Sabine Christiansen
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SABINE CHRISTIANSEN Powerfrau: Wer hat mehr Macht – der deutsche Bundespräsident oder Sabine Christiansen? Für Bundestagspräsident Wolfgang Thierse ist klar: die Zweitgenannte. Seit sieben Jahren moderiert die 48-jährige Journalistin die Politsendung “Sabine Christiansen”, welche mit fünf Millionen Zuschauern zu den erfolgreichsten Formaten des deutschen Fernsehens zählt. Gegenüber “persönlich” äussert sie sich über aufdringliche PR-Berater und den Versuch von Roger Schawinski, ihre Sendung zu konkurrenzieren. Interview: Matthias Ackeret Fotos: TV21/ TV21 Marcel Mettelsiefen Frau Christiansen, soeben hat Ihnen Sat.1-Chef Roger Schawinski “Sabine Christiansen” ist zu einem medialen Nebenparlament den Kampf angesagt, indem er auf seinem Sender am geworden. Wann hat die Sendung diesen Stellenwert erreicht? Sonntagabend eine eigene Polit-Talkshow einführen will. Fürchten “Das erste halbe Jahr war sehr schwer, weil wir zuerst Sie sich davor? unseren Platz in der Fernsehlandschaft erobern muss- “Warum soll ich mich davor fürchten? Da er mit seiner ten. Der Sonntagabend war für Kultur reserviert. Sendung erstens eine dreiviertel Stunde später und Damals sind wir als Konkurrenz gegen die Sat.1- zweitens mit einem nicht wirklich erkennbaren Sendung ‘Talk im Turm’ angetreten, wobei wir am Ende Konzept daherkommt, darf er es gerne versuchen. Es die Sieger waren – auch noch, als ein Spiegel- wird für Sat.1 jedenfalls nicht ganz einfach; zum einen Chefredakteur die Moderation übernahm. Zweifellos muss er die Zuschauer auf seinen Sender rüberziehen, kam uns zugute, dass wir in einer äusserst spannenden zum andern muss er sie zu später Nachtstunde auch für Zeit gestartet sind. So wechselte nach 16 Jahren die Polit- und Wirtschaftsthemen begeistern. Nachdem Regierung, während der aufgeflogene CDU- Schawinski die Sendung bereits so früh angekündigt Spendenskandal ein halbes Jahr später die ganze hat, warten wir gespannt auf das Resultat. Schaun’mer Republik erschütterte und ein grosses Interesse an der mal!” Politik weckte, von welchem wir profitieren konnten. Dies war nicht immer so.” Sind Sie wirklich so gelassen, wie Sie sich geben? “Da diese Sendung nicht zu unserer Sendezeit läuft und Wie meinen Sie das? – wenn überhaupt – Interesse in der ganz anderen “Als wir erstmals unser Konzept ‘Politik am Sat.1-Zielgruppe wecken soll, will ich diese Sonntagabend’ präsentierten, verwarfen viele – bis auf Programmplanung nicht weiter kommentieren. Doch den ARD-Programmdirektor Struve und NDR- dieses Beispiel zeigt eines: Nicht nur in der Politik per- Direktor Kellermeier – die Hände. Ich sah es anders. sonalisiert man gerne, sondern auch in den Medien. Es Wer am Montagmorgen in aller Frühe zum Kiosk rennt, heisst heute nicht mehr nur Angie gegen Münte, son- um sich den Spiegel oder Focus zu kaufen, den kann dern Kerner gegen Christiansen – oder in diesem Fall man auch schon am Sonntagabend für Politik begeis- Schawinski gegen Christiansen. Damit verkaufen sich tern, so meine Argumentation – vor allem, wenn es im trockene Themen einfach besser.” schnelleren Medium, dem Fernsehen, präsentiert wird. Dies hat sich glücklicherweise bewahrheitet.” Aber gerade Sie personalisieren am meisten, indem Sie Ihrer Talk- Show Ihren eigenen Namen gegeben haben. Haben Sie wirklich keine Angst, dass Sie diese Leaderposition “Ich weiss nicht, ob man diese Frage auch einem Mann verlieren könnten? stellen würde. Es war der Entschluss des Senders, an “Es ist für uns eher ein Ansporn. So überlegen wir uns welchen ich mich auch gewöhnen musste. Mittlerweile ständig, wie wir die Sendung ausbauen können, um ist es unser Label.” diese Topposition zu halten. Es ist schwieriger, Marktführer zu bleiben, als Marktführer zu werden. Talkshows äussern als im Parlament. Ich finde es inte- Lange Zeit haben wir das Feld des Polittalks alleine ressant, wenn man dies ausgerechnet in einer Talkshow besetzt, bis das ZDF und die dritten Programme mit sagt.” ähnlichen Polittalks nachzogen. Glücklicherweise konnten wir unsere Leaderposition aber verteidigen.” Aber dies ist doch ein Kompliment ... “Es wäre vermessen zu glauben, dass alle Deutschen Es heisst immer so schön “Never change a winning team”. von 9 Uhr morgens bis 15 Uhr nachmittags vor dem Warum wollen Sie dann Ihre Sendung weiter ausbauen? Fernseher sitzen, um eine Bundestagsdebatte zu verfol- “Unsere Konkurrenz macht auch gute Sendungen, doch gen. Dies war übrigens früher auch nicht anders: Man wir wollen es weiterhin noch besser machen. Das ist der verfolgte abends lieber eine Fernsehsendung mit Strauss Unterschied. Rund drei Viertel unserer Sendungen und Wehner, die pointierter, deftiger und auch klarer beschäftigen sich mit tagespolitischen Themen, der Rest war, als eine mehrstündige Redeschlacht aus Bonn. sollten Überraschungen sein wie die Weihnachtssendung Diese Personalisierung ist – weiss Gott – kein neues mit Harry Belafonte zu unserer persönlichen Phänomen, nur erleben wir es in veränderter medialer Verantwortung für das Weltgeschehen wenige Tage vor Gestalt. Nicht zuletzt durch die Tatsache, dass es immer der Tsunami-Katastrophe. Dies war sehr beeindruckend. mehr Sender und Zielgruppen gibt, muss sich die Politik Wir hatten selten so viele positive Reak-tionen wie auf verstärkt Richtung Öffentlichkeit orientieren. Ein Belafonte. Dieser Mann hat wirklich etwas zu sagen. So Politiker ohne Kamera ist heute inexistent, mit dem überlegen wir uns beispielsweise, ob wir noch verstärkt Ortsverein allein kann man heute keine Karriere mehr derart aussagekräftige, prominente ausländische Gäste machen.” einladen sollen oder nicht. Ich glaube, dieser Mix ent- scheidet über den Erfolg einer Sendung. Mittlerweile Man erzählt sich in Berliner Politkreisen, dass eine Woche ohne wird ‘Sabine Christiansen’ in 14 Ländern gesehen. Vor Christiansen-Einladung eine verlorene Woche sei. Inwiefern und während des Irak-Kriegs waren sowohl Donald buhlen die Politiker bei Ihnen persönlich um einen Auftritt? Rumsfeld, Richard Pearl wie auch Condoleezza Rice (Lacht.) “Das geht nicht so plump. Es wird vielmehr oder die Clintons bei uns zu Gast. Neben langen Vor- über die Bande gespielt, indem einem beiläufig mitge- bereitungszeiten benötigt man auch eine grosse teilt wird, dass dieser oder jener Politiker Interesse Beharrlichkeit, indem man bei den entsprechenden hätte, bei uns aufzutreten. Aber da wir oft zu wenig Stellen sein Anliegen vorbringt. Da in Deutschland 2006 komfortablen Themen einladen, sind auch Absagen der ein wichtiges Wahljahr ansteht, überlegen wir uns Betroffenen an der Tagesordnung. Andere versuchen, momentan, ob wir nach sechs Jahren auch unser über Mittler ein Thema und damit sich selber zu platzie- Erscheinungsbild verändern sollen. Ein Produkt muss ren ...” lebendig bleiben, sonst bleibt man nicht lange Marktführer.” Was bedeutet, dass der Einfluss der PR-Leute immer wichtiger wird ... Sie haben die Bundestagswahl 2006 angesprochen. Spüren Sie “Der Einfluss der PR-Leute ist kein ungefährlicher. einen Druck der politischen Parteien, die auf Ihre Sendung Wer ihn aber kennt, kann sich dagegen schützen. Einfluss nehmen wollen? Mittlerweile hat der Einfluss der PR-Branche bereits “Da wir solchem Druck nie nachgegeben haben, ist das wieder nachgelassen. Der Höhepunkt war vor drei kein Thema für uns. Gleichwohl müssen wir uns der Jahren, als Verteidigungsminister Rudolf Scharping Verantwortung allen Seiten gegenüber stellen.Aber die wegen seiner Verbindungen zu PR-Mann Hunzinger Nervosität der Parteien ist bereits vor der Nordrhein- zurücktreten musste. Vor der PR-Branche muss man Westfalen-Wahl sehr gross.” aber auf der Hut sein, weil sie ständig versucht, ihre Politiker und Wirtschaftsführer in unseren Sendungen Gab es in der Vergangenheit solche Druckversuche? zu platzieren.” “Selbstverständlich hat es die gegeben.Wer in einer sol- chen Situation als Redaktion keinen klaren Kurs fährt, Und das gelingt? bleibt nicht glaubwürdig. So versuchten die Parteien “Meistens schon. Aber die einschlägigen Agenturen immer bis kurz vor der Wahl, ihre Kandidaten in unse- versuchen immer wieder, sich ins öffentliche Spiel zu rer Sendung zu platzieren.” bringen. Auch wenn wir immer direkt in den Büros der Unternehmen anfragen, versuchen die ‘kreisenden PR- Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat einmal gesagt, dass Satelliten’, sich letztendlich in der Sendung zu zeigen Sie mehr Macht hätten als der deutsche Bundespräsident. Sind und eine vermeintliche Vermittlungsrolle hervorzuhe- Sie sich dieser Macht bewusst? ben oder gar ihren Kunden Zeichen geben zu können. “Herr Thierse hat in einer Talkshow auch einmal Das alles ist schon ohne unser Wissen vorgekommen. bemängelt, dass sich die Abgeordneten lieber in den Aber wir haben diese Einflussnahmen schnell registriert und unterbunden. Die PR-Gemengelage ist dennoch schen Schaumschlägern, Selbstdarstellern und Sach- eine sehr komplexe und will immer wieder neu, bei verständigen unterscheiden.” Medientreffs oder anderen Zusammenkünften, hinter- fragt werden.” Haben Sie mittlerweile eine leichte Aversion gegen Politiker entwickelt? Das heisst, Sie betreiben eine solche aufwändige Vor- “Nein, erstens leben wir miteinander und voneinander, recherche ... und zweitens gibt es sehr fähige und engagierte Kräfte “Natürlich bin ich auch auf die Vorrecherche meiner unter ihnen. Es ist wichtig, die direkt Betroffenen zu Kollegen angewiesen, damit man sicher ist, woher die einer Debatte einzuladen und weniger über andere, Gefahr droht.” nicht Anwesende zu talken. Das gelingt nicht immer, sollte aber das Bestreben