Irene Bazinger Regie: Ruth Berghaus Geschichten aus der Produktion

Rotbuch Verlag, Berlin2010 ISBN 3867891176, Gebunden, 304 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext Herausgegeben von Irene Bazinger. "Absolut" war für Ruth Berghaus (1927-1996) nicht nur ein Wort, sondern eine Haltung: zum Leben, zur Gesellschaft, zur Kunst. Die Tänzerin, Choreografin und Regisseurin zählt zu den bedeutendsten Theaterkünstlern nach 1945 und erregte mit ihren revolutionären Inszenierungen das Publikum in , , Frankfurt und Wien. Hier berichten Regisseure, Bühnenbildner, Dirigenten, Dramaturgen, Schauspieler und Intendanten über ihre Arbeit mit Ruth Berghaus: wie die Stücke oder Opern gelesen, analysiert, befragt und interpretiert wurden, wie die Proben verliefen und wie der Theaterbetrieb organisiert wurde - alles "Geschichten aus der Produktion". Mit Beiträgen von Sebastian Baumgarten, Jenny Erpenbeck, Jürgen Flimm, Michael Gielen, Christine Gloger, Jörg Herchet, Joachim Herz, Hans Neuenfels, Daniela Reinhold, Hans Dieter Schaal, Anja Silja, Elisabeth Trissenaar, Erich Wonder und vielen anderen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.02.2011 So schwierig das Unterfangen, der mit wenig Bildmaterial dokumentierten Arbeit der Ruth Berghaus heute seine Reverenz zu erweisen, dem Rezensenten auch erscheint, so geglückt findet er Irene Bazingers Sammlung mit Stimmen aus der Opern- und Theaterszene zu dieser in und durch die DDR geprägten Ausnahmeregisseurin und -choreografin. An Zeugen nämlich fehlt es nicht, das erkennt Wolfgang Schreiber rasch beim Blättern in diesem Band. Michael Gielen, Erich Wonder, Hans Neuenfels u.a. beschreiben einen Moment in der Arbeitsweise der Berghaus und zeigen dem Rezensenten ihre Bühnenkunst als eine ingeniöse, spätestens seit der Wende aber auch tragisch idealistische. Eine Liste ihrer Inszenierungen vervollständigt den Band für Schreiber.

Ruth Berghaus ( * 2. Juli 1927 + 25. Januar 1996) studierte Ausdruckstanz und Tanzregie bei Gret Palucca in Dresden und war Meisterschülerin von Wolfgang Langhoff an der Deutschen Akademie der Künste in Berlin. Jedoch konnte sie von Langhoffs Theaterästhetik nicht profitieren; prägend wurde für sie vielmehr die Begegnung mit und seiner Theaterarbeit. Von 1951 bis 1964 arbeitete sie als Choreografin u. a. am Deutschen Theater, an der Deutschen Staatsoper, am und auch in der „Distel“.[1] Ihr Interesse für die Regie erwachte mit dem Verhör des Lukullus von Paul Dessau an der Staatsoper Berlin 1951, Regisseur Wolf Völker. 14 Jahre später führte sie selbst Regie bei der Verurteilung des Lukullus. Berühmt wurde sie aber mit der Choreografie der Schlachtszenen im Coriolan in Brechts Bearbeitung am Berliner Ensemble 1964.

1954 heiratete Berghaus den Komponisten Paul Dessau, dessen Werke für Musiktheater sie inszenierte. 1970 wurde sie Stellvertreterin von Helene Weigel in der Leitung des Berliner Ensembles, dessen Intendantin sie bis 1977 war. In dieser Zeit gelang es Berghaus, das BE aus der ideologischen und ästhetischen Erstarrung zu reißen und junge, unkonventionelle Kräfte an das Haus zu binden, unter anderem Heiner Müller und Einar Schleef. Nach der konzertierten Absetzung von Ruth Berghaus durch die Brecht-Erben, das ZK der SED und einzelner Mitarbeiter des Berliner Ensembles versank dieses in der musealen Ausgestaltung des Brechtschen Werks.