Kerne, Kooperation Und Konkurrenz. Kernforschung In
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Wissenschaft, Macht und Kultur in der modernen Geschichte Herausgegeben von Mitchell G. Ash und Carola Sachse Band 3 Silke Fengler Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950) 2014 Böhlau Verlag Wien Köln Weimar The research was funded by the Austrian Science Fund (FWF) : P 19557-G08 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Zusammentreffen in Hohenholte bei Münster am 18. Mai 1932 anlässlich der 37. Hauptversammlung der deutschen Bunsengesellschaft für angewandte physikalische Chemie in Münster (16. bis 19. Mai 1932). Von links nach rechts: James Chadwick, Georg von Hevesy, Hans Geiger, Lili Geiger, Lise Meitner, Ernest Rutherford, Otto Hahn, Stefan Meyer, Karl Przibram. © Österreichische Zentralbibliothek für Physik, Wien © 2014 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Lektorat: Ina Heumann Korrektorat: Michael Supanz Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Michael Rauscher, Wien Druck und Bindung: Prime Rate kft., Budapest Gedruckt auf chlor- und säurefrei gebleichtem Papier Printed in Hungary ISBN 978-3-205-79512-4 Inhalt 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationaler Kooperation und Konkurrenz ....................... 9 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze ...................... 9 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen ................. 10 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung ......... 12 1.2.3 Zentrum und Peripherie ..................... 14 1.3 Forschungsstand ........................... 16 1.4 Quellenlage .............................. 24 1.5 Aufbau der Arbeit ........................... 26 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 ................................ 30 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie ..... 31 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich ................. 40 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder ................ 45 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie .......... 46 2.3 Das Zentrum formiert sich ...................... 49 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung ........... 49 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie ......... 54 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie ....... 57 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate ............... 61 2.4 Das Zentrum etabliert sich ...................... 67 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie ......... 67 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission ......... 69 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn ....................... 79 2.5 Die Gefährdung des Zentrums .................... 81 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg ..... 81 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol ............. 91 6 Inhalt 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 .......... 94 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich .................. 97 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich ..... 97 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz .....107 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich ....................109 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks ..........109 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs ......117 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie ............................122 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne ..............131 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt ........................140 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie .............140 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz ...........................147 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen ................................176 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 .................178 4.1 Das Zentrum behauptet sich .....................179 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission ...........................179 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission ...........................182 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik ...........................185 4.1.4 Die Wiener Reaktionen .....................190 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung ...193 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum ...200 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss .................206 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals ..................206 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext ...218 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt ..........226 4.3.1 Sparmaßnahmen ........................226 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute ............228 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien ..........231 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung ....234 Inhalt 7 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 ......236 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört .................237 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises .................237 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im Zweiten Weltkrieg ............................241 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen ...........252 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute ..252 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken . 260 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks ................264 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs ............265 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien ....270 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub ..............276 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein ................282 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes .............300 5.4 Das Kriegsende ............................304 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen ...........305 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog ...............307 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich ..............................308 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber .....................312 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« ...............................320 7. Schluss ..................................322 8. Anhang ..................................334 Abkürzungsverzeichnis ..........................334 Verzeichnis der benutzten Archivbestände ................336 Literaturverzeichnis ............................340 Personenregister ...............................369 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationaler Kooperation und Konkurrenz 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze Bevor die mächtigsten Industriestaaten in den 1940er und 1950er Jahren begannen, die Kernforschung vollkommen von nationalen Zielsetzungen zu überformen, war Radioaktivitätsforschung das Projekt einer international vernetzten Wissenschaftsge- meinschaft. Deren Mitglieder nannten sich selbst »Radioaktivisten«, wobei der zeitge- nössische Begriff »radioactivists« mittlerweile in die englisch- beziehungsweise deutsch- sprachige Wissenschaftshistoriographie Eingang gefunden hat.1 Die internationale Mobilität der Radioaktivisten ging einher mit der Zirkulation radioaktiver Präparate, die verkauft, verliehen und getauscht wurden. Radioaktivitätsforschung fand an vielen Orten der Welt statt. Doch vor dem Ersten Weltkrieg dominierten im Wesentlichen vier europäische Zentren das Geschehen : das Laboratoire Curie in Paris, das Labor Ernest Rutherfords in Manchester, das Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Chemie in Berlin sowie das Wiener Institut für Radiumforschung.2 Die Radioaktivität war anfangs zugleich Objekt und Mittel der Forschung. Es galt, die Eigenschaften instabiler Atomkerne zu untersuchen, die zerfielen und dabei ioni- sierende Strahlung aussandten. Doch diente die radioaktive Strahlung auch dazu, durch den gezielten Beschuss eines Elements die Folgereaktionen zu beobachten. Die Methode, mit schnellen α-Teilchen Atomkerne zu beschießen, Elemente künstlich umzuwandeln und dadurch Erkenntnisse über den subatomaren Aufbau der Materie zu gewinnen, wurde in den 1920er Jahren bestimmend für die Atomzertrümmerungs- forschung. Diese mündete in den 1930er Jahren in die eigentliche Kernforschung.3 Nachdem atom- und teilweise molekülphysikalische Probleme gelöst schienen, rückten Phänomene in den Vordergrund, die im Innern des Atomkerns und in der kosmischen 1 Der britische Wissenschaftshistoriker Jeffrey Hughes greift die (Selbst-)Bezeichnung »radioactivists« in seiner Dissertation auf und verwendet sie durchgängig. Vgl. Hughes 1993. Siehe zur Verwendung im deutschsprachigen Raum Ceranski 2008b, 93. 2 Vgl. Hughes 1993, Chapter 1, 5–6, und zum deutschsprachigen