Beihefte Der Francia Bd. 25 1992
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Kei n andere s Lan d de s Kontinent s nah m Einflüss e au s de n europäischen Zentren des »modernen« Bauschaffen s i n so vielfältiger Weise auf. Die große Zahl der Fürsten im Reich und ihre dynastischen Beziehungen waren hierfü r ebenso de r Grun d wi e ihr e politische n Intentionen . Di e Schloßanlage n mi t ihre n Gärten waren für das Erscheinungsbild eines Hofes, di e Repräsentanz eines Fürsten von große r Bedeutung . Entsprechen d de r politischen Verbindung un d Zielsetzun g wurden Vorbild ode r Architekt gewählt . Wien, di e Residen z de s Kaiser s de s Heilige n Römische n Reiche s Deutsche r Nation, mit den Bauten J. B. Fischer von Erlachs und L. von Hildebrandts, besaß als kulturelles Zentru m groß e Ausstrahlungskraft . Domenic o Egidi o Ross i i n Rastatt , G. Donato Frisoni, Paolo und Leopoldo Retti in Ludwigsburg und Stuttgart oder am Main Maximilian von Welsch, Antonio Petrini , Balthasar Neumann (auc h in seinen Stuttgarter Planungen ) un d Matthäu s Danie l Pöppelman n i n Dresde n ware n wi e viele ander e beeindruckt . I n Wie n fande n österreichisch-böhmische , italienische , osteuropäische Bautraditionen eine Synthese, in der nach 1700 auch ein französisches Element stärker mitsprach. Doch war die kaiserliche Residenz nicht allein richtungs- weisend. Fas t gleichbedeuten d mi t Österreich-Böhme n wurd e i m 18 . Jahrhundert Frankreich. Seit den letzten Jahren des 17 . Jahrhunderts wuchs die Zahl der französi- schen, i n Pari s und Versailles geschulte n Architekte n a n den deutschen Fürstenhö - fen. Si e lösten italienisch e un d holländisch e Baumeiste r un d Gartenarchitekte n ab . Ihr Einfluß behauptet e sic h i n vie r Generatione n a n vielen Orte n Deutschland s i n verschiedenen Bauaufgabe n gegenübe r de n lokale n Bautraditione n un d de r Aus - strahlung Österreich-böhmische r Baukunst . Ausgenomme n hiervo n ware n weitge - hend die rhein-mainfränkischen Fürstentüme r - de r Wirkungsbereich der Dientzen- hofer, Balthasar Neumanns, Maximilian von Welschs, Johann Christoph Sebastianis, Johannes Seitzs - un d die benachbarten Residenzen i n Eichstätt, Ansbach, Fulda, in denen italienisch e Baumeiste r (L . Retti, Gabrie l GabrieÜ , M. Pedetti un d A . Galla- sini) bestimmend blieben . In Frankreic h hatt e scho n 166 4 der Entscheid i m Wettbewerb fü r den Ostba u de s Louvre - nebe n Versailles wichtigstes Bauvorhabe n des Königs — zu dem die angese- hendsten italienische n Architekten - L . Bernini, F . Borromini, C . Rainaldi - aufgefor - dert worde n waren , zugunste n vo n Claud e Perrault zur Abkeh r vo n de r italienisc h geprägten Architektur geführt , ein e kühlere, beruhigte Formensprache bewirkt, die - aus einer der Nation eigenen Neigung - ein e klassizistische Haltun g verrät. Zeremoniell un d Administratio n de s französische n Hofe s ware n a m End e de s 17. Jahrhunderts al s Ausdruc k eine s machtvolle n Königtum s fü r viel e deutsch e 128 Irene Markowitz Fürstenhöfe ei n Vorbild. Paralle l daz u wurde n di e französisch e Sprach e un d auc h Bauformen de r königlichen Bauten in Pari s und Versailles übernommen . Die Drei - flügelanlage mi t der Cour d'honneur in Versailles hatte eine solche Vorbildfunktio n für de n deutsche n Schloßbau . Die Cour d'honneur nach Versailler Vorbild löste i n Deutschland viele n Orts di e traditionelle , vo n italienische n wi e vo n deutsche n Architekten vertretene, mit Ecktürmen bewehrte Vierflügelanlage ab . Selbst italieni- sche Architekte n wi e Egidi o Domenic o Ross i i n Rastat t un d Matte o Albert i i n Bensberg, C . Donato Frison i i n Ludwigsburg , Leopold o Rett i i n Stuttgar t folgte n dem Vorbild Versailles. Rolle und Bedeutung der französischen Architekte n in Deutschland waren scho n mehrfach Gegenstan d de r Betrachtung1. Die groß e Zahl de r in Deutschland tätige n französischen Architekte n zwing t hie r zu einer Auswahl un d Beschränkung au f die bemerkenswerten Persönlichkeite n un d die wichtigsten Plätz e ihres Wirkens. I Unter den französischen Glaubensflüchtlingen , di e nach der Aufhebung des Edikts von Nante s 168 5 durc h di e Toleranz de r Landesherre n i n Glaubensfragen , vornehmlich i n Preußen und Hessen , Aufnahm e fanden , ware n nebe n Kunsthand - werkern un d Manufakturiste n auc h Architekten. Ihne n räumte n di e Landesherre n im Konzept ihrer Landesförderung einen Platz ein, das heißt sie beriefen sie: Jean de Bodt, Jean Legay, Paul du Ry. Beachtenswert ist die Stadtbaukunst der hugenottischen Architekten. Regelmäßige breite Straße n i n einheitliche r Bebauun g mi t Steinhäusern , dere n Geschoß - un d Fensterzahl festgeleg t ware n un d di e nu r ei n Portal , Balko n ode r Zwerchgiebe l schmückten, sowie lichte Plätze kennzeichnen die neuen Stadtquartiere in Erlangen, der Oberneustadt i n Kassel, de r neugegründeten Stad t Karlshafen a n der Weser. II Zu den ältesten Zentre n de s Wirkens französischer Architekte n in Deutschland, zählen die Residenzen der Kurfürsten, di e zur Königswürde aufstiegen: Branden - burg (Preußen ) und Sachsen (Polen) , Berlin un d Dresden, di e unter Beteiligung der französische n Architekte n z u prächtige n Residenze n ausgebau t wurden . Di e Stellung diese r zugezogene n französischen , meis t hugenottische n Baumeiste r is t erstaunlich, d a es in beiden Städte n bedeutend e Architekte n gab : I n Berlin Johann Arnold Nerin g un d Andreas Schlüter , weni g späte r auc h Eosande r von Göthe ; i n Dresden Johan n Geor g Starcke , de r vo r 167 8 nac h Frankreic h gereis t war , un d Matthäus Daniel Pöppelmann sowie für die Gärten J. Friedrich Karcher, der vermut- lich Le Nôtre in Versailles besucht hatte. Der in Kunstfragen nich t sichere , aber auf Repräsentation bedachte König Fried- rich I. von Preuße n zo g de n bishe r a n seine m Ho f bestimmende n holländische n Künstlern nunmeh r französisch e Baumeiste r vor , di e i n Pari s un d Versaille s di e wirkungsvolle Darstellung königliche r Mach t gesehe n ode r gelernt hatten. Für da s 169 5 begonnen e Zeughau s i n Berli n (Abb . 1) hatt e vermutlic h François Blondel Entwürf e geliefert , eine r der einflußreichen französische n Architekte n und Französische Architekten a n deutschen Fürstenhöfe n 129 Architekturtheoretiker. Di e Ausführung de s große n Baus , der Akzent e und Maß - stäbe in der Stadt setzte, lag neben Johann Arnold Nering und Andreas Schlüter be i dem oben erwähnten Jean de Bodt, der als Baukondukteur began n und dem bald all e königlichen Bauten unterstanden. Sei n Wirken reichte bis Ostpreußen. Jean de Bodt holte eine n weitere n Franzosen , Zacharia s Longuelune , de r ei n Schüle r Pierr e le Pautres gewesen war, nach Berlin. Gemeinsame Aufgaben stellte n sich ihnen auch in Potsdam (Stadtschloß) , w o späte r de r Franzos e Jean L e Gay di e Communes am Neuen Palai s plante. Ein Entwurf d e Bodts für di e Berliner Hedwigskirche (Abb. 2) zeigt ihn einem klassischen Pariser Vorbild, dem Invalidendom, verpflichtet. Jean Le Gay, i n spätere n Jahre n (1746 ) vo n Köni g Friedric h IL mi t de r Aufgab e erneu t beauftragt, adaptiert e de n Formenkanon de s Pantheon. Erst J. G. Büring vollendet e 1773 unter neuen Voraussetzungen de n Bau . In Berlin setzte sic h in der Gartenkunst mi t der Berufung de s Le Nôtre-Schuler s und Hugenotten Siméon Godeau, dem künstlerischen Leiter , und Renat Dahouron , dem von Jean de la Quintinyi unterwiesene n Gärtner , französischer Einflu ß durch . Nach Endassun g de r Architekte n un d Künstle r a m Berline r Ho f durc h de n Nachfolger Friedric h L, Köni g Friedric h Wilhel m I. 1718 fande n d e Bod t un d Longuelune neu e Aufgabe n i n Dresden ; Longuelun e bereit s 171 5 nac h Berufun g durch Augus t de n Starke n vo n Sachse n un d 172 8 auc h d e Bodt , de r zuvo r i m preußischen Wese l (Herzogtu m Kleve ) al s Festungskommandan t da s Berline r To r und ein e evangelisch e Kirch e gebau t hatte . Dresde n glic h i n diese n Jahre n eine r großen Baustelle . Ein e Bereitschaft , französisch e Bauforme n aufzunehmen , zeigt e schon Johan n Geor g Starcke s Große s Palai s (1668-72) . Erinnerunge n a n Schlo ß Blérancourt und den Palais de Luxembourg klingen an.