<<

Anlage 1

Energiewerk Geestland - Vorhabenbeschreibung

Geestland, 25. April 2019 1

Vorwort des Bürgermeisters

Klimaschutz und nachhaltiges Handeln beginnt vor Ort. Es ist an jedem einzelnen selbst, etwas zu ändern. So weit, so abgegriffen. Sicher, die Aussagen sind richtig. Jeder kann etwas tun. Jeder kann sein Konsumverhalten ändern. Jeder kann kurze Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen. Jeder kann sein Heizverhalten anpassen. Das muss auch geschehen, wenn wir die drohenden Szenarien abmildern wollen. Doch damit sich besagter „Jeder“ bewegt, müssen sich auch die Kommunen bewegen. Die Städte, die Gemeinden, Landkreise – sie stellen das Umfeld ihrer Bürgerinnen und Bürger dar. Sie bilden die Lebenswirklichkeit der Menschen ab. Deshalb müssen sie, die Kommunen, vorangehen. Die Kommunen müssen nachhaltig denken, handeln, wirken, reden. Sie müssen Nachhaltigkeit vorleben, sie müssen nachhaltig sein. Dieser Begriff – so inflationär er auch benutzt wird – bildet das ab, was geschehen muss. Handeln muss nachwirken, es muss langfristig sein. Projekte müssen auf dieses Ziel einzahlen. So wie unser geplantes Energiewerk in Bad . Es wird öffentlich und sichtbar sein. Es wird mit einer Schule und einer Therme zwei Gebäude mit Energie versorgen, die von den Menschen wahrgenommen werden. Es wird zeigen, dass wir es ernst meinen, wenn wir über Nachhaltigkeit bzw. Enkelkindtauglichkeit reden. Es wird zeigen, dass wir uns nicht scheuen dürfen, Geld in die Hand zu nehmen, dass wir bestehende Abläufe überdenken und verbessern können und dass wir bereit sein müssen, neue Wege zu gehen. Das Energiewerk in wird mehr als nur ein Kraftwerk sein. Es wird ein Symbol für unser Bestreben, das richtige zu tun. Dafür, dass wir auch unseren Enkeln eine möglichst intakte Umwelt mit all ihren Wundern und Möglichkeiten gönnen. Wir haben in Geestland bereits viele Schritte unternommen, um unser Handeln enkelkindtauglich zu gestalten. Wir haben an manchen Stellen mehr versucht als andere. Doch es ist noch immer zu wenig. Es wird auch immer zu wenig bleiben, da es in diesem Themenfeld „genug“ nicht geben kann. Wir wollen uns diesem Punkt aber annähern. Das kann uns alleine nicht gelingen, dafür sind wir auch durch unsere geographische Lage nicht finanzkräftig genug. Wir benötigen die Hilfe von Land, Bund und EU. Wir benötigen die Mittel aus Fördertöpfen. Wir sind willens, uns zu verändern und unseren Teil und mehr beizusteuern. Der Gewinn des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in der Kategorie Mittlerer Städte unterstreicht dies. Das Energiewerk in Bad Bederkesa wird ein weiterer Faktor sein, um den Menschen unserer Region zu sagen: Seht her, wir können das! Ihr könnt das auch! Gemeinsam stellen wir uns nachhaltig auf. Gemeinsam gehen wir Dinge anders an. Gemeinsam – nur gemeinsam – können wir etwas bewegen.

Thorsten Krüger Bürgermeister der Stadt Geestland Botschafter für Nachhaltigkeit des DStGB

2

Inhalt 1. Einführung 1.1. Vorgeschichte / Ziele 1.2. Projektskizze 1.3. Gesamtkonzept 1.4. CO2-Einsparung 2. Energieversorgung / Grundlagen 2.1 Überblick 2.2 Wärmeversorgung 2.2.1 Biomasseheizzentrale 2.2.2 Solarthermie 2.2.3 Nahwärmenetz 2.2.4 Laubverwertung 2.3 Wärmeverteilung / Lastgänge 2.4 Strom aus PV-Anlagen 2.5 Sektorenkopplung 2.6 Umweltbildung 2.7 Naturschutz / Landschaftsbild 3. Energieversorgung / Anlagenauslegung 3.1. Wärmebedarf 3.2. Wärmeversorgung, Holzthermie 3.3. Wärmeversorgung, Solarthermie 3.4. Wärmeversorgung, Öko-Briketts 3.5. Stromversorgung 3.6. Betrieb 3.6.1 Personalbedarf 3.6.2 Weitere technische Ausstattung (Fahrzeuge) 4. Wirtschaftlichkeit 4.1. Investitionskostenermittlung 4.2. Gesellschaftsform 4.3. Wirtschaftlichkeit Gesamtsystem 5. Zeitplan 6. Ausblick / Beispiele 6.1. Erweiterungsmöglichkeiten 6.2. Bioenergiedorf Mengsberg 6.3. Stadtwerke Saarlouis 6.4. Therme Aqua Fit Schortens 6.5. Wasserstoff in Wesel 6.6. Klimakommune Saerbeck

Anlagen Projektskizze Kurzfassung der Machbarkeitsstudie

3

1. Einführung 1.1 Vorgeschichte / Ziele Die Stadt Geestland hat sich dem Ausbau der Erneuerbaren Energien bereits vor Jahren verschrieben und u. a. zahlreiche Investitionsvorhaben in diesem Bereich unterstützt. Außerdem betreibt die Stadt mehrere PV-Anlagen zur Eigenstromversorgung. Die Grundlage für dieses Konzept bildet eine bei Fa. Viessmann in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie (Anlage 1, Kurzfassung, Stand: November 2018), die zu dem Ergebnis kommt, dass die Wärmeversorgung mit Holz- und Solarthermie in Verbindung mit Strom aus PV-Anlagen für Geestland absolut sinnvoll ist und weiterverfolgt werden sollte. Weiterhin erfolgt eine Einbindung in das Abfallwirtschaftskonzept des Landkreises , da es sich bei dem zu verwertenden Holz aus Landschaftspflegemaßnahmen im abfallrechtlichen Sinne um „Abfall“ handelt. Der Landkreis hat sein Interesse an einer engen Zusammenarbeit signalisiert. Übrigens auch, da es sich bei der Schule Am Wiesendamm um eine Förderschule in der Trägerschaft des Landkreises handelt, die mit regenerativer Energie versorgt werden soll.

1.2 Projektskizze Die im Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie erstellte Projektskizze ist als Anlage 2 beigefügt. Zu erkennen sind als „Herzstück“ des Konzeptes die Heizzentrale und das dahinter befindliche Solarthermiefeld (Freiflächenanlage). Die Erschließung erfolgt von der westlichen Seite über die ausreichend ausgebaute Holzurburger Straße (L117). Der überwiegende Lieferverkehr könnte von Norden aus Richtung des westlich befindlichen städtischen Bauhofes erfolgen. Weiterhin ist das Nahwärmenetz mit den 4 Hausanschlussstationen und außerdem eine Biogasanlage eingezeichnet. Die Biogasanlage stellt zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nur einen Platzhalter für spätere Erweiterungen des Konzeptes dar (siehe 6.1). Zu versorgen sind die stadteigene Moor-Therme (Wärme und Strom) und die kreiseigene Schule Am Wiesendamm (nur Wärme). Es ist zu beachten, dass es sich lediglich um ein Konzept zur regenerativen Energieversorgung von zwei öffentlichen Einrichtungen handelt und noch nicht um eine fertige Ausführungsplanung. Diese würde umgehend nach Erteilung der Zuwendungsbescheide angegangen werden.

1.3 Gesamtkonzept Für die Realisierung steht ein etwa 80.000 qm großes Gelände am nördlichen Ortsrand von Bad Bederkesa zur Verfügung. Es befindet sich ideal gelegen zwischen den zu versorgenden Liegenschaften Moor-Therme und Schule Am Wiesendamm, weist allerdings einen recht schwierigen Baugrund (Moor) auf. Dieses wurde bei der Planung berücksichtigt und wird durch die „kurzen Wege“ kompensiert. Wie vorstehend beschrieben, handelt es sich um ein Konzept auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie. Die Stadt wird dieses Konzept selbstverständlich weiterentwickeln und ggf. entsprechende Anpassungen vornehmen. Eine sinnvolle Ergänzung für die Zukunft scheint aus heutiger Sicht der Betrieb einer Biogasanlage zu sein. Das würde die abfallwirtschaftlichen Ansätze verstärken und zusätzlich zur angestrebten energetischen Verwertung von Abfall beitragen. Sie könnte als 4

„Trockenfermentation“ erfolgen oder (ggf. unter Berücksichtigung von Gülle) als „klassische“ Biogasanlage im feuchten Medium. Weiterhin könnte das Thema „Klärschlammverwertung“ an Bedeutung gewinnen. Sowohl bei der Gülle als auch beim Klärschlamm ist allerdings die weitere Entwicklung der gesetzlichen Vorgaben abzuwarten (u. a. Verschärfung der Düngeverordnung, Novelle der Klärschlammverordnung).

1.4 CO2-Einsparung Über die bislang mit Gas betriebenen Heizanlagen der Therme und der Schule wurden in erheblichem Umfang fossile Brennstoffe verbraucht und CO2 emittiert. Durch zukünftige

Erzeugung regenerativer Energie, ergeben sich Einsparungen von 900 t CO2 jährlich (siehe Gutachten des Sachverständigen Westkämper, Seite 2).

2. Energieversorgung / Grundlagen 2.1 Überblick Es geht zunächst um die Versorgung von zwei öffentlichen Einrichtungen mit Erneuerbarer Energie aus nachwachsenden bzw. unbegrenzt zur Verfügung stehenden Rohstoffen (Holz und Sonne). Des Weiteren wird ein zukunftsfähiges Abfallwirtschaftskonzept angestrebt, da „Wertstoffe“ zurzeit nicht angemessen verarbeitet werden.

2.2 Wärmeversorgung 2.2.1 Biomasseheizzentrale Der überwiegende Wärmebedarf soll aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz in Form von Hackschnitzeln gedeckt werden. Dazu soll eine Heizzentrale – wie hier als Muster eine Anlage aus Bayern abgebildet – errichtet werden.

In dieser Heizzentrale soll ein dafür geeigneter Biomasseheizkessel mit etwa 600 kW betrieben werden. Es ist ein massives, mit Holz verkleidetes Gebäude mit einer Grundfläche von etwa 300 qm geplant. Hinzu kommt ein Anbau (Leichtbau) für die kurzzeitige Lagerung und Zuführung der Hackschnitzel (ca. 200 qm), rückwärtig sind die beiden Pufferspeicher in Freiaufstellung geplant. Der wertvolle Rohstoff Holz fällt bei der Pflege der stadteigenen Wirtschaftswege und Grünanlagen in ausreichender Menge (etwa 4.000 cbm) im Zeitraum Oktober bis April an und könnte dann nahezu direkt im Heizwerk verwertet werden. Bei der Anlagenkonfiguration wird darauf geachtet, dass eine vorherige Trocknung nicht erforderlich wird, lediglich das Häckseln wird erforderlich sein. Die Anlage könnte von Beginn der Revisionszeit der Therme 5 ab Ende April / Anfang Mai bis August ruhen und gewartet werden. Ab Anfang September könnten zunächst Restbestände aus dem Frühjahr und Holz aus Sommerschnitten verwertet werden. Zusätzlich ist – außerhalb der Umzäunung – eine „Kurzumtriebsplantage“ (mit Weiden, Erlen oder Pappeln) auf den nördlichen, östlichen und südlichen Restflächen vorgesehen (etwa 4 Hektar).

Für die Lagerung und Bearbeitung wird eine etwa 900 qm große Lagerhalle an der Landesstraße errichtet (ca. 60 x 15 m, hier ein Muster). Dort werden die erforderlichen Lager- und Verarbeitungsboxen (u. a. für die Laubverwertung, siehe 2.2.4) entstehen. Diese Halle wird so erstellt, dass eine Erweiterung in nördliche Richtung möglich ist.

2.2.2 Solarthermie Für den Wärmebedarf der Monate Mai bis August soll eine etwa 2.000 qm (Nettofläche) große Freiflächen-Solarthermie-Anlage errichtet werden.

Diese Anlage soll östlich des Heizwerkes erreichet und mit etwa 15 Grad nach Süden ausgerichtet werden. Dafür wird eine Gesamtfläche von rd. 10.000 qm erforderlich (hier 100 x 100 m). Innerhalb der vorgesehenen Umzäunung (insgesamt etwa 200 x 200 m) stehen weiter 10.000 qm für eine Erweiterung zur Verfügung. Weiterhin sind Pufferspeicher (2 x 100 cbm) für eine Stunde Volllastbetrieb vorgesehen, die das tagsüber erwärmte Wasser auch für die Abend- und Morgenstunden zur Verfügung stellen sollen. Da für die Pufferspeicher aufgrund der technischen Anforderungen (Schichtenwasser) eine erhebliche Höhe (etwa 18 m) erforderlich ist, ist aus Gründen der Erhaltung des Landschaftsbildes eine Absenkung auf den tragfähigen Untergrund um etwa 6 m vorgesehen (Bauhöhe dann bis zu 12 m).

2.2.3 Nahwärmenetz Für den Anschluss der Therme und der Schule an das Heizwerk wird ein Nahwärmenetz mit einer Länge von etwa 1.250 m notwendig. Weiterhin werden 4 Hausanschlüsse errichtet (1 x Moor-Therme, 3 x Schule Am Wiesendamm). 6

Beim Nahwärmenetz fällt ein „Umweg“ zur Moor-Therme auf. Dies begründet sich mit einer Fläche, die sich in Privateigentum befindet und (derzeit) leider nicht zur Verfügung steht.

2.2.4 Laubverwertung Zur Ergänzung des Wärme- und Abfallkonzeptes ist vorgesehen, Laub aus Grünanalgen zu trocknen und zu brikettieren.

Auf dem Bild ist die Befüllung eines Schub-Wende-Trockners mit Laub zu erkennen. Nach der Trocknung erfolgt die Brikettierung und das dann mögliche Verbrennen zur Gewinnung von Heizenergie („Öko-Briketts“). Dieses wird insbesondere im Spätherbst der Fall sein. Nach Brikettierung ist jedoch auch eine längere Lagerung in der Lagerhalle unproblematisch, eingeschränkt ist das auch ohne vorherige Trocknung oder Brikettierung möglich. Die dafür notwendigen Anlagenteile sollen in einer separaten Box in der Lagerhalle installiert werden (für optimalem Ablauf zwischen dem angelieferten Laub und der Lagerbox für die Briketts).

2.3 Wärmeverteilung / Lastgänge Für die Gesamtkonzeption ist es ein erheblicher Vorteil, dass es sich lediglich um zwei zu versorgende Liegenschaften handelt, die zu recht unterschiedlichen Zeiten genutzt werden. Ein weiterer Vorteil ist die relativ konstante Wärmeabnahme der Therme im Tagesverlauf. Hinzu kommen die zeitlich versetzten „Ruhezeiten“ der Therme im Mai (Schließung zur Revision) und der Schule im Sommer (Sommerferien), in denen entsprechend weniger Wärme benötigt wird. Die beiden Liegenschaften verfügen über 4 Wärmeabnahmestellen (1 x Therme, 3 x Schule, da mehrere Bauabschnitte) mit folgenden Leistungsanforderungen: • 1.745 kW (Moor-Therme) • 60 kW (Anbau Schule Am Wiesendamm) • 285 kW (Altbau Schule Am Wiesendamm) • 130 kW (Sporthalle Schule Am Wiesendamm) • 2.220 kW Gesamt 7

Die Schule verfügt dabei übrigens über sanierungsbedürftige Altanlagen mit relativ schlechtem Wirkungsgrad. Bei der Verteilung auf die beiden Objekte wird der Biomassekessel die zentrale Rolle spielen und für etwa 2/3 des Jahres die Wärme liefern. Im „Sommerdrittel“ (Mai bis August) sollte die Solarthermie ausreichen. Wichtig sind hier die entsprechend auszulegenden Pufferspeicher, s.o. Hinzu kommt ein Redundanzkessel zur Abdeckung der Spitzenlasten und für ggf. entstehende Ausfallzeiten. Nachstehend eine Grafik über die Wärme-Lastgänge:

Für Ende April bis Mitte Mai wurde ein deutlich geringerer Bedarf ermittelt. Dieser begründet sich mit der Revisionszeit in der Therme (Schließung). Daran wird deutlich, wie wichtig es ist, die Nutzungszeiten für die Zukunft sorgsam zu planen, sowohl der Heizanlage als auch der Liegenschaften, s.o.

2.4 Strom aus PV-Anlagen Zur Abrundung des Gesamtkonzeptes ist es der Stadtverwaltung wichtig, eigenen Strom für die (neuen) Anlagen zu produzieren. Dies soll über drei PV-Anlagen auf der Moor-Therme und den beiden neu zu errichtenden Gebäuden (Heizwerk und Lagerhalle) erfolgen.

Die Moor-Therme verfügt über ein nahezu optimal nach Süden ausgerichtetes Dach (100 qm mit 22 Grad über dem 25 m-Becken im Altbau) und weitere Flachdächer, auf denen aufgeständerte Anlagen mit 15 Grad in Ost-West-Richtung möglich sind. Bei der Konzeptionierung des Heizwerks und der Lagerhalle werden entsprechende Ausrichtungen für Aufdach-Anlagen berücksichtigt. Das Heizwerk wird leicht nach Südosten ausgerichtet (ca. 370 qm) und die Lagerhalle nach Südwesten (ca. 800 qm, jeweils 15 Grad). Somit werden die Betriebszeiten von morgens bis abends optimal abgedeckt. Die genaue Ermittlung der zu erreichenden Leistung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt mit der Feinplanung. Dies ist erst möglich, wenn auch die genaue Anlagenkonfiguration bekannt ist.

8

2.5 Sektorenkopplung Die Stadt Geestland möchte einen weiteren Beitrag zur Energiewende leisten und hat erkannt, dass erst die Kombination aus Wärme, Strom und Verkehr (Sektorenkopplung) deutliche Fortschritte bringt. Hier stehen insbesondere die Wärme- und Stromerzeugung im Mittelpunkt. Aber auch die Mobilität wird bei der Umsetzung und beim späteren Ausbau des Konzeptes eine wichtige Rolle spielen, wie die nachstehende Grafik zur „Energetischen Stadtsanierung“ sehr schön zeigt (Quelle: BEKS Energieeffizienz GmbH, Bremen)

Durch die Errichtung des Heizwerkes fallen erhebliche Fahrten weg, da das zu entsorgende Restholz bislang unnötig weit durch den Landkreis gefahren werden musste. Hier wirkt sich die zentrale Lage des gewählten Standortes positiv aus (Bad Bederkesa liegt sowohl zentral in der Stadt Geestland als auch zentral im Landkreis Cuxhaven). Neu entstehen wird der für den Betrieb der Anlage notwendige Verkehr auf dem Gelände (zur Verarbeitung und Befüllung). Hier ist vorgesehen, die Fahrzeuge (Radlader) mit alternativen Antrieben auszustatten (Strom, Wasserstoff oder Biogas). Weiterhin ist angedacht, eine Eigenstromtankstelle für Dienstfahrzeuge zu errichten. Die Ladung der Fahrzeuge könnte zu Zeiten erfolgen, zu denen sich der Betriebsstrom reduziert (z. B. am Wochenende oder am späten Nachmittag) oder über Mittag, wenn der Stromertrag am höchsten ist.

2.6 Umweltbildung Entsprechend ihrer bisherigen Aktivitäten ist die Stadt auch hier bestrebt, Aufklärungsarbeit bzw. Umweltbildung für die nachfolgenden Generationen zu leisten („Enkelkindtauglichkeit“). Zur Veranschaulichung wird in der Heizzentrale ein zeitgemäß ausgestatteter Seminarraum eingerichtet („Geestländer Einblicke“ in die Energiegewinnung). Aus brandschutzrechtlichen Gründen (u. ä.) könnten direkte Einblicke durch Fenster problematisch sein. Aus diesem Grunde werden wahrscheinlich Kameras in den Heizanlagen und Bildschirme im Seminarraum installiert, damit jederzeit Einsichten in die Abläufe möglich sein werden. Zusätzlich sollen die Stoff- und Heizkreisläufe digital

9 veranschaulicht werden. Es ist auch geplant, das Nahwärmenetz nachvollziehbar darzustellen. Weiterhin gibt es Vereinbarungen zur Zusammenarbeit der Stadt mit der Hochschule Bremerhaven. Es sollen geeignete Studiengänge (u. a. Umwelttechnik) berücksichtigt werden. Studentische Praktikanten könnten sich praxisorientiert fortbilden und zur Weiterentwicklung der Denkansätze beitragen. Dieses wäre beiderseitig von Vorteil. Ggf. könnte die Stadt später Partner für Duale Studiengänge werden.

2.7 Naturschutz / Landschaftsbild Die zur Verfügung stehenden stadteigenen Flächen wurden bislang intensiv landwirtschaftlich als Grünland genutzt. Aus vorangegangener Bauleitplanung ist bekannt, dass sich auf den nördlichen Flächen schützenswerte Bereiche befinden. Dies wird selbstverständlich eingehend untersucht und bei der Umsetzung berücksichtigt. Weiterhin wird versucht, auf umfangreiche Flächenversiegelungen zu verzichten. Das ist allerdings nur eingeschränkt möglich, da es sich um „Abfallstoffe“ handelt, an die besondere bauliche Anforderungen gestellt werden. Die in den Randbereichen vorhandenen „Hochzeitshaine“ (Baumpflanzungen anlässlich von Familienfeiern seit Ende der 1970er Jahre) sollen erhalten werden und zusätzlich als Sichtschutz dienen (Schutz des Landschaftsbildes). Weitere Anpflanzungen sind aus diesem Grunde möglich. Dies wird Gegenstand der anstehenden Bauleitplanung sein (Änderung B- Plan, Aufstellungsbeschluss wurde bereits gefasst). Die bis zu 18 m hohen Pufferspeicher werden u. a. aus diesem Grunde um etwa 6 m abgesenkt (Sichthöhe dann max.12 m). Alternativ könnten die Pufferspeicher auch eingehaust werden. Nachfolgend eine Ansicht der Referenzanlage Mengsberg mit zwei 17 m hohen, nicht abgesenkten Pufferspeichern (der Schonstein wird allerdings unvermeidbar sein):

Innerhalb der Einzäunung sollen die Restflächen der Solarthermie (zwischen den Reihen) und die für die Erweiterung der Solarthermie zur Verfügung stehenden Flächen (weitere etwa 10.000 qm) als mehrjährigen Wildblumenwiese für Insekten angesät werden.

10

3. Energieversorgung / Anlagenauslegung 3.1 Wärmebedarf Der Wärmebedarf für die beiden Liegenschaften Moor-Therme und Schule Am Wiesendamm beläuft sich derzeit auf rd. 3,8 Mio. kWh jährlich (im Mittel). Dieser Wert ist allerdings bis zur baulichen Umsetzung zu überprüfen, da die Heizanlagen der Schule bislang über einen relativ geringen Wirkungsgrad verfügen und ggf. bauliche Anpassungen anstehen. Weiterhin könnte es in den nächsten Jahren zu Gebäudesanierungen kommen, die sich energiesparend auswirken würden. Ein vollständiger Abgleich sollte also zum Beginn der baulichen Umsetzung erfolgen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass 95 % der Wärme regenerativ erzeugt werden und bis zu 5 % „klassisch“ über den Redundanzkessel. 3.2 Wärmeversorgung, Holzthermie Nach überschlägiger Ermittlung (auch über die Machbarkeitsstudie) wird durch die Holzthermie etwa 65 % des Wärmebedarfs abgedeckt.

3.3 Wärmeversorgung, Solarthermie Durch die Solarthermie im Sommerbetrieb werden etwa 20 % der jährlich notwendigen Wärme abgedeckt.

3.4 Wärmeversorgung, Öko-Briketts Weitere 10 % des Jahresbedarfs lassen sich nach derzeitigen Stand über die Laubverwertung decken.

3.5 Stromversorgung Der Strombedarf der Therme beträgt fast 1,5 Mio. kWh (Schule knapp 80.000 kWh – wird jedoch nicht mit Strom versorgt). Über die PV-Anlagen soll zukünftig nur ein relativ geringer Teil davon abgedeckt werden. Allerdings ist es der Stadt wichtig, den zusätzlich entstehenden Strombedarf des Heizwerkes (Betriebsstrom einschl. Pumpen etc.) regenerativ zu decken.

3.6 Betrieb 3.6.1 Personalbedarf Ohne abschließende Planung ist es relativ schwierig, verlässlich den notwendigen Personalbedarf zu ermitteln. Die Stadt geht derzeit davon aus, dass 1 bis 3 Vollzeitstellen entstehen und dauerhaft zu besetzen sind. Dabei ist der Mehranfall an Arbeit durch den Betrieb des Heizwerks während der Wintermonate zu berücksichtigen. Dem gegenüber steht ein geringerer Personalbedarf im Sommer (die Solarthermie läuft i. d. R. autark). Die Mitarbeiter/innen könnten vom Bauhof unterstützt werden, der auch – wie schon jetzt – den Transport des Materials übernehmen könnte. Darüber könnten auch ggf. entstehende Ausfallzeiten des Personals kompensiert werden.

3.6.2 Weitere technische Ausstattung (Fahrzeuge) Für die Verwertungs- und Befüllarbeiten sind technische Geräte wir Radlader, Zerkleinerungsanlagen (Hacker) und Siebmaschinen notwendig. Die Stadt ist bestrebt, diese Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu versehen. Es ist jedoch beabsichtigt,

11 kostenintensive Technik wie Hacker und Siebe an dafür spezialisierte Fremdfirmen zu vergeben. Ein für die täglichen Arbeiten notwendiger Radlader könnte von der Stadt geleast und selbst betrieben werden.

4. Wirtschaftlichkeit 4.1 Investitionskostenermittlung Derzeit wird von Gesamtkosten in Höhe von netto 4,6 Mio. Euro ausgegangen (siehe Ausgaben- und Finanzplan). Die Kosten setzen sich zusammen aus der technischen Ausstattung (2,2 Mio. Euro), den Baumaßnahmen (Hoch- und Tiefbau mit fast 2 Mio. Euro), den Planungsleistungen (etwa 330.000 Euro) und den Aufwendungen für Verfahren und Genehmigungen (100.000 Euro).

4.2 Gesellschaftsform Die Stadt beabsichtigt die Gründung einer städtischen (Entwicklungs-)Gesellschaft (u. a. für das Energiewerk), um kaufmännischer und damit flexibler handeln zu können. Der städtische Haushalt würde dann nur mittelbar von diesen Investitionen berührt. Weiterhin wäre die Vorsteuerabzugsberechtigung gegeben und die notwendige Wirtschaftlichkeit damit eher zu erreichen.

4.3 Wirtschaftlichkeit Gesamtsystem Zur Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems sind Fördermittel sowohl vom Bund als auch dem Land Niedersachsen erforderlich. Hierzu ist bei der Haushaltssituation der Stadt Geestland (Einschränkungen durch den Zukunftsvertrag) festzuhalten, dass sich das Konzept nur für den Fall der öffentlichen Förderung in entsprechender Höhe umsetzen lässt. Entsprechende Förderanträge werden über die KfW Bankengruppe beim Bund und die NBank beim Land Niedersachsen eingereicht. Konflikte bezüglich einer möglichen Doppelförderung („De-minimis“) sind nicht zu erwarten, da es sich einerseits um bundeseigene und andererseits um EU-Mittel handelt. Erwartet werden Fördermittel in Höhe von knapp 500.000 Euro vom Bund und 1 Mio. Euro vom Land (insgesamt mithin fast 1,5 Mio. Euro). Zu berücksichtigen sind bei der Wirtschaftlichkeit zukünftig wegfallende Kosten für die Grünschnittentsorgung in Höhe von derzeit 100.000 Euro jährlich und insgesamt steigende Energiekosten. Über die genannte Studie wurde ein Wärmepreis von unter 10 Cent/kWh (netto) ermittelt.

5. Zeitplan Für die Realisierung ist folgender Zeitplan vorgesehen („Meilensteine“): 1. Änderung Bebauungsplan: Der Aufstellungsbeschluss wurde im März 2019 gefasst. 2. Antragstellungen Fördermittelgeber: Die Förderanträge werden im April/Mai 2019 gestellt. 3. Zuwendungsbescheide: Die Zuwendungsbescheide der Fördermittelgeber NBank und KfW Bankengruppe werden im Sommer / Herbst 2019 erwartet. 4. Finanzierung: Die Investitionen sollen über den Haushalt 2020 erfolgen (Gesellschaft). Aufstellung im Dezember 2019, Genehmigung im Januar 2020.

12

5. Satzungsbeschluss Änderung B-Plan: Dezember 2019. 6. Projektbeginn: Soll im März 2020 mit Bauantragstellung und Vergaben an Planer erfolgen. 7. Baugenehmigung: Sommer 2020. 8. Baubeginn Spätsommer / Herbst 2020. 9. Bauzeit: Etwa ein Jahr (bis Herbst 2021). 10. Fertigstellung und Inbetriebnahme (zunächst das Heizwerk) im Herbst 2021.

6. Ausblick / Beispiele 6.1 Erweiterungsmöglichkeiten Das hier erläuterte Konzept soll in den nächsten Jahren vervollständigt werden durch die mögliche Erweiterung (Spiegelung) des Heizwerks. Nach derzeitigem Stand werden erheblich mehr Mengen an Holz zur Verfügung stehen, als zunächst verbraucht werden kann. Für den Fall der Erweiterung des Heizwerks würde dieses unter Beibehaltung des dargestellten Konzeptes auch die Erweiterung des Solarfeldes um etwa 10.000 qm nach sich ziehen (zur Verfügung stehende Fläche innerhalb der Umzäunung).

Damit einher gehen würde die Erweiterung der Wärmeabnehmer und damit des Nahwärmenetzes nach Süden und Westen auf weitere Liegenschaften (Rathaus, Feuerwehr, Schulen, Hotels etc.). Als weitere Baustein wäre eine Biogasverwertung aus Abfallstoffen erstrebenswert. Es sollte sich (natürlich) nicht um eine klassische Anlage aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais handeln, sondern um sinnvolle Verwendung von Abfallstoffen wie Gülle aus der Landwirtschaft und Rasenschnitt von öffentlichen Grünanlagen (siehe 1.2 / 1.3).

Ggf. wäre auch an eine (energetische) Klärschlammverwertung zu denken. Dies stellt bei den derzeitigen technischen Möglichkeiten allerdings eine besondere Herausforderung dar (auch finanziell). Außerdem wird die Nutzung von Wasserstoff angestrebt, da regenerativ erzeugter Strom (u. a. von Windkraftanlagen) bislang ungenutzt bleibt. Dazu könnte am Energiewerk oder an anderer Stelle ein Elektrolyseur installiert werden und mit dem Wasserstoff ein BHKW oder Fahrzeuge betrieben werden (siehe 2.5 und 3.6.2). In diesem Zusammenhang wird auch die Erzeugung von synthetischem Gas aus Abgasverwertung geprüft.

6.2 Bioenergiedorf Mengsberg Zur Vorbereitung auf diese Antragstellung und im Zusammenhang mit der Erstellung der Machbarkeitsstudie haben Rat und Verwaltung mehrere Studienreisen nach dem Motto „Lernen mit den Füßen“ vorgenommen. Es wird ggf. weitere geben, sofern dieses zur Realisierung des Energiewerks sinnvoll erscheint. Zunächst wurde sich im Herbst 2018 das Referenzobjekt „Bioenergiedorf Mengsberg“ in der Nähe des hessischen Marburg angesehen. Hier handelte es sich um eine gerade erst in Betrieb genommene neue Anlage zur Darstellung des aktuellen „Standes der Technik“. Dies war für die Stadt insbesondere deshalb sehr interessant, da hier eine ideale Kombination von Holz- und Solarthermie vorgefunden wurde. Weiterhin entsprach das Wärmenetz den neuesten Erkenntnissen. 13

6.3 Stadtwerke Saarlouis Anschließend wurde eine Holzhackschnitzelanlage der Stadtwerke Saarlouis besichtigt. Diese seit 5 Jahren erfolgreich laufende Anlage wird mit Holzhackschnitzel aus Landschaftspflegemaßnahmen versorgt und kommt daher dem geplanten Betrieb des Heizwerkes in Geestland sehr nahe. Auch konnten Erkenntnisse zum Personalbedarf und zum Beschaffenheit des Materials mitgenommen werden.

6.4 Therme Aqua Fit Schortens In die Therme in Schortens wird derzeit die auch in Geestland angestrebte Technik zur Laubverwertung eingebaut. Die Stadtverwaltung hat sich im Februar 2019 vor Ort die vorgesehene Laubverwertung von der Trocknung (Schub-Wende-Trockner) über die Brikettierung bis hin zur Verwertung der Öko-Briketts erläutern lassen. Die Fertigstellung der Anlagen erfolgt allerdings erst in den nächsten Wochen. Nach Inbetriebnahme wird es einen weiteren Ortstermin geben.

6.5 Wasserstoff in Wesel Bezüglich der Nutzung von Wasserstoff als Speichertechnologie und für Verbesserungen im Bereich der Mobilität hat sich eine die Stadtverwaltung Ende März 2019 eine mobile Befüllstation für Wasserstofffahrzeuge in Wesel (an der Weser) angesehen und sich mit den Realisierungsmöglichkeiten beschäftigt.

6.6 Klimakommune Saerbeck Zur weiteren Ausarbeitung des Konzeptes erfolgte im April 2019 ein Besuch der Klimakommune Saerbeck im nördlichen Münsterland. Dort waren die „Gläserne Heizzentrale“ (einschl. Seminarraum), das Nahwärmenetz und der Betrieb zweier Biogasanlagen (Nass- und Trockenfermentation) von Bedeutung. Zusätzlich beschäftigt sich die Kommune mit der Klärschlammverwertung.

14