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Naturpark pwald

N BESTEHEN BEN LAN'DESiVE.R.EINS UTZ E.

ND VERLAG BRAUNSCHWEIG 1918

https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 2541 -000-2

https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Naturpark -

Der Kaisc1dom in der Elmsladl Königslutter

https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Vorwort

In diesem Jahr darf der Braunschweigische Landesverein für Heimatschutz seinen 70. Geburtstag feiern. 70 Jahre sind heutzutage zwar kein „biblisches Alter" mehr, doch sind es immerhin eine stattliche Anzahl von Jahren, die der Verein für das alte Braunschweiger Land wirken durfte. Große Geburtstagsfeiern liegen uns fern, aber unseren Mitgliedern und Freun­ den sollte als Dank für ein an Freuden und Leiden reiches Vereinsleben eine kleine Erinnerungsgabe gewidmet sein. Seit Bestehen des Verbandes Großraum Braunschweig haben wir uns auch dieser Stelle verbunden gefühlt und in freundschaftlicher Atmosphäre besonders sein Wirken für den Naturpark Elm-Lappwald unterstützt. Als Zeichen dieser Verbundenheit legen wir zu unserem Geburtstag dieses Sonderheft 4 unserer Zeitschrift „Braunschweigische Heimat" vor. Zusammen mit der Wanderkarte des Großraumverbandes. soll es über einen Naturpark informie­ ren, der den Menschen unseres Raumes ei!,'l Optimum an Erholung in schöner Land­ schaft bieten kann. Es soll aber auch zukünftigen Verantwortlichen die Bedeutung dieser Gegend aufzeigen. So geht unser herzlicher Wunsch dahin, daß dieses Heft bei allen Freunden und Gönnern eine gute Aufnahme finden möge und zugleich zeigen soll, daß der Landesverein nach wie vor seine Aufgabe im Sinne seiner 70j ährigen Tradition wahrzunehmen gedenkt. Möge das nächste Jahrzehnt unserem Verein vor allem einsatzfreudige junge Menschen zuführen, die bereit sind, sich der Heimatpflege und des Schutzes der kulturellen und naturgegebenen Güter anzunehmen. Sie zu erhalten und an kom­ mende Generationen weiterzugeben, muß doch eine lohnende Aufgabe bleiben. In diesem Sinne wünsche ich unserem Braunschweigischen Landesverein ein herzliches „Glückauf".

Prof. Dr. J. Da um (Vorsitzender des Braunschweigischen Landesvereins für Heimatschutz)

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Zum Geleit Von Bernhard Ließ Verbandsdirektor des Verbandes Großraum Braunschweig

Bemühungen, einen Naturpark Elm einzurichten, gibt es seit mehreren Jahr­ zehnten. Schon 1959 hat der seinerzeitige Präsident des Niedersächsischen Ver­ waltungsbezirks Braunschweig in Verbindung mit den Landkreisen Braunschweig, und Wolfenbüttel versucht, eine Abgrenzung und einen Träger für diesen Naturpark zu schaffen. Der Erfolg blieb aus. Mit der Errichtung des Ver­ bandes Großraum Braunschweig wurde ein regionales Instrument geschaffen, das neben seiner Hauptaufgabe als Planungsbehörde auch als untere Naturschutz­ behörde, Landespflegebehörde und mit der Kompetenz für die Errichtung und Un­ terhaltung bedeutsamer Erholungseinrichtungen ausgestattet, sich bislang ver­ nachlässigten Aufgaben widmen konnte. Schon 16 Monate nach der Arbeitsauf­ nahme der Verbandsverwaltung konnte die Verbandsversammlung am 20. 6. 1975 beschließen, Herrn Prof. Guldager vom Lehrstuhl für Entwicklungsplanung und Siedlungswesen der Technischen Universität Braunschweig mit der Erstellung ei­ nes Gutachtens zu beauftragen. Aufgabe des Gutachters war es, die Vorausset­ zungen zur Ausweisung des Naturparks zu klären und einen Vorschlag zu erar­ beiten, welche an den Elm angrenzenden Bereiche gegebenenfalls mit einzube­ ziehen sind. Darüber hinaus waren Zielvorstellungen für die Nutzung und den Ausbau des Naturparks zu entwickeln. Die Erarbeitung des Gutachtens wurde von einem Ausschuß beim Großraum• verband unterstützt, dem neben Vertretern der Verbandsversammlung die Natur­ schutzbeauftragten der Landkreise Helmstedt und Wolfenbüttel, je ein Vertreter der Landesforstverwaltung, der Landwirtschaft, des Privat- und Genossenschafts­ waldes, der Fremdenverkehrsarbeitsgemeinschaft sowie Vertreter der Landkrei­ se Helmstedt und Wolfenbüttel angehörten. Durch die Erörterungen in diesem Ausschuß, an dessen Sitzungen der Gutachter und der zuständige Dezernent des Präsidenten des Niedersächsischen Verwaltungsbezirks Braunschweig teilgenom­ men haben, wurde sichergestellt, daß die Wünsche und Erfahrungen der Betei­ ligten im Rahmen des Gutachtens mit erfaßt und gegebenenfalls berücksichtigt werden konnten. Der erste Teil des Gutachtens wurde am 31. 10. 1975, der zweite Teil zum 31. 10. 1976 vorgelegt. Parallel dazu wurden, in Abstimmung mit dem Gutachter und den Beteiligten, erste Baumaßnahmen eingeleitet. Dazu gehörten die Anlage dreier Parkplätze, des Elmrandweges, eines Spielplatzes in Verbindung mit ei­ nem Picknickplatz sowie die Errichtung einer Grillanlage oberhalb von Evessen mit Gesamtbaukosten von ca. 275 000,- DM. Mit Wirkung vom 8. 9. 1977 wurden die Gebiete Elm, Lappwald, Dorm und Lauinger Forst vom Niedersächsischen Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Naturpark erklärt. Mit dieser Entscheidung hat das Land Nie­ dersachsen die Konsequenz aus den vom Verband geleisteten Vorarbeiten für die Schaffung des Naturparks Elm-Lappwald gezogen. Gleichzeitig wurde der Ver­ band Großraum Braunschweig zum Träger des Naturparks bestimmt. Damit folgte das Land voll den Vorstellungen, wie sie von der Verbandsversammlung am 2. 6. 1977 beschlossen wurden.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Um den Verband bei der Entscheidung über wesentliche Fragen des Natur­ parks zu beraten und die Verbindung zu den Kommunen und anderen relevanten Kräften im Bereich des Naturparks herzustellen, wurde ein Beirat gebildet, in dem die im Naturparkgebiet liegenden Landkreise, Städte, Gemeinden und Samt­ gemeinden, die Landwirtschaftskammer, die Landvolkverbände, Vertreter der Forstwirtschaft, die Verkehrsvereine, die Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke AG und - für Einzelfälle - Sachverständige vertreten sind. Daneben wurden Arbeitskreise für die Bereiche „Wanderwege" und „Pflanzensoziologie und Zoo­ logie" gegründet. Diese Arbeitskreise beschäftigen sich mit Spezialfragen bei der Entwicklung des Naturparks. Der Verband beabsichtigt ferner, einen „Club Na­ turpark Elm-Lappwald" zu gründen, dem als Mitglieder alle am Naturpark inter­ essierte Personen beitreten können. Im Rahmen der Zielvorstellungen des Gutachtens, nämlich die Erhaltung und Verbesserung des hervorragenden Landschaftspotentials - die zurückhaltende Aktivierung des Erholungswesens und - die weitgehende Verteilung der Besucher auf eine möglichst große Zahl von Zielpunkten wurde die Ausgestaltung des Naturparks begonnen. Als erste Maßnahme wurde ein Wanderwegenetz ausgearbeitet, durch das der Naturpark erschlossen wird. In langen Verhandlungen entstand ein Wegesystem mit 92 Rundwanderwegen und 26 Streckenwanderwegen. Nach Abschluß der not-• wendigen Verträge mit den Eigentümern wurde im Frühjahr 1978 mit der Be­ schilderung der Rundwanderwege begonnen. Gleichzeitig wurde eine Wanderkarte mit einer Auflagenhöhe von 15 000 Exemplaren hergestellt, die der Offentlichkeit im Juni dieses Jahres vorgestellt werden konnte und sich im Verkauf befindet. Ca. 50 Orientierungstafeln ergänzen dieses System. Als weitere Maßnahmen werden im gesamten Naturpark Schutzhütten, Bänke und Papierkörbe aufgestellt; an 32 verschiedenen Punkten werden kleinere Park­ plätze mit insgesamt 600 Einstellplätzen angelegt. Darüber hinaus hat der Verband Zuschüsse zum Bau von Sport- und Sanitär• anlagen am Tetzelstein, zur Anlage eines Rad- und Wanderweges zwischen Schöppenstedt und der Samtgemeinde Sambleben, zur Anlage eines Wander­ weges im Freizeitzentrum Räbke, zur Ausweisung eines Radweges zwischen Braunschweig und Destedt sowie zur Neuanlage und Instandsetzung von 2 Wald­ lehrpfaden gewährt. Mit Abschluß der Maßnahmen Ende dieses Jahres hat dann der Naturpark Elm-Lappwald die Grundausstattung der Erschließung für die Erholungssuchen­ den erhalten. Mit Abschluß dieses Jahres muß aber auch infolge der vom Nieder­ sächsischen Landtag beschlossenen Auflösung der Verband Großraum Braun­ schweig seine Arbeit einstellen. Es bleibt zu hoffen, daß als Nachfolger des Ver­ bandes eine Institution die Trägerschaft für den Naturpark erhält, die die Kraft und finanzielle Ausstattung besitzt, die Entwicklung in dem von uns angestreb · ten Sinne weiter zu betreiben. An dieser Stelle möchte ich allen an der Entwicklung und Gestaltung des Na­ turparks Beteiligten meinen herzlichen Dank aussprechen.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Leitgedanken zur Sd1affung eines Naturparkes Elm -Lappwald-Dorm Von Reinhardt G u 1 da g er

Die Untersuchung über die Entwicklung des künftigen Naturparks Elm­ Lappwald-Dorm fällt in eine Zeitspanne, in der, einhergehend mit der zu erwar­ tenden Tendenz langfristiger wirtschaftlicher Rezessionen, ein zunehmendes Umweltbewußtsein in dem offenen Konflikt zwischen quantitativem wirtschaft­ lichem Wachstum und der Erhaltung von unersetzbaren Werten der Natur bei einsichtigen M nschen aufkommt. Man kann dies als "Unbehagen im eigenen Wohlstand" bezeichnen. Gleichsam parallel und verflochten mit einer immer weiter steigenden quantitativen Produktions- und Konsumrelation hat sich ein Massentourismus entwickelt, bei dem die eigentlichen qualitativen Werte, wie Erholungs- und Ruhebedürfnis, verständlicher Wunsch nach Abwechslung und Ausgleich und zeilliche Befreiung von festgelegten Bindungen, überlagert werden von einseiti­ gen ökonomischen Einflüssen, die vielfach Erholungsgebiete zu Rummelplätzen und sogenannte Erholungsangebote zu Streßangeboten für den Erholung suchen­ den Menschen degradieren. Inmitten dieser vielschichtigen Konfrontation von Erholungsbedürfnis und -angebot stellt sich die Landschaft mit ihrem natürlichen Potential, mit ihrer Schönheit und ihrem Erlebniswert dar, soweit sie nicht bereits durch den Men­ schen zerstört worden ist. Nicht der Massentourismus mit Autokolonnen, überfüllten Stränden, verdichte­ len Hochhausbarrikaden und überladenen, auf Rummel und Pseudoerholung ausgerichteten sogenannten Ferienzentren, kann das Erholungsbedürfnis der von Streß und unsinnig r Produktions- und Konsumentwicklung belasteten Menschen befriedigen; der Massentourismus baut vielmehr eine belastende Scheinwelt auf, die zu einer materiellen Unersättlichkeit hinführt. Die Frage stellt sich, wieweit wir es uns leisten können, dies auch künftig mit dem Ausverkauf unserer Landschaft zu bezahlen. Mit dem immer wieder in den Vordergrund gestellten Ziel steigenden wirtschaftlichen Wachstums haben wir es verstanden, mit ungeheurer Energie und Verblendung eine sogenannte sachliche Umwelt zu schaffen. In der Realität heißt das: Eine Vogelart nach der anderen kapituliert vor dem Menschen, Flüsse, Bäche und Sümpfe werden zu Kloaken und Abzugskanälen. Wir machen die Welt - unsere Lebenswelt - häßlicher, lärmender, gemeiner und langweiliger, unter Aufgabe der moralisch­ geistigen Existenzgrundlagen. Wie lange und wie weit sollten wir es uns noch leisten, einhergehend mit dem Ausverkauf natürlicher Ressourcen und unersetzbaren Landschaftspotentials, dem Menschen eine Massenerholung zu servieren, die ihn immer weiter von seinem eigentlichen Anliegen, der Erholung in Ruh wegdrängt. So stellt sich dem Gutachter bei der Aufgabe, konstruktive Vorschläge für einen künftigen Naturpark auszuarbeiten, erst einmal die grundsätzliche Frage der Ausrichtung: Massentourismus oder echte individuelle Erholung.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Das Grundpotential für eine Erholung überhaupt im künftigen Naturpark liegt in der noch vorhandenen natürlichen Landschaft, die verflochten mit einer zumindest in den älteren Teilen ausgeglichenen Siedlungsstruktur auf jeden Fall in ihrer Schönheit und auch Notwendigkeit für eine intakte Umwelt zu erhalten ist. Hier ist so zu planen, daß auch künftige Generationen die Möglichkeit haben, den Erlebniswert dieser Landschaft zu nutzen. Deswegen sollten Maßnahmen zur Aktivierung des Fremdenverkehrs und Erholungswesens nur sehr zurückhaltend angeboten werden und auch nur dort, wo diese Anliegen im Einklang mit der Erhaltung der Landsch:1.ftsstruktur stehen. Im Vordergrund steht die Uberlegung, die Interessen der Gesamtbevölkerung beziehungsweise von breiten Bevölkerungsschichten den Einzelinteressen voran­ zustellen. Aus diesem Grunde vollzogen sich alle Erarbeitungen für den künftigen Naturpark in intensiver Zusammenarbeit mit den Gemeinden; den zuständigen Fachplanungen - besonders der Land- und Forstwirtschaft und zahlreichen Bürgern, die aus Interesse an der Landschaft und einer menschlichen Erholung einen wertvollen Beitrag zu dieser Planung leisteten. (... ]

(Aus dem Vorwort zum Gutachten „Naturpark Elm-Lappwald-Dorm", das i976 von R. Guldager und Mitarbeitern im Auftrag des Verbandes Großraum Braunschweig er­ stellt wurde.)

Der Elm aus forstlicher Sicht Von Jürgen Penner

Weit über seinen näheren Einzugsbereich hinaus dürfte der „Elm" vielen eifrigen Kreuzworträtselanhängern als „größtes zusammenhängendes Buchen­ waldgebiet in Norddeutschland" bekannt sein. Für den interessierten Betrachter stellt sich der Wald des Elmes sowohl in seiner Baumartenverteilung als auch in seiner Besitzstruktur sehr viel bunter dar. Die 8.285 ha große Waldfläche ist in lebhafter Mischung aufgeteilt in 3.934 ha Landesforsten 470/o 3.625 ha Genossenschaftsforsten = 440/o 726 ha Privatforsten 90/o. Die vorkommenden Baumarten haben standörtlich und auch dur.ch die Wald- besitzartenverteilung bedingt gebietsweise recht unterschiedliche Flächenanteile. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild: Eiche 120/o Kirsche 60/o Buche 500/o Fichte 180/o Ahorn 60/o Lärche 130/o Esche 60/o Kiefer 10/o. Sowohl die Besitzverteilung als auch die Anteile der Baumarten an der Fläche sowie ihre Bewirtschaftung waren in der Vergangenheit häufigen Veränderungen unterworfen, die das Bild des Waldes im Elm z. T. heute noch prägen. Es erscheint notwendig, einige Entwicklungsphasen unseres Waldes kurz darzustellen.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Das Rcitlings lal im Elm Foto: K. Li cslmann

Die Waldentwicklung nach den Eiszeiten bis ins Mittelalter Mit dem Zurückweichen des Eises nach der letzten Eiszeit (vor etwa 15.000 Jahren) bedeckte sich das Land mit Moosen, Flechten und Zwergsträuchern, einer Vegetation, die wir heute in der arktischen Tundra finden. Da das Klima all­ mählich wärmer wurde, fanden allmählich auch die uns bekannten Baumarten ihnen zusagende Lebensbedingungen. Zunächst waren es die anspruchslosen Arten wie z.B. Birken (um 8000 v. Chr.). Doch dann wanderten auch Hasel, Eichel, Linde und Ulme und zuletzt Buche und Hainbuche (um 3000 v. Chr.) ein. Die natürliche Waldentwicklung wurde von der Bronzezeit an - ständig zunehmend - durch direkten und indirekten menschlichen Einfluß gestört und verändert. Wir wollen diese menschlichen Einflüsse auf den Elmwald während der letzten 1000 Jahre kurz betrachten. Der Elm war zur Zeit der sächsischen Kaiser bis zum Jahre 997 Königsgut. Die rings um den Elm gelegenen Dorfschaften mit ihren Hofbesitzern waren uneingeschränkte Nutznießer am größten Teile des Elmwaldes, der plenterwald­ artig bewirtschaftet wurde; das heißt, es wurden nur einzelne starke Baumstämme geerntet, während man kleine und mittlere Bäume weiterwachsen ließ. Ausge­ nommen von dieser Nutzung waren nur einige „Sundern", das war im Privat­ eigentum stehender Sonderbesitz. Im Jahre 997 schenkte Kaiser Otto III. dem Bischof Arnulf on Halberstadl und dessen Nachfolgern auf dessen Bitte sein Eigentum und den Bann über sechs Forsten, darunter , E Im und Fallstein. Erst viel später fand eine räumliche

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Abgrenzung in Landes- und in die jetzigen Genossenschaftsforsten, die früheren Gemeindewaldungen, statt. Die Nutzung der Forsten nahm mehr und mehr den Charakter der klassischen Mittelwaldbewirtschaftung an: Während Eigentum und Nutzung des Oberstandes (starke Bäume, die mit ihren Kronen die geringe­ ren Bäume und Sträucher des „Unterstandes" überragten) den Landesherren zu­ standen, gehörte das Unterholz den berechtigten Dorfbewohnern. Man „haute" im überstand Bauholz und „schnitt" im Unterstand Feuerholz. Vom Oberholz, zu dem nur die fruchttragenden Holzarten Eiche, Buche und Linde zählten, wurde den berechtigten Dorfbewohnern nur nach Bedarfsnachweis und auf Anordnung der Förster Holz zugewiesen. Das „unechte" Holz stand jedem weiterhin frei und unbegrenzt zur Verfügung. Die Anfänge planmäßiger Forstwirtschaft Nach den ältesten eingehenden Nachrichten über den Waldzustand und die vor­ kommenden Baumarten im Elm aus der Zeit zwischen 1530 und 1860 hat der Elm­ wald aus einem Laubholzgemisch von „allerlei" Baumarten bestanden, wie es dem Niedersächsischen Berg- und Hügelland auf Böden aus Muschelkalk und Kreide­ gesteinen eigen ist. Der Ubergang von der beschriebnen Mittelwaldwirtschaft zur heute noch üblichen Hochwaldbewirtschaftung dauerte fast 200 Jahre. Während in den „herrschaftlichen Forsten", Teilen des heutigen Staatlichen Forstamtes Königs• lutter, bereits um 1700 Buchenhochwald vorhanden ist, findet dieser Waldumbau im Ostelm erst um 1815 seinen Abschluß. Mit dem Jahre 1750 beginnt noch eine andere Epoche in der Waldentwicklung auf dem Elm. Sie ist gekennzeichnet durch Bestandesbegründungen mittels Saat, Pflanzung und Einbringung nicht hei­ mischer Holzarten und fremden Saatgutes. Die ersten Nadelhölzer wurden in Lücken von natürlich angesamtem Buchenjungwuchs gepflanzt (um 1715) . Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man mit planmäßigen Umwand­ lungen größerer Bestände in Nadelholz. Seit etwa 1860 verstärkte sich der Nadel­ holzanbau, und seitdem zeigt der Elmwald nach einer Periode reiner Buchen­ bestockung neben großflächig vorkommenden reinen Buchenbeständen zahlreiche Laub- und Nadelholzmischbestände, nicht selten auch reine Nadelholzpartien. Forstwirtschaft im Elm heute Die Landesforsten werden von zwei staatlichen Forstämtern in Königslutter und Schöningen mit jeweils fünf Förstereien verwaltet und bewirtschaftet. Diese beraten und betreuen auch die Genossenschaftsforsten. (Besitzer sind Forstge­ nossenschaften in den umliegenden Dörfern.) Der Privatwald wird durch das Forstamt der Landwirtschaftskammer in Braunschweig betreut. Der Anreiz zu wirtschaftlichen Erfolgen auf den außerordentlich wertvollen Waldstandorten des Elms unter Beibehaltung und möglicher Erhöhung seines Wertes für die Erholung suchende Bevölkerung lassen die Arbeit der Forstleute hier besonders verantwortungsvoll erscheinen. Sie entscheiden, wann die Wald­ bestände oder einzelne w ertvolle Bäume, die ihre Vorgänger vor 120 bis 300 Jahren gepflanzt haben, wirkl!ch erntereif sind. Sie haben solche Wirtschafts­ maßnahmen zu wählen, die dem Naturhaushalt nicht schaden und die das Land­ schaftsbild und den Erholungswert des. Waldes nicht verschlechtern. Oft ist es nicht leicht, mit dem Verkaufserlös alle Kosten zu decken, die die Pflege jüngerer Bestände und vor allem die Wiederaufforstung mit standortgerechten Baumarten verursachen. Letztere sind dringend notwendig, damit auch unsere Nachkommen

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 stabile Wälder vorfinden, die sicher sind vor Sturm und Brandkatastrophen, die günstig auf das Klima wirken, Erholungsmöglichkeiten gewähren und den auch immer knapper werdenden Rohstoff Holz liefern! Der Elm gehört zu den vom Standort begünstigten Laubwaldgebieten Nieder­ sachsens. Ein ganz überwiegender Flächenanteil bietet den „Edellaubhölzern" Esche, Ahorn, Kirsche und Linde gule Wuchsbedingungen. Derartige Standorte kommen nur auf etwa 70/o der Waldfläche der niedersächsischen Landesforsten vor und sind zur Zeit fast ausschließlich mit Buchenreinbeständen bestockt - so auch im Elm. Hier wieder bunte Laubmischwälder zu begründen und in ihnen das wertvolle Holz von Esche, Ahorn und Kirsche heranzuziehen, ist eines der vorrangigen Ziele heutiger Forstwirtschaft im Elm. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Nachzucht der beliebten Eiche. Drei Eichenstämme aus dem Forstamt Schöningen wurden im Februar 1978 in Hannover für insgesamt fast 21.000,- DM (!) versteigert. Diese Baumart baut man nicht nur wegen ihres begehrten Holzes an. Sie ist auch besser als alle anderen heimischen Arten in der Lage, schwer durchwurzelbare Böden mit ihren Wurzeln so tief zu erschließen, daß ihr die häufig sehr starken Herbst- und Früh• jahrsstürme kaum gefährlich werden können. Eid1enwälder schützen auch benach­ barte Bestände weniger standfester Baumarten gegen Sturmwurf. Es ist aber durchaus nicht so, daß die Buche und das Nadelholz aus dem Elm verdrängt werden sollen. Audl in Zukunft wird die Buche einen nicht unerheblichen Teil des Elmes bewalden, teils als Beimischung zu Eiche und Edellaubholz, teils als Hauptbaumart zusammen mit der Europäischen Lärche. Um die besdlriebenen Ziele zu verwirklichen und zukünftigen Generationen wertvolle Waldbestände zu sichern, ist ein großer Aufwand an Schutz und Pflege­ maßnahmen in den jungen Wäldern erforderlich. Kulturen müssen vor der Kon­ kurrenz von Gräsern und Kleinsträuchern geschützt werden. Besonders auf den fruchtbaren Böden des Elms drohen diese ständig, die jungen Forstpflanzen zu ersticken. Gras ist die Voraussetzung für Massenvermehrung der Mäuse, die ganze Jungbestände vernichten können. Weitere Gefahren drohen durch verschiedene Wildarten: Kaninchen, Hasen, Reh-, Rot- und Dammwild äsen mit Vorliebe die Gipfeltriebe der Laubbaumarten. Die jungen Bäume bilden dann verstärkt Seitenzweige und wachsen zu ver­ huschten Sträuchern heran. Besonders gefährdete Schonungen müssen unbedingt durch einen Zaun geschützt werden - leider, denn schön sehen Draht- oder Lattenziiune im Wald ja nicht gerade aus. Kaum haben die Schonungen die Gefahren der ersten Jahre überwunden, muß das Misdlungsverhältnis der Baumarten in den Dickungen reguliert werden: Schlecht veranlagte Stämmchen sind zu entfernen, gute werden ausgesucht und begünstigt. Besonders wertvolle Jungbäume werden durch Farbringe markiert und aufgeastet. Manche Arten z. B. Eschen werden mit einem Schutzanstrich ver­ sehen, um ein Abschälen der Rinde durch das Rotwild zu verhindern. All diese Maßnahmen werden den heute wirtschaftenden Forstbeamten und Waldbesitzern kein Geld mehr einbringen, im Gegenteil, sie sind sehr teuer. Doch beansprucht die Produktion von Holz nun einmal 100 und mehr Jahre, und schließlich haben wir im Walde auch nicht gepflanzt, was wir heute ernten.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Unsere Vorgänger haben uns im Elm einen Wald hinterlassen, in dem sich auch in Zeiten schlechter Holzpreise noch ein gewisser Uberschuß erwirtschaften läßt und der dem Besucher ein hohes Maß an Erholungswirkung bietet. Nur wirt­ schaftlich gesunde Forstbetriebe werden auch den weitergehenden Anforderun­ gen gerecht werden können, die sich aus der Stellung des Elmes als Kerngebiet eines Naturparkes Elm-Lappwald ergeben. Jagd und Wild im Elm Der nahrungsreiche Laubwald des Elms inmitten weiter fruchtbarer Acker­ flächen bietet allen heimischen Wildarten ideale Lebensbedingungen. Rotwild gibt es seit alters her im Elm. Nachdem es im Jahre 1848 total abgeschossen worden war, vermehrten sich einige, wahrscheinlich aus dem Raum Harbke zugewanderte Stücke wieder zu einem neuen Bestand. Seine Zahl wechselte periodisch und beträgt zur Zeit etwa 120 Stück. Die zweite Hirschart, das Damm­ wild, wurde 1936 ausgesetzt und vermehrte sich etwa auf die gleiche Zahl wie der Rotwildbestand. Allerdings kann der Wanderer viel häufiger Dammwild beobachten, da diese Wildart mehr tagaktiv ist als das Rotwild. Wer Glück hat, kann jedoch Ende September/ Oktober das Röhren der brunf­ tenden Rothirsche hören. Die am häufigsten vorkommende und zu beobachtende Schalenwildart ist das Reh. Seine Zahl ist nur sehr schwer zu schätzen, dürfte aber bei etwa 800 Stück liegen. Viele Rehe stehen im Sommer in den angrenzenden Getreide- und Rüben• feldern und wechseln zum Herbst zusätzlich in die ·waldungen. Dort verursachen sie dem Waldarbeiter und Forstbeamten oft arge Kopfschmerzen. Sie äsen vor­ nehmlich die Knospen und Triebe junger Forstpflanzen in den oft mühsam be­ gründeten Kulturen und Jungwüchsen. Schutzmaßnahmen, wie Zäune oder Ein­ zelschutz bestimmter Baumarten haben auf der großen Fläche nicht immer die erwünschte Wirkung. Um diese Wildschäden, die übrigens in geringerem Umfang auch von den beiden Hirscharten verursacht werden können, in einem vertretbaren Rahmen zu halten, ferner aber auch um Degenerierungserscheinungen und Krankheiten des Wildes zu verhüten, ist eine intensive Bejagung biologisch und wirtschaftlich dringend erforderlich. Nicht ganz so problematisch ist das Schwarzwild, das mit etwa 200- 250 Stück Frühjahrsbestand im Elm vorkommt. Es richtet zumindest in der Forst­ wirtschaft -- die Landwirte denken da anders - keinen Schaden an, doch besteht auch bei ihm ständig Seuchengefahr (Schweinepest). wenn eine Ubervermehrung nicht verhindert wird. Der Wanderer wird dieses scheue Wild, das meist nacht­ aktiv ist, nur sehr selten sehen. Anders dagegen Hasen, Kaninchen, Fasanen und Wildtauben, manchmal auch Enten. Alle diese Arten kommen in relativ großer Zahl vor und sind besonders an den Wald-Feld-Rändern häufig zu beobachten. Obwohl sie im Fuchs einen reichlich vertretenen natürlichen Feind haben, vermehren auch sie sich zuweilen so stark, daß sie sowohl im Wald, als auch im Feld Wildschäden anrichten können. Die Hege und die Bestandsregulierung all dieser Wildarten obliegt einer großen Zahl von Jägern. Da die Jagdbezirke ähnlich bunt gemischt sind wie der Waldbesitz im Elm, ist eine enge Zusammenarbeit der Forstverwaltungen mit der

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 privaten Jägerschaft notwendig. Nach über 20jähriger freiwilliger Zusammen­ arbeit steht - voraussichtlich noch in diesem Jahr - die Gründung einer aner­ kannten Schalenwildgemeinschaft (der ersten in Niedersachsen) bevor. Wandern und Erholung im Elm Der Elm stellt - wie vorher auch schon für unseren Raum - den Haupt­ anziehungspunkt in dem neugeschaffenenen Naturpark „Elm-Lappwald" dar. Seit langem haben die Forstverwaltungen und die Privatwaldbetriebe mit ihrem Wirtschaftswegenetz den Elm auch für den Besucher erschlossen. In den letzten Jahren sind die bestehenden Einrichtungen - zusammen mit dem Verband Groß• raum Braunschweig - erweitert worden und neue wurden geschaffen. Parkplätze, Wanderwege, Trimm-Did1-Pfade, Grillplätze, Bänke usw. stehen den Erholungssuchenden neben einem gut ausgeschilderten Wegenetz zur Ver­ fügung. Solche Einrichtungen zu schaffen und zu unterhalten gehört schon lange zu den Aufgaben der Forstverwaltungen und läßt sich sinnvollerweise nicht von der übrigen Bewirtschaftung der Wälder trennen. In einem viel besuchten Raum wie dem Elm, heißt es daher für den Forstmann ganz besonders bei allen wirtschaft­ lichen Maßnahmen den Wert des Waldes für den Erholungssucl;l.enden im Auge zu haben und zu versuchen, den ihm anvertrauten Wald auch in diesem Sinne ständig zu verbessern.

Die Vogelwelt im Naturpark Elm-Lappwald - Sicherung und die Erhaltung der Landschaft ist die Hauptaufgabe - Von R o 1 f Jürgens

Seit September 1977 sind der Elm und Lappwald sowie die weitere Umgebung zu einem Naturpark Elm-Lappwald ausgewiesen worden. Touristische Einrich­ tungen, zahlreiche Parkplätze, und Wanderwege werden eingerichtet. Kann der Elm-Lappwald diese Aktivitäten verkraften? Die Feuchtgebiete - Quell- und Flußläufe - im Gebiet sind absolut zu erhalten. Die Sehunterquelle am Nordrand des Elms ist durch ausufernden Campingbetrieb, der fast bis in den Quellbereich hineinragt, erheblich beein­ trächtigt. Die Quellen von Altenau, Lutter, Wabe und Sauerbach sowie die kleineren Quellgebiete sind ebenfalls zu schonen und zu sichern. Die Auswei­ sung der Feuchtgebiete zu Naturschutzgebieten ist anzustreben. Das Reitlingstal mit seinen Feuchtgebieten und Feuchtwiesen nimmt eine Sonderstellung ein und sollte vordringlich unter Naturschutz gestellt werden. Eine kürzlich beantragte Umwandlung von Teilflächen von Wiesen zu Ackerland muß unabdinglich ab­ gelehnt werden. Eine schwere Beeinträchtigung ist die Elmrandbebauung zwischen Evessen und an der „Elmwarte". Die Waldrandzonen dürfen keine weitere Belastung erfahren . Eine W aldrandbebauung muß daher abgelehnt werden. Park-

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 plätze sollten nur am direkten Rand der Orte angelegt werden. In der Feldflur und am Waldrand sind Parkplätze ebenfalls abzulehnen. Jegliche Beeinträchti• gung durch „Erholungsrummel" ist im Naturpark Elm-Lappwald zu vermeiden.

Schwarzspecht Foto: R. J ürgens

Die Vogelwelt im Naturpark Elm-Lappwald, die nachfolgend insbesondere für den Elm und die Elmränder zusammengestellt ist, soll hier als Artenzusammen­ stellung aufqezeichnet werden: Zwergtaucher: Teich im Reitlingstal - Brutverdacht Saatgans: Zur Zugzeit überfliegend des Elms „Winterflucht" 76/ 77 Stockente: Brutvogel am Teich Reitlingstal - Vorkommen Erdfall bei Langeleben-Sambleben und Eitzum Knäkente: Gelegentlicher Gast - Reitlingstal, Anstaltsteich Königsl. Tafelente: in gleichen Biotopen Mäusebussard: Häufiger Brutvogel, besonders am Elmrand Rauhfußbussard: Seltener Wintergast Sperber: Wintergast, offenbar kein Brutvogel Habicht: Selten, sehr seltener Brutvogel, wahrschl. Brut im Nordelm

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 W cspenbussard: Sellener, aber regelmäßiger Brutvogel, b. Brunsleberfeld Rotmilan: Häufig r Greifvogel im Elm, brütet bei Königslutter, Sun­ stedt, Abbenrode, Reitlingstal, Sambleben, Lelm usw., in deu letzten Jahr n Zunahme Rohrweihe: Reg lmäßig auf Beuteflug am Teich im Reitlingstal Turmfalke: Häufiger Brutvogel an den Elmrändern Fasan: Bemerkenswert scheint das Vorkommen im Z ntralelm, früher war er a uf den Elmrand beschränkt. Jetzt inmitten des Wald­ gebietes Kranich: Regelmäßig überfliegende Trupps während des Herbst- und Frühjahrszuges des Gebieles. Kraniche überfliegen oft den Nordrand und den Südrand des Elms. Der größte Teil der Kraniche überfliegt den Elmrand. Teichhuhn: Brutvogel am Teich Reitlingstal und Königslutter Anstalts­ teiche, Eitzum Fischteiche Bleßhuhn: Brul Teich im Reitlingstal, Eitzum Fischteich Waldsdtnepfe: Auf dem Zuge regelmäßig im gesamten Elm. Während der Brutzeit regelmäßig an folgenden Stellen beobachtet: Oberes Kuhspringtal, zwischen Brunsleberfeld und Langeleben, obe­ res R itlingstal Graureiher: Einzelne Exemplare regelmäßig Reitlingstal, Anstaltsteiche Königslutter, Eitzum Fischteich, am Oberlauf der Altenau Kiebitz: Rastend im Reitlingstal und in der Feldflur am Elm Bekassine: wenn Teiche im Reitlingstal abgelassen sind Verlandungszone Grünsch nkel: wenn Teiche im Reitlingstal abgelassen sind Verlandungszone Dunkler Wasser!.: w enn Teiche im Reitlingstal abgelassen sind Verlandungszone Kampfläufer: wenn Teiche im Reitlingslal abgelassen sind Verlandungszone Alpenstrand 1.: wenn Teiche im Reitlingstal abgelassen sind Verlandungszone Hohllaube: Sellen - gelegentlich - auch zur Brutzeit Reitlingstal Ringeltaube: Häufiger Brutvogel im gesamten Elmgebiet Turteltaube: Regelmäßiger Brutvogel, besonders in Buchenverjüngungen, z.B. Oberes Kuhspringtal, Königslutter und bei Sunstedt Kuckuck: Regelmäßig - w eitverbreitet - nicht besonders häufig Schleiereule : Brutvogel am Kaiserdom in Königslutter 'f/aldkauz: Scheinl besonders häufig im Elm zu. sein Waldohreule: Selten, Brut bei Bornum Mauersegl r : Häufig Eisvogel: Mehrmals am Teich im Reitlingstal, Brutverdacht? Eitzum Fischteich, Altenau-Oberlauf Grünspechl: Selteneres sporadisches Vorkommen Grauspecht: Wesentlich häufiger als Grünspecht, lebt heimlich, besonden, zahlreich um das Watzumer Häuschen, auch bei Sambleben Zwergspecht: Weit verbreitet, auch im Gebiet des Meinetals Schwarzspecht. Weit verbreitet, offenbar eine Zunahme in letzten Jahren

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Buntspecht: Häufiger Specht Wendehals: Selten, Nordelm und bei Erkerode Feldlerche: Am Elmrand Heidelerche: Keine Brut - regelmäßiger Zug Haubenlerche: Keine Brut - regelmäßiger Zug Rauchschwalbe: Zahlreich in den Dörfern am Elm, in den letzten Jahren aber eine Abnahme Mehlschwalbe: Brütet am Restaurant Reitlingslal, in Schöppenstedt und den Elmranddörfern. Vorkommen rückläufig Gebirgsstelze: Brutvogel in Königslutter und am Anstaltsteich, am Sauer­ bach und an der Altenau bei Schöppenstedt beobachtet Bachstelze: Reitlingstal - Anstaltsteich als Brutvogel Baumpieper: Häufiger Brutvogel, ein Charaktervogel des Elm Neuntöter: Regelmäßiger Brutvogel auf Kahlschlägen, Funkturm, oberes Kuhspringtal, Sunstedt, Schöppenstedt Raubwürger: Seltener Wintergast am Elmrand Seidenschwanz: Fast alljährlicher Wintergast am Nordelm, Stadtgebiet Königslutter und Stadt Schöppenstedt. Trupps bis achtzig Exemplare Zaunkönig: Regel im Elm, besonders häufig an kleinen laufenden Ge­ wässern, oberer Lutterlauf, Altenau, Heckenbraunelle: Häufig - besonders an offenen Stellen Feldschwirl: Auf mit Hirschgras bewachsenen Freiflächen nicht selten Gelbspötter: Am Elmrand z.B. Lutterquelle, Funkturm, in Gärten des Elmrandes Mönchsgrasmücke: Häufig am Elmrand Klappergrasmücke: Häufig am Elmrand Dorngrasmücke: Elmrand - regelmäßig - gerne in Schlehenbüschen des Elm- randes, in den letzten Jahren weniger häufig · Zilpzalp: Häufig und regelmäßig Fitis: Häufiger Laubsänger Waldlaubsänger: Regelmäßig in Buchenaltholz Wintergoldhähnchen: Im Nadelwaldbiotop des Elms Grauschnäpper: Elmrand und Gärten, regelmäßig Trauerschnäpper: Regelmäßiger Brutvogel - nicht so häufig wie in anderen Wäldern Nachtigall: Fehlt im Hochelm, Vorkommen am Elmrand, Lutterquelle, Reitlingstal - Sambleben Rotkehlchen: Uberall häufig Gartenrotschwanz: Sehr starke Abnahme in den letzten Jahren. Heute noch in Gärten, Königslutter, ·Reitlingstal, Schöppenstedt Hausrotschwanz: Nicht sehr häufig Braunkehlchen: BrütP,t im Reitlingstal und bei Schöppenstedt

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Sleinschmälzer: Seilen am Elmrand, z.B. Abbenrode Misteldrossel: Wintergast, besonders bei Ampleben-Brunsleberfeld Wacholderdrossel: Wiesen - Reitlingstal, Schöppenstedt Amsel: Uberall häufig Ro tdrosscl: Wintergast, Elmrand, Reitlingstal, Küblinger Trift, bis April anzutreffen Singdross 1: Häufig Haubenmeise: Nad lwaldbiotop , Wintergast Schwanzmeise: Wenn überhaupt, dann sehr seltener Brutvogel Sumpfmeise: Häufig Weidenmeise: Häufig Blaumeise: Sehr häufig Kohlmeise: Sehr häufig Tannenmeise: Seilen - wenn, dann im Nadelwald Kleiber: Uberall häufig Waldbaumläuf r: Regelmäßig, offenbar seltener als Gartenbaumläufer Gartenbaumläufer: Häufig Grauammer: Elmrand-Felder Goldammer: Sehr häufig Elmrand Rohrammer: Brutvogel am Reitlingsteich - Eitzum Fischteich Buchfink: Charaktervogel des Elm, überall häufig Bergfink: Regelmäßiger Wintergast, z. T. bis Anfang Mai zu sehen Girlitz: Elmrand - Gärten in den Elmrand-Orten

Sie be nschläf r in künstlich r Nislhöhle Foto: R. Jürgens

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Grünling: Häufig Elmrand Stieglitz: Elmrand, Ampleben und Südelm Zeisig: Regelmäßiger Wintergast Hänfling: Elmränder Kiefernkreuzschnabel: Seltener, gelegentlicher Gastvogel Fichtenkreuzschnabel: Regelmäßiger Gastvogel Kernbeißer: Regelmäßiger häufiger Standvogel Gimpel: Regelmäßiger häufiger Standvogel Feldsperling: Elmrand mit Büschen z.B. Leim, besonders häufig zwischen Elmrand Bornum und Abbenrode Star: Häufig, weniger häufig im Buchenaltholz Pirol: Regelmäßig, jedoch v ereinzelt und nicht häufig Eichelhäher: Relativ häufig Elster: Selten, Vorkommen im Reitlingstal Tannenhäher: ·während der Invasion hielten sich einige Vögel längere Zeil bei Langeleben und Königslutter auf Saatkrähe: Wintergast am Elmrand Rabenkrähe : Uberall regelmäßig, häufiger am Elmrand Kolkrabe: Seit vielen Jahren nur ein Brutpaar bei Sambleben, Brut­ versuch bei Räbke.

Kibilzgelege Foto: R. Jürgens

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Diese Arlenzusammenslellung übermillelle mir freundlicherweise Karl-Heinz Dorge aus Königslutt r. Mein Dank gilt Herrn Dorge ganz besonders. Auch die d n Elm umgeb nden Landschaftsgebiete innerhalb des Naturparkes Elm-Lappwal sind von größter ökologischer Bedeutung. So wäre zunächst das Naturschutzgebi t Rieseberger Moor anzuführen. Es nthält zahlreiche Vog lart n, von denen Heidelerche, Brachpieper, Weiden­ m ise, Grauwürger, Wachold rdrossel, Schwarzspecht, Turteltaube, Kiebitz und Bekassine zu nennen wären. Die Sehunteraue, die in fast letzter Minute vor der wilden Zersiedlung durch die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet gesichert werden konnte, beinhaltet in ihrem Bestand hochgradig gefährdete und so in der Rot n Liste für Niedersachsen aufgeführte Vogelarten. Die als Weideland ge­ nutzte Flußaue weist besonder Brutvögel auf: Der große Brachvogel, Bekassine, Ki bitz, Weißstorch, Tüpfelsumpfhuhn, Wachtelkönig, Krick- und Löffelente, Schafstelze, Rotrückenwürger, Sumpfrohrsänger, Dorngrasmücke und Braunkehl­ chen sowie selten Greifvögel sind zu beobachten. Weiterhin zeichnet sich dieses Gebiet als Rastgebiet aus. Singschwan, Gänsearten und Kraniche können hier währ nd der Zugzeit beobachtet werden. Auch der als Feuchtgebiet bedeutende Süpplinger Klärteich ist für Sumpf- und Wasservögel von Bedeutung. Zahlreiche Entenarten sowie Wat- und Strandvögel sind während der Zugzeit zu beobachten. Da in diesem Gebiet noch letzte Reste ehemaliger Sumpfwiesen vorhanden sind, sind diese Biotope Nahrungsgebiete der Rohrweihe. Manchmal konnten auch Kornweihe und der seltene Fischadler hier gesehen werden. Der Buschmühlenteich bei Barmke, der seit Jahren trocken ist, soll nun wieder unler Wasser gesetzt werden. Ein Wasservogelmanagement bietet sich hier an. Der Loosteich bei Mariental-Horst, ein letzter Teich ehemaliger Zisterzienser Teiche, birgt ebenfalls zahlreiche Wasservogelarten, z.B. Zwergtaucher, Stock­ ente, Krickente und Bleßralle. Das Gebiet der Grube Emma b i Barmke hat ebenfalls besondere Brutvogel­ arten aufzuweisen. So sind Rohrweihe, Wasserralle, Flußregenpfeifer, Teich­ und Sumpfrohrsänger dort vertreten. Im Na turparkgebiet des Lappwaldes befindet sich ebenfalls eine interessante Brutvogelwelt. Hier sind der Waldkauz, die Waldohreule, Schwarzspecht und die seltene Waldschnepfe anzutreffen. Ein großes Höhlenbrüter-Untersuchungsgebiel mit ca. 360 künstlichen Nisthöhlen betreue ich im Auftrage des Instituts für Vogelforschung der Vogelwarte Helgoland. Blau-, Kohl-, Sumpf- und Tannen­ meisen sowie manchmal auch Haubenmeise, Wendehals sow~,e Wald- und Gar­ lenbaumläufer findet man in den Höhlen vor. Kleiber und Trauerschnäpper sind vertreten, weiter Kuckuck, Buchfink, Heckenbraunelle, Zilpzalp, Fitis, Feld­ schwirl, Garten- und Mönchsgrasmücke und Waldlaubsänger. Im letzten Jahr konnte ein Brutnachweis der Hohltaube erbracht werden, die in einer alten Schwarzspechthöhle brütete. Das Gebiet südlich des Naturparkes ist ebenfalls von besonderer vogelkundlicher Bedeutung. Im Gebiet von Sambleben brütet - wie schon am Anfang berichtet - der Kolkrabe. Die Feuchtgebiete bei Eitzum sind von großer Bedeutung. Manchmal konnte hier bereits der Fischadler ge­ sichtet werden. Der Graureiher ist Nahrungsgast. Es wurde hier ebenfalls schon inmal der Schwarzstorch festgestellt. Grau- und Grünspecht sind zu beobachten.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Der Klärteich der Zuckerfabrik Schöppenstedt bei Bansleben, hat sich in den letzten Jahren als ein wichtiger Rastplatz für Sumpf- und Wasservögel entwickelt. Regelmäßig wurden Bekassine, Kampfläufer, Waldwasserläufer und Bruchwasser­ läufer, Dunkler Wasserläufer, Grünschenkel, Rotschenkel, Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Regenbrachvogel, Kiebitz, Steinwälzer, Odinshühnchen, Zwergstrand­ läufer, Sichelstrandläufer, Goldregenpfeifer und Kiebitzregenpfeifer und verschie­ denste Entenarten beobachtet. Rohrweihe, Kornweihe, Wiesenweihe, Graugans und Saatgans, sowie Kraniche rasten im Gebiet des Feuchtgebietes der Riesel­ felder. Im Schöppenstedter Bereich wird erhebliche Biotop-Erhaltung und Neu­ schaffung von Feuchtgebieten vorbereitet. Die Stadt Schöppenstedt stellt ein Gelände bereit, um die Anlage eines Feuchtgebietes vorzubereiten. Der Verband Großraum Braunschweig als untere Naturschutzbehörde stellt einen erheblichen Betrag zur Verfügung, um hier ein Feuchtgebiet aus Grünzonen, Feuchtwiese und Teich für die im Bestand hochgradig gefährdeten Lurche und Amphibien zu schaf­ fen. Andere Tiere wie Wasserinsekten, Libellen und verschiedene Säugetier• arten werden sich einstellen. Seltene Winterbeobachtungen wurden in der Schöppenstedter Feldflur ge­ macht. Ohrenlerchen, Schneeammern, Seidenschwänze, Sperber und Habichte können hin und wieder festgestellt werden. So bietet der Naturpark Elm-Lapp­ wald eine äußerst interessante und bemerkenswerte Vogelwelt, die es gilt zu erhalten gemeinsam mit der absoluten Sicherung und Erhaltung der Landschaft und des Lebensraumes.

Literatur: E. J. Brunke: Uber den Naturschutz in einem „Naturpark Elm". 1976. K. H. Dorge, Königslutter: Artzusammenstellung im Elm.

Notiz über Entwicklung und Stand unserer Kenntnisse von Flora und Vegetation des Naturparks Von Die t m a r Brandes

Der Naturpark Elm-Lappwald gehört zu den geobotanisch reizvollsten Gebie­ ten Norddeutschlands. Außer den schönen Wäldern sind die Kalk-Halbtrocken­ rasen, Sand-Magerrasen, Feuchtwiesen sowie die Reste von Flach- und Hoch­ mooren hervorzuheben. Die Erforschung von Vegetation und Flora begann recht frühzeitig: Von Braun­ schweig aus untersuchte Chemnitius bereits um 1650 die Flora des Riesebergs. Die Helmstedter Umgebung wurde von Schelhammer (1693), Fabricius (1750). Cappel (1784) und anderen bearbeitet. Die weitere Entwicklung der Kenntnisse verlief sehr unstet. So wurde ein zweiter Höhepunkt erst um die Jahrhundert­ wende erreicht (Dauber 1892, Bertram 1908). Aus der ersten Hälfte dieses Jahr­ hunderts wurden nur wenig Beobachtungen publiziert. Von Fröde (1957) sowie

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 von Oslerloh (1962, 1969) wurde die florislischc Tradition dann forlges lzt. Im Verlauf der Süd-Niedersachsenkartierung der G fäßpflanzen wurde die Flora des Gebietes weitgehend inventarisiert (Haeupler 1976); die floristischen Kenntnisse erreichten ihren bisherigen Höchststand. Obwohl in den letzten Jahren eine R ihe von Untersuchungen veröffentlicht wurde, gibl es immer noch Lücken, vor allem bezüglich der Anderung der Vegetation. Kleine Gebiete und interessante Einzel­ probleme warten immer noch auf ihren Bearbeiter. Eine große Schwierigkeit besteht nun darin, daß den meisten Interessierten diese Arbeiten unbekannt sind. Wir haben eine Auswahl von Arbeiten für Leser, die sich w iter informieren wollen, zusammengestellt. Zur Lösung dieses Pro­ blems wird sicherlich auch die vom Verband Großruum Braunschweig geplante Wanderkarte des Naturparks beitragen, da sie ausführlich über Landschaft, Vegetation, Tierwelt und natürlich auch Kulturgeschichte informieren wird. Bauch, E.: Die Bud1enwälder im Elm und ihre Standorte. Dissertation Technische Universi­ tät Braunschweig. Braunschweig 1970. Bertram, H.: Exkursionsflora des Herzogtums Braunschweig mit Einschluß des ganzen Harzes. 5. durchges. u. erw. Auflage herausgeg. von F. Kretzer. Braunschweig 1908. Brandes, D. : Uber die Flora des Riesebergs (MTB 3730/ 2) bei Braunschweig. Göttinger Flor, Rundbr., 10. Jahrg., S. 29-34. 1976. Brandes, D.: Die Vegetation im Planungsgebiet. In: Guldager, R.: Naturpark Elm-Lapp­ wald-Dorm. Gutadlten im Auftrag des Verbandes Großraum Braunschweig. Braun­ schweig 1976, Brandes, D.: Di e Vegetation der Umgebung von Braunschweig und ihre Sonderstellung in Nordwestdeutsdlland. Mitteil. Tedln. Univ. Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig XIII, H . 1/2, S. 46-55. 1978. Cappel, J. F. L: V rzeichnis der um Helmstedt wildwachsenden Pflanzen. Dessau 1784. Chemnilius, J.: Index plantarum circa Brunsvigam trium ferum milliarum circuitu nascen­ tium. Braunsd1weig 1652. Dauber, A.: Flora der Umgebung von Helmstedt. Programm d s Herzogt. Gymnas. Helm­ stedt, S. 1- 18. Helmstedt 1892. Fabricius, P. C.: Florae Helmstadiensis rariores et utiliores plantae. Helmstedt 1750. Fröde, E.: ,,Pflanzenwelt" in: Pohlendt, H. (Hrsg.): Der Landkreis Helmstedt. S. 59-64. Bremen-Horn 1957. I'röde, E.: ,,Natur- und La ndsdiaftsschutz", ebenda S. 286-287. Haeupler, H.: Atlas zur Flora von Südniedersadlsen. Scripta Geobotanica 10. Göttingen 1976. Osterloh, W.: Botanisdle Streifzüge. In: Röhr, H.: Der Elm. S. 25-38. Braunschweig, Sdlöppenstedt 1962. Osterloh, W.: Die Pflanzenwelt des Rieseberges und des Ri eseberger Moores. Ebenda, S. 125- 137. Osterloh, W.: Alte und neue Orchideenfunde im Nordwestelm. Heimatbote des Land­ kreises Braunschweig. S. 111- 116. Braunsdlweig 1969. Sd1elhammer, G. Ch.: Catalogus plantarum circa Heimstadium sponte nascentium. Helm­ stedt 1693. Sommer, W.-H.: Wald- und Ersatzgesellsdlaften im östlidlen Niedersachsen. Verlag J. Cram r, LP. hre 1971.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Die Entwicklung der Kulturlandschaft im Gebiet des Naturparks Elm-Lappwald Von Heinz Röhr

Der Naturpark Elm-Lappwald umfaßt das Gebiet der natürlichen geographi­ schen Einheit, die von der Helmstedter Mulde und ihren Randhöhen Elm, Lapp­ wald und Dorm gebildet wird. Im Westen (Schöppenstedter Mulde) und im Norden (Hasenwinkel und Holzland) reicht er noch ein wenig darüber hinaus. Die Bodenverhältnisse sind recht unterschiedlich. Wichtig ist dafür die Lößgrenze, die ungefähr der heutigen Bundesstraße 1 folgt und das Gebiet in einen sehr fruchtbaren, lößbedeckten südlichen Teil und einen weniger ertragreichen nörd• lichen Teil mit viel mageren Sand- und schweren Tonböden teilt. Zuerst besiedelt wurden die guten Böden des Südens, die wahrscheinlich zu dieser Zeit einen lichten Eichen-Hainbuchenwald trugen. Die Bandkeramiker waren dort in der Jungsteinzeit bereits die Träger einer hochentwickelten Bauern­ kultur, wovon vor allem Funde im Raum Schöningen/ Esbeck und von Eitzum Zeugnis ablegen . Nördlich der Lößgrenze lebten auf den trockeneren bzw. feuch­ teren Sand- und Tonböden, die Eichen-Birkenwälder oder Erlenbruchwälder trugen, zunächst noch Jäger, Fischer und Sammler auf der Kulturstufe der mitt­ leren Steinzeit. Später drangen von Nordosten her Trichterbecherleute in diesen Raum ein. Die sichtbarsten Zeugen hinterließen die Tiefstichkeramiker mit ihren Großsteingräbern, die auf dem Annenberg, westlich von Helmstedt (Lübben• steine), am Südhang des Dorms bei Groß Steinum und in weit nach Süden vor­ geschobener Lage auf dem Adamshai oberhalb von Evessen im Elm zu finden sind. In der Bronzezeit, in der das Gebiet des Naturparks nicht so dicht besiedelt war, entstanden das Hoch von Evessen (Fürstengrab) und die Hügelgräber bei der Elmsburg, auf dem Heidberg bei Emmerstedt, dem Pfingstberg bei Helm­ stedt, im Eiz, im Schieren und im Küblinger Lah. Seit der jüngeren Bronzezeit, als Germanen in das Gebiet eindrangen, läßt sich dort eine ununterbrochene Be­ siedlung nachweisen. In der Eisenzeit muß sie schon recht dicht gewesen sein. Das beweisen die großen Urnenfriedhöfe, die man bei Lauingen, Königslutter/ Ochsendorf, in der Nähe der Wüstung Klein Büddenstedt, am Pfingstberg bei Helmstedt und an anderer Stelle gefunden hat. Aus der Völkerwanderungszeit stammt das große Urnengräberfeld im „Alten Hain" oberhalb von Räbke im Elm und am Pfingstberg, der wohl bedeutendsten frühgeschichtlichen Fundstelle des Naturparks überhaupt. Vom 7. Jahrhundert an lassen sich u. a. bei Büdden• stedt/ Offleben christliche Körperbestattungen in der Ost-West-Richtung ohne Beigaben nachweisen. Der Mensch hat in frühgeschichtlicher Zeit die Landschaft nur wenig ver­ ändert. Bedeutsame Eingriffe erfolgten aber in der Zeit der großen Rodungen im Mittelalter. Der Gang der Besiedlung in dieser Zeit läßt sich am besten an Hand der Ortsnamen verfolgen. Danach erfolgten Neugründungen von Dörfern zunächst im Bereich der sehr fruchtbaren Lößmulden des Südens, denn dort finden sich sehr viele Orte, die wie Helmstedt, Schöppenstedt, Süpplingen, Schöningen, Sambleben und Ampleben den beiden ältesten Siedlungsperioden

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Die Lübbensteine bei H elmstedt Archivfoto

(bis zum 6. Jahrhundert) angehören. Im Norden kommen sie dagegen nur ver­ einzelt (Grasleben, Uhry = 1160 Urincge) vor. Erst in der sächsisch-fränkischen Zeit (531 - 900) und in der Hauptrodungszeit des Mittelalters (900- 1200) wurde dieser Teil des Naturparks, wie die Namen Ochsendorf, Rieseberg, Bornum, Beienrode, Rotenkamp, Querenhorst u. a. zeigen, in stärkerem Maße in Kultur genommen. Besonders groß war die Zahl der Rodungen im Lappwald. Auch im Süden wurden noch viele Dörfer gegründet, so daß ihre Gesamtzahl fast doppelt so hoch wie heute war. Viele Ortsgründungen erwiesen sich jedoch als Fehlplanungen und wurden später wieder aufgegeben. Die Zahl der Wüstungen ist im Lappwaldgebiet am größten, im Elm dagegen gering (nur Langeleben, Gr. Rode und Brunsleben). Gründe dafür waren die ungünstigeren Bodenverhältnisse des Lappwaldes, aber auch die Tätigkeit der Zisterziensermönche von Mariental, die viele Dörfer „gelegt" haben. In der Nähe der aufstrebenden Städte verließen viele Bauern ihr Dorf, weil sie in der Stadt günstigere Lebensbedingungen erhofften. So umgeben die Stadl Helmstedt die Feldmarken von 8 wüsten Dörfern, die von Schöppenstedt von 3. Auch verheerende Seuchen oder Kriegseinwirkungen haben manchmal das Wüslwerden bewirkt. Der Anlage nach überwiegen südlich der Lößgrenze Haufendörfer, nördlich davon kommen daneben auch Rundlinge (Barmke, Gr. Steinum, Rieseberg, Roten­ kamp, Boimsdorf) und Platzdörfer (Scheppau) vor. Man hiell die Rundlinge frühe r für e ine Anlage slawischer Siedler. N euere Untersuchungen haben aber

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 ergeben, daß sie nur in slawisch/germanischen Grenzgebieten vorkommen, in rein slawischen Gebieten dagegen fehlen. Es konnte auch nachgewiesen werden, daß sie nicht nur eine ideale Verteidigungsanlage darstellen, sondern auch für die Weidewirtschaft besonders geeignet sind. Als Hausform überwiegt in den Dörfern heute allgemein die fränkische Gehöftanlage. Bis zum 18. Jahrhundert war nördlich der Lößgrenze aber das niedersächsische Bauernhaus vorherrschend. Einzelne Häuser dieser Art kommen, allerdings in stark abgewandelter Form, noch vor, z.B. in Glentorf. Uhry besitzt noch ein Strohdachhaus. In einigen Sied­ lungen sind auch bemerkenswerte Kirchenbauten erhalten geblieben, zum Bei­ spiel romanische Dorfkirchen in Ochsendorf, Evessen und , eine gotische Wallfahrtskirche in Küblingen und eine Dorfkirche mit hübscher Rokoko­ einrichtung in Sambleben. Durch die mittelalterliche Landnahme wurde der Wald im wesentlichen auf die wenig ertragreichen Höhen zurückgedrängt, während sich in den Ebenen die Feldmarken der Dörfer ausbreiteten. Diese waren ­ dings sehr klein und besaßen durchschnittlich nur 100 ha Ackerland, das von zahlreichen Angern und Triften durchsetzt war und allmählich in das Weide­ und Waldgebiet der Gemeinden überging. Das Landschaftsbild war dadurch abwechslungsreicher und vielgestaltiger, als es sich uns heute darbietet. ·

Kirchliche Mittelpunkte des Raumes waren zunächst die von Bischof Hilde­ grim von Halberstadt im 9. Jahrhundert gegründeten Archidiakonatssitze Ochsen­ dorf, zu dessen Bann auch Helmstedt gehörte, im Norden, Räbke im Osten, Schöningen im Süden, Schöppenstedt, zu dem auch Königslutter, Sunstedt und Rot­ torf gerechnet wurde, im Südwesten und Lucklum im Nordwesten. Später wurden die Klöster in diesem Raum zu Zentren des religiösen Lebens. Als das bedeutend­ ste und reichste kann das Ludgeri-Kloster in Helmstedt gelten, das am Anfang des 9. Jahrhunderts in Helmstedt von Werdener Benediktinermönchen gegründet wurde, im Jahre 1160 über einen Grundbesitz von 673 Hufen verfügte und bis zum Jahre 1803 reichsunmittelbar blieb. Ein Benediktinerkloster errichtete der Kaiser Lothar von Süpplingenburg im Jahre 1135 auch in Königslutter an der Stelle des von seinen Vorfahren gegründeten Kanonissenstifts. Der gleiche Kaiser gilt als der Bauherr eines Kollegiatsstifts in Süpplingenburg, das später die Templer, danach die Johanniter übernahmen. Augustiner-Mönche bauten 1120 in Schöningen auf dem Platz eines ehemaligen Kanonissenstifts das St. Lorenz­ Kloster, Augustiner-Nonnen wirkten in dem 1176 entstandenen Kloster St. Marien­ berg in Helmstedt. Das im Jahre 1138 von den Grafen von Sommerschenburg erbaute Kloster Mariental wurde mit Zisterziensermönchen besetzt, Lucklum war seit dem 13. Jahrhundert eine Ordenskommende des Deutschritterordens. Die von den Mönchen errichteten Bauten, vor allem die Klosterkirchen, bedeuten noch heute einen wertvollen Schmuck der Landschaft. Das älteste erhaltene Bauwerk des Naturparks ist die Doppelkapelle von St. Ludgeri in Helmstedt, eine Missions­ kapelle, die bis in das 10. oder 11. Jahrhundert zurückweist. Als die „Krone unter den Klöstern und der Stolz des Landes" (1) gilt das Benediktinerkloster in Königslutter mit der herrlichen Stiftskirche, die das Grab des Kaisers Lothar birgt und im Kreuzgang, am Löwenportal und am Jagdfries für Norddeutschland einzigartige Arbeiten oberitalienischer Steinmetzen zeigt. Romanische Kloster • kirchen haben sich auch - in jüngster Zeit meistens renoviert - in Süpplingen• burg, Helmstedt (Marienberg), Mariental und Schöningen erhalten. Auch die Ordenskapelle in Lucklum ist im Kern romanisch, im Innern dagegen barock.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Slrohgcdccklcs Haus in Uhry Foto: K. Li eslmann Von den Inneneinrichtungen der Kirchen konnte meistens nur wenig gerettet werden, doch sind einzelne Stücke, zum Beispiel der Paramentenschatz des Klosters Marienberg, von hohem künstlerischem Werl. Für die wirtschaftliche Erschließung des Landes haben die Mönche viel wertvolle Arbeit geleistet. Das gilt z. B. für die Rodungen oder die Anlage von Fischteichen. Gar nicht hoch genug kann das Wirken der Klöster für die geistige Kultur, für Erziehung und Bildung und für das Gesundheitswesen eingeschätzt werden, wenn auch die dafür errichteten Bauten fast vollständig verschwunden sind. Zentr n der weltlichen Herrschaft waren die zahlreichen Burgen. Als die ältesten können die Reitlingsburgen (Krimmelburg und Brunkelburg) gelten, einfache Ringwälle, die in germanischer Zeit errichtet und in altsächsischer Zeil erneuert wurden. Wahrscheinlich im 10. Jahrhundert entstand in der Sehunter­ niederung eine Verteidigungslinie gegen die Slawen mit Befestigungen in Süpp• lingenburg, bei Gr. Sleinum (Neues Haus). bei Rieseberg (Lüersburg) und bei Glentorf (Boilwall). von denen allerdings kaum noch Reste vorhanden sind. Die Slawen sind anscheinend niemals als Eroberer in dieses Gebiet vorgedrungen. Nur vereinzelt scheinen slawische Siedler, vielleicht als Kriegsgefangene, dort gelebt zu haben. Darauf weisen slawische Flurnamen in den Feldmarken von Boimslorf, Rotenkamp und Rieseberg (Puritzmühle) und einige Angaben in mittel­ alterlichen Urkunden hin. Wie die Befestigungen gegen die Slawen sind auch die übrigen Burgen des Millelalters in diesem Raum heute meistens verschwun­ den. Nur Ruinenfelder deulen noch den ehemaligen Standort der Höhenburg Warberg, der Elmsburg bei Schöningen oder der Burg Langeleben im Elm an.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Besser haben die Schlösser und Herrensitze der Renaissance- und Barockzeit, namentlich am Südhang des Elms, die Zeiten überdauert. ,,Wie köstliche Perlen eines schönen Halsschmucks" (2) reihen sie sich dort in dichter Folge aneinander. Veltheim an der Ohe zeigt ein prächtiges Wasserschloß aus der II. Hälfte des 16. Jahrhunderts, Sambleben einen Barockbau des berühmten Braunschweiger Baumeisters Hermann Korb aus dem Jahre 1701, Schliestedt ein reizendes Rokoko-Schlößchen, das wahrscheinlich G. Chr. Sturm im Jahre 1760 errichtet hat, und das 1693 erbaute Schloß Destedt überrascht durch einen sehenswerten Gutspark, dessen wertvoller Baumbestand unter Landschaftsschutz steht. Die wertvollsten Sammlungen enthalten die Gutshäuser in Lucklum (Gemälde) und in Destedt (Gemälde, Silber, Glas). Am Osthang des Elms zeugt das feste Schloß Warberg aus der Renaissancezeit, jetzt Bundeslehranstalt des deutschen Land­ handels, von dem Ansehen und der Macht des dort bis 1654 ansässigen reichs­ unmittelbaren Geschlechtes der Edlen von Warberg. In günstiger Handelslage entwickelten sich die Städte. Mit ihren dichten Häuserreihen, ihren Mauern und Türmen haben auch sie das Bild der Kultur­ landschaft des Naturparks entscheidend mitgeprägt. Die bedeutendste Stadt des Naturparks ist Helmstedt (952 Helmonsted). Sie entstand, geschützt durch das mächtige Ludgeri-Kloster, im Schnittpunkt der beiden Handelsstraßen, die vom Rhein zur Elbe (heutige B 1) und von Halberstadt nach Lüneburg führten. Bereits im 12. Jahrhundert erhielt der Ort Stadtrechte, im 15. Jahrhundert wurde er Hansestadt. Seine größte Blütezeit erlebte Helmstedt als Universitätsstadt 1574 bis 1810. Das hochragende Universitätsgebäude, das Paul Franke 1592/97 schuf und das in jüngster Zeit auch seine ursprüngliche Farbigkeit wieder erhalten hat, ist heute noch das Wahrzeichen der Stadt. Neben den Klosterkirchen sind in der Stadt die Pfarrkirche St. Stephan, eine gotische Hallenkirche mit einer in Nieder­ sachsen recht seltenen wertvollen Renaissance-Einrichtung, und die kleine Wal­ purgiskirche (Schusterkirche) mit Barockausstattung sehenswert. Gut erhalten sind auch noch Teile der Stadtmauer mit ihren Türmen (Hausmannsturm) und zahlreiche Fachwerkhäuser. An der wichtigen Ost-West-Verbindungsstraße wuchs auch der Ort Königslutter (1135 Lutter) neben einer um 1200 errichteten herzog­ lichen Wasserburg empor. Der Markt erhielt um 1400 von den Braunschweiger Herzögen Stadtrechte. Der Marktplatz deckt sich mit dem Thingplatz des alten Dorfes Lutter. Die erste Entwicklung begünstigten Handel mit Elmkalksteinen und Tuchen, das spätere Emporblühen, die Herstellung und der Export des in Königslutter gebrauten Ducksteinbieres. Mit dem ehrwürdigen Kaiserdom, der Stadtkirche (Turm romanisch, Schiff gotisch), seinen engen, winkeligen Straßen und Gassen sowie den zahlreichen gut erhaltenen Fachwerkbauten bietet der Ort noch heute das Bild einer stark vom Mittelalter geprägten Stadt. Urkundlich zuerst genannt wird von allen Orten des Naturparks Schöningen (747 Scahaningi). Dort befand sich in karolingischer Zeit ein Königshof, den dte Kaiser und Könige jener Zeit (Pippin, Karl der Große) gern aufsuchten. Es lag günstig an der südlich des Elms entlangführenden Handelsstraße in den Osten und hatte durch das seit den ältesten Zeiten bekannte Salzvorkommen eine große Bedeu­ tung. Im 14. Jahrhundert erhielt der Ort Stadtrechte. Gleichzeitig entstand eine herzogliche Burg, von der noch einige Uberreste zu sehen sind. Wie Schöningen bietet auch Schöppenstedt das Bild einer historisch gewachsenen Stadt. Es war früh wirtschaftlicher Mittelpunkt der fruchtbaren Lößebene, auch zentrale Ge­ richtsstä tle und geistliches Zentrum. Bis in die romanische Zeit reicht der bekannte

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Maricnbe rger Kloste rkirche in l-lelmsledl Archivfoto

schiefe Turm der Stephanikirche, der im Innern seltsame symbolische Darstellun­ gen, meistens von Tieren, enthält, zurück. Im 14. Jahrhundert verliehen die Braun­ schweiger Herzöge dem Ort Markt-, im 17. Jahrhundert Stadtrechte. Heute ist Schöppenstedt bekannt als die Stadt der Streiche und als Geburtsort von Till Eulenspiegel, der in dem 1974 eingemeindeten Ortsteil Kneitlingen das Licht der Welt erblickte. Die Reformation, die 1542 und 1568 durchgeführt wurde, brachte die Säkulari• sierung der Klöster des Naturparks. Nur das reichsunmittelbare Kloster St. Ludgeri in Helmstedt blieb bestehen. Jm 16. Jahrhundert verb sserte sich die Agrarstruktur, und die Bevölkerung wuchs an. Ein allgemeiner wirtschaftlicher Niedergang aber erfolgte im 30jährigen Krieg durch die Zerstörungen und Ver­ wüstungen der Truppen, Seuchen und Hungersnot. Am meisten hatten die Bauern in den Dörfern, denen das Vieh genommen, Wohn- und "\/\/irtschaftsgebäude abge­ brannt wurden, darunter zu leiden. So waren sie oft nicht mehr in der Lage, ihre Felder zu bestellen, so daß diese verödeten. Die durch Mauern geschützten Städte vermochten den Krieg besser zu überstehen. Das gilt vor allem für Schöningen, wo die Herzoginwitwe Anna Sophie während des Krieges ihren Witwensitz nahm. In der Stadt Helmstedt mußte jedoch zeitweise die Universität geschlossen werden, und von Königslutter berichtet Merian, daß die Stadt drei­ mal während dieser Zeit geplündert und von ihren Einwohnern fast vollständig verlassen wurde.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Im 18. Jahrhundert begann man damit, die Moore der Sehunterniederung, die damals noch mit Erlenbruchwäldern bedeckt waren, zu entwässern und auszu­ torfen. Die Bruchwälder verschwanden, und heute dehnen sich beiderseits der Schunter weite Wiesen- und Weideflächen aus. Kleinere Waldstücke, z.B. der Süpplinger Hagen zwischen Süpplingen und Sunstedt, wurden gerodet, und große Teiche, wie der Renauer Teich, entwässert. Die herzogliche Regierung legte in Königslutter Maulbeerplantagen und Tabakfelder an, um von ausländischen Ein­ fuhren unabhängig zu werden. Diese Versuche mißlangen. Dagegen bewährte sich der feldmäßige Anbau von Kartoffeln, mit dem im Jahre 1764 in der Um­ gebung von Schöppenstedt begonnen wurde. Das Erscheinungsbild der Acker­ baulandschaft jener Zeit glich in stärkerem Maße als heute einer Parklandschaft. Die Felder und Wiesen waren von Baumhecken eingefaßt, die ausgedehnten Anger trugen viel Buschwerk und Einzelbäume, und der durch Weidegang ge­ nutzte Wald war licht und bestand nur aus Laubbäumen. Die Merianstiche ver­ anschaulichen wohl am besten diese von Menschen in enger Verbindung mit der Natur gestaltete Kulturlandschaft. Mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts machten sich die Folgen der französi• schen Fremdherrschaft bemerkbar. 1803 beseitigte der Reichsdeputationshaupt­ schluß die Reste der mittelalterlichen Feudalherrschaft. Es verschwanden in dem Gebiet des Naturparks nicht weniger als 11 adlige Gerichte, von denen 7 (Destedt, Veltheim, Ampleben, Sambleben, Eitzum, Schliestedt und Twieflingen) südlich des Elms lagen, und 8 geistliche Gerichte, darunter das des Klosters Amelungs­ born für Bornum und das von Riddagshausen für Wobeck. Für die Landwirtschaft war die Agrarreform des Jahres 1834 von größter Bedeutung. Sie bewirkte die Ablösung der auf dem Grundbesitz ruhenden Real- und Geldabgaben, gab die Freiheit von der Gutsherrschaft, ermöglichte die Verkopplung der Felder und führte zur Auflösung der Allmenden. Die Folge waren eine bedeutende Auf­ wärtsentwicklung der Landwirtschaft, die durch den bevorzugten Anbau von Weizen und Zuckerrüben, die vermehrte Viehhaltung und die Einführung von Mineraldüngemitteln noch verstärkt wurde. Allerdings verschwand nun auch das Bild jener idyllischen bäuerlichen Landschaft, das bis dahin vorgeherrscht hatte, und wich immer mehr einer nach vernunftgemäßen Gesichtspunkten ausgerichte­ ten zweckbetonten Ackerbaulandschaft. Im 19. Jahrhundert vollzog sich an einigen Stellen noch einmal eine Änderung der Landschaft durch die einsetzende Industrieentwicklung. Von größter Bedeu­ tung wurde für das Gebiet dabei der Abbau der tertiären Braunkohlenlager, der bereits Ende des 18. Jahrhunderts im Tiefbau begonnen hatte und ~eit 1873 von den damals neu gegründeten Braunschweigiscpen Kohlen-Bergwerken (BKB) im Tagebau fortgeführt wird. Durch die ausgedehnten Tagebaue, die zahlreichen Fabrikanlagen (Brikettfabriken, Elektrizitäts- und Schwelwerke) und die umfang­ reichen neuen Verkehrsanlagen wurde im Südosten des Raumes die ursprüng• liche bäuerliche Landschaft in eine Industrielandschaft umgewandelt, die durch das Wandern der Tagebaue in ständiger Bewegung begriffen ist und zum Ver­ lassen von 4 Dörfern (Wulfersdorf, Büddenstedt, Runstedt und Alversdorf), aber auch zu Neuansiedlungen am Stadtrand von Helmstedt und Schöningen und zur Gründung des Bergarbeiter-Dorfes Neu-Büddenstedt geführt hat. Bis 1970 wurden die urkundlich schon 1112 erwähnten Sohlquellen von Schöningen ausgeschöpft und zur Herstellung von Siedesalz benutzt, 1897-1926 beutete das Kaliwerk

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Beienrode die unter dem Dorm hochgefalteten Kalilager der Zechsteinzeit aus, 1937- 1950 rfolgte der Abbau von Eisenerzen der Liaszeit bei Rottorf am Klei und in Grasleben wird heute noch Steinsalz qefördert. Neben dem Bergbau spielten die Kalksteinindustrie (Kalk- und Zementwerke in Hemkenrode, Hoiers­ clorf und Königslutter), die Nahrungsmittelindustrie (7 Zuckerfabriken, 1 Zucker­ raffineri , Konservenfabriken und Fabriken zur Herstellung landwirtschaftlicher Maschin n) und andere Industriezweige (Kammgarnspinnerei Hampe in Helm­ stedt, Roto-Werke in Königslutter) eine bedeutsame Rolle. Im Zusammenhang damit wurde auch das Verkehrsnetz ausgeweitet. Von besonderer Bedeutung waren dabei der Bau der Eisenbahnlinien Jerxheim-Schöningen-Helmstedt (1858) und Braunschweig-Königslutter-Helmstedt (1872) und der Autobahn Hannover- Braunschweig-Helmstedt-Berlin (1936). Die Zonenrandlage, die fortschreitende Mechanisierung und andere Ursachen führten aber nach dem letzten Kriege zu einem Rückgang der Industrieentwick­ lung. Zahlreiche b deutende Industriebetriebe, z. B. die Kammgarnspinnerei Hampe in Helmstedt und die Saline in Schöningen, mußten geschlossen werden, von den Zuckerfabriken bestehen infolge der Rationalisierungsmaßnahmen nur noch zwei (Schöppenstedt und Königslutter) im Bereich des Naturparks, und die Kalksteinindustrie ist fast ganz zum Erliegen gekommen. Bei den übrigen Industriewerken, z. B. bei der Zuckerraffinerie Frellstedt und den BKB, ging die Belegschaft ganz erheblich zurück. Bei den BKB beträgt sie nur noch die Hälfte gegenüber dem höchsten Stand in den ersten Jahren nach dem II. Weltkrieg. Da die Braunkohlenvorräte fast erschöpft sind, ist das Ende dieses wichtigsten Indu­ striebetriebes in diesem Raum in einigen Jahrzehnten abzusehen. Zwar konnte der Rückgang der Industrie durch die Neuansiedlung einiger mittlerer Betriebe (Phönix-Gummiwerke in Reinsdorf, Zigarrenfabrik in Königslutter) etwas abge-• mildert werden, ganz aufzuhalten ist er jedoch nicht. Auch die Bevölkerungszahl nimmt langsam ab. Um so mehr ist es zu begrüßen, daß in der Nachkriegszeit der Fremdenverkehr in dieses Gebiet, vor allem von Berliner Feriengästen, sehr zugenommen hat. Für die Berliner ist der Naturpark Elm-Lappwald das nächstgelegene Erholungs­ gebiet im Westen, denn er ist von Berlin nur 200 km entfernt. Vorgeschlagen wurde dieser Naturpark zuerst im Jahre 1959 von Dr. Isbary vom Bundesinstitut für Raumforschung in Bad Godesberg. Professor Guldager von der Technischen Universität Braunschweig schuf für seine Entwicklung in den Jahren 1975/76 im Auftrage des Großraumverbandes Braunschweig ein ausführliches Gutachten, in dem er zugleich die neuen Grenzen des Naturparks, der ursprünglich auf den Elm begrenzt bleiben sollte, festlegte. Leitgedanken der Planup.g sind ein ver­ stärkter Schutz der Landschaft und eine zurückhaltende Entwicklung des Fremden­ verkehrs. Dabei hält Professor Guldager es für wünschenswert, daß auch das Industriegebiet der BKB, das zunächst außerhalb des Naturparks geblieben ist, in der langfristigen Planung nach Auslauten der Kohleförderung und entsprechenden Rekultivierungsmaßnahmen mit in den Naturpark einbezogen wird, denn Erfah­ rungen in Nordrhein-Westfalen und in anderen europäischen Ländern haben ergeben, daß sich ehemalige Braunkohlen-Tagebaue sehr gut in Erholungsland­ schaften umwandeln lassen. Durch die verstärkte Landschaftspflege und neue Erholungseinrichtungen wird sich das Gesicht der Kulturlandschaft des Natur­ parks Elm-Lappwald in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch einmal wan-

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 deln. Die reiche, vielfältig gestaltete Kulturlandschaft, wie sie in ähnlicher Art nur in wenigen deutschen Naturparken vorhanden ist, wird dabei in ihrer Grund­ struktur aber sicher unverändert bleiben.

Schrifttum: 0. Stelzer/W. Birker: Helmstedt und das Land um den Elm, München 1954. (1) 0. Hahne: Adelssitze und Ordensburgen am Elm, in Görges/Spehr: Vaterländische Geschichten und Denkwürdigkeiten der Lande Braunschweig und Hannover, Braunschweig 1925. (2) Benze: Beiträge zur Siedlungsgeographie der Helmstedter Mulde, Dissertation, Halle 1928. - K. Rose: Heimatbuch der Salzstadt Schöningen, Bd. 1-8, Schöningen 1938-61. - H. Röhr: Landschaftskunde des Kreises Helmstedt, Helmstedt 1950. - H. Kleinau: Drei Kapitel aus der Geschichte der Stadt Schöppenstedt, Braunschweigisches Jahrbuch 1951. - Th. Müller: Ostfälische Landeskunde, Braunschweig 1952. - 0. Hahne: Siedlungsgeschichte des Lappwaldes, Kreiskalender für Gifhorn-Isenhagen 1953. Th. Müller: Die Kultivierung der Moore im Sehuntergebiet zwischen Helmstedt und Königslutter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Braunschweigische Heimat 1955/4 und 1956/3. - H. Röhr: Geschichte der Stadt Königslutter, Königslutter 1956. - H. Pohlendt: Der Landkreis Helmstedt, Bremen 1957. - H. Röhr: Der Elm. Geschichte einer Landschaft und ihrer Menschen, Bratjnschweig 1962. - R. Schaper: Geschichten aus Helmstedts Geschichte, Bd. 1/2, Helmstedt 1963/ 1973. - W. Freist: Schöningen, Braunschweig 1965. - E. Hundertmark: Der Landkreis Braun­ schweig, Bremen 1971. - Nieders. Landesverwaltungsamt Hannover: Der Landkreis Gif­ horn, Bremen 1972. - H. Haase: Die Universität Helmstedt 1576-1810, Bremen 1976. - R. Guldager: Naturpark Elm-Lappwald-Dorm, Bd. 1/2, Technische Universität Braunschweig 1975/76. -W. Achilles: Siedlungs- und Agrargeschichte, in R. Moderhack: Braunschwei­ gische Landesgeschichte im überblick, Braunschweig 1976. - Fr. Niquet: Vor- und Früh• geschichte des Braunschweigischen Nordharzvorlandes, in R. Moderhack: Braunschweigi­ sche Landesgeschichte im überblick, Braunschweig 1976. - H. Röhr: Königslutter in der Nachkriegszeit, Braunschweig 1977.

Der Fremdenverkehr im Naturpark Elm-Lappwald Von Erhard Wiese Der Elm mit seiner eigenartigen Kalkflora, der von Kennern als schönster Buchenwald Norddeutschlands bezeichnet wird, und das Brunnental, eine Lich­ tung im abwechslungsreichen Lappwald, die einst wegen einer schwefelsauren Badequelle als Bad Helmstedt bekannt wurde, sind von jeher beliepte Ausflugs­ ziele für die Bewohner der näheren und weiteren Umgebung gewesen. Die Städte und Verkehrsvereine haben daher bereits vor 50 Jahren versucht, Gäste für das Elm-Lappwald-Gebiet zu gewinnen. Um gezielter werben zu können, schlossen sich im Jahre 1951 die Städte Helmstedt, Königslutter am Elm, Schöningen und Schöppenstedt sowie die Verkehrsvereine dieser Orte zur Arbeitsgemeinschaft für Fremdenverkehr Elm-Lappwald zusammen, der in der Folgezeit weitere Ge­ meinden beigetreten sind. Aus den Mitgliedern dieses lockeren Zusammen­ schlusses wurde im Jahre 1977 unter Einbeziehung der Fachvereinigungen des Hotel- und Gaststättengewerbes und der Landkreise Helmstedt und Wolfen­ büttel die Fremdenverkehrsgemeinschaft Elm-Lappwald in der heutigen Form als nicht eingetragener Verein gegründet.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 Brunnental im Lappwald mit dem „Quellenhof"

Der Aufgabe' der Fremdenverkehrsgemeinschaft Elm-Lappwald, den Fremden- verkehr im Bereich ihrer Mitglieder zu fördern, wird für die Zukunft sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch unter sozialen und gesundheitlichen Gesichts­ punkten erhebliche Bedeutung beizumessen sein. Das ergibt sich einmal aus dem Rückgang an Arbeitsplätzen in gewerblichen Produktionsbetrieben, der mittel­ fristig für das gesamte Bundesgebiet prognostiziert wird. Die zur Stärkung der Wirtschaftskraft des Elm-Lappwald-Gebietes an sich notwendige Ansiedlung neuer Industriebetriebe wird sich daher nur noch in Ausnahmefällen verwirk­ lichen lassen. In ländlichen Bereichen kann auch nicht mit einer Zunahme an Arbeitsplätzen im Dienstleistungsgewerbe, die allgemein erwartet wird, in dem erforderlichen Umfang gerechnet werden, da sich diese im wesentlichen in den Ballungszentren vollziehen wird. Das Elm-Lappwaldgebiet ist daher gezwungen, den Anteil am Fremdenver­ kehr für sich zu gewinnen, der sich aufgrund der naturgegebenen Möglichkeiten, der Infrastruktur und des gastronomischen Angebotes erzielen läßt. Das gilt um so mehr, als Urlauber in anderen Regionen erwirtschaftetes Einkommen in ihrem Erholungsort verausgaben und der Fremdenverkehr daher den gleichen Primär• effekt auf die Wirtschaftskraft eines strukturschwachen Raumes ausübt, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen in Industriebetrieben mit überregionalem Absatz. Zum anderen ergibt sich aus der wachsenden Belastung des Menschen im Be­ rufsleben ein ständig steigendes Bedürfnis nach Erholung und Entspannung, das infolge zunehmender Freizeit auch befriedigt werden kann. Das wird deutlich an statistischen Daten, die belegen, daß ein immer größerer Teil der Bevölkerung

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 am Erholungsverkehr teilnimmt und die Anzahl der Zweit- und Mehrfachreisen deutlich zugenommen hat. Unter diesem Vorzeichen bestehen auch für die posi­ tive Entwicklung des Fremdenverkehrs im Elm-Lappwald-Gebiet gute Aussich­ ten. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Es kann davon ausgegangen werden, daß der natürliche Erlebnis- und Frei­ zeitwert unserer Landschaft zukünftig mehr Besucher anziehen wird, weil diese ihren Urlaub abseits des Massentourismus verleben wollen. Außerdem ist mit der Erklärung zum Naturpark auch für den Fremden erkennbar geworden, daß Elm und Lappwald ein eigenständiges Erholungsgebiet darstellen, das verkehrs­ mäßig hervorragend erschlossen ist. Gut beschilderte Wanderwege erlauben im Naturpark Elm-Lappwald auch dem Ortsunkundigen stundenlange Märsche in unberührte Natur. Entspannung vom Streß des Alltags ist hier also wirklich noch möglich. In den historischen Städten und idyllischen Dörfern des Naturparks Elm-Lappwald kann der Interessierte ferner viele Bau- und Kunstdenkmäler ent­ decken, die aus der wechselvollen Geschichte des Raumes erhalten geblieben sind. Auch das Freizeitangebot kann sich sehen lassen und gibt jedem die Möglichkeit, seinen Urlaub selbst zu gestalten. Für Abwechslung sorgt ein buntes Veranstp.1- tungsprogramm, das durch ein anspruchsvolles kulturelles Angebot ergänzt wird. Für das leibliche Wohl der Besucher ist ebenfalls in zünftigen Gaststätten und behaglichen Speiserestaurants gesorgt. Die Hotels, Gasthöfe und Privatquartiere einschließlich der Bauernhöfe halten insgesamt 1355 Betten für Gäste bereit. Allein in den Städten, die Hauptzielorte des Fremdenverkehrs sind, wurden im Urlaubsjahr 1976/ 77 72.366 Gästeanreisen, vor allem aus Berlin, mit 172.799 Ubernachtungen gezählt. Um dieses Ergebnis weiter zu verbessern und den Bekanntheitsgrad ihres Gebietes zu erhöhen, wird die Fremdenverkehrsgemeinschaft Elm-Lappwald im Jahre 1978 mindestens 20 Anzeigen in Berliner Zeitungen einschalten und in mehreren Artikeln für den Naturpark Elm-Lappwald werben. Ein plakatives Symbol wird dabei dem Leser immer wieder ins Auge fallen. Für Interessierte liegen die von den Mitgliedern gestalteten Prospekte und das vom Landkreis Helmstedt in Zusammenarbeit mit der Fremdenverkehrsgemeinschaft Elm-Lapp­ wald herausgegebene Unterkunftsverzeichnis bereit, das ausführlich über die Ubernachtungsmöglichkeiten und deren Ausstattung informiert. Der Pkw-Fahrer soll durch eine Autokarte, die am Autobahnkontrollpunkt Helmstedt ausliegt, angeregt werden, auf landschaftlich schönen Routen die Sehenswürdigkeiten unse­ res Gebietes aufzusuchen. Ab April 1978 wird ein Informationsblatt zusätzlich auf die Veranstaltungen im Naturpark Elm-Lappwald aufmerksam machen. Weitere Werbeschriften sind in Vorbereitung, um insbesondere Tagungen sowie Betriebs­ und Vereinsausflüge in den Naturpark Elm-Lappwald zu lenken und Reisever­ anstalter auf die Speiserestaurants hinzuweisen, die in der Lage sind, eine Reise­ gruppe zu verpflegen. Außerdem sollen spezielle Angebote für Hobbyurlauber und Pferdefreunde ausgearbeitet und ein Wanderprogramm aufgestellt werden. Die Fremdenverkehrsgemeinschaft Elm-Lappwald, die im Bereich der Senio­ renreisen bereits gute Erfolge erzielen konnte, möchte den Naturpark Elm-Lapp­ wald zu einem Erholungsgebiet entwickeln, in dem jeder nach seinem Geschmack ungezwungen seinen Urlaub verleben kann. Dieses Ziel wird aber nur zu er­ reichen sein, wenn alle am Fremdenverkehr Beteiligten eng zusammenwirken, um die individuellen Wünsche der Gäste soweit als möglich zu erfüllen.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 1 Sagen und sagenhafte Geschichten aus Lelm am Elm ) Mitgeteilt und erltiutert von M e c h t h i 1 d W i s w e nach den Aufzeichnungen von Johann Christian Dün(n)haupt, Pfarrer zu Leim von 1783 bis 1786 2).

Hexenverbrennung Alle Leute wußten sich Dünnhaupt gegenüber zu erinnern, daß auf der soge­ nannten Dingslätle beim Dorf einst eine Hexe verbrannt sei. Dazu sei eine riesige Menge an „Hol z und Wasen" angefahren worden. Auf dem Lelmer Flurteil „Vor und bei dem hohen Baum" befand sich ein alter, als „Dingstidde" bezeichneter Gerichtsplatz, der 1777 in Ackerland umge­ wandelt wurde. Darauf kann in historischer Zeit eine Hexenverbrennung voll­ zogen sein, nachweisen freilich läßt sich das nicht 3).

Der Rasselbock von Leim Nur seilen soll es sich begeben haben, daß man diese Geslall in der Kleidung eines Läufers bei hellem Mondenschein gesehen haben will. Sie trieb, mit der Peitsche in der Hand klatschend, einen kleinen Knaben vor sich her. Wenn die Geslall entstehe, soll sie auf einem offenen Plalze des Nachls auch zur Winters­ zeit im Schnee kraspeln wie ein Stück Vieh, das in Dornen verwickell isl. Man findet aber keine Fußspuren noch etwaige Spuren davon. Die Bezeichnung Rasselgeist ist aus Grasleben bei Helmstedt für den Feld­ geist im Erbsen- und Bohnenfeld überliefert, der auch Arftenbock genannt wird, und der Kornmuhme bzw. dem Rahlweib im Kornfeld entspricht 4). Man warnte die Kinder mit diesen Gespenstern vor dem Betreten des Kornfeldes, deutet diese Gestalt aber mythologisch als göttliche Hüterin der Fruchtbarkeit. In der Lelmer Sage haben sich offensichtlich mit der Gestalt des Rasselbocks andere Vorstel­ lungen verbunden oder erhalten.

Vom wilden Jäger Hackelberg In allen Holzungen um Leim will man den Hackelberg wahrgenommen haben. lm Lelmer Elm haben ihn vor Jahren Pferdehüter, unter denen auch „bejahrte Burschen" waren, auf dem Platz vernommen, der Hakelsdal genannt wird. Hier soll er damals geilölel und das Wild unter Hundegebell gehetzt haben. Man hal den Hackelberg auch im Hagenwald nach Süpplingenburg hin gehört. Ein „ ver­ ständiger Mann und guter Christ" gar erzählle dem Chronisten vor einigen Jahren, daß man - und auch er selbst - an einem warmen Nachmillage große und kleine bunte Hunde aus dem Getreide habe kommen sehen. Als sie in den Hagen gelaufen seien, seien sie plötzlich verschwunden. Darauf aber sei so­ gleich ein Heizen, Jagen und Flöten zu hören gewesen. Trotz „ verschiedener Einwürfe" Dünnhaupts blieb der Erzähler bei seinem Bericht. Viele andere Lelmer besläliglen, sie hällen Hackelbergs Jagen und Heizen gehört. Die Uberlieferung von einem gespenstischen Jäger, der an der Spitze eines Geisterheeres unter Getöse durch die Lüfte zieht, ist über das gesamte germani­ sche Gebiet und darüberhinaus verbreitet. Sie wird mit der germanischen Mytho­ logie in Zusammenhang gebracht. Unzweifelhaft besteht eine Beziehung zum

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 germanischen Wind- und Totengott Wodan, der sich im Sturm seine Opfer holte. In der christlichen Vorstellungswelt dann erhielt der Hackelberg teuflische Züge. Im Gegensatz zu unserer Uberlieferung erscheint der „wilde Jäger" überwiegend in der Advents- und Weihnachtszeit. In der Lelmer Sage sind seiner Gestalt offenbar Züge einer anderen mythologischen Figur, der Kornfrau, mitgegeben worden 4). Das Gefecht bei Lelm Südlich des Dorfes liegt der sogenannte Totenkamp. Auf ihm soll einst ein blutiges Gefecht slallgefunden haben. So soll man hier Säbelklingen und Sporen ausgepflügl haben. Von diesem Treffen soll eine Schanze an der Abendseile des Dorfes herrühren. Ein achtzigjähriger Mann berichtete dem Chronisten dazu folgendes: Er habe in seiner Jugend gehört, daß während des Dreißigjährigen Krieges die kaiserlichen Truppen über Schöningen anmarschiert seien, sich vom Elm bis an den Schierenwald festgesetzt und einen Graben aufgeworfen hätten. Spuren davon seien noch zu sehen. Die Schweden seien von der Millernachls­ seite gekommen. Sie hätten sich den Kaiserlichen gegenüber von dem sogenannten Gransberge bis vor den Hagenwald herunter festgesetzt. Die Kaiserlichen seien von den Schweden aus der Schanze beim Dorf gelockt worden und es sei auf dem Totenkampe zu jenem Gefecht gekommen. Eine ausführliche Darstellung dieser Uberlieferung mit Erläuterungen befindet sich in Jg. 1782 des Braunschweigischen Magazins (Sp . 307 ff.). Ob tatsächlich ein historisches Ereignis zugrunde liegt, ließ sich nid1t klären.

Anmerkungen:

1) Nach Nds. Staatsarchiv Wolfenbüttel: Landschaftsbibliothek 1225, Bd. 7. - 2) Nach Seebaß, G. u. F.-W. Freist: Die Pastoren der braunschweigischen evangelisch-lutherischen Landeskirche seit Einführung der Reformation. Bd. 1. Wolfenbüttel 1968. S. 132. - ") Vgl. Kleinau, H.: Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes Braunschweig. Bd. 2. 4 Hildesheim 1968. S. 370. - ) Flechsig, W.: Feld-, Wasser- und Hausgeister im oslfälischen Volksglauben. In: Braunschw. Heimat Jg. 46 (1960). S. 34 ff.

Neues heimatliches Schrifttum

Heinz Röhr: Königslutter in dem Zweiten Weltkrieg schließt sich ein der Nachkriegszeit. 1945- Kapitel an über die naturräumlichen Ge­ 1 9 7 5. Königslutter: Stadtverwaltung 1977. gebenheiten im Raum Königslutter in Ver­ 132 S., 26 Abb., 2 Pläne, Pappbd. h inc'ung nü e'r.em historischen Abriß. In Der Verfasser, Stadtarchivar und wohl Spezialkapiteln erörtert der ·Verfasser das derzeit bester Kenner der Vergangenheit politische und das kulturelle Leben, Ver­ Königslutters, legt in dieser Monographie waltungsprobleme, vor allem aber die wirt­ eine positive Bestandsaufnahme vor, die schaftliche Situation in den letzten dreißig vor allem auf der Auswertung statistischen Jahren. Ein kurzer Abschnitt ist den in Kö• Materials beruht. Beigezogen sind weiter nigslutter eingemeindeten Dörfern gewid­ Akten sowie mündliche Berichte. Dankens­ met. Eine lesenswerte informative Arbeit werterweise ist Königslutters Entwicklung bei einigen kleinen Unebenheiten (z. B. S. im Rahmen allgemeiner Entwicklungsten­ 16: ,,Leibeigenschaft" hat es in dieser Form denzen sowie im Vergleich zu den Nach­ in den letzten 200 Jahren nicht mehr gege­ barstädten Braunschweig, Helmstedt und ben). Das ausführliche Quellen- und Lite­ Schöningen untersucht. An die besonders raturverzeichnis erleichtert die Weiterar­ gelungene Darstellung der Notzeit nach beit. M. Wi.

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https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202003131534-0 2 5 4 1 0 0 O· 2

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