Apartheid-Regime gewährte ihm großzügiger- ner einer Firma namens Diamond Ocean Enterprises Li- weise die Staatsbürgerschaft im – nur formell unabhängi- mited auf. Ihren Sitz hat die Strohfirma auf den Britischen gen – Bantustan Ciskei. Hier änderte er seinen Namen in Jungferninseln in der Karibik. Diamonds Ocean besaß 90 »Robert von Palace Kolbatschenko« und gab sich als deut- Prozent der Anteile an zwei heute aufgelösten Firmen, scher Adelsspross aus. Er verbrachte fast 20 Jahre in Süd- Avila Investments und Marbella Investments. Interessan- afrika und zog erst 2006, als er wieder einmal den Atem terweise gehörten diese beiden Firmen zuvor niemand der Justiz im Nacken spürte, nach Namibia. In beiden anderem als Präsidentensohn Zacharias Nujoma, der sie Ländern konnte der sprachbegabte und weltgewandte 2005 sozusagen »von der Stange« erworben hatte. Palazzolo nützliche Kontakte knüpfen, die ihm und seiner