KUNSTHANDEL WIDDER Sichtweisen

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KUNSTHANDEL WIDDER Sichtweisen KUNSTHANDEL WIDDER Sichtweisen Kunsthandel Widder GmbH Mag. Roland Widder Johannesgasse 9–13 A -1010 Wien Tel. und Fax: +43 -1- 512 45 69 Mobil: +43 - 676 - 629 81 21 [email protected] www.kunsthandelwidder.com Öffnungszeiten: Di – Fr: 11:00–18:00, Sa: 10:00–15:00 Team: Mag. Roland Widder, Ricarda Pfaffenbichler, B.A., KUNSTHANDEL WIDDER Katharina Dietz, M.A., MMag.a Julia Schwaiger Texte: Dr. Hannes Etzlstorfer, Ricarda Pfaffenbichler, B.A., Katharina Dietz, M.A., MMag.a Julia Schwaiger Sichtweisen Grafik: Mag.a Isabella Kohlhuber Druck: Druckerei Janetschek GmbH, Heidenreichstein Wien, 2020 Alle abgebildeten Arbeiten sind verkäuflich. Der Kunsthandel Widder garantiert für die Echtheit der Bilder. ISBN 978-3-99028-864-1 VORWORT Liebe Kunden, Sammler und Kunstfreunde, ich hoffe Sie haben den Sommer trotz aller Unwägbarkeiten gut ver- und Berlin wichtige Impulsgeber ebenso wie die Landschaften des bracht und wir sehen einander wieder zu unserem Herbstauftakt in europäischen Südens. Es ist fast müßig darauf hinzuweisen, dass die der Galerie! Viele Ordnungen, Routinen und Aktivitäten sind derzeit Kunst von Malern und Malerinnen wie Willy Eisenschitz, Viktor Tisch- auf dem Prüfstand und so freut es mich gerade deswegen, Ihnen unse- ler, Georg Merkel, Lilly Steiner, Trude Waehner oder Herbert Ploberger ren aktuellen Herbstkatalog in gewohnter umfangreicher Form als ganz anders aussehen würde ohne diese Verflechtungen. gedruckte Publikation zu präsentieren. Die Texte sind diesmal größ- So vielfältig die Ausbildungsstätten und internationalen Verbindun- tenteils von Hannes Etzlstorfer verfasst, ihm gilt mein großer Dank! gen der Künstler in unserem Katalog sind, es ändert wenig daran, Durch die behördlich verordneten Geschäftsschließungen und den dass der österreichische Kunstmarkt sehr national strukturiert ist. Ausfall von Messen und Veranstaltungen waren persönliche Begeg- Künstler, die überregional gesammelt werden, sind an einer Hand nungen in den letzten Monaten selten. Umso schöner ist es, dass sich abzulesen und deren Werke kaum mehr erschwinglich. So war es mit etlichen Kunden und Interessenten die Kontakte über E-Mail und eine Ausnahme, dass ein amerikanischer Sammler die Qualität der Telefon intensivierten und wir einigermaßen gut über die Runden österreichischen Kunst des 20. Jahrhunderts umfassend erkannte und kamen. Wir nutzten die Zeit des Stillstands um Projekte und Ausstel- meine Galerie über viele Jahre als Kunde und Freund begleitete. Der lungen vorzubereiten, den Nachlass der Künstlerin Marianne Fieglhu- Kunstkenner, der im November des letzten Jahres verstarb, suchte ber-Gutscher aufzuarbeiten, unsere EDV zu modernisieren und regel- mit geschultem Blick oft ein Dutzend der interessantesten Stücke aus mäßige Newsletter zu etablieren. unserem Herbstkatalog für seine Sammlung heraus. Auch in ande- Aber natürlich war nicht alles eitel Wonne, denn es mussten im ren Galerien war er ein gern gesehener Gast und förderte nicht nur erzwungenen Stillstand Strukturen und Gewohnheiten neu gedacht in Österreich Museen und Institutionen. Über die Jahre hinweg ent- und angepasst werden. Das Team ist geschrumpft und hat eine neue wickelte ich ein gewisses Gefühl für seinen Geschmack und so war Zusammensetzung. Ebenso ist die Teilnahme an Kunstmessen ein mit der Zeit ein maßgebliches Ankaufskriterium, ob ein Werk sei- vielbesprochenes Thema, denn solange große Versammlungen gemie- nen hohen Anforderungen entsprechen würde. Er ließ sich gerne im den werden und unklar ist, in welcher Form diese stattfinden, wollen persönlichen Gespräch beraten und war offen für Unbekanntes und auch hier die Aktivitäten sinnvoll geplant sein. Fix ist für uns die Teil- auch Unterschätztes. Wichtig war, dass die Qualität passte. Vermut- nahme an der Fair for Art in Wien Anfang Oktober. Hier kann sich das lich hätten ihm zahlreiche Bilder der vorliegenden Zusammenstel- Publikum über den langen Messezeitraum von zehn Tagen, zeitlich lung gefallen und so ist es für mich ein persönliches Anliegen, diese und räumlich gut verteilen. Parallel dazu werden wir unser Messe- Publikation seinem Andenken zu widmen. angebot auf unserer Website zugänglich machen und intensiver über Wenn die heimische Kunst einen amerikanischen Sammler solcher- die sozialen Medien kommunizieren. art erfreuen kann, scheint es mir nur folgerichtig, auch Ihnen neben Doch zurück zum vorliegenden Katalog, der diesmal auch qualitäts- qualitätsvollen österreichischen Künstlern erlesene Werke der inter- volle internationale Positionen beinhaltet, welche sich durchaus flüs- nationalen Kunst anzubieten und neue Sichtweisen zu ermöglichen. sig in das Panoptikum der österreichischen Kunstströmungen ein- Ich hoffe mein Angebot stößt auf Resonanz und Sie entdecken das fügen. Mit Thilo Maatsch, Wilhelm Seelig, Hans Spiegel, Willi Kohl, ein oder andere Werk, das Sie für Ihr Zuhause oder Ihre Sammlung Lyonel Feininger oder Josef Eberz sind Künstler vertreten, die vom erwerben möchten. Wenn Sie Fragen haben und die Bilder besichti- deutschen Expressionismus oder auch dem Bauhaus geprägt wurden, gen wollen, freuen wir uns auf Ihren Anruf, Ihre E-Mail und einen während Fritz Mühsam, Marcel Gillis und Alex Smadja französische Besuch in der Galerie. Gerne bringen wir auch Bilder zum Probehän- Einflüsse zeigen. Gerade im 20. Jahrhundert haben viele österreichi- gen zu Ihnen nach Hause. Viel Freude bei der Lektüre! sche Künstler ihre entscheidenden Anregungen auf Auslandsreisen und Studienaufenthalten erfahren. Dabei waren die Metropolen Paris Roland Widder 4 5 GERTRUD STAATS Breslau 1859 - 1938 Breslau Die Breslauer Malerin Gertrud Staats gilt als eine der führenden Ver- Gesamtwirkung anzuschlagen. Diese luminaristische Brillanz bezieht treterinnen der schlesischen Landschaftsmalerei zu Beginn des 20. sie vor allem aus der direkten Anschauung in der Natur, wo das glei- Jahrhunderts. Sie entschied sich für eine stilistische Gratwanderung ßende Sonnenlicht zwar manche Konturen und Detailformen verun- zwischen einer stimmungshaften, realistischen Landschaftsmalerei, klärt, dafür aber Momentaufnahmen von Landschaften als poetisch- wie sie das 19. Jahrhundert über Jahrzehnte prägte, und der Plein- malerische Schöpfungen schafft. Vergleicht man etwa mit ihren airmalerei des aufkommenden französischen Impressionismus. Das penibel ausgeführten Blumenstillleben, welchen sich Ende des 19. vorliegende Gemälde ist diesbezüglich ein meisterhaftes Beispiel für Jahrhunderts vermehrt auch dilettierende Malerinnen annahmen, ihre Auffassung vom Stimmungsimpressionismus. Das Bildmotiv ent- dann wird Staats' enorme künstlerische Entwicklung erahnbar, der deckte sie auf einer ihrer zahlreichen Reisen, die sie nach Bayern, an zufolge sie eine oft bezugslose Kleinteiligkeit endgültig abzustrei- die Ostsee, in das Spreewalddorf Lehde, in die Altmark, nach Meck- fen wusste. So wie im vorliegenden Bild hat die Künstlerin auch in 1 lenburg, Holstein, Thüringen und nach Tirol führten. ihren Gemälden von blühenden Wasserlilien, Fluss- und Weiherland- Das Bild dürfte demnach direkt am Ostseestrand entstanden sein und schaften auf die Fülle und Poesie der kleinsten und geringsten Dinge zeichnet sich durch eine klare Komposition und koloristische Souve- in der Natur gesetzt und sie mit koloristischer Raffinesse der grö- ränität bei gleichzeitiger Leichtigkeit in der Pinselführung aus. Um ßeren Bildidee untergeordnet. Die gelb-orange leuchtenden Blüten- breiten Raum für die malerisch-atmosphärische Erfassung des Küs- dolden durchmischen sich im Vordergrund mit fein differenziertem tenstrandes mit seinen gelb blühenden Sträuchern, wohl Ginster, und Blattwerk, unter dem manchmal das Gewebe der Leinwand durch- wild wucherndem Blattwerk zu schaffen, rückt Staats den Vorder- schimmert. Durch diese Art von malerischer Transparenz wie auch grund in den Fokus des Bildinteresses, während der nur angedeutete durch den dynamischen Pinselstrich wird der Eindruck der Unmittel- Mittelgrund lediglich als schmaler und diagonal durch das Bild ver- barkeit erhöht. laufender Sandstrandstreifen angedeutet ist. Hinter diesem erstreckt Mit dieser Landschaftsauffassung steht die aus einer gutbürgerli- sich die ruhige Ostsee bis zur Horizontlinie des Hintergrundes. Über chen Kaufmanns- und Stadtratsfamilie stammende Künstlerin Ger- dieser erheben sich breite, vom Sonnenlicht umspielte, flache Wolken- trud Staats auch österreichischen Landschaftsmalerinnen wie der 14 bänke, die nach oben von einigen grauen Wolken kontrastiert wer- Jahre älteren Wiener Landschafts- und Blumenmalerin Olga Wisin- den. Die Tektonik dieser Landschaft ist zwar geprägt von der kon- ger-Florian oder der aus Bad Radkersburg gebürtigen Künstlerin Marie ventionellen Horizontalgliederung, die Staats hier jedoch zugunsten Egner stilistisch sehr nahe. So wie Wisinger-Florian und Egner blieb des diagonal aufgebauten Vordergrundes konterkariert. Die vegetative auch Staats der Besuch von Kunstakademien verwehrt und wie diese Schönheit dieses nach links oben zustrebenden Landschaftsausschnitts beiden, die als Privatschülerinnen von Emil Jakob Schindler auf mit den blühenden Sträuchern erfährt im Spiel der Wolken seine male- Schloss Plankenberg ihre künstlerische Ausbildung nachholten, hat rische Entsprechung. Sie umspielen - wie die über dem Strand krei- auch ihre Breslauer Kollegin Mitte der 1870er Jahre Privatunterricht senden Möwen - den beschaulichen Moment unter der frühen Nach- genommen. Zuerst beim Landschafter und Stilllebenmaler Hermann mittagssonne. Kein Lüftchen, das
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