Flora Von Reichersberg" Reuss 1819 Einst Und Jetzt- (K)Ein Vergleich! 3-17 © Naturkdl
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: ÖKO.L Zeitschrift für Ökologie, Natur- und Umweltschutz Jahr/Year: 2002 Band/Volume: 2002_2 Autor(en)/Author(s): Hohla Michael Artikel/Article: "Flora von Reichersberg" Reuss 1819 einst und jetzt- (k)ein Vergleich! 3-17 © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at FLORA - NATURSCHUTZ - OBERÖSTERREICH ÖKO·L 24/2 (2002): 3-17 „Flora von Reichersberg“ Michael HOHLA Therese-Riggle-Straße 16 REUSS 1819 einst und jetzt 4982 Obernberg am Inn - (k)ein Vergleich! „Jede vorspringende Waldspitze wird dem Gedanken der bequemen geraden BRD Linie zu Liebe rasirt, jede Wiese, die sich in das Gehölz hineinzieht, voll- Bayern Tschechien gepflanzt, auch im Inneren der Forsten keine Lichtung, keine Waldwiese, auf Passau Rohrbach die das Wild heraustreten könnte, mehr geduldet. Die Bäche, die die Unart Schärding Freistadt haben, in gewundenem Lauf sich dahinzuschlängeln, müssen sich bequemen, Braunau Eferding Linz in Gräben geradeaus zu fließen … Bei der rechtwinkeligen Eintheilung der Grieskirchen Traun Perg Wels Enns Grundstücke fallen dann auch alle Hecken und einzelnen Bäume oder Bü- Ried sche, die ehedem auf den Feldmarken standen, der Axt zum Opfer.“ Vöcklabruck Nieder- Steyr österreich Gmunden Kirchdorf Ein Aufsatz von Ernst RUDORFF, einem Pionier der Heimatschutzbewegung Micheldorf aus dem Jahr 1880 (SIEFERLE 1991). Oft streife ich durch die umliegenden Auen, Äcker und Wiesen, immer auf der Suche nach der einen oder anderen interessanten Pflanze. Bereits von Salzburg Steiermark weitem zu erkennen ist dann im Nordosten meiner Heimatgemeinde Obern- berg am Inn die Stiftskirche von Reichersberg (Abb. 2). Wie vom Sog einer Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes Zeitmaschine erfasst, werden meine Gedanken weit zurückversetzt, fast 200 in Oberösterreich. Jahre in die Vergangenheit: Vor mir liegt der Inn: ein verzweig- aufwärts (Abb. 3). Die „Nauflezer“, Inmitten dieser damaligen Urland- ter, hin und her pendelnder Fluss mit so die Bezeichnung der Schiffer, ha- schaft sehe ich einen Menschen vor kaltem, trübem, graugrünem Wasser, ben Ehrfurcht vor diesem mächtigen mir, bekleidet mit dem schwarzen der „Gletschermilch“. Seine alljährli- Fluss, der von den Römern Aenus - Ordensgewand der Augustiner Chor- chen Hochwasser bringen Unmengen der Schäumende - genannt wurde. herren des Stiftes Reichersberg. Die- von Sand und Schotter, welche danach Ungefähr fünfzig Jahre trennen diese ses hatte erst 35 Jahre zuvor auf An- liegen bleiben und die Flusslandschaft Zunft noch von ihrem Niedergang, ordnung von Josef II. den weißen jedes Jahr aufs Neue formen: frische ausgelöst durch die Eisenbahn. Aber Talar abgelöst (SCHAUBER 1984). Die Sandbänke, Schotterinseln und neue noch rollen die revolutionären „Stahl- Gefahr einer Auflösung des Stiftes in Nebenarme. Viele Schiffe transpor- rösser“ nicht durchs Innviertel. Noch der Zeit des Josefinismus ist inzwi- tieren, so wie bereits hunderte Jahre beten die Leute auf den Schiffen zum schen vorüber, eines Schicksales wel- zuvor, Salz und Getreide innabwärts Heiligen Nikolaus für eine gesunde ches die beiden anderen österrei- und mit Hilfe von Pferden wieder Wiederkehr. chisch gewordenen Innklöster Suben 1784 und Ranshofen 1811 ereilte (HEILINGSETZER 1984). Das Innviertel gehört nun, nach sechs Jahren der Zugehörigkeit zu Bayern (1810-16), endgültig wieder zu Österreich. Gro- ße Teuerung und Hungersnot herr- schen jedoch, denn die Einfälle der Franzosen haben auch das Innviertel ausbluten lassen. Aber nun zurück zu unserem Suchen- den, dessen Blick zu Boden gerichtet über die Schottersteine des Innufers streift (Abb. 4): Ab und zu bückt er sich um eine Pflanze, betrachtet sie eine Weile und gibt sie in ein Blech- gefäß, welches er an einem Trage- riemen umgehängt trägt. In dieser „Botanisiertrommel“ verwahrt er jene Kostbarkeiten, welche er mit nach Hause nehmen wird. Nach dem Abb. 2: Gesamtansicht des Augustiner Chorherrenstiftes Reichersberg um 1800, kolorierter Abendessen um 7 Uhr und dem Be- Kupferstich im Stift Reichersberg von J. B. Carl, Passau. Foto: J. Putzinger ten der Lauretanischen Litanei, der ÖKO·L 24/2 (2002) 3 © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at „Leopold Reuss, vordem Johann Kaspar, Sohn des Bürgers Johann Georg R. und seiner Ehefrau Mag- dalena, in der fürst. Fulda´schen Stadt Hammelburg am 17. August 1775 geboren, Stiftcandidat am Ly- zeum zu Linz, nam im September 1795 das Ordenskleid. Profess am 31. August 1797, Cooperator in Edlitz 1797-1800 und Bromberg 1800-1801, zog er 1801 auf die Uni- versität Jena, commorirte von 1802- 1810 im Stifte. Nach der Aufhebung1 einige Zeit Provisor in Engelszell 1810, widmete er sich dem Studium der Naturwissenschaften an der Universität Landshut. Von dem Ge- Abb. 3: Schiffszug - Pferde zogen die Schiffe stromaufwärts, Ansicht von Westen, 1818, neralcommissariate des Unterdo- Aquarell im Stift Reichersberg von Josef Michael Kurzwernhart, Reichersberg. naukreises als prov. Pfarrer zu Ort Foto: J. Putzinger 1813-17 aufgestellt, nach Wieder- errichtung des Stiftes Pfarrer in Rei- chersberg 1817, trat er 1821 aus dem Ordensverband. Er lebte und starb als Chorvicar an der Domkir- che zu Passau, auch als Jubilar am 30. Juli 1850. Von seinen naturhis- torischen Arbeiten erschienen: Die Flora von Reichersberg, Passau, Ambrosi 1819; die Fauna und Flo- ra des Unterdonaukreises, Passau, Pustet, 1831-32 …“2 MEINDL (1884: 167). 1 Offiziell wurde das Stift zwischen 1810 und 1816 nicht aufgehoben, sondern durch die bayerisch/fran- zösische Übergangsregierung „in Administration gesetzt“ (mündl. G. Schauber). 2 Weitere Veröffentlichungen von L. REUSS (lt. Information von Dr. H.W. Wurster, Archiv des Bis- tums Passau): 1838 Flora von Pas- sau und der Umgebung (Passau: Winkler), 1844 Der Mensch in sei- Abb. 4: So etwa könnte Leopold Reuß bei seinen Naturgängen ausgesehen haben. Leider wurde kein Bild dieses Augustiner Chorherren überliefert. Zeichnung: R. Schauberger ner naturgemäßen Entwicklung so- wohl dem Geiste als dem Körper chern bestimmt. Es war ein guter Tag. tes um Reichersberg sammeln kön- nach. Ein Versuch. Zusätzlich dem Trotz der dichten Tagesabläufe nimmt nen. Ein dickes Manuskript liegt vor Autor noch bekannt: 1832 Fauna er sich immer wieder etwas Zeit für ihm. Der Augustiner Chorherr Leo- des Unter-Donaukreises oder ge- seine Leidenschaft, der „scientia pold REUSS sitzt - in Gedanken ver- meinnützige Naturgeschichte der im amabilis“, wie die Botanik auch gerne sunken - an seinem Tisch. Vor ihm Unter-Donaukreise einheimischen bezeichnet wird. Unser Augustiner ein Zettel, die Feder in seiner Hand, wilden und zahmen Thiere (Passau: Chorherr vermerkt in kurzen Notizen ein Vorwort verfassend: Pustet). die schönen Funde, bevor er die Pflan- „Ich schrieb diese Flora, um mich in zen in seine Presse legt, um sie zu Gewissenserforschung, dem Verlesen meinen Nebenstunden zweckmäßig zu trocknen. Nun erst hat der Tag sein der Sterbtage von Mitbrüdern und beschäftigen; ich ließ sie drucken, Ende gefunden. Nur noch ein kurzer Wohltätern und dem abschließenden um in meiner Umgebung Eifer für Gedanke an die bevorstehende, übli- Kapitel aus der Nachfolge Christi Wissenschaft überhaupt, und beson- che Morgenstunde um 5 Uhr, dann (SCHAUBER 1978) ist nun endlich Zeit ders für die Naturgeschichte als eine werden die Kerzen gelöscht. Wir für die mitgebrachten „Schätze“. Sit- der angenehmsten Beschäftigungen schreiben das Jahr 1817. zend im Kerzenlicht werden diese auf dem Lande zu erwecken, und etwa Pflanzen dann von ihm untersucht und Endlich ist es soweit: Weihnachten, einigen Liebhabern der Botanik ein anhand von kostbaren, zum Teil aus 25. Dezember. Er hat nun genug Da- Handbuch zu liefern, womit sie sich der Stiftsbibliothek stammenden Bü- ten über die Pflanzenwelt des Gebie- auf die leichteste und geschwindeste 4 ÖKO·L 24/2 (2002) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Art Kenntniß der hier in der Gegend seinen Laichplätzen aufsteigen konnte unser Augustiner Chorherr wild wachsenden Pflanzen verschaf- (SCHALLER 1928). Die Nebenbäche damals noch nicht ahnen. Heute ha- fen zu können …“, begann er zu for- waren voll mit Krebsen, von der ben sich die Biberbestände wieder mulieren, um alsbald abzuschließen: Krebspest gab es noch keine Spur. gut erholt, nachdem Anfang der 70er „… Habe ich diese meine Zwecke nur Die heute fast allgegenwärtige Jahre einige Pärchen aus Süd- zum Theil erreicht, so finde ich mich Regenbogenforelle sollte hingegen schweden bei uns ausgesetzt wurden für meine Arbeit hinlänglich belohnt.“ erst 1882 in Deutschland eingeführt und sich prächtig vermehrt haben werden (BREHMS 1934). Schwäne, (REICHHOLF-RIEHM u. REICHHOLF Er wird damit die älteste Regional- deren Anblick heute zur Kulisse des flora des heutigen Bundeslandes 1989). Auch der Fischotter, welcher Unteren Inns fast dazugehört, stell- vor allem in der Antiesen und der Oberösterreich schaffen, die „Flora ten sich hier erst um 1955 ein von Reichersberg“, gedruckt schließ- Gurten herumtollte, wurde etwa um (REICHHOLF-RIEHM 1991). Und die aus lich im Jahre 1819. 1880 durch den damaligen Stiftsjäger Nordamerika stammende Bisamratte ausgerottet (SCHALLER 1928). Erst im Diese Sammlung ist bei weitem nicht wurde erst 1906 bei Prag - ursprüng- Herbst 1987 gelang im Bereich der vollständig, also keine „Flora“ im lich als Pelzlieferant gedacht - ausge- Reichersberger