pnp Institut für Public und Nonprofit Management

Crowdfunding im öffentlichen Sektor -

ein Vergleich ausgewählter innovativer Länder

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Mag.a rer. soc. oec.

im Diplomstudium

Sozialwirtschaft

Eingereicht von Christine Mühleder Matrikelnummer: 0856889 Angefertigt am Institut für Public und Nonprofit Management Betreuer Univ.Prof. Dr. Dennis Hilgers Mitbetreuerin Mag.a Marietta Hainzer, PMBA

St. Veit im Mühlkreis, Juni 2016 Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Christine Mühleder St. Veit im Mühlkreis, 7. Juni 2016

I Danksagung

Mein Dank gilt all jenen Menschen, die mich bei der Erstellung meiner Diplomarbeit unterstützt haben. Allen voran meinen Betreuern vom Institut für Public und Nonprofit Management, speziell Herrn Univ.Prof. Dr. Dennis Hilgers, welcher mein Interesse für Crowdfun- ding geweckt hat und mir richtungsweisende Hilfestellung bei der Themenfindung gegeben hat. Mein ganz besonderer Dank ergeht zudem an Frau Mag.a Marietta Hainzer für die ausgezeichnete und zuverlässige Betreuung meiner Diplomarbeit. Letztendlich geht mein ganz großer Dank an meine Familie für ihre positive und zusprechende Haltung zu meinem doch erst relativ spät begonnenen Studium. Allen voran an meinen Gatten Franz, für die Bereitstellung der notwendigen Arbeitswerkzeuge und den großen Rückhalt, den er in allen Belangen während der Erstellung der Arbeit gab. Ein großes Dankeschön geht auch an meine Kinder Victoria, Harald, Raimund und Vivian. Sie haben mir in ihrer individuellen Art und Weise in wichtigen Momenten, zum richtigen Zeitpunkt Motivation, Zeit und Unterstützung geschenkt. Vielen herzlichen Dank!

II Gleichheitsgrundsatz Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit wird in der nach- folgenden Arbeit auf die Erweiterung der weiblichen Form verzichtet. Sämtliche Formulierungen sind somit als geschlechtsneutral anzusehen.

III Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung I

Danksagung II

Gleichheitsgrundsatz III

Inhaltsverzeichnis IV

Abbildungsverzichnis VII

Tabellenverzeichnis VIII

Abkürzungsverzeichnis IX

1 Einführung 1 1.1 Problemstellung ...... 1 1.2 Zielsetzung und Fragestellung ...... 2 1.3 Methodische Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit ...... 3

2 Open Innovation und Open Government als Aufbereiter für Crowd- sourcing und (im öffentlichen Sektor) 6 2.1 Öffentlicher Sektor ...... 6 2.2 Zivilgesellschaft ...... 7 2.3 Open Innovation und Open Government ...... 8 2.3.1 Open Innovation ...... 8 2.3.2 Open Government ...... 9 2.4 Bürgerbeteiligung ...... 12

3 Crowdfunding - Definition und Abgrenzung 14 3.1 Entstehung von Crowdfunding ...... 14 3.2 Von Crowdsourcing zu Crowdfunding ...... 14 3.2.1 Crowdsourcing ...... 15 3.2.2 Crowdfunding ...... 16 3.3 Crowdfunding Erscheinungsformen, Akteure und Ablauf einer Kam- pagne ...... 17

IV 3.3.1 Erscheinungsformen des Crowdfundings ...... 17 3.3.2 Akteure einer Crowdfunding-Initiative ...... 20 3.3.3 Ablauf einer Crowdfunding-Kampagne ...... 23 3.4 Motive ...... 25 3.5 Vor- und Nachteile ...... 26 3.6 Erfolgsfaktoren, Hindernisse ...... 27 3.7 Crowdfunding im öffentlichen Sektor - Civic Crowdfunding . . . . . 27 3.8 Zwischenfazit ...... 29

4 Crowdfunding - Status quo im wissenschaftlichen und öffentlichen Kon- text 30 4.1 Ziel und Herangehensweise ...... 30 4.2 Bibliometrische Analysen und Datenbanken ...... 31 4.2.1 Entstehung und Definition von Bibliometrie ...... 31 4.2.2 Anwendungsbereiche von bibliometrischen Analysen . . . . . 32 4.2.3 Verwendete Datenbanken ...... 32 4.3 Crowdfunding in der wissenschaftlichen Literatur ...... 37 4.3.1 Literature review zu Crowdfunding generell ...... 39 4.3.2 Top-Ten wissenschaftliche Arbeiten Crowdfunding Web of Science & Scopus ...... 39 4.3.3 Top-Ten wissenschaftliche Arbeiten Crowdfunding SSRN . . 44 4.4 Crowdfunding im öffentlichen Sektor - eine systematische Literatur- übersicht ...... 48 4.4.1 Ziel und Herangehensweise ...... 48 4.4.2 Entwicklung der Forschung zu Crowdfunding im öffentlichen Sektor, Forschungsfelder, welche die Entwicklung von Civic CF beeinflussten ...... 50 4.4.3 Einsatzbereiche Crowdfunding im öffentlichen Sektor . . . . 54 4.4.4 Merkmale von Civic-Crowdfunding Projekten ...... 56 4.4.5 Motivationen, Beteiligung, Rolle der Akteure ...... 58 4.4.6 Monetäre Chancen und Nutzen von CF im öffentlichen Sektor 59 4.4.7 Nicht-monetäre Chancen und Nutzen von CF im öffentlichen Sektor ...... 60 4.4.8 Herausforderungen und Risiken von Crowdfunding im öffent- lichen Sektor ...... 61 4.4.9 Die Rolle der Plattformen und ihre Bedeutung für Crowd- funding im öffentlichen Sektor ...... 63 4.4.10 Bedeutung von Social Media Instrumenten und Offline Kanälen 65 4.4.11 Bedeutung von rechtlichen Rahmenbedingungen ...... 67 4.4.12 Handlungsempfehlungen und weitere Forschungsaktivitäten . 68 4.5 Zwischenfazit ...... 70

V 5 Ausgewählte Plattformen im Vergleich 74 5.1 Ziel und Herangehensweise ...... 74 5.1.1 Boxplot ...... 75 5.1.2 Kennwerte und Aussagekraft von Boxplots ...... 75 5.2 Crowdfunding Volumen ...... 76 5.3 Plattform ...... 76 5.4 Plattformen mit öffentlichen Sektor Bezug ...... 80 5.4.1 Großbritannien ...... 80 5.4.2 USA ...... 86 5.4.3 Niederlande ...... 88 5.4.4 Deutschland ...... 93 5.5 Zwischenfazit ...... 99

6 Zusammenfassung und Ausblick 103

Literaturverzeichnis XI

VI Abbildungsverzeichnis

1.1 Aufbau der Arbeit ...... 3

3.1 Ausprägungsformen Crowdfunding ...... 18 3.2 Akteure Crowdfunding ...... 20 3.3 Ablauf eines CF-Prozesses, Akteure ...... 23

4.1 Anzahl der Publikationen Datenbank „Google Scholar“ ...... 37 4.2 Anzahl der Publikationen Datenbank „Web of Science“ ...... 37 4.3 Anzahl der Publikationen Datenbank „Scopus“ ...... 38 4.4 Aufbau der Suchphrase für Datenbank-Abfragen Literaturübersicht 49

5.1 Projektanzahl Kickstarter gesamt vs. Tags „Public“ ...... 78 5.2 Kickstarter Unterstützungen „Public Benefit“ ...... 79 5.3 Projektgrößen ...... 82 5.4 Spacehive Unterstützungen ...... 83 5.5 Projektgrößen IOBY ...... 88 5.6 „Voor je Buurt“ Unterstützungen „Public Benefit“ ...... 91 5.7 Bürgerkreditmodell am Beispiel Oestrich-Winkel ...... 96

VII Tabellenverzeichnis

2.1 Wandel der Koordinationsmechanismen im öffentlichen Sektor . . . 11

4.1 Top Ten Wissenschaftliche Literatur zu Crowdfunding - Zitationen 40 4.2 Top Ten Wissenschaftliche Literatur zu Crowdfunding/Datenbank: SSRN Anzahl Downloads der letzten 12 Monate ...... 45 4.3 Literaturübersicht zu Crowdfunding öffentlicher Sektor ...... 51

5.1 Projektübersicht Kickstarter ...... 77 5.2 Lage und Streumaße Projekte Kickstarter mit Tag „Public Benefit“ 78 5.3 Statistische Streu- und Lagemaße Projekte Spacehive ...... 82 5.4 Lage und Streumaße Projekte und Unterstützer Spacehive . . . . . 83 5.5 Projekteckdaten Glyn Coch Community Center Wales ...... 85 5.6 Unterstützer Projekt Glyn Coch Wales ...... 85 5.7 Statistische Streu- und Lagemaße Projekte IOBY ...... 87 5.8 Statistische Streu- und Lagemaße Projekte „Voor je Buurt“ mit Tag: „Open Space“ ...... 90 5.9 Projektdaten Schwimmbad Didam ...... 92 5.10 Projekteckdaten Digitalfunk BOS ...... 97 5.11 Vergleich ausgewählter Plattformen (Kickstarter, Spacehive, IOBY, Voor je Buurt) ...... 99

VIII Abkürzungen

A&HCI Arts and Humanities Citation Index

AFM Netherlands Authority for Financial Markets

ASSOB Australian Small Scale Offerings Board

BaFin Banken-Finanzaufsicht

BIP Bruttoinlandsprodukt

BiS Bank for International Settlements

BOS Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben

CF Crowdfunding

CP Civic platform

EBSCO Elton B. Stephens Corperation

EUR Euro

F&E Forschung & Entwicklung

GBP Britische Pfund

GP Generic platform

IF Impact Factor

IOBY In Our Backyards

IQR Interquartilsabstand

ISI Institute for Scientific Information

JFIEA Japanese Financial Instruments and Exchange Act

JOBS Jumpstart Our Business Startups

KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau

IX KWG Kreditwesengesetz

NGO(s) Non-Government Organisation/en

NPM New Public Management

NPO(s) Nonprofit-Organisation/en

OBOR One Belt One Road

PAT Prinzipal-Agenten-Theorie

PB Participatory Budgeting/Bürgerhaushalt

PDF Portable Document Format

PIEL Public interest environment litigation

PPP Public Private Partnerships

PR Public Relation

SCF security-based crowdfunding

SCI Science Citation Index

SCIE Science Citation Index Expanded

SFA Securities and Futures Act

SSCI Social Science Citation Index

SSRN Social Science Research Network

USA United States of America - Vereinigte Staaten von Amerika

USD Amerikanische US-Dollar

VIB Vermögensanlagen-Informationsblatt

WoS Web of Science

X Kapitel 1 1 Einführung

1.1 Problemstellung

Mitbestimmung und Mitgestaltung im öffentlichen Sektor gewinnen in einer digi- talen, vernetzten Zivilgesellschaft zunehmend an Bedeutung. Den Bürgern bieten sich vielfältige Möglichkeiten der Partizipation. Die Öffnung des Staates (Open Government, eGovernment) lädt dazu ein und verstärkt Bürgerbeteiligung in zu- nehmendem Maße.1 Die stetige Entwicklung des Web 2.0, eine stets verbesserte digitale Vernetzung sowie die Ausweitung von Social Media Kanälen in Form von Netzwerken und Plattformen bietet Potential dafür, die in den vergangenen Jahren in der Musik- und Kulturszene, in der Privatwirtschaft als auch im Non-Profit-Bereich forcierte Finanzierungsform Crowdfunding - auch als „Schwarmfinanzierung“ bezeichnet - ebenfalls im öffentlichen Sektor zu etablieren. Die seit der Finanzkrise 2008 prekäre angespannte Haushaltslage und der Druck, Einsparungsmaßnahmen zu im- plementieren sowie die strengen Liquiditätsvorschriften nach Basel III2 einzuhalten, restriktiert den Handlungsrahmen vieler Kommunen und öffentlicher Haushalte.3 Lokale Verwaltungen sehen sich einerseits laufend mit gekürzten Budgets konfron- tiert, andererseits mit sinkenden Einnahmen durch abnehmenden Privatkonsum und daraus resultierende verminderte Steuereinnahmen. Zudem steigt die Forderung der Bürger nach höherer Transparenz und Nachhaltigkeit bei der Umsetzung von öffentlichen Projekten.4 Um dennoch handlungs- und zahlungsfähig zu bleiben, sind alternative Finanzie- rungsmöglichkeiten bei der Umsetzung von öffentlichen Projekten in Betracht zu ziehen. In Form von Crowdfunding finanzierten Projekten im öffentlichen Sektor in unterschiedlichen Ausprägungsformen findet dies bereits Anwendung, was durch einige namhafte Projekte mit großer medialer Aufmerksamkeit belegt werden kann.5

1Reiser 2012, S. 1f.; von Lucke 2012, S. 1. 2BiS 2016, Internet. 3Hainzer et al. 2014, S. 54.; von Lucke 2012, S. 7. 4Miglietta et al. 2014, S. 485. 5Hainzer et al. 2014, S. 54.; Davies 2014 a, S. 119f.; Stiver et al. 2015, S. 252.

1 1.2 Zielsetzung und Fragestellung

Crowdfunding wird als junge, innovative und sehr komplexe Finanzierungsform bezeichnet.6 Die in der Problemstellung beschriebene Entwicklung lässt die Frage aufkommen, welche Länder bereits auf diese Form der Finanzierung für öffentliche Projekte zugreifen und solche umsetzen konnten. Um die Anzahl der Länder, welche in der nachfolgenden Arbeit fokussiert werden einzugrenzen, erfolgte im ersten Schritt eine vorläufige Auswahl dieser nach dem Ranking des sogenannten „Bloomberg-Innovation-Index“7, welcher anhand von sieben Messgrößen jährlich die 50 „innovativsten Länder der Welt“ ermittelt. Zwei dieser Messgrößen für die Innovationsfähigkeit eines Landes sind u. a. einerseits die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, bezogen auf das Bruttoinlands- produkt sowie andererseits die Anzahl der Forschenden im F&E (Forschung und Entwicklung) Bereich. Es erfolgte nun die Überlegung dahingehend, ob sich diese Messgrößen der „Innovationsfähigkeit“ auch im Bezug auf das Phänomen Crowdfun- ding (speziell im öffentlichen Sektor) in diesen Ländern widerspiegeln. Da im Zuge der Vorrecherchen für die zehn erstgereihten Länder, außer für die Länder USA und Deutschland, nur sehr wenige Ergebnisse für CF im öffentlichen Sektor gefunden wurden und zudem der Vergleich von 10 Ländern den Umfang der Arbeit sprengen würde, wurde die Auswahl der Länder schließlich auf die USA, Deutschland, Groß- britannien und Niederlande eingeschränkt. Diese vier Länder sind einerseits unter den 20 erstgereihten „innovativen“ Ländern zu finden, begründet werden kann die Auswahl andererseits mit den Ergebnissen der Vorrecherchen zu den ausgewählten Ländern wie folgt. Demzufolge gilt die USA als „Geburtsstätte“ des Crowdfunding mit den zwei größten globalen Plattformen Kickstarter und weltweit.8 Eine ähnliche Rolle nimmt Großbritannien unter den europäischen Ländern ein, auch hier wurde Crowdfunding schon frühzeitig eingesetzt.9 Auch in den Nieder- landen konnte sich Crowdfunding mit Gründung der Musikplattform im Jahr 2006 ebenfalls bereits früh etablieren.10 Schließlich wurde Deutschland als deutschsprachiges Land miteinbezogen. Mit 31 registrierten Plattformen im Jahr 2015 findet auch hier CF als Finanzierungsinstrument bereits breite Anwendung.11

6Hainzer et al. 2014, S. 69. 7Jamrisko & Lu 2016, Internet. 8Emmerson 2015, Internet. 9Zhang et al. 2016, Internet. 10de Maupeou et al. 2016, S. 48. 11de Maupeou et al. 2016, S. 36.

2 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen nun folgende Fragestellungen zielführend beantwortet werden: • Wie ist der Stand der Wissenschaft von Crowdfunding in den ausgewählten Ländern? Inwieweit wurde Crowdfunding im öffentlichen Sektor als innovative Finanzierungsmöglichkeit implementiert? • Wie ist der Status quo von Crowdfunding in der Praxis? Welche Staa- ten/Nationen gelten als Pioniere in der Umsetzung von Crowdfunding? Welche Staaten dominieren derzeit bei der Umsetzung von Crowdfunding im öffentli- chen Sektor?

1.3 Methodische Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Abbildung 1.1 gibt einen fundierten Überblick über den Aufbau der Arbeit:

•Ausgangssituation Kapitel 1 •Problemstellung •Methodische Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Open Innovation und Open Government als Aufbereiter für Kapitel 2 Crowdfunding

Definition und Abgrenzung •Von Crowdsourcing zu Crowdfunding Kapitel 3 •Erscheinungsformen, Akteure, Ablauf einer CF-Kampagne, Motive, Erfolgsfaktoren •Crowdfunding im öffentlichen Sektor: Civic Crowdfunding

Crowdfunding Status Quo der Wissenschaft Kapitel 4 •Bibliometrische Abfragen •Literature Research Review

Crowdfunding Status Quo in der Praxis Kapitel 5 •Plattformen mit ausgewählten Projektbeispielen

Zusammenfassung und Ausblick Kapitel 6 •Erkenntnisse aus der Arbeit •Weiterer Foschungsbedarf

Abb. 1.1: Aufbau der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung

3 Die Beantwortung der Fragestellungen bedarf einer umfassenden theoretischen Abhandlung. Als Annäherung an das Thema werden die für eine Hinführung zu Crowdfunding generell und zu Crowdfunding im öffentlichen Sektor im Speziellen erforderlichen Begriffsbestimmungen eingeführt. Eingangs werden in Kapitel 2 die Begriffe „Bürgerbeteiligung“ sowie „öffentlicher Sektor“ definiert. Die Zielvorstellung von Verwaltungshandeln im Rahmen des New Public Management förderte in der Vergangenheit den Rollenwandel des Bür- gers vom ehemaligen Leistungsempfänger hin zum Kunden.12 Durch zunehmende Öffnung von Staat und Verwaltung nimmt der Bürger gegenwärtig die Rolle des Mitgestalters im öffentlichen Verwaltungshandeln ein.13 Als solcher übernimmt er auch Mitverantwortung in unterschiedlichsten Bereichen, u. a. auch als Initia- tor bzw. Mitfinanzierer von Crowdfunding Projekten im öffentlichen Sektor. Die Bezugsrahmen von Open Innovation und Open Government werden in weiterer Folge in groben Zügen thematisiert, um deren Relevanz für Crowdsourcing und Crowdfunding darzustellen. Im Kontext zu Crowdfunding im öffentlichen Sektor soll die Bedeutung von finanzieller Beteiligung der Bürger an öffentlichen Projekten in gesellschaftspolitischer Hinsicht erläutert werden. In Kapitel 3 erfolgt die Darstellung der Entstehungsgeschichte des klassischen Crowdfunding als Ausprägungsform des Phänomens Crowdsourcing. Es werden der Ablauf einer Crowdfunding-Initiative, deren Akteure, Motive sowie die in der derzeitigen Literatur gängigsten Erscheinungsformen näher erläutert. Zudem wer- den die Erfolgsfaktoren und Hindernisse des Crowdfunding aufgezeigt. Um auf die Besonderheiten des Crowdfunding im öffentlichen Sektor einzugehen, ist zum weiterführenden Verständnis eine Definition von „Civic Crowdfunding“ erforder- lich. Zur Umsetzung wählt die Verfasserin eine detaillierte Literaturrecherche aus vorhandenen Sekundärdaten. Crowdfunding im öffentlicher Sektor wird als junge Finanzierungsmöglichkeit und vielversprechendes Forschungsfeld mit hohem Potential betrachtet, welches jedoch in Bezug auf wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik noch Auf- holbedarf aufweist.14 Der Status quo der Wissenschaft in Bezug auf Crowdfunding generell bzw. auf Crowdfunding im öffentlichen Sektor in ausgewählten Ländern wird in Kapitel 4 anhand von bibliometrischen Datenbankabfragen ermittelt. Um einen Überblick über den Stand wissenschaftlicher Forschungstätigkeit in Bezug auf Crowdfunding zu erhalten, erfolgen bibliometrische Abfragen in ausgewählten Datenbanken, welche u.a. länder- sowie zeitbezogene Abfragen und Analysen in Bezug auf die Anzahl der Publikationen sowie der Anzahl der Zitationen zulassen. Mittels dieser Datenbanken werden Ergebnisse zur Forschungstätigkeit bzw. die

12Schedler & Proeller 2011, S. 17f. 13Bogumil & Holtkamp 2007, S. 8. 14Hainzer et al. 2014, S. 54.; Stiver et al. 2015, S. 249.

4 Wahrnehmung der Forschung zum Thema Crowdfunding ermittelt und dargestellt. Zudem werden auch noch nicht publizierte Forschungsergebnisse miteinbezogen, wodurch auch möglichst aktuelle Literatur berücksichtigt wird. Eine systematische Literaturrecherche nach Tranfield et al. (2003)15 gibt einen Über- blick über den Stand der Wissenschaft in Bezug auf Crowdfunding im öffentlichen Sektor. Kapitel 5 widmet sich der praktischen Ausgestaltung von Crowdfunding im öffentli- chen Sektor. Hierbei werden die globale Plattform Kickstarter als auch die spezifisch für Crowdfunding im öffentlichen Sektor konzipierten Plattformen Spacehive, IOBY, Voor je Buurt und LeihDeinerStadtGeld hinsichtlich ihrer Charakteristika, der Anzahl der Projekte sowie Unterstützer genauer durchleuchtet und anhand einiger Fallbeispiele die Spezifika dargestellt und verglichen. Im sechsten und abschließenden Kapitel werden die wesentlichen Erkenntnisse und Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend wiedergegeben, wobei die theoretischen Grundlagen, der Status quo in der wissenschaftlichen Literatur sowie die Erkennt- nisse über Crowdfunding-Projekte in den ausgewählten Ländern zusammengeführt und analysiert werden. Daraus soll im Resümee eine Einschätzung über das Zu- kunftspotential und die Anwendungsmöglichkeiten sowie Handlungsempfehlungen zu Crowdfunding-basierter Finanzierung im öffentlichen Sektor abgegeben werden.

15Tranfield et al. 2003, S. 207-222.

5 Kapitel 2 2 Open Innovation und Open Government als Aufbereiter für Crowdsourcing und Crowdfunding (im öffentlichen Sektor)

Die nach Hilgers (2012)1 definierten Grundsätze von Open Government, Trans- parenz, Kollaboration und Partizipation, gelten als Grundvoraussetzung für den Einsatz von Crowdfunding im öffentlichen Sektor. Durch gemeinschaftliches bür- gerschaftliches Engagement in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Akteuren soll ein erhöhter Bürgernutzen sowie mehr Effizienz und Effektivität im öffentlichen Verwaltungshandeln erzielt werden. Diese Entwicklung wird in Folge unter Ein- führung von für die Arbeit erforderlichen Begriffsbestimmungen aufgezeigt und auf deren Relevanz für Crowdsourcing und Crowdfunding eingegangen. Da die Begriffe „öffentlicher Sektor“ bzw. „Zivilgesellschaft“ in der nachfolgenden Arbeit laufend Verwendung finden, erfolgt eingangs jeweils eine Definition, im letzteren Fall zusätzlich eine Abgrenzung zu dem Begriff „Non-Profit-Organisation“ (NPO), um missverständliche Interpretationen zu vermeiden.

2.1 Öffentlicher Sektor

Gemäß einer Definition nach Schauer (2015)2 bezüglich der Forschungsfelder der Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre umfasst der Öffentliche Sektor einerseits öf- fentliche Verwaltungen von Gebietskörperschaften, sowie andererseits Selbstverwal- tungskörper, darunter werden Einrichtungen der wirtschaftlichen, beruflichen sowie sozialen Selbstverwaltung verstanden. Die Aufgaben dieser öffentlichen Verwal- tungen, sogenannter „Gewährleistungsbetriebe“, orientieren sich an der Erfüllung des „öffentlichen Interesses“, dem Gemeinwohl und ergeben sich aus den daraus abzielenden politischen Zielsetzungen. Aus der Erfüllung dieser Aufgaben sollen sachpolitisch erwünschte Zustände resultieren, dazu zählen sowohl innere als auch

1Hilgers 2012, S. 640f. 2Schauer 2015, S. 11.

6 äußere Sicherheit, Gesundheit, soziale Wohlfahrt sowie Bildung. In Abgrenzung dazu umfasst die Aufgabenerstellung der öffentlichen Unternehmen die Bereit- stellung von Infrastruktureinrichtungen sowie die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, an welchen gesellschaftlicher Bedarf besteht.3

2.2 Zivilgesellschaft

Es herrschen Auffassungsunterschiede hinsichtlich der Definition des Begriffes „Zi- vilgesellschaft“ in Abhängigkeit von den Befragten. Demnach zeigte eine empirische Erhebung von Simsa (2015)4 hinsichtlich eines Projektes in Bezug auf Zivilgesell- schaft und Partizipation im Ergebnis, dass Akteure aus NPOs keine Unterscheidung treffen zwischen den Begriffen Zivilgesellschaft und Dritter Sektor, während Teil- nehmer weniger formalisierter sozialer Bewegungen bzw. Initiativen kaum einen Zusammenhang zwischen Zivilgesellschaft und NPOs sehen. Diese Unschärfe in der Begrifflichkeit spiegelt sich auch in der Soziologie wider, es zeigt sich eine synonyme Verwendung von den Begriffen „Zivilgesellschaft“, „Dritter Sektor“ bzw. „NPO-Sektor“.5 Demgemäß definiert die Autorin Zivilgesellschaft als „die Summe von Akteuren und Handlungen, die ein Mindestmaß an Autonomie von Markt und Staat aufweisen, die auf die Gestaltung politischer Prozesse und/oder sozialer Lebensbedingungen gerichtet sind und im Rahmen kollektiven Handelns stattfin- den.“6 Es wird dabei ein breites Spektrum von Aktivitäten angesprochen, sei es eine generell angestrebte Verbesserung der Lebensbedingungen im Rahmen von Selbsthilfegruppen, hinreichend zu politischen Protestbewegungen. Des Weiteren wird bei der genannten Erhebung zwischen formalisiertem und nicht formalisiertem Engagement unterschieden, wobei Letzteres u. a. Aktivitäten wie Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen umfasst, soweit diese nicht vereinsmäßig bzw. durch andere formale Organisationen initiiert sind. Während NPOs als „hierarchisch und wenig flexibel“ betrachtet werden, könne bei Initiativen ein eher inhaltliches und prozess- orientiertes Verhalten festgestellt werden. Bei den Beziehungen zwischen den beiden Gruppen wird ein starke Asymmetrie geortet. NPOs werden von Initiativen als stär- kere Partner betrachtet, welche kaum in Abhängigkeit von Initiativen stehen und daher vermindertes Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen. Es bestehen daraus folgend auch nur punktuelle Kooperationen, im Gegensatz dazu sind Initiativen untereinander stark vernetzt.7

3Schauer 2015, S. 9. 4Simsa 2015, S. 15f. 5Simsa 2015, S. 15. 6Simsa 2015, S. 16. 7Simsa 2015, S. 22 f.

7 In Bezug auf die Entwicklung der internationalen Zivilgesellschaft werden in der Li- teratur drei Richtungen beschrieben: Fioramonti & Thümler (2013)8 orten einerseits den Fokus auf Aktivitäten auf lokale Phänomene und Themen, wobei die Hinter- gründe vieler Probleme als global zu betrachten sind. Als zweite Trendrichtung wird nach Anheier (2013)9 eine Veränderung innerhalb der Organisationsformen im NPO-Sektor beobachtet, während schließlich als dritte Richtung eine zunehmende Bildung von neuen Formen der Organisierung festgestellt wird.10

2.3 Open Innovation und Open Government

Open Innovation beschreibt die Öffnung des Innovationsprozesses nach Außen und bietet öffentlichen Verwaltungen die Chance, diese Innovationskraft der Außenwelt strategisch zu nutzen, um ihr eigenes Innovationspotenzial zu erweitern. Durch fortschrittliche Informations- und Kommunikationstechnologien eröffnen sich sowohl Privatunternehmen als auch öffentlichen Verwaltungen vielfältige Möglichkeiten. Die bürgerliche Gesellschaft wird aufgerufen, ihr Expertenwissen sowie Vorschläge und Anregungen einzubringen. Transparenz, Teilhabe und Zusammenarbeit sind der Impulsgeber für weitere Innovationen im öffentlichen Sektor. Das gemeinsame Agieren soll neues Vertrauen in Politik und Verwaltungen schaffen und so eine Ebene für zukunftsweisende Veränderungen und einen Wandel in Staat und Ver- waltungshandeln herbeiführen.11 Arlt et al. (2015)12 betrachten, bezogen auf den Kontext des Ideen- und Innovationsmanagement, Crowdsourcing als spezielle Form von Open Innovation. Von Lucke (2012)13 anerkennt das Potential von Crowd- sourcing zum Einsatz offener informationstechnisch-gestützter Zusammenarbeit im Regierungs- und Verwaltungshandeln. Unter dem Terminus „Open Government Kollaboration“ werden diese Ansätze konsequent miteinander verknüpft und fin- den mittels Crowdfunding Einsatz als Finanzierungsmöglichkeit in öffentlichen Verwaltungen abseits von klassischer Haushaltsfinanzierung.

2.3.1 Open Innovation

Sowohl im Produktions- als auch im Dienstleistungsbereich findet Innovation nicht mehr in einem geschlossenen Bereich von Unternehmen statt. Wurde zu Beginn des 20. Jh. Forschung und Entwicklung (F&E) noch innerhalb eigener Abteilungen

8Fioramonti & Thümler 2013, zitiert in: Simsa 2015, S. 18. 9Anheier 2013, zitiert in: Simsa 2015, S. 18. 10Simsa 2015, S. 17. 11von Lucke 2012, S. 59. 12Arlt et al. 2015, S. 3. 13von Lucke 2012, S. 7.

8 geschlossen vorangetrieben, wie von Chesbrough (2003)14 unter dem Begriff „Closed Innovation“ beschrieben, so fand im Laufe der Zeit ein Paradigmenwechsel statt, welcher vom Autor wie folgt definiert wurde: “Open Innovation is a paradigm that assumes that firms can and should use external ideas as well as internal ideas, and internal and external paths to market, as the firms look to advance their technology.”15

Durch Einbeziehen von externen Akteuren fand zusehends eine Öffnung des Inno- vationsprozesses statt. So wird nach Chesbrough externes Wissen im sogenannten „Outside-in-Prozess“ einerseits integriert als auch andererseits internes Know-how zur weiteren Ideenfindung nach außen hin transportiert („Inside-Out-Prozess“). Ziel dieser Bestrebungen ist es, das Innovationspotential sowie die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu erweitern und zu verbessern.16 Voraussetzung für Open Innovation ist sowohl auf der Unternehmerseite als auch auf der Ebene der externen Partner (Kunden, Lieferanten, Nutzer) Innovationskom- petenz, um interaktive Wertschöpfung schaffen zu können. Zu diesen Kompetenzen zählen nach Reichwald & Piller (2009)17 u. a. die Erschließung von Kundenwissen als Ressource, die gemeinsame Generierung von Bedürfnis- und Lösungsinformation, eine frühzeitige Einbindung der Kunden sowie einen Konsens bei Koordinations- und Motivationsproblemen. Des Weiteren muss eine Infrastruktur geschaffen wer- den, welche die Zusammenarbeit ermöglicht und attraktiv erscheinen lässt, etwa die Bereitstellung von Kommunikationsplattformen und Werkzeugen.

2.3.2 Open Government

Auch im öffentlichen Sektor vollzog sich ein Wandel auf der Verwaltungs- und Regierungsebene, wie in Tabelle 2.1 dargestellt. Das ursprüngliche Bürokratiemodell nach Max Weber mit strenger Kompetenzordnung, festgelegten Hierarchien, fixen Regelwerken und u. a. Grundsätzen der Schriftlichkeit entsprach durch eine immer dynamischer werdende Umwelt nicht mehr den Anforderungen eines modernen Gewährleistungsstaates und stieß durch seine Schwächen und Dysfunktionalitäten zunehmend an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit.18 Der unübersehbare Reform- bedarf in öffentlichen Verwaltungen international in den 1980er Jahren sowie im deutschsprachigen Raum Anfang der 1990er Jahre führte hin zur Entwicklung des New Public Management (NPM) Ansatzes.19 Als Hauptmerkmale des NPM werden

14Chesbrough 2003, S. 36. 15Chesbrough 2003, S. 1. 16Sang et al. 2012, S. 148f. 17Reichwald & Piller 2009, S. 308. 18Schedler & Proeller 2011, S. 17f. 19Schedler & Proeller 2011, S. 41.

9 nach Hood (1991)20 hauptsächlich Reformmaßnahmen im Management, explizite Leistungsstandards, ein Wandel zu einer Output-Steuerung, Dezentralisierung und das Forcieren von Wettbewerb genannt. Open Government als neues Leitbild in öffentlichen Verwaltungen hingegen meint die systematische Öffnung von Staat und Verwaltung. Dabei sollen die Potenziale von Open Innovation in der Privatwirtschaft auf den öffentlichen Sektor über- tragen und umgesetzt werden. Angestrebt wird Transparenz, Kollaboration und Partizipation der Bürger mit (bisher für öffentliche Verwaltungen ungenutztem) Expertenwissen. Dieses Wissen soll mit Hilfe neuer Internettechnologien (wie z.B. Digitalisierung, Vernetzung) als externer Nutzen in die öffentliche Verwaltung einfließen und Grundlage für eine Steigerung der gesellschaftlichen Produktivi- tät sowie Unterstützung bei kollaborativen Problemlösungen bieten.21 Herzberg (2013)22 wiederum definiert Open Innovation im Kontext zu Open Government als IT-unterstützte Problemlösung in Kollaboration zwischen Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft, wobei die Wirtschaft ihren Beitrag durch Bereitstellung wertvoller Ressourcen und Kompetenzen beisteuern soll.

20Hood 1991, S. 3. 21Hilgers 2012, S. 631. 22Herzberg 2013, S. 41.

10 Tab. 2.1: Wandel der Koordinationsmechanismen im öffentlichen Sektor

Dimension Bürokratiemodell New Public Management Open Government

Privatisierung und Öffnung von Staat und Leitbild Verfassungsstaat Dezentralisierung Verwaltung

Wertschöpfung durch Zuhilfenahme einer selektive Bereiche der unstrukturierten Umwelt Umwelt Erhöhung von Akzeptanz Effiziente Ausübung legaler Effiziente Handhabung Funktion und Kontrolle Herrschaft ökonomischer Knappheit Senkung von Bürger- und Transaktionskosten Serviceorientierung Management von Steuerung durch Recht, Verwaltungen: Offene Staatsverwaltung Kompetenzordnung, Einzelwirtschaftlich mit Zielerfüllung Qualifikation sowie orientierte Strukturen, Transparenz, Kollaboration Steuerung von Laufbahnregel Verfahren und personale und Partizipation Verwaltungen Strikte Trennung von Verhaltenssteuerung Offener Aufruf zur Wettbewerbs- orientierung Privat- und Mitwirkung/Bürgerbe- Dezentralisierung und Verwaltungseigentum teiligung auf Plattformen Contracting-Out Selbstidentifikation sowie - Koordination durch Hierarchie Markt integration Netzwerksorientierung Dynamische, globale Vernetzte Informations- Umwelt gesellschaft Wandel von Hierarchie zu Informelle Arrangements Statische Umwelt Prozessdenken Veränderte Ansprüche an Kurzfristiges Anspruch an Teilhabe und Verwaltungsdenken und Rechenschaftslegung und Mitbestimmung -handeln intergenerative Soziale Produktion/Open Merkmale Vorrang von Gesetz Gerechtigkeit Innovation Informationshoheit Trennung zw. operativen Öffentlicher Politik und Verwaltung getrennt Verwaltungsmanagement Wertschöpfungsprozess Rechtsstaat und Politik als durch Integration der strategischer Präferenzen und Expertise Programmplaner externer Beitragender Legitimation durch Verfahren Kosteneffizienz Partizipation Aktives Systemelement Kunde als Stellung der Bürger Passive Befehlsempfänger Koproduzenten Leistungsempfänger Potenzielle Experten Gesteigerte Servicequalität durch eGovernment Datenspeicherung und Mehr Transparenz durch -übertragung Veröffentlichung/Akten- Integration Externer in die Rolle Informations- Elektron. Abbildung von einsicht Systemsteuerung und Verwaltungs- Kommunikations- verfahren/Regeln Interbehördliche Entgrenzung politisch-, technik Intrabehördliche Produktivität zw. administratives System Produktivität Verwaltungen und Unternehmen Verbesserung interne Erhöhung der Handhabung Systemsteuerung durch gesellschaftlichen Erweiterung des Produktivität gesellschaftlicher Orientierung an Rechtsrahmens Kollaborative Problemfelder unternehmerischer Problemlösung Effizienz Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hilgers 2012, S. 636f.

11 2.4 Bürgerbeteiligung

Nicht nur als Beitrag zur finanziellen Entlastung kommunaler Haushalte bietet Crowdfunding 3.2.2 mit Öffentlichkeitsbezug ebenso vielfältige Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Diese Möglichkeiten der Mitgestaltung identifizieren Hainzer et al. (2014)23 in Abhängigkeit entsprechender Modellgestaltung, welche jedoch auch bedingt durch sozioökonomische Unterschiede zwischen den Bürgern nur eingeschränkt wahrgenommen werden können. Die Rolle der Bürger als Mitgestalter im öffentlichen Verwaltungshandeln gewinnt zunehmend an Bedeutung und hat damit das Neue Steuerungsmodell als Leit- bild kundenorientierter Verwaltung abgelöst. Verwaltungs- und Regierungshandeln erfordert Kooperationsbedarf. Auf kommunaler Ebene sind kooperative Bürgerbe- teiligungsformen aufgrund geringer werdender Handlungsspielräume bei teilweise größer werdenden Problemlagen (das gleichzeitige Auftreten von Finanzierungs-, Steuerungs- und Legitimationsproblemen) von großer Relevanz. Unter dem Stich- wort „Bürgerkommune“ soll freiwilliges Engagement gefördert werden. Bürger sollen zudem verstärkt in kommunale Planungsprozesse involviert werden. Ziele dabei sind eine stärkere Teilnahme der Bürger an demokratischer Willensbildung sowie die Stärkung von Unterstützungsnetzwerken von Bürgern und damit verbunden die Schaffung von Solidarität. Des Weiteren sollen kommunale Haushalte im Sin- ne der Effizienz entlastet werden und in Folge im Sinne der Effektivität bessere Politikergebnisse erbracht werden.24 Meister & Oldenburg (2008)25 erachten Beteiligung in vielfacher Hinsicht als essentiell zur Förderung politischer Kommunikation und zur Wiedergewinnung des Vertrauens der Bürger in öffentliches Verwaltungshandeln. Dieses Vertrauen könne nicht verordnet werden sondern entstehe durch Mitwirkung und Mitgestaltung. Durch Beteiligung können grundlegende Probleme des Entscheidens gelöst werden, angefangen von der erforderlichen Orientierung, über die Akzeptanz politischer Entscheidungen bis hin zur Schaffung neuer Spielräume in der Steuerung.

23Hainzer et al. 2014, S. 66. 24Bogumil & Holtkamp 2007, S. 8. 25Meister & Oldenburg 2008, S. 5.

12 Von Lucke (2012)26prognostiziert, dass technik-affine Bürger, unabhängig ihrer Kenntnisse in politischen und administrativen Funktionen, eine entscheidende Rolle bei der Mitgestaltung politischen Verwaltungshandeln beitragen werden, welches großes Potential auf der Politik- und Verwaltungsebene bergen. Die Formen der Beteiligung sind vielfältig und reichen von ehrenamtlichem Engagement, der Er- bringung von Lösungsvorschlägen bis hin zur Wahrnehmung institutionalisierter Formen der Bürgerbeteiligung, wie etwa nach dem Bundesbaugesetz bzw. Städte- bauförderungsgesetz.27 Zusammenfassend wird festgestellt, dass Open Innovation und Open Government als Aufbereiter für den Einsatz von Crowdfunding im öffentlichen Sektor betrachtet werden können. Bürgerliches Engagement der Zivilgesellschaft sind prägende Ele- mente innerhalb eines Crowdfunding Prozesses mit Öffentlichkeitsbezug. Im Ideen- und Innovationsmanagement findet Crowdsourcing als besondere Form von Open Innovation Anwendung. Auf das Konzept des Crowdfunding, welches im engen Zusammenhang mit Crowdsourcing steht, wird in folgendem Kapitel eingegangen.

26von Lucke 2012, S. 62. 27Bogumil 2001, S. 8.

13 Kapitel 3 3 Crowdfunding - Definition und Abgrenzung

3.1 Entstehung von Crowdfunding

Obwohl Crowdfunding in der Literatur vielfach als junges Finanzierungsinstru- ment betitelt wird, sind zahlreiche historische Belege dafür zu finden, welche das grundlegende Konzept des Crowdfunding zur Finanzierung mittels Aufruf über die breite Masse beschreiben. Als stellvertretende Beispiele dafür lässt sich etwa die Finanzierung des Sockels der Freiheitsstatue von Amerika nennen. Hier erfolgte bereits 1885 ein Zeitungsaufruf des Verlegers Joseph Pulitzer. Dadurch wurde die breite Masse mobilisiert und als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung namentlich erwähnt. Auch namhafte Komponisten wie Mozart und Beethoven finan- zierten ihre Auftritte sowie den Druck ihrer Kompositionen, indem sie im Vorfeld Konzerte und Kompositionen verkauften.1 In Großbritannien wurde, beginnend in den 1830er Jahren die Anlage öffentlicher Parks durch eine Kombination aus Investitionen der Städte und Spenden aus der Zivilgesellschaft finanziert. Dadurch konnten drei Parkanlagen in Manchester realisiert werden2 Ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit ist die erfolgreiche Finanzierung des Wahlkampfes von US-Präsident Barack Obama 2008 mittels offenen Aufruf an die Zivilbevölkerung. Diese leistete einen signifikanten Beitrag zur Wahrnehmung und Verbreitung des Konzeptes Crowdfunding.3

3.2 Von Crowdsourcing zu Crowdfunding

Zahlreiche Unternehmen transportieren vermehrt internes Wissen nach außen, um neue Ansätze und Ideen in den Innovationsprozess zu bringen und nutzen dazu als Instrument zur Umsetzung „Crowdsourcing“, einen Ansatz, welcher erstmals 2006 von Jeff Howe im „WIRED magazine“ erwähnt wurde.4 Die Wortkreation

1Hemer et al. 2011, S. 7. 2Davies 2014 a, S. 31. 3Davies 2014 a, S. 38. 4Bayus 2013, S. 226.

14 „Crowdsourcing“ ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus der Bezeichnung „Crowd“ und „Outsourcing“. Der Ansatz des Crowdsourcing wird oftmals in Zusammenhang mit der „Weisheit der Vielen“ - „the wisdom of the crowd“ dargestellt. Surowiecki (2004) argumentiert dahingehend, dass eine Akkumulation von Informationen innerhalb einer Gruppe zu Gruppenentscheidungen führen, die bessere Ergebnisse hervorbringen als Lösungsansätze der einzelnen Individuen.5 Leimeister (2010) spricht dabei von „kollektiver Intelligenz“, wobei mit „kollektiv“ eine Gruppe von Menschen gemeint ist, welche trotz unterschiedlicher Haltungen oder Standpunkte durch Kommunikation und spezifische Handlungen der Individuen Perspektiven und Ansätze hervorbringen, Diese bringen für die Gemeinschaft im Resultat bessere Lösungsergebnisse für ein bestimmtes Problem hervor.6 Im Unterschied zum Crowdsourcing, welches das Prinzip der kollektiven Intelligenz nutzt, basiert Crowdfunding auf der kollektiven Finanzkraft des teilnehmenden Personenkreises, welches gezielt ein Projekt unterstützen will. Beide Konzepte sind tief miteinander verknüpft.7

3.2.1 Crowdsourcing

Crowdsourcing wird sinngemäß als eine Form von Auslagerung von Aufgaben bzw. Wertschöpfungsaktivitäten definiert.8 Dabei werden konkret definierte Auf- gabenstellungen, entweder durch Unternehmen im Speziellen oder Institutionen im Allgemeinen, welche ursprünglich intern durch Mitarbeiter gelöst wurden, an eine nicht definierte Anzahl von externen Nutzern (eine „Menschenmenge“) in Form eines offenen Aufrufs9 über ein Netzwerk zur freiwilligen Mitwirkung bzw. Problemlösung ausgelagert.10 Belleflamme et al. (2013) definieren den Terminus „Crowdsourcing“ im Zusam- menhang mit Crowdfunding wie folgt: „The concept of crowdfunding comes from the broader concept of crowdsourcing, which involves using the “crowd” to obtain ideas, feedback, and solutions to develop corporate activities.“11 Demzufolge kann Crowdfunding als eine Ausprägung von Crowdsourcing verstanden werden.

5Surowiecki 2004, S. 21f. 6Leimeister 2010, S. 245. 7Belleflamme et al. 2013, S. 2; Hemer et al. 2011, S. 17; Leimeister 2010, S. 245; Hainzer et al. 2013, S. 252. 8Leimeister 2010, S. 388. 9Howe 2006, Internet. 10Leimeister 2012, S. 388. 11Belleflamme et al. 2013, S. 6.

15 3.2.2 Crowdfunding

In der Literatur sind eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen zur Bestim- mung des Terminus Crowdfunding zu finden. So definieren Ordanini et al. (2011) Crowdfunding als „[...] a collective effort by people who network and pool their money together, usually via the Internet, in order to invest in and support efforts initiated by other people or organizations”12

Eine weitere gängige Definition liefern Belleflamme et al. (2013) und stellen fest: „Crowdfunding involves an open call, mostly through the Internet, for the provision of financial resources either in form of donation or in exchange for the future product or some form of reward to support initiatives for specific purposes.“13

Bouaiss et al. (2015) sehen einen Zusammenhang zwischen dem verstärkten Auf- kommen von CF und Wirtschaftskrisen: „As any neologism, “crowdfunding” could be considered a faddish concept linked with temporary social trends (such as crowdsourcing or micro-funding in the sole area of financial practices) and contemporary economic contexts (financial crisis, credit crunch, etc.)“14

Unter Berücksichtigung dieser Definitionen ergibt sich, auch unter Einbeziehung zusätzlicher in relevanter Literatur zu CF identifizierter wesentlicher Merkmale, folgende Arbeitsdefinition: Crowdfunding wird als eine Ausprägungsform des Crowdsourcing festgelegt, es stellt ein Instrument des Beschaffungsmarketing dar. Ziel ist, mittels eines zumeist unter Verwendung von geeigneter Internettechnologie (Web 2.0, Plattformen, Social Media) erfolgten offenen Aufrufs („open call“) eine undefinierte Anzahl von Personen („crowd“) zu erreichen. Diese stellen sich als Kapitalgeber zur Verfügung, um die gemeinsame Finanzierung (mittels einer Vielzahl kleiner Beträge) eines bestimmten, klar definierten Projektes innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu ermöglichen. Für die finanzielle Unterstützung wird eine vorab definierte Gegenleistung („rewards“) in unterschiedlichen Formen in Aussicht gestellt.15 In den vergangenen Jahren entwickelte sich Crowdfunding weltweit zunehmend zu einer beachtenswerten alternativen Finanzierungsquelle.16 Das verstärkte Auf- kommen von Crowdfunding wird auch in Zusammenhang mit der Finanzkrise 2008

12Ordanini et al. 2011, S. 444. 13Belleflamme et al. 2013, S. 8. 14Bouaiss et al. 2015, S. 23. 15Belleflamme et al. 2013, S. 6.; Hainzer et al. 2014, S. 55.; Ordanini et al. 2011, S. 444.; Gerber et al. 2012, S. 2.; Bouaiss et al. 2015, S. 23.; Hemer et al. 2011, S. 19. 16Belleflamme et al. 2013, S. 2.

16 gebracht, wenngleich schon zuvor beachtliche Projekte umgesetzt wurden, welche erst im Nachhinein als Crowdfunding-basierte Projekte identifiziert wurden.17 Vor- aussetzung dafür waren und sind die für einen Großteil der Bevölkerung verfügbaren technischen Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten durch das Web 2.0, welche der Zivilgesellschaft mehr Beteiligung und Mitbestimmung ermöglichen.18 Die Möglichkeiten, Crowdfunding als Finanzierungsmittel einzusetzen, sind sehr breit gefächert, ursprünglich fand es seinen Einsatz in der Musik- und Kultur- szene, hat sich jedoch mittlerweile nicht nur zur Finanzierung von Start-ups und gewinnorientierten Unternehmen etabliert, sondern es finden sich auch zahlreiche Beispiele sowohl im gemeinnützigen Bereich, als auch in Wissenschaft und Technik, im Energiesektor sowie nachhaltiger Wasserwirtschaft.19 Einzelne beachtenswerte Projekte konnten auch bereits im öffentlichen Sektor umgesetzt werden, darauf wird in weiterer Folge in der Arbeit noch detailliert eingegangen.

3.3 Crowdfunding Erscheinungsformen, Akteure und Ablauf einer Kampagne

3.3.1 Erscheinungsformen des Crowdfundings

Es gibt unterschiedliche Ausprägungsformen, nach denen Crowdfunding eingeteilt werden kann. Die gängigste Einteilung folgt der Definition des US-Marktforschungs- unternehmens Massolution im Crowdfunding Industry Report20, einer bedeutenden internationalen Studie.21 In Abhängigkeit von der Art der Gegenleistung für die erfolgte Finanzierung wird unterschieden in Crowdfunding ohne finanzielle Gegenleistung (non financial returns), darunter fallen das „reward-based Crowdfunding“ sowie das „donation- based Crowdfunding“. Bei den Ausprägungsformen „Crowdinvesting“ (equity-based) sowie „Crowdlending“ (lending-based) wiederum wird eine finanzielle Gegenleistung erwartet (financial returns).22 Abbildung 3.1 gibt dazu einen Überblick:

17Best et al. 2013, S. 8.; Davies 2014 a, S. 25. 18von Lucke 2012, S. 7. 19Hemer et al. 2011, S. 18. 20Massolution 2012, Internet. 21Hainzer et al. 2013, S. 253. 22Kaltenbeck 2011, S. 9.

17 Crowdfunding

Crowdsupporting Crowddonating Crowdinvesting Crowdlending

rewared-based donation-based equity-based lending-based Geringe „Moralischer (Eigenkapital) Rückzahlung Belohnung Dank” Gewinnbeteiligung Verzinsung

Abb. 3.1: Ausprägungsformen Crowdfunding Quelle: Eigene Darstellung

Crowdsponsering (reward-based Crowdfunding)

Diese Ausprägungsform des Crowdfunding ist besonders in der Kreativszene sehr bekannt und findet breite Anwendung. Hier erhält der Unterstützende einer Crowd- funding Kampagne als „Belohnung“ für seinen finanziellen Beitrag eine materielle Gegenleistung in Form von Prämien und Produkten wie z.B. DVDs, T-Shirts oder namentliche Erwähnung im Abspann eines Filmes. Der materielle Wert der Gegenleistung ist zumeist sehr niedrig oder aber ein ideeller Wert (Konzertkarte, persönliches Gespräch mit Künstler).23

Crowddonating (donation-based Crowdfunding)

Hier unterstützt der Spender ein Crowdfunding Projekt, ohne dass eine Gegenleis- tung, weder monetärer noch nicht-monetärer Art erwartet wird. Faktisch handelt es sich dabei um klassisches Spendensammeln. Allerdings wird auf freiwilliger Basis oftmals eine Gegenleistung angeboten, obwohl keine Verpflichtung dazu besteht.24 In diesem Kontext kann auch das Patronatsmodell erwähnt werden. Dieser Be- griff findet im deutschsprachigem Raum eher selten Verwendung und ist eher im angelsächsischen Bereich zu finden. Er findet Verwendung als Synonym für altruis- tische Formen des Spendenmodells, insbesondere in Zusammenhang für soziale bzw. künstlerische Initiativen, welche keinerlei materielle Gegenleistung erwarten.25

23Hainzer et al. 2013, S. 253.; Hemer et al. 2011, S. 51. 24Forster 2013, S. 24.;Hainzer et al. 2013, S. 253. 25Hemer et al. 2011, S. 52.

18 Abgrenzung Crowddonating von Fundraising

Es sind im Zusammenhang mit Crowddonating Parallelen zum Begriff des Fundrai- sings erkennbar, allerdings sind auch wesentliche Abgrenzungsmerkmale zu finden. Fundraising wird nach Urselmann (2014) definiert als „die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer steuerbegünstig- ten Organisation, welche darauf abzielen, alle benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller (Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, öffentliche Institutionen) zu möglichst geringen Kosten zu beschaffen“.26 Während das Ziel von Crowdfunding eindeutig als eine spezifische, projektbezogene Finanzierungs- möglichkeit definiert wird, werden beim Fundraising vielfältige Ressourcenquellen berücksichtigt, deren Zweck es ist, längerfristig Ressourcenquellen zu erschließen.27

Crowdlending (lending-based Crowdfunding)

Hier erfolgt zumeist die Vermittlung von Mikrokrediten unter Ausschaltung von Finanzdienstleistungsunternehmen zwischen Privatpersonen (P2P). Einsatz findet diese Ausprägungsform vor allem im Bereich der internationalen Entwicklungs- zusammenarbeit. Es wird neben der Rückzahlung in monatlich fixen Raten ein (zumeist niedriger) Zinsertrag von den Kreditgebern erwartet.28

Crowdinvesting (equity-based Crowdfunding)

Diese Erscheinungsform des Crowdfunding wird sowohl als Crowdinvesting als auch Crowdfinancing bezeichnet. Sie kommt bei der Finanzierung von Start-ups und Unternehmen zur Anwendung und erfolgt über eine Vielzahl von Kleinanlegern. Als Gegenleistung wird eine Beteiligung am Eigenkapital oder am Unternehmenserfolg erwartet. Equity-based-Crowdfunding wird demnach als rein finanzielle Investi- tionsmöglichkeit angesehen, die Gegenleistung erfolgt in monetärer Form, dieses Faktum grenzt Crowdinvesting von den übrigen Ausprägungsformen des CF ab.29

Einsatzformen im öffentlichen Sektor

Für Projektfinanzierungen im öffentlichen Sektor finden vorwiegend sowohl die Ausprägungsformen „donation-based“ als auch „reward-based“ Crowdfunding An- wendung, wobei hier hauptsächlich Projekte im kleineren Umfang finanziert werden.

26Urselmann 2014, S. 1. 27Hainzer et al. 2014, S. 55. 28Hainzer et al. 2013, S. 253. 29Forster 2013, S. 19.

19 Für größere Investitionen zur Finanzierung öffentlicher, kommunaler Projekte kommt „lending-based“ Crowdfunding zum Einsatz, hier kann als Beispiel das sogenannte „Bürgerkreditmodell“ bzw. „Bürgerdarlehen“ genannt werden. Dabei wendet sich eine Stadt bzw. Kommune mit einem Aufruf an die Bürger, diese stellen Mikro-Kredite zur Finanzierung des öffentlichen Projektes zur Verfügung. Die Rückzahlung erfolgt innerhalb einer vorab festgelegten Laufzeit mit geringer Verzinsung.30

3.3.2 Akteure einer Crowdfunding-Initiative

Kennzeichnend für ein Crowdfunding Projekt ist eine spezifische Akteurs- bzw. Intermediärsstruktur, welche unterschiedliche Rollen einnehmen.31 Nach Hemer et al. (2011) erfolgt eine Einteilung in vier Gruppen, wie in Abbildung 3.2 dargestellt:32

Akteure

Projektinitiatoren Unterstützer bzw. Intermediäre bzw. Sonstige Akteure bzw. Kapital- Kapital-/ Plattformbetreiber Unterstützungs- Ressourcengeber suchende Treuhänderbanken Stakeholder z.B. Einzelpersonen Plattformen treibende Kraft NGOs Organisationen Mikro-Payment- Wirtschaftsförderer öffentliche Hand Anbieter

Abb. 3.2: Akteure Crowdfunding Quelle: Eigene Darstellung

Die Projektinitiatoren gelten als die treibende Kraft hinter einer Crowdfunding- Kampagne, da sie Kapital für ihr Vorhaben (z.B. Künstlerprojekte, Start-ups bzw. Projekte gemeinnütziger Organisationen) benötigen. Mittels der Unterstützer soll Kapital in die Projekte der Initiatoren fließen. Als Kapitalgeber gelten zumeist Einzelpersonen, jedoch auch Organisationseinheiten wie etwa Unternehmen, öffent- liche Einrichtungen, Fonds bzw. politische Akteure sowie Verbände oder Kammern kommen als Investoren in Betracht. Mit zunehmend steigender Zahl an Unterstüt- zern und Kapitalgebern erscheint es sinnvoll, Intermediäre zur Mitorganisation während des Crowdfunding-Prozesses in Anspruch zu nehmen. Plattformbetreiber sind Dienstleister, die als Schaltstelle zwischen Initiatoren und Unterstützern gelten. Sie bieten ihre Vermittlungsdienste auf speziell darauf ausgerichteten Plattformen

30Hainzer et al. 2014, S. 57. 31Hainzer et al. 2013, S. 253. 32Hemer et al. 2011, S. 33.

20 an, indem sie einerseits Raum im öffentlichen Netz zur Verfügung stellen, als auch andererseits alle Beteiligten bei der Projektabwicklung unterstützen. Folglich wird auf den Plattformen sowohl die Präsentation und Interaktion als auch die treu- händerische Verwaltung der Unterstützungsleistungen durchgeführt, wobei auch zusätzliche Finanzintermediäre wie Micro-Payment-Anbieter bzw. Treuhänderban- ken zwischengeschaltet werden können.33 Weitere mögliche sonstige Akteure eines CF-Projektes können z.B. Vertreter von Organisationen bzw. Gesellschafter, welche ein persönliches Interesse an der Realisierung eines Projektes haben. Als Stakeholder können NGOs, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen, Politik, Förderagenturen sowie Wirtschaftsförderer genannt werden.34

Prinzipal-Agenten-Theorie

Mit steigender Komplexität eines CF-Prozesses und der Einbeziehung zusätzlicher Intermediäre erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Interessenskonflikten sowie In- formationsasymmetrien. Diese Konfliktpotentiale finden in der CF-Literatur breite Anerkennung35 und können durch die Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT), welche als ein Instrument der Neuen Institutsionenökonomie hervorgeht, erklärt werden. Infolgedessen sollen die Grundprinzipien der PAT erläutert werden. Die erwähnten Konflikte entstehen gemäß der Prinzipal-Agenten-Theorie dahingehend, dass alle beteiligten Akteure individuelle Nutzenmaximierung anstreben. Mit Vertragsab- schluss zwischen dem Prinzipal (=Auftraggeber) wird der Agent (=Auftragnehmer) mit der Wahrnehmung der Interessen des Prinzipals beauftragt. Es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis, welches aufgrund spezifischer Ziele beider Parteien zu Konflikten führen kann.36 Einerseits kann vom Agenten kein adäquates Verhalten im Sinne von freiwilli- ger Nutzenmaximierung gegenüber dem Prinzipal erwartet werden. Der dadurch entstehende Interessenkonflikt kann insofern aufgelöst werden, indem ein jeweils subjektives Nutzenmaximum beider Parteien realisiert wird. Dieses Nutzenmaxi- mum kann durch die Befriedigung mittels materieller Güter, (Gehalt, Dividende) jedoch auch mittels immaterieller Güter (Gehalt, Karriere) erreicht werden.37

33Hemer et al. 2011, S. 33 ff. 34Hemer et al. 2011, S. 33. 35Hainzer et al. 2014, S. 63.; Belleflamme et al. 2013, S. 23.; Schwienbacher & Larralde 2012, S. 20.; Giudici et al. 2012, S. 12. 36Alparslan 2006, S. 14. 37Alparslan 2006, S. 17.

21 Andererseits treten innerhalb der Beziehung zwischen Prinzipal und Agenten Infor- mationsasymmetrien auf, welche gegebenenfalls innerhalb der Vertragsbeziehung durchaus erwünscht sind. Die Prinzipal-Agenten-Beziehung ergibt sich als Kon- sequenz von Arbeitsteilung und Spezialisierung darausfolgend, dass der Agent aufgrund seines Spezialwissens zur Durchführung eines Auftrages vom Prinzipal engagiert wird. Die dadurch entstandene Ungleichverteilung von Information kann wiederum zur systematischen Ausnutzung des schlechter informierten Akteurs führen.38 Bei den Informationsasymmetrien werden drei Typen unterschieden, als solche gelten unbeobachtbare Eigenschaften (Hidden Characteristics), unbeobachtbare Ak- tionen (Hidden Action) sowie unbeobachtbare Ausprägung der exogenen Störgröße (Hidden Information). Hier wird wiederum anhand von drei Informationsdimensio- nen zwischen einer personellen, inhaltlichen sowie zeitlichen Dimension unterschie- den werden kann. Die personelle Dimension meint dabei eine Ungleichverteilung der Informationen zwischen mindestens zwei Beteiligten. Hier liegt der Vorteil gemäß der PAT stets bei dem innerhalb der Vertragsbeziehung besser informierten Akteur. Die inhaltliche Dimension betrachtet, welche Informationen zwischen den Akteu- ren ungleich verteilt sind (Aktion des Agenten, exogene Störgröße, Eigenschaften des Agenten). Die zeitliche Dimension schließlich behandelt die Frage, wann eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent feststellbar ist.39 Relevanz finden diese Informationsasymmetrien sowie die dadurch entstehenden Konfliktpotentiale bei Crowdfunding Projekten im öffentlichen Sektor, beispiels- weise bei den sogenannten Bürgerkreditmodellen. Hier ist, um die gesetzlichen Bestimmungen einhalten zu können, die zusätzliche Zwischenschaltung einer Treu- händerbank erforderlich, welche die Zahlungstransaktionen abwickelt. Dadurch nimmt die Plattform eine Doppelrolle ein, indem sie gegenüber dem Projektinitiator als Auftragnehmer (=Agent) auftritt, während sie gegenüber der Treuhänderbank als Auftragnehmer (=Prinzipal) auftritt. Durch die rechtliche Abhängigkeit wird die Verhandlungsmacht erhöht. Zusätzlich treten die Bürger als weitere Auftrag- geber (=Prinzipal) nach Veröffentlichung der CF-Initiative auf, wodurch weitere Interessenskonflikte entstehen können.40

38Alparslan 2006, S. 19. 39Ahlers et al. 2012, S. 20f. 40Hainzer et al. 2014, S. 64.

22 3.3.3 Ablauf einer Crowdfunding-Kampagne

Die Umsetzung einer Crowdfunding Kampagne kann in drei Phasen eingeteilt werden, die Planungsphase, die Finanzierungsphase sowie die Umsetzungsphase. Ziel jeder CF-Kampagne ist die Umsetzung einer Projektidee, für deren Realisation die finanziellen Mittel fehlen. In Abbildung 3.3 wird der idealtypische Ablauf einer Crowdfunding Initiative sowie deren Akteure und Rollen innerhalb des CF-Prozesses grafisch dargestellt und nachstehend erläutert:

 Plattformen Projektinitiator 

Idee Finanzintermediäre Schnittstellen • Banken • Finanztransaktion • VC-Fonds • Treuhänderische Projektplanung und • Micropayment Anbieter Verwaltung -erstellung • Information • Projektziele • Kommunikation (Zielgruppe, Budget, Zeitrahmen, Kommunikation) • Projektumsetzung (Text, Video, Gegenleistung)

Projektfinanzierung ↳Information • Presse/Events • Social Media • Blogs/E-Mails • Updates Projektunterstützer

• Projektinformation Projektumsetzung • Entscheidung ↳Nachbereitung - Förderbetrag • Kommunikation - Gegenleistung mit Unterstützern • Projektunterstützung • Validation Social Media • Gegenleistung • Erhaltene Gegenleistung • Lfd. Information über oder Rückbuchung Umsetzung

 Abb. 3.3: Ablauf eines CF-Prozesses, Akteure  Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Harzer 2013, S. 54.

Projektplanung

Die Vorbereitungsphase ist essentiell für den Erfolg einer Kampagne, aufgrund der Idee soll ein strukturiertes Konzept entwickelt werden und die Motive und Erwartungen festgelegt werden. In Folge soll eine der Art des Projektes adäquate Plattform ausgewählt werden, auf welcher das Projekt eingereicht werden kann. Die Planungsschritte umfassen sowohl die Festlegung der potentiellen Zielgruppe,

23 welche angesprochen werden soll, geeignete zielgruppengerechte Marketing- und PR- Maßnahmen sowie eine möglichst professionelle Erstellung der Projektseite. Diese umfasst ein Video und eine Projektbeschreibung, deren Gestaltung maßgebend für den Erfolg der Kampagne sein kann. Zudem sind Finanzierungsziele und der -zeitraum festzulegen, ebenfalls eventuelle nach Unterstützungshöhe gestaffelte Gegenleistungen. Sämtliche Kosten wie Plattformgebühren sowie Aufwendungen für Rewards müssen einkalkuliert werden.41

Projektfinanzierung

Die Finanzierungsphase startet mit der Freischaltung der Kampagne auf der Platt- form. Die meisten Plattformen arbeiten nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“, d.h. ein Projekt gilt erst dann als erfolgreich finanziert, wenn das Finanzierungsziel erreicht wurde. Kann die Fundingschwelle nicht erreicht werden, wird das treuhän- derisch verwaltete Geld an die Unterstützer refundiert. In dieser Phase ist eine interaktive Beziehungspflege von größter Bedeutung. Der Einsatz aller zur Verfü- gung stehenden kommunikationstechnischen Mittel (Online- sowie Offlinekanäle wie Social Media, E-Mail, Pressemeldungen, persönliche Kontakte) sollen intensiv forciert werden, um potentielle Ressourcengeber zu erreichen. Dies erfordert auch eine Präsenz der Initiatoren auf der Plattform, um aktuelle Entwicklungen, Fristen und Erfolge kommentieren zu können sowie auf individuelle Fragen und Anregungen eingehen zu können.42

Projektumsetzung

Nach Beendigung der Finanzierungsphase kann im Falle einer erfolgreichen Fi- nanzierung mit der Umsetzung des Projektes begonnen werden. Das gesammelte Kapital wird an die Initiatoren entweder von den Plattformbetreibern oder einem eventuell zwischengeschalteten Finanzintermediär ausbezahlt, wobei die vereinbarte Provision einbehalten wird. Die vereinbarten Gegenleistungen sollen möglichst fristgerecht erbracht werden. Es empfiehlt sich, den Unterstützern auch laufende Updates über die Entwicklung des Projektverlaufs- und -fortschritts zu geben, und so durch die CF-Kampagne gewonnene Netzwerksverbindungen aufrechtzuhalten.43 Der beschriebene Ablauf lässt sich für eine Mehrzahl von Crowdfunding Projek- ten anwenden, wenngleich Variationen hinsichtlich der Zwischenschaltung einer Plattform bzw. von Finanzintermediären möglich sind. Im Gegensatz dazu sind die Motive dafür, eine CF-Kampagne zu starten bzw. zu unterstützen vielschichtig, wie im folgendem Abschnitt aufgezeigt wird.

41Harzer 2013, S. 55.; Kaltenbeck 2011, S. 12. 42Harzer 2013, S. 54.; Kaltenbeck 2011, S. 12f. 43Harzer 2013, S. 56.; Kaltenbeck 2011, S. 12.

24 3.4 Motive

Hinsichtlich der Motive für Crowdfunding werden unterschiedliche Sichtweisen herangezogen, welche auch in Abhängigkeit vom CF-Modell stehen, jedoch zeigen sich nach Ordanini et al. (2011)44 auch Gemeinsamkeiten. Als solche werden eine hohe Identifikation mit den Werten eines Produktes bzw. einer Plattform, das Interesse, an neuen Innovationen teilzuhaben, die Intention, Mitglied eines Netzwerkes zu sein sowie die Norm der Reziprozität genannt. Damit ist gemeint, dass Projektinitiatoren auch eher bereit sind, selber andere Projekte zu unterstützen. Diese Motive werden auch von Hemer et al. (2011)45 bestätigt. Weiters unterscheiden die Autoren zwischen selbstlosen und selbstbezogenen Motiven und merken an, dass Empathie gegenüber dem Hilfeempfänger etwa als selbstloses Motiv zu erachten sei, während bei den selbstbezogenen Motiven die Erfahrung von Selbstwirksamkeit bzw. Selbstzufriedenheit sowie eine Reziprozitätserwartung genannt werden können. Gerber & Hui (2012)46 identifizieren anhand von teilstrukturierten Interviews die Motive sowohl von Initiatoren als auch Unterstützern. Auf der Unterstützerseite erkennen sie neben der erhofften Belohnung (rewards) die Unterstützung des In- itiators und dessen Arbeit sowie die Zugehörigkeit und das Engagement innerhalb eines kreativen Netzwerks als Hauptmotive. Aus Sicht der Initiatoren hingegen identifizieren die Autoren als Motive neben dem Interesse an einer Finanzierung die Bildung von Beziehungsstrukturen und Netzwerken, Selbstbestätigung, die Re- plikation erfolgreicher Erfahrungen anderer Initiatoren sowie eine Erhöhung der Aufmerksamkeit für die Arbeit bzw. das Unternehmen. Haas et al. (2014)47 ordnen die Motive entsprechend einer Taxonomie, indem sie Crowdfunding drei Archetypen zuweisen, „Hedonismus“, „Altruismus“ und „Gewin- norientierung“. Dabei ordnen sie unter das Cluster „Hedonismus“ die Motive der Kapitalgeber dahingehend ein, dass diese an Innovationen und kreativen Projekten bzw. Produkten interessiert seien und keine monetäre Gegenleistung erwarten, im Vordergrund stehen Anerkennungen unterschiedlicher Art (rewards). Eine hohe Anzahl von kleinen Projekten sind charakteristisch dafür, so die Autoren. Motive der Unterstützer, welche dem Cluster „Altruismus“ zugeordnet sind, sind das Fehlen jeglicher Erwartung einer Gegenleistung, die Beteiligung für einen guten Zweck bzw. altruistische Motive. Die Projekte sind zumeist nachhaltiger Art bzw. bezwecken soziale Unterstützung. Schließlich fallen unter „For-Profit“ (auch „Gewinnorien- tierung“) Crowdfunding-Konzepte, bei welchen als Motive für eine Beteiligung zumeist eine finanzielle Gegenleistung im Vordergrund steht, dies ist kennzeichnend für Crowdinvesting bzw. Crowdlending. 44Ordanini et al. 2011, S. 455. 45Hemer et al. 2011, S. 43f. 46Gerber et al. 2012, S. 1ff. 47Haas et al. 2014, S. 11f.

25 Ebenso umfassend wie die Motive für Crowdfunding sind die bestimmenden Ein- flussgrößen, welche den Erfolg einer Crowdfunding Initiative begünstigen bzw. verhindern können. Zudem wird auf die Vor- und Nachteile eingegangen, in der Literatur finden sich in diesem Kontext folgende Ansätze:

3.5 Vor- und Nachteile

Als positiver Nutzen wird das Potential von CF als Finanzierungsalternative für Projekte erachtet. Viele Projekte könnten ansonsten auf Grund fehlender Bonität nicht realisiert werden, es wird zudem eine rasche und weniger formale Realisierung ermöglicht. Die durch eine Kampagne mobilisierte Community kann als Basis für zukünftige Projekte und potentielle Kunden betrachtet werden, in diesem Zusammenhang wird der Multiplikator- und Signalling-Effekt betont. Durch die Multiplikatorwirkung können (mit Hilfe der Unterstützer, welche Empfehlungen und Produktinformationen innerhalb ihrer eigenen Netzwerke weitergeben) Signale gesetzt werden und in Folge neue Kontakte zu weiteren Investoren bzw. Kreditgebern geknüpft werden. Crowdfunding bietet flexible Gestaltungsmöglichkeiten mit einem breiten Einsatzspektrum. Es lassen sich große Projekte in kleinere Teilprojekte zerlegen und bieten dadurch mehr Transparenz und Übersichtlichkeit.48 Als nachteilig kann sich aus Sicht der Initiatoren die Weitergabe von internen Informationen erweisen. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass innovative Ideen nachgeahmt werden. Eine sorgfältige Planung und Umsetzung sowie der Aufbau ei- ner Web-Community erfordert Ressourcen, welche den CF-Erlös erheblich schmälern können. Auch die weitere Pflege und Erhaltung einer Unterstützer-Community ist zeitintensiv und verursacht Zusatzkosten und gegebenenfalls die Implementierung eines eigenen Crowd-Management-Systems. Konfliktpotential erscheint möglich, falls sich Projekte unerwartet erfolgreich entwickeln, dies könnte Anspruchsforderungen der ursprünglichen Unterstützer nach sich ziehen. Auch Unterstützer sehen sich mit zahlreichen Risiken konfrontiert: Es besteht die Gefahr des Totalausfalles der ihnen vereinbarten Gegenleistungen. Zudem sehen sich Unterstützer mit mangeln- den Einflussmöglichkeiten auf die tatsächliche Verwendung der Unterstützungen konfrontiert. Auch werden die Validität sowie die Erfolgschancen eines Projektes aufgrund von einseitigen Informationsasymmetrien oftmals falsch eingeschätzt. Ein hohes Risiko stellt auch die mögliche Insolvenz eines mittels CF finanzierten Start-ups dar, wobei Mikrokredite wie stille Beteiligungen einzustufen sind und in Folge nachrangig behandelt würden.49

48Hemer et al. 2011, S. 77.; Hainzer et al. 2014, S. 57. 49Hemer et al. 2011, S. 78 f.

26 3.6 Erfolgsfaktoren, Hindernisse

Mollick (2014)50 identifiziert die Determinanten für Erfolg bzw. Misserfolg von reward-based Crowdfunding Initiativen anhand einer quantitativen Auswertung der globalen Plattform Kickstarter. Demnach sind positive Einflussgrößen die Projektqualität, was eine sorgfältige Planung und Umsetzung beinhaltet, wobei auch die Qualität der Netzwerksarbeit erfolgsbestimmend gewertet wird. Weitere positive Einflussgrößen sind das Vorhandensein von sozialem Kapital sowie die Bedeutung des Einsatzes von Social Media Kanälen. Zudem wurde ein Zusammenhang zwischen Finanzierungssumme und erfolgreicher Finanzierung festgestellt, demnach sind Projekte mit hohem Finanzierungsziel weniger erfolgreich als kleinere Projekte. Von Relevanz für den Erfolg einer Crowdfunding Kampagne ist auch die geographi- sche Entfernung zwischen Projektinitiator und Unterstützer, demzufolge erhöht eine niedrigere Entfernung die Erfolgswahrscheinlichkeit, als Erklärung dafür können Unterstützungszusagen von Familienangehörigen und Freunden genannt werden.51 Einschränkungen, welche als Hindernis im Bezug auf Crowdfunding anerkannt werden, sind Zugangsbeschränkungen der breiten Masse zu modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, welche mit dem Phänomen des „Digital Divide“ näher beschrieben werden können. Demnach sind Teile der Bevölkerung aufgrund eingeschränkter Zugänge, Vorbehalten gegenüber neuen Technologien sowie so- ziodemografischen Merkmalen wie Alter, Bildung, kulturellen oder geografischen Einflüssen von der Internetnutzung ausgeschlossen und scheiden dadurch auch folglich als potentielle Unterstützer aus.52 Nach der Auseinandersetzung mit den allgemein gültigen Grundsätzen von Crowd- funding bedarf es nun in weiterer Folge einer Vertiefung in Bezug auf Crowdfunding im öffentlichen Sektor. Eingangs erfolgt eine Begriffsbestimmung für „Civic Crowd- funding“, da auf diese Erscheinungsform und deren Spezifika in den nachfolgenden Abschnitten verstärkt eingegangen wird.

3.7 Crowdfunding im öffentlichen Sektor - Civic Crowdfunding

Civic kann umgangssprachlich mit „bürgerlich“ bzw. zivilgesellschaftlich übersetzt werden und soll ein Tätigwerden auf Initiative der Gesellschaft für die Gesellschaft beschreiben. Civic Crowdfunding wird nach Davies (2014)53 als eine Unterkategorie

50Mollick 2014, S. 21ff. 51Agrawal et al. 2011, S. 1ff.; Burtch et al. 2013, S. 30. 52Hainzer et al. 2014, S. 60. 53Davies 2014 a, S. 28.

27 von Crowdfunding definiert, welche in ihren Auswirkungen und in ihrer Dynamik vom ursprünglichen Crowdfunding abweichen, indem diese Projekte einen Nutzen für die Allgemeinheit darstellen.54 Civic Crowdfunding-Projekte sollen sogenannte „public goods“ hervorbringen, welche nicht konkurrierend und nicht ausschließend sind. Das bedeutet, dass Güter bzw. Serviceleistungen von der Allgemeinheit in gleicher Weise uneingeschränkt in Anspruch genommen bzw. genutzt werden können, unabhängig vom Beitrag der Einzelperson. Der Autor grenzt zudem den Terminus Civic Crowdfunding vom klassischen CF ab und definiert wie folgt: „Civic crowdfunding projects can be defined most broadly as “crowdfunded projects that provide services to communities.”55 [...] Civic crowdfunding projects can therefore be defined as projects that produce some non-rival benefits that serve either the non-excludable public or broad sections of it.56

Die Projekte können einerseits sowohl durch die Zivilbevölkerung alleine oder aber auch in Kombination mit staatlicher Förderung in Form von Subventionen bzw. Förderungen (mit)finanziert werden. Als treibende Kraft für die Organisation Civic- CF basierter Projekte können die Zivilbevölkerung alleine oder in Zusammenarbeit mit Non-Profit Organisationen stehen, unabhängig von Beteiligung der öffentlicher Hand. Idealerweise sind jedoch sowohl Zivilbevölkerung, NPOs als auch öffentliche Hand an den Projekten als Akteure beteiligt, diese Vorgehensweise identifiziert sich mit den Grundsätzen der „Weisheit der Vielen“ („crowd wisdom“), Stadtplanung („urban planning“) und demokratischer Beteiligung („democratic participation“).57 Die Einsatzmöglichkeiten für Civic Crowdfunding sind vielfältig und reichen von der Finanzierung öffentlicher Parkanlagen und Stadtbegrünungen, Schuleinrichtungen, öffentlicher Schwimmbäder bis hin zu Museen, um nur einige Beispiele zu nennen. Civic Crowdfunding bietet eine interessante Finanzierungsalternative für Gemeinde- und Stadtverwaltungen, welche durch limitierte Haushaltsbudgets gar nicht oder nur verzögert realisiert werden könnten.58 Stiver et al. (2015) betonen neben dem finanziellen positiven Aspekt die Vorteile, welche zudem durch die Kollaboration und Vernetzung zwischen Bürgern und öffentlichen Verwaltungen gefördert werden.59

54Davies 2014 a, S. 28. 55Davies 2014 a, S. 28. 56Davies 2014 a, S. 29. 57Davies 2014 a, S. 30. 58Grey 2013, Internet. 59Stiver et al. 2015, S. 2.

28 Als kritische Aspekte, welche als Herausforderung bei der Implementierung von Civic Crowdfunding gelten, können fehlende Transparenz und mangelnde Effizienz- standards genannt werden. Zudem könne eine Benachteiligung von finanzschwachen Gebieten und Kommunen eintreten. Auch fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen bieten ebenso Konfliktpotential wie undefinierte Kompetenzen in Bezug auf die zukünftigen Erhaltungskosten von bereits finanzierten Projekten.60

3.8 Zwischenfazit

Das Phänomen Crowdfunding, welches tief mit dem Konzept des Crowdsourcing verwurzelt ist, hat sich in den vergangenen Jahren von einer Alternativfinanzierung für Projekte in der Kreativszene hin zu einer attraktiven, innovativen Finanzie- rungsform mit einem sich ständig erweiterbaren, breiten Anwendungsspektrum entwickelt. Hauptziel ist die Umsetzung von Projekten, welche durch traditionelle Finanzie- rungsmöglichkeiten nicht verwirklicht werden könnten. Die Umsetzung erfolgt durch einen offenen Aufruf - zumeist unter Zuhilfenahme von webbasierten Instrumenten - an die breite Masse, welche ein klar definiertes Projekt mittels vieler kleiner Beträge innerhalb eines bestimmten Zeitraumes finanzieren soll. Als Gegenleistung wird eine „Belohnung“ (rewards) vereinbart, deren Form von der jeweiligen Ausprägungs- form des Crowdfundings abhängig ist. Auf der Akteursebene sind eine Vielzahl unterschiedlicher Motive zu finden, welche über die finanziellen Aspekte darüber hinausgehen und Crowdfunding als Marketinginstrument, zur Umsetzung sozialer Projekte sowie als Kommunikationsinstrument zum Aufbau von sozialen Netzwerken geeignet erscheinen lassen. Der Einsatz von Crowdfunding als Finanzierungsinstru- ment ist jedoch nicht uneingeschränkt möglich. Eine Projektfinanzierung durch Crowdfunding sollte gezielt, situationsbedingt, unter Berücksichtigung möglicher Nutzen und Zusatznutzen als auch Risiken, abgewägt werden. Die Idee, Crowdfunding auch im öffentlichen Sektor als Finanzierungsmöglichkeit einzusetzen ist nicht neu, wie historisch durch namhafte Beispiele belegbar und wie in Kapitel 3.1 aufgezeigt. Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie ein Wertewandel der Zivilgesellschaft mit der Fokussierung auf Aktivitäten auf lokaler Ebene begünstigen die Zunahme des Phänomens Crowdfunding im öffentlichen Sektor. Unter dem Begriff „Civic Crowdfunding“ findet eine Projektfinanzierung von „öffentlichen Gütern“ statt, welche nicht konkurrierend und nicht ausschließend sind.

60Miglietta et al. 2014, S. 492.; Davies 2014 c, S. 2.; Stiver et al. 2015, S. 263.

29 Kapitel 4 4 Crowdfunding - Status quo im wissenschaftlichen und öffentlichen Kontext

4.1 Ziel und Herangehensweise

Die Herausforderung von Ressourcenverknappungen, deren Entstehung auf globale Krisen und Probleme zurückzuführen ist, lassen die Finanzierungsform Crowdfun- ding im öffentlichen Sektor zunehmend attraktiv erscheinen. Dabei sind, geografisch betrachtet, große Unterschiede hinsichtlich der Implementierung festzustellen. Auf diese Unterschiede in ausgewählten Ländern wird in Folge eingegangen, einerseits werden in Kapitel 4 die wissenschaftlichen Forschungsaktivitäten in diesen Ländern dargestellt, andererseits erfolgt in Kapitel 5 eine Auseinandersetzung in Bezug auf die praktische Implementierung von Crowdfunding. In Folge wird ein Überblick über den Stand der Wissenschaft von relevanter Litera- tur zum Forschungsgebiet Crowdfunding gegeben. Eingangs wurden unterschiedliche bibliometrische Datenbankabfragen durchgeführt. Im ersten Schritt erfolgten Ab- fragen auf den Datenbanken Scopus und Web of Science. Diese Datenbanken sind vom Aufbau und der Bedienweise ähnlich aufgebaut und ermöglichen sowohl länder- als auch zeitbezogene Abfragen und Analysen in Bezug auf die Anzahl der Publi- kationen als auch auf die Anzahl der Zitationen. Die zeitbezogene Abfrage soll die Entwicklung CF-relevanter Literatur widerspiegeln, zusätzlich wurde die Entwick- lung in den ausgewählten Länder miteinbezogen und graphisch dargestellt. Eine weitere Abfrage wurde hinsichtlich der Anzahl der Zitationen durchgeführt, mit dem Ziel, die Wahrnehmung der Forschung zu CF-relevanter Literatur darzustellen. Die Ergebnisse wurden in tabellarischer Form dargestellt und die wichtigen Aussagen kurz zusammengefasst.

30 Die Datenbank SSRN bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, noch nicht veröf- fentlichte Forschungsergebnisse vorab zu präsentieren. Da Crowdfunding ein sehr junges Forschungsgebiet darstellt, bietet sich dadurch die Möglichkeit, anhand dieser Abfrage aktuelle Literatur und Forschungsergebnisse sichtbar zu machen, miteinzu- beziehen bzw. zu bewerten. Bei dieser Abfrage wurde die Zahl der Downloads als Messgröße gewählt. Um Forschungsergebnisse in Bezug auf Crowdfunding im öffentlichen Sektor iden- tifizieren und bewerten zu können, erfolgte eine systematische Literaturrecherche (systematical literature review) nach Tranfield et al. (2003)1, wobei die Datenbanken Web of Science, Scopus, SSRN, EBSCOhost und Google Scholar verwendet wurden. Das Ergebnis wurde nach den wesentlichen Erkenntnissen zugeordnet, strukturiert und beschrieben, mit dem Ziel, ein abgerundetes Gesamtbild zum Forschungsfeld Crowdfunding im öffentlichen Sektor zu erhalten. Die dadurch gewonnenen relevan- ten Erkenntnisse geben Aufschluss darüber, welche Forschungsschwerpunkte noch forciert werden sollten bzw. welche Handlungsempfehlungen sich daraus für andere Länder ableiten lassen.

4.2 Bibliometrische Analysen und Datenbanken

Eingangs werden die Entstehung von Bibliometrie und bibliometrischer Analysen und deren Anwendungsbereiche erläutert sowie die für die bibliometrischen Abfragen verwendeten Datenbanken beschrieben.

4.2.1 Entstehung und Definition von Bibliometrie

Die erste bibliometrische Analyse wissenschaftlicher Arbeit, durchgeführt von Cole und Eales, erschien 1917 und fokussierte sich auf die Literatur zur Anatomie im Zeitraum von 1550-1860. Eine erste Zitatenanalyse wurde 1927, zehn Jahre später, von P.Gross und E. Gross2 durchgeführt.3 Der Terminus „Bibliometrie“ wurde von Pritchard (1969)4 geprägt und verbreitet, abgeleitet vom bis zuvor verwendeten Begriff "statistical bibliography". Dem folgend definierte Gorraiz (2004) Bibliometrie als die „Anwendung mathematischer und statistischer Methoden zur Erklärung der Prozesse schriftlicher Mitteilungen“.5 Als Instrumentarium gilt sowohl die Zählung als auch Analyse verschiedener Beziehun- gen von schriftlicher Wissenschaftskommunikation. Als Hauptgegenstand gilt die

1Tranfield et al. 2003, S. 207ff. 2Gross & Gross 1927, zitiert in: Ball et al. 2005., S. 15. 3Ball & Tunger 2005, S. 15. 4Pritchard 1969 5Gorraiz 2004, zitiert in: Tunger 2009, S. 32.

31 Zählung von Zitaten in Bezug auf eine bestimmte Arbeit bzw. einen bestimmten Wissenschaftler, wobei der Wert der Arbeit nach der Summe der Zitate gemessen wird.6

4.2.2 Anwendungsbereiche von bibliometrischen Analysen

Bibliometrische Analysen sollen Auskunft geben über die Wahrnehmung und Ent- wicklung von Veröffentlichungen einer Forschungsgruppe, einer Institution bzw. eines Themas in der Fachöffentlichkeit. Es soll folglich die Wirkung einer Ein- richtung bzw. einer Forschergruppe auf die Fachöffentlichkeit erfasst werden. Die Beobachtung von Themengebieten soll Erkenntnisse darüber bringen, welche Themen aktuell wissenschaftlich diskutiert werden und in welchen Bereichen viel publiziert wird. Demnach gelten bibliometrische Analysen als Instrument, welches Aufschlüs- se über wissenschaftliche Publikationsleistungen erbringt und die internationale Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen gewährleisten soll.7

4.2.3 Verwendete Datenbanken

Für nachfolgenden Abschnitt fanden die Datenbanken Web of Science (WoS), Scopus, EBSCOhost, Google Scholar und SSRN Verwendung. Deren Datenbasis, Wirkungsweise und einige fachspezifische Begriffe, sowie die Suchabläufe, welche in der Arbeit zur Anwendung kommen, werden in Folge beschrieben, definiert und erläutert.

Web of Science (WoS)

Das Institute for Scientific Information (ISI) wurde 1960 von Eugene Garfield gegründet. Garfield wird als Pionier in den Informationswissenschaften angesehen und gilt u.a. als der Entwickler des „Social Citation Index“ (SCI), einer spezi- ellen Form eines Zitationsindex. 1992 erfolgte die Übernahme des Institute for Scientific Information durch die Thomson Corporation. Web of Science ist eine multidisziplinär aufgebaute Datenbank und bietet Zugriff auf wissenschaftliche Literatur aus über 20.000 Journals8 aus Medizin, Natur-, Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.

6Ball & Tunger 2005, S. 15. 7Ball & Tunger 2005, S. 15. 8WebofScience 2016 a

32 Auf der Benutzeroberfläche des Web of Science kann grundsätzlich auf drei Ab- fragemodi zugegriffen werden, für welche Fußnoten und Bibliographien aus den verfügbaren wissenschaftlichen Fachzeitschriften ausgewertet werden. Dadurch kann dokumentiert werden, wie oft und von wem eine wissenschaftliche Veröffentlichung zitiert wird. Es ist eine Auswertung der Zeitschriften bis teilweise in das Jahr 1945 möglich. • „Science Citation Index Expanded“ (SCIE) • „Social Science Citation Index” (SSCI) • „Arts and Humanities Citation Index” (A&HCI) Sowohl der SCI als auch der SCIE bieten Zugriff auf aktuelle als auch zurückliegende bibliografische Informationen, Daten des Autors, Abstracts sowie die Referenz der Zitationen. Der SCI greift auf Daten aus 3745 namhaften Fachzeitschriften im naturwissenschaftlichen Bereich zu, der SCIE zeichnet sich im Unterschied zum SCI durch eine umfassendere Abdeckung internationaler Forschungsliteratur aus, hier kann auf derzeit 88279 Journals zugegriffen werden. Der Impact Factor (IF) wird vom ISI nach einem definiertem Schema berechnet und stellt eine Maßzahl dar für die Anzahl jener Artikel, welche in einem Journal in zwei aufeinander folgenden Jahren veröffentlicht wurden. Zudem werden die Anzahl der Zitationen dieser Artikel im Folgejahr berücksichtigt, nicht ausgeschlossen werden Selbstzitierungen. Der Impact Faktor liefert keine Aussagen über einzelne Artikel, d.h. er bezieht sich stets auf die betreffende Zeitschrift.10 Als Kritik an diesem Indikator führen Dong et al. (2005) an, dass bei der Berechnung sogenannte „non-citable“ items, also Editorials, Letters und New Items nicht berücksichtigt werden, dadurch gilt der Impact Factor als schwer nachvollziehbare Messgröße.11 Die Zitationsrate ist eine weitere Maßzahl, welche Aufschluss darüber gibt, wie häufig ein Artikel im Durchschnitt zitiert wurde. Mit diesem Indikator kann eine direkte Aussage zur Wirkung eines Artikel getroffen werden. Allerdings gilt die Zitationsrate als sich stets verändernde Momentaufnahme und stellt somit keinen festen Wert dar. Zu berücksichtigen gilt auch, dass neu erschienene Artikel anfangs naturgemäß eine sehr niedrige Zitationsrate aufweisen werden. Im Gegensatz dazu können ältere Artikel anhand der Zitationsrate gut bewertet werden.12

Suchabfrage

Um möglichst viele relevante Treffer zu erhalten, wurde ein Suchabfrage unter Verwendung der nachfolgenden Begriffe („Advanced search“) wie folgt erstellt:

9WebofScience 2016 b 10Tunger 2009, S. 16. 11Dong et al. 2005, S. 2. 12Tunger 2009, S. 16.

33 TS=(crowdfunding OR "Crowd funding" OR "Crowdinvesting" OR "Crowdfinancing" OR "Crowdsponsering" OR "Crowddonating") OR TI=(crowdfunding OR "Crowd funding" OR "Crowdinvesting" OR "Crowdfinancing" OR "Crowdsponsering" OR "Crowddonating")

Die Zeitabgrenzung erfolgt über die Funktion „Timespan“ für den Zeitraum Jänner 2006 bis einschließlich Dezember 2015. Die Abfrage brachte im Ergebnis 186 Treffer, mittels der Funktion „Refine“ wird eine Aufteilung nach Ländern mit der Funktion: „Countries/territory“ ermöglicht. Die Ergebnisse können auch mit der Funktion „Sort by“: „Times cited - highest to lowest“ nach der Anzahl der Zitationen eingeschränkt werden.

Scopus

Scopus ist wie WoS eine multidisziplinäre Abstract- und Zitationsdatenbank und wird seit 2005 vom Verlag Elsevier als vergleichbare Alternative zu WoS zur Verfügung gestellt. Der Aufbau von Scopus ist dem von Web of Science sehr ähnlich, es können über eine Internetschnittstelle vom Prinzip her Suchanfragen gestaltet werden, welche auch komplexe Abfragen ermöglichen. Scopus bietet zudem auch die Möglichkeit von länderbezogenen Abfragen, die Ergebnisse können auf Wunsch auch grafisch dargestellt werden. Datenbasis für Scopus sind bibliographischen Angaben und Abstracts von mehr als 5000 internationalen Verlagen, welche insgesamt 60 Millionen Artikel aus über 21.500 Journals (peer-reviewed) beinhalten. Von diesen Fachzeitschriften kann wiederum auf 4.200 Volltexte zugegriffen werden. Es können auch Zitationen zwischen den Dokumenten abgebildet werden. Zudem beinhaltet die Datenbank mehr als 113.000 Bücher und 530 Buchserien. Es sind weiters 7,2 Millionen Konferenzbeiträge, sowie 27 Millionen Patente auffindbar, wobei sich die Inhalte der Einträge auf die Bereiche Naturwissenschaften, Technik, Medizin, Sozialwissenschaften sowie und Kunst- und Geisteswissenschaften beziehen.13

Suchabfrage

Es wurde eine Suchabfrage („Advanced search“) wie folgt erstellt, wobei eine Einschränkung nach Titel, Abstract und Keywörtern ermöglicht wird: TITLE-ABS-KEY(crowdfunding OR "Crowd funding" OR "Crowdinvesting" OR "Crowdfinancing" OR "Crowdsponsering" OR "Crowddonating")

13Scopus 2016 a

34 Die Zeitabgrenzung erfolgt über die Funktion „limit to - published“ für den Zeitraum Jänner 2006 bis Dezember 2015. Die Abfrage brachte im Ergebnis 396 Treffer, mittels der Funktion „Analyze research results“ wird eine Aufteilung nach Ländern mit der Funktion: „Countries/territory“ ermöglicht. Die Ergebnisse wurden mittels der Funktion „Sort by“: „Cited by“ nach der Anzahl der Zitationen aufgelistet.

Social Science Research Network (SSRN)

Social Science Research Network (SSRN) ist eine Publikationsplattform, welche von der Social Science Electronic Publishing Incorporated, einem unabhängigen Privatunternehmen mit Sitz in Rochester, New York angeboten und betrieben wird.14 SSRN bietet freien Zugang zu Abstracts und Volltextartikeln aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Ziel von SSRN ist die Förderung einer raschen Ver- breitung wissenschaftlicher Forschungsarbeiten, daher besteht für Wissenschaftler die Möglichkeit, Forschungsergebnisse schon vor der - meist verzögerten - Erschei- nung in gedruckter Form der Öffentlichkeit in elektronischer Fassung zugänglich zu machen. Mit SSRN können unterschiedliche, auf Autoren bezogene Messgrößen abgefragt werden, wobei die Messgröße „Total New Downloads“ für die verwendete Arbeit herangezogen wurde.15 Diese Abfrage zeigt im Ergebnis die Summe aller Downloads eines Papers innerhalb der letzten 12 Monate. Durch den Einsatz von SSRN in der Arbeit und den Zugriff auf bibliometrische Informationen soll auch Forschung zum Thema Crowdfunding sichtbar gemacht und bewertet werden, welche noch nicht in Journals veröffentlicht wurde.

Suchabfrage

Es erfolgte eine Abfrage unter den „Top papers“ mit dem Suchbegriff: „Crowd- funding“. Eine Einschränkung erfolgte nach den letzten 12 Monaten („last new month“), einbezogen wurden Beiträge sortiert nach „Total new downloads“.

14Prebble & Keene 2014, S. 631. 15SSRN 2016

35 EBSCOhost

EBSCOhost16 ist ein, sich im Urheberrecht von EBSCO Publishing befindliches Datenbankensystem, mit Sitz in Massachusetts, welches global von Bibliotheken als kostenpflichtiges Abo verwendet wird. Auf der Hompage des Datenbanksystems sind Newsletter des Unternehmens für die Bereiche Gesundheit, Public, Corporate & Government sowie Schulen erhältlich. Eingeführt wurde das Datenbanksystem 1995, es umfasst derzeit 33317 unterschiedliche Datenbanken. Die Suchphrasen für Abfragen sind ähnlich aufgebaut wie bei den Datenbanken WoS und Scopus, jedoch ist keine detaillierte Zitatenanalyse möglich.

Google Scholar

Google Scholar18 ist eine frei zugängliche Suchmaschine für akademische Texte. Es werden dabei auch Werke gefunden, die nicht frei zugänglich sind. Dies kann damit erklärt werden, dass Google Scholar mit wissenschaftlichen Fachverlagen kooperiert, um deren Werke in ihre Datenbank aufzunehmen. Neben diesen Quellen werden auch Seminar- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen von Universitäten gelistet. Auf eine Benutzeranfrage zu einem bestimmten Sachgebiet wird ein Überblick über Arbeiten, Zusammenfassungen und auch Zitierungen geliefert. Die verlinkten Ziele der Suchergebnisse befinden sich dann meist hinter einer Paywall. Für den Benutzer ist es aber auch möglich, das Suchergebnis auf frei abrufbare Inhalte zu filtern.19

16EBSCOhost 2016 a 17EBSCOhost 2016 b 18GoogleScholar 2016 a 19GoogleScholar 2016 b

36 4.3 Crowdfunding in der wissenschaftlichen Literatur

Unter Verwendung der zuvor in Kapitel 4.2.3 beschriebenen Datenbanken Google Scholar,20 Web of Science21 sowie Scopus22 wurde eine Suchabfrage erstellt. Die Ergebnisse wurden in Folge graphisch dargestellt.

Google scholar

Publikationen Datenbank "Google Scholar" (n=1712) 600

500

400

300 Publikationen 200

100

0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr

All

Abb. 4.1: Anzahl der Publikationen Datenbank „Google Scholar“ Quelle: Eigene Darstellung

Web of Science

Publikationen Datenbank "Web of science" (n=186) 90

80

70

60

50

40

Publikationen 30

20

10

0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr

Andere Großbritannien Niederlande USA Deutschland

Abb. 4.2: Anzahl der Publikationen Datenbank „Web of Science“ Quelle: Eigene Darstellung

20GoogleScholar 2016 a 21WebofScience 2016 a 22Scopus 2016 a

37 Scopus

Publikationen Datenbank "SCOPUS" (n=396) 180

160

140

120

100

80

Publikationen 60

40

20

0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr

Andere Großbritannien Niederlande USA Deutschland

Abb. 4.3: Anzahl der Publikationen Datenbank „Scopus“ Quelle: Eigene Darstellung

Die Suchabfrage auf Google Scholar 4.1 ermöglicht keine Länderabgrenzung und brachte im Ergebnis 1712 Treffer, wobei zum Unterschied zu den Datenbanken WoS und Scopus bereits ab dem Jahr 2006 Treffer angezeigt wurden. Die im Verhältnis zu den Datenbanken höhere Anzahl an Ergebnissen lässt sich dadurch erklären, dass bei Google Scholar auch Ergebnisse aus dem freien Web sowie Open-Access Publikationen einbezogen werden. Die Ergebnisse der Abfrage bei WoS 4.2 brachten 186 Ergebnisse, während bei Scopus 4.3 396 Treffer angezeigt wurden. Erst ab 2011 konnte wissenschaftliche Literatur aufgefunden werden, in Bezug auf die ausgewählten Länder ist die Vor- reiterrolle der USA in Bezug auf CF-relevante Literatur klar erkennbar. Es wird jedoch einschränkend angemerkt, dass die Datenbanken überwiegend Literatur in englischer Sprache enthalten und so Literatur etwa aus dem deutschsprachigem Raum nicht in diesem Ausmaß vorhanden ist. Die Ergebnisse der Abfrage für WoS zeigen im Gesamtergebnis einen progressiven Anstieg der Publikationen auf. Bei Scopus ist diese Entwicklung nicht mehr zu erkennen und bei Google scholar ist eine eher degressive Entwicklung feststellbar. Nachdem die Datenbasen mit jeweils 186 (WoS), 396 (Scopus) und Google Scholar (1712) ansteigen, ist von einer zunehmenden Aussagekraft in dieser Reihenfolge auszugehen. Es ist aufgrund dieser Auswertungen mit der weiteren Zunahme an Publikationen zu rechnen, wobei „Sättigungstendenzen“ erkennbar sind. Da die Datenbasis für die Abfragen WoS und Scopus im Vergleich zu Google Scholar eher gering ist und bei Google Scholar keine Länderzuordnung möglich ist, kann nicht extrapoliert werden, ob der festgestellte Trend global ist oder ob in einem der betrachteten Länder eine gegenläufige Entwicklung vorhanden ist. Konkret

38 zeigt WoS für die USA immer noch einen Anstieg an Publikationen, bei Scopus ist hingegen bereits eine Sättigung erkennbar, ähnlich der Gesamtentwicklung von Google Scholar. Für Großbritannien ist sowohl bei WoS als auch Scopus eine weitere Zunahme bei den Publikationen vorherzusehen. Für Deutschland ist aufgrund der jetzigen Datenbasis ein Anstieg eher verhalten. Zusammenfassend wird davon ausgegangen, dass mit einem Anstieg der Publikationen zu rechnen ist.

4.3.1 Literature review zu Crowdfunding generell

Anhand der Abfragen auf den Datenbanken Web of Science und Scopus wurde mit Hilfe der in Kapitel 4.2.3 beschriebenen Suchabläufe in Summe die Anzahl der Zitationen ermittelt, in eine Tabelle überführt, wobei die Reihung nach den zehn besten Ergebnissen erfolgt. In Tabelle 4.1 wurden die „Top-Ten“ der wichtigsten Ergebnisse CF-relevanter Literatur dargestellt. Unter den Top-Ten der meistzitierten wissenschaftlichen Publikationen zu Crowd- funding konnten acht Beiträge den Vereinigten Staaten zugeordnet werden, jeweils einer aus Deutschland und China. Die Schriften wurden zwischen 2011 und 2014 ver- öffentlicht, wobei fünf davon qualitative Forschungsmethoden anwenden, während zwei quantitative Methodenansätze aufweisen. Ein Werk umfasst eine rechtswissen- schaftliche Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der „JOBS Act“ 2012,23 ein weiterer Artikel wurde in einem medizinischem Journal veröffentlicht und behandelt die Potentiale von CF für die Wissenschaft.24 Zwei Abhandlungen beschäftigten sich mit theoretischen und konzeptionellen Überlegungen zu CF. Die quantitati- ven Studien beziehen sich auf die Untersuchung und Auswertung von diversen Plattformen, für die qualitativen Arbeiten wurde als wissenschaftliche Methode ein Fallstudiendesign gewählt, für zwei Beiträge wurden Interviews geführt und ausgewertet.

4.3.2 Top-Ten wissenschaftliche Arbeiten Crowdfunding Web of Science & Scopus

In Folge wird nun in einem kurzen Literaturreview ein deskriptiver Überblick über die relevantesten Inhalte gegeben, welche im Fazit mögliche Erkenntnisse für den Einsatz von Crowdfunding im öffentlichen Sektor herausarbeiten. Das in der Abfrage als am häufigsten zitierte Werk von Mollick (2014)25 untersucht mittels einer explorativen Datenanalyse die Determinanten für Erfolg bzw. Misser- folg von Unternehmen, welche reward-based CF zur Finanzierung einsetzten. Der

23Stemler 2013, S. 271-275. 24Wheat et al. 2013, S. 71f. 25Mollick 2014, S. 1-48.

39 Tab. 4.1: Top Ten Wissenschaftliche Literatur zu Crowdfunding - Zitationen Web of Scopus Science Publi- Zitationen Zitationen Rang Autor/en (Land) Titel Journal Methode Crowdfunding Inhalt Zitationen kation [Anzahl] gesamt Ausprägung [Anzahl]/ /(SJR) (JIF) The Dynamics of Journal of Business 48.500 Projekte Determinanten für 50 91 1 Mollick, E. (USA)a Crowdfunding: An 2014 Quantitativ reward-based 141 Venturing Kickstarter Erfolg/Misserfolg von CF-Initiative (3,678) (5,561) exploratory study 3 Plattformen Crowd-funding: Transforming Ordanini, A., Miceli, L., Grounded (SellaBand, Analyse von CF-Kampagnen aus customers into investors Journal of Service 27 83 2 Pizzetti, M., Parasuraman, A. 2011 Theory/ Trampoline SellaBand: Sicht der Kunden und 110 through innovative service Management (2.000) (1,365) (USA) Qualitativ Kapipal (NPO) reward-b. Plattformanbieter platforms Interviews Trampoline: equity-b. Kapipal: donation-b. Belleflamme P., Lambert T., Crowdfunding: Tapping the Journal of Business Modelltheoret. Wahl des CF-Modells: Pre-ordering 18 43 3 Schwienbacher A. 2014 Fallstudie equity-based 61 right crowd Venturing Vergleich vs. Profitsharing (3,678) (5,561) (Belgien/Deutschland)a An Empirical Examination of the Antecedents and Daten: US-Plattform für Online Burtch, G., Ghose, A., Information Systems 16 39 4 Consequences of 2013 Quantitativ 100 Pitch-Videos donation-based Journalismus; Web traffic; Google 55 Wattal, S. (USA) Reseach (2,436) (2,620) Contribution Patterns in search trends Crowd-Funded Markets Potentiale von CF für Wissenschaft, Zusatz- nutzen durch Transparenz 40 Raising money for scientific Wheat, R., Wang, Y., Byrnes, Trends in Ecology und Einbeziehung der 15 26 5 research through 2013 - - reward-based 41 J. (USA) and Evolution Öffentlichkeit in Forschungsprozess (16,196) (8,772) crowdfunding sowie Förderung nachhaltiger Beziehungen The JOBS Act and Rechtswissenschaftliche Rechtswissen- crowdfunding: Harnessing the Auseinandersetzung mit gesetzl. 9 16 6 Stemler, A. (USA) Business Horizons 2013 schaftliche - equity-based 25 power-and money-of the Rahmen- bedingungen für Equity (1,163) (1,205) Analyse lending-based masses CF - Title III von JOBS Act The role of multidimensional Auswirkung auf Crowdfunding - Zheng, H., Dahui, L., Jing, social capital in Information and Comparative Fallstudie soziales Kapital von Unternehmern 5 12 7 2014 reward-based 17 W., Yun, X. (China) crowdfunding: A comparative Management Study China/USA - auf Basis der „Sozialen (1,865) (1,179) study in China and US Kapitaltheorie“ Daten auf Journal of Einfluss von Nutzen und Spot.us 6 7 8 Jian, L., Usher, N. (USA) Crowd-Funded Journalism Computer-Med. 2014 Qualitativ donation-based Gratifikationen von CF auf 13 Zeitraum: 10/08 - (3,117) (2,081) Communication Journalismus 05/11 Cameron, P., Corne, D., Erfahrungen mit CF im Crowdfunding genomics and 5 6 9 Mason, C. et al/Groß- Genome Biology 2013 Qualitativ 3 Fallstudien reward-based Forschungsbereich Genetik und 11 bioinformatics (10,81) (7,111) britannen (USA) Bioinformatik 11 Interviews Crowdfunding: Motivations ACM Transactions (3 Initiatoren, Gerber, E., Hui, J., Kuo, P. Motive der Crowdfunding-Akteure 1 8 10 and Deterrents for on Computer- 2013 Qualitativ 6 Unterstützer, reward-based 9 (USA) in Crowdfunding-Märkten (1,079) (2,291) Participation HumanInteraction 3 Plattform- betreiber) Quelle: Eigene Darstellung Abfrage am 01.04.2016/Anzahl Publikationen WoS: 186/Scopus: 396 a Die Arbeiten von Mollick 2014 sind bei SSRN mit 4.527 Downloads auf Platz 1 sowie Belleflamme et al. 2013 mit 2.063 Downloads auf Platz 3 gereiht und wurden für die Top-Ten Liste SSRN ausgeschlossen. Autor greift dabei auf 48.500 Datensätze der globalen Plattform Kickstarter zurück. Er findet einen Zusammenhang zwischen personaler Netzwerksarbeit und Pro- jektqualität (Vorbereitung Video, regelmäßiges Updating etc.), diese beeinflussen den Erfolg einer CF Kampagne positiv. Weiters wird festgestellt, dass die Wahr- scheinlichkeit des Finanzierungserfolges mittels CF von der Finanzierungssumme abhängig ist, demnach sind größere Finanzierungen weniger erfolgreich als Projekte mit geringerem Finanzierungsziel. Als weitere Determinante für eine erfolgreiche Finanzierung ortet er soziales Kapital und die Bedeutung des Einsatzes von Social Media Kanälen, ebenso wird ein Zusammenhang zwischen Projektart und Ort festgestellt. Die überwiegende Mehrheit der Gründer kommt ihren Verpflichtungen gegenüber den Unterstützern nach, jedoch 75% aller Rewards erfolgen verspätet.26 Ordanini et al. (2011)27 analysieren durch eine „grounded-theory“ und die qualita- tive Analyse der Crowdfunding Plattformen SellaBand (Musikszene), Trampoline (financial services) und Kapipal (NPO) sowie der dort eingestellten CF-Kampagnen die Motivationen zur Teilnahme an CF. Das Ergebnis zeigt eine Abhängigkeit der Motive vom untersuchten CF-Modell, jedoch werden auch charakteristische gemein- same Motive aufgezeigt, einerseits ein innovationsoriertiertes Verhalten, Interesse am Projekt als solches und an der Interaktion mittels sozialer Netzwerke. Die in den Interviews Befragten sehen sich in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsmodell als Investoren. Im Fazit schlägt Ordanini vor, Konsumenten in Bezug auf Crowd- funding als Investoren zu betrachten, dies begründet er durch die im Zeitverlauf entstehende Akkumulation der Wahrnehmung der Kunden in der Literatur. Die Motive und Charakteristiken der Plattform Kapipal weisen Merkmale auf, die auch in der Literatur zu Civic Crowdfunding zu finden ist. So geben die Unterstützer soziale Partizipation und Identifikation mit den Zielen der Plattform als Motive an, ihre Rolle sehen sie als Unterstützer in Form von Spenden an, wobei es sich dabei zumeist um kleine Beträge handelt. Die Initiatoren sehen sich als „social gatekeeper“ mit der Absicht als neue Intermediäre aufzutreten, welche zum Ziel haben, soziale Projekte online zu fördern bzw. die Finanzierung zu vermitteln.28 In einem modelltheoretischen Vergleich erläutern Belleflamme et al. (2013 )29 die Pro und Cons hinsichtlich der Auswahlmöglichkeit von Unternehmern, sich zwischen den Crowdfunding Modellen „pre-ordering“ und „profit-sharing“ zu entscheiden, wobei davon ausgegangen wurde, dass das Anbieten von „community benefits“ in beiden Fällen von Nutzen ist. Anhand eines Modell zeigen die Autoren, dass die Unternehmer „pre-ordering“ bevorzugen, sofern von einem relativ geringen Finanzierungsbetrag im Vergleich zur Marktgröße ausgegangen wird, anderenfalls

26Mollick & Kuppuswamy 2014, S. 21ff. 27Ordanini et al. 2011, S. 443-464. 28Ordanini et al. 2011, S. 454. 29Belleflamme et al. 2013, S. 1-45.

41 wird Profit-sharing bevorzugt. Diese Schlussfolgerung soll als Empfehlung für Ent- scheidungen von Unternehmen im frühen Entwicklungsstadium gelten. In dieser ist es für Unternehmer essentiell, eine Community und Netzwerke aufzubauen, mit welchen er auch in Zukunft interagieren kann. Des Weiteren werden die un- terschiedlichen Informationsasymmetrien innerhalb des Crowdfunding Prozesses zwischen Unternehmer und Unterstützer modelltheoretisch betrachtet. Die Autoren weisen u. a. auf die Rolle der Plattformen als Intermediäre hin, welche vorhandene Informationsasymmetrien reduzieren können.30 Burtch et al. (2013 )31 werten die 100 pitch-stories einer Plattform für Online- Journalismus aus. Sie definieren „digital-journalism“ als als öffentliches Gut und stellen fest, dass die Motive für CF hauptsächlich altruistisch gelagert sind. Es wurde empirisch bestätigt, dass das Verhalten der Unterstützungen in Bezug auf Beitragshöhe und Zeitpunkt die Investitionen sowie das Verhalten der Crowd im spä- teren Verlauf der CF-Kampagne beeinflusst. Zudem betonen sie das Potential von CF als Marketinginstrument, indem sie feststellen, dass CF die Wahrnehmbarkeit eines Produktes erhöht und auch den Konsum steigern kann.32 Mit den Potentialen von Crowdfunding für die Wissenschaft setzen sich Wheat et al. (2013 )33 in ihrem Beitrag auseinander und erkennen einen Zusatznutzen durch Transparenz und Einbeziehung der Öffentlichkeit in Forschungsprozesse sowie die Förderung nachhaltiger Beziehungen.34 Stemler (2013 )35 fasst in einer rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung die wichtigsten Eckpunkte des Crowdfund Act, Title III zusammen. Mit der Einführung des JOBS ACT 2012 nehmen die USA eine Vorreiterrolle ein, indem gesetzliche Rahmenbedingungen für equity-based CF geschaffen werden.36 In einer vergleichenden Fallstudie zwischen der USA und China erforschen Zheng et al. (2014 )37 die Auswirkungen von sozialem Kapital eines Unternehmens im interkulturellen Kontext. Die Autoren gehen von der Annahme aus, dass sozia- le Netzwerke als Quelle gelten, in welchen soziales Kapital eingebettet ist und den Austausch von Ressourcen und Wissen beeinflussen. In die drei Dimensionen sozialen Kapitals nach einer Definition von Nahapiet und Ghoshal (strukturelle, interpersonale und kognitive Dimension) werden interkulturelle Perspektiven ein- bezogen. In Folge wird der Einfluss untersucht, den unterschiedliche Kulturen auf individuelles Sozialverhalten zwischen den USA und China haben. Als Ergebnisse

30Belleflamme et al. 2013, S. 1-30. 31Burtch et al. 2013, S. 1-46. 32Burtch et al. 2013, S. 33ff. 33Wheat et al. 2013, S. 71f. 34Wheat et al. 2013, S. 1f. 35Stemler 2013, S. 271-275. 36Stemler 2013, S. 271-275. 37Zheng et al. 2014, S. 488-496.

42 werden Unterschiede auf der interpersonalen Ebene festgestellt, demnach ist das Vertrauen in persönliche Beziehungsnetzwerke in China höher als in den USA. Generell zeigen sich im Ergebnis, dass jede der drei Dimensionen einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg einer CF-Kampagne haben, unabhängig von der Kultur in den untersuchten Ländern. Als Handlungsempfehlungen sollen Plattformbetreiber und Initiatoren die sozialen Netzwerkskanäle forcieren sowie Wert auf Transparenz der CF-Kampagne legen.38 Lian & Usher (2014 )39untersuchen anhand einer quantitativen Studie aus Daten der Plattform Spot.us den Nutzen und die Gratifikationen von CF im Online Journalismus. Diese Plattform ermöglicht es Nutzern einerseits, präferierte Artikel finanziell zu unterstützen und andererseits selbst Projekte zur Unterstützung ein- zustellen. Demnach präferieren Konsumenten eher dahin, Projekte zu unterstützen, aus welchen eher praktische Informationen gezogen werden können und die von persönlichem Nutzen für die Individuen sein können (z. B. Gesundheitswesen, lokale und urbane Infrastruktur) als solche mit allgemeinem Inhalt, wie etwa kulturelle Unterschiede, Politik und Regierungssysteme.40 Die Wissenschaft stellt eine der vielfältigen Einsatzbereiche von Crowdfunding dar. Von Cameron et al. (2013)41 werden anhand von drei dargestellten Projekten die Erfahrungen einer CF-Finanzierung im Bereich der Wissenschaft und deren For- schungsergebnisse (Forschungsbereich Mikroorganismus und Genetik) diskutiert.42 Gerber et al. (2012 )43 identifizieren anhand von elf teilstrukturierten Interviews mit Initiatoren, Unterstützern und Plattformbetreibern die Motive, sowohl von Initiatoren als auch von Unterstützern. Bei den Initiatoren erkennen sie als Motive, neben der Finanzierung, die Bildung von Beziehungsstrukturen und Netzwerken, Selbstbestätigung, die Replikation erfolgreicher Erfahrungen anderer Initiatoren sowie eine Erhöhung der Aufmerksamkeit für die Arbeit bzw. das Unternehmen. Auf der Unterstützerseite ergeben sich als Motive neben der erhofften Belohnung (rewards) die Unterstützung des Initiators und dessen Arbeit sowie die Zugehörigkeit und das Engagement innerhalb eines kreativen Netzwerks.44

38Zheng et al. 2014, S. 491ff. 39Lian & Usher 2014, S. 155-170. 40Lian & Usher 2014, S. 165ff. 41Cameron et al. 2014, S. 1-5. 42Cameron et al. 2014, S. 1-5. 43Gerber et al. 2012, S. 1-10. 44Gerber et al. 2012, S. 5ff.

43 4.3.3 Top-Ten wissenschaftliche Arbeiten Crowdfunding SSRN

Anhand der Abfragen auf den Datenbank Social Science Research Network (SS- RN) wurde mit Hilfe der in Kapitel 4.2.3 beschriebenen Suchabläufe Literatur zu Crowdfunding abgefragt, welche teilweise (noch) nicht publiziert wurde, wobei als Messgröße die Anzahl der Downloads innerhalb der letzten 12 Monate herangezogen wurde. In Folge wurden die zehn erstgereihten Papers in eine Tabelle 4.2 überführt, wobei die Reihung nach den zehn besten Ergebnissen erfolgte. In Tabelle 4.1 wurden die „Top-Ten“ CF-relevanter Literatur in den wichtigsten Ergebnissen überblicksmäßig dargestellt. Zwei Ergebnisse, die Arbeiten von Mollick (2014) sowie Belleflamme et al. (2013), welche bereits in der Top-Ten Liste (Rang 1 und Rang 3) der meistzitierten Papers aus den Datenbanken WoS und Scopus gelistet sind, wurden nicht mehr berücksichtigt. Bei den Top Ten der Datenbankabfrage auf SSRN konnten fünf wissenschaftliche Arbeiten den Vereinigten Staaten zugeordnet werden, zwei davon Deutschland, als weitere Länder schienen jeweils mit einem Ergebnis Frankreich, Luxemburg, Italien, Kanada und die Niederlande auf, wobei zwei Arbeiten mit Autoren aus unterschied- lichen Ländern zu finden waren. Als Methode konnte in sieben Arbeiten ein quanti- tativer Ansatz identifiziert werden, zwei Beiträge umfassten Literaturrecherchen, wiederum eine Arbeit beinhaltet eine rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der JOBS Act.45 Zwei weitere Arbeiten enthielten einen gemischten Ansatz, mit sowohl qualitativem als auch quantitativen Inhalten.

45Für Crowdfunding-Modelle mit Darlehens- und Eigenkapitalausprägung (Crowdlending, Crowdequity), für die der Kapitalgeber Erträge in Form von Zinsen oder Anteilen erwarten kann, ist in den USA das Securities Law von 1933 in Anwendung. Basis für die Regulierung des Crowdfunding Marktes in den USA bildete Titel III der Jumpart Our Business Startups Act (JOBS Act), welcher 2012 mit dem Ziel in Kraft trat, die Wirtschaftsleis- tung der USA durch einen verbesserten Zugang zum öffentlichen Kapitalmarkt zu erhöhen, welche besonders für Crowdinvesting relevante Ausnahmen schafft. Andererseits solle ein Schutz für die Investoren geschaffen werden und die Bekämpfung betrügerischer Praktiken forciert werden. Die Einführung der Bestimmungen erfolgte in mehreren Phasen. Eine detaillierte Betrachtung würde den Rahmen der Arbeit sprengen, in Folge sollen die wichtigsten Eckpunkte der derzeitigen Gesetzesbestimmungen zusammenfassend dargestellt werden.

• Zulassung zu Crowdinvesting für bisher „non-accredited“ Personen • Erhöhung der Zahl der Aktionäre, diese Regelung soll Crowdfunding ermöglichen • Start-ups und Kleinunternehmen können sich bis zu 1 Mio. USD innerhalb eines Jahres finanzieren lassen • Investoren dürfen abhängig von ihrem jährlichen Nettoeinkommen investieren: Bis zu 100.000 USD min- destens 2000 USD oder 5% des Nettoeinkommens bzw. ab 100.000 USD Nettoeinkommen maximal. 10% • Angebote müssen mittels Zwischenvermittler bzw. Portal-Intermediären erfolgen • Befreiung der „emergy growth company“ (ECG)von der Wertpapier-Prospektpflicht bzw. der laufenden Berichtserstattung in den nächsten fünf Jahren • Signifikante Offenlegungspflichten für Unternehmen zur Erhöhung der Transparenz (Darlegung der Da- ten von Funktionären, Führungskräften und Beteiligten mit mehr als 20% Anteil, Beschreibung der Ge- schäftstätigkeit und Verwendung der Gewinne, Einzelinformationen wie Preis, Befristung der Wertpapiere, bestimmte Stakeholder, Darstellung der Finanzlage des Unternehmens).

44 Tab. 4.2: Top Ten Wissenschaftliche Literatur zu Crowdfunding/Datenbank: SSRN Anzahl Downloads der letzten 12 Monate Rang Autor/en (Land) Titel Universität Jahr Methode Crowdfunding Inhalt Down- Publi- Ausprägung loads kation 1 Schwienbacher, A.; Larralde, Crowdfunding of Small Université Lille Nord de France, 2012 Qualitiativ und Fallstudie: equity-based Crowdfunding als Alternative 4.158 B. Entrepreneurial Ventures University of Luxembourg, quantitativ Media No zu den klassischen Start-up (Frankreich, Luxemburg) Luxembourg Business Academy Mad Finanzierungen; 2 Kuppuswamy, V.; Crowdfunding Creative Ideas: University of North Carolina at 2013 Quantitativ Kickstarter reward-based Sozialverhalten der 3.587 Bayus, B. The Dynamics of Project Chapel Hill Center for Daten: unterstützenden Crowd bei (USA) Backers in Kickstarter Entrepreneurial Studies Chapel Hill, 05/2009- Reward-based CF NC, United States 02/2015 3 Alexandra Moritz, A.; Block, Crowdfunding und Universität Trier 2013 Literatur- - equity-based Literaturrecherche und 1.739 J. H. Crowdinvesting: recherche Kategorisierung und Analyse (Deutschland) State-of-the-Art der von wissensch. CF-Literatur wissenschaftlichen Literatur 4 Mollick, E. Swept Away by the Crowd? The Wharton School of the 2013 Quantitativ Kickstarter reward-based Vergleich Entscheidung 1.688 (USA) Crowdfunding, Venture University of Pennsylvania Kapitalgeber bezügl. Capital, and the Selection of Qualitätskriterien Entrepreneurs Venture-Capitalgeber vs. Crowdfunder 5 Giudici, G.; Nava, R. Rossi Crowdfunding: The New Department of Management, 2012 Literatur- Sekundär- alle Ausprägungs- Vergleich CF mit anderen 1.369 Lamastra, C.; Frontier for Financing Production and Industrial recherche daten formen Finanz.formen, Vergleich

45 Verecondo, C. Entrepreneurship? Engineering Politecnico di Milano italienischer Plattformen (Italien) Italy 6 Bradford, C. S. Crowdfunding and the University of Nebraska - Lincoln 2012 Rechtswissen- Vor- und equity-based Rechtliche Analyse Securities 1.222 (USA) Federal Securities Laws College of Law, Faculty schaftl. Nachteile lending-based Act 1933 Publications Analyse 7 Mollick, E.; After the Campaign: The Wharton School of the 2014 Quantitativ 2100 reward-based Benefits einer erfolgreichen 888 Kuppuswamy, V. Outcomes of Crowdfunding University of Pennsylvania Kampagnen CF-Kampagne in Bezug auf (USA) University of North Carolina, USA Kundenaquirierung 8 Harms, M. What Drives Motivation to VU University Amsterdam, 2007 Quantitativ Fragebogen reward-based Motive der Kapitalgeber 751 (Niederlande)b Participate Financially in a statistische Masterthesis Crowdfunding Community Auswertung 9 Ahlers, G. K.C.; Cumming, D. Signaling in Equity York University - Schulich School 2012 Quantitativ Daten: equity-based Determinanten für 739 J.; Guenther, C.; Schweizer, Crowdfunding of Business Canada ASSOB Entscheidungsfindung bei D. Max Planck Institute of Unterstützern (Kanada, Deutschland) Economics/WHU Deutschland 10 Davies, R. Civic Crowdfunding: Massachusetts Institute of 2014 Quantitativ Daten donation-based Phänomen Civic 712 (USA)b Participatory Communities, Technology United States Fallstudien Plattformen Crowdfunding, Paradigmen Entrepreneurs and the Civic CV Political Economy of Place Masterthesis Quelle: Eigene Darstellung, Daten abgefragt am 15.04.2016 - verwendete Datenbank: SSRN b Es wird angemerkt, dass die Arbeiten von Harms und Davies mit in die Literaturrecherche einbezogen wurden, obwohl diese keine „wissenschaftlichen Beiträge“ per se darstellen, jedoch in später nachfolgenden wissenschaftlichen Beiträgen wahrgenommen und deren Erkenntisse anerkannt werden. Die Arbeit von Harms wurde bereits 2007 imEntwicklungsstadium von CF generell verfasst und erlangte dadurch Aufmerksamkeit (vgl. z. B. Hemer et al. (2011), S. 46f.). Davies hat mit seiner Arbeit über Civic Crowdfunding ein fundiertes Werk erstellt, auf welches sich ebenfalls eine Vielzahl nachfolgender Arbeiten beziehen (vgl. z. B. Stiver et al. (2014). Anhand einer Fallstudie und Auswertung sowohl qualitativer als auch quantitativer Daten des französischen Start-ups „Media No Mad“ untersuchen Schwienbacher & Larralde (2012 )46 die Einsatzmöglichkeiten von Crowdfunding als Alternative zu herkömmlicher Start-up-Finanzierung. Dabei werden die Informationsasym- metrien innerhalb des CF Prozesses erkannt, welche potentiellen Investoren eine Investitionsentscheidung erschweren, jedoch auch die Potentiale des CF für Klein- unternehmer als erfolgversprechend gewürdigt. Bezüglich der Wahl der Organisa- tionsform wird anhand der Literatur aus einer früheren Arbeit angemerkt, dass NPO-Organisationen erfolgreicher sind beim Erreichen ihres Finanzierungsziels. Als Ursache dafür wird die Qualität der Leistungen von NPO angesehen.47 Mittels quantitativer Datenerhebung auf der auf reward-based CF ausgerichteten Plattform Kickstarter analysieren Kuppuswamy & Bayus (2013 )48 das Sozialverhal- ten von Unterstützern bei Crowdfunding Kampagnen. Im Ergebnis wird festgestellt, dass das Finanzierungsverhalten zu Beginn einer CF-Aktion entscheidend ist für die Investitionsentscheidungen späterer Unterstützer. Demnach lassen einen hohe Anzahl von Unterstützungen im Anfangsstadium einer Initiative nachfolgende Investoren erwarten, dass ein Projekt keiner weiteren zusätzlichen Unterstützung bedarf. Dieses Verhalten ändert sich erst gegen Ende der Laufzeit einer Kampagne wieder, falls das Finanzierungsziel noch nicht erreicht wurde. In Folge steigt die Anzahl an Unterstützungen wieder an. Als Erklärung dafür wird der „diffusion of responsibility effect“ innerhalb der „social psychology theory“ genannt, es wird kein Zusammenhang zu „Herding Verhalten“ festgestellt.49 Moritz & Block (2014 )50 geben mit ihrer Arbeit eine umfassende Literaturrecherche für Crowdinvesting. Die Literatur wird nach den Akteuren (Kapitalnehmer, Kapital- geber und Intermediäre) kategorisiert und die relevanten Ergebnisse beschreibend zusammengefasst. Dieses Werk stellt das einzige deutschsprachige Ergebnis in den Top-Ten der Abfragen dar.51 Eine weitere quantitative Studie mit Daten der Plattform Kickstarter wurde von Mollick (2013 )52 verfasst. Er untersucht 2.101 Projekte auf Kickstarter und ver- gleicht das Investitionsverhalten bzw. jene Qualitätssignale, auf die Kapitalgeber bei ihrer Investitionsentscheidung achten.

46Schwienbacher & Larralde 2012, S. 369-391. 47Schwienbacher & Larralde 2012, S. 379. 48Kuppuswamy & Bayus 2013, S. 3-37. 49Kuppuswamy & Bayus 2013, S. 4ff. 50Moritz & Block 2014, S. 57-89. 51Moritz & Block 2014, S. 57-89. 52Mollick 2013, S. 1-48.

46 Im Ergebnis zeigen sich im Vergleich zu den eher „amateurhaften“ Unterstützern von CF-Projekten ähnliche Verhaltensmuster wie bei erfahrenen Venture-Capital- Geber. Bezüglich Unternehmensstandort sowie Geschlecht der Initiatoren stellt Mollick keinen Zusammenhang wie bei den Venture-Capital-Gebern fest.53 Guidici et al. (2012)54 versuchen anhand einer umfassenden Literaturrecherche, einen Vergleich von CF mit anderen Finanzierungsformen zu ziehen. Zudem wird durch die Untersuchung italienischer Plattformen ein Ausblick auf den Einsatz von CF als Finanzierungsalternative italienischer Unternehmen gegeben. Die Auto- ren stellen weitreichende Informationsasymmetrien bei CF-Prozessen fest, zudem orten sie einen Mangel an rechtlichen Rahmenbedingungen in Europa. Auf den untersuchten Plattformen wurde kein Crowdfunding in den Ausprägungsformen equity- und lending-based festgestellt. Dies wird mit fehlenden Rahmenbedingungen begründet, weshalb die Autoren eher den sozialen und emotionalen Zusatznutzen von Crowdfunding betrachten.55 Auf die Vor- und Nachteile der Liberalisierung des Securities Act von 1933 geht Bradford (2012 )56 in seiner Arbeit umfassend ein, es werden Empfehlungen für Aus- nahmeregelungen vom Securities Act betreffend der Finanzierung von Eigenkapital kleiner Unternehmen abgegeben. Die Langzeitauswirkungen von Crowdfunding stellen Mollick & Kuppuswamy (2014 )57 in ihrem Beitrag dar. Dazu greifen sie auf bereits erhobene Daten einer vorhergehenden Studie zurück und geben einen zusätzlichen Überblick; sowohl über die demografischen Daten von CF-Initiatoren (Bildungsgrad, Alter, Beschäftigung) als auch über deren Motive und mögliche Erklärungen aus Sicht der Initiatoren für ein Scheitern der Finanzierung. Als langfristige Vorteile zeigen sich im Ergebnis (1) der Aufbau einer Kunden-Community, (2) die Wirkung als Werbeinstrument, (3) CF als Lernprozess, um unbekannte Märkte zu erforschen sowie (4) die Erlangung von zusätzlichem Fremdkapital. Keine nennenswerte Wirkung wird aus umfangreicheren Beziehungen durch das sozialen Netzwerk Facebook nachgewiesen.58 In seiner Masterthesis versucht Harms (2007)59 Motive von Unterstützung anhand eines fiktiven CF-Projektes unter deutschen und niederländischen Teilnehmern des sozialen Netzwerkes StudienVZ mittels Auswertung durch Fragebogen zu identifizie- ren. Im Ergebnis erkennt er den wirtschaftlichen („economic value) und persönlichen (personal utility) Nutzen als wichtigste Faktoren für das konstruierte Beispiel an.60

53Mollick 2013, S. 31ff. 54Giudici et al. 2012, S. 1-12. 55Giudici et al. 2012, S. 11f. 56Bradford 2012, S. 1-150. 57Mollick & Kuppuswamy 2014, S. 1-18. 58Mollick & Kuppuswamy 2014, S. 12f. 59Harms 2007, S. 1-52. 60Harms 2007, S. 20ff.

47 Ahlers (2012 )61 befassen sich in einer quantitativen Auswertung der australischen Plattform ASSOB (Australian small scale offerings board) mit der Frage, welche Signale von Start-ups zu einer Investition von Unterstützern mittels Crowdinvesting führen. Im Ergebnis konnten positive Auswirkungen bei der Mitgliederanzahl in der Unternehmensführung festgestellt werden. Auch der Ausbildungsgrad der Unternehmer, das Alter, sowie die Größe der sozialen Netzwerksverbindungen der Unternehmen beeinflussten die Investitionsentscheidung ebenso wie ein vorliegender Finanzplan. Kein Zusammenhang auf die Auswirkung auf Erfolg zeigten hingegen externe Zertifizierungen.62 Dem Phänomen des Civic Crowdfunding widmete Davies (2014 )63 seine umfas- sende Masterthesis, auf deren Ergebnisse im nachfolgenden Kapitel detaillierter eingegangen wird.

4.4 Crowdfunding im öffentlichen Sektor - eine systematische Literaturübersicht

4.4.1 Ziel und Herangehensweise

Wissenschaftliche Literatur zum jungen Forschungsfeld Crowdfunding im öffent- lichen Sektor ist derzeit nur vereinzelt auffindbar. Um einen Überblick über die aktuellen Forschungsergebnisse und den derzeitigen Status quo in Bezug auf Crowd- funding im öffentlichen Sektor zu gewinnen, erfolgte einer systematische Literaturre- cherche nach Tranfield (2003).64 Mittels dieser Methode soll eine aktuelle Übersicht über ein spezielles wissenschaftliches Thema erfolgen. Denyer & Tranfield (2009) definieren eine „systematic review“ (eine systematische Übersichtsarbeit), als eine spezifische Methode, um bestehende, bereits publizierte Fachliteratur zu lokalisieren, selektieren und Beiträge in einer Art zusammenzufas- sen, welche eine klare kritische Bewertung zulässt.65

61Ahlers et al. 2012, S. 1-49. 62Ahlers et al. 2012, S. 12ff. 63Davies 2014 a, S. 1-173. 64Tranfield et al. 2003, S. 207-222. 65Denyer & Tranfield 2009, S. 671.

48 Hiebl & Falkner (2015) unterteilen eine systematische Übersichtsarbeit nach Trans- field et al. (2003) demnach in drei Arbeitsschritte: 1. Planung der Literaturübersicht 2. Durchführung 3. Dokumentation und Verbreitung66

Weiters beinhaltet nach Hiebl & Falkner die Planung der „systematic review“ die Motivation für die Wahl dieser Methode, die im Kapitel 1.3 eingehend erläutert wurde. Die Durchführung erfolgte durch Identifizierung relevanter wissenschaftlicher Ar- beiten zum Thema Crowdfunding im öffentlichen Sektor. Als Datenbasis für die Suche dienten die in Kapitel 4.2.3 beschriebenen Datenbanken. In Folge wurde mit- tels kombinierten Suchbegriffen eine Suchphrase unter Verwendung der Boolschen Verknüpfungen „AND“ und „OR“ erstellt. Die verwendeten Suchbegriffe werden in Abbildung 4.4 dargestellt:

crowdfunding crowd funding crowdinvesting ≥1 crowdfinancing crowddonating & Suchergebnis public sector (nach Ländern civic crowdfunding geordnet) urban crowdfunding ≥1 citizen engagement renewable energy donation-based

Abb. 4.4: Aufbau der Suchphrase für Datenbank-Abfragen Literaturübersicht Quelle: Eigene Darstellung

Anhand der erstellten Suchphrase erfolgten in den genannten Datenbanken Abfra- gen, wie in Kapitel 4.2.3 beschrieben. Das Ergebnis brachte folgende Ergebnisse: WoS 2 Treffer, bei Scopus und EBSCOhost jeweils 27 Treffer, bei SSRN wurden 5 Arbeiten identifiziert und Google Scholar zeigte 1240 Treffer an. Die im Ergebnis ermittelte Literatur wurden anhand der Abstracts einer ersten Bewertung unterzo- gen, eine Vielzahl von Arbeiten standen nicht vollumfänglich zur Verfügung. Zum Teil wurden, aufgrund der geringen Datenbasis, auch Masterthesen und nicht in

66Tranfield et al. 2003, zitiert in: Falkner & Hiebl 2015, S. 122.

49 Zeitschriften veröffentlichte Literatur einbezogen. Die relevanten Ergebnisse wur- den in Tabelle 4.3 systematisch erfasst (Autor, Erscheinungsjahr, Forschungsland, Art der Arbeit und Methodik). In Folge wurde die identifizierte wissenschaftliche Literatur nach den wichtigsten Erkenntnissen zugeordnet, strukturiert und die relevanten Inhalte beschrieben und bewertet.

4.4.2 Entwicklung der Forschung zu Crowdfunding im öffentlichen Sektor, Forschungsfelder, welche die Entwicklung von Civic CF beeinflussten

Miglietta et al. (2014)67 ziehen Parallelen zwischen Participatory budgeting (PB)68 und Civic Crowdfunding, weisen jedoch auch auf deren Unterschiede hin. Civic CF erfordere ein geringeres Einbeziehen von Bürgern und Institutionen als PB, die Initiative für ein Projekt gehe bei Civic CF im Unterschied zu PB zumeist von den Bürgern aus. Civic CF ist an alle interessierten Bürger adressiert, welche potentielles Interesse an der Umsetzung eines Projektes zeigen.69 Zudem sehen Miglietta et al (2014) Civic CF als Substitut für Investitionen durch lokale Verwaltungen/Kommunen und orten einen Wechsel des Top-down Ansatzes hin zu Botton-up Entscheidungsprozessen. Evaluiert und finanziert wird dieser durch die Bürger, welche direkten oder indirekten Nutzen aus den Projekten erzielen.70 Davies (2014a)71 bildet ein Rahmenwerk und baut dieses auf fünf Zugängen auf: Um einen Ansatz auf die Fragestellung zu finden, wie ein Civic CF Projekt definiert wird72, betrachtet er einerseits die Güter, welche mittels Civic CF finanziert werden („Public goods“, nicht rivalisierend und ausschließend, für jedes Individuum nutzbar, unabhängig davon, ob eine Beteiligung an der Herstellung oder Beschaffung feststell- bar ist). Nicht dezidiert ausgeschlossen werden Güter und Leistungen, welche zwar nicht unmittelbar für jedes Individuum frei nutzbar sind, jedoch im Endeffekt einen Nutzen für die Allgemeinheit darstellen, wie am Beispiel des Projektes „Kansas Bike Sharing“ veranschaulicht (weniger Umweltverschmutzung durch Fahrradverleih). Bei den Teilnehmenden unterscheidet Davies (2014a) entweder eine Initiative durch

67Miglietta et al. 2014, S. 485-495. 68Participatory budgeting, auch partizipativer Haushalt oder Bürgerhaushalt genannt, wurde in den 1980er Jahren entwickelt und stellt eine von der Verwaltung einer Stadt initiierte Beteili- gung der Bürger dar. Den Bürgern soll die Möglichkeit gegeben werden, in einem selbständigem Entscheidungsprozess Mitverantwortung über Einsatz und Verteilung zumindest von Teilen der verwendbaren Haushaltsmittel zu tragen. Ziel soll die Erhöhung der Haushaltstransparenz sein, die Rolle der Verwaltungen sind dabei moderierend und verwaltend. Miglietta 2014, S. 489. 69Miglietta et al. 2014, 489f. 70Miglietta et al. 2014, S. 494. 71Davies 2014 a, S. 1-173. 72für eine detaillierte Definition wird auf Kapitel 3.7 verwiesen

50 Tab. 4.3: Literaturübersicht zu Crowdfunding öffentlicher Sektor Autor (Jahr) Titel (Journal) Methode Datenerhebung Sample Größe Inhalt Forschungs- land empirisch empirisch theoret. Daten- Interviews Fallstudie quant. qual. basis Davies, R. (2014a) Civic Crowdfunding: Participatory x x x x US, UK, Brasilien Rahmenwerk für Civic USA Communities, Entrepreneurs and the Plattformen Kickstarter Crowdfunding Political Economy of Place (USA), Spacehive (UK), IOBY (USA), Catarse (Brasilien) Davies, R. (2014b) Three provocations for civic Arbeitspaper: USA crowdfunding (Information Ist Civic CF partizipativ, Communication & Society) soziale Ungleichheit, Einfluss auf Rolle öffentliche Institutionen Davies, R. (2014c) Civic Crowdfunding: A New Way of Arbeitspaper: Überlegungen, USA Spending Down wer Kosten Erhaltung von Civic CF initiierten Projekten tragen soll Stiver, A., Barroca, L., Groß- Minocha, S., Richards, M., Civic crowdfunding research: Challenges, x 3 semi- 120 Projekte, Social media Herausforderungen, Chancen britannien Roberts, D. (2015) opportunities, and future agenda (New strukturierte Kanäle und zukünftige Media & Society) Interviews mit Forschungsansätze von Civic Stakeholdern Crowdfunding Miglietta, A., Parisi, E., CrowdFunding and local governments: a x Analyse der Rolle von CF als Italien

51 Pessione, M. (2014) financial opportunity for a new liaison Finanzinstrument in öffentl. with citizens Verwaltungen, theoret. Überlegungen aus Herleitung klassischer Management- ansätze Hainzer M., Stötzer S., Crowdfunding-basierte Bürgerkredit- leitfaden- x Fallstudie Projekt: Vertiefter Einblick in Österreich Ellmer M. (2014) modelle in Kommunen (ZÖgU - Journal gestützte „BOS“-Digialer Funk FF Spezifika, for Public & Nonprofit Services) Interviews mit Oestrich-Winkel Einsatz- Nutzenpotentiale Akteuren Hindernisse CF-Kampagne Lam, P., Law, A. (2016) Crowdfunding for renewable and x 8 Fälle Einsatzmöglichkeiten von Hong Kong sustainable energy projects: An erneuerbarer und nachhaltige exploratory case study approach Energie anhand von Fallstudie Hamman, E. (2015) Save the Reef! Civic CF and Public x Einsatzmöglichkeit von Civic Australien Interest Environmental Litigation CF zur Finanzieung von PIEL (Vertretung Rechtsstreitigkeiten in Umweltbelangen) Chen, Hung-Yi (2016) Crowdfunding and its Interaction with x Fallbeispiele, Einsatz von Civic Japan Urban Development Gesetzesentwürfe Hawai und Crowdfunding in Asien New Jersey (Japan, Taiwan) Lee, C. H., Zhao, J. L., Government-incentivized crowd- funding x Theoret. Überlegung zum Hong Kong Hassna, G. (2016) for one-belt, one-road enter- prises: Einsatz von Civic CF für design and research issues grenzübergreifende Projekte im ö. Sektor Quelle: Eigene Darstellung die Bürger bzw. eine Non-Profit Organisation oder durch Vertreter der öffentlichen Verwaltung. Bei der tatsächlichen Finanzierung eines Civic-Projektes ist zumeist eine Kombination aus öffentlichen Zuwendungen, privaten Philanthropen sowie den erzielten Beiträgen durch die CF-Kampagne selbst denkbar. Als ideale Form von Civic Crowdfunding betrachtet der Autor einen gemeinsamen Konsens zwischen allen möglichen Interessengruppen. Diese Argumentation gehe konform mit den geläufigen Theorien über die „Weisheit der Crowd“, den Ansätzen von „Urban planning“ sowie „demokratischer Bürgerbeteiligung“. Die vier weiteren Zugänge werden in den einzelnen Unterpunkten erläutert, aufzählend sind dies (1) historische Fallbeispiele für organisiertes Fundraising vor Auftreten und Nutzungsmöglichkeit des Internet, (2) die Bedingungen für Crowdfunding, (3) das Aufzeigen der Dy- namiken hinter spendenbasierten Crowdfunding Aktionen sowie (4) Civic CF als sozio-technische Infrastruktur.73 Stiver et al. (2015)74 orten fünf Bereiche, welche die Entwicklung von Civic Crowd- funding beeinflussten. Dazu zählen sie (1) Crowdsourcing, (2) die Rolle von sozialem Kapital, (3) demokratische Bürgerbeteiligung und Kollaboration, (4) die soziale Wir- kung von Freiwilligenarbeit und karitativen Unterstützungen, öffentliche/ private Unterstützung sowie öffentlich-private Zusammenarbeit („Public Private Partner- ship“ - PPP) als auch (5) Online-Aktivitäten75. Der Bezug zwischen Crowdsourcing und Civic CF wird durch die Arbeit von Estellés-Arolas und González-Ladrón-de-Guevara (2012)76 hergestellt, indem Ge- meinsamkeiten hinsichtlich Crowd Aktivitäten (Grad der Beteiligung) und Zusam- mensetzung der Crowd (Anzahl, Heterogenität) gezogen werden.77 Als relevant erachten Stiver et al. 2015 die Rolle von sozialem Kapital nach Bourdieu (1986)78 sowie Putnam (2000)79, sowohl im Zusammenhang mit der lokalen Community und deren Einbindung und Kooperation zwischen den einzelnen Akteuren, als auch im Kontext mit politischen Maßnahmen. Demnach wird nach Putnam ein Rückgang von Bürgerbeteiligung in den Vereinigten Staaten festgestellt. Gemeinschaftliche Aktivitäten durch intensive Interaktion biete die Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen und zu stärken. Durch die Bereitschaft der Bürger zu interagieren und kooperieren, wird soziales Kapital geschaffen.80

73Davies 2014 a, S. 26ff. 74Stiver et al. 2015, S. 249-271. 75Stiver et al., S. 251. 76Estellés-Arolas & Gonzalez-Ladrón-de Guevara 2012, zitiert in: Stiver et al. 2015, S. 251. 77Stiver et al. 2015, S. 251. 78Bourdieu 1986, zitiert in: Stiver et al. 2015, 252. 79Putnam 2000, zitiert in: Stiver et al. 2015, S. 252. 80Putnam 2000, zitiert in: Stiver 2014, S. 252.

52 Parallel dazu wird durch Civic CF der öffentliche Raum im Web 2.0 dazu genutzt, die Projektarbeit und Gruppen auch offline zu koordinieren und zu interagieren.81 Die Konzepte von demokratischer Teilhabe sowie kollaborativer Zusammenarbeit sehen Stiver et al. (2015) durch die Prinzipien von „participatory planning“ bestätigt. Einsatz findet dieses Konzept sowohl in der strategischen Planung als auch zur Planung von Prozessen. Es beinhaltet geteiltes „öffentliches Lernen“ ebenso wie auch auch öffentliche Maßnahmen, welche alle Akteure miteinbeziehen. Participitary e-planning ist eine Folgewirkung dieses Konzepts, und verwendet diese Werte für den öffentlichen Raum, um mit digitalen Medien und unter Verwendung dieser Online Werkzeuge Kollaboration zu fördern.82 Die positiven Effekte von Freiwilligenarbeit und ehrenamtlichen Helfern unterstreicht die nicht-finanziellen Argumente für Civic CF, Stiver et al. (2015) referenzieren diverse Arbeiten (Halman (2003), Cowley et al. (2011) sowie Sargeant (1999). Diese kommen zur Erkenntnis, dass Ehrenamtlichkeit die positive demokratische Einstellung verstärkt. Sowohl Freiwilligenarbeit als auch karitative Unterstützung könne als sozialer Trend identifiziert werden, welcher Modelle für unterstützendes Verhalten entwickelt. Diese sollen dazu beitragen, die Motivation von Bürgern im Civic CF zu verstehen.83 Lee et al. (2016 )84 erkennen technologische Barrieren und beschränkten Markt- zugang von Civic Crowdfunding, welche den Einsatz von staatsübergreifenden Projekten im öffentlichen Sektor erschweren. Sie schlagen vor, Crowdfunding als effizientes Instrument zur Verbesserung von „Participatory budgeting“, zur Förde- rung von öffentlich-privater Zusammenarbeit, wie z. B. Public Private Partnership und zur Erreichung höherer Transparenz zu betrachten. Sie orten vier Kategori- en zur Klassifizierung bisheriger CF-Projekte in Abhängigkeit von geografischen Beschränkungen (innerstaatlich vs. grenzübergreifend) sowie in Abhängigkeit Pri- vatsektor/Öffentlicher Sektor vor. Weiters betrachten die Autoren Civic CF gemäß der Definition von Davies (2014a) als die Direktfinanzierung öffentlicher, ziviler oder gemeinschaftlicher Projekte in Zusammenarbeit mit lokalen, föderalen oder nationalen Verwaltungen. Im Unterschied dazu schlagen die Autoren die Einführung des Begriffes „Public Crowdfunding“ als Unterkategorie von „Civic Crowdfunding“ vor, wobei das finanzierte Endprodukt bzw. die Leistung als zum Nutzen der Öf- fentlichkeit bestimmt wird und der Initiator der CF-Kampagne als eine öffentliche Verwaltung definiert wird.85

81Stiver et al., S. 252. 82Stiver et al., S. 252. 83Stiver et al., S. 252. 84Lee et al. 2016, S. 1-14. 85Lee et al. 2016, S. 4.

53 Zur Umsetzung eines länderübergreifenden Projektes wie „One-Belt-One-Road“ (OBOR) schlagen Lee et al. (2016) vier unterschiedliche Herangehensweisen vor: In Abhängigkeit der Ebenen „Source of Found“ (Finanzierungsquelle) wird eine Finan- zierung entweder nur durch die Crowd vs. Finanzierung Crowd in Kombination mit „Match-funding“8687 überlegt. Auf Ebene der Projektinitiatoren unterscheiden die Autoren „Privat“ versus „Public“. Daraus ergeben sich vier Ansätze, welche sich aus dem Verhältnis der Beteiligung zwischen öffentlichen Verwaltungen der teilnehmen- den Länder und bürgerlicher Gesellschaft bei der Umsetzung des Projektes ergeben, wobei die Einbeziehung der „Weisheit der Masse“, also Elemente von Crowdsour- cing, berücksichtigt werden. Die Autoren identifizieren schlussendlich den Ansatz „Supported-pull approach: supported citizen-to-citizens crowdfunding“ als jenen mit dem höchsten Nutzungsgrad. Bei diesem Ansatz werden die einzelnen Projekte von den Bürgern vorgeschlagen und aufgelistet. Innerhalb der teilnehmenden Länder ent- scheiden sich Bürger für die am meisten präferierten und unterstützen diese. Wird ein bestimmtes Finanzierungsziel erreicht, können die öffentlichen Verwaltungen durch „matching funds“ eine zusätzliche Finanzierungszusage erteilen.

4.4.3 Einsatzbereiche Crowdfunding im öffentlichen Sektor

Die von Davies (2014c)88 untersuchten Projekte beinhalteten Projekte zur Her- stellung oder Instandhaltung von öffentlichen Parks und Grünanlagen, Bildungs- und Trainingsinitiativen sowie die Umsetzung von öffentlichen Veranstaltungen. Die Verwirklichung dieser vom Umfang her zumeist kleineren Projekte können häufig nur in Verbindung mit Freiwilligenarbeit ermöglicht werden. Der Autor erachtet diese Projekte als Interventionen im kleinen Rahmen, welche neue Leistungen, Anlagen oder Einrichtungen in unterversorgte Kommunen erbringen sollen. Hainzer et al. (2014 )89 untersuchen in ihrer Arbeit eine adaptierte Form von Crowdlending als Einsatzmöglichkeit für die Finanzierung von Projekten im öffent- lichen Sektor anhand des Fallbeispiels „Digitalfunk BOS“ der örtlichen Feuerwehr Oestrich-Winkel (Deutschland). Bei dieser Form werden Mikro-Kredite von Bür- gern an die Kommune bzw. Stadt vergeben, welche innerhalb einer bestimmten Laufzeit mit zumeist geringer Verzinsung zurückbezahlt werden. Diese spezifische Finanzierungsvariante bezeichnen die Autoren als „Crowdfunding-basiertes Bürger- kreditmodell“ und nennen als Vorläufer dieser Idee ein Pilotprojekt in Quickborn 2009. Hier wurden angesichts der prekären Haushaltslage bei gleichzeitigem be-

86Unter "Match-funding" wird die Zusage öffentlicher Mittel verstanden, unter der Voraussetzung, dass private Mittel in einer bestimmten Höhe aufgetrieben werden können, mit dem Ziel, bestimmte Projekte zu unterstützen, zumeist in derselben Höhe als die Privatfinanzierung. 87CollinsDictionary 2016, Internet. 88Davies 2014 c, S. 2. 89Hainzer et al. 2014, S. 54-72.

54 deutendem Investitionsbedarf Kredite direkt von den Bürgern aufgenommen, das Projekt jedoch aufgrund fehlender Banklizenz von der Bankenfinanzaufsicht (BaFin) eingestellt, da im Sinne des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG) Bürgerkredite als zu bewilligende Bankgeschäfte gelten. Erst durch Einbindung einer Treuhänder- bank konnte das Projekt schließlich finalisiert werden.90 Weitere Einsatzpotentiale für CF-basierte Bürgerkreditmodelle werden zur Finanzierung von Investitionen nachhaltiger, energieeffizienter Technologien und Sanierungen geortet, wodurch Energiekosten mittel- bis langfristig gesenkt werden können.91 Chen (2015)92 gibt mit seiner Arbeit einen Überblick über die Entwicklung und Einsatzbereiche von Civic Crowdfunding in Asien, speziell in Taiwan und Japan. Er stellt fest, dass CF Kampagnen in Taiwan überwiegend zur Finanzierung von bürgerlichem Engagement eingesetzt werden, um Unregelmäßigkeiten bei Wahlen zu verhindern. In Japan hingegen findet Crowdfunding für öffentliche Projekte vielfältige Anwendung. Einerseits wurde zur Förderung von ländlichen Gebieten, welche unter Abwanderung, Überalterung und infrastruktureller Unterversorgung betroffen sind, ein regionales Förderungsprogramm ins Leben gerufen, „The In- vestment of Furosato“. In Zusammenarbeit mit lokalen Finanzinstituten konnten bis Ende 2015 etwa 16 Projekte erfolgreich finanziert werden, die Hälfte davon waren Projekte mit den Ausprägungen „donation-based“ und „reward-based“. Die restlichen Projekte wurden mittels Crowdinvesting finanziert, wobei die Einsatzbe- reiche von landwirtschaftlichen Projekten, Tourismus über erneuerbare Energien (Windkraft, Solaranlagen) reichten. Die Projekte für erneuerbare Energien weisen eine Vielzahl von Intermediären aus, wodurch sich komplexe Finanzierungsmodelle ergeben.93 Lam & Law (2016 )94 prüfen anhand einer Fallstudie den Einsatz von erneuerbaren Energien. Die acht Fallbeispiele enthalten zwei Projekte zur Installierung von Biogasanlagen in Nepal bzw. von energiesparenden Herden für 100 Haushalte in China zur Reduktion von CO2-Emissionen. Dies CF-Kampagnen (Ausprägungsform: donation-based bzw. reward-based) ermöglichen den Bewohnern von Dörfern den Zugang zu neuen Technologien, diese Projekte sind eher dem gemeinnützigen Bereich zuzuordnen. Ein weiteres Fallbeispiel zeigt den Einsatz von Photovoltaik-Systemen für Schulen in Großbritannien mittels CF-Finanzierung.

90Hainzer et al. 2014, S. 57. 91Hainzer et al. 2014, S. 66. 92Chen 2015, S. 8-14. 93Chen 2015, S. 6f. 94Lam & Law 2016, S. 11-20.

55 Ziel dabei war es, die Energiekosten der Schulen zu senken und einen Zusatznutzen durch Nachhaltigkeit für die Umwelt bringen. Die CF Initiative wurde mittels Mikrokrediten (Ausprägungsform: lending-based) finanziert. Die übrigen Fallstu- dien zeigten wenig Öffentlichkeitsbezug auf, abgesehen von dem Nutzen der CO2 Einsparung, welche als öffentliches Gut betrachtet werden könnte. Die attraktive Verzinsung und private Unternehmen als Initiatoren lassen jedoch eher auf CF mit monetären Motiven schließen.95 Eine Einsatzmöglichkeit für Civic CF sieht Hamman (2015)96 in der Finanzierung von PIEL („Public interest environment litigation“). Das Ziel ist die Vertretung bei Rechtsstreitigkeiten bei Umweltbelangen im öffentlichen Interesse. Anhand einer Fallstudie („The Sea Dumping Case“) wird der Einsatz von CF im öffentlichen Inter- esse zur Verhinderung umweltgefährdender Ablagerungen von Schutt in einem Riff (Great Barrier Reef Marine Park) aufgezeigt. Bemerkenswert bei dieser Initiative ist die breite Beteiligung innerhalb eines relativ kurzen Finanzierungszeitraums (von 16 000 Unterstützern konnten innerhalb von zwei Wochen 150.000 USD eingebracht werden).97 Lee et al. (2016)98 stellen in ihrer Arbeit theoretische Überlegungen über den mög- lichen Einsatz von Crowdfunding zur Finanzierung eines multinationalen Projektes (OBOR)99 den Ausbau der sogenannten „Seidenstraße“ an, welches einerseits eine Landverbindung als auch eine Wasserstraße beinhalten soll. Zweck ist die Förderung von Handelsbeziehungen zwischen Asien, Europa und Afrika, wobei als Initiatoren diverse Staatsvertreter aus China gelten. Eine mögliche Unterstützung des Pro- jekts mittels Crowdfunding bezeichnen die Autoren als „government-incentivized crowdfunding“, durch diesen Terminus soll der „Top-down“ Ansatz bei den Projek- tinitiatoren betont werden.100

4.4.4 Merkmale von Civic-Crowdfunding Projekten

In Bezug auf die Arten von Projekten und deren Güter, die im Ergebnis produziert werden, identifiziert Davies (2014a) 14 Kategorien für CF-Projekte und trifft zusätzlich eine Unterscheidung hinsichtlich des Nutzens für die Öffentlichkeit. Fast 50% (242) aller Projekte werden eindeutig als „public good“ eingestuft, während die restlichen 246 der erhobenen Projekte entweder als „private good“ (privater Nutzen, z. B. Aufrechterhaltungskosten von NPOs), sogenannte „club goods“ (beschränkte Anzahl von Empfängern, z. B. Parkanlage für Schulen) bzw. als „common pool

95Lam & Law 2016, S. 18f. 96Hamman 2015, S. 159-173. 97Hamman 2015, S. 166ff. 98Lee et al. 2016, S. 1-14. 99CLSA 2016, Internet. 100Lee et al. 2016, S. 12ff.

56 resources“ (begrenzte Anzahl, rivalisierendes Gut, z. B. Produktion und Verteilung „gesunder Lebensmittel“) identifiziert werden.101 Hinsichtlich der Wiederholbarkeit der Projekte stellt Davies (2014a) bei den unter- suchten Fällen ein gewisses Muster der Wiederholbarkeit von bestimmten Strategien fest. Unterschiede ergeben sich in der geografischen Umgebung, d. h. eine Gruppe initiierte unterschiedliche Arten von Projekten in der selben geografischen Umge- bung. Als geläufigste Methode (zumeist zur Finanzierung von Events) identifiziert der Autor einzelne Gruppen, welche ein bestimmtes Projekt in sich wiederholenden Abständen mittels Civic Crowdfunding finanzieren (über mehrere Jahre hinweg, zumeist zur Finanzierung von Events). Als dritte erkennbare Strategie schließlich rufen Projektinitiatoren für ein bestimmtes Projekt zur Finanzierung auf, dieser Aufruf erfolgt dann in unterschiedlichen geografischen Regionen.102 Eine Lokalisation der Projekte ergab, dass zwei Drittel aller Kampagnen auf den von Davies (2014a) untersuchten Plattformen in den USA realisiert wurden (768 Projekte oder 63% von allen zur Verfügung stehenden Projekte), wobei die Städte mit der höchsten Anzahl an Projekten New York, Kalifornien, Illinois, Florida und Oregon sind. Dies lässt sich mit der Tatsache erklären, dass die Plattformen dort angesiedelt sind bzw. über einen zweiten Nebenstandort verfügen. Obwohl kein Zusammenhang nachweisbar ist, dass Civic CF sowohl eher in Gegenden mit wenig Infrastruktur und „unterversorgten“ Gebieten vorkommt, als jedoch auch in wohlhabenderen Gegenden, haben großflächige Analysen gezeigt, dass die Verbreitung und die Wahrnehmung von Civic CF in der USA sehr ungleich verteilt ist. Während einige Städte bereits vertraut mit der Anwendung von Civic CF sind und eine breite Basis von Organisationen aufgebaut haben, gibt es in anderen Gebieten der USA noch kaum bis keine Erfahrungen mit Civic CF.103 Davies (2014a) vergleicht zusätzlich das Medianeinkommen und die Bevölkerungs- anzahl dieser Städte mit der Anzahl an Projekten, kann jedoch keinen signifikanten Zusammenhang feststellen. Jedoch haben von den fünf Städten mit dem meisten Projektfinanzierungen durch Civic CF pro Einwohner ein Medianeinkommen unter dem nationalen Durchschnittseinkommen (51.017 USD). Die Datenmenge betrach- tet Davies jedoch als zu gering, um einen starken Zusammenhang zwischen den Projekten in den einzelnen Städten sowie den demografischen Profilen der Städte zu konstatieren.104 Bezugnehmend auf die Größe der Projekte zieht der Autor das Fazit, dass das „typische Civic CF-Projekt“ von eher geringerem Umfangvolumen ist und die Wie- derinstandsetzung kleiner Parks oder Grünanlagen in größeren Städten beinhalte,

101Davies 2014 a, S. 59 ff. 102Davies 2014 a, S. 62. 103Davies 2014 a, S. 63f. 104Davies 2014 a, S. 64.

57 welches als „öffentliches Gut“ identifiziert wird. Durchschnittliche Civic Crowdfun- ding Kampagnen seien eher erfolgreich als Projekte in den übrigen Kategorien, es fand sich zudem ein sehr breites Spektrum von unterschiedlichen Projekten in den Datensätzen. Kleine Civic CF Projekte erreichen jedoch nicht die Aufmerksamkeit wie größere Projekte. Es finden sich auch Hinweise, dass frühe Projekte erfolgrei- cher in der Umsetzung waren, jedoch wird die Datengrundlage für einen Beweis dafür als zu gering angesehen. Es befinden sich allerdings auch einige Projekte mit großem Umfang in der Datenbasis, welche großes mediales Interesse erregten. Den erheblichen Unterschied in den Projektgrößen wird als Indikator für die derzeitige Unreife des Civic-Crowdfunding Marktes erachtet.105

4.4.5 Motivationen, Beteiligung, Rolle der Akteure

Stiver et al. (2015) nennen als Projektinitiatoren entweder kommunale oder städti- sche Verwaltungen und Organisationen bzw. individuelle Unterstützer, eine Finan- zierung erfolgt meistens durch ein Triple-Modell mit finanzieller Unterstützung von allen drei Parteien, der öffentlichen Hand, For-Profit sowie Non-Profit Unternehmen, Organisationen bzw. den individuellen Unterstützern.106 Zudem führen Stiver et al. (2015) aus, wie durch einen Beitrag von Sebag-Montefiore (2013)107 bestätigt, dass Civic CF sowohl Unterstützer als auch eine geografisch lokal unmittelbar verfügbare Community erfordert. Diese Community hat nicht ausschließlich altruistische Motive, sondern ist durchaus daran interessiert, das unterstützte Projekt in Folge auch zu nutzen bzw. davon zu profitieren. Es wird zudem festgestellt, dass dieses Interesse an einer erfolgreichen Finanzierung nicht nur als Individuum besteht, sondern auch im Sinne der Gemeinschaft im Interesse anderer. Bei Kickstarter und IndieGoGo dagegen können bei ihren Projekten keine lokalen Limitationen bezüglich Unterstützern festgestellt werden.108 Miglietta et al. (2013) erkennen als Motivation für Unterstützer die Eigeninitiative der Bürger zur Mobilisierung alternativer Ressourcen, um eine weitere Verschuldung der Kommunen einzudämmen.109 Hainzer et al. (2014) definieren folgende Hauptakteure bei CF-basierten Bürgerkre- ditmodellen: Als Projektinitiatoren Politiker bzw. Verwaltungsorgane, als Unterstüt- zer bzw. Kapitalgeber die Bürger einer Stadt/Kommune sowie umliegender Regionen, eine speziell konzipierte Plattform für öffentliche Projekte (LeihDeinerStadtGeld.de) und als Intermediär eine Treuhänderbank, damit die gesetzlichen Bestimmungen

105Davies 2014 a, S. 66ff. 106Stiver et al. 2015, S. 260. 107Sebag-Montefiore 2013, zitiert in: Stiver et al. 2015, S. 260. 108Stiver et al. 2015, S. 261. 109Miglietta et al., S. 1.

58 eingehalten werden können. Zusätzlich weisen die Autoren auf die mehrfachen Prinzipal-Agenten-Beziehungen hin, welche sich durch die Zwischenschaltung eines zusätzlichen Intermediärs ergeben. Dadurch nimmt die Plattform eine Doppelrolle ein, einerseits als Agent und andererseits als Prinzipal. Zudem entsteht eine recht- liche Abhängigkeit vom Intermediär, wodurch dessen Verhandlungsmacht erhöht werden kann.110 Als Motivation für Projektinitiatoren in Japan ortet Chen (2015) einerseits die prekäre finanzielle Situation von ländlichen, unterversorgten Regionen, andererseits soll die Entwicklung erneuerbarer Energien in Anbetracht der Nuklearkatastrophe von Fukushima gefördert werden.111 Das Engagement der Bürger in Umweltbelangen wird als zentrale Motivation für Civic CF von Hamman (2016)112 identifiziert.

4.4.6 Monetäre Chancen und Nutzen von CF im öffentlichen Sektor

Nach Miglietta et al. (2014) kann durch Civic CF eine (Teil)finanzierung ermöglicht werden, es gewährt eine sorgfältige Ausführung, welche überwacht werden kann. Zudem können lokale Budgetdefizits durch sinkende Ausgaben für Zinsaufwände in Folge erfolgreicher Bürgerfinanzierung verhältnismäßig gesenkt werden.113 Für Stiver et al. (2015) repräsentiert Civic CF sowohl die Chance einer finanziel- len Finanzierungsalternative, zusätzlich werden jedoch auch die nicht-monetären Vorteile, welche sich aus den Eigenschaften von CF ableiten lassen, anerkannt.114 Bei CF-basierten Bürgerkreditmodellen erkennen Hainzer et al. (2014) anhand des Fallbeispiels Einsparungspotentiale durch die niedrige Zinsgestaltung. Positive Auswirkungen auf kommunale Haushalte sind auch durch mittel- bis langfristige Senkung von Energiekosten denkbar. Durch Finanzierung mittels CF könnte die Umsetzung von nachhaltigen Sanierungsmaßnahmen öffentlicher Gebäude bzw. der Umstieg auf energieeffizientere Technologie realisiert werden.115

110Hainzer et al. 2014, S. 62ff. 111Chen 2015, S. 14f. 112Hamman 2015, S. 171ff. 113Miglietta et al. 2014, S. 491ff. 114Stiver et al. 2015, S. 266f. 115Hainzer et al. 2014, S. 66.

59 4.4.7 Nicht-monetäre Chancen und Nutzen von CF im öffentlichen Sektor

Miglietta et al. (2014) schätzen den Nutzen von Civic CF in multipler Hinsicht ein: Einerseits durch den Aufbau einer starken Interaktion zwischen allen beteiligten Akteuren sowie andererseits durch die Übernahme einer aktiven Rolle der Zivilbevöl- kerung für ihre Umgebung. Es werden Ideen umgesetzt, welche den Interessen und Nutzen der Bürger am Nächsten sind. Zudem werden sowohl die Kosten der Planung und Umsetzung als auch der Nutzen eines Projektes zwischen den kommunalen Verwaltungen und den Bürgern aufgeteilt. Dadurch werden Marktbeschränkungen durch geografische Distanz sowie Kommunikationsgrenzen, wie von Agrawal et al. (2011)116 beschrieben, durch direkte Interaktionen abgebaut.117 Chen 2015 118 sieht ein zusätzliches Potential darin, dass durch Pilotprojekte die Zustimmung der Bürger getestet werden kann, zudem kann die Effizienz und rasche Umsetzung von Projekten dahingehend erhöht werden, indem behördliche Hürden umgangen werden können. Miglietta et al. (2014) stellen zudem fest, dass sich für öffentliche Verwaltungen die Chance bietet, sich durch Delegation von Projekten an Bürgerinitiativen auf Pro- jekte konzentrieren, welche mittels Civic CF nicht umsetzbar sind. Dadurch könne Civic Crowdfunding seinen Erwartungen gerecht werden. Die (Teil-)Finanzierung und Wertschöpfung durch ehrenamtliche Arbeit kann dadurch ohne weitere zu- sätzliche Verschuldung realisiert werden. Eine offene Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Interakteuren könnte zur Vermeidung von Amtsmissbrauch durch mehr Transparenz beitragen. Eine Kollaboration ermöglicht zudem eine realistische Einschätzung über die Umsetzbarkeit eines Projektes.119 Davies (2014c)120 sieht Civic Crowdfunding als Hilfsmittel, um maximalen mög- lichen sozialen Nutzen und Wirkung für die Zivilgesellschaft zu realisieren, er vergleicht Civic Crowdfunding als eine Form von Philanthropie. Dabei grenzt er ab, dass Philanthropen Einzelpersonen sind, während die Finanzierung über Civic CF durch eine größere Anzahl von Menschen (=Crowd) erfolgt. Neben der finanziellen Unterstützung erkennt der Autor zudem einen Zusatznutzen dadurch an, dass bürokratische Hürden, welche eine rasche Realisierung eines Projektes verhindern oder verzögern würden, umgangen werden können.121 Zudem betrachtet Davies (2014c) die Umsetzung eines Projektes nicht als einmalige Unterstützungsleistung, er sieht erfolgreich realisierte Pilotprojekte als die Chance,

116Agrawal et al. 2011 117Agrawal et al., zitiert in: Miglietta et al 2014, S. 4. 118Chen 2015, S. 13f. 119Miglietta et al. 2014, S. 491f. 120Davies 2014 c, S. 1-4. 121Davies 2014 c, S. 2.

60 einen Lerneffekt daraus für weitere Initiativen zu erzielen, und diese in einer anderen Umgebung mit ähnlichen Voraussetzungen nachzumachen bzw. erfolgreiche Kampagnen in größeren Zeitintervallen zu wiederholen.122 Bei CF-basierten Bürgerkreditmodellen identifizieren Hainzer et al. (2014) bei den Projektinitiatoren einen Zusatznutzen durch das Einsatzpotential als politi- sches Marketing- und Kommunikationsinstrument. Zudem orteten die politisch Verantwortlichen die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung als positiven Nebennut- zen. Bürger werden durch persönliche Aktivität und eine Solidarisierung mit dem Projekt in öffentliche Agenden persönlich involviert, dies wird als Chance zur Beziehungspflege und zur politischen Profilierung betrachtet. Bei den Unterstüt- zern ergab sich durch die Beteiligung ein intrinsischer Nutzen durch die Faktoren „Zusammengehörigkeitsgefühl“ und „Identifikation“.123 Lee et al. (2016) erachten „public crowdfunding“ als ein Instrument zur Förderung von Bürgerengagement und Beteiligung an der Gestaltung öffentlicher Haushalte. Durch den Einsatz von CF bei der Finanzierung öffentlicher Projekte biete sich die Möglichkeit für mehr Transparenz bei Entscheidungsprozessen öffentlicher Verwal- tungen. Durch mögliche Zusammenarbeit von Vertretern öffentlicher Verwaltungen, privater Unternehmen sowie der bürgerlichen Gesellschaft in Verbindung mit CF wird Teilhabe auf mehreren Ebenen ermöglicht (Auswahl, finanzielle Unterstützung, Einbringung von Feedback, Mitgestaltung).124

4.4.8 Herausforderungen und Risiken von Crowdfunding im öffentlichen Sektor

Für eine volle Implementation sehen Miglietta et al. (2013) Beschränkungen sowohl in technischer als auch in praktischer Hinsicht. Erstens ist Civic Crowdfunding, welches von den Bürgern für die Bürger initiiert wird abhängig von einem gesetz- lichen Rahmenwerk, welches eine Umsetzung in rechtlichen Belangen voraussetzt und nicht mit lokalen Interessen der Verwaltung im Konflikt steht. Diese Projekte erfordern zudem eine Überwachung aller gesetzten Aktivitäten, um Missbrauch zu verhindern. Das wiederum erfordert eine intensive Kooperation mit lokalen Entschei- dungsträgern und einen Abgleich der gemeinsamen Arbeiten zum Erreichen eines gemeinsamen politischen und ökonomischen Ziels. Der Entscheidungsprozess sei nicht mehr länger abhängig vom Willen der demokratischen Mehrheit, eine private (Mit-)finanzierung öffentlicher Güter erfordere jedoch eine gründliche Vorprüfung und den Abgleich aller Aktivitäten.125

122Davies 2014 c, S. 3. 123Hainzer et al. 2014, S. 64. 124Lee et al. 2016, S. 6. 125Miglietta et al. 2014, S. 492f.

61 Miglietta et al. (2013) erkennen die Vorteile und Nutzen von Civic CF an, diese können jedoch, bei Nichteinhaltung von Transparenz und Effizienzstandards, auch gleichermaßen als Risiken betrachtet werden. Der Einsatz von equity-based CF beispielsweise würde die Gefahr beinhalten, dass Investoren profitablere Projekte präferieren würden.126 Stiver et al. (2015) beobachten zudem, dass es Bedenken gäbe, dieses Konzept zu integrieren, auch wenn Civic CF in den Medien positiv konnotiert wird. Zuckerman (2012)127 etwa warnt vor den Gefahren, Projekte in wohlhabenden Gegenden zu favorisieren. Miglietta et al. (2013) erachten demzufolge eine übergeordnete Überwachung und Kontrolle auch bei Civic CF als unumgänglich. Auch die Forderung nach einer gesetzlichen Schaffung von minimalen rechtlichen Rahmenbedingungen wird explizit betont, um die Risiken von Missbrauch und Betrug auf ein Minimum eingrenzen zu können.128 Stiver et al. (2015) sehen es als gegeben an, dass viele der Herausforderungen von Civic CF, wie beispielsweise Sprachbarrieren, voreilige Kritik sowie Zugang zu Daten und Umfang aus der Tatsache resultieren, dass es sich dabei noch um ein junges Forschungsfeld handelt. Definitionen für Civic CF entwickeln sich kontinuierlich. Obwohl Civic CF oft durch Projekte mit großem Umfang, wie am Beispiel der Fußgängerbrücke Luchtsingel in Rotterdam illustriert, medial anerkannt werden, sind die meisten Projekte vom kleinerem Umfang. Mit Fokus auf die lokale Community sollten neue beschreibende Begriffe eingeführt werden, Stiver et al. 2015 schlägt etwa „community-focused crowdfunding“ oder „hyper-local crowdfunding“ vor.129 Sowohl Davies (2014c)130 als auch Stiver et al. (2015)131 veranschaulichen die Problematik, dass bereits finanzierte Projekte wie Park und öffentliche Anlagen einer weitergehenden Betreuung, Instandhaltung und Wartung bedürfen, deren Kosten es zu finanzieren gilt. Stiver et al. (2015) kritisieren eine gewisse Intransparenz von Civic CF Plattformen, es besteht nur beschränkter Zugang zu Daten bezüglich der Unterstützer. Das erschwert die Forschung und Identifikation der Unterstützer zusehends. Zudem sind Social Media Kanäle nur minimal verfügbar und einsehbar, was es erschwert, Partnerschaften und „in-kind“ Unterstützungen zu verfolgen. Durch Schaffung von mehr Transparenz soll das Verständnis für Civic-Crowdfunding verbessert werden.132

126Miglietta et al. 2014, S. 493. 127Zuckerman 2012, zitiert in: Stiver et al. 2015, S. 263. 128Miglietta et al. 2014, S. 492. 129Stiver et al. 2015, S. 463ff. 130Davies 2014 c, S. 1-4. 131Stiver et al. 2015, S. 250. 132Stiver et al. 2015, S. 263.

62 Mögliche Interessenskonflikte beim Einsatz von CF-basierten Bürgerkreditmodellen orten Hainzer et al. (2014) dahingehend, dass entsprechend der Prinzipal-Agenten- Theorie (PAT) alle Akteure innerhalb des CF-Prozesses danach streben, ihren individuellen Nutzen zu maximieren, im konkreten Fall sei jedoch nur eine schwache Ausprägung erkennbar. Im Gegensatz dazu waren in Folge der rechtlichen und fachlichen Spezifitäten starke Informationsasymmetrien feststellbar.133 Als mögliche Hindernisse für CF im öffentlichen Sektor erachten Hainzer et al. (2014) die Pro- blematik, dass die Zielgruppen bei öffentlichen Projekten über Online-Plattformen aufgrund ihres Alters nur schwer erreichbar sind, jedoch wird sich diese Hürde im Zeitverlauf relativieren. Weitere Hemmnisse sind durch das Konkurrenzdenken von Kreditinstituten denkbar, welche die bisherige Finanzierung öffentlicher Projekte übernommen haben. Negative Kritik von Seite politischer Oppositionen, Bürger sowie Medien gelten als zusätzliche Herausforderung für die Implementierung von CF im öffentlichen Sektor, dieser gilt es durch umfassende Kommunikation und Transparenz entgegenzuwirken.134 Für den möglichen Einsatz von länderübergreifenden CF-Projekten wie OBOR führen Lee et al. (2016) als mögliche Herausforderungen kulturelle Unterschiede und Spannungsfelder wie unterschiedliche Zeitzonen, Sprachbarrieren an. Daher wird vorgeschlagen, diese Aspekte bereits bei der Implementierung von Plattformen zu berücksichtigen. Zudem können technische Faktoren bei der Umsetzung der Trans- aktionen zwischen den Ländern als mögliche Hindernisse betrachtet werden. Als kritisch werden auch unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen bzw. fehlende länderübergreifende Bestimmungen gesehen.135

4.4.9 Die Rolle der Plattformen und ihre Bedeutung für Crowdfunding im öffentlichen Sektor

Plattformen fungieren als zentrale Schaltstelle zwischen Innovatoren und Inves- toren, die leicht zugänglich für faktisch Jedermann mit Internetverbindung sind, welche Interesse an lokalen Projekten zeigen. Dadurch können sogenannte „Offline- Barrieren“ überwunden werden. Die Plattformen gewähren eine breite Beteiligung mit minimalen Beträgen, welche das Ausfallrisiko relativieren und über den jeweils aktuellen Stand von Beteiligung und der Form der Unterstützungen informieren.136 Davies (2014a) untersucht in seiner Thesis sieben Plattformen, davon zwei globale Plattformen („generic platform“ - GP) und fünf Civic-Plattformen („civic platform“

133Hainzer et al. 2014, S. 65. 134Hainzer et al. 2014, S. 68. 135Lee et al. 2016, S. 9ff. 136Miglietta et al. 2014, S. 4.

63 - CP) und ortet im Resultat drei prinzipielle Variablen, hinsichtlich deren Dynami- ken sich donation-based Plattformen von den restlichen Plattformen unterscheiden: Erstens, ob Unterstützungen als steuermindernd geltend gemacht werden können. Diese Option kann von der Plattform dann angeboten werden, wenn diese selbst als sogenannte Organisation gemäß §501(c)(3)137 registriert ist. Ein weiteres Kriterium stellt die Abhängigkeit davon dar, ob Zusagen von öffentlichen Förderungen für ein Projekt gewährt wurden bzw. ob die Projektinitiatoren selbst die Kampagne innerhalb einer nach §501(c)(3) registrierten NPO starten. Als letzte Variable sieht Davies (2014a) den Umstand, ob es ermöglicht wird, auch nach dem festgeleg- ten Finanzierungszeitraum noch Unterstützungen zu erhalten. Die untersuchten Plattformen weisen unterschiedliche Kombinationen der drei genannten Variablen auf. Als charakteristische Eigenschaften bei allen untersuchten Plattformen gelten ein beschränkter festgelegter Finanzierungszeitraum, das Pledge System, zudem wird die Möglichkeit von Match-funding in diesem Artikel diskutiert.138 Die Prä- sentation der Mehrheit der Projekte erfolgt auf generischen Plattformen, jedoch weisen spezifische Civic CF-Plattformen ein erfolgversprechendes Wachstum auf. Die Projekte gleichen sich in Größe und Unterstützerbeteiligung auf beiden Typen von Plattformen.139 Einige Plattformen bieten gezielt Freiwilligenarbeit an und fördern diese aktiv, indem sie Unterstützern die Möglichkeit geben, ihre Zeit für ein Projekt zur Verfügung zu stellen.140 Somit können geographische Einschränkungen bei der Beteiligung entstehen. Weitere geografische Limitationen entstehen etwa durch spezifische Besonderheiten der Plattformen, welche beispielsweise Sachleistungen (sogenannte „in-kind“-Unterstützungen) ermöglichen.141 Im Vergleich zu den genannten Civic CF-Plattformen können bei den Plattformen Kickstarter und IndieGoGo und den gehosteten Projekten keine lokalen Limitatio- nen bezüglich Unterstützern festgestellt werden. Es sind nur zwei klar dargestellte Kategorien von Teilnehmern (Initiatoren und Unterstützer) möglich, weiters sind keine nicht-finanziellen Unterstützungen möglich. Folglich sehen Stiver et al. (2015) keine der Civic CF-Plattformen als global an, d. h. die Unterstützer sind vorwiegend aus dem Land, in welchem die Plattform ansässig ist.142

137Der Status 501 (c) wird auf Antrag des „Internal Revenue Service“ an Organisationen oder Verbände vergeben, welche teilweise von Einkommensteuern befreit sind. Der Status wird nach Antrag von dem Internal Revenue Service vergeben. Dies setzt die Veröffentlichung bestimmter finanzieller Dokumente sowie eine Einschränkung politischer Aktivitäten vor- aus. Nach § 501 (c)(3) begünstigt sind gemeinnützige Organisationen für Förderung der Religion, Ausbildung, sozialer Zwecke, Wissenschaft, Kunst, Sport, Kinderschutz sowie Tier- schutz.FoundationGroup 2016;LegalInformationInstitut 2016 138Davies 2014 a, S. 41. 139Davies 2014 a, S. 133f. 140Davies 2014 a, S. 111f. 141Stiver et al. 2015, S. 261. 142Stiver et al., S. 261.

64 Hainzer et al. (2014) weisen den Plattformen bei CF-basierten Bürgerkreditmo- dellen eine Doppelrolle gemäß der Prinzipal-Agenten-Theorie zu. Im konkreten Fall tritt die Plattform einerseits als Auftragnehmer gegenüber der Kommune auf und übernimmt zusätzlich alle operativen Prozesse. Andererseits gilt die Plattform als Auftraggeber für die zwischengeschaltete Intermediärsbank und gewährleistet dadurch einen rechtlich korrekten Ablauf. Dadurch ergeben sich jedoch durchaus Informationsasymmetrien.143 Lee et al. (2016) erkennen das Potential von globalen Plattformen zum Einsatz länderübergreifender Projekte und zur Mobilisierung einer breiten Masse an Un- terstützern, welche für vom Finanzvolumen umfangreichen Projekte unbedingt erforderlich sind.144 Zur Umsetzung eines länderübergreifenden Projektes wie OBOR schlagen sie die Berücksichtigung multikultureller Unterschiede, welche sich durch Teilnahme 65 unterschiedlicher Länder aus drei Kontinenten ergeben, bei der Implementierung auf derartige Projekte ausgerichtete Plattformen vor. Mögliche Spannungsfelder beinhalten etwa Distanz, Zeitunterschiede durch unterschiedliche Zeitzonen, Sprachbarrieren und kulturelle Differenzen.145

4.4.10 Bedeutung von Social Media Instrumenten und Offline Kanälen

Die Bedeutung von Social Media bildet eine zentrale Schlüsselkomponente für den Er- folg von Crowdfunding.146 Anhand der Untersuchung der vier Civic CF-Plattformen , Neighbor.ly, Spacehive und IOBY wurde eine „Vernachlässigung“ die- ser Social Media Aktivitäten festgestellt. Es konnten nur wenige Aktivitäten auf diesen Plattformen nachverfolgt werden bzw. waren diese nicht erkennbar. Seitens der Plattformbetreiber herrscht wenig Interesse, Konversationen auf ihren Platt- formen veröffentlichen bzw. integrieren zu wollen. Es erfolgt hauptsächlich eine „Einkanal-Konversation“ wie etwa „likeing“ auf Facebook bzw. „sharing“ auf Twit- ter, jedoch keine Möglichkeit für Netzwerken und Einbringen von Feedback. Zudem existieren nur beschränkte Möglichkeiten der Konversation, da der Aufruf zumeist über lokale Partnerschaften erfolgt und demzufolge nur wenig Notwendigkeit zur Im- plementierung entsprechender Tools gesehen wird. Zusätzlich erfolgen Interaktionen zwischen den Akteuren oftmals auf lokaler Ebene außerhalb der Plattformen, etwa bei Veranstaltungen in öffentlichen lokalen Stadthallen. Akteure innerhalb eines Civic CF-Prozesses sind nicht im selben Ausmaß an Online-Engagement und den Umgang mit Social Media Kanälen gewöhnt als Akteure globaler Plattformen.147

143Hainzer et al. 2014, S. 65. 144Lee et al. 2016, S. 4. 145Lee et al. 2016, S. 10. 146Mollick 2014, zitiert in: Stiver et al. 2015, S. 261. 147Stiver et al., S. 262.

65 Hohe Relevanz kommt sowohl Online und Offline Community zu. Die Gemeinschaft treibt ein Projekt voran, daher bilden eine Mischung aus Online als auch Offline Community maßgebende Features für Civic CF. Bürger sollen sich sowohl rund um ein Projekt online informieren als auch die Beteiligung der Offline Community fördern und bewerben.148 Hainzer et al. (2014) schätzen den Aufwand für kommunikationspolitische Aktivi- täten und Öffentlichkeitsarbeit bei Bürgerkreditmodellen im Vergleich zu anderen Finanzierungsinstrumenten als höher ein. Die Public Relation (PR) Maßnahmen wurden im Fallbeispiel an die Plattform ausgelagert. Diese übernahm die Orga- nisation einer Bürgerinformationsveranstaltung sowie die Verteilung von Flyern. Aktivitäten über Social Media Kanäle waren nur eingeschränkt einsetzbar, da die regionale Zielgruppe dadurch nur begrenzt erreichbar war und die Plattform über keine internationale Community zurückgreifen konnte. Aufgrund reger, positiver Berichterstattung durch die Medien konnte auf klassische Offline-Kanäle (Inserate) verzichtet werden. Die Persönlichkeitsarbeit der politisch Verantwortlichen ist von enormer Bedeutung für den Erfolg und beinhaltet eine entsprechende Emotionen weckende Präsentation und Identifikation mit dem Projekt.149 Lee et al. (2016) sehen die Implementierung und den Einsatz von Social Media Kanä- len von öffentlichen Verwaltungen als essentiell für länderübergreifende Projekte wie OBOR. Bereits bei dem Design der Plattform soll auf einfachen und unein- geschränkten Zugang mit höchstmöglicher Transparenz geachtet werden. Durch leichte Zugänglichkeit wird die Aufmerksamkeit für öffentliche Projekte erhöht und Informationen können durch potentielle Unterstützer verbreitet werden.150

148Stiver et al. 2015, S. 262. 149Hainzer et al. 2014, S. 65. 150Lee et al. 2016, S. 11.

66 4.4.11 Bedeutung von rechtlichen Rahmenbedingungen

Hainzer et al. (2014) erachten ein Modell mit solider rechtlicher Absicherung und Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde als Grundvoraussetzung für die Umsetzung CF-basierter Bürgerkreditmodelle.151 Einen Zusammenhang zwischen dem rasanten Anstieg des CF-Volumens in Asien und der Einführung von gesetzlichen Rahmenbedingungen sieht Cheng (2015 ).152 Die Notwendigkeit von rechtlichen Rahmenbedingungen besteht auch in Australien, wo es derzeit noch keine Regulierung gibt.153 Als zukunftsweisend gelten die Gesetzesvorschläge aus dem Jahr 2014 von Hawaii (Hawaii House Bill 2631)154 und New Jersey. Regierungsvertreter von Hawaii sa- hen sich 2014 in Anbetracht von mangelnden Ressourcen für die Instandhaltung öffentlicher Schulen veranlasst, einen Vorschlag zu einer raschen und kostenef- fektiven Umsetzung dieser Projekte einzubringen. Der Vorschlag sah weiters vor, die Machbarkeit der Finanzierung von zusätzlichen öffentlichen Projekten mittels Crowdfunding zu testen. Einen ähnlichen Gesetzesentwurf brachte New Jersey 2014 unter dem Titel „Government Crowdfunding Act, Assembly No. 3378, 210th Legislature, State of New Jersey“155 ein. Dieser Entwurf schlägt den Begriff des „government crowdfunding“ vor und würde vermehrt als Anreiz für Vertreter lokaler Verwaltungen gelten, CF als Finanzierungsinstrument einzusetzen.156

151Hainzer et al. 2014, S. 68. 152Singapur: Für Lending-based und quity-based crowdfunding gelten unter dem Terminus „security-based crowd- funding“ (SCF) Rahmenbedingungen unter dem Titel „Securities and Futures Act (Cap. 289) - SFA), welche sowohl Bestimmungen zum Schutz der Anbieterplattformen als auch Nutzer enthalten. Japan: Japanese Fi- nancial Instruments and Exchange Act (JFIEA). Südkorea: Mit Jänner 2016 trat eine Verordnung in Kraft, das „Financial Investment Services and Capital Markets Act“, welche Crowdfunding in Südkorea regulieren soll. Unternehmen wird genehmigt, bis zu 700 Millionen Won (600.000 USD/~544.600 EUR) durch Crowd- funding zu finanzieren. Es gilt das „Alles-oder-Nichts-Prinzip, wonach ein Projekt erst dann das gesammelte Kapital ausbezahlt bekommt, wenn ein spezifizierter Prozentsatz der geplanten Projektsumme erzielt wird. Einzelpersonen ist es gestattet, bis zu 5 Millionen Won (~ Euro 3.700) pro Jahr zu investieren, wobei diese Summe pro Start-up auf 2 Millionen Won (~1.475 EUR) limitiert wird, zudem müssen Anteile mindestens ein Jahr nachdem die Crowdfunding-Kampagne beendet wurde, gehalten werden.Das Gesetz soll eine aus- gewogene Umgebung nicht nur für Start-ups fördern, sondern auch Schutz für Investoren bieten. Experten der Crowdfunding Szene diskutieren darüber, inwieweit sich der Staat einmischen solle, und kritisieren die Limitationen für die Investoren als hemmend im Vergleich zu globalen Plattformen, welche durch höhere Investitionsmöglichkeiten auch erfolgreicher seien. Eine übermäßige staatliche Kontrolle würde die Freiheit der Öffentlichkeit beschränken und die Notwendigkeit von weiteren staatlichen Eingriffen erhöhen.Ramirez & Youn-joo 2015 153Hamman 2015, S. 172. 154LegiScan 2014, Internet. 155Assembly 2014, Internet. 156Chen 2015, S. 11ff.; Davies 2014 a, S. 139.

67 Lee et al. (2016) betrachten fehlende bzw. unterschiedliche rechtliche Rahmenbedin- gungen als mögliche Hindernisse für den Einsatz von CF für länderübergreifende Projekte, die Autoren orten nur wenige CF-Plattformen, die diese Probleme bereits gelöst haben. Als Beispiel wird die finnische CF-Plattform genannt, welche eine Zulassung der finnischen Behörden für Investitionen innerhalb Europas mittels lending-based und equity-based CF erlangt hat.157

4.4.12 Handlungsempfehlungen und weitere Forschungsaktivitäten

Civic Crowdfunding wird als ein vielversprechendes Forschungsgebiet angesehen, welches zudem großes Potential bietet, Bürgerbeteiligung zu verstärken.158 Davies (2014a) schlägt vor, dass politisch Verantwortliche im Interesse der Allge- meinheit eine befürwortende Haltung gegenüber Civic CF einnehmen sollten. Je mehr Amtsinhaber sich in diesem Bereich engagieren und Civic CF als alternative Zahlungsmöglichkeit sehen, umso schneller werde sich Civic CF durchsetzen.159 Zudem identifiziert die Autorenschaft signifikante Lücken bei der Transparenz der Daten auf den Plattformen. Es obliegt den Teilnehmenden, diese Intranspa- renz hinsichtlich Datenqualität, Transparenz und Zugang bei den Plattformen zu deponieren.160 Die Community nimmt das breite Feld von Civic CF erst allmählich wahr und ist infolgedessen noch nicht mit dem sicheren Umgang vertraut. Erst in Zukunft, bei erhöhter Dichte von vorhandenen Projekten entstehe die reelle Chance, gezielt Projekte in der Umgebung auszuwählen und zu unterstützen. Dringender zukünf- tiger Forschungsbedarf besteht dahingehend, den Langzeitnutzen von Projekten und die Einstellungen der Bürger dazu zu erforschen.161 Die Rolle der Gesellschaft (community) innerhalb des Civic CF Prozesses erfordert weiteren Forschungsbe- darf, speziell dahingehend, welche Auswirkungen und welche Zusatznutzen erwirkt werden können.162 Derzeit erachtet Davies (2014a) Civic CF eher als eine Momentabbildung kleinerer NPOs und als Ad hoc Versuch von Gruppen, ähnliche Projekte nachzuahmen. Diese Aktivitäten erscheinen jedoch nicht dazu geeignet, ein längerfristiges Engagement zu fördern. Das typische Civic CF Projekt illustriere ferner weder die Ambitionen in diesem Feld noch die der Plattformbetreiber. Es weise auch nicht das Potential auf,

157Lee et al. 2016, S. 11. 158Stiver et al. 2015, S. 262.; Davies 2014 a, S. 129. 159Davies 2014 a, S. 140. 160Stiver et al. 2015, S. 263.; Davies 2014 a, S. 144f. 161Davies 2014 a, S. 70f. 162Stiver et al. 2015, S. 265.

68 die Verantwortlichen von Regierungsseite und die Community zusammenzubringen, sowie größere Projekte, welche öffentliche Güter hervorbringen (im Idealfall in Zusammenarbeit mit Privatunternehmen und NPOs), mittels CF zu finanzieren.163 Für die Förderung von Civic CF in der Praxis soll der Fokus auf eine Optimierung der Civic CF Plattformen gelegt werden. Diese sollen gezielt Funktionen anbie- ten, welche sowohl zur Förderung von Online- als auch Offline Kommunikation und Bewerbung der Projekte beitragen. Dadurch soll eine bessere vernetzte Zu- sammenarbeit erzielt und ein einfacheres Feedback der Stakeholder untereinander ermöglicht werden. Zur Optimierung von Effektivität und Wirkung einer Civic CF Kampagne empfehlen Stiver et al. (2015) eine individuell angepasste Unterstützung für Initiatoren durch die Plattformen, einerseits schon in der Planungsphase als auch andererseits in der Umsetzungsphase. Hier wird großer Forschungsbedarf diagnostiziert in Hinblick auf Methodentests, welche die Kommunikationsmöglich- keiten maximieren. Abschließend sollen bereits bestehende Forschungserkenntnisse miteinbezogen werden, um neue Erkenntnisse hinsichtlich Civic Crowdfunding zu erlangen.164 Hainzer et al. (2014) sehen eine Übertragbarkeit der Erkenntnisse aus der Fallstu- die auf CF-basierte Projekte mit Öffentlichkeitsbezug und schließen daraus auf ein hohes Identifikationspotential der Bürger bzw. gemeinwohlorientierter Anle- ger mit CF-finanzierten öffentlichen Projekten, zumal eine rechtliche Absicherung gewährleistet ist. Die grundsätzlichen Erfolgsdeterminanten einer CF-Kampagne (zielgruppengerechte, professionelle Planung) finden auch im öffentlichen Sektor Anwendung. Erhöhte Aufmerksamkeit solle auf transparente Information und of- fene Kommunikation zwischen allen Akteuren gelegt werden. Dies schließe ein Einbeziehen politischer Oppositionen mit ein und verhindere emotionalisierende Kritik. Eine weitere Handlungsempfehlung betrifft die Beachtung der vielschichtigen Prinzipal-Agenten-Beziehungen in Bezug auf die Vertrags- und Anreizgestaltung. Um einen geschlossenen Außenauftritt gewähren zu können, ist es hilfreich, einen längeren Planungszeitraum für intensive Vorplanung und Detailabsprachen einzukal- kulieren. CF-basierte Bürgerkreditmodelle schließen eine Teilfinanzierung allfälliger Fehlbeträge durch Banken nicht aus, alle Vorteile der Bürgerbeteiligung bleiben dadurch bestehen.165 Um die Forschung für „government-incentivized crowdfunding“ voranzutreiben, schlagen Lee et al. (2016) weitere Forschung in Bezug auf den Einfluss von CF auf soziale Ungleichheit vor, speziell dahingehend, welche Faktoren diese Ungleichheit erhöhen könnten. Auch Davies (2014 c) stellt Überlegungen an, ob Civic CF ökomi- sche Ungleichheit fördern bzw. verhindern kann. Er ortet weiteren Forschungsbedarf

163Davies 2014 a, S. 70f. 164Stiver et al. 2015, S. 265. 165Hainzer et al. 2014, S. 68f.

69 in diese Richtung gehend.166 Des Weiteren werden die zahlreichen Informations- asymmetrien innerhalb eines CF-Prozesses betont, diese würden sich bei diesen öffentlichen Projekten noch mehr verstärken und das Finanzierungsrisiko erhöhen. Dahingehend wird empfohlen, erhöhtes Augenmerk auf eine transparente Offenle- gung von sämtlichen relevanten Informationen betreffend eines zu finanzierenden Projektes zu legen.167

4.5 Zwischenfazit

Crowdfunding entwickelte sich im Laufe der vorangegangenen Jahre von einer wenig bekannten Finanzierungsalternative im kreativen Bereich zu einer innovativen Form der Projektfinanzierung mit vielfältigem Einsatzpotential. Der Markt für Crowdfun- ding diversifiziert sich im zunehmenden Maße. Exemplarisch sei hier Crowdfunding im wissenschaftlichen Kontext genannt, welches als aufstrebendes Forschungsfeld vermehrt an Beachtung gewinnt. Zunehmend findet eine Fokussierung auf die Erfor- schung der unterschiedlichen Anwendungsbereiche statt. Die durch bibliometrische Abfragen gewonnenen Zahlen in unterschiedlichen Datenbanken veranschaulichen diese, sich mit dem Jahr 2010 beginnende, kontinuierliche Entwicklung und bestäti- gen die breite Wahrnehmung von Crowdfunding als Forschungsfeld. Die Ergebnisse der Datenbankabfragen zu wissenschaftlicher Literatur zeigen die USA als Vorreiter in Bezug auf wissenschaftliche Literatur zu Crowdfunding auf. Dies erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Phänomen in den USA seinen Ursprung findet kaum verwunderlich. Auch in Großbritannien und Deutschland ist ein beachtlicher Anstieg der Forschungsaktivitäten feststellbar. Diese Entwicklung wird durch eine hohe Anzahl von Plattformen und ein wachsendes Finanzierungsvolumen bestätigt. Angemerkt werden kann, dass auch CF Literatur aus dem asiatischen Raum, besonders im vergangenen Jahr sowie vermehrt ab 2016 feststellbar ist, der rasante Anstieg des CF-Volumens in Asien kann als Indikator auf zukünftige intensivere Forschung hinweisen. Aus den Ergebnissen der Forschungsansätze der Top-Ten wissenschaftlicher Literatur kann die kontinuierliche Entwicklung des Crowdfunding von Forschungsneuland mit vorwiegend qualitativen Fallstudien und theoretischen Modellen hin zu einem durch quantitative Forschungsergebnisse breit abgedeckten Forschungsfeld abgeleitet werden. Die Forschungsschwerpunkte der Top-Ten CF Literatur liefern grundlegende Er- kenntnisse zu CF und werden vorwiegend als Basisliteratur für CF im öffentlichen Sektor herangezogen. Ein breites Verständnis über die Grundsätze und existierende

166Davies 2014 b, S. 2. 167Lee et al. 2016, S. 12.

70 Ausprägungen von Crowdfunding und Crowdsourcing sind Voraussetzung dafür, die möglichen Chancen und Potentiale, aber auch Herausforderungen und Grenzen zu identifizieren. Civic Crowdfunding beinhaltet als eine Unterkategorie von CF zahlreiche Ansätze des Konzeptes Crowdsourcing. Dadurch ist es als geeignet zu betrachten, um über ein Finanzierungs- und Vermarktungsinstrument hinaus als ein innovatives Beteili- gungsinstrument kollaborativer Zusammenarbeit zwischen Akteuren öffentlicher Hand, Zivilgesellschaft und Privatunternehmen eingesetzt zu werden. Ein Herunterbrechen des Phänomens auf den Ablauf der CF-Initiative würde die Integration der Ansätze partizipativer Stadtplanung sowie demokratischer Bür- gerbeteiligung und Kollaboration unberücksichtigt lassen. Die Entwicklung dieses Phänomens wird durch gesellschaftliche Umbrüche und Wirtschaftskrisen begüns- tigt, was das erhöhte Aufkommen von Projekten in infrastrukturell unterversorgten Städten erklären kann. Es ausschließlich als Substitut für unzureichende öffentliche Investitionen zu betrachten, um Versorgungsengpässe instabiler öffentlicher Haus- halte zu kompensieren, ist unter Berücksichtigung der Komplexität nicht angebracht. Die Involvierung der Komponenten von Freiwilligenarbeit und Sachspenden beein- flussen die Erfolgsaussichten von Civic Crowdfunding zur Verbesserung urbaner, jedoch auch ländlicher Wohnumgebungen entscheidend. Als charakteristisch für Civic CF wird die Produktion von Gütern, sogenannter „public goods“ identifiziert, welche zum Nutzen der Öffentlichkeit sind. Die Initiative kleiner nachbarschaftlicher Projekte geht zumeist von der bürgerlichen Bevölkerung aus. Deren Engagement wird aus den Motiven abgeleitet, welche überwiegend als al- truistisch einzustufen sind. Ein persönliches Interesse an der späteren Eigennutzung bei der Umsetzung lokaler Projekte wird jedoch in gleichem Maße festgestellt. Auf Akteursebene der Projektinitiatoren kommen auch Entscheidungsträger kom- munaler bzw. städtische Verwaltungen und Organisationen im NPO-Bereich in Frage. Die Rollen und Einstellungen der politischen Entscheidungsträger sind noch nicht klar definiert. Sie reichen von einer passiven Haltung des „Genehmigen“ bür- gerinitiierter Projekte bis zur aktiven Mitgestaltung, welche auch Verantwortung für die Organisation und Überwachung aller gesetzten Aktivitäten im Projektablauf übernimmt. Die Persönlichkeitsarbeit politischer Entscheidungsträger sowie eine klare Identifikation mit den Zielen des Projekten werden als relevante Erfolgsdeter- minante erkannt. Zudem ergibt sich ein Einsatzpotential als politisches Marketing- und Kommunikationsinstrument.

Die Plattformen als Intermediäre gelten als zentrale Schnittstelle zwischen den Akteuren im CF-Prozess, welche durch globale Vernetzung bestimmter Interessen- gruppen geografische Barrieren überwinden können. Auf CF im öffentlichen Sektor spezialisierte Plattformen unterscheiden sich von herkömmlichen Plattformen durch

71 die Implementierung spezifischer Funktionen und Besonderheiten. Die Informati- onskanäle der Plattformen sind zu einseitig gestaltet, wodurch Handlungsbedarf abgeleitet wird. Die Schaffung geeigneter Informationskanäle werden als essentiell betrachtet, Crowdfunding im öffentlichen Sektor als ein Instrument transparenter Finanzierung und Projektierung zu festigen. Der Einsatz von von Social Media Kanälen ist sowohl bei der Projektfinanzierung im öffentlichen Sektor als auch für CF generell gleichermaßen relevant. Es lassen sich jedoch bei lokalen Projekten Probleme erkennen, die entsprechende Zielgruppe erreichen und mobilisieren zu können. Daraus abgeleitet wird es als notwendig erachtet, die Schaffung von Offline Netzwerken innerhalb der lokalen Projekte zu forcieren. Dadurch kann in Kombination mit den Online Aktivitäten der Erfolg von CF-Initiativen entscheidend verbessert werden. Neben einer (Teil)Finanzierung von öffentlichen Projekten kann CF zur Reduzierung lokaler Budgetdefizite beitragen. Langfristig betrachtet ergeben sich zusätzliche Einsparungspotentiale. Eine niedrige Zinsgestaltung sowie Sanierungsmaßnahmen öffentlicher Gebäude als auch die Implementierung energieeffizienter Technologie zur Senkung von Energiekosten gelten hierfür als beispielgebend. Crowdfunding im öffentlichen Sektor bietet sich als Treiber alternativer Lernprozes- se an. Aus diesen können sowohl öffentliche Verwaltungen und Planungsexperten als auch die bürgerliche Bevölkerung Erfahrungen sammeln, welche sich, abge- leitet aus den Erfolgen und Misserfolgen experimenteller Einsätze, ergeben. Die daraus gezogenen Rückschlüsse können bei der Abwicklung zukünftiger Projektideen einfließen. Die Einbettung von Bürgerbeteiligung in Handlungsabläufe kommunaler Projektab- wicklung fördern durch offene Kollaboration zwischen öffentlichen Verwaltungen und Bürgern die Transparenz beim Einsatz öffentlicher Mittel und tragen zur Ver- meidung von Amtsmissbrauch bei. CF im öffentlichen Sektor ist somit als geeignet einzustufen, das Vertrauen in politisches Verwaltungshandeln zu erhöhen. Zudem können sich Kommunen durch die resultierende „Entlastung“ aus bürgerlichem Engagement auf Finanzierungsprojekte fokussieren, welche nicht durch Civic CF umgesetzt werden können. Als Hindernisse bei der Implementierung von CF im öffentlichen Sektor wird auf feh- lende, unzureichende bzw. national unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen hingewiesen. Die frühe Schaffung von klaren rechtlichen Rahmenbedingungen, wie in den USA durch Einführung der JOBS Act konsequent umgesetzt, trägt zur Besei- tigung von Vorbehalten und Misstrauen gegenüber diesem Finanzierungsinstrument bei. Eine Herausforderung stellt auch der gezielt kalkulierte Einsatz von CF im öffent- lichen Sektor dar, die Komplexität unterschiedlicher, ineinander übergreifender

72 Verflechtungen erhöhen die Gefahr, soziale Ungleichheit zu verstärken. Ein weiteres Konfliktpotential birgt die Frage, wer die Kosten für die zusätzliche Instandhaltung von bürgerfinanzierten Projekten trägt. Innerhalb des Forschungsfeldes Crowdfunding im öffentlichen Sektor wird wiederum ein breites Spektrum möglicher Einsatzbereiche festgestellt, welche den weitläufigen Herausforderungen von ökologischer Ressourcenverknappung und zunehmendem Umweltbewusstsein der Zivilbevölkerung zugrunde liegen. Vorwiegend umfasst die- ses Projekte zur Herstellung und Instandhaltung öffentlicher Infrastruktur. Als „typische“ Civic CF Projekte gelten Parks sowie Grünanlagen, Bildungs- und Trai- ningsinitiativen sowie die Umsetzung öffentlicher Veranstaltungen. Diese Initiativen von zumeist kleinerem Finanzierungsvolumen sind hauptsächlich im Rahmen der Ausprägungsformen donation-based und reward-based CF anwendbar. Für Projekte von größerem Umfang erweist sich CF mit der Ausprägung lending- based als zweckmäßig. Hier sind Konzepte zur (Teil)finanzierung ländlicher Gebiete mit infrastruktureller Unterversorgung in Form regionaler Förderprogramme in Zusammenarbeit mit lokalen Finanzinstituten und Privatunternehmen denkbar. Die zumeist kostenintensive Finanzierung von Projekten öffentlicher Infrastruktur sowie Projekte in Zusammenhang mit erneuerbaren Energien erfordern die Imple- mentierung komplexerer Finanzierungsmodelle. Diese Komplexität erfordert auf der Akteursebene die Zwischenschaltung zusätzlicher Finanzintermediäre zur Absi- cherung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Durch eine Vielzahl von Akteuren innerhalb des CF-Prozesses treten Interessenskonflikte auf, welche durch starke Informationsasymmetrien erklärt werden können. Die Berücksichtigung dieser sind bei der Anreizgestaltung im Zuge von Vertragsverhandlungen einzubeziehen. Unter diesen Voraussetzung erscheint auch die Realisierung multinationaler Projekte denkbar und unterstreicht die große Potentiale dieses innovativen Finanzierungsin- strumentes. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass der Einsatz von CF im öffentlichen Sektor nicht als Finanzierungsalternative zu betrachten ist, sondern als Ergänzung zu weiteren Finanzierungsinstrumenten wie traditioneller Bankenfinanzierung so- wie Match-funding in Betracht gezogen werden kann, um Finanzierungslücken zu überbrücken. Durch Herunterbrechen größerer Projekte auf kleinere Teilprojekte er- scheint auch die Umsetzung von Projektvorhaben mit großen Finanzierungsvolumen realistischer, zudem sind Projektabläufe dadurch transparenter.

73 Kapitel 5 5 Ausgewählte Plattformen im Vergleich

5.1 Ziel und Herangehensweise

Die im vorangegangenen Kapitel 4 gewonnenen Erkenntnisse aus wissenschaftlicher Literatur zu CF im öffentlichen Sektor werden in Folge als Basis herangezogen und durch einen Fokus auf derzeitige Praxisanwendungen erweitert. Zu diesem Zweck wurde das Augenmerk auf ausgewählte Plattformen, deren Wir- kungsweise und spezielle Eigenschaften gelegt. In die Auswahl einbezogen wurde die globale Plattform Kickstarter sowie speziell für den öffentlichen Sektor konzipierte Plattformen der USA (IOBY), Großbritannien (Spacehive), Deutschland („LeihDei- nerStadtGeld“) sowie Niederlande („Voor je Buurt“). Anhand eines ausgewählten Projekts werden spezifische Merkmale hervorgehoben. Zusätzlich erfolgte zwischen den Plattformen Kickstarter, IOBY, Spacehive und Voor je Buurt ein Vergleich in Bezug auf die Anzahl der Projekte, deren Erfolgsrate, Höhe sowie Anzahl der Unterstützungen. Die auf den Plattformen abgefragten Daten wurden einer statis- tischen Auswertung unterzogen, wobei ausgewählte Lage- und Streumaße ermittelt wurden. Zusätzlich wurden die robusten Lagemaße (Quartile) in einem Boxplot dargestellt. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse dienen als Basis dafür, um aufzuzeigen, welche spezifischen Unterschiede es zwischen den einzelnen Plattformen gibt und wie sich diese in der Praxis unterscheiden. Durch die Anzahl an Projekten auf der Plattform Kickstarter im Verhältnis gesetzt zur Anzahl der Projekte, welche möglichen Öffentlichkeitsbezug aufweisen, wird eine Richtzahl über das aktuelle Potential von Crowdfunding gegeben. Zudem soll der Fokus auf die Art, Anzahl und Projekthöhe Aufschluss darüber geben, inwieweit die Community bereit ist, Projekte zu unterstützen. Im Resultat entsteht ein Gesamtbild über die Einsatzmöglichkeiten und die Intensität von Crowdfunding im öffentlichen Sektor (Projektanzahl, Größe der Projekte, Art der Projekte, Unterstützer).

74 5.1.1 Boxplot

Um einen Überblick über die Größe der einzelnen Projekte (Projekthöhe) zu erhalten, wurden die von den Plattformen gewonnenen Daten einer statistischen Analyse unterworfen. Zuerst wurden die Daten durch „Tagnamen“ (z.B. „Building“) zugeordnet. Anschließend wurden die Daten geordnet und in Quartile eingeteilt. Für die Darstellung der Daten wurde der sogenannte „Boxplot“ gewählt. Dieser stellt die Lage und die Verteilung von Daten sehr anschaulich und robust dar.

5.1.2 Kennwerte und Aussagekraft von Boxplots

Ein Boxplot wird durch ein Rechteck dargestellt - die Box. Boxplots veranschauli- chen in kompakter Form die Mitte und Streuung von Verteilungen in aggregierter Form. Eine Box erstreckt sich vom „unteren Quartil“ bis zum „oberen Quartil“. Unter Quartil wird die Verteilung in vier Viertel verstanden, d. h. ein Quartil ist die Grenze zwischen zwei Vierteln einer Verteilung. Ausgegangen wird vom sogenannten „Medianstrich“, der in der geordneten Da- tenreihe den Wert des mittleren Datenpunktes darstellt. Der Median wird als durchgehender Strich in die Box eingezeichnet, dadurch wird diese in zwei Hälften geteilt. Der Medianstrich wird von der Box mit der Höhe des Interquartilsabstan- des (IQR) umgeben. (IQR definiert den Abstand zwischen dem ersten und dem dritten Quartil). Es ist zu beachten, dass der IQR genau 50% der Daten innerhalb der Verteilung enthält. In der Box liegen hiermit die Hälfte der Werte über bzw. unter dem Medianwert. Das bedeutet, jeweils ein Viertel der gesamten Datenpunkte befindet sich innerhalb der beiden Teilkästen. Mit der Größe der Box wird nicht die Anzahl sondern die Streuung der Werte beschrieben. Eine kleinere Box zeigt folglich eine höhere Dichte an Werten auf. Zusätzlich zeigt sich durch die Lage des Medians, ob eine „Schiefe“ der Daten vorliegt. Mit Schiefe ist eine statistische Kennzahl gemeint, welche die Stärke einer Asymmetrie beschreibt. Befindet sich der Median im linken bzw. unteren Teil der Box, wird von einer „rechtsschiefen“ Verteilung gesprochen, im umgekehrten Fall von einer „linksschiefen“ Verteilung. Außen an die Box anschließend ist die „Antenne“ gezeichnet, die im Allgemeinen auf der unteren Seite bis zum Minimum (den kleinsten ermittelten Wert) und auf der oberen Seite bis zum Maximum (den größten Wert) reicht. Damit werden die restlichen beiden Quartile dargestellt. Die maximale Länge der Antenne wird im All- gemeinen auf das 1,5 fache des IQRs beschränkt. Wenn eine Beschränkung eintritt, dann werden die Werte außerhalb als „Ausreißer“ bezeichnet. Als Ausreißer werden in der Statistik jene Messwerte verstanden, die nicht in die erwartete Messreihe passen bzw. den Erwartungen entsprechen. Dabei sind die Messwerte gemeint, die weiter als das 1,5fache vom Quartilsabstand außerhalb eines Intervalls liegen.

75 Ausreißer sind bei größeren Datenmengen zwar normal, müssen aber trotzdem immer speziell betrachtet werden, um z.B. Erhebungsfehler auszuschließen.1 In diesem Kontext stellen Bortz & Schuster (2010) fest: „Boxplots sind gut geeignet, Ausreißer in den Daten zu identifizieren, da die Kennwerte, welche zur Anfertigung eines Boxplots verwendet werden, nicht oder nur wenig von einer begrenzten Zahl von Ausreißern beeinträchtigt wird.“2 Durch diese Aussage wird die Robustheit der Quartilsgrenzen indirekt bestätigt.

5.2 Crowdfunding Volumen

Gemäß veröffentlichter Daten aus dem Massolution Crowdfunding Industry Report 2015, wobei Daten von 1250 Crowdfunding Plattformen weltweit gesammelt und ausgewertet wurden, lag das durch Crowdfunding gesammelte Kapital im Jahr 2014 bei 16,2 Milliarden USD. Das ist ein Anstieg gegenüber 2013 (6,1 Mrd. USD) von 167%. Nordamerika ist immer noch marktführend, jedoch überholte Asien 2014 den Crowdfunding Markt in Europa (3,26 Mrd. USD) geringfügig. Beachtenswert ist die Entwicklung des Wachstums von CF in Asien, im Vergleich zu 2014 konnte ein Anstieg von 320% auf 3,4 Mrd. USD festgestellt werden.3

5.3 Plattform Kickstarter

Die globale Crowdfunding-Plattform Kickstarter ist eine auf reward-based Crowd- funding fokussierte Finanzierungsplattform für kreative Projekte, von Filmen über Spiele und Musik bis hin zu Kunst-, Design- und Technologieprojekten. Kickstarter wurde im April 2009 in New York mit der Zielsetzung gegründet, die Umsetzung kreativer Projekte zu ermöglichen. Seither haben 11 Millionen Unterstützer mit Beiträgen von mehr als USD 2,3 Milliarden dazu beigetragen, 103.411 Projekte zu verwirklichen. Das entspricht laut Angaben der Plattform einer Erfolgsquote von 35,98%, wobei die durchschnittliche Finanzierungssumme unter USD 10.000 liegt. Laut einer Mitteilung auf der Startseite der Plattform wurde die Rechtsform 2015 geändert, Kickstarter agiert nunmehr als sogenannte „Benefit Corporation“.4 Infol- gedessen sollen Entscheidungen im Hinblick auf das Gemeinwohl getroffen werden. Die neuen Zielsetzungen, Wertsetzungen und daraus resultierende Verpflichtungen wurden in der Satzung festgelegt.

1Bortz & Schuster 2010, S. 44f. 2Bortz & Schuster 2010, S. 45. 3Hobey 2015, Internet. 4Kickstarter 2016 b

76 Auf Kickstarter können Projekte aus 15 verschiedenen Kategorien ausgewählt werden, die Plattform arbeitet nach dem „Alles-Oder-Nichts-Prinzip“, d.h. der Projektinitiator erhält das gesammelte Kapital nur dann, wenn das Finanzierungs- ziel innerhalb der geplanten Zeit erreicht wird, ansonsten werden alle zugesagten Unterstützungen wieder refundiert.5 In nachfolgender Tabelle 5.1 sind die Anzahl auf der Plattform Kickstarter gelisteten Projekte, aufgeteilt auf die ausgewählten Länder eingetragen:

Tab. 5.1: Projektübersicht Kickstarter

Land Projekte Anteil [%] Erfolgreich Erfolg [%] Public Open Library Mus- Science Benefit Source eums USA 228444 78,66% 84457 37% 626 249 144 167 244 Großbritannien 23351 8,04% 7808 33% 30 39 15 9 26 Deutschland 2153 0,74% 481 22% 5 3 1 2 Niederlande 1844 0,63% 331 18% 4 2 1 2 Andere 34626 11,92% 10104 29% 62 50 12 19 36 Summe 290418 100,00% 103181 36% 727a 343a 173a 195a 310a Quelle: Eigene Darstellung, Daten abgefragt am 01.04.2016 a Im Tag ’Public’ enthaltene Projektanzahl

Aus der Spalte Anteil ist ersichtlich, dass trotz internationaler Ausrichtung der Plattform der überwiegende Teil der Projekte (~79%) der USA zuzuordnen sind. Dies lässt sich einerseits sowohl mit der Größe dieser Volkswirtschaft als auch mit der Tatsache erklären, dass der Ursprung von Crowdfunding in den USA zu finden ist.6 Im Vergleich zu den übrigen Ländern ist die Erfolgsquote der von US-Bürgern initiierten Projekte mit 37% am Höchsten, Großbritannien folgt mit 33% an zweiter Stelle und liegt relativ gesehen immer noch um 50% höher als Deutschland mit lediglich 22% Erfolgsquote. Ein Erklärungsansatz dafür könnte wiederum sein, dass infolge längerer Erfahrungen mit CF als Finanzierungsinstrument bereits eine höhere Professionalität in Bezug auf Präsentation und Marketing vorhanden ist.

5Kickstarter 2016 a 6Emmerson 2015, Internet.

77 Anteil der mit Öffentlichkeitsbezug markierten Projekte

Die Plattform Kickstarter weist keine eigene Kategorie speziell für auf das öffentliche Gemeinwohl konzipierte Projekte auf. Jedoch wird es ermöglicht, Projekte einem „Tag“ zuzuweisen. Unter einiger dieser Tags (Public Benefit, Open Source, Library, Museums, Science) sind auch durchaus Projekte auffindbar, welche dem öffentlichen Bereich zuordenbar sind.

' 1.748 Projekte $ „public“ bezogen

0.6%

99.4%

Rest 288.670 Projekte

& % Abb. 5.1: Projektanzahl Kickstarter gesamt vs. Tags „Public“ Quelle: Eigene Darstellung

Bezieht man die Anzahl möglicher Projekte mit Öffentlichkeitsbezug auf die Ge- samtanzahl der gelisteten Projekte, ergibt sich ein Wert von 0,6% (1748 Projekte), wie in Abbildung 5.1 dargestellt. Obwohl dieser Anteil im ersten Eindruck marginal erscheint, zeigt er dennoch das mögliche Potential von CF im öffentlichen Sektor als junge, vielversprechende Finanzierungsalternative auf, zumal Kickstarter keine eigene Kategorie für Projekte mit Öffentlichkeitsbezug anbietet. Einige Stadtver- waltungen haben dieses Potential bereits erkannt, so verfügt das New York City Council bereits über ein eigenes Portal auf der Plattform Kickstarter.7

Tab. 5.2: Lage und Streumaße Projekte Kickstarter mit Tag „Public Benefit“

n=570 Finanzierungs- Finanzierungs- Unterstützer finanziert durchschn. ziel ergebnis [Anzahl] [%] Beitrag [USD] [USD] [USD] Summe 10.917.877,00 16.070.292,80 190756,0 94298% 47.920,74 Mittelwert 19.154,17 28.193,50 334,7 165 84,07 Streuung 34.638,37 60.040,09 599,0 225 64,41 Maximum 500.000,00 815.601,00 9477,0 3040 616,01 75% Quartilsgrenze 20.000,00 26.344,50 310,5 139 98,63 Median 10.000,00 12.019,50 167,0 114 66,15 25% Quartilsgrenze 4.000,00 5.150,00 88,3 105 45,09 Minimum 15,00 220,00 14,0 12 2,51 Quelle: Eigene Darstellung, Daten abgefragt am 01.04.2016 Kickstarter 2016 a

7Arnoldus 2015, Internet.

78 60000 800 700

700 600 50000

600 500

40000 500

400

30000 400 USD USD

300

300 20000

200 200

10000 100 100

0 0 0 Finanzie- Finanzie- Unterstützer durchschnittlicher rungsziel rungsergebnis Beitrag

Abb. 5.2: Kickstarter Unterstützungen „Public Benefit“ Quelle: Eigene Darstellung Daten abgefragt am 15.04.2016

In der Tabelle 5.2 sind alle erfolgreich finanzierten Projekte (n=570) gelistet, welche bei Kickstarter mit dem Tag „Public Benefit“ ausgewiesen sind. Im Ergebnis wurde ein Gesamtbetrag von ~11 Mio. USD für 570 Projekte mit insgesamt ca. 191.000 Beiträgen von Unterstützern finanziert. Im Median betrug die Projektgröße 10.000 USD, welche durch 167 Beiträge zu je 66 USD finanziert wurden. Bemerkenswert ist auch, dass die Projekte im Median um ca. 20% überfinanziert wurden. Der Mittelwert mit 334,7 Projektunterstützern ist fast doppelt so hoch ist wie der Median. Diese Schiefe weist auf Projekte mit extrem großen Unterstützerzahlen hin, dies ist auch am Maximum mit 9.477 Unterstützern festzustellen. In Abbildung 5.2 ist bei den Unterstützern die vorstehend beschriebene Schiefe ebenfalls deutlich erkennbar.

79 Das Finanzierungsergebnis im Median von 12.000 USD deutet auf eine hohe Anzahl von Projekten mit niedrigerem Finanzierungsvolumen. Jedoch zeigen das Maximum mit über 800.000 USD sowie die hohe Summe aller Unterstützer mit 191.000 das Potential der Plattform Kickstarter, die Finanzierungen von Projekten mit Öffentlichkeitsbezug mit größerem Umfang als realistisch erscheinen lassen. Durch die frühe Implementierung der Plattform bereits 2009 konnte sich Kickstarter am CF Markt global positionieren und praxisrelevante Erfahrungswerte bei der Umsetzung in unterschiedlichsten Projektbereichen sammeln. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sowie der ausdrückliche Neupositionierung als „Benefit Corporation“ lässt sich Plattform Kickstarter als gut geeignet für die Finanzierung öffentlicher Güter einstufen.

5.4 Plattformen mit öffentlichen Sektor Bezug

Plattformen, welche speziell für CF mit Öffentlichkeitsbezug konzipiert wurden, sind vor allem in den USA sowie im angelsächsischen Bereich häufiger angesiedelt. Beispiele hierfür sind u.a. Spacehive in Großbritannien sowie IOBY, Neighbor.ly und Citizinvestor in den USA. Diese bieten einerseits die Möglichkeit ausgewählte Projekte im nicht-kommerziellen Bereich finanziell zu unterstützen, gelten jedoch zusätzlich als Schnittstelle zwischen Behörden, Privatunternehmen sowie Bürgern. Zudem bieten sie Möglichkeiten der sozialen Vernetzung zwischen den beteiligten Akteuren und sollen infolgedessen eine kooperative Entscheidungsfindung fördern.8

5.4.1 Großbritannien

Großbritannien nimmt am Crowdfunding Markt innerhalb Europas eine führende Rolle ein. Das CF-Volumen 2015 betrug gemäß des UK Alternative Finance Industry Reports 3,2 Milliarden GBP. Das ist gegenüber 2014 ein Anstieg von 1,74 Milliarden GBP (84%), wobei Crowddonating das am schnellsten wachsende Modell darstellte. Hier betrug das Gesamtvolumen 2015 12 Millionen GBP, was einen Anstieg gegenüber 2015 von über 500% darstellt. Auch bei der Anzahl von 65 Plattformen ist Großbritannien führend in Europa (Platz 2: Spanien 34, Platz 3: Frankreich 33, Platz 4: Deutschland 31). Die aktivsten Regionen bezogen auf spenden-basiertes Crowdfunding dabei waren London, der Nordwesten, West Midlands, der Südwesten und Yorkshire. Demnach wurden 2015 16.978 Projekte mit einem durchschnittlichen Förderbetrag von rund GBP 7.700 von durchschnittlich 41 Unterstützern finanziert.9

8Davies 2014 a, S. 71ff. 9Zhang et al. 2016, Internet.

80 Plattform Spacehive

Die britische Plattform Spacehive mit Sitz in London wurde 2012 gegründet und arbeitet wie die US-Plattform IOBY auf Basis von Crowdfunding der Ausprägungs- form donation-based. Ziel der Plattform ist laut eigenen Angaben die Umsetzung ziviler Projekte wie Spielplätze, Parks, Gemeinschaftszentren, WIFI Netzwerke und Festivals. Die Plattform soll die Zusammenarbeit von Bürgern, Unternehmen und öffentlichen Verwaltung ermöglichen, und damit zur Verwirklichung von Projekten mit Öffentlichkeitsbezug beizutragen. Gemäß diesen Grundsätzen wird auf der Startseite der Plattform betont: „Spacehive is a crowdfunding platform with a purpose: to make it as easy as possible for as many people as possible to bring their civic environment to life.“10

Ebenso wie die Stadtverwaltung von New York City verfügt auch die London Council über ein eigenes Portal bei Spacehive.11 Ähnlich wie in den Niederlanden wird in Großbritannien Match-funding bereits in Verbindung mit Civic CF eingesetzt. Der Bürgermeister von London sicherte für Civic CF Projekte 20 Millionen GBP zu. Konkret erfolgte eine Match-fund Zusage von bis zu 20.000 GBP bzw. bis zu 75% der Projektkosten pro Initiative, welche mindestens 25% mittels CF finanzieren können. Als Kriterium für die Bewilligung von Match-funding Zusagen werden die Anzahl der Unterstützer eher bewertet als die Höhe der finanzierten Summe.12 Im Unterschied zu IOBY arbeitet die Plattform Spacehive nach dem „Alles-oder- nichts-Prinzip“, eine Überfinanzierung der Projekte ist nicht möglich. Die Gebühr beträgt für erfolgreich finanzierte Projekte 5% der Finanzierungssumme. Zusätz- lich fallen Transaktionsgebühren für das Bezahlsystem Paypal in der Höhe von 3,4% sowie einer zusätzlichen Gebühr von 20 pence pro Zusage an. Als weiteres Bezahlsystem wird GoCardless angeboten, hier beträgt die Transaktionsgebühr 1,5% der Unterstützung. Wird das Finanzierungsziel nicht erreicht, fallen keine Gebühren an. Das Einstellen von Projekten wird sowohl den Bürgern als auch Vertretern öffentlicher Verwaltungen, Privatunternehmen sowie gemeinnützigen Organisationen ermöglicht, es werden auch Sachspenden und Dienstleistungen so- wie Freiwilligenarbeit zugelassen. Eine Besonderheit der Plattform ist, dass in das Finanzierungsziel bereits zugesagte Unterstützungen, welche nicht über die CF-Kampagne lukriert wurden, beinhaltet. Durch diese Vorgangsweise wird das Gesamtergebnis sehr stark verzerrt dargestellt, wie am Projekt Glyn Coch Wales Tabelle 5.6 anschaulich belegt werden kann.13

10Spacehive 2016 b 11Arnoldus 2015, Internet. 12van Tilburg 2016, Internet. 13Spacehive 2016 a

81 In der Tabelle 5.3 sind alle erfolgreichen Projekte der Plattform Spacehive mit einer statistischen Auswertung aufgelistet. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass einige Projekte in zwei Kategorien gelistet sind. Die Projekte sind nach Themengebieten geordnet.

Tab. 5.3: Statistische Streu- und Lagemaße Projekte Spacehive

Sport & Play Parks Arts & Buildings Food&- Streets & [GBP] &Gardens Culture [GBP] Farming Infrastructure [GBP] [GBP] [GBP] [GBP] Anzahl [n] 25 39 69 48 8 91 Summe 581.234,00 1.033.149,00 1.071.216,00 2.152.039,00 148.434,00 2.380.639,00 Mittelwert 23.249,36 26.491,00 15.524,87 44.834,15 18.554,25 26.160,87 Streuung 49.017,34 41.506,02 37.409,95 116.819,68 22.953,66 48.863,96 Maximum 236.343,00 180.063,00 242.857,00 792.021,00 73.755,00 368.334,00 75% Quartilsgrenze 13.598,00 36.476,50 10.027,00 34.889,50 20.354,75 29.890,50 Median 3.836,00 9.597,00 869,00 19.762,50 10.152,00 10.318,00 25% Quartilsgrenze 1.058,00 688,50 657,00 4.177,00 3.501,50 1.065,50 Minimum 390,00 109,00 90,00 205,00 360,00 61,00 Quelle: Eigene Darstellung, Daten abgefragt am 01.04.2016, Spacehive 2016 a

100000

80000

60000

40000 Finanzierungsergebnis in £ in Finanzierungsergebnis

20000

0 Sport&Play Parks&Gardens Arts&Culture Buildings Food&Farming Streets&Infrastructure (n=25) (n=39) (n=69) (n=48) (n=8) (n=91) Tags

Abb. 5.3: Projektgrößen Spacehive Quelle: Eigene Darstellung

Auffällig ist, dass die den Themengebieten „Sport & Play“ (Median: 3.836 GBP) bzw. „Arts & Culture“ (Median: 869 GBP) zugeordneten Projekte in Bezug auf die Projektsumme von sehr kleinem Umfang sind. Hier sind Bedenken zulässig,

82 inwieweit das niedrige Finanzierungsergebnis den Aufwand für eine Projektini- tiierung rechtfertigt. Allerdings bleiben bei dieser Betrachtung die zusätzliche Wertschöpfung von Freiwilligenarbeit und Sachspenden unberücksichtigt. Sowohl ei- ne realistische Bewertung als auch die transparente Darstellung dieser Zusatznutzen auf der Projektseite konnte nicht festgestellt werden.

Tab. 5.4: Lage und Streumaße Projekte und Unterstützer Spacehive

n=176 Finanzierungs- Finanzierungs- Unterstützer finanziert durchschnittl. ziel ergebnis [Anzahl] [%] Beitrag [GBP] [GBP] [GBP] Summe 4.858.908,00 4.887.352,00 9710,0 17659 275.080,32 Mittelwert 27.607,43 27.769,05 55,2 100 1.562,96 Streuung 73.672,43 73.861,20 101,9 8 3.470,86 Maximum 791.432,00 792.021,00 928,0 142 21.000,00 75% Quartilsgrenze 27.179,50 27.321,50 57,3 101 1.047,11 Median 6.011,50 6.327,00 21,5 100 176,71 25% Quartilsgrenze 829,00 843,75 8,0 100 53,63 Minimum 60,00 61,00 2,0 56 7,50 Quelle: Eigene Darstellung, Daten abgefragt am 15.04.2016, Spacehive (2016 a)

80000 250 3000

70000 2500 200

60000

2000 50000 150

40000 1500 GBP GBP

100 30000 1000

20000

50 500 10000

0 0 0 Finanzie- Finanzie- Unterstützer durchschnittlicher rungsziel rungsergebnis Beitrag

Abb. 5.4: Spacehive Unterstützungen Quelle: Eigene Darstellung

Der Mittelwert der finanzierten Projekte liegt mit ~27.800 GBP nahe bei der 75% Quartilsgrenze von 27.300 GBP, was auf eine Schiefe („Ausreißer mit großen

83 Projektsummen“) hinweist. Auffallend sind auch die geringe Anzahl (Median: 22) von Unterstützern. Auch beim Vergleich des Finanzierungsergebnisses (Median: 6.000 GBP - Mittelwert: 27.600 GBP) zeigt sich eine Auffälligkeit. In Verbindung mit dem Maximalwert kann diese erklärt werden. Dieser liegt bei 792.021 GBP und spiegelt das Finanzierungsergebnis des nachfolgenden beschriebenen Projektes „Glyn Coch Wales - Community Center“ wider. Hier zeigt sich eine Besonderheit der Plattform, welche Offline-Unterstützungen in das Finanzierungsergebnis mitein- bezieht. Dadurch wird die Aussagekraft der Finanzierungsergebnisse stark verzerrt dargestellt. Es besteht die Gefahr, dass Crowdfunding als Finanzierungsinstru- ment im öffentlichen Sektor von Außenstehenden bei oberflächlicher Betrachtung überbewertet wird.

Projektbeispiel Glyn Coch Wales - Community Center

Das Projekt „Glyn Coch Community Center“ umfasste den Wiederaufbau eines 1977 errichteten Gemeindezentrums, dessen Finanzierung aufgrund der prekären Haushaltslagen der Kommunen in dieser Region nur schwer umsetzbar war. Glyn Coch Community Center erscheint als signifikantes Projektbeispiel, einerseits vom Umfang und andererseits als Beispiel dafür, wie es mittels einer CF-Initiative gelungen ist, Lücken aufgrund entstandener fehlender öffentlicher Investitionen zu schließen. Glyn Coch ist eines der größten Projekte überhaupt, wenngleich der Betrag, welcher mittels CF finanziert wurde vergleichsweise gering war. Der größte Anteil aller Unterstützungen wurde durch lokale und nationale Fördermittel aufgebracht, jedoch erst der Aufruf auf Spacehive ermöglichte eine Realisierung. Die Initiatoren befürchteten ein Scheitern des Projektes, nachdem die Gesamtfinanzie- rung durch Zurückziehen einiger bereits zugesagter Finanzierungsversprechen nicht mehr gesichert war. Die Kampagne demonstriert, wie die Interaktion verschiedener sozialer Netzwerke zum positiven Erfolg einer Kampagne beitragen kann, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass die unmittelbaren Ressourcen der Community auf Beeinflussung der Kampagne sehr beschränkt waren. Eine Erwähnung des Projektes auf Twitter durch einen Britischen Comedian erhöhte das nationale Medieninteresse für die Kampagne erheblich. Spacehive wurde in unterschiedlichen nationalen TV- und Radiosendern medial erwähnt. Dadurch erlangte das Projekt zwei Spenden von größeren Unternehmen (Deloitte, Tesco). Ohne dieses große mediale Interesse wäre es den Initiatoren nicht gelungen, das Interesse dieser Firmen für die Kampagne zu erwecken.14

14Davies 2014 a, S. 73ff.

84 Tab. 5.5: Projekteckdaten Glyn Coch Community Center Wales

Eckdaten Beschreibung Projektname Glyn Coch Community Center in Wales15 Gemeindezentrum in der Gemeinde Glyn Coch, Wales, Projekt 3000 Einwohner Glyn Coch Regeneration Ltd. (GCRL), NPO (ursprüngliche Projektinitiatoren Initiatoren, welche bereits Neubau 1977 organisierten 791.433 GBP Finanzierungsziel gesamt 5% (29.433 GBP) der Finanzierungssumme fehlten und wurden mittels CF finanziert Projektzeitraum Dezember 2011 - März 2012 Plattform Spacehive Mediale Unterstützung durch Tweet des britischen Social Media Comedian Stephen Fry (4 Millionen Follower, hashtag #sandwichsacrifice) Quelle: Eigene Darstellung

Betrachtet man die Unterstützer genauer, lässt sich eine Besonderheit der Plattform Spacehive, welche bei einer Vielzahl der gelisteten Projekte Anwendung findet an- schaulich darstellen. Die Finanzierungssumme betrug ~791.000 GBP, davon wurden 5% (GBP 29.433) tatsächlich mittels Crowdfunding finanziert. Diese hohe Finan- zierungssumme lässt sich auch in Tabelle 5.4 (Maximalwert Finanzierungsergebnis) wiederfinden und erhöht den Mittelwert dementsprechend.

Tab. 5.6: Unterstützer Projekt Glyn Coch Wales

„Backers“ Unterstützung Betrag Anzahl [GBP] Unter- stützer Aggregates Levy Fund Förderzusage 403000 1 Community Facilities and Activities Förderzusage 299000 1 Programme grant Rhondda Cynon Taf Council grant Förderzusage 50000 1 RCT Homes grant Förderzusage 10000 1 Moondance Foundation Firmenunterstützung 10000 1 Tesco Charity Trust Firmenunterstützung 12000 1 Wales West, Asda, Winflo, New Firmenunterstützung 4100 4 Adventure Glynoch Offline Fundraising Offline Fundraising 2360 14 Crowdfunding Privatunterstützer Crowdfunding 1560 94 Quelle: Eigene Darstellung

85 5.4.2 USA

Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sind gemessen an der absoluten Wirtschaftsleistung die größte Volkswirtschaft der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug 2014 ca. 17,35 Billionen USD. Die Staatsverschuldung ist seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 deutlich angestiegen und lag 2015 bei ~18,84 Billionen USD, dies entspricht einer Verdoppelung innerhalb der letzten 10 Jahre. Die Staatsverschuldung betrug 2014 ca. 104,8% des Bruttoinlandsprodukts, dies entspricht einem der höchsten Schuldenstände weltweit. Die Einwohneranzahl beträgt rund 321,2 Millionen Menschen. Als die größten Städte gelten New York, Los Angeles und Chicago.16 Die USA wird vielfach als „Geburtsstätte“ des Crowdfunding bezeichnet.17 Gemäß dem Massolution Crowdfunding Report lag das CF-Volumen 2015 bei USD 9,46 Milliarden, das entspricht gegenüber 2014 einem Anstieg von 145%.18 Im Zuge der Finanzkrise kämpften viele Kommunen mit hoher Überschuldung, infolgedessen erfolgten 2012 37 Einreichungen zu Insolvenzanträgen zahlungsunfähi- ger Kommunen („Chapter 9“ – z. B. Detroit)19. Resultierend daraus erfolgten rigide Einsparungsmaßnahmen, es kam Teilweise zur Schließung „öffentlichen Raums“, z. B. Gemeinschaftszentren, Schwimmbäder Museen, zur Entlassung von Personal in öffentlichen Verwaltungen sowie zu Pensionskürzungen.20

Plattform „IOBY“

Die Plattform IOBY („Into our Backyards“) wurde als eine der ersten Plattformen für Civic Crowdfunding 2009 in New York gegründet und ist als eine Non-Profit- Organisation gemäß § 501(c)(3)137 zugelassen. Es werden ausschließlich Projekte mit gemeinnützigem, nicht-kommerziellen Hintergrund akzeptiert, die Plattform ist donation-based ausgerichtet, die als „donors“ (Spenden) bezeichneten Unter- stützungsleistungen können als steuermindernd geltend gemacht werden. Es sind überwiegend Projekte mit nachbarschaftlichem Bezug gelistet. Nach Angaben auf der Plattform ist es das Ziel, die Konzepte von CF und der Organisation von Res- sourcen („resource organizing“) zu verbinden, die Plattformbetreiber bezeichnen dieses Bestreben als „crowd-resourcing“, dadurch soll die Infrastruktur in „Nachbar- schaften“ verbessert werden. IOBY bietet zudem die Möglichkeit von Sachspenden und Freiwilligenarbeit, wie auf der Startseite der Plattform ausdrücklich betont wird.21 16Statista 2016 a 17Emmerson 2015, Internet. 18Hobey 2015, Internet. 19ntv de 2013, Internet. 20Davies 2014 a, S. 119f. 21IOBY 2016 b

86 „Resource organizing is a core tenet of community organizing that considers activists and advocates the best supporters to ensure the success and long-term stewardship of a cause or project. As a combination of these two, ioby’s platform gives everyone the ability to organize all kinds of capital—cash, social networks, in-kind donations, volunteer time, advocacy—from within the neighborhood to make the neighborhood a better place to live.“22

IOBY bietet Unterstützung bei der Entwicklung von Projektideen und bei der Planung der CF-Initiative, es werden Schulungen und Webinare angeboten, welche die „Best Practices“ von CF vermitteln sollen, die Erfolgsrate liegt nach eigenen Angaben bei 87%. Für Projekte mit einem Finanzierungsziel unter 1.000 USD werden keine Gebühren verrechnet, für alle übrigen Projekte wird eine Fixgebühr von 35 USD eingehoben. Im Unterschied zu „Alles-oder-Nichts“ Politik, gilt bei IOBY „Flexible funding“. Dies beinhaltet eine Änderung des Finanzierungsziels als auch des Finanzierungszeitraums.23 In der Tabelle 5.7 sind alle erfolgreichen Projekte der Plattform IOBY mit einer statistischen Auswertung aufgelistet. Die Projekte sind, wie bei Spacehive, nach Themengebieten geordnet.

Tab. 5.7: Statistische Streu- und Lagemaße Projekte IOBY

n=382 Open Space Education Public Climate Recycling Gesamt & Greening [USD] Health & [USD] [USD] [USD] [USD] Nutrition [USD] Anzahl [n] 126 97 73 35 51 382 Summe 212.222,00 163.777,00 125.290,00 113.552,00 55.448,00 670.289,00 Mittelwert 1.684,30 1.688,42 1.716,30 3.244,34 1.087,22 1.754,68 Streuung 2.233,52 1.915,41 1.718,70 3.721,40 911,95 2.187,99 Maximum 14.007,00 11.880,00 7.992,00 13.035,00 4.484,00 14.007,00 75% Quartilsgrenze 2.049,50 2.262,00 2.586,00 3.315,50 1.672,00 2.245,25 Median 974,00 1.087,00 1.000,00 1.975,00 843,00 997,00 25% Quartilsgrenze 355,50 424,00 470,00 606,50 428,00 425,00 Minimum 22,00 52,00 13,00 229,00 52,00 13,00 Quelle: Eigene Darstellung, Daten abgefragt am 30.04.2016, IOBY 2016 a

22IOBY 2016 b 23IOBY, 2016 b

87 16000

14000

12000

10000

8000

Finanzierungsergebnis in $ in Finanzierungsergebnis 6000

4000

2000

0 Open Space & Greening Education Public Health & Nutrition Climate Change Compost Gesamt (n=127) (n=97) (n=73) Clean Water Recycling (n=382) Tags Clean Air (n=51) (n=35)

Abb. 5.5: Projektgrößen IOBY Quelle: Eigene Darstellung

Der Mittelwert der finanzierten Projekte liegt mit ~1.800 USD im Vergleich zu Kickstarter und Spacehive vergleichsweise niedrig. Auch die Gesamtfinanzierungss- umme ist mit 670.000 USD im Vergleich zu den vorherigen Plattformen eher gering. Bei der Betrachtung der in Abbildung 5.5 dargestellten Streu- und Lagemaße ist erkennbar, dass alle Projektsummen in Bezug auf die Projektarten gleichmäßig verteilt sind. Auch sind keine hohen Maximalwerte, wie bei Spacehive vorhanden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Projekte auf dieser Platt- form durch ein im Vergleich zu Spacehive verhältnismäßig kleines Zielbudget und Beitragsniveau unterscheiden. Die Darstellung der Projekte erfolgt transparenter, des sind nur die tatsächlich durch Crowdfunding lukrierten Finanzierungsbeiträge in der Finanzierungssumme enthalten. Die niedrigen Minimum-Beiträge spiegeln Ausrichtung des „flexible funding“ wider, wodurch auch Projekte als „erfolgreich“ abgeschlossen werden, welche das Finanzierungsziel nicht erreichen.

5.4.3 Niederlande

Niederlande ist mit 16,8 Millionen Einwohner das achtgrößte Land der Europäi- schen Union und mit 492 Einwohnern pro Quadratkilometer das am zweitdichtesten besiedelte EU-Land. Das Staatsdefizit betrug 2015 13,9 Milliarden EUR, die Staats- verschuldung in Prozent des Bruttoinlandsproduktes lag bei 65,1%.24 24Statista 2016 b

88 Alternative Finanzierungsformen haben in den Niederlanden eine lange Tradition, die Crowdfunding Plattform SellaBand wurde bereits 2006 in den Niederlanden gegründet, 2010 starteten einige Peer-to-Peer Plattformen und 2011 folgte die Gründung der ersten Plattform für equity-based Crowdfunding.25 Mit April 2016 traten rechtliche Rahmenbedingungen zur Regulierung des Nieder- ländischen CF-Marktes in Kraft, welche das weitere Wachstum der CF Industrie fördern sollen. Es existieren keine speziellen Beschränkungen für CF mit den Aus- prägungsformen donation-based und reward-based. Seit 2014 ließen sich über 60 Crowdfunding-Plattformen im Bereich Crowdinvesting oder Crowdlending bei der „Authority for the Financial Markets“ (AFM) registrieren, um eine Zulassung von der Aufsichtsbehörde zu erhalten. Für Crowdlending basiertes CF gilt eine maximale Kreditsumme von 40.000 EUR, während bei Crowdinvesting maximal 80.000 EUR pro Kreditgeber investiert werden dürfen. Investoren müssen einen Test absolvieren, in welchem ihr Wissen bezüglich Startup-Finanzierung überprüft wird, daraus resultierend ergibt sich eine Empfehlung für die maximale Investitionssumme.26 Das CF Volumen betrug demgemäß 2015 128 Millionen EUR, davon entfallen 4,4 Millionen EUR auf donation-based CF. Mittels reward-based Crowdfunding konnten 20,3 Millionen EUR gesammelt werden. 98,9 Millionen EUR wurden für lending-based CF-Projekte lukriert und der Anteil für equity-based Crowdfunding liegt bei EUR 4,5 Millionen.27

Plattform „Voor Je Buurt“

Die Plattform „Voor je Buurt“ (deutsch: „für Ihre Nachbarschaft“) wurde 2012 mit Sitz in Amsterdam als Pilotprojekt mit Unterstützung der Niederländischen Regierung gegründet. Die Plattform betrachtet sich auch als „Lernplattform“, demnach soll mittels „Learning by doing“ Wissen aufgebaut und optimiert werden, um CF Initiativen zu optimieren. Die Plattform sieht sich als Schnittstelle zwischen kommunalen Entscheidungsträgern, der Zivilgesellschaft und Privatunternehmen. Schwerpunkt wird auch auf Civic Crowdfunding gelegt, es gibt auf der Plattform eine Auswahl für 11 Themengebiete (Community, Tiere, Nachhaltigkeit, Bildung, Events, Kunst & Kultur, Natur, Open Space, Social Entrepreneurship, Sport und Pflege), unter welchen eine CF-Initiative geschaltet werden kann. Die Plattform arbeitet nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“, eine Überfinanzierung wird ermöglicht. Bei einem erzielten Finanzierungsergebnis zwischen 80 bis 99% können individuelle Vereinbarungen zwischen den Initiatoren und den Unterstützern getroffen werden. Bei Finanzierungen unter 80% werden die Unterstützungsbeiträge refundiert. Voor

25de Maupeou et al. 2016, S. 48. 26de Maupeou et al. 2016, S. 48.; Hakvoort 2016, Internet. 27de Maupeou et al. 2016, S. 48.

89 je Buurt ist als gemeinnützige Organisation (sog. „ANBI - algemeen nut beogende instelling“)28 registriert. Somit können Spendenbeiträge steuermindernd geltend gemacht werden, bei erfolgreicher Finanzierung wird eine Gebühr von 5% der Finanzierungssumme einbehalten.29 Auch die Stadtverwaltung von Amsterdam arbeitet eng mit der Plattform Voor je Buurt zusammen und verfügt dort über ein eigenes Portal.30 In der Tabelle 5.8 sind alle abgeschlossenen Projekte und deren Unterstützer der Plattform „Voor je Buurt“, welche unter dem Tag „Open Space“ gelistet wurden, mit einer statistischen Auswertung angeführt.

Tab. 5.8: Statistische Streu- und Lagemaße Projekte „Voor je Buurt“ mit Tag: „Open Space“

n=38 Finanzierungs Finanzierungs Unterstützer finanziert durchschnittl. ziel ergebnis [EUR] [%] Beitrag [EUR] [EUR] [EUR] Summe 130.315,00 157.769,25 2442 4388 4.745,21 Mittelwert 3.429,34 4.151,82 64 115 124,87 Streuung 3.432,12 5.172,36 76 33 243,85 Maximum 19.000,00 26.170,00 451 262 1.480,00 75% Quartilsgrenze 5.000,00 5.032,49 73 107 113,04 Median 2.272,50 2.476,50 42 103 51,44 25% Quartilsgrenze 1.137,50 1.307,50 27 100 37,85 Minimum 395,00 395,00 1 100 20,00 Quelle: Eigene Darstellung

28Belastingdienst.nl 2016, Internet. 29VoorJeBuurt 2016 a 30Arnoldus 2015, Internet.

90 60000 800 700

700 600 50000

600 500

40000 500

400

30000 400 EUR EUR

300

300 20000

200 200

10000 100 100

0 0 0 Finanzie- Finanzie- Unterstützer durchschnittlicher rungsziel rungsergebnis Beitrag

Abb. 5.6: „Voor je Buurt“ Unterstützungen „Public Benefit“ Quelle: Eigene Darstellung

Bei der Betrachtung der in Abbildung 5.6 dargestellten Lage- und Streumaße ist erkennbar, dass die Projekte kaum überfinanziert sind. Im Median betrug die Projektgröße ~ 2.500 EUR, welche durch 42 Beiträge zu je 51 EUR finanziert wurden. Die Rechtsschiefe bei dem Finanzierungsergebnis weist auf eine Vielzahl von Projekten mit kleinem Finanzierungsvolumen hin. Der Mittelwert der finanzierten Projekte liegt mit ~ 4.150 EUR ebenfalls im niedrigen Bereich. Auch der Maximalwert von ~26.000 EUR lässt erkennen, dass sich das Projektvolumen im Vergleich zu Spacehive und Kickstarter ebenfalls niedrig gestaltet.

Projekt „Schwimmbad Hoevert/Didam“

Ein anschauliches Projektbeispiel für den Zusatznutzen von Civic Crowdfunding stellt das Projekt „Schwimmbad Hoevert“ in Didam, einer niederländischen Klein- stadt mit 17.000 Einwohnern dar. Bedingt durch Haushaltskürzungen und Zwei- fel der Stadtverwaltung an der Rentabilität stand der Fortbestand des lokalen Schwimmbades auf dem Spiel, eine Schließung wurde in Erwägung gezogen. Da die Mitarbeiter der Ansicht waren, das Schwimmbad auch mit niedrigerem Budget wei- terbetreiben zu können, erstellten sie in Eigeninitiative einen Business-Plan, welcher jedoch abgelehnt wurde. In weiterer Folge wurde, auch um den öffentlichen Druck zu erhöhen und mediales Interesse zu erwecken, eine Crowdfunding-Kampagne auf der niederländischen Plattform Voor je Buurt gestartet. Dadurch konnte aufgezeigt

91 werden, wie viele Menschen hinter dem Fortbestand des Schwimmbades stehen. Im Resultat konnten binnen zwei Monaten mehr als 14.000 EUR von 446 Unterstützern gesammelt werden. Zusätzlich erfolgte von 6 Unterstützern die Zusage, Freiwilligen- arbeit leisten zu wollen. Jeder Meilenstein dieser Aktion wurde durch lokale Medien mitverfolgt und darüber berichtet, woraufhin die kommunalen Entscheidungsträger der Stadt einem Fortbestand des Schwimmbades zustimmten. In nachfolgender Tabelle 5.9 sind die Eckdaten des Projektes im Überblick dargestellt.

Tab. 5.9: Projektdaten Schwimmbad Didam

Eckdaten Beschreibung Projektname Schwimmbad Hoevert/Didam Projekt Erhaltung des öffentlichen Schwimmbades31 Projektinitiatoren Mitarbeiter des Schwimmbades Finanzierungsziel gesamt EUR 10.000 / EUR 14.300 erreicht, Überfinanzierung 43% Projektzeitraum Februar - März 2016 Plattform Voor je Buurt Unterstützer 446 Unterstützer/6 Freiwillige Quelle: Eigene Darstellung

Dieses Fallbeispiel stellt anschaulich dar, dass Civic Crowdfunding neben der Ein- satzmöglichkeit als Finanzierungsinstrument das Potential bietet, Entscheidungen öffentlicher Regierungsverantwortlicher zu revidieren bzw. zu beeinflussen. Van Tilburg32 führt in diesem Zusammenhang aus, dass lokale Regierungsvertreter aufgefordert sind, eine proaktive Rolle einzunehmen und schlägt Strategien für kommunale Entscheidungsträger in Bezug auf die Implementierung von Crowdfun- ding vor. Sie stellt fest, dass sich Civic Crowdfunding vielversprechend entwickle und ortet einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Civic CF und der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates in den Niederlanden. Bisher war die Instandhal- tung öffentlicher Einrichtungen und Gebäude und die Übernahme der Erhaltung öffentlichen Raums Aufgabe der Kommunen, zum Unterschied zu den Vereinigten Staaten und Großbritannien mit liberaler Wohlfahrtsstaatlichkeit, wo die öffentliche Hand sich nur auf eine Grundversorgung von Versorgungsleistungen beschränkt und die Zivilbevölkerung zahlreiche Aufgaben der Erhaltung übernehmen.33 Für eine Trendwende der Entwicklung in den Niederlanden, welche das Wachstum von Civic Crowdfunding fördert, zeichnen sich einerseits Haushaltskürzungen in öffentlichen Kommunen und andererseits ein Wertewandel in der Bevölkerung ab. Diese möchte zunehmend Partizipation und Mitverantwortung für die Umwelt

32van Tilburg 2016, Internet. 33van Tilburg 2016, Internet.

92 übernehmen. Zudem entstehen Eigeninitiativen von Seite der zivilen Bevölkerung mit dem Ziel, ihren näheren Lebens- und Wohnbedingungen zu verbessern. Bisher war die Kommune Entscheidungsträger in Bezug auf Art, Zeitpunkt und Höhe und von kommunalen Investitionen. Auch hier findet ein Wertewandel statt, da die Zivilbevölkerung nicht mehr darauf warten will, bis die erforderlichen behördliche Zustimmung und Bereitstellung von finanziellen Ressourcen von kommunaler Seite zur Verfügung gestellt werden. Diese Entwicklung birgt Konfliktpotential und for- dert neue Richtlinien hinsichtlich der Frage, wer die Verantwortung trägt, wenn ein öffentliches Gut oder eine Leistung von der Bevölkerung initiiert wird. Zusätzliches Konfliktpotential kann entstehen, falls eine Initiative gestartet wird, welche in Richtung entgegen politischer Entscheidungen geht. Zumeist werden Initiativen gestartet, welche eine ernst gemeinte Alternative vorsehen und einen Konsens zum Nutzen aller Beteiligten anstreben. Es ist ein Umdenken der kommunalen Entscheidungsträger erforderlich, welche sich nicht hinter eingefahrenen Regeln und Abläufen verstecken, sondern versuchen sollten, die Chancen von Civic CF zu fördern. Innerhalb der Stadtverwaltung von Amsterdam finden aktive Ansätze von der Seite der Verwaltung Anwendung, welche bürgerliches Engagement fördern. Civic CF Initiativen werden durch Expertise, die Vermittlung entsprechender Kon- takte und formale Verfahren unterstützt. In Kooperation mit der Civic-Plattform werden von geschulten Fachkräften Workshops und Personal Coachings angeboten, um im Resultat alle Abläufe innerhalb einer Initiative zu optimieren.34 Als weiteren Ansatz zur Übernahme einer aktiven Rolle kommunaler Entschei- dungsträger sieht Van Tilburg den Einsatz von Match-funding als alternative Möglichkeit, Subventionen für öffentliche Projekte zu verteilen. Auf diese Weise kann CF von Kommunen strategisch als Förderinstrument eingesetzt werden und so Bürgerbeteiligung aktivieren.35

5.4.4 Deutschland

Deutschland gilt als die größte Volkswirtschaft Europas und zudem als die die viertgrößte weltweit. Die Wirtschaft erholte sich nach einem Einbruch im Zuge der Finanzkrise 2009 rasch wieder, 2015 legte das reale Bruttoinlandsprodukt um 1,6% zu. Die Staatsverschuldung in Deutschland betrug im 3. Quartal 2015 71,9% bezogen auf das BIP und lag damit deutlich unter dem Durchschnitt der Europäischen Union mit 91,6% Staatsverschuldung.36 Die erste Plattform für CF mit der Ausprägungsform reward-based (Startnext.com) wurde 2010 in Deutschland gegründet. Bereits vorher starteten vereinzelt Plattfor-

34van Tilburg 2016, Internet. 35van Tilburg 2016, Internet. 36Statista 2016 a

93 men für lending-based CF (Auxmoney.de) sowie donation-based (Betterplace.org). Plattformen mit equity-based geprägter Finanzierung von Startups folgten 2011, als Beispiel kann „Seedmatch.de“ genannt werden. Bis Ende 2015 wurden 60 verschiedene Plattformen in Deutschland registriert, wobei auch einige davon bereits ihre Aktivität aus Rentabilitätsgründen wieder ein- stellen mussten. Es sind keine Zahlen für das Volumen von CF mit der Ausprägung donation-based verfügbar.37 Gemäß „Für-Gründer-de“ betrug das Gesamtvolumen für reward-based CF EUR 9,8 Millionen, während mittels CF mit der Ausprägungs- form lending-based 66,8 Millionen EUR finanziert wurden. Die Gesamtsumme für equity-based CF betrug EUR 48,9 Millionen. Obwohl das Finanzierungsvolumen im Vergleich zu 2014 zunahm, die Anzahl der Finanzierungsprojekte 2015 deutlich zurück, was als Zeichen für eine Regulierung des deutschen CF-Marktes gedeutet wird.38

Plattform „LeihDeinerStadtGeld“

Die Plattform „LeihDeinerStadtGeld“39 wurde 2011 von der CrowdDesk GmbH mit Sitz in Frankfurt gegründet. 2013 erfolgte die Erweiterung um die Geschäftssparte „LeihDeinerUmweltGeld, hier wird der Fokus auf umweltnahe, nachhaltige Projekte gelegt. Es wurden mittlerweile zahlreiche Projekte unter Bürgerbeteiligung erfolg- reich finanziert. Beispiele hierfür sind u. a. Photovoltaik- und Windkraftanlagen, Blockheizkraftwerke sowie Biomasseheizwerke.

37de Maupeou et al. 2016, S. 36. 38Für-Gründer.de 2015, Internet. 39LeihDeinerStadtGeld 2016, Internet.

94 In diesem Abschnitt wird jedoch in Folge auf die Finanzierung für CF mit Öf- fentlichkeitsbezug eingegangen. Ziel der Plattformbetreiber war die Gründung einer spezifischen Plattform zur Finanzierung von kommunalen Projekten mit- tels CF. Dadurch soll den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, regionale Projekte in Kommunen mitfinanzieren zu können. Durch die Einschaltung einer Treuhänderbank wird die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen40 dieser Finanzierungsform gewährleistet.41

40Schulte 2015, KASG 2015 - Regelungen 41Mit Inkrafttreten des neuen Kleinanlegerschutzgesetzes (KASG) per 1. Juli 2015 wurde Crowd- funding in die gesetzliche Regulierung in Deutschland aufgenommen und eine Erleichterung bei der Projektfinanzierung mittels Crowdfunding geschaffen. Allerdings beziehen sich die- se ausschließlich auf partiarische Nachrangdarlehen, Genussrechte oder stille Beteiligungen bleiben unberücksichtigt. Dieses KASG sieht eine Investitionsgrenze für Privatpersonen in Höhe von 10.000 EUR vor. Anleger müssen ab einem Anlagebetrag von 1.000 EUR zusätzlich eine Selbstauskunft gegenüber der CF-Plattform über ihr frei verfügbares Nettoeinkommen abgeben; zudem die Erklärung, dass sie nicht mehr als zwei Netto-Monatsgehälter investieren. Ausgenommen von dieser Anlagegrenze sind professionelle Investoren, sofern es sich hierbei um Kapitalgesell- schaften handelt. Die Verpflichtung zur Auflage eines ausführlichen Verkaufsprospekts für Crowdfunding gilt erst ab einer Obergrenze von 2,5 Mio. EUR pro Kampagne, relevant ist diese Regelung für Crowdlending z. B. für erneuerbare Energien. Eine Erleichterung gilt für soziale und gemeinnützige Projekte dahingehend, dass, sofern keine Vergütung für ein Projekt gewährt wird und der Zinssatz 1,5% nicht übersteigt, die Prospektpflicht bis zu 10 Mio. EUR eingesammeltes Kapital entfällt. Eine Verpflichtung besteht jedoch für die elektronische Aushändigung eines vierseitigen Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB), welche die Kernpunkte eines Projekts enthält sowie über mögliche Risiken aufklärt. Zudem müssen Plattformen einen Warnhinweis mit der gesetzlich vorgeschriebenen Formulierung veröffentlichen: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ Ein weiterer Hinweis muss bei variablen Zinssatz darauf aufmerksam machen, dass „der in Aussicht gestellte Ertrag nicht gewährleistet ist und niedriger ausfallen kann.“ Des Weiteren ist Investoren ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu gewähren, es gilt eine Ver- jährungsfrist, z. B. bei Vertragsverstößen, von mindestens 3 Jahren. Das KASG ist bis Ende 2016 befristet und soll dann den Praxisanforderungen gemäß gegebenenfalls angepasst werden.Schulte 2015

95 In nachfolgender Abbildung 5.7 ist der Ablauf einer CF-Initiative grafisch darge- stellt:

Kommune

② ⑦ ① Nach Ablauf Beratung, Projektauftrag oder Erreichen Vermarktung, Projektsumme: Abwicklung, Kreditvergabe Administration ③ an Kommune Informations- Veranstaltungen Kooperation, Werbung Plattformen Rechtl. Rahmen Bank

⑧ ⑤ ④ ⑥ Abtretung Vertrag Information, Darlehen Überweisung Bereitschaft an Bürger Bürgerkredit für Bürgerkredit

Bürger und Bürgerinnen

Abb. 5.7: Bürgerkreditmodell am Beispiel Oestrich-Winkel Quelle: Hainzer et al. 2013, S. 255.

Die Kommune tritt als Auftraggeber gegenüber der Plattform auf. Diese übernimmt die Administration des Projektes und beauftragt eine zwischengeschaltete Treuhän- derbank mit der Abwicklung der Zahlungsvorgänge. In Informationsveranstaltungen werden interessierte Bürger zudem über das geplante Projekt informiert. Die durch die Bürger eingezahlten Beiträge erfolgen auf ein Treuhandkonto der Intermedi- ärsbank, dadurch ist die Forderung im Falle einer Insolvenz der Bank rechtlich abgesichert. Mit Beendigung der Laufzeit der CF-Initiative bzw. Erreichen der Projektsumme erfolgt eine Kreditvergabe der Bank an die Kommune in Höhe der vergebenen Bürgerkredite. Im gleichen Schritt erfolgt eine Abtretung der Forderung von der Bank an die Kommune, womit die Kommune als Schuldnerin gegenüber den Bürgern gilt.42

Projekt „BOS Oestrich-Winkel“ Die Umsetzung des Projektes Digitalfunk BOS (siehe dazu Kapitel 4.4.3) wurde 2012 als Pilotprojekt gestartet und erfolgreich finanziert. Die Bürger der Stadt Oestrich-Winkel (Bundesland Hessen) waren aufgerufen, die Funkausrüstung der städtischen Feuerwehr mittels Bürgerkredit zu finanzieren, wobei auch die Option bestand, auf die Auszahlung der Zinserträge zu verzichten.43 In nachfolgender Tabelle 5.10 werden die Eckdaten des Projekts dargestellt.

42Hainzer et al. 2013, S. 255. 43Hainzer et al. 2013, S. 255.

96 Tab. 5.10: Projekteckdaten Digitalfunk BOS

Eckdaten Beschreibung Projektname Digitalfunk BOS Projekt Endgeräte (Digitalfunk) Freiwillige Feuerwehr Oestrich-Winkel Projektinitiatoren Stadtverwaltung Oestrich-Winkel Plattformbetreiber LeihDeinerStadtGeld GmbH Finanzintermediär Fidor AG (Treuhänderbank) Finanzierungsziel gesamt 160.000 EUR in 2 Tranchen geplant, 1 Tranche finanziert 2012 Projektzeitraum 1 Monat Mindesteinlage 100 EUR, darüber hinaus jeder durch 50 teilbare Betrag Laufzeit 6 Jahre Darlehensform Annuitätendarlehen nachschüssig Zinssatz 0,76% p.a. Zinsspende möglich Besteuerung KESt-pflichtig Kosten für Bürger Keine Kosten für Kommune 0,25% der Projektsumme, 0,25% jährl. für Verwaltung, Druckkosten Werbemittel Quelle: Hainzer et al. 2013, S. 254.

Finanzierung der 2. Tranche

Wie aus Tabelle 5.10 ersichtlich ist, wurde mit der CF-Kampagne lediglich die erste Tranche des Feuerwehrfunks finanziert, die Umsetzung der Finanzierung der zweite Tranche war für Ende 2013 geplant. Diese geplante Finanzierung mittels CF-basiertem Bürgerkredit wurde jedoch nicht realisiert, stattdessen wurde die zweite Tranche auf Grund der signifikant günstigeren Konditionen über die Kredit- anstalt für Wiederaufbau (KfW)44 finanziert. Begründet wurde diese Entscheidung dahingehend, dass es Bedenken seitens der Verantwortlichen gegeben hätte. Auf- grund des derzeit niedrigen Zinsniveaus wäre eine noch niedrigere Verzinsung bei der Finanzierung mittels CF auch unter Abwägung aller positiven Nutzen (geringer administrativer Aufwand, Bürgerbeteiligung) als politisch nicht vertretbar gewe- sen. Trotz regem Interesse anderer Kommunen an dieser Finanzierungsmöglichkeit wurde bisher kein weiteres vergleichbares Projekt umgesetzt.45 Eine Einschätzung über die Zukunft einer Finanzierung im kommunalen Bereich mittels Crowdfunding erfolgte durch den Geschäftsführer der Plattform „LeihDei- nerStadtGeld“ dementsprechend folgendermaßen:

44KfW 2016, Internet. 45El Mallouki 2016, Schriftliche Stellungnahme

97 „Grundsätzlich ist das Interesse bei den politisch Verantwortlichen nach bürgernahen Finanzierungsformen groß. Auch deshalb werden wir in naher Zukunft mit einer bundesweit agierenden Bank eine Vertriebspartnerschaft umsetzen. Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus aktuell, finanzieren sich Kommunen jedoch zu sehr günstigen Konditionen über konventionelle Kredite, aufgrund ihrer hervorragenden Bonität. Dies wird sich im Zuge von Basel III jedoch absehbar ändern und die Bürgerfinan- zierung attraktiver werden.“46

Anhand des Projektbeispiels Oestrich-Winkel kann das Potential für Projektfi- nanzierungen größeren Umfangvolumens unter Verwendung der Ausprägungsform lending-based aufgezeigt werden. Jedoch ergeben sich auch Limitationen, verursacht durch veränderte Umgebungsbedingungen. Seit 2012 hat sich die Finanzlage der Stadt Oestrich-Winkel stark verbessert, die Folgen der Finanzkrise wurden offen- sichtlich bereits überwunden, was durch die Konjunkturdaten von Deutschland belegt werden kann. Die niedrige Verzinsung im Bankensektor ermöglicht es den Kommunen, wieder auf traditionelle Finanzierungen zurückzugreifen. Es wurde zudem befürchtet, dass für Bürger als Finanzierer ein noch niedrigerer Zinssatz politisch nicht vertretbar wäre. Auch wenn die positiven zusätzlichen Vorteile von CF-finanzierten Bürgerkreditmodellen Anerkennung finden, hat sich diese als Finanzierungsmöglichkeit offensichtlich noch nicht ausreichend etabliert, um im selben Umfang wie in den USA, Großbritannien und den Niederlanden Einsatz zu finden zu können.

46El Mallouki 2016, Schriftliche Stellungnahme

98 5.5 Zwischenfazit

Plattformen gelten als Schnittstelle zwischen den einzelnen Akteuren. Ihre Positio- nierung innerhalb des Crowdfunding Prozesses als Anbieter geeigneter Instrumente und Dienstleistungen können den Erfolg von Crowdfunding-basierten Finanzie- rungen im öffentlichen Sektor maßgebend beeinflussen. Tabelle 5.11 gibt einen Überblick der wichtigsten Ergebnisse der verglichenen Plattformen.

Tab. 5.11: Vergleich ausgewählter Plattformen (Kickstarter, Spacehive, IOBY, Voor je Buurt)

Plattform Kickstarterc Spacehive IOBY Voor je Buurtd Anzahl Projekte 570 176 382 38 Insgesamt finanziert in 9.900.000 5.822.000,00 e 609.300 e 158.000 [EUR] Durchschnittliches 25.600 36.170,00 e 1.600,00 e 4.150 Finanzierungs- ergebnis [EUR] Median Finanzierungs- 9.100 7865 e 880 e 2.480 ergebnis [EUR] Durchschnittliche 335 55 59 64 Anzahl Unterstützer Durchschnittliche 76 2030 e 66,50 b 125 Unterstützung in [EUR] Erfolgsrate [%] 37 44a 87b 80d Beteiligte Städte nicht bekannt 68a 151b nicht bekannt (New York (London eigenes (6 kommunale eigenes Portal) Portal) Portale auf Plattform) Gebühren [%] 5 5 3 5 Transaktions- gebühren 1,5% - 3,4% 1,5% - 3,4% + 31 EUR keine (GoGardless/Paypal) /Projekt Gründungsjahr 2009 2012 2009 2013 Strategie Alles-oder- nichts- Alles-oder- Flexible funding Alles-oder- nichts Prinzip nichts-Prinzip Prinzip Besonderheiten Freiwilligen- Freiwilligen- Freiwilligen- arbeit, arbeit, arbeit, Sachspenden Sachspenden Sachspenden Finanzierungs- ziel beinhaltet Offline-Zusagen Quelle: Eigene Darstellung a Quelle: Spacehive 2016 b Quelle: IOBY 2016 c Quelle: Kickstarter 2016 / Tag: ’Public Benefit’ d Quelle: Voor je Buurt 2016 Tag: ’Open Space’ e Zum Vergleich wurde ein Kurs von 1,1 USD = 1 EUR zugrunde gelegt. Bei der Umrechnung GBP auf EUR wurde ein Kurs von 1,3 EUR = 1 GBP herangezogen. Währungsrechner 2016

99 Die Ergebnisse bezüglich Projektanzahl auf der global ausrichteten Plattform Kickstarter zeigen eine eindeutige Zugehörigkeit von über zwei Drittel aller Projekte zu den USA. Dieses Resultat untermauert unter Einbeziehung der wissenschaftlichen Literatur in Kapitel 4 die Pionierrolle der USA bei der Implementierung von Crowdfunding. Es wird jedoch auf die Größe dieser Volkswirtschaft im Vergleich zu den übrigen Ländern hingewiesen, die dieses Ergebnis absolut betrachtet. Auch die im Vergleich zu den übrigen Ländern signifikant höhere Erfolgsquote weist auf die führende Stellung der USA am Crowdfunding Markt hin und kann als Indikator für den professionelleren Einsatz aufgrund längerer vorangegangener Erfahrungsprozesse mit CF als Finanzierungsinstrument bewertet werden. Die Plattform Kickstarter bietet zudem Potential zur Umsetzung von Projekten im öffentlichen Sektor. Die Anzahl identifizierter möglicher Projekte mit Öffentlich- keitsbezug unterstreichen das mögliche Potential von CF als innovatives Finanzie- rungsinstrument. Die signifikant höhere Anzahl an Unterstützern im Vergleich zu den Civic CF-Plattformen lassen Kickstarter u. a. auch zur Umsetzung multina- tionaler Projekte als geeignet erscheinen. Einschränkend wird jedoch festgestellt, dass spezifische Instrumente wie Freiwilligenarbeit und Sachspenden noch nicht auf der Plattform integriert sind. Auch konnten keine vergleichbaren Bemühungen in Bezug auf intensive Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Projekt- abwicklung ähnlich derer von Civic CF-Plattformen identifiziert werden, hier ist im Falle einer Spezialisierung auf Projektfinanzierung im öffentlichen Sektor Hand- lungsbedarf gegeben. Die Neupositionierung der Plattform als „Benefit-Corporation“ könnten ebenso wie das Vorhandensein eines eigenen Portals der Stadt New York als Indikator für eine Fokussierung auf den Nischenmarkt „öffentlicher Sektor“ hinweisen. Die britische Plattform Spacehive lässt eine eindeutige Spezialisierung auf den öffentlichen Sektor erkennen, die beratende und unterstützende Dienstleistungen fokussiert. Dies deutet auf eine hohe Professionalität der Plattform hin. Die auf den ersten Blick im Vergleich zu den übrigen Plattformen höheren Finanzierungser- gebnisse relativieren sich durch die „Eigenheit“ in der Darstellung der CF-Projekte, welche Offline-Unterstützungen in das Finanzierungsergebnis miteinbeziehen. Da- durch können die Limitationen von CF als alternatives Finanzierungsinstrument per se bestätigt werden, wie am Projektbeispiel „Glyn Coch Wales“ anschaulich dargestellt. Diese Intransparenz birgt für Außenstehende die Gefahr von missverständlichen Interpretationen hinsichtlich der „Leistungsfähigkeit“ von CF. Eine weitere Intrans- parenz ergibt sich bei Betrachtung der Projektgrößen geringeren Umfangs, welche die Bewertung der zusätzlichen Wertschöpfung von Freiwilligenarbeit und Sachs- penden unberücksichtigt lassen. Als irreführend in Bezug auf das Projektvolumen

100 wird ebenso die Tatsache erkannt, dass gleiche Projekte unter unterschiedlichen Kategorien markiert werden. Es wird anerkannt, dass durch diese Handlungsweisen die Aufmerksamkeit potentieller Unterstützer gefördert wird. Die US Plattform IOBY zeigt im Ergebnis in allen Kategorien konstant kleine Finanzierungsergebnisse, welche bei Betrachtung der Minimalbeiträge die Vor- gangsweise des „flexible funding“ widerspiegeln. Die im Vergleich zu Spacehive niedrigeren Finanzierungsergebnisse bei gleichzeitig höherer Unterstützeranzahl weisen bei IOBY auf eine transparentere Darstellung der Projekterfolge dar. Es bestätigt jedoch wiederum das limitierende Einsatzpotential von CF der Ausprä- gungsform donation-based zur ausschließlichen Finanzierung öffentlicher Projekte mit größerem Finanzierungsvolumen. Die Auswertung der statistischen Lage- und Streumaße der niederländischen Platt- form „Voor je Buurt“ bestätigten im Wesentlichen die bereits bei IOBY identifi- zierten kleinen Finanzierungsvolumina. Unterschiede ergeben sich in Bezug auf die Positionierung als „Lernplattform“, welche CF als Instrument sozialen Ler- nens bestätigen, wie bereits in Kapitel 4 festgestellt. Die Chance, Civic-CF als Instrument zur Beeinflussung kommunaler Entscheidungen einzusetzen, kann am Beispiel „Schwimmbad Hoevert“ anschaulich dargestellt werden und bestätigt einen Wandel der zivilen Gesellschaft weg vom „passiven Befehlsempfänger“ hin zum gleichberechtigten Koproduzenten und Mitentscheider im Sinne von demokratischer Bürgerbeteiligung. Die verglichenen Civic CF-Plattformen weisen im Ergebnis in vielerlei Hinsicht ähn- liche Abläufe und Besonderheiten auf. Auch sind sämtliche Civic CF-Plattformen auf spendenbasierende Unterstützung ausgerichtet, die Vermittlungsgebühren un- terscheiden sich nur marginal. Gebühren werden nur für erfolgreich finanzierte Projekte verrechnet. Alle Civic Plattformen ermöglichen zusätzlich das Einbringen von Freiwilligenarbeit und Sachspenden. Es wurden sowohl in den USA, als auch Großbritannien und den Niederlanden bereits Kooperationen zwischen den städtischen Verwaltungen und den Plattfor- men gebildet, was auf große Akzeptanz auf der Entscheidungsebene kommunaler Verwaltungen hinweist und die für die zukünftige Entwicklung sowie das Wachstum von CF in diesen Ländern als förderlich angenommen wird. Die Zusage von Match- funding für Civic Crowdfunding von lokalen Entscheidungsträgern bestätigen diese Akzeptanz und lassen CF im öffentlichen Sektor als strategisches Förderinstrument erachten. Es zeichnet sich ab, dass auf Verwaltungsebene der angeführten Länder die Leistungsfähigkeit dieser Finanzierungsform bereits erkannt wurde. Im Unterschied zu den Civic CF-Plattformen wird anhand der deutschen Plattform „LeihDeinerStadtGeld“ die Einsatzfähigkeit von Crowdfunding zur Finanzierung größerer CF-Projekte auf Basis von Bürgerkreditmodellen sowie für Projekte von

101 erneuerbaren Energien bestätigt, wie bereits in Kapitel 4 dargestellt. Aus der Komplexität dieser Finanzierungsform ergeben sich die vielfältigen Einflussgrößen, welche die Implementierung von CF hemmen. Diese bestätigen die Erkenntnisse von Davies (2014)47 indirekt, wonach Krisen die Entwicklung von Crowdfunding im öffentlichen Sektor begünstigen. Im Gegensatz dazu wird durch eine Konjunkturbe- lebung die Priorisierung alternativer Finanzierungsformen wieder zurückgestellt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die zukünftige Konjunkturentwicklung sowie weitere gesellschaftliche Umbrüche und Ereignisse auf die weitere Entwicklung von CF im öffentlichen Sektor auswirken werden.

47Davies 2014 a, S. 119f.

102 Kapitel 6 6 Zusammenfassung und Ausblick

Innerhalb der zivilen Gesellschaft findet ein umfassender Wertewandel statt, in welcher Mitbestimmung und -gestaltung aufgrund sozialer und digitaler Vernet- zung veränderte Rahmenbedingungen schaffen. Der Fokus vieler Aktivitäten der bürgerlichen Gesellschaft richtet sich dabei auf lokale Phänomene und Themen, welche durch globale Probleme entstanden sind. Im Hintergrund der Finanzkrise und des Drucks durch steigende öffentliche Haushaltsverschuldung erscheint es für den öffentlichen Sektor als zunehmende Herausforderung, die Bereitstellung von Infrastruktureinrichtungen sowie eine Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten. Jedoch vollzog sich auch ein Paradigmenwechsel im öffentlichen Verwaltungshandeln, welcher weg von geschlossenen Abläufen und Entscheidungen hin zu einer Öffnung, verbunden mit mehr Transparenz, Teilhabe und vielfältigen Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft geht. Diese gesellschaftliche Entwicklung fördert das Engagement und fordert Bürger dazu auf, sich aktiv an der Gestaltung ihrer Umwelt und der Lösung unterschiedlichster Problemstellungen zu beteiligen. Crowdfunding entwickelte sich innerhalb der vorangegangen Jahre zu einer innova- tiven Finanzierungsform mit ständig neu entstehenden, vielfältigen und komplexen Einsatzmöglichkeiten, wobei der Einsatz des Web 2.0 und Social Media eine be- deutende Rolle spielen. Es kann festgestellt werden, dass sich der Markt für CF zunehmend diversifiziert. Auch im öffentlichen Sektor werden die ineinandergreifen- den Konzepte des Crowdfunding und Crowdsourcing in verstärktem Maße, speziell für gemeinnützige Projekte im kommunalen Bereich eingesetzt. Hier werden im internationalen Vergleich große Unterschiede bei der Implementierung festgestellt. Crowdfunding hat sich als aufstrebendes Forschungsfeld etabliert und wird in der Wissenschaft dementsprechend wahrgenommen und anerkannt. Die Entwicklung von Crowdfunding im öffentlichen Sektor als Unterkategorie erfolgt zeitverzögert, weist jedoch vielversprechende Forschungsansätze auf. Verdeutlicht wird dies durch einen kontinuierlichen Anstieg von Basisliteratur zum Thema Crowdfunding sowie einer verstärkten Verlagerung der Forschungsansätze weg von theoretischen Arbeiten und qualitativen Fallstudien hin zu quantitativer Forschung aufgrund zunehmender Verfügbarkeit auswertbarer Datengrundlagen. Dadurch können grundlegende Erkenntnisse zu CF gewonnen werden, welche

103 als Fundament für CF im öffentlichen Sektor betrachtet werden können. Diese tragen zum breiten Verständnis der Grundprinzipien und Ausprägungsformen für Crowdfunding und Crowdsourcing bei. Die Vereinigten Staaten konnten in Bezug auf Forschungsaktivitäten als führend identifiziert werden, wenngleich in Großbritannien und Deutschland ebenfalls ein deutlicher Anstieg von Forschungsengagement festzustellen ist. Es gibt vermehrte Literatur aus dem asiatischen Raum. Der rasante Anstieg des Crowdfunding Volu- mens lässt eine Fokussierung der Forschungstätigkeiten zu Crowdfunding in Asien in naher Zukunft vermuten. Auch in den Ergebnissen praxisbezogener Anwendungsformen von CF mit Fokus auf speziell für im öffentlichen Sektor ausgerichtete Plattformen spiegeln sich die Resultate wissenschaftlicher Literatur wider und bestätigen die USA als führende Nation in Bezug auf die Implementierung von Crowdfunding. In den USA und Großbritannien wurde Civic Crowdfunding, welches als eine Unter- kategorie von CF weitere Crowdsourcing-Ansätze verknüpft sehr früh schon, in Folge der durch die Finanzkrise verursachten Rezession, als Finanzierungsinstrument im- plementiert. Auch in den Niederlanden zeigen sich vielversprechende Ansätze dafür, dass CF im öffentlichen Sektor als Finanzierungsinstrument verstärkt integriert wird. Generell wird in diesen drei Ländern eine sehr hohe Akzeptanz öffentlicher Verwaltungen gegenüber CF als Finanzierungsform festgestellt. Civic Crowdfun- ding stellt nicht nur ein geeignetes Finanzierungs- und Vermarktungsinstrument dar. Darüber hinaus erweist es sich durch den Aspekt kollaborativer Interaktion zwischen den Akteuren kommunaler Verwaltungen, der zivilen Bevölkerung sowie Privatunternehmen als in innovatives Beteiligungsinstrument für öffentliche Projek- tabwicklung. Die Komponenten der Freiwilligenarbeit und Sachspenden sowie die Berücksichtigung der Grundsätze urbaner sowie partizipativer Stadtplanung finden in diesem Kontext gleichermaßen Berücksichtigung. Die wesentlichen Grundsätze sorgfältiger Planung und Umsetzung einer CF-Initiative sowie die Anerkennung von sozialen Kapital und der forcierte Einsatz von Social Media Kanälen werden als Basis für eine erfolgreiche Implementierung von CF im öffentlichen Sektor vorausgesetzt. Aus den Erfahrungen experimenteller Einsätze von Crowdfunding im öffentlichen Sektor ergeben sich Lerneffekte für alle beteiligten Akteure innerhalb eines CF- Prozesses. Diese können in zukünftige Projektarbeit einbezogen werden, wodurch sich Ergebnisse und Handlungsabläufe optimieren lassen. Um Crowdfunding im öffentlichen Sektor als ein Instrument transparenter Projekt- abwicklung zu integrieren, bedarf es einer Einbeziehung aller beteiligten Akteure, mit dem Ziel, das Vertrauen zu festigen und Vorbehalte gegenüber dieser Finanzie- rungsform abzubauen.

104 Plattformen werden als zentrale Schnittstelle zwischen den Akteuren definiert, welche als Dienstleistung Beratung und Unterstützung bei der Planung und Umset- zung von CF-Projekten anbieten. Durch Forcierung von transparenten Abläufen werden Erfolgsaussichten von CF-Initiativen positiv beeinflusst. Es wird jedoch auf Ebene der Plattformen eine intransparente und teilweise verzerrte Darstellung der Erfolgsaussichten von CF festgestellt. Diese gängige Praktik birgt die Gefahr einer überzogenen Erwartungserhaltung von wenig erfahrenen Initiatoren. Im Falle eines Misserfolges, welcher von der Community registriert und durch Kommunika- tion weiter transportiert wird, kann dies die Akzeptanz dieser Finanzierungsform erheblich verringern. Eine gezielte Beratung und Begleitung der Initiatoren durch Experten der Plattfor- men erhöht die Erfolgsaussichten von Projekten. Es wird daher der Einsatz von speziell geschulten Mitarbeitern empfohlen, welche ihr Fachwissen individuell und gezielt einsetzen sollen. Gemeinsam mit den potentiellen Initiatoren soll bereits im Vorfeld eine realistische Einschätzung hinsichtlich der möglichen Erfolgsaussichten erfolgen. Durch diese Vorselektion kann sich eine Betreuung auf Projekte mit guten Erfolgsprognosen konzentrieren. Der gezielte Einsatz von Social Media Kanälen in Kombination mit einer fun- dierten Basis an Offline Unterstützern sowie deren Vernetzung gilt als relevante Erfolgsdeterminante in der Umsetzung von bürgerfinanzierten Projekten. Die der- zeitig implementierten Informationskanäle auf den speziell für CF konzipierten Plattformen werden als zu einseitig identifiziert und erfordern Handlungsbedarf in Bezug auf die Einführung besser geeigneter Kommunikationsmittel. Diese sollen zur optimalen Vernetzung aller Akteure beitragen und dadurch Handlungsabläufe einfacher und effizienter koordinierbar machen. Die Positionierung von Entscheidungsträgern kommunaler Projekte mit einer ein- deutigen befürwortenden Haltung gegenüber dieser Finanzierungsform gelten als weitere Handlungsempfehlung, welche eine breitere Akzeptanz für CF im öffentlichen Sektor positiv beeinflussen kann. Dies erfordert ein weiteres Umdenken im kommu- nalen Verwaltungshandeln. Es soll ein neuartiges Verständnis weg von traditionellen Finanzierungen hin zu einem innovativen, individuell angepassten Finanzierungsmix entstehen. Dies erfordert neben betriebswirtschaftlichen Denkweisen und entspre- chenden Managementfähigkeiten eine klare Evaluation von aktuellen Bedarfen der zivilen Bevölkerung fernab von politischen Profilierungsversuchen. Eine realistische Einschätzung und Kosten- Nutzenabwägung im Interesse des Allgemeinwohls als Basis zur Entscheidungsfindung wird voraussetzt. Bei komplexen Finanzierungsmodellen mit einer Vielzahl von Intermediären wird die detaillierte Festlegung aller Vertragsdetails bereits im Vorfeld empfohlen, um Konflikte welche im Sinne der Prinzipal-Agenten-Theorie auftreten können, auf ein

105 Minimum reduzieren zu können. Gesetzliche Rahmenbedingungen sind besonders für Projektfinanzierungen im öffentlichen Sektor Grundvoraussetzung für eine breite Implementierung. Dahingehend gilt eine weitere Handlungsempfehlung an politische Entscheidungsträger, sich verstärkt für eine Schaffung von einheitlichen rechtlichen Rahmenbedingungen einzusetzen, welche zum größtmöglichen Schutz aller beteiligten Akteure beiträgt. Gerade im Einsatz von CF für länderübergreifende Projekte können fehlende gesetzliche Bestimmungen als unüberbrückbare Herausforderung identifiziert werden. Um die komplexen Wirkungsweisen hinter dem Phänomen Crowdfunding im öffent- lichen Sektor besser verstehen und berücksichtigen zu können, bedarf es weiterer qualitativer Forschungsansätze, welche weitere Erkenntnisse bringen sollen. Erst der Vergleich mehrerer ähnlich gestalteter Projekte kann hier weitere Handlungs- empfehlungen im Ergebnis bringen. Weiterer Forschungsbedarf wird in Bezug auf den Langzeitnutzen von CF im öffentlichen Sektor vorgeschlagen, auch hier sind lediglich unzureichende Erfahrungswerte vorhanden, welche sich erst im Zeitverlauf ergeben werden. Der Einfluss von CF im öffentlichen Sektor in Bezug auf soziale Ungleichheit konnte bisher noch nicht eindeutig identifiziert werden. Daraus ergibt sich ebenfalls For- schungsbedarf, welcher in zukünftigen Forschungsaktivitäten berücksichtigt werden sollte. Es bedarf darüber hinaus noch vertiefender Einblicke im Hinblick auf die Rolle der Community und deren Wirkungsweise innerhalb des CF-Prozesses. Daraus gezogene Rückschlüsse können in zukünftige Handlungsempfehlungen einfließen. Abschließend wird festgestellt, dass unter Berücksichtigung der Komplexität von CF keine seriöse Abschätzung über die zukünftige Entwicklung im öffentlichen Sektor abgegeben werden kann. Sowohl die USA als auch Großbritannien und die Niederlande konnten bereits vielversprechende Erfahrungen mit CF als Finanzie- rungsinstrument sammeln und gelten somit als beispielgebend für andere Länder und Nationen. Deutschland konnte mit ersten Pilotprojekten aufhorchen lassen, eine Entspannung in vielen kommunalen Haushalten sowie die niedrige Zinsentwicklung am Bankensektor könnten weitere Projektfinanzierungen jedoch verhindern bzw. verzögern.

106 Es ist angebracht, die Grenzen von CF als Finanzierungsalternative deutlich her- vorzuheben. Darausfolgend empfiehlt sich ein situationsbedingter, selektiver Einsatz mit sorgfältiger Vorplanung unter Einbeziehung von fachkundigen Experten in Zu- sammenarbeit mit der zivilen Bevölkerung. Von überzogenen Erwartungshaltungen von CF als „Universallösung“ zur Senkung kommunaler Haushaltsverschuldung wird Abstand genommen. Jedoch sind auch die vielfältigen Potentiale, welche sich aus den Zusatznutzen dieser innovativen Finanzierungsform ergeben, in ein Kalkül mit einzubeziehen. Um realistische Prognosen und weitere Handlungsempfehlungen abgeben zu können, sind externe, schwer vorhersehbare Größen wie die zukünftige Entwicklung gesellschaftlicher Wertvorstellungen und Konjunkturschwankungen miteinzubeziehen.

107 Literaturverzeichnis

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