Allein Zu Haus

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Allein Zu Haus Deutschland binettsposten leer ausgegangen sind. So konnten sich die liberalen Steuerpolitiker FDP nicht einmal einen Staatssekretärsposten im Finanzministerium sichern. Dafür stellt Allein zu Haus die FDP mit ihrem bisherigen General- sekretär Dirk Niebel nun einen Entwick- lungshilfeminister, der sein Ressort bis vor Während Parteichef Westerwelle um die Welt tourt, macht sich in kurzem noch abschaffen wollte – und dafür seit Wochen Hohn und Spott erntet. Ihrem der Fraktion Unmut breit. Wichtige Posten sind nicht besetzt, größten politischen Talent, dem Nieder- viele Abgeordnete klagen über den schwarz-gelben Stolperstart. sachsen Philipp Rösler, haben die Libera- THOMAS TRUTSCHEL / PHOTOTHEK.NET TRUTSCHEL THOMAS Außenamtschef Westerwelle, Minister Rösler, Brüderle, Leutheusser-Schnarrenberger, Niebel: „Auf der Welt passieren ja noch andere Dinge“ uido Westerwelle kann sehr unan- Amt hat, gerät ihm aus dem Blick: Der Par- len dagegen das undankbarste Thema im genehm werden, wenn ihm Fragen teichef, der die FDP nach elf Jahren Oppo- gesamten Kabinett aufgedrückt: die Ge- Gnicht passen, so wie vergangenen sitionszeit mit einem historischen Wahl- sundheitspolitik. Montag. In der Parteizentrale im Berliner ergebnis von 14,6 Prozent in die Regierung Vor allem aber dämmert manch FDP- Thomas-Dehler-Haus sollte der Vizekanz- führte, lässt seine Leute nach dem Wahl- Abgeordneten, dass er in der neuen Koali- ler über die Präsidiumssitzung der FDP sieg allein zu Haus. Aus Frust über das tion kaum mehr zu sagen hat als früher berichten. Westerwelle trat ans Redner- Führungsvakuum haben sie ihm in der in der Opposition. Beinahe wöchentlich pult und straffte sich staatsmännisch. Sein Fraktion einen neuen Spitznamen verpasst. müssen die liberalen Parlamentarier zur Statement war knapp. Er habe dem Präsi- Sie nennen ihn jetzt „den Äußersten“. Kenntnis nehmen, dass wieder eine Regie- dium mitgeteilt, dass er den neuen FDP- Während Westerwelle um die Welt jettet, rungs-Arbeitsgruppe eingesetzt wurde, an Generalsekretär am 14. Dezember benen- genügt die FDP daheim kaum dem eigenen der sie nicht beteiligt sind. Und dass Bil- nen werde, sagte Westerwelle und grinste. Anspruch, die natürliche Regierungspartei dungsministerin Annette Schavan (CDU) Dann kamen die Fragen. zu sein. In der schwarz-gelben Koalition das BAföG erhöhen will, erfuhren die Ab- Warum bleibt dieser wichtige Posten so sind die Liberalen vornehmlich mit frag- geordneten auch erst, als es schon be- lange unbesetzt? Wie will die FDP den würdigen Vergünstigungen für Apotheker, schlossen war. Koalitionsstreit ums Betreuungsgeld lösen? Steuerberater und Firmenerben aufgefal- Gesteigert wird die Verunsicherung Was passiert beim Zwist um Erika Stein- len. Geht es um ihre großen Reformanlie- durch die liberalen Bundesminister, die bach? gen, laufen die Liberalen dagegen regel- nicht bei jedem ihrer Auftritte eine glück- Westerwelle nerven diese Fragen, es sind mäßig auf. Grundlegende Änderungen am liche Figur machen. Wirtschaftsminister Fragen aus dem politischen Alltag der neu- Arbeitsmarkt hatte die Union gleich nach Rainer Brüderle, der es eher mit Beharr- en Regierungskoalition, aber er hat jetzt der Wahl ausgeschlossen. Bei den Großpro- lichkeit als durch glanzvolle Auftritte in Wichtigeres zu tun. Er ist der Außenminis- jekten Steuern und Gesundheit müssen sich die Regierung geschafft hat, unterlief zu- ter. „Auf der Welt passieren ja noch ande- die Liberalen beinahe täglich von Finanz- letzt am Rande der Kabinettsklausur im re Dinge“, ätzte Westerwelle, „das war minister Wolfgang Schäuble (CDU) oder Meseberger Schloss ein peinlicher Faux- auch kein Thema in Masar-i-Scharif!“ CSU-Chef Horst Seehofer belehren lassen, pas. Brüderle wollte gemeinsam mit Fi- Dann rauschte er aus dem Saal, er musste dass es größere Umbauten nicht geben wird. nanzminister Wolfgang Schäuble ein paar schnell weiter, nach Israel. „Wir haben einen Stolperstart hingelegt“, Sätze sagen, sie wollten schwarz-gelbe Lange hat Westerwelle davon geträumt, sagt ein altgedienter FDP-Parlamentarier. Harmonie ausstrahlen. „Ich freue mich Außenminister zu sein, nun geht er völlig in Nicht wenige Abgeordnete grämen sich sehr, dass Herr Schäuble und ich ganz dicht seiner Rolle auf. Dass er noch ein zweites zudem, weil sie bei der Verteilung der Ka- beieinanderstehen“, sagte Brüderle neben 36 der spiegel 49/2009 Schäubles Rollstuhl, „auch wenn ich jetzt tionschef Wolfgang Kubicki immer wieder stehen muss und er sitzen kann.“ einstimmen, lässt die Partei als irrlichtern- Von Außenminister Westerwelle ist kein de Truppe erscheinen. In den langen Op- derartiger Ausrutscher bekannt, aber ver- positionsjahren war es Westerwelle, der gangene Woche geriet auch er innerhalb den Liberalen die Richtung vorgab. Doch der Partei in die Kritik. In der Fraktions- seit der nur noch auf Tour ist, zeigt sich, sitzung am Dienstag bemängelte der ehe- dass der FDP wichtige Leute fehlen – vor malige FDP-Chef Wolfgang Gerhardt, die allem ein Generalsekretär. Debatte um Erika Steinbach sei für die Auf der Homepage der Parteizentrale FDP „nicht glücklich“ gelaufen. Man habe ist immer noch Dirk Niebel im Amt. In der sich früh auf eine Linie festgelegt. „Der Rubrik „Parteileben“ heißt es, der Gene- ralsekretär kommentiere in seinem Blog „Niebels Woche“ „regelmäßig das aktuel- le politische Tagesgeschehen“. Mit einem Klick ist man in Niebels Blog. Der letzte Eintrag stammt vom 14. Oktober. Um den Internetauftritt der Partei küm- mert sich eigentlich der Bundesgeschäfts- führer, doch auch den gibt es gerade nicht bei der FDP. Seit die Partei dank des sen- sationellen Wahlergebnisses plötzlich so viele Posten zu vergeben hat, ist auch die Parteizentrale verwaist. Der frühere Ge- schäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz ergat- terte ein Staatssekretärsamt beim neuen Entwicklungshilfeminister Niebel. Seine Nachfolge: unklar. In der Fraktion herrscht Unverständnis darüber, dass Westerwelle sich mit den Per- sonalien so lange Zeit lässt. Dabei sind für das Amt des Generalsekretärs schon länger zwei Namen im Gespräch: Christian Lind- ner, der 30-jährige FDP-Generalsekretär aus Nordrhein-Westfalen, und der Nieder- sachse Patrick Döring, 36. Während Lind- ner mit einer Aufsatzsammlung versucht KROHNFOTO.DE hat, sich in der Partei als Programmatiker hervorzutun, gilt Döring als Wiedergeburt Konflikt liegt nun bei der FDP und nicht des Lautsprechers Niebel. Erhält er den bei Bundeskanzlerin Angela Merkel“, so Zuschlag, so fürchten viele in der Partei, Gerhardt. wären aus der Parteizentrale auch weiter- Auch Bundesjustizministerin Sabine Leut- hin bloß Platituden zu hören. heusser-Schnarrenberger hat erste Schram- Bis die Personalie geklärt ist, muss die men abbekommen. Sie vergaloppierte sich neue Fraktionschefin Birgit Homburger beim Swift-Abkommen, das die Weitergabe als Stimme der Partei herhalten. Die reso- von Bankdaten an US-Ermittler ermöglicht. lute Landeschefin aus Baden-Württem- Die FDP wollte den Vertrag stoppen, konn- berg führt die Fraktion mit militärischer te sich damit aber vorige Woche nicht gegen Strenge, aber sie tut sich ebenfalls schwer die Union durchsetzen. mit Personalien: Sie hat noch keinen Nach- Für Westerwelle ist das besonders är- folger für Fraktionssprecher Christoph gerlich. Gerade mit den Themen Bürger- Steegmanns gefunden, der nach der Wahl rechte und Datenschutz wollte er im Wahl- zum Vize-Sprecher der Regierung auf- kampf das Profil der Partei erweitern, er rückte. wollte raus aus der Ecke der marktlibera- In der Fraktion weckt die Sprachlosig- len Klientelpartei. Doch vom Anspruch, keit unschöne Erinnerungen. Einige Ab- aus der FDP eine Massenbewegung zu ma- geordnete saßen schon einmal in einer chen, ist schon zwei Monate nach der Wahl schwarz-gelben Koalition, unter Führung nicht mehr viel übrig. von Helmut Kohl. Damals verlor die FDP Mit den Forderungen, die Rechte von neben den Schwarzen fast völlig ihr Profil Vermietern zu stärken und die Mehrwert- und verschwand nach 1998 im politischen steuer für Hotels zu senken, ist die FDP Niemandsland. wieder zur Klientelpartei zusammenge- Es gibt die Angst, dass es wieder so kom- schnurrt. Zudem halten selbst FDP-Abge- men könnte. Unter den liberalen Parla- ordnete die Steuerpläne für Blödsinn. „Das mentariern kursiert nicht nur ein neuer macht das Steuersystem nicht einfacher“, Spitzname für Parteichef Westerwelle, son- schimpft ein junger Haushaltspolitiker, dern auch für Kanzlerin Merkel. Sie nen- „sondern komplizierter.“ nen sie „die Schwarze Witwe“. Das ist die Die Kakophonie, in die auch FDP-Lan- Spinne, die ihren Partner auffrisst. Gleich despolitiker wie Schleswig-Holsteins Frak- nach der Paarung. Merlind Theile der spiegel 49/2009 37.
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