Musica Die Großen Komponisten Und Ihre Zeit
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Musica Die großen Komponisten und ihre Zeit Einführung: Dr. Dorottya Fabian 16 Einführung Einführung In einer Zeit, in der die auditive Welt von einer Vielzahl verschiedener Musik – z. B. Jazz, Rock, Pop, Folk, afrikanische, karibische, westliche – beherrscht wird, mag es seltsam wirken, sich auf eine Richtung zu konzentrieren. Musica behandelt aber absichtlich nur die große europäische Tradition der klassischen Komponisten und ihrer Kunst. Es erweckt diese einzigartige Tradition zum Leben, indem es sie in ihren historischen, politischen, sozialen und künstlerischen Zusammenhang stellt. ir alle kennen die großen Namen wie Bach, Jahre? Wie musizierten die Menschen in der früh- WHändel, Beethoven und Mozart, und vielleicht Vorherige Seiten Das christ lichen Zeit? Wer waren die Mozarts des 15. und pfeifen wir hin und wieder eine Melodie aus Verdis Konzert des niederländi- 16. Jh.? Wie verdienten Komponisten ihren Lebens- Opern oder Brahms’ Liedern; aber wissen wir eigent- schen Künstlers Theo unterhalt? Wer hörte ihre Musik, wer führte sie auf? lich, wie sie lebten und warum sie diese Art von Musik van Thulden (17. Jh.). Wie wurde sie vor der Erfindung der Druckerpresse komponierten? Und was ist mit denjenigen, die früher Menschen haben schon verbreitet? Welchen Einfluss hatte die Tonauf nahme lebten, vor den bekannten Größen der letzten 200–300 immer Musik gemacht. auf das Musizieren und Komponieren? 72 Barock um 1600–1750 LEBEN & ZEIT Die französischen Künste im 17. Jahrhundert 1661 begann mit dem Tod Kardinal Mazarins in Frankreich die Herrschaft Ludwigs XIV. (1638–1715). Eine kurze, schillernde Phase großer könig licher Macht und höchsten Ansehens nahm in Paris und Versailles ihren Lauf. ie Künste florierten. Französische Entwicklun- Rechts Das Musizieren und Herrlichkeit des Königs lobpreisen Dgen in der Musik sollten weitreichende Aus- war ein wichtiger Teil des sollten. Unter den Komponisten stand Lully wirkungen haben, besonders auf die Kodierung und Lebens im Frankreich des unange fochten an erster Stelle, dank der die Institutionalisierung der Musik. Die treibende 17. Jh., und zwar in allen Gunst des Königs sowie des Verbots auslän- Kraft im musikalischen Leben Frankreichs im späten Gesellschaftsschichten. discher Musiker. Lully selbst trug zu der 17. Jh. war Jean-Baptiste Lully (1632–1687). Neben Werken für ein Isolation der französischen Musikkultur Unter Mazarin hatten fünf Jahre Bür gerkrieg (Fron- kleines Publikum wurde bei, indem er französischen Hofmusikern de, 1648–1653) zu großenVerwüstungen geführt; nun die Aristokratie auch davon abriet, ins Ausland zu reisen. sehnten sich alle nach Frieden. Außenpolitisch waren durch die neuesten Opern Unter Ludwig XV. (reg. 1715–1774) verlor die Frie denspläne weit fortgeschritten. Die Unterzeich- und Ballette erfreut. die Musique du roi an Bedeutung. Zu diesem nung des Westfälischen Friedens 1648 beendete den Zeitpunkt hatte sich in Paris bereits das Dreißigjährigen Krieg in Deutschland sowie den Konzertleben etabliert. Wegweisend dafür Achtzigjährigen Krieg zwischen Spanien und den war das Concert Spirituel, eine Veranstaltung, Niederlanden. Der 1659 unterschriebene Pyrenäen- die 1725 ins Leben gerufen wurde. Auch der frieden machte dem Krieg zwischen Frankreich und Musikdruck florierte. Paris entwickelte sich Spanien ein Ende. Innerhalb Frankreichs waren die zum europäischen Zentrum für die Veröffent- Gegner Mazarins zu uneinig, um lichung von Musik, nicht zuletzt dank der die Thronbesteigung Ludwigs XIV. Qualität der zahlreichen Pariser Graveure. effektiv zu verhindern. Dank der Ihre Druckwerke wurden dem konzertbe- außerordentlich strengen Politik geisterten Publikum in den vielen neuen des neuen Königs trat Frankreich in Konzerteinrichtungen nahegebracht. eine Phase des Absolutismus ein. MUSIK IN DEN PROVINZEN DIE MUSIQUE DU ROI Die besten französischen Musiker des späten 17. Jh. In der Literatur entstand eine brillante, strömten nach Paris und Versailles – und wenn nicht, aber kurzlebige Schule von Schriftstel- wurden sie von Ludwig XIV. geholt. Er behielt sich lern. Dazu gehörten Boileau, Racine, das Recht vor, „aus Kirchen, Kathedralen und anderen La Fon taine, Mademoiselle de Scudéry, Orten die schönsten Stimmen und besten Sänger Molière und Madame de Sévigné. 1660 auszuwählen”. Selbst wenn ein Sänger in der Provinz kam Molières Les Précieuses Ridicules heraus. Oben Marie de Rabutin- blieb, wagte es kaum jemand, bei Lully die Lizenz- Urauf geführt wurde es in Anwesenheit des jungen Chantal, besser bekannt rechte zur Inszenierung einer Oper zu beantragen. Ludwig XIV., der Versailles zum Mittel punkt des als Madame de Sévigné, Dennoch gab es auch dort Musikinstitutionen, z. B. kulturellen Lebens machen sollte. In der Musik drehte (1626–1696) ist für ihre ein berühmtes Oboenensemble in Toulouse. Anfang sich alles um die Musique du roi (Musik des Königs). geistreichen, einfühl- des 18. Jh. kam es zu einer spürbaren Verbes serung Dazu gehörten aufwendige Opern, Opern-Ballette samen Briefe an ihre der musikalischen Vielfalt in der Provinz, und zwar und große Vokalwerke, die ausdrücklich die Macht Tochter berühmt. durch die Gründung zahlreicher Académies. 146 Klassik um 1750–1820 Johann Wolfgang (Amadeus) Mozart 27. Januar 1756 – 5. Dezember 1791 Eine Karriere als Wunderkind verdeckte Mozarts musikalische Leistungen durch das Bild des naiven, unbedachten Genies. Heute gilt seine Musik als Allheilmittel für beinahe alles – von Lernschwierigkeiten bei Kindern bis zur schwachen Milchpro duktion bei Kühen. Seine immensen musikalischen Gaben reichen jedoch über die Zweit rangigkeit der Musik als Kunst form zu seiner Zeit und die Kommodifizierung der musikalischen Erfahrung in der modernen Konsumkultur weit hinaus. r konnte Melodien schreiben wie kein Kammermusik und seine ersten Sinfonien im E Zweiter, und zusammen mit J. S. Bach Stil J. C. Bachs, dessen Eleganz er bewunderte. war er einer der größten Harmoniker aller Die faszinierendste Leistung seiner frühen MozartZeiten. In jedem musikalischen Genre seiner Teen agerjahre waren seine Opern, bei denen Zeit schuf er zeitlose Meisterwerke von blei- er ein erstaunliches Talent für musikali sche bender Schönheit und Anmut. Charakterisierung zeigte, insbesondere in Wolfgang und Maria Anna („Nannerl“) Mitridate, die er mit 14 komponierte. Wäh- waren die einzig überlebenden der sieben rend der Ita lienreise besuchte Wolfgang den Kinder des Violinisten Leopold Mozart und Peters dom und schrieb aus dem Gedächtnis seiner Frau Maria Anna, und auch ihr Leben Allegris Miserere auf, dessen Kopie unter setzte der Vater aufs Spiel, indem er ihre musi- strengem Verschluss gehalten wurde. Der kali schen Gaben von klein auf ausnutzte. Er Papst verlieh ihm später den Orden von nahm beide Kinder mit nach Mün chen, um für Golde nen Sporn, und er musste sich Ver- Kurfürst Maximillian Joseph II. zu spielen, als suchen und pseudowissenschaftlichen Tests Wolfgang fünf war. Auf einer Tour durch Wien von Gelehrtenvereinen unterziehen, die ihn und Bratislava im folgenden Jahr erkrankte der zu einem „Wun der der Musik und einer Laune der Junge zum ersten Mal an rheumatischem Fieber, das Oben Mozart war einer Natur“ erklärten. vermutlich am Ende auch zu seinem Tod führte. der größten Komponisten aller Zeiten. Er schrieb Die Musik entdecken JUGENDLICHE REISEN über 600 Werke, und Als Wolfgang sieben war, machte sich die Familie auf seine Opern, Sinfonien Die Entführung aus dem Serail, K. 384 (1782) eine dreieinhalbjährige Tournee durch Deutschland, und die Kammermusik Die Hochzeit des Figaro, K. 492 (1786) Frankreich, England, Holland und Belgien, während sind Standbeine des Streichquintett in C, K. 515 (1787) der sie für Ludwig XV. von Frankreich, Georg III. von modernen Repertoires. Streichquintett in g-Moll, K. 516 (1787) England, Wilhelm V. von Oranien und den jungen Sinfonie Nr. 39, K. 543 (1788) Goethe spielten. Wolfgang improvisierte, fügte einem Rechte Seite Gemälde Sinfonie Nr. 40, K. 550 (1788) beliebigen Part eine Basslinie hinzu, spiel te Musik vom des französischen Malers Sinfonie Nr. 41 „Jupiter“, K. 551 (1788) Blatt und mit einem Tuch über seinen Händen und Michel Barthelemy Cosi fan tutte (1789–1790) den Tasten. Charles Burney hörte ihn eine Oper zu Ollivier (1712–1784),das Klarinettenkonzert in A, K. 622 (1791) Nonsenswör tern improvisieren, verschiedene Sänger den kleinen Mozart bei Requiem-Messe in d-Moll, K. 626 (1791, von imitieren, und er lobte seinen guten Geschmack. Auf einer Teegesellschaft Süssmayr vollendet) dieser Tournee kompo nierte Wolfgang Tasten- und am Cembalo zeigt. 154 Klassik um 1750–1820 Ludwig van Beethoven 16. Dezember 1770 – 26. März 1827 Beethovens Musik fängt die Träume, Fehlschläge und Tumulte des Revolu- tionszeitalters ein und bringt das menschliche Element in einer Zeit hervor, in der die Rechte des Einzelnen verherr licht werden. Für die einen befreite er die Musik von den höfischen Konventionen des 18. Jh. und öffnete sie der Macht und Ehrfurcht vor dem Unendlichen; für andere war er eine universelle Persönlichkeit im Stil Shakespeares oder Michelangelos. eethoven stand am Scheitelpunkt zwischen Klassik Unten rechts Einge der ab. Als er 1792 nach Wien zurückkehrte, war Mozart B und Romantik und erweiterte dabei die Genres Hörhilfen Beethovens. bereits tot. Lud wigs Gönner, Graf Waldstein, schrieb der ers ten Periode mit der Bestimmtheit und Indivi- Sie wurden von seinem in sein Ab schiedsalbum: „Ihr werdet Mozarts Geist aus dualität der zweiten. Nur wenige Komponisten nach Freund entworfen, dem Haydns