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DAV Panorama 6/2008

Erste

Von Manfred Scheuermann

Skitouren im Berchtesgadener Land

Skibergsteiger schätzen den Alpennationalpark mit dem berühmten , die Große und die Kleine Reibn. Als vielfältiges Skitourengebiet gerade für den Hochwinter lohnt der südöstlichste Zipfel Deutsch- lands aber auch einen längeren Aufenthalt.

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ls hätte Frau Holle einen Kübel Sahne verschüttet: Unter einer weißen Ku- scheldecke ruhen die Wie- sen des Berchtesgadener Talkessels, darüber stehen die Gip- Afel im Rund. Der mit sei- nem langen gelben Felsband, der Hohe Göll mit weißer Kuppe über dem dun- klen Endstal, das Gipfelgewusel des Hagengebirges, die Zackenkrone des Watzmanns und der massive Klotz des Hochkalters – eine Traumwelt für anspruchsvolle Skialpinisten, und da- zwischen gibt es auch viele sanftere Hänge. Kein Wunder, dass manch Eingesessener den Kessel nur ungern verlässt. Aber Gäste sind willkommen. Zum Glück sind die Berchtesgadener Ber- ge trotz ihrer Lage am östlichen Rand Deutschlands mit Bahn oder Auto gut zu erreichen, denn sie stehen in der ers- ten Reihe. Untersberg, Lattengebir- ge und Hochstaufen bilden den nörd- lichen Alpenrand, dahinter reihen sich im Halbkreis die berühmten Massive des Nationalparks, und dazwischen liegt, eingezwängt wie ein Fjord, der Königssee. Satte 2000 Meter Höhen- unterschied sind es vom Tal bis auf die Gipfel. Alle Massive der Berchtesga- dener Alpen bieten Möglichkeiten für Skitouren; auch was Länge und An- spruch betrifft, ist Vielfalt geboten: Bei guten Verhältnissen locken fantas- tische, teils aber stramme Tages- und Mehrtagestouren, bei schlechtem Wet- ter oder Lawinengefahr Ausweichtou- ren in Pistennähe. Da die meisten Aus- gangspunkte kaum höher als 600 Me- ter liegen, braucht es genügend Schnee. Doch das Berchtesgadener Land ist Königreich: Schlagartig recht schneesicher – wenn es erst ein- springen bei der Kleinen mal geschneit hat. Denn durch seine Reibn die Abbrüche der Watzmann-Ostwand östliche Lage ist das Klima hier konti-

ins Blickfeld. nentaler als etwa im Allgäu. Auch der Scheuermann Manfred Foto:

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Vorfreude: Unter den steilen Felswänden des Kleinen Watzmanns liegen die Pulverhänge des Watzmannkars.

Föhn kann dem Schnee weniger an- ger Unternehmers, der auf dem Gipfel haben als anderswo, denn Steiner- Unterwegs in ei- des Predigtstuhls die größte Christus- nes Meer und Hochkönig riegeln den ner Landschaft, statue der Welt bauen wollte. Mit 55 Landkreis nach Süden wie eine Mau- Metern sollte sie fast 20 Meter höher er ab. Hinzu kommt, dass die kalte Luft die keine von werden als das berühmte Christus- im Berchtesgadener Kessel gerne et- monument von Rio de Janeiro, das im was länger liegen bleibt. So kann man Menschenhand Internet zum „Neuen Weltwunder“ trotz Klimawandel durchaus riskieren, gewählt wurde. Doch die Vernunft Quartier für eine Tourenwoche im Vo- geschaffenen siegte, Ende September 2008 hat der raus zu buchen. Idealer Standort ist das Bad Reichenhaller Stadtrat das Projekt Becken von im Zentrum Weltwunder aus Naturschutzgründen abgelehnt. des Tourengebietes. So bleibt es beim „normalen“ Gipfel- braucht kreuz, das man von der Bahnstation in zehn Minuten erreicht. Die Aussicht be- Neues Weltwunder abgelehnt weist, dass man sich für eine der spekta- Gut für den Anreisetag und den ers- kulärsten Landschaften der Alpen ent- ten Überblick ist ein Ausflug ins Lat- mit ihren 80 Jahren ist sie die weltweit schieden hat. Eine kurze Waldabfahrt tengebirge. Dazu nimmt man die Seil- älteste im Original erhaltene Kabinen- führt zur Unteren Schlegel-Alm, dann bahn von Bad Reichenhall zum Pre- seilbahn. Ein großes Abenteuer waren geht es mit den Fellen über 400 Höhen- digtstuhl – ein kleines Abenteuer, denn die tollkühnen Pläne eines Hambur- meter zum Hochschlegel hinauf. Wer

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Lust und mindestens drei Stunden Zeit hat, folgt von dort dem langen Grat über Kar- und Törlkopf und fährt nach Winkl ab. Diese Skitour war früher be- liebt, doch seit die Züge am Bahnhof Winkl nicht mehr halten, wird sie trotz Busverbindung nur noch selten ge- macht. Die kürzere Variante bietet ei- ne schöne Abfahrt zurück zur Unteren Schlegel-Alm. Zu weit nach Süden darf man dabei aber nicht geraten, denn dort überwintern empfindliche Raufuß- Pulvertanz: Rhythmisch stäubt der Schnee bei hühner. Ins Tal kommt man am bes- der Abfahrt von der Hochalm. ten wieder mit der Bahn. Sportlicher Orientierte finden am Dort gibt es schöne Skihänge, die in Untersberg eine gute Alternative zum den letzten Jahren hunderte Skitouren- Lattengebirge. Von Fürstenbrunn, süd- geher aus den umliegenden Orten für westlich von , zieht eine be- sich entdeckt haben und den ganzen liebte Skitour zum Salzburger Hoch- Winter zu allen Tageszeiten nutzen. thron. Kaum zu verfehlen, folgt sie Die Ausgangspunkte sind schnell er- stets der Skipiste, und die Aussicht reicht, die Touren meist lawinensicher, steht der vom Predigstuhl in nichts die Abfahrten gewalzt und Hütten nach. Doch es braucht ein gesundes bieten gemütliche Einkehr. Zum Zin- Selbstbewusstsein, denn der Unters- kenkopf und Roßfeld startet man in berg ist Trainingsberg für Wettkämp- Oberau oder im österreichischen Bad fer. Wer Pech hat, dem begegnet der- Dürrnberg und hat immerhin fast 800 selbe Läufer während des Aufstiegs bis Höhenmeter zum aussichtsreichen zu drei Mal, immer von hinten. Hochplateau. Götschen und Toter Mann jenseits des Tales sind von Bi- schofswiesen, Ramsau oder Schwarz- Salz und Silber eck zu erreichen. Eine Art Mittelgebirge zieht sich Wichtig bei diesen Touren ist, die vom Roßfeld zum Toten Mann diago- beschilderten Routen, Zeitvorgaben

nal durch die Berchtesgadener Alpen. für den Abend und die DAV-Regeln Andi Dick Scheuermann, Manfred Fotos:

Trendsport Skitourengehen auf Pisten: mit Rücksicht gut rauf

Jenner: Ausgangspunkt für alpen- weltministerium, Seilbahnverband, inzwischen ähnliche Regeln, die Schweiz hat weite Lösungen Deutschem Skiverband, Lawinen- die DAV-Regeln fast 1:1 übernommen. Vorbild- Skitourengehen auf Pisten ist im warndienst und Bergwacht ein. Er- lich waren im Berchtesgadener Land auch Kommen, und Risiken und Kon- gebnis waren eine einheitliche Be- Umsetzung und Informationspolitik durch flikte kommen mit. 2002 - hat schilderung und allgemeine Regeln die DAV-Sektionen und Bergbahnen, die bis te es sich am Jenner zugespitzt: für Skitouren auf Pisten, die normati- heute zu hoher Akzeptanz führten. Zwei Är- Bis zu zweihundert Tourengeher stie- ven Charakter und bayernweit Gültigkeit gernisse gilt es noch in den Griff zu bekom- gen tagsüber, vor allem aber abends und haben. Beim zweiten Treffen der Experten am men: Aufsteigen in Gruppen nebeneinander nachts über die Pisten auf, Tourenziel vieler Jenner wurde klar, dass es zusätzlich gebiets- und das unerlaubte Mitnehmen von Hunden war das Stahlhaus. Es gab Unfallgefahren, bezogene Lösungen braucht. So wurden mit auf die Pisten. Krisensitzungen und Konfrontation, eine Lö- den örtlich Betroffenen Routen- und Zeitvor- sung musste her. Zusammen mit der DAV- gaben für den Jenner und die drei anderen Die DAV-Regeln und Vereinbarungen für die Sektion Berchtesgaden nahm sich der DAV- Skigebiete im Landkreis vereinbart. Lösungen bayerischen Skigebiete sind zu finden unter www. alpenverein.de Hauptverband des Themas an und berief im für 15 weitere bayerische Skigebiete folgten. März 2003 einen Expertenkreis aus Vertre- Auch die Nachbarländer orientieren sich am tern von DAV, Bayerischem Innen- und Um- „bayerischen Modell“: Für Österreich gelten

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zum Saisonbeginn am Tag des ersten gadens. Reiche Salzvorkommen er- kräftigen Schneefalls. Die Tour führt wiesen sich für die gesamte Region über die stillgelegte, alte Kehlstein- als Segen, Solequellen und die Sali- straße, da reichen schon 25 Zentime- ne von Bad Reichenhall brachten den ter für den ersten Skigenuss. Schneit bayerischen Herzögen und Königen es mehr, kann es dort allerdings Macht und Reichtum. Noch heute rasch lawinengefährlich werden! Die wird in Berchtesgaden Salz abgebaut – Eckerleiten ist eine kurze schöne Tour aber auch auf andere Weise versilbert: am Fuß des Hohen Gölls. Feinstes Ski- als Touristenattraktion. 400.000 Be- gelände, Tourenziel ist das im Winter sucher pro Jahr fahren in die Stollen geschlossene Purtscheller Haus. Na- des Salzbergwerks ein, ein unvergess- Ankunft: Selbst nahe der Predigtstuhl-Seilbahn he Schongebiete sind in der neuen liches Erlebnis, das einen Schlecht- kann man ruhige Momente erleben. AV-Karte verzeichnet (siehe Kasten), wettertag in einen Höhepunkt ver- sie gehören natürlich den Wildtie- wandeln kann. für Skitouren auf Pisten zu beachten ren. Kehlstein und ha- (siehe Kasten). Das erleichtert die Ori- ben in der NS-Zeit traurige Berühmt- Den Skiberg sieht man ihm entierung, hilft Unfälle und Konflikte heit erlangt. Eine Dokumentation des nicht an zu vermeiden und schützt die Na- Münchner Instituts für Zeitgeschichte Der Hohe Göll liegt bereits im Na- tur. Diese Regeln gelten für alle Skige- am Obersalzberg informiert darüber. tionalpark Berchtesgaden. Er gehört zu biete, ebenso wie die, dass Hunde kei- Die NS-Gebäude wurden abgerissen, den prominentesten Skitourenzielen nesfalls auf die Pisten dürfen! seit 2005 gibt es dort ein Fünfsterne- des Gebietes, obwohl man dem mäch- Schon alpiner geben sich die beiden Luxushotel. Obersalzberg steht aber tigen Klotz den Skiberg nicht ansieht. Nachbartouren. Am Kehlstein trifft auch für ein erfreuliches Kapitel der Versteckt zieht von Westen das steile sich die Berchtesgadener Tourenszene Geschichte und Gegenwart Berchtes- Alpeltal unter senkrechten Felswänden

Skibergsteigen umweltfreundlich im Berchtesgadener Land

Damit Wildtiere nicht beunruhigt parkhaus. So kann auf neue Trends jetzt sechs von 22 geplanten Kartenblättern, werden und Jungwald nicht geschä- wie Schneeschuhgehen oder Verän- die bis 2012 die gesamten Bayerischen Alpen digt wird, führen der DAV, das Ba- derungen etwa durch Sturmschä- abdecken werden. yerische Umweltministerium und den reagiert werden. Die Akzeptanz das Landesamt für Umwelt die Pro- des Projekts im Berchtesgadener Land Info/Bestellung: jekte „Skibergsteigen umweltfreund- ist im Allgemeinen hoch. Dennoch muss Deutscher Alpenverein e.V., lich“ und „Wildtiere und Skilauf im Gebirge“ für einige Tourenbereiche besser informiert und Postfach 500 220, 80972 München, durch. Die Tourenberge des Berchtes-gadener verstärkt Überzeugungsarbeit geleistet werden. [email protected], Landes waren 1996/97 das erste Projektge- www.dav-shop.de. biet. Von dort wurde die Untersuchung schritt- Neue Alpenvereinskarten zu Preis: € 5,95 für DAV-Mitglieder, € 9,80 weise nach Westen bis zum Allgäu ausgewei- den Berchtesgadener Alpen für Nichtmitglieder (zzgl. Versandkosten, tet. Der Nationalpark Berchtesgaden kam 2003 Ab sofort gibt es drei neue Alpenvereinskar- Mindestbestellwert € 11,90) dazu. Seither gibt es Routenempfehlungen, ten im Maßstab 1:25.000, die den größten empfindliche Bereiche wurden zu Wald-Wild- Teil des Berchtesgadener Landes abdecken. Schongebieten erklärt, die auf Freiwilligkeit Sie enthalten neben den Wanderwegen die basieren. Gebietskenner legen die ersten Spu- üblichen Skirouten sowie alle Schutz- und ren naturverträglich an, wo nötig geben Über- Schongebiete. Damit sind sie für die Planung sichtstafeln und grüne DAV-Schilder wichtige von Ski- und Schneeschuhtouren unverzicht- Hinweise. Zugewachsene Abschnitte wurden bar. Die neuen AV-Karten werden vom DAV in sogar im Nationalpark ausgeholzt und damit Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Ver- angrenzende Waldbereiche entlastet. Zur Er- messung und Geoinformation (LVG) heraus- folgskontrolle und Gebietsbetreuung auf lange gegeben und basieren auf der neu gestalteten Sicht treffen sich einmal jährlich Vertreter der topaktuellen amtlichen topographischen Kar- betroffenen Behörden, Verbände, Bergbahnen te. Ideeller Partner ist das Bayerische Landes- Die neuen Alpenvereins- und anderer Interessengruppen im National- amt für Umwelt. Mit den drei neuen gibt es karten der Reihe BY Bayerische Alpen

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Einkehr: Das Stahlhaus unter dem Hohen Brett ist Startpunkt für die Kleine und für die Große Reibn.

hinauf zu den weiten Hängen der Um- Schneibstein auf. Die weiß gebänderte gänge. Die anspruchsvolle Frühjahrs- In der Salz- Steilflanke der Watzmann-Ostwand tour ist nur erfahrenen Skibergsteigern region zählt im und die endlosen Wellen des Steiner- bei lawinensicherem Schnee zu emp- nen Meeres stets vor Augen, geht es fehlen, die mit 1400 Höhenmetern Winter von dort hinab zum Seeleinsee. Es folgt Aufstieg und der ausgesetzten Que- ein kurzer Gegenanstieg zum Dreieck rung des felsigen „Sommerwandls“ zu- ein anderes der Hohen Rossfelder, dann die lan- rechtkommen. Karfreitag am Hohen ge Abfahrt hinunter nach Schönau am Göll – das ist nach dem ersten Schnee weißes Gold: Es Königssee. Die berühmte Große Reibn am Kehlstein der zweite wichtige Ter- ist etwas für Menschen mit Konditi- (2), Andi Dick Scheuermann Manfred Fotos: min der örtlichen Skitourenszene. Wer knirscht unter den on, bietet aber ein spektakuläres Er- sich den Berg zutraut, ist dabei, sofern lebnis von Einsamkeit, Weite und die Verhältnisse stimmen. Skiern Landschaftsgenuss. Zumindest in den Das wohl vielfältigste Tourenge- Ostalpen gibt es nichts Vergleichbares. biet schließt mit Jenner, Schneibstein, Über 40 Kilometer und rund 3300 Hö- Kleiner und Großer Reibn südlich an henmeter durchstreift man auf hochal- das Göllmassiv an. Günstiger Aus- Meisterschaft im Skibergsteigen, die piner Route in zwei bis drei Tagen die gangspunkt ist Hinterbrand, von wo die DAV-Sektion Berchtesgaden aus- Berchtesgadener Bergwelt. Übernach- man den Jenner auf halber Höhe um- richtet. Start ist an der Talstation der tung bieten das Stahlhaus und das Kär- rundet. Dahinter fällt die Entschei- Jennerbahn. Wer teilnimmt, braucht lingerhaus am Funtensee, dem kältes- dung für das Stahlhaus oder die Ho- Kraft, Geschick und muss bei der Ab- ten Punkt Deutschlands: Minus 45,8 hen Rossfelder. Beliebt ist auch der di- fahrt dem berüchtigten Spinnergra- Grad Celsius wurden am 25. Januar rekte, teils steile Anstieg am Rand der ben gewachsen sein. 2000 in dieser Mulde gemessen, die Skipisten über die Mitterkaser-Alm Die Kleine Reibn (Reibn bedeutet für kalte Luft als Sammelstelle wirkt. zum Jenner oder Stahlhaus. Auch für Rundtour) zählt ohne Zweifel zu den Experten halten hier Temperaturen diese Route gibt es wichtige Spielre- schönsten Skitouren der Berchtesga- bis –55 Grad Celsius für möglich. geln, die der Sicherheit dienen und dener Alpen. Wer sie genießen will, Der Nationalpark Berchtesgaden ist unbedingt eingehalten werden müs- nimmt die Jennerbahn, quert nach der einzige deutsche Nationalpark in sen (siehe Kasten links). Hier tobt kurzer Abfahrt hinüber zum Stahl- den Alpen, ein Gebirgsökosystem mit jährlich der Jennerstier, die Deutsche haus auf einen Kaffee und steigt zum rund 4000 Tier- und Pflanzenarten,

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Hochgenuss: Freie Hänge mit Blick zum Untersberg bringen an der Eckerleiten Herz und Seele zum Jubeln.

aber auch Kulturlandschaft. Tiere wie Naturschutzreferenten Rudi Berger so- Steinbock, Steinadler, Auer-, Birk- Momente des wie der Verein zum Schutz der Bergwelt und Alpenschneehuhn finden hier Glücks – unterstützt vom DAV-Hauptverband, ihre Heimat; landschaftliche Attrak- der sich im Jahr 1968 mit der Resolution tionen von internationalem Rang in einem Tal- „Hände weg vom Watzmann!“ positio- wie Watzmann, Königssee, Hintersee nierte. Der Widerstand trug Früchte. oder St. Bartholomä zogen einst Land- kessel, den man Nicht nur, dass der Nationalpark ent- schaftsmaler wie Caspar David Fried- stand und somit dem Bau einer Watz- rich und Schriftsteller wie Richard eigentlich nicht mannbahn endgültig ein Riegel vorge- Voß in ihren Bann. schoben wurde. Es gelang damals auch, mehr zu verlassen den Alpenplan auf den Weg zu bringen, eine bis heute gültige staatliche Verord- Hände weg vom Watzmann bräuchte nung, die die Bayerischen Alpen in drei Naturschutz, Forschung, Erholung Zonen unterteilt und damit weite Teile und Umweltbildung sind die Ziele des strebungen gab, eine Seilbahn auf den des Gebirges vor technischer Erschlie- Nationalparks, der 2008 sein 30-jäh- Watzmann zu bauen. Gegen diese aber- ßung bewahrt. riges Bestehen feierte. Entstanden ist witzigen Pläne wehrten sich vor allem „König“ Watzmann thront über er aus dem Naturschutzgebiet Königs- die DAV-Sektion München mit dem dem Kessel von Berchtesgaden im see in einer Zeit, als es hartnäckige Be- Vorsitzenden Dr. Erich Berger und dem Zentrum des Nationalparks: eine

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Anreise Mit der Bahn über Freilassing nach Berch- Hocheck, dem ersten der drei Watz- tesgaden. Etwa stündliche Verbindungen. manngipfel, verlängern. Das Hoch- Seit 2006 gehört die Strecke zur Salzbur- eck gilt als Königstour der Berchtesga- ger S-Bahn. Im Berchtesgadener Land un- dener, ist sehr steil und mit insgesamt terhält der Regionalverkehr Oberbayern 2000 Höhenmetern nur den Besten (RVO) ein dichtes Busnetz mit häufigen anzuraten. Genießer begnügen sich Fahrten. Die meisten Ausgangspunkte der mit der Gugel, die für sich allein schon Skitouren sind angebunden. Informati- zu den Klassikern der Berchtesgadener onen zu den Verbindungen gibt es unter Skitouren gehört. www.rvo-bus.de Anreise mit dem Auto über die A 8 Mün- chen-Salzburg, Ausfahrt Traunstein/Siegs- 37-jährige Watzmanngams Wildnis: Zwischen den Watzmann-Wänden dorf, weiter über Inzell und Schneizlreuth „Es ist nicht leicht für einen passio- versteckt sich die Skitour ins „Kar“. nach Berchtesgaden oder Ausfahrt Bad Rei- nierten Skiläufer, zwischen Ostern chenhall, weiter über Bischofswiesen nach und Pfingsten vom grünen Berchtes- roint-Alm zur Skischarte und zurück. Berchtesgaden oder von Salzburg über gadener Talboden hinauf ins Watz- Dabei messen sich jährlich Ende April Marktschellenberg nach Berchtesgaden. mannkar zu schauen, ohne sogleich die Größen der Berchtesgadener Ski- heftige Gelüste zu bekommen“, alpinisten. Informationen: schrieb Walter Pause vor 50 Jahren und Jenseits des Wimbachtals schließt Berchtesgadener Land Tourismus zählte das Watzmannkar zu den hun- das Massiv des Hochkalters an, da- Bahnhofplatz 4, 83471 Berchtesgaden dert schönsten Skiabfahrten der Al- nach westlich des Klausbachtals das Scheuermann Manfred Fotos: Tel.: 08652/656 50-0 pen. Den Tourengeher erwarte „hoch- Massiv der Reiter Alm. Beides sind Fax: 08652/656 50-99 dramatische Felslandschaft unter den mächtige Gebirgsstöcke mit allerhand [email protected] Watzmanngipfeln“ und die Aussicht Tourenmöglichkeiten. Skitouren aus www.berchtesgadener-land.com vom dritten oder fünften Watzmann- dem Klausbachtal in diverse hochal- kind sei einzigartig in den bayerischen pine Seitentäler, wie das Ofen- oder Links: Bergen, „sie zu begreifen, würde noch Sittersbachtal, sind anspruchsvoll, www.nationalpark-berchtesgaden. die schikanöseste Abfahrt lohnen“. lang und bieten meist erst im Frühjahr bayern.de Tatsächlich wartet die Tour mit zwei sicheren Schnee. Auf der Reiter Alm www.dav-berchtesgaden.de Paukenschlägen auf: Der erste dröhnt, steht die Neue Traunsteiner Hütte der www.info-bgl.de wenn sich oberhalb des Waldgürtels DAV-Sektion Traunstein mit ihrem www.predigtstuhlbahn.de das Kar mit der dominanten Watz- erstklassig gewarteten Winterraum. www.jennerbahn.de mannjungfrau, dem höchsten der Von dort lassen sich der Große Weit- www.ramsau.de Watzmannkinder, öffnet. Der zwei- schartenkopf und das Wagendrischel- te bei Erreichen eines der drei Tou- horn gut erreichen. Einziger Nach- renziele. Dann nämlich hat man den teil ist der lange Zustieg von Oberjet- atemberaubenden Blick zum 1500 Me- tenberg über den Schrecksattel, der so mächtige Pyramide mit der kleineren ter tiefer gelegenen Königssee (Vor- manchen verschreckt, so dass sich die Kopie der „Watzmannfrau“ und da- sicht, Wechten!), zur riesigen Treppe eindrucksvolle Szenerie auf der Rei- zwischen fünf kecken „Kindern“. Ski- der Watzmannostwand direkt gegen- ter Alm meist in aller Ruhe erleben bergsteigern bietet er mit „Gugel“ und über und über das tief verschneite Stei- lässt. Mehr Betrieb gibt es dafür auf der „Kar“ zwei der attraktivsten Touren nerne Meer zu den Eisgipfeln der Ho- Hochalm, einem eigenartig gewellten, der Region, startend an der Wimbach- hen Tauern im Süden. skifreundlichen Gelände unter den brücke oder am Café Hammerstiel. Was sich seit Walter Pause geän- Felswänden des Hochkalters mit ganz Die Gugel ist ein Vorgipfel des Watz- dert hat, sind Frequentierung und Be- besonderem Reiz. Ein Forstweg zieht manns mit lohnender Skiabfahrt, auf suchszeiten: Trotz ihrer Länge zählt von Ramsau zur Mitterkaser-Alm, der vor Jahrzehnten FIS-Rennen aus- die Tour ins Watzmannkar zu den dann geht es unter grauen Felsbasti- getragen wurden. Auf Forstwegen, Rennern und sie wird bei sicheren onen über Schneehöcker hinauf, die dann über die lange Schneise geht es Verhältnissen den ganzen Winter sich übereinandertürmen wie Kugeln hinauf, ein beschildertes Schongebiet über gemacht. Auch hier ist Rücksicht im Eisbecher. Und mit etwas Glück ist für Wildtiere bleibt links liegen. Das auf die Raufußhühner angesagt, die in die Abfahrt das Sahnehäubchen. o

Ziel wird knapp über der Waldgrenze der Mitte des Kars ein Schongebiet be- Manfred Scheuermann ist im DAV verantwortlich für erreicht, auf Augenhöhe des im Win- kommen haben! das Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“, in ter geschlossenen Watzmannhauses. Kult im Watzmannkar ist die mitt- dem er seine Leidenschaft für Skitouren wie für Natur und Landschaft einbringen kann – und beweist, dass Bei sicherem Schnee im Frühjahr lerweile 37-jährige Watzmann-Gams, Natursport und -schutz sich bestens vertragen. lässt sich die Tour nach oben bis zum ein Skitourenrennen von der Küh-

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