Protokoll-Nr. 19/59

19. Wahlperiode Ausschuss für Verkehr und digitale Infra- struktur

Redigiertes Wortprotokoll der 59. Sitzung

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur , den 11. Dezember 2019, 11:00 Uhr 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Straße 1 Paul-Löbe-Haus Raum E 600

Vorsitz: Cem Özdemir, MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

Einziger Tagesordnungspunkt Seite 04 a) Antrag der Abgeordneten , Daniela Federführend: Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Kluckert, , weiterer Abgeordneter Mitberatend: und der Fraktion der FDP Ausschuss für Tourismus Tegel offen halten – Für Berlin und für Deutsch- Haushaltsausschuss land Berichterstatter/in: Abg. Kirsten Lühmann [SPD] BT-Drucksache 19/13101 b) Antrag der Abgeordneten , Daniela Federführend: Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Wagner, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abge- Mitberatend: ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kom- NEN munen Die Zukunft von Berlin TXL – The Urban Tech Berichterstatter/in: Abg. Kirsten Lühmann [SPD] Republic BT-Drucksache 19/14826

Anlagen Seite 26 Stellungnahmen A-Drs. 19(15)295-A-F

19. Wahlperiode Seite 1 von 25 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Behrens (Börde), Manfred Damerow, Astrid Bellmann, Veronika Erndl, Thomas Donth, Michael Koeppen, Jens Holmeier, Karl Lange, Ulrich Jarzombek, Thomas Lips, Patricia Oßner, Florian Möring, Karsten Ploß, Dr. Christoph Müller (Braunschweig), Carsten Pols, Eckhard Rehberg, Eckhardt Rainer, Alois Riebsamen, Lothar Schnieder, Patrick Schweiger, Torsten Schreiner, Felix Stracke, Stephan Sendker, Reinhold Tebroke, Dr. Hermann-Josef Simon, Björn Vogel (Kleinsaara), Volkmar Storjohann, Gero Wegner, Kai Uhl, Markus Whittaker, Kai SPD Burkert, Martin Bartol, Sören Herzog, Gustav De Ridder, Dr. Daniela Klare, Arno Hartmann, Sebastian Korkmaz-Emre, Elvan Hitschler, Thomas Lühmann, Kirsten Nissen, Ulli Müller (Chemnitz), Detlef Rimkus, Andreas Schiefner, Udo Rützel, Bernd Schmidt, Uwe Schmid, Dr. Nils Stein, Mathias AfD Büttner, Matthias Bernhard, Marc Holm, Leif-Erik Ehrhorn, Thomas Magnitz, Frank Komning, Enrico Mrosek, Andreas Kraft, Dr. Rainer Spaniel, Dr. Dirk Schulz, Uwe Wiehle, Wolfgang Wildberg, Dr. Heiko FDP Herbst, Torsten Hessel, Katja Jung, Dr. Christian Hocker, Dr. Gero Clemens Kluckert, Daniela Müller, Alexander Luksic, Oliver Sauter, Christian Reuther, Bernd Sitta, Frank DIE LINKE. Cezanne, Jörg Domscheit-Berg, Anke Leidig, Sabine Lenkert, Ralph Remmers, Ingrid Lutze, Thomas Wagner, Andreas Zimmermann, Pia BÜNDNIS 90/DIE Gastel, Matthias Krischer, Oliver GRÜNEN Gelbhaar, Stefan Nestle, Dr. Ingrid Kühn (Dresden), Stephan Özdemir, Cem Wagner, Daniela Tressel, Markus

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Liste der Sachverständigen

Ralph Beisel Hauptgeschäftsführer Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV)

Prof. Dr. Philipp Bouteiller Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH

Klaus Dietrich Bürgerinitiative „Tegel endlich schließen“

Dieter Faulenbach da Costa fdc Airport Consulting

Prof. Dr. jur. Elmar Giemulla Honorarprofessor für Luftverkehrsrecht (TU Berlin), Professor für Verwaltungsrecht (HS Bund), Adjunct Professor für Luftrecht und Luftsicherheitsrecht (Embry-Riddle Aeronautical Univer- sity)

Jürgen Kipp Rechtsanwalt, Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg a.D.

Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke-Daldrup Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB)

Rainer Teschner-Steinhardt Bezirksamt Neukölln von Berlin, Leiter des Umwelt- und Naturschutzamtes

Prof. Dr.-Ing. Werner Ullmann Präsident der Beuth Hochschule für Technik Berlin

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Tagesordnungspunkt 1 (ADV), Prof. Dr. Philipp Bouteiller, Geschäftsfüh- rer der Tegel Projekt GmbH, Herrn Klaus Dietrich a) Antrag der Abgeordneten Christoph Meyer, Da- von der Bürgerinitiative „Tegel endlich schlie- niela Kluckert, Bernd Reuther, weiterer Abgeord- ßen“, Herrn Dieter Faulenbach da Costa von der neter und der Fraktion der FDP fdc-Airport-Consulting, Prof. Dr. jur. Elmar Tegel offen halten – Für Berlin und für Deutsch- Giemulla, Honorarprofessor für Luftverkehrsrecht land an der TU Berlin, emeritierter Professor für Ver- waltungsrecht an der Hochschule des Bundes und BT-Drucksache 19/13101 außerordentlicher Professor für Luft- und Luftsi- b) Antrag der Abgeordneten Stefan Gelbhaar, Da- cherheitsrecht an der Embry-Riddle Aeronautical niela Wagner, Christian Kühn (Tübingen), weite- University Daytona Beach, Herrn Jürgen Kipp, rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS Rechtsanwalt und bis 2011 Präsident des Oberver- 90/DIE GRÜNEN waltungsgerichtes Berlin-Brandenburg, Prof. Dr.- Ing. Engelbert Lütke-Daldrup, Vorsitzender der Die Zukunft von Berlin TXL – The Urban Tech Geschäftsführung der Flughafen Berlin Branden- Republic burg GmbH, Herrn Rainer Teschner-Steinhardt, BT-Drucksache 19/14826 Leiter des Umwelt- und Naturschutz-Amtes im Bezirksamt Berlin-Neukölln und in dieser Funk- Vorsitzender: Liebe Kolleginnen und Kollegen, tion auch Vorsitzender der Fluglärmschutz-Kom- meine Damen und Herren, ich begrüße Sie ganz mission für den Flughafen Berlin-Tegel sowie herzlich zur 59. Sitzung des Ausschusses für Ver- Prof. Dr.-Ing. Werner Ullmann. Er ist Präsident der kehr und digitale Infrastruktur, der öffentlichen Beuth Hochschule für Technik Berlin und lehrt Anhörung zu den nachfolgenden Anträgen: 1. An- dort im Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre / Lo- trag der Abgeordneten Christoph Meyer, Daniela gistik. Ich möchte den Sachverständigen, die Kluckert, Bernd Reuther, weiterer Abgeordneter schriftliche Stellungnahmen eingereicht haben, und der Fraktion der FDP „Tegel offen halten – dafür herzlich danken. Diese wurden als Aus- Für Berlin und für Deutschland“ auf Bundestags- schussdrucksache 19(15)295 verteilt, liegen heute drucksache 19/13101 und 2. Antrag der Abgeord- hier aus und sind auf der Internetseite des Bun- neten Stefan Gelbhaar, , Christian destages abrufbar. Kurz ein paar Hinweise zum Kühn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Verfahren: Wir haben uns darauf verständigt, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Die Zukunft von Ber- es keine Eingangsstatements der Sachverständigen lin TXL – The Urban Tech Republic“ auf Bundes- geben soll. Die Anhörung gliedert sich in Frage- tagsdrucksache 19/14826. und Antwortrunden. In jeder Fragerunde können Zu unserer öffentlichen Anhörung darf ich auch die Ausschussmitglieder, die sich zu Wort mel- die zahlreich erschienenen Gäste auf der Tribüne den, bis zu zwei Fragen stellen. Die Fragesteller begrüßen. Ich möchte an dieser Stelle klar stellen, können außerdem in einer Fragerunde höchstens dass es sich hier um eine öffentliche Anhörung zwei Sachverständige befragen. Vereinbarungsge- handelt, das heißt zwar, dass Zuschauerinnen und mäß bitte ich die Fragesteller, sich auf eine Rede- Zuschauer auf der Besuchertribüne der Sitzung zeit von drei Minuten zu beschränken. Als Hilfe- beiwohnen können, allerdings heißt es nicht, dass stellung wird die abgelaufene Zeit auf den Moni- sie aktiv an ihr teilnehmen dürfen. Es versteht toren in der Deckenampel angezeigt. Nach der sich daher, glaube ich, von selbst, dass Bekundun- Fragerunde schließt sich die Antwortrunde der gen jedweder Art, wie Zwischenrufe, Beifall oder Sachverständigen an. Ich bitte Sie, sehr verehrte dergleichen, von der Besuchertribüne aus bitte Sachverständigen, sich die an Sie gerichteten Fra- nicht stattfinden. Andernfalls müsste ich als Sit- gen zu notieren und diese in der Antwortrunde en zungsleiter einen Saalverweis aussprechen. bloc zu beantworten. Ich werde Sie dann auch je- weils gesondert ansprechen und zur Beantwor- Außerdem begrüße ich natürlich ganz herzlich un- tung der an Sie gerichteten Fragen auffordern. Die sere Sachverständigen, die zu dieser Anhörung Sachverständigen bitte ich, sich auf eine Redezeit eingeladen wurden und möchte Sie kurz vorstel- von fünf Minuten pro Frage zu beschränken. Das len: Herrn Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer der heißt, wenn beispielsweise drei Fragen an Sie Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen

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gerichtet werden, dann haben Sie insgesamt 15 Vorsitzender: Ich darf noch einmal auf die Zahl Minuten für deren Beantwortung zur Verfügung. der Fragen hinweisen und bitte alle, das zu beach- Auch für Sie wird die verbleibende Redezeit auf ten. Als nächstes hat Abg. Magnitz für die AfD- den Monitoren oben angezeigt. Sie können die Re- Fraktion das Wort. dezeit ausschöpfen, Sie sind dazu aber nicht ver- Abg. (AfD): Die Geschichte des pflichtet. Das Gleiche gilt natürlich auch für die BER ist bisher nicht unbedingt eine Erfolgsge- Fragestellerinnen und Fragesteller. Wir gehen von schichte gewesen. Aufgrund genau dieser Ge- einem Zeitrahmen von etwa zwei Stunden aus, schichte werden möglicherweise auch der Umzug also bis etwa 13:00 Uhr. Es sind heute zwei Frage- und der Start nicht ganz so reibungslos ablaufen, und Antwortrunden vorgesehen. Von der öffentli- wie man sich das im Moment vielleicht wünschen chen Anhörung wird das Ausschusssekretariat ein und vorstellen möchte. Deswegen meine Frage an Wortprotokoll erstellen, das allen Interessierten die Expertenrunde: Ist denn die angedachte eine im Internet zugänglich sein wird. Diese Anhörung Woche – im Prinzip ist es ja nur eine Woche – für wird im Parlamentsfernsehen live übertragen und den Umzug und für die Aufnahme des Betriebes, ist später in der Mediathek des Bundestages im In- also für den Start eines ganzen Flughafens, wirk- ternet abrufbar. Die erste Fragerunde beginnt mit lich ausreichend? Ist das alles tatsächlich zu be- der Fraktion der CDU/CSU: Herr Abg. Simon, Sie wältigen? Wäre es nicht viel sinnvoller, die ganze haben das Wort! Geschichte deutlich zu entzerren und über einen Abg. Björn Simon (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr etwas längeren Zeitraum hinweg einen Parallelbe- Vorsitzender. Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- trieb zu gewährleisten? Denn es könnten ja durch- gen, sehr geehrte Sachverständige, sehr geehrte aus ein Teil der dort angesiedelten Airlines wei- Damen und Herren, ich denke im Mittelpunkt der terhin in Tegel bleiben. Dazu möchte ich eine heutigen Anhörung steht der Konsensbeschluss grundsätzliche Frage stellen: Der Konsensbe- von 1996. Dieser besagt, dass die Berliner Flughä- schluss stammt vom 28. Mai 1996, das ist mehr fen in einem einzigen großen Flughafen zusam- als 23 Jahre her. Ist in diesen 23 Jahren möglicher- mengeführt werden sollen. Getroffen wurde dieser weise die Situation, aufgrund deren diese Ent- Beschluss von Vertretern des Bundes und der scheidung gefallen ist, eine völlig andere gewor- Länder Brandenburg und Berlin. Bis heute besteht den? Und hat sich nicht in diesen 23 Jahren sehr Einigkeit, dass diese drei Gesellschafter der FBB viel entwickelt? Unter anderem könnte möglicher- GmbH den Konsensbeschluss von 1996 nur ge- weise der Bedarf an Landebahnen größer gewor- meinsam ändern können. Dazu möchte ich ein den sein. Halten die Experten zwei Start- und paar Fragen an Herrn Beisel stellen. Wie steht die Landebahnen für Berlin wirklich für ausreichend? Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Verkehrsflug- Oder wäre es nicht wirklich wichtig, Tegel zumin- häfen – Sie vertreten ja alle Verkehrsflughäfen in dest so lange offen zu halten, bis möglicherweise Deutschland – zu diesem Konsensbeschluss? Tei- beim BER eine dritte Start- und Landebahn fertig- len Sie die seitens der Gesellschafter getroffene gestellt sein wird? Ich würde mich freuen, wenn Entscheidung von 1996? Gibt es zum gegenwärti- entweder Prof. Giemulla oder Herr Faulenbach da gen Zeitpunkt Gründe, die für ein Abweichen von Costa antworten könnten. Danke. diesem Konsensbeschluss sprechen? Wenn wir Vorsitzender: Als nächstes Kollege Klare für die über eine Änderung des Konsensbeschlusses spre- SPD-Fraktion. chen bzw. wenn man den Flughafen Tegel weiter offen halten will, gibt es rechtliche Aspekte, die Abg. (SPD): Meine erste Frage geht an einen Weiterbetrieb ausschließen oder unterstüt- Prof. Lütke-Daldrup. Es wird, wie gerade schon zen? Wir reden ja hier von bis zu acht Jahren Pro- einmal zu hören war, bezweifelt, dass der Flugha- zessdauer. Acht Jahre kann man meistens auch fen BER irgendwann 55 Millionen Passagiere ab- schon prognostizieren. Wenn man den vorliegen- wickeln kann. Konkret gefragt: Geht das? Wenn den Antrag der FDP-Fraktion zu Grunde legt: man bei den vorliegenden Ausbauplänen, die man Weiß die FDP mehr als der Verband der Deut- ja auch nachlesen kann, unterstellt, dass sie auch schen Verkehrsflughäfen, sodass Sie einen Weiter- realisiert werden. Kann der BER das schaffen, als betrieb von Tegel fordern? Stand-Alone-Lösung für Berlin? Meine zweite

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Frage geht an Herrn Teschner-Steinhardt. Sie ha- Berlin sein Flugaufkommen realistisch tragen ben in Ihrer schriftlichen Stellungnahme, für die kann. Als dieser Flughafen geplant wurde, wurde ich mich sehr bedanke, auf zwei Aspekte hinge- von 30 Millionen Fluggästen pro Jahr gesprochen. wiesen. Der eine Aspekt ist, dass es eine etwas In 2018 gab es bereits ein Flugaufkommen von schwierige planungsrechtliche Situation für Tegel knapp 35 Millionen Personen. Für 2030 geht man gebe. Insofern sei es notwendig, dass man sich auf von 47 Millionen Fluggästen aus. Daher meine den BER konzentriere. Der zweite Aspekt, den Sie Frage: Wie bewerten Sie die Kapazitäten für die genannt haben – Sie haben ja gesagt, Sie seien für Abfertigung der Fluggäste in Berlin, wenn der die Schließung von Tegel – ist die Dimension der Flughafen Tegel geschlossen wird? Umweltgerechtigkeit. Dieser Begriff scheint für Und auch meine zweite Frage geht an Sie: Es stel- mich zumindest ein sehr wichtiger, zentraler Be- len sich ja weitere Fragen: Sicherheitsaspekte und griff zu sein. Ich bitte Sie, noch einmal zu erläu- natürlich auch die Frage der Verkehrssituation in tern, was Sie damit meinen. Damit deutlich wird, Berlin. Also Sicherheitsaspekte auf der einen warum ganz viele Menschen, die in der Nähe von Seite, wenn Sie von einer Dualität von Flughäfen Tegel wohnen, auch dafür sind, dass dieser Flug- sprechen. Wir sehen in anderen Metropolen die- hafen geschlossen wird. ser Welt, dass es dort mehrere Flughäfen gibt, Vorsitzender: Danke. Für die FDP-Fraktion Da- eben auch als Ausweichstandort und auch damit niela Kluckert, bitte. sich nicht der Zubringer- und Abfahrtverkehr auf einen Teil der Stadt fokussiert. Wir hatten hier Abg. (FDP): Was wäre Politik, auch mehrere Studien, unter anderem von der wenn sie nicht auch Entscheidungen revidieren IHK Cottbus, die von einem Verkehrsinfarkt spre- könnte, die sich im Nachhinein als nicht richtig chen, wenn der Flughafen Tegel geschlossen herausstellen. Genauso eine Entscheidung haben würde. Wie sehen Sie die Belastungen und die Si- wir hier mit dem Konsensbeschluss von 1996 si- cherheitsaspekte bei einer fehlenden Dualität bei cherlich vorliegen. Die Bürgerinnen und Bürger den Flughäfen in Berlin? Vielen Dank. von Berlin haben 2016 in einem Volksentscheid entschieden, dass sie Tegel offen halten wollen – Vorsitzender: Vielen Dank. Für die Fraktion DIE natürlich nicht im heutigen Maße. Das heutige LINKE. Kollege Cezanne, bitte. Ausmaß von Tegel ist entstanden, weil der Rot- Abg. Jörg Cezanne (DIE LINKE.): Ich möchte Rot-Grüne Senat es immer noch nicht geschafft meine Frage gerne an Herrn Dietrich von der hat, den BER zu eröffnen. Tegel soll natürlich „Bürgerinitiative Tegel endlich schließen“ rich- nicht in dem Maße, wie er heute existiert, weiter ten. An meinem Heimatflughafen in Frankfurt re- geöffnet bleiben, sondern er soll natürlich ange- den wir davon, dass es sich dort um einen Flugha- passt werden. Der ehemalige Bundesminister fen in Innenstadtlage handelt. Das ist an sich be- Dobrindt, Bundesminister Scheuer und auch im- rechtigt, aber da ist noch relativ viel Wald drum mer wieder CDU-Kollegen haben gesagt, dass auch herum. Jetzt liegt meine Berliner Bleibe im Nord- sie es richtig fänden, wenn der Flughafen Tegel westen von Wedding und ich kann dort sehr gut offen bliebe. Deswegen fordern wir, nachdem Rot- hören, was ein Flughafen in Innenstadtlage wirk- Rot-Grün sich den Bürgerinnen und Bürgern die- lich bedeutet. Ich bitte Sie, noch einmal aus Ihrer ser Stadt verweigert, den anderen Teilhaber dieser Sicht darzulegen, warum der Flugbetrieb in Tegel Flughäfen auf, in dieser Frage so zu entscheiden, mit Rücksicht auf die betroffenen Bürgerinnen dass es auch für diese Stadt und für das Land gut und Bürger nicht aufrechterhalten werden kann. ist. Vorsitzender: Kollege Gelbhaar für die Fraktion Vorsitzender: Entschuldigung, dass ich Sie kurz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. unterbreche. [An die Besuchertribüne gerichtet:] Bitte nehmen Sie das Schild weg. In der Aus- Abg. Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schusssitzung ist das leider nicht erlaubt. Bitte NEN): Wir haben es hier mit einer Debatte zu tun, sehr, Frau Kluckert, Sie haben das Wort. die ja schon fast ein bisschen „ausgelutscht“ ist. Deswegen wollen wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abg. Daniela Kluckert (FDP): Meine Fragen gehen NEN nicht nur beleuchten, was da rechtlich viel- an Herr Prof. Giemulla. Eine Frage ist, inwieweit leicht so oder so betrachtet werden kann. Wir wol-

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len den Fokus vor allem darauf legen, was eigent- Umzugszeit so knapp wie möglich gestaltet. Wir lich mit Tegel passieren soll und welche Rolle die wissen, dass damals der Umzug von Riem an den Bundesregierung dabei hat. Und so sind auch neuen Flughafen – damals noch „München II“ ge- meine Fragen konzipiert, auf die ich gleich nannt – in einer Nacht stattgefunden hat. Das will komme. Gleichwohl will ich trotzdem einen Satz ich nicht weiter kommentieren. Wenn ich das mit sagen. Was bei der FDP immer ausgeblendet wird, Berlin vergleiche. Das wird Berlin nicht schaffen – ist der Umstand, dass Tegel nicht der schönste höre ich hier raunen. Aber wir hoffen ja, dass man und tollste Flughafen der Welt ist. Jeder, der Tegel es in sieben Tagen schafft. Jedenfalls, wenn es nutzt, weiß, dass dort erhebliche Sanierungsbe- noch schneller ginge, wäre es unter den Aspekten, darfe entstünden, wenn man ihn zukunftsfest ma- die ich gerade dargestellt habe, umso besser. Je- chen würde. Jeder, der in Berlin wohnt, gerade im denfalls nicht länger, das ist klar. Nordosten, weiß, dass Flughäfen auch Lärm ma- Die zweite Frage, die von der AfD-Fraktion ge- chen, gerade in der Innenstadt. Ich glaube, es stellt wurde, ob man – also in meinen Worten – würde kein Flughafen der Welt mehr genehmigt nicht jetzt schon daran denken oder die ersten werden, wo man über das Zentrum der Hauptstadt Schritte unternehmen sollte, eine weitere Lande- hinwegfliegen kann, also in Sekunden ganz woan- bahn am BER zu bauen. So habe ich es verstan- ders sein kann. Das alles blendet der FDP-Antrag den. Das ist etwas, was in unser aller Lebenszeit aus. Wie gesagt, ich möchte mich der Zukunft nicht mehr angegangen werden wird. Das heißt widmen und nicht Debatten führen, die wir schon nicht, dass am BER alles klar sei. Wir stehen vor drei-, vier-, fünfmal geführt haben. Ich frage des- Kapazitätsproblemen – jedenfalls aus meiner wegen zuerst Herrn Prof. Ullmann: Aus welchem Sicht des Außenstehenden –, die gelöst werden Grund hat der Standort Tegel zum Beispiel als müssen. Der Bau einer zusätzlichen Landebahn neuer Campus für die Beuth Hochschule so eine am BER würde Jahrzehnte dauern, inklusive der Relevanz? Was plant die Beuth Hochschule konk- Verfahren, die damit naturgemäß verbunden sein ret am Standort Tegel? Welcher Mehrwert wird müssen. Ob damit die Kapazitätsfragen, vor denen sich da ergeben? An Prof. Bouteiller: Wie weit wir jetzt in näherer Zukunft stehen, gelöst werden sind die Planungen für den zukünftigen Standort können, halte ich für völlig ausgeschlossen. Das TXL, also The Urban Tech Republic? Und welche heißt, dass wir zunächst die Frage lösen müssen, Kosten sind dabei schon angefallen? Mich interes- wie man die Kapazitäten in näherer Zukunft nach siert, wann das Ganze an den Start gehen soll. der Eröffnung des BER regelt. Da bleibt aus meiner Vorsitzender: Wir machen weiter mit der ersten Betrachtung nur die Möglichkeit, Tegel bis auf Antwortrunde. Prof. Giemulla, Sie haben die weiteres, bis die Kapazitäten am BER tatsächlich meisten Fragen, deshalb fangen Sie an. hergestellt sind, offen zu halten. Prof. Dr. jur. Elmar Giemulla (TU Berlin): Vielen Damit bin ich eigentlich schon bei der Frage der Dank. Ich antworte zunächst auf die mir gestellte FDP-Fraktion, wie denn das Flugaufkommen in Frage von der AfD-Fraktion, ob man die Umzugs- Berlin zu sehen sei. Es geht immer an den Rand zeit, die derzeit mit einer Woche geplant ist, nicht des Prophetischen, was in den nächsten zehn oder entzerren könnte. Der Beschluss gibt ja maximal zwanzig Jahren geschehen wird. Wenn man in die ein halbes Jahr her. Davon halte ich nichts und Zukunft schaut, muss man sich durchaus auch auf zwar gar nicht aus rechtlichen, sondern aus opera- die vergangene Entwicklung stützen und in die tiven Gründen. Wenn man tatsächlich die Um- Zukunft extrapolieren. Meistens ist das aber auch zugszeit verlängert, verlängert man natürlich auch falsch. Aber irgendetwas muss man ja nehmen, die Zeit, in der der Betrieb dann auf zwei Flughä- wenn man die Zukunft einschätzen will, um dann fen organisiert werden muss. Nur als Beispiel: Die Konsequenzen zu ziehen und konkrete Schritte zu Flugsicherung müsste dann in dieser Zeit doppelt gehen. Die Steigerungsraten im Luftverkehr sind, vorgehalten werden, um die An- und Abflüge und seitdem ich begonnen habe, mich mit Luftverkehr alles, was damit zusammenhängt, auf diese beiden zu befassen, jedes Jahr in etwa um vier Prozent ge- Flughäfen abzustimmen. Das ist kompliziert, er- stiegen. Mir wurde das damals als junger Mann so fordert zusätzliches Personal und muss vorgeplant erzählt und ich habe das für absurd gehalten. Es werden. Deswegen ist es sinnvoll, wenn man die ist tatsächlich während der 40 Jahre, in denen ich

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mich mit Luftverkehr befasst habe, so eingetreten. eben Ersatzfunktionen, weitere Zusatzfunktionen, Man kann natürlich sagen, irgendwann ist die nicht neu geschaffen, sondern belassen werden, Spitze erreicht, vielleicht nach 50 Jahren, und die mit denen dann der BER tatsächlich die Funktion Entwicklung kommt zum Erliegen. Ich weiß nicht, als Hauptstadtflughafen für Politiker, Geschäfts- aber es scheint tatsächlich – bisher jedenfalls – leute und Großveranstaltungen auch in Spitzensi- ein Naturgesetz zu sein. In Berlin haben wir genau tuationen und ohne Gefährdung des sonstigen diese Lehren auch ziehen müssen. Die Planungen, Luftverkehrs erfüllen kann. Vielen Dank. von denen der Planfeststellungsbeschluss ausging Vorsitzender: Vielen Dank, Prof. Giemulla. Als – wir haben es gerade gehört – 30 Millionen sind nächstes Herr Beisel, bitte. jetzt schon überschritten. Wenn ich vom Propheti- schen rede, dann stütze ich mich gerne auch auf Ralph Beisel (ADV): Lassen Sie mich, bevor ich den Masterplan. Der ist nicht von mir erfunden auf die Fragen eingehe, auch einen Gedanken vor- worden. Auch die Betreiber des Flughafens gehen wegschicken, der, glaube ich, in diesen Überle- von Steigerungen aus: in 10 Jahren bis 45 Millio- gungen, die hier die Fraktionen anstellen, eine nen, in weiteren 10 Jahren dann irgendetwas jen- wichtige Entscheidungsgrundlage sein muss. Wir seits der 50 Millionen. Ob das so eintreten wird, haben am Luftverkehrsstandort Berlin-Branden- weiß ich nicht. Aber wir sind da durchaus einer burg über die letzten Jahrzehnte mithin das Meinung. Es wird rasant und stetig steigen. Das stärkste Wachstum in Deutschland. Kein Flugha- heißt, wir müssen hier etwas tun. Nach meiner fenstandort ist so stark gewachsen. Hier gibt es die Ansicht reicht das, was da am BER passiert oder Nachfrage nach einem funktionierenden Luftver- passieren kann, längst nicht aus, um diesen Zu- kehrssystem. Es gibt auch keine Region in satzbedarf zu befriedigen. Deutschland – fast in ganz Europa –, die mehr in ihrer Historie vom Luftverkehr profitiert hat, als Letzte Antwort auf die letzte Frage, was die Si- eben Berlin. Das fängt an mit der Luftbrücke, dann cherheit anlangt: Es ist immer gut, einen Alternate war da die Anbindung nach der Wiedervereini- in nächster Nähe eines Flughafens zu haben. Wir gung und letztlich allgemein die Stärkung der haben es am BER mit dem Hauptstadtflughafen zu Wirtschaftskraft und des Tourismus. Und es tun. Ich will den „Teufel nicht an die Wand ma- würde auch keine Ansiedlung des Produktions- len“, aber wenn es um Attentate geht, ist natürlich werks von Tesla ohne Luftverkehr und einen star- ein Hauptstadtflughafen der zentralen Wirt- ken Flughafen geben. Jetzt komme ich zu dem, schaftsnation in Europa durchaus ein attraktives was Teil der Frage war. Warum haben denn 1996 Ziel. Das heißt, es wäre sehr optimistisch zu glau- – sechs Jahre nach der Wiedervereinigung – sich ben, dass dort in den nächsten Jahren nicht ir- Menschen zusammengesetzt, der brandenburgi- gendwelche Pannen passieren können, die dazu sche Ministerpräsident, der damalige Regierende führen, dass die Flughafenkapazitäten am BER Bürgermeister von Berlin Diepgen und der Bun- kurzfristig eingeschränkt werden müssen. Dann desverkehrsminister Wissmann und haben gesagt: brauchen wir einen Alternate zur Sicherheit für Wie wollen wir Berlin entwickeln? Was ist die die konkrete Situation, wenn etwas passiert – und Chance für diese Region, für diese Stadt? Da hat natürlich auch planungsmäßig für die Hauptstadt. man auch genau in dieser Verantwortung, aber Nun kann man sagen: Leipzig und Hamburg sind auch im Wissen um den Nutzen des Luftverkehrs, da. Es gibt Züge, alles wunderbar! Das ist nicht entschieden, dass man einen Flughafen im Welt- die Frage, von der wir reden. Der BER hat laut maßstab haben wollte. Man wollte keine drei Planfeststellungsbeschluss eine Ersetzungsfunk- Flughäfen haben, keine zwei Flughäfen, sondern tion für Tegel. Dann muss man sich die Frage stel- einen richtig großen, guten Flughafen. Aufgrund len: Was ist denn bisher die Funktion von Tegel der Erkenntnisse von 1996 – ja, das muss man gewesen? Die Antwort habe ich gegeben, die liegt auch eingestehen – sah die Planung ein Konzept auf der Hand: Nämlich für die Hauptstadt ein des so genannten Single-Airport vor, mit dem Flughafen zu sein und genau das muss auch der Ziel, einen Standort stark zu machen. Das war an- BER leisten. Wenn das durch die Szenarien, von fangs der „BBI“, heute nennen wir den Flughafen denen ich geredet habe, durch die rasante Ver- „BER“. Wir wissen, dass es dazwischen eine recht kehrsentwicklung, in Frage gestellt werden kann – unschöne Historie gab: Verzögerungen, Flugrou- um es zurückhaltend zu sagen – dann müssen

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tenplanungen, die nicht immer optimal gelaufen Wir haben in der Tat in Berlin auch aktive „Luft- sind. Das hat uns aber auch als Luftverkehrsbran- verkehrsdummheit“ am Werk. Wir haben zwei che und hoffentlich auch als Politik gelehrt, dass, Bahnen in Tempelhof geschlossen. Wir schließen wenn jetzt vielleicht der Point of no return schon zwei Bahnen in Tegel. Wir haben unten in Schö- längst überschritten ist, dass wir dann auch mutig nefeld eine Bahn und kriegen dafür eine Bahn diesen Weg weiter gehen und das stark machen, mehr. Das heißt, wir machen aus fünf Bahnen worauf wir uns mehrfach – auch seit 2006 – ver- zwei. Das ist jetzt auch nicht der Weisheit aller- ständigt haben, nämlich auf den Luftverkehrs- letzter Schluss. Aber wir haben zumindest da un- standort BER. Und ja, es ist nicht in meiner DNA ten in Schönefeld zwei Bahnen, die wir in einem angelegt – viele in diesem Raum kennen mich –, Parallelbetrieb nutzen können. Das können nicht dass ich mich für die Schließung eines Flughafens viele Flughäfen. Wenn man ein solches Bahnsys- ausspreche. Ich spreche mich für die Stärkung ei- tem hat, dann kann man dort auch eine entspre- nes Flughafens aus. Dass wieder endlich einmal chende Luftverkehrskapazität bewältigen. Dann die beiden Länder und der Bund zusammenstehen schauen wir uns jetzt „die Landseite“ an. Das sind und sagen: Jetzt haben wir uns auf diesen Weg be- für den Reisenden die Gebäude und die Einrich- geben, dann gehen wir diesen Weg auch konse- tung, die ganze Vorfeldseite und da haben wir – quent und geben der Geschäftsführung, die in den das gibt mir Vertrauen – nämlich einen Master- letzten Jahren einiges erreicht hat, auch das erfor- plan. Dieser Masterplan ist vorgelegt worden und derliche Vertrauen, das weiterzuentwickeln. reicht bis 2040. Er geht auf das ein, was wir für den Standort Berlin auch weiterhin erwarten, Wir sind aber auch als Luftverkehrsbranche in nämlich ein starkes, überproportionales Wachs- einer ganz anderen Verantwortung. Wir haben an tum. Jetzt können Sie sagen: der Flughafen habe allen Flughafenstandorten Fluglärmkommissio- schon oft Ankündigungen gemacht und ich glaube nen, einen kritischen Dialog mit den Bürgern. es einfach nicht. Das mag Ihr gutes Recht sein. Ich Wenn wir das Vertrauen von Bürgerinnen und kann nur sagen, wir sind auch als Flughafenver- Bürgern, von Anwohnern erreichen wollen, dann band in einem Austausch der Fachleute über die müssen wir auch als Flughafenbranche zu unse- Flughäfen hinweg – wir sind Fachverband. Wir ren Versprechen, zu unseren Projektplanungen haben einen Fachausschuss Infrastruktur, da wir- stehen. Dort, wo man, nachdem Beschlüsse getrof- ken die absoluten Bauexperten mit und die sagen fen waren, in Diskussionen mit den Bürgern ein- mir, dass zumindest, was auf dem Papier stehe, getreten ist, hat das auch der Flughafenbranche Hand und Fuß habe. Und da meine Ableitung: nicht genutzt. Wir reden also hier von Vertrauens- Helfen Sie dieser Flughafengesellschaft, diesen schutz. Wenn wir – ich glaube, die Zahl, die die Masterplan umzusetzen! Stärken Sie diese Truppe Fluglärmkommission hier aufgeschrieben hat – vor Ort! Streuen Sie keine Zweifel! Dann wird davon sprechen, dass wir um den Flughafen Tegel dieser Masterplan Realität und dann haben wir ei- seit 1996 240.000 Anwohnern das Versprechen nen starken BER. Dafür plädiere ich. geben, Tegel zu schließen und gleichzeitig in ei- nem fairen transparenten Verfahren mit umfassen- Ich will auch noch auf etwas anderes hinweisen: der Bürgerbeteiligung den betroffenen Menschen Wir sind auch keine Branche, die irgendwelche im Süden sagen, dass dort der neue Standort ent- Subventionen haben möchte. Das alles soll selbst steht, dann müssen wir dazu stehen. Ich komme finanziert werden. Wenn es jetzt einen Plan gibt, auch hier in diesen Saal und sage, wenn wir ir- wie der Flughafen BER zu finanzieren ist, dann ist gendwo anders Genehmigungen haben, Planfest- der schon sehr anspruchsvoll und ehrgeizig. Er stellungsbeschlüsse, dürft ihr als Landesregierung war auch Thema in der EU-Kommission und oder als andere politischen Akteure, da auch nicht musste dort nach dem Beihilferecht geprüft wer- reinpfuschen, denn auch da gibt es dann einen ge- den. Es wären Infrastrukturkosten von mindestens wissen Vertrauensschutz. Den müssen wir dann einer Milliarde nötig, um Tegel überhaupt auch als Luftverkehrsindustrie einfordern, wenn auf den Standard der EASA zu ertüchtigen. Das wir die Einhaltung eines Planfeststellungsbe- sind europäische Vorgaben. Und wir müssten schlusses fordern. Und das tun wir aktuell an dann den Menschen, die von Fluglärm im Umfeld ganz vielen Standorten. des Flughafens Tegel betroffen wären, nach den

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Bestimmungen des Fluglärmschutzgesetzes passi- Dieter Faulenbach da Costa (fdc-Airport-Consul- ven Schallschutz ausreichen. Dieses Recht können ting): Besten Dank, Herr Vorsitzender, meine Da- wir den Leuten nicht verwehren. Man hat vorsorg- men und Herren, für die Einladung. Bei der ersten lich schon die Fluglärmschutzzonen um den Flug- Frage schließe ich mich den Ausführungen von hafen bestimmt. Die Kostenschätzungen gehen Prof. Giemulla an. Ich sehe es sogar noch stringen- jetzt auseinander, je nachdem, wie hoch die An- ter, ich bin der Auffassung, dass es durchaus tragsquote der Berechtigten wäre. Aber sie liegen machbar ist, in einer Nacht umzuziehen. Das bei ungefähr 400 Millionen Euro. Das ist unsere würde ich auch betrieblich für sinnvoll halten. Schätzung, das sind die Zahlen, die man geprüft Wenn der Flughafen geschlossen werden soll und hat. Das heißt, wir hätten zu den bisherigen Kos- der BER der Single-Airport ist. Zur zweiten Frage: ten für das Flughafensystem Berlin, nochmal 1,4 Wenn man sich den Konsensbeschluss ansieht, Milliarden Euro zusätzlich. Auch das muss man hat sich viel geändert. Die Bedingungen stimmen überlegen. Diese Entscheidung hätten dann auch nicht mehr. Der Konsensbeschluss hat erstens ver- die Gesellschafter Brandenburg, Berlin und der hindert, dass ein Airport, wie wir ihn heute in Is- Bund zu treffen. Das kann es einem wert sein. Ich tanbul und in Dubai bestaunen, entstehen konnte. sage aber auch, das kann viele andere Schwierig- Und statt des Großflughafens Sperenberg mit keiten mit sich bringen. In der Summe – auch un- sechs Pisten, 80 Millionen Passagieren, 800.000 ter Berücksichtigung der Vorteile eines Alternate- Flugbewegungen, der 1992/1993 geplant wurde. Flughafens – darf man nicht die Leute unterschät- Es gab ein Standortsuchverfahren, jedoch wurde zen. Sie wissen, dass es bei der Sperrung einer der Standort im Raumordnungsverfahren nicht Bahn aufgrund eines Vorfalls noch eine andere untersucht. Nun haben wir laut Konsensbeschluss Bahn gibt. Dann können die Maschinen wenigs- nur noch zwei Pisten, im Gegensatz zu dem Pro- tens landen, ohne dass eine Gefährdungslage ent- jekt Sperenberg. Es sollte am Standort Schönefeld steht. Es sei dahin gestellt, ob es toll ist, dass dann ausschließlich ein Regionalflughafen gebaut wer- andere Flüge in Warteschleife nach Leipzig umge- den, der zur Versorgung der regionalen Nachfrage leitet werden müssen, wenn nach einer Stunde dient – ausdrücklich kein Großflughafen. So nach- der Tank leer ist. Aber es gibt keinerlei Argumente zulesen im Planfeststellungsbeschluss und im Ur- dafür, dass keine Alternatemöglichkeiten bestün- teil des Bundesverwaltungsgerichts. 30 Millionen den. Gefährdungen der Passagiere sind ausge- Passagiere, Ersetzungsfunktion für die drei Flug- schlossen. häfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld. Von der Prognose im Jahr 2000 ging man für 2020/2023 Als Fazit ist zu Kapazitätsengpässen festzustellen: von 30 Millionen Passagieren und entsprechen- Dieser Standort wächst. Haben Sie Vertrauen in den Flugbewegungen aus. Daran hat sich etwas den Masterplan. Dann haben wir eben ein Wachs- verändert, zumal der Flughafen ja über 2023 hin- tum der Kapazitäten analog der Nachfrage. Das aus besteht. Die Ersetzungsfunktion Tegel-Tem- passt. Der Konsensbeschluss: Wir sind in vielerlei pelhof-Schönefeld findet auch nicht statt, denn Dingen klüger geworden, aber es bestehen Ver- die Altanlagen von Schönefeld bleiben offen. In- trauensschutz, Planungsrecht und davon war soweit ist auch da die Ersetzungsfunktion, die im nicht wegzugehen – statt Diskussionen zu führen, Konsensbeschluss enthalten war, nicht gegeben. deren Folgen wir gar nicht realisieren können. Letzte Aussage dazu: Wir hätten als Flughafenge- Die Verbesserung, die ich nie verstanden habe, sellschaft gar nicht das Personal für einen paralle- sollte die Entlastungsfunktion sein. Tegel und len Betrieb von Tegel und Schönefeld. Die Flugsi- Tempelhof werden geschlossen, dafür werden we- cherung verfügt nicht über die Lotsen, die gibt es niger Leute in Schönefeld von Fluglärm betroffen. nämlich heute schon zu wenig. Die Abfertigung, Das heißt, Sie haben weniger Betroffene, aber die das Sicherheitspersonal – wir haben es eben Dosis, die die Betroffenen bekommen, wird ver- nicht. Also insofern: Ein Standort und den stark dreifacht. Was das mit Entlastung zu tun hat, habe machen. Danke. ich nie verstanden, ist aber Folge des Fluglärmge- setzes. Beim Feinstaub würden Sie nie sagen: Wir Vorsitzender: Vielen Dank. Wir machen weiter reduzieren die Zahl der Betroffenen, der Fein- mit Herrn Faulenbach da Costa, bitte. staub darf sich durchaus weiter erhöhen. Man sagt

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andersherum: Der Feinstaub muss reduziert wer- nicht, ob es fertig wird. Auf jeden Fall ist es ein den, die toxische Situation muss verringert wer- Engpassszenario. Die Nachfrage, die im Jahre 2020 den – und nicht die Anzahl der Betroffenen. Wir oder 2021 bestehen wird, wird man gerade bedie- haben jetzt eine Situation in Schönefeld, die nach nen können. Wenn Sie jetzt aber ein Wachstum dem Masterplan 58 Millionen Passagiere im Jahre einrechnen, können Sie im folgenden Jahr die 2040 vorsieht. Da hat das Bundesverwaltungsge- Nachfrage schon nicht mehr bedienen. Genau das richt gesagt: Ein Flughafen mit 60 Millionen ist das Problem. Wenn Sie anfangen, am Flugha- Passagieren sei an dem Standort falsch, der hätte fen weiter zu erweitern, um hier eine entspann- nach Sperenberg gehört. Das ist genau die Situa- tere Situation zu erreichen, also Baustellen aufge- tion. Und jetzt kommen wir zur nächsten Frage macht werden, reduzieren Sie ja weiter die Kapa- nach der Kapazität, die hier auch eine Rolle spielt. zitäten. Es ist nicht so, als wenn Bauen auf dem Ich bin von Hause aus Stadt- und Regionalplaner, Flughafen am Flugbetrieb vorbeiginge. Das redu- mache aber seit 35 Jahren ausschließlich Flugha- ziert die Kapazität! Es war nie mein Wille und fenplanung: Mein Spezialgebiet sind insbesondere mein Wunsch: Ich habe schon seit 2012 andere Kapazitätsanalysen. Da kann ich nur sagen: Wer Vorschläge gemacht, dass man da andere Lösun- zur Betriebseröffnung Gutachten braucht, um gen findet. Die hat man nie verfolgt. nachzuweisen, dass die Kapazität ausreichend ist, Jetzt ist man in der Situation, dass man nur noch den Betrieb aufzunehmen, gibt schon zu, dass er eine betriebsbereite Alternative hat, die zur Verfü- etwas falsch gemacht hat. Ein Flughafen, der ge- gung steht: Das ist der Flughafen Tegel. Ich bin al- baut und neu eröffnet wird, der sollte die nächs- lerdings nicht der Auffassung, dass man das Ter- ten zehn Jahre die Nachfrage bedienen können, minal, das schöne Sechseck, dafür braucht, son- ohne erweitert werden zu müssen. Das habe ich dern dafür kann man die „Blechhütte“ von Air zumindest so am Flughafen Frankfurt gelernt. Berlin nehmen. Die Beuth Hochschule kann Wenn man sich den Flughafen Frankfurt genau durchaus parallel in die Räumlichkeiten des Ter- ansieht, wird man feststellen, dort wird genau minals einziehen. Ich glaube, dass es auch mög- nach diesen Grundsätzen gehandelt. Dort stellt lich und verträglich ist, das Gebiet städtebaulich man etwa zehn Jahre vor der Nachfrage die Kapa- zu entwickeln und gleichzeitig übergangsweise ei- zität bereit. In Berlin hinkt man hinter der Nach- nen Flughafenbetrieb zu haben. Meiner Einschät- frage her. Das ist genau das Problem. Das habe ich zung nach wäre es notwendig, diesen Flughafen auch in meinem Papier, das ich Ihnen zugeschickt noch etwa vier bis fünf Jahre offen zu halten, um habe, ausgeführt. Ich bin nicht für einen inner- eine entspannte Situation zu erreichen. Weil sonst städtischen Flughafen. Ich war auch nicht für den – und das sage ich Ihnen voraus – mit der Inbe- Flughafen am Standort Schönefeld, weil ich beide triebnahme des neuen Flughafens die Passagiere Flughäfen als innerstädtische Flughäfen ansehe. vier Stunden vor Abflug dort erscheinen müssen, Beide sind vom Standort her falsch. Wer einen um ihr Flugzeug zu kriegen. Und wenn sie wieder Großflughafen haben will und, was ich verstehe, ankommen und ihr Gepäck haben wollen, zwei auch 24 Stunden betreiben will, der sollte einen Stunden nach ihrem Gepäck suchen werden. Das Flughafen in die „Pampa“ verlegen und nicht in wird die betriebliche Situation sein. Das heißt, aus die Nähe von Städten und Ballungsräumen. Jetzt dem schönen neuen Flughafen wird ein betriebli- haben wir aber den Flughafen BER und wir müs- ches Desaster. Das habe ich vorhergesagt. Und ich sen davon ausgehen, dass er – wie und wann auch sage deshalb: Die Offenhaltung von Tegel ist nicht immer – in Betrieb geht. Zur Kapazität: Die Flug- meine Option, sie ist aber die einzige Möglichkeit hafengesellschaft sagt selbst, dass es zur Eröffnung für eine vernünftige betriebliche Abfertigung an bei Terminal 1 22 Millionen Passagiere gebe. Im den Berliner Flughäfen. Besten Dank. Falle der Eröffnung im Jahre 2020 ist laut Flugha- fengesellschaft mit 37 bis 38 Millionen Passagie- Vorsitzender: Vielen Dank. Als nächster Herr ren zu rechnen. 22 Millionen werden im T1 abge- Prof. Lütke-Daldrup, bitte. fertigt, das T5 – also das alte Schönefeldterminal – Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke-Daldrup (FBB schafft 12 Millionen, das macht 34 Millionen. Es GmbH): Herr Vorsitzender, meine Damen und fehlen fünf bis sechs Millionen, die abzufertigen Herren. An mich ist die Frage gerichtet worden, sind. Dafür soll das T2 kommen. Ich weiß aber ob die Kapazitäten reichten. Ich will ich es mal so

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beantworten: Der Flughafen hat sich vorgenom- triebsflächen A und der Abstellflächen E. Wir men, ein nachhaltiges Wachstum zu organisieren werden einen weiteren Bereich im Abstellflächen- und mit einer Masterplanung auch technisch im bereich F ausbauen, damit wir parallel zur Nach- Detail zu unterlegen. Wir sind nicht in einer Situ- frageentwicklung die entsprechenden Kapazitäten ation, wo wir, wie hier theoretisch vertreten wor- bereitstellen und eine bedarfsgerechte Versorgung den ist, Terminalkapazität für zehn, zwanzig Jahre der Region sicherstellen können. Wir glauben, im Voraus bauen. Wir haben eine Flughafensitua- dass dies aufgrund der wirtschaftlichen Bedeu- tion, die eine Startkapazität aufweist, die bei wei- tung des Flugverkehrs für die Region, der touristi- tem ausreichend ist, den Verkehr, den wir von schen Bedeutung – Berlin-Brandenburg ist Num- Tegel in drei Schritten binnen acht Tagen zum mer 3 in Europa, was den Städtetourismus betrifft BER umziehen werden, vernünftig und sicher ab- – und natürlich auch des Anspruches der Haupt- zuwickeln und auch eine Option bietet, schritt- stadtregion, mehr Direktverbindungen zu generie- weise die Kapazität auszubauen. Ich will das ren und weniger umweltschädliche Umwegflüge nochmal im Detail ausführen: Wir haben den Ter- zu haben, erforderlich ist. Über andere Hub- minal T1, der eine Startkapazität von 25 Millio- Standorte können wir für die Hauptstadtregion nen Passagieren hat. Die kann dieser Terminal einen großen nachhaltigen Nutzen organisieren. verarbeiten, das haben wir mit Simulationsrech- Ein Parallelbetrieb ist rechtlich – wie glaube ich nungen sehr detailliert untersucht. Zweitens ha- alle Ernsthaften hier am Tisch wissen – unmög- ben wir einen Bestandsflughafen Schönefeld, der lich. Sie kennen alle die Rechtslage. Ein Parallel- schon bereits mehr als 13 Millionen Passagiere in betrieb wäre aber auch physikalisch nicht mög- einem Jahr abgefertigt hat. Im letzten Jahr werden lich, weil ihn weder die Deutsche Flugsicherung es etwas weniger sein. Das sind zusammen 38 organisieren, noch die Flughafengesellschaft per- Millionen Passagiere. Wir haben einen T2, den sonell unterlegen könnte. Hinzu käme – das haben wir zur Eröffnung im Oktober 2020 mit überwie- wir vor zwei Jahren intensiver untersucht –, dass gender Wahrscheinlichkeit fertigstellen werden. dort erhebliche bauliche Aufwendungen in Milli- Dieser T2 hat eine Kapazität von sechs Millionen ardenhöhe erforderlich wären. Zusätzlich würde Passagieren. Das macht zusammen 44 Millionen die Gesellschaft einen Zuschuss der Gesellschafter Passagiere. Das heißt, wir haben eine durchaus von etwa 100 bis 200 Millionen Euro pro Jahr für auskömmliche Kapazität, um das, was in diesem die höheren Betriebsaufwendungen benötigen. Die Jahr in Berlin geflogen wird, nämlich etwa 35,5 FBB ist von ihren Gesellschaftern letztlich dazu Millionen Passagiere, aufnehmen zu können. Für beauftragt worden, dass Single-Airport-Konzept das nächste Jahr erwarten wir eine Größenord- umzusetzen. Das tun wir. Wir werden den Flugha- nung, die vielleicht etwas darüber liegt. Aber wir fen BER im Oktober 2020 ans Netz bringen und haben ja eben auch schon in der Diskussion ge- damit eine gute Flughafeninfrastruktur für die Re- hört, dass die Kapazitätsentwicklung und die gion haben, die wir schrittweise nach dem Bedarf Fluggastentwicklung von vielen konjunkturellen ausbauen werden, um damit den Bedürfnissen der Faktoren abhängig ist und wir werden sehen, was Hauptstadtregion gerecht zu werden. das Jahr 2020 im Flugverkehr im Detail bringen wird. Wie ist der Masterplan konzipiert? Er baut Vorsitzender: Vielen Dank. Wir machen weiter darauf auf, dass wir zwei unabhängig parallel be- mit Herrn Teschner-Steinhardt. treibbare Start- und Landebahnen haben. Ich Rainer Teschner-Steinhardt (Bezirksamt Berlin- werde Herrn Faulenbach da Costa wieder mit der Neukölln): Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Vorsit- Aussage konfrontieren, dass andere Flughäfen zender, liebe Abgeordnete. Zur ersten Frage des existieren, die auf Zwei-Bahn-Systemen 50, 60, 70 Planungsrechts ist auszuführen, dass Tegel seiner- Millionen Passagiere abfertigen können. Wir ha- zeit im Zuge der damaligen West-Berliner Blo- ben das sehr genau untersucht und wir sind si- ckade unter alliiertem Vorbehaltsrecht in einem cher, dass auf dem Zwei-Bahn-System mit einem Notverfahren als Militärflughafen gebaut worden entsprechenden schrittweisen Ausbau der Flugha- ist. Dann wurde er über alliiertes Recht in den feninfrastruktur im Terminalbereich und der Flug- Siebzigerjahren zu einem Verkehrsflughafen de- betriebsflächen das bewältigt werden kann. Wir klariert. Das bedeutet, dass dieser Flughafen pla- bauen zurzeit schon eine Erweiterung der Flugbe-

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nungsrechtlich nie ein bundesdeutsches Verfah- wisse festgelegte Flugverfahren. Bei einem Paral- ren durchlaufen hat, sondern seinerzeit lediglich lelbetrieb müssten die Verfahren angepasst wer- über das Überleitungsgesetz fiktiv planfestgestellt den. Für diesen Prozess mit der Deutschen Flugsi- wurde. Das heißt, dass es nie eine ordentliche Be- cherung braucht man im Allgemeinen eine Ka- teiligung von Betroffenen oder von Trägern öffent- renzzeit von 13 Monaten sowie die Genehmigung licher Belange gab. Das ist ein Manko, was natür- vom Bundesaufsichtsamt. Auch das hätte große lich so zu deuten ist, dass hier tatsächlich gar Konsequenzen für den Luftraum, denn der Luft- keine Parameter festgelegt wurden, die einen Be- raum wird ja bekanntlich vom Bundesverkehrsmi- trieb begrenzen oder in irgendeiner Weise vor- nisterium festgelegt und der sieht tatsächlich in schreiben. Die Konsequenz daraus war, dass auch Zukunft nur einen Single-Flughafen vor, den BER. eine solche Betriebsgenehmigung letztendlich fik- Es gibt noch ein Problem. Die Schließung von tiv erteilt wurde, die dann alle Voraussetzungen Tempelhof seinerzeit ist ja in den Urteilen, die es für den Verkehrsbetrieb nach sich zog. Zunächst gab, immer mit der parallelen Schließung von war ja Tegel lediglich von den alliierten Flugge- Tegel begründet worden – auch vom OVG Berlin- sellschaften Air France, British Airways und Pan Brandenburg. Auch hier würde dann ein Wider- Am betrieben worden. Erst nach der Wiederverei- spruch zu den Aussagen zur Schließung von Tem- nigung sind dann im Zuge der Öffnung durch die- pelhof auftreten, die damals schon gemacht wur- sen fiktiven Planfeststellungsbeschluss dort auch den – soweit Vertrauensschutz. Das wäre dann im deutsche und andere Verkehrsgesellschaften zuge- Grunde auch eine völlig andere Rechtssituation. lassen worden. Das heißt, wir haben im Prinzip Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Dietrich bitte, Sie gar keine vernünftigen planfestgestellten Daten, haben das Wort. die hier irgendeinen Betrieb begrenzen. Das heißt aber auch, dass jegliche Veränderungen für die Klaus Dietrich (BI „Tegel endlich schließen“): Zu- Zukunft, ob kurz-, mittel- oder langfristig, ausge- nächst darf ich mich im Namen aller unserer Mit- schlossen sind, weil man auf die Parameter abstel- streiter aus unserer Bürgerinitiative „Tegel end- len muss, die diese damalige fiktive Planfeststel- lich schließen“ bedanken, dass wir heute die Ge- lung nach sich zieht. Zusätzlich gibt es eine legenheit haben, unsere Argumente vorzutragen, Nachtflugbeschränkung in Tegel, die zwischen warum wir fordern, dass Tegel geschlossen wer- 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nur Ausnahmen für einen den muss, wenn der BER eröffnet. Wir beziehen gewerblichen Verkehr erlaubt. Nur mit größter uns dabei ausdrücklich auf den Konsensbeschluss Mühe und mit einem sehr aufwendigen Kontroll- von 1996. Er hat nicht nur die eine Dimension, verfahren können die häufiger vorliegenden Ver- dass es um Kapazitätsfragen geht, um die sich ja spätungen abgewickelt werden. Hier zeigt sich, offensichtlich alle Gutachten ausschließlich dre- dass im Grunde genommen auch heute der Flug- hen. Sondern er hat für uns auch eine politisch- betrieb an einer Kapazitätsgrenze ist. Das heißt, moralische Dimension. Das Stichwort „Vertrau- wenn jetzt Veränderungen vorgenommen werden ensschutz“ ist gefallen. Das heißt, wenn die Be- sollten, die in irgendeiner Weise den Flugbetrieb dingungen des Planfeststellungsbeschlusses und modifizieren, dann müsste man im Grunde ge- des Konsensbeschlusses von 1996 erfüllt sind und nommen ein neues Planfeststellungsverfahren er- der BER eröffnet, dann muss aus unserer Sicht öffnen. Ich bin kein Jurist. Insofern kann ich das Tegel geschlossen werden, weil dann alle Bedin- jetzt nicht alles in den gesamten Konsequenzen gungen erfüllt sind. Den Ausführungen von Prof. abschätzen. Aber mit Sicherheit wäre das ein Lütke-Daldrup haben wir entnommen, dass es langwieriges und wahrscheinlich auch klagebe- nicht um die Kapazitätsfrage geht. Der BER wird haftetes Verfahren. Und es müsste ja auch in ir- bei seiner Eröffnung die notwendige Kapazität be- gendeiner Weise der Bedarf belegbar sein. reitstellen und dies auch in Zukunft tun. Das heißt, es gibt überhaupt keine Begründung, Tegel Hinzu kommt, dass natürlich bei den heutigen weiter offen zu halten. Deswegen fordern wir die- Flugrouten die Problematik besteht, dass mit den sen Vertrauensschutz und, dass Tegel zu schlie- für den BER festgesetzten Flugrouten nicht auch ßen ist. Die Forderung aus dem Antrag, der der Tegel betrieben werden kann. Es gibt lediglich Anhörung zu Grunde liegt, bedeutet eigentlich eine Übergangsphase, in der die Flugbereitschaft nichts anderes, als dass die Bundesregierung auf- der Bundeswehr fliegen kann. Dafür gibt es ge-

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gefordert werden soll, den Vertrauensschutz, den Tegel gehen, aber immerhin mit gut 20 Prozent wir einfordern, aufzuheben oder aufzugeben. Das der Fläche und der Studierenden. Das ist nicht Versprechen, dass den Anrainern von Tegel gege- unerheblich, es sind sicherlich 3.000 Studierende, ben wurde, sie mit der Eröffnung des BER von die Tegel nachnutzen würden. Zusätzlich zum Lärm und anderen Beeinträchtigungen zu be- Lehr- und Wissenschaftspersonal, Angestellten freien, soll gebrochen werden. Deswegen noch etc. Ich habe mit Interesse die Aussage von Herrn einmal die Forderung: Tegel muss schließen, Faulenbach da Costa vernommen, dass man einen wenn der BER öffnet. Vielen Dank. Hochschulbetrieb gemeinsam mit einem Flugbe- trieb einrichten könnte. Das mag ich mir nicht Vorsitzender: Vielen Dank. Wir machen weiter vorstellen. Also ich bitte unbedingt von solchen mit Prof. Ullmann, bitte. Erwägungen Abstand zu nehmen. Das geht nicht Prof. Dr.-Ing. Werner Ullmann (Beuth Hoch- zusammen. schule Berlin): Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Zur Frage des Mehrwertes: Für die Hochschule ist sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Ich das für bestimmte Studiengänge existenzbegrün- bedanke mich zunächst einmal für die Einladung, dend. Ich sage nicht, das sind Einschränkungen, dass mit der Beuth Hochschule ein Vertreter einer sondern das ist existenzbegründend. Wir könnten der wenigen Nutzer, die bereits für die Nachnut- also bestimmte Studiengänge – und das sind Stu- zung Tegel feststehen, eingeladen worden ist. Ich diengänge aus dem wichtigen MINT-Bereich – bin gefragt worden, zu zwei Aspekten Stellung zu nicht weiterführen. Wir müssten sie schließen. nehmen. Einmal geht es um die Relevanz und ein- Wir können den Bedarf im Moment nur mit ange- mal geht es um den Mehrwert für die Hochschule mieteten Flächen decken. Da bestehen große Be- – und vielleicht auch darüber hinaus. Bezüglich denken, dass es entweder zu drastischen Mietstei- der Relevanz muss man wissen, dass die Beuth gerungen kommen wird oder diese Flächen auch Hochschule mit circa 12.500 Studierenden einer gar nicht mehr an uns vermietet werden. Dort sind der ganz wichtigen Player im Wissenschaftsbe- Laboreinrichtungen – das würde Kosten in Millio- reich von Berlin ist. Sie hat insbesondere im nenhöhe hervorrufen, die die Hochschule nicht MINT-Bereich, also Mathematik, Informatik, Na- tragen kann. Und auch das Land Berlin hat dafür turwissenschaften und Technik, für Deutschland keine Mittel zur Verfügung. Tegel ist strategisches eine ganz besondere Bedeutung. Die Hochschule, Entwicklungsgebiet für Berlin. Es wird hier immer die nicht nur in der Stadt, sondern in der gesam- gefragt: Was ist wichtig für Berlin? Tegel ist strate- ten Region – und da ist die Region sehr weit ge- gisches Entwicklungsgebiet, das ist schon seit fasst – die meisten Absolventinnen und Absolven- mehr als fünf Jahren festgelegt in der Berlin-Stra- ten auf den Arbeitsmarkt bringt. Im MINT-Bereich tegie. Es ist auch bekannt, dass sich Entwicklungs- zählen wir zu den vielleicht fünf, zehn – ich weiß gebiete besonders gut entwickeln, wenn Wissen- es nicht ganz genau – größten Fachhochschulen in schaft und Industrie sich gemeinsam ansiedeln Deutschland. Uns wurde 2012 ein Flächendefizit und gemeinsam entwickelt werden. Die Beuth in Höhe von circa 20.000 m2 anerkannt. Das ist Hochschule ist mit den Studiengängen, die dort nichts, was wir ermittelt haben, sondern das ist hingehen, die sich auf urbane Technologien bezie- anerkannt worden – auch vom Senat, vom Abge- hen, der Nukleus einer solchen Entwicklung. Ich ordnetenhaus von Berlin. Man hat dann Überle- glaube nicht nur deutschlandweit, sondern euro- gungen angestellt, wie das zu decken ist. Diese paweit, gibt es kein vergleichbares Projekt in die- Überlegungen hatten allerdings eine Vorge- ser Größenordnung. Das ist nicht nur für Berlin, schichte. Bereits im Jahr 2008 ist die Beuth Hoch- sondern für Deutschland eine Chance, innerhalb schule als ein möglicher Nachnutzer für Tegel ins eines Stadtgebietes ein ganz neues Konzept für ein Spiel gekommen. Eigentlich seit dem Jahr 2012, Nebeneinander von Wirtschaft, Wissenschaft und also seit neun Jahren, wartet unsere Hochschule Wohnen zu entwickeln. Sich diese Chance entge- auf die Realisierung. Sie können sich vorstellen, hen zulassen, wäre in meinen Augen völlig fatal. was das bedeutet. Alle Investitionen, alles, was Es wurde gerade schon der Vertrauensschutz ein- die Entwicklung der Hochschule betrifft, ist der- gefordert, nicht nur für die Bürgerinnen und Bür- zeit angehalten und wartet auf den Übergang nach ger, ich fordere den auch für alle Mitarbeiterinnen Tegel. Die Hochschule soll nicht insgesamt nach und Mitarbeiter der Hochschule, für alle unsere

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Studierenden und diese Realisierung jetzt tatsäch- fällt an das Land Berlin, sofort mit den Bauma- lich vorzunehmen. Dankeschön. schinen „reinrollen“ können. Das hat es in Berlin auch noch nicht so oft gegeben. Nun hatten wir Vorsitzender: Vielen Dank. Der letzte in der Sach- zugegebenermaßen auch etwas mehr Vorberei- verständigenrunde, Prof. Bouteiller bitte. tungszeit als gewöhnlich. Aber die haben wir Prof. Dr. Philipp Bouteiller (Tegel Projekt GmbH): auch gut genutzt. Der Baubeginn, die bauvorberei- Herzlichen Dank Herr Vorsitzender, sehr geehrte tenden Maßnahmen werden dann sofort stattfin- Damen und Herren. Professor Ullmann hat mir den. Stand Ende letzten Jahres wurden bisher eine wundervolle Steilvorlage gegeben und ich etwa 50 Millionen Euro in die Planung investiert. hätte es nicht schöner sagen können. Der Rückfall Nicht mit eingerechnet sind die Kosten der Ver- dieses Geländes von etwa 500 Hektar, 5 km2, im waltung und die Vorlaufkosten. Es gab große Par- Herzen der Stadt, ist ein einmaliges Geschenk für tizipationsverfahren etc. Gerechnet ist nur ab Berlin und für die zukünftige Entwicklung. Wir Gründung der Planungsgesellschaft. Wenn wir haben nach der Wiedervereinigung etwa zwei schon über die Kosten reden, müssen wir viel- Drittel unserer industriellen Kapazitäten in der leicht auch einmal auf die Einnahmepotenziale Stadt verloren. Darunter leiden wir noch heute. für die Stadt schauen. Wir planen dort etwa 1.000 Das, was vorhin als The Urban Tech Republic be- Unternehmen anzusiedeln, über 20.000 Arbeits- zeichnet wurde, ist eins der drei Großprojekte, die plätze zu schaffen und wir reden von einer Brutto- wir derzeit auf dem Gelände planen. Diese Urban wertschöpfung für die Stadt von etwa 2,2 Milliar- Tech Republic befasst sich mit Zukunftstechnolo- den Euro pro Jahr. Allein auf dem Gelände rech- gien, hat im Herzen einen Wissenschaftskern mit nen wir mit etwa 300 Millionen Euro Steuerein- Platz für etwa 5.000 bis 6.000 Studierende, zahl- nahmen jedes Jahr im eingeschwungenen Zu- reiche Forschungsinstitutionen, umgeben von ei- stand. Also da gibt es erhebliche Potenziale, die nem Gewerbegürtel. Das Einzigartige sind 80 Hek- sich sehen lassen können. tar Industriegebiet. Das heißt von der Ideengene- Jetzt kommt noch etwas Spannendes dazu, was im rierung bis hin zur Massenfertigung können Sie Augenblick im Berliner Nordwesten passiert und die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich der noch nicht wirklich in der politischen oder öffent- Zukunftstechnologien abdecken. Der Fokus liegt lichen Wahrnehmung angekommen ist: Siemens insbesondere auf der Zukunft der Städte, der so hat vor kurzem erklärt, dort Siemensstadt 2.0 zu genannten urbanen Technologien. Es geht um Mo- entwickeln. Siemens selbst wird etwa 600 Millio- bilitätsfragen der Zukunft. Sie wissen, wie viru- nen investieren, dazu kommt noch ein Vielfaches lent das Thema im Augenblick ist. Es geht um durch private Partner. Unmittelbar neben Sie- Energiefragen. Energiewende ohne neue Speicher- mensstadt 2.0 gibt es eine Entwicklung, die auch technologien, ohne neue Verteilnetze und Intelli- nur nach Schließung des Flughafens Tegel mög- genz ist nicht denkbar. Das sind Fragen, die dort lich wird: das neue Gartenfeld. Dort geht es um entwickelt, erprobt, produziert und angewandt neue Wohn-, Arbeits- und Produktionsformen und werden sollen. Und das erweist sich als geradezu Mobilität der Zukunft. Direkt daran angeschlossen glücklich in der Festlegung, die 2011 bereits ge- liegt unser Gelände mit rund 5 km2. Es sind also troffen wurde. Wir alle sehen die Städte wachsen. drei Projekte, die wie an einer Perlenkette aufge- Die Urbanisierung stellt die größte Herausforde- reiht, dort darauf warten, dass der Flughafen end- rung im Augenblick dar. Und wenn wir die Welt lich schließt und zu Investitionen privater und öf- retten wollen – erlauben Sie diesen pathetischen fentlicher, überwiegend aber privater Natur, füh- Satz – dann müssen wir in den Städten beginnen, ren werden – etwa zwölf Milliarden Euro im weil dort auch die meisten Ressourcen verbraucht Laufe der nächsten 20 Jahre. Was dort im Nord- werden. Also es geht am Ende darum, die Lebens- westen der Stadt passiert, ist großartig und einma- qualität zu steigern und dabei den Ressourcenver- lig und ich rate dringend davon ab, dem Gestern brauch zu senken. Das wird hier geplant. Abg. „hinterher zu heulen“ und stattdessen fordere ich Gelbhaar fragte nach dem Planungsstand, den Sie auf, lustvoll in die Zukunft zu blicken. Das Kosten und auch nach dem Startbeginn. Der Pla- wird spannend. nungsstand ist so, dass wir im Sommer 2021, wenn das Gelände übergeben wird und zurück-

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Vorsitzender: Vielen Dank. Die Gäste auf der Tri- ich allerdings das Gefühl, dass wir eventuell lust- büne bitte ich vom Klatschen abzusehen, ich hatte voll lächelnd ins Chaos laufen. darauf hingewiesen. Kollege Simon bitte als erster Daraus will ich einmal versuchen zwei Fragen zu für die zweite Runde. konstruieren und die ich richte an Herrn Faulen- Abg. Björn Simon (CDU/CSU): Vielen Dank. Ich bach da Costa. Es gibt meines Wissens ein Senats- habe eigentlich noch eine Frage und zwar an Prof. gutachten des Bundesverwaltungsrichters Dr. Pae- Bouteiller. Ich möchte anschließen an das, was tow zum Volksentscheid, wonach TXL nicht ge- Sie gerade ausgeführt haben – da sind wir voll da- schlossen werden darf, wenn der BER keinen Ka- bei. Wenn der BER öffnet, dann wird TXL noch pazitätspuffer von 20 Prozent nach oben hat. Ich sechs Monate weiterbetrieben, um die Übergangs- meine, dass wir genau diesen Fall schon haben. phase einigermaßen weich zu gestalten. Wie sähe Das Problem liegt doch darin, dass wir von vier ein zeitlicher Horizont aus, wenn der rechtliche Prozent Wachstum pro Jahr reden, das heißt wir Weg beschritten würde und eventuell der Schlie- reden über fünf Jahre. Aber wir sind ja jetzt ei- ßung von TXL Steine in den Weg gelegt würden? gentlich schon an der Kapazitätsgrenze angekom- Wie sähe das denn mit Mehrkosten aus – gerade men. Und wir dürfen eines nicht vergessen: Na- in Bezug auf Ihre Planung – wenn wir hier Jahre türlich gibt es das berechtigte Interesse der An- verlieren würden, um TXL neu zu gestalten und wohner auf Ruhe und Schutz vor Fluglärm. Aber das geschilderte Szenario zu verwirklichen? Und auf der anderen Seite wächst der BER gerade in dann schließe ich noch eine Frage an Prof. Lütke die Stadt hinein oder die Stadt wächst um den Daldrup an: Zur Situation am BER und die Er- BER herum. Das ist im Prinzip die gleiche Situa- schließung des neuen Flughafens mit dem ÖPNV tion. Und das ist auch die Frage an Prof. Giemulla: in die Berliner Innenstadt. Vielleicht haben Sie da Ich meine, man sollte sich Szenarien überlegen, aktuelle Informationen, wie die Planungen ausse- die man einfach als Plan B in der Schublade hat, hen, um den Reisenden eine möglichst kurze Rei- wie denn ein Weiterbetrieb möglich wäre, wenn sedauer zwischen Flughafen und Innenstadt anzu- sich herausstellt, dass diese einfache Umstellung bieten. Danke. nicht funktioniert. Danke soweit. Vorsitzender: Danke sehr, als nächster bitte Abg. Vorsitzender: Danke sehr, das Wort hat Kollege Magnitz für die AfD Fraktion. Klare für die SPD Fraktion. Abg. Frank Magnitz (AfD): Ja gerne. Es gab unend- Abg. Arno Klare (SPD): Aus der Diskussion zwei lich viele Punkte, bei denen man jetzt eigentlich ganz kleine Vorbemerkungen – eher fürs Amüse- einhaken müsste. Ich möchte vorab noch einmal ment: Ich habe in der Recherche festgestellt, dass erwähnen, es wurde da so beiläufig eine Milliarde es in den Sechzigerjahren Ausbaupläne für Schö- in den Raum geworfen, die notwendig wäre, um nefeld gab, da sind fünf Bahnen eingezeichnet – Tegel fit zu machen. Ich möchte in dem Zusam- Fünf! Eine davon so quer, das sah dann so ähnlich menhang nur daran erinnern, dass es gerade zwei- aus wie Hamburg oder so im Schaubild. Also wer mal eine Tranche von 500 Millionen gegeben hat, damals das Sagen hatte, wissen wir ja. Zweite mit denen eine Kapitalumwandlung beziehungs- Vorbemerkung: Weil gerade gesagt wurde, 1996 weise Darlehensumwandlungen in Eigenkapital liege lange zurück und deshalb müsse man jetzt erfolgte und dem BER noch einmal, wieder, kräf- alles neu verhandeln. 30 Jahre vorher wurde vor tig unter die Arme gegriffen worden ist. Also da dem OVG in Münster der Angerlandvergleich für hat es offensichtlich auch keine Probleme gege- Düsseldorf geschlossen. Wohlgemerkt mit Gebiets- ben, das könnte man hier in Tegel vielleicht auch körperschaften, die es heute im rechtlichen Sinne anwenden. Das Problem hier ist, dass wir natür- gar nicht mehr gibt. Und der gilt heute noch. Also lich direkt und massiv aufeinander prallende, ge- alt heißt nicht unbedingt falsch oder nicht mehr gensätzliche Interessen haben. Der eine möchte verbindlich. Ich glaube, davon müssen wir uns lö- ganz gerne an dieses „leckere“ Gelände von 500 sen. Vor allem finde ich es äußerst bedenklich, Hektar heran. Da kann man sich natürlich austo- wenn das von Juristen gesagt wird. Meine Frage ben, das können Sie wahrscheinlich bis zum Ende geht an Ralf Beisel, der als Hauptgeschäftsführer Ihres Berufslebens ganz hervorragend tun. Das des Verbandes den größten Überblick hat. Wird kann ich verstehen. Auf der anderen Seite habe der BER irgendwann einmal zum Hub? Jetzt befin-

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den sich die Hubs in Europa, so von London aus am Flughafen BER tatsächlich einen guten ÖPNV über Amsterdam, Paris, Brüssel, Frankfurt, Mün- anzubinden, für 2025/2026 angekündigt. Das ist chen, Zürich. Das ist so diese „Banane“. Da liegen noch ein bisschen hin. Bis dahin wollen wir ja die großen Hubs in Europa nördlich der Alpen. auch keinen Verkehrsinfarkt erleiden. Deswegen Berlin war das historisch betrachtet nie. Wird das noch einmal eine Frage an Prof. Giemulla: Wie jemals so? Und müssen wir da noch einmal neu schätzen Sie die Verkehrssituation in Berlin ein – nachdenken? Gibt es dann Kapazitätsengpässe, auch gerade in Bezug auf die Fertigstellung der wenn ich mir den BER als Hub vorstellen muss? Bahn zum BER 2025/2026? Rechtliche Hürden, davon haben wir schon viel gesprochen. Wir ha- Vorsitzender: Danke sehr, das Wort hat Kollegin ben verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben, Kluckert für die FDP-Fraktion. die sehr wohl sagen, dass, wenn man wollte, dann Abg. Daniela Kluckert (FDP): Vielen Dank Herr könnte man. Und selbstverständlich muss es für Vorsitzender. Wir haben jetzt einiges gehört, unter ein Land unserer Größe und dieser Stadt, der anderem, dass wir einen Sanierungsbedarf von ei- Hauptstadt, möglich sein, auch Dinge zu verän- ner Milliarde Euro haben. Das glaube ich sehr dern, wenn sie sinnvoll sind. Auch hier noch ein- gerne. Ich will dagegen auch mal eine andere Zahl mal eine Frage an Prof. Giemulla: Wie sehen Sie stellen und zwar ein Rekordgewinn von Tegel aus die rechtlichen Hürden zur Offenhaltung des dem letzten Jahr von 142 Millionen Euro, wo Flughafens Tegel? Vielen Dank. nichts reinvestiert worden ist. Also es ist natür- Vorsitzender: Danke sehr. Das Wort für die Frak- lich so, wenn man einen Flughafen kaputt spart, tion DIE LINKE. hat Kollege Cezanne. Bitte. dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn er dann am Ende auch kaputt ist. Natürlich muss Abg. Jörg Cezanne (DIE LINKE.): Dankeschön. Ich in einen Flughafen investiert werden und selbst- habe jetzt doch noch einmal zwei Fragen. Ich verständlich müsste auch in den Flughafen Tegel würde Prof. Giemulla noch einmal nach seiner Ar- investiert werden, wenn dieser denn weiter betrie- gumentation oder nach der rechtlichen Grundlage ben wird. Die Beuth Hochschule ist eine wunder- zu seiner Argumentation zum Hauptstadtflugha- bare Hochschule. Wir haben in Berlin unglaublich fen fragen. Das habe ich jetzt mit Interesse wahr- viele Standorte, große Flächen, auch zum Beispiel genommen. Mich würde interessieren, welche der alte Flughafen Tempelhof. Der marode vor rechtliche Grundlage das hat, wenn Sie im Prinzip sich hin vegetiert und jedes Jahr Millionen kostet, „ja“ sagen, ein Hauptstadtflughafen sei so wichtig, einfach für den Leerstand. Wir haben in Berlin dass man noch einen Ersatzflughafen in der Ta- weitere Flächen, die nicht bebaut werden, weil sche haben müsse, falls da mal was passiert. Das wir hier in Berlin immer leider viel reden, aber war mir neu, aber Frankfurt ist ja auch keine wenig umsetzen. Insofern wäre es mir ein großes Hauptstadt, da spielt das nicht so eine Rolle. Anliegen, wenn man schon vor Jahren damit be- Die zweite Frage richte ich an Herrn Faulenbach gonnen hätte, für die Beuth Hochschule ein Plätz- da Costa: Sie haben in Ihrer Stellungnahme für chen zu finden, wo sie dann tatsächlich auch ein- den Fall des Weiterbetriebs sehr weitgehende Be- ziehen kann. Und nicht wie in Tegel schon sehr triebsbeschränkungen für Tegel aufgelistet. Wir lange drauf wartet. Ein Beispiel wäre der Flugha- haben in der Umweltbewegung, bei den Flugha- fen Tempelhof, der ja nachweislich nicht bebaut fenverbänden, aber auch sonst eine Diskussion wird, obwohl wir in Berlin Wohnungsmangel ha- darüber, ob der Flugverkehr in der bestehenden ben. Andere Plätze sind etwa die Elisabeth-Aue. Form und im bestehenden Ausmaß unter den Ge- Insofern fehlt es uns nicht an guten Plänen und sichtspunkten des Klimaschutzes und des Res- Entwicklungen. Es ist nur die Frage, ob wir eben sourcenverbrauchs, so überhaupt aufrecht erhal- eine Infrastruktur, die funktioniert, ausnahms- ten werden kann. Eine Verlagerung von Kurzstre- weise mal abschalten. ckenflügen, von Inlandsflügen: Wenn ich die Zahl Eine andere Frage, die wir uns hier in Berlin stel- nochmal nachgucke, circa 4,5 Millionen Fluggäste len, als Bürger dieser Stadt, aber selbstverständ- sind im letzten Jahr von Tegel geflogen, die nur lich auch als Parteien: Wie funktioniert das ei- innerhalb von Deutschland geflogen sind, wo es gentlich mit dem öffentlichen Nahverkehr? Jetzt Bahnverbindungen gibt. Wäre es nicht eine viel ist die Eröffnung der Bahn, die wir brauchen, um sinnvollere Frage, mit den Kapazitätsbegrenzun-

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gen, die Sie sehen, zurechtzukommen? Vorsitzender: Danke sehr, damit sind wir am Ende der zweiten Fragerunde. Prof. Giemulla hat Vorsitzender: Danke sehr, Stefan Gelbhaar für auch hier die meisten Fragen. Bitte. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Prof. Dr. jur. Elmar Giemulla (TU Berlin): Vielen Abg. Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dank Herr Vorsitzender. Zunächst einmal die NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Wir haben rechtlichen Hürden: Die Rechtssituation insge- so viel gehört, wo es sich zu antworten lohnte. Ich samt, die scheint ja mittlerweile durchgesickert zu greife einmal so eine Erkenntnis raus. Die FDP be- sein, wobei die Sicht auf die Situation unter- baut lieber Auen als ehemalige Flughäfen. Wer die schiedlich ist. Ich habe vorhin gehört, es gebe Elisabeth-Aue noch nicht kennt, der ist herzlich keine rechtlichen Probleme, das sei alles klar. eingeladen, sich kundig zu machen. Es ist ein Tegel müsse geschlossen werden und BER werde bisschen skurril, dass wir im jetzt auch eröffnet und auch erweitert innerhalb der Zeit. Ich Kommunalpolitik betreiben. Ich will noch ein sehe das ein bisschen anders. Zunächst die recht- Wort sagen zum Thema Verkehrsinfarkt, weil das liche Situation: Das Spannungsverhältnis zwi- immer wieder kommt, aber da ist die Frage an schen Tegel und BER. Es wird ja sehr gerne auf Herrn Lütke-Daldrup schon gestellt. Das wird er den Konsensbeschluss von 1996 Bezug genom- dann sicherlich besser ausführen. Aber wer Tegel men. Wenn wir uns den zunächst in seiner Ver- kennt, der weiß, dass dorthin Busse fahren. Das ist bindlichkeit ansehen. Er wurde zwar von drei Trä- die ÖPNV-Anbindung. Wer den BER kennt, der gern hoheitlicher Gewalt beschlossen. Diese ha- weiß, dass da jetzt schon ein ganzer Bahnhof ist, ben den Konsensbeschluss aber nicht als Gebiets- wo eine S-Bahn direkt in das Flughafengebäude körperschaften in öffentlich rechtlicher Funktion hineinfahren wird. Wo eine Regionalbahn direkt geschlossen, sondern als Anteilseigner der FFB. in den Flughafen fahren wird, aber das mag Herr Das heißt, wir bewegen uns im privatrechtlichen, Lütke-Daldrup besser ausführen. Geplant ist auch im kommerziellen Bereich. Trotzdem ist es ein noch eine Direktverbindung zum Hauptbahnhof Vertrag, es ist eine Absprache, die natürlich als zu schaffen. Also dieses Verkehrsinfarkt-Szenario solche bindend ist. Die Frage ist nur, wie weit sie ist irgendwie eine sehr irre Debatte. Es wird jetzt bindend ist. Man kann natürlich sagen, wenn es trotzdem immer wieder gefragt nach dem Plan B drei Vertragspartner gibt, dann müssen auch alle und deswegen möchte ich Herrn Kipp auch hier drei Vertragspartner immer dahinterstehen, dass noch einmal ins Spiel bringen und aus seiner würde ich so sehen. Wenn ein Vertragspartner Sicht zu bewerten, was denn rechtlich möglich – aussteigt, dann ist der Vertrag nicht mehr der Ver- ein Plan B sein könnte – oder welche rechtlichen trag, der einmal beschlossen worden ist. Die Frage Hindernisse bestehen. Hier einfach so zu sagen: ist, welchen Anlass einer der Vertragspartner hat, Dann lass‘ uns doch Tegel einfach parallel oder auszusteigen. Ich glaube, dafür gibt es viele. Die zusätzlich oder noch irgendwie mit einer Hoch- Frage der Ausstiegserklärung. Ist eine Kündigung schule drin so weiter betreiben. Da sind die diver- vorgesehen? Es gibt neben der Kündigung auch sen Vorschläge auf dem Tisch. Vielleicht können noch andere Instrumente, die hier durchaus zum Sie uns da ein bisschen aufklären. Zuge kommen, nämlich der sogenannte Wegfall Aber ich will dann auch noch einmal im Sinne der Geschäftsgrundlage. Die Situation im Jahre des Ansatzes, den wir hier für die Anhörung ge- 1996 war eine völlig andere, als diejenige, die wir wählt haben, nach der Zukunft von Tegel fragen jetzt vorfinden und die wir für die Zukunft vo- und Herrn Prof. Bouteiller fragen. Wir haben über raussagen. Gemessen an den Anforderungen an den Wissenschaftsstandort und über die internati- dieses Institut Wegfall der Geschäftsgrundlage, onale Bedeutung auch als Wirtschaftsstandort ge- würde ich persönlich keine massiven Probleme redet. Allerdings braucht Berlin Wohnungen, was sehen, dass, wenn diese Einsicht bei einem der auch schon angesprochen wurde. Wie sieht es da Gesellschafter vorhanden ist, dieser Vertrag been- aus? Ist die Planung in Tegel schon weiter, was det werden kann. Das ist das eine. Das zweite ist: den Bau von Wohnungen angeht? Inwieweit ist da Es sind mittlerweile natürlich auch andere rechtli- auch die Bundesregierung als Teileigentümer der che Instrumente in Kraft getreten, wie zum Bei- Flächen im Spiel? spiel der Landesentwicklungsplan Flughafen, der durch zwei Rechtsverordnungen der betroffenen

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Länder in Kraft gesetzt worden ist, und der Schlie- schluss für Tegel vorsieht. Für meine Begriffe ist ßungsbescheid für Tegel. Alle diese Dinge, die wir der rechtswidrig geworden und müsste geändert kennen. Wenn wir die als „in Beton gegossen“ an- werden. Er müsste entsprechend angepasst wer- sehen, dann läuft natürlich nichts mehr. Die Frage den, dass würde nach meiner Auffassung natür- ist, ob das tatsächlich immer noch so verbindlich lich bedeuten, Tegel jetzt nicht zu schließen. ist. Nun sind das rechtliche Instrumente, die von Wann es Fall ist, dass die angemessenen Kapazi- Menschen und Institutionen in Kraft gesetzt wor- tätserweiterungen tatsächlich vorhanden sind, den sind. Die Institutionen gibt es noch. Genau wissen wir nicht. diese Institutionen können die Dinge wieder au- Tegel und Vertrauensschutz: Ich habe hohes Ver- ßer Kraft setzen, wenn denn der politische Wille ständnis dafür, dass diejenigen, die darauf ver- dafür vorhanden ist, so hört man immer wieder, traut haben, dass Tegel jetzt geschlossen wird, und an dem Punkt stoßen wir uns ein bisschen. enttäuscht sind. Das meine ich nicht nur emotio- Ich will trotzdem noch einmal den Blick zurück nal. Man richtet sich ja als Privatperson etwa beim auf den Landesentwicklungsplan Flughafen wer- Hauskauf oder als Institution danach aus, was die fen. Muss der wirklich geändert werden? Wir wis- offiziellen Planungen darstellen. Insofern habe ich sen vom Ziel 1, das besagt, dass mit der Inbetrieb- durchaus Verständnis dafür. Ich sehe es aber nahme der Kapazitätserweiterung am Standort trotzdem differenziert. Es wird ja in der öffentli- Schönefeld, die Flugplätze Tegel und Tempelhof chen Diskussion gerne so getan oder zumindest spätestens zu schließen und ihre Flächen einer suggeriert, als würde mit der Offenhaltung von anderen Nutzung zuzuführen sind. Das Stichwort Tegel der BER nicht in Betrieb gehen. Es geht ja ist „Kapazitätserweiterung“. Was soll das vernünf- nicht abstrakt um die Offenhaltung des Flugha- tigerweise in dem Zusammenhang bedeuten? Das fens Tegel, den wir jetzt kennen. Es geht darum, ist jetzt durch den Schließungsbeschluss umge- dass erstens BER eröffnet wird. Dass zweitens der setzt worden. Formuliert worden in der Weise, Flugverkehr der Hauptstadt über den BER abgewi- wenn die beiden Landebahnen in Betrieb gehen, ckelt werden wird. Das wird der Hauptstadtflug- dann ist der Zeitpunkt der Kapazitätserweiterung hafen sein. Es geht drittens darum, dass eventuell eingetreten. Das ist nicht der Fall, wie wir alle für nicht bedienbare Kapazitäten am BER noch et- wissen, angesichts der Prognosen, die wir kennen. was anderes zur Verfügung stehen muss. Da bietet Und das ist nicht einmal der Fall, wenn man das sich selbstverständlich ein funktionierender Flug- Ziel 1 etwas genauer ansieht. Da steht nämlich vor hafen wie Tegel an. Und eben nicht Neuharden- dem Satz, den ich gerade zitiert habe, auch „Zur berg oder sonst etwas. Das heißt, dass das, was Deckung des nationalen und internationalen Luft- nach Eröffnung von BER in Tegel stattfinden wird, verkehrsbedarfes der Länder Berlin und Branden- überhaupt nicht mehr mit dem zu vergleichen burg ist der Flughafen Berlin-Schönefeld weiter sein wird, was man mit Tegel als Anwohner jetzt zu entwickeln.“ und dann weiter „Mit Inbetrieb- noch verbindet, einschließlich dem derzeitigen nahme der Kapazitätserweiterung […]“. Wenn wir Maß an Fluglärm. Die Fluglärmsituation wird eine das nicht auseinanderreißen, sondern den Zusam- völlig andere sein. Der Vertrauensschutz kann für menhang so lassen, wie er wahrscheinlich ge- meine Begriffe hier nicht als „Totschlagargument“ meint sein soll, dann würde das doch bedeuten, ins Feld geführt werden. dass mit einer angemessenen Kapazitätserweite- rung für die Gegenwart und eine angemessene Ka- Zur Verkehrssituation um den BER herum: Ver- pazitätserweiterung um künftige Zuwächse aufzu- antwortliche Planung eines Infrastrukturprojekts fangen, nicht gemeint sein kann, zwei Landebah- darf natürlich nicht isoliert gesehen werden, ge- nen in Betrieb zu nehmen, die natürlich diese Ka- rade wenn es um Verkehr geht. Es geht natürlich pazität in Verbindung mit den sonstigen Einrich- um Erreichbarkeit, es geht um die berühmte letzte tungen des Flughafens nicht decken können. Die Meile. Es nutzt nichts, wenn man als Fluggast nur Aufforderung von Ziel 1 ist, erst wenn diese Kapa- im Raum Berlin ankommt. Die meisten wollen je- zitäten hergestellt sind, erst dann sind die beiden denfalls nicht nur zum Flughafen, sondern in die innerstädtischen Flughäfen, sprich hier Tegel, zu Innenstadt. Das sind dann die Millionen, die jetzt schließen. Das ist noch nicht der Fall, jedenfalls in Tegel und Schönefeld abgefertigt werden. Ob nicht, wenn das eintritt, was der Schließungsbe- die dann innerhalb zumutbarer Zeit die Innen-

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stadt erreichen, ihren Termin wahrnehmen kön- so eben noch, hoffentlich. Dann passt dort über- nen, auf verstopften Autobahnen und auf S-Bah- haupt kein Spontanverkehr hinein, wie ich ihn ge- nen, die es noch nicht gibt, muss man zumindest rade beschrieben habe. Der stört dann und bringt hinterfragen. Das heißt auch, dass es ein Argu- die ganzen Operationen durcheinander. Das wird ment ist, den Verkehr am Boden zu entzerren und für meine Begriffe nicht klappen. Wir brauchen daher den Flugbetrieb auch zum Teil über Tegel bis auf weiteres – und ich würde sagen wahr- abzuwickeln. scheinlich bis auf lange Sicht – ein sogenanntes „Überlaufventil“, was nicht bei Gelegenheit mal Jetzt komme ich zu dem Stichwort „Hauptstadt- überläuft, wie im Notfall, sondern das systema- flughafen“. Es wurde gefragt, wie ich dazu tisch die Verkehre vom BER weghält, die dort den komme, Tegel in seiner Funktion als Hauptstadt- operativen Ablauf stören. Man wird darüber reden flughafen zu bezeichnen. Man kann sagen, das ist müssen, wie dann die Konzeption aussehen wird. Teil der Widmung. Jemand hat vorhin ausgeführt, Aber dass wir Tegel jetzt und bis auf weiteres dass die Planfeststellung und Genehmigung für brauchen – wahrscheinlich auch sogar in längerer Tegel fiktiv sei. Das ist juristisch gar nicht mal so Zukunft – davon bin ich überzeugt. Vielen Dank. selten. Die berühmte juristische Fiktion, ist ge- nauso gültig wie eine tatsächliche Entscheidung. Vorsitzender: Danke sehr, als nächster Herr Fau- Der Nachteil ist natürlich, dass man bei einer Fik- lenbach da Costa, bitte. tion nichts lesen kann. Also man kann nicht se- Dieter Faulenbach da Costa (fdc Airport Consul- hen, ob Nachtflugbeschränkung oder Flugzeugmix ting): Besten Dank. Mein Angebot an die Beuth und so weiter. Man muss sich das alles ausdenken Hochschule: Wir können gerne darüber sprechen, und natürlich überlässt man das nicht völlig der ich bin gerne bereit, Ihnen ein Konzept vorzustel- Phantasie, sondern fragt sich, was denn faktisch len, wie das machbar ist. Ich will Ihnen sagen, ich in Tegel vorliegt. Und wenn der Gesetzgeber sagt, habe 1965 an der Ingenieurschule für Vermes- dass das planfeststellungsmäßig und genehmi- sungswesen in der Leinestraße mit meinem Stu- gungsmäßig rechtmäßig ist, kann man nur sagen: dium begonnen. Da haben mich die Piloten im Ja, was ist denn da? Und die Antwort ist: Das war Anflug auf Tempelhof gegrüßt. Also insoweit habe der Hauptstadtflughafen und ist es ja immer noch. ich da durchaus Erfahrungen. Das zweite ist: Prof. Wenn nun der Planfeststellungsbeschluss für den Lütke-Daldrup, ich wusste nicht, dass es erstre- BER sagt, Ersetzungsfunktion für Tegel, dann darf benswert ist, einen neuen Flughafen als Engpass- man das nicht so kleinmütig sehen, dass der Flug- szenario zu eröffnen. Das wird aber offensichtlich hafen, wie er da ist mit seinen Landebahnen, jetzt angestrebt, wenn Sie beispielsweise auf London- ersetzt wird durch den BER und dann können wir Heathrow verweisen, mit 80 Millionen Passagie- Tegel auch „wegschmeißen“, sondern die Funk- ren und zwei Pisten. Dort soll ja auch weiter aus- tion muss ersetzt werden. Diese Funktion muss er- gebaut werden. Zum Gutachten von Dr. Paetow: setzt und natürlich auch weiterentwickelt werden, Was die rechtlichen Fragen angeht, bitte ich, sich das ist völlig klar. Die Funktion von Tegel ist mit Juristen zu unterhalten. Ich bin Ingenieur und Hauptstadtflughafen, die von BER wird Haupt- ich fange nicht an, rechtliche Fragen zu beurtei- stadtflughafen sein – mit den entsprechenden Be- len. Ich sage zum Thema der Kapazitäten nur so lastungen für einen solchen Flughafen. Die Belas- viel: Ich will auch hier nicht in den Expertenstreit tungen, operativ meine ich jetzt, sind spontaner eintreten, den konnten wir heute auch nicht lö- Politikverkehr, Geschäftsreiseverkehr, Großereig- sen. Bei der Frage, ob die Kapazitätsfrage lösbar nisse, die ja in der Hauptstadt Berlin durchaus ist oder nicht, lohnt es sich, wenn man schon kein stattfinden sollen, die ja gewollt sind, die den nor- Experte ist, der das errechnen kann, dass man ein- malen Ablauf natürlich durcheinander bringen fach die Plausibilität überprüft. Plausibilität heißt, und zusätzlich belasten. Und wenn wir jetzt da- wie machen es andere vergleichbare Flughäfen? von ausgehen, dass man vielleicht bei allem guten Der Flughafen Düsseldorf ist von der Struktur des Willen die Kapazitäten so „ausquetschen“ könnte, Aufkommens her ein vergleichbarer Flughafen. 50 dass es gerade noch so eben reicht – wie in Tegel Prozent Low-Cost-Verkehr. Aber selbst beim Flug- zurzeit. Es ist ja kein erfreulicher Zustand dort. hafen Frankfurt, wenn ich dort die Umsteigever- Wenn wir sagen, das ist die Vision, die wir jetzt kehre herausrechne, kann ich Vergleichbarkeit mitnehmen zum BER. Dann klappt das vielleicht

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herstellen. Und dann nenne ich jetzt ein Beispiel: Anträge zu stellen, die Ausbaustrategien zu entwi- Der Flughafen Frankfurt hat für die Sicherheits- ckeln und zu sagen, was für die zukünftige Ent- kontrolle, also für die originären Passagiere, die wicklung gebraucht wird. Wenn Berlin das nicht abfliegen und die Non-Schengen-Passagiere, die tut, wird die Entwicklung des deutschen Luftver- umsteigen, die müssen auch durch Sicherheits- kehrs an Berlin vorbeigehen – wie sie schon ein- kontrollen, also für etwa 20 Millionen Fluggäste mal mit der falschen Standortentscheidung 1996 190 Sicherheitslinien. Am Flughafenterminal T1 vorbeigegangen ist. Heute hätte Berlin 100 Millio- am BER – ich nehme die 25 Millionen Passagiere nen Passagiere und ein Drehkreuz. – wären das 12,5 aufgerundet 13 Millionen mal Jetzt komme ich zur Frage der „Verlagerung“: Ich zehn, würde bedeuten: Man braucht rund 130 Si- kann in allen Bundesverkehrswegeplänen seit den cherheitslinien für die Sicherheitskontrolle, vor- Neunzigerjahren nachlesen, dass man Kurzstre- handen sind aber 38. Nur um mal deutlich zu ma- ckenverkehr auf die Schiene verlagern will. Das chen, wo die Defizite sind. Und die bestehen auch gleiche gilt für die Landesentwicklungspläne, in in anderen Bereichen. Das ist genau das Problem, denen Flughäfen vorkommen. Eine richtige Er- das kann man sich natürlich vorher durch Gutach- kenntnis, nur sind darin keine Handlungsoptio- ten „gesund rechnen“. Die Frage ist nur, ob es ge- nen enthalten. Es wird aber nur davon gespro- sund ist, sich „gesund zu rechnen“. Das bestreite chen. Die Bahn hat das Angebot nicht. Ich hätte ich. heute um 4.00 Uhr aufstehen müssen, um gegen Zum Thema „Betriebsbeschränkungen“ am Flug- 11.00 Uhr hier zu sein, dass wollte ich mir nicht hafen Tegel: Es ist richtig, das ist meine Empfeh- zumuten. Also bin ich gestern gekommen. Weil lung. Wenn man schon feststellt, dass man von die Bahn, die früher mal 3,5 Stunden von Frank- der Kapazität her mit dem Flughafen BER nicht furt bis Berlin gebraucht hat, im Moment über 5 zurechtkommt – wie Prof. Giemulla richtig gesagt Stunden benötigt. Ich bin kürzlich 550 km von hat, ist Tegel der einzig operativ verfügbare Flug- Karlsruhe nach Paris gefahren – die gleiche Stre- hafen, mit dem eine Entlastung erreicht werden cke in 2,5 Stunden. Also da sieht man die Unter- könnte – dann muss ich mir überlegen, wie ich schiede. Deshalb ist es im Moment mit der Bahn den Verkehr in Segmente aufteile, welchen Ver- nicht so toll. Es müssen andere Möglichkeiten ge- kehr ich über Tegel abwickle. Und da kann ich funden werden. Ich halte nichts davon, etwas zu mir durchaus vorstellen, am Flughafen Tegel nur verbieten. Erstens ist das nicht durchsetzbar, noch Flugzeuge des Regionalverkehrs abzuwi- zweitens rechtlich fraglich. Drittens denke ich, ckeln. Da komme ich zur nächsten Frage: Regio- dass wir an erheblichen Widerständen, auch bei nalverkehr heißt, ich brauche nicht die lange Ihnen in den Gremien, scheitern. Und deshalb bin Piste. Zweitens bedeutet das: Es sind kleinere ich eher der Auffassung, dass man Steuerungsin- Flugzeuge, 50 Tonnen Startgewicht. Drittens: Die strumente in der Form nutzen müsste, dass der, Betriebszeiten bei dem Verkehr liegen zwischen der unbedingt fliegen muss, dann auch mehr be- 7.00 und 21.00 Uhr. Das heißt, es muss noch nicht zahlen muss. Wer nicht fliegen muss, der kann ja einmal in der Nacht oder in Nachtrandstunden ge- mit der Bahn fahren und zahlt weniger. Das heißt, flogen werden. Deshalb bin ich der Auffassung, dass die Preisunterschiede deutlicher werden dass man mindestens eine massive Lärmentlas- müssen. Fliegen muss zumindest auf der Kurzstre- tung – ich habe eben etwas anderes dazu ausge- cke teurer werden als der Bahnverkehr. Besten führt – am Flughafen Tegel, die ich auch für rich- Dank. tig und für notwendig halte, herbeiführen kann. Vorsitzender: Prof. Bouteiller, an Sie sind auch Aber man kann auf der anderen Seite durch Ver- zwei Fragen gestellt worden, bitte. teilung etwas erreichen. Da stimme ich Prof. Giemulla nicht zu. Wir werden in Deutschland Prof. Dr. Philipp Bouteiller (Tegel Projekt GmbH): spätestens 2030/2035 an die Grenzen des Wachs- Vielen Dank Herr Vorsitzender. Zunächst der Abg. tums bei den großen Flughäfen kommen, die dann Simon hatte gefragt, wie es mit den Mehrkosten wieder ausgebaut werden müssen. Deshalb kann bei weiterer Verzögerung aussehe. Das sind vor al- ich als Planer, der 35 Jahre im Geschäft ist, den lem die Personalkosten der Gesellschaft und die Flughäfen nur empfehlen, heute anzufangen, die weiteren Planungskosten. Wobei das bei einer

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Verzögerung keine verlorenen Kosten wären, son- alleiniger Eigentümer. Trotzdem bestehen dort dern wir machen einfach im Planungsfortschritt enge Kooperationen mit verschiedenen Bundesmi- weiter. So wie wir das auch jetzt tun: Wir machen, nisterien und wir planen auch gemeinsame Pro- was wir sowieso gemacht hätten, auch wenn wir jekte umzusetzen, Forschungsprojekte, experi- schon längst auf dem Flughafen wären. Wir berei- mentelles Bauen etc.. Das könnte eine ganz span- ten die ganzen Infrastrukturen, die Erschließun- nende Geschichte werden, auf die sich beide Sei- gen etc. vor. Viel gewichtiger sind damit die Op- ten sehr freuen. Ein Nachsatz vielleicht noch: Ich portunitätskosten, also das, was Berlin dadurch bin kein Jurist, ich komme aber aus einer ausge- entgeht, dass wir eben keinen leistungsfähigen prägten Juristenfamilie. So habe ich schon früh als Großflughafen mit den Direktverbindungen haben, Kind erfahren, dass viele juristische Diskussionen was eines der größten Wachstumshemmnisse für eher theoretischer Natur sind. Herr Prof. Giemulla die Stadt ist. Und was wir an industriellen und hat eben den Begriff der juristischen Fiktion be- Arbeitsplatzimpulsen und auch den Wissen- nutzt, ich fand das sehr schön. Wir haben uns na- schaftsimpulsen durch die Nachnutzung verlie- türlich diese Gutachten auch alle angeschaut und ren, würde ich als viel entscheidender bewerten. die haben recht. Natürlich können Entscheidun- gen rückgängig gemacht werden und wenn der po- Dann fragte der Abg. Gelbhaar noch einmal, was litische Wille da ist, kann man ganz viel tun. Nur denn mit Wohnen auf dem Gelände sei. Vielen muss man sich dabei auch an rechtsstaatliche Dank für diese Frage. Das ist das zweite Großpro- Grundsätze halten, das sind langwierige Verfah- jekt, das ich vorhin ansprach. Wir planen nämlich ren, über die wir hier reden. Die werden dann auf einer Fläche von rund 50 Hektar über 5.000 auch beklagt und es zieht sich in die Länge. Was Wohneinheiten für über 10.000 Menschen. Das ist in der Diskussion immer ausgeblendet wird, ist kein ganz normales Quartier, wie Sie es kennen, dass in der Zwischenzeit der BER aufgemacht hat, also nicht der normale Siedlungsbau, den man Tegel geschlossen wurde. Daran lässt sich erst ein- vielleicht am Stadtrand realisieren würde, son- mal nichts ändern. Wenn Tegel zu ist, ist er zu. dern es soll eben ein gemischtes urbanes Quartier Sie kriegen ihn nie wieder auf. Und deswegen an werden: autofrei, nachhaltig, viel Holzbau, sozial dieser Stelle auch noch einmal die leider sehr gemischt. Auch dazu gibt es umfangreiche Kon- harte Nachricht auch an die juristische Fraktion: zepte bis hin zu Fragen der Biodiversität. Wir ha- Dieser „Drops ist gelutscht“. Schauen Sie in die ben eine Studie zum Animal-Aided-Design ge- Zukunft! macht, um zu untersuchen, ob es in der Stadt durch gezielte kleine Tricks in der Bauumsetzung Vorsitzender: Vielen Dank, Herr Beisel bitte. nicht möglich ist, für bedrohte Tierarten Habitate Ralph Beisel (ADV): Ich wurde nach der Zukunft zu schaffen. Ja, es geht mit relativ wenig Auf- des Flughafens BER gefragt und es ist absolut be- wand, sodass wir das Ziel haben, dass die Bio- rechtigt, dass Sie diese Frage stellen. Am Ende des diversität bei dem Projekt hinterher größer ist als Tages geht es hier um die Entwicklung eines Infra- vorher. Das ist eine ganz spannende Geschichte. strukturgroßprojektes. Und Sie wollen natürlich Insgesamt ist die Bauindustrie einer der Hauptver- bei einem Flughafen auch schauen, dass das, was ursacher von CO2-Emissionen. Auch da wollen dann tatsächlich am Ende des Tages zur Verfü- wir ran, sowohl in der Materialität als auch in den gung steht, bedarfsgerecht ist. Fangen wir erst ein- Prozessen. Also vieles wird dort erprobt, was wir mal mit dem Infrastrukturgroßprojekt an. Wenn tun müssen, um in Zukunft bessere Städte bauen man Infrastruktur in Deutschland heute entwi- zu können. Das ist ein globales Problem. Wir ha- ckeln will, ob Bahntrasse, Flughafen, was auch ben schon als deutsche Industrie bewiesen, dass immer, dann muss nach dem Gesetz auch ein Be- wir in der Umwelttechnik führend sind. Diesen darf begründet werden. Es muss eine Bürgerbetei- Vorsprung sollten wir nicht leichtfertig aufgeben, ligung an einem Planungsvorhaben geben. Gegen- sondern auch lokal weiter erproben und umset- über den Behörden sind die Grundlagen des Pro- zen. Da bestehen riesige Potenziale. Zwei Drittel jekts darzulegen und am Ende steht nach einer der Flächen werden durch die BImA verwaltet ausgiebigen Öffentlichkeitsbeteiligung, die im und gehen Ende nächsten Jahres im Rahmen des Luftverkehr mit den Flugrouten sehr schwierig ist, Hautstadtfinanzierungsvertrages vollumfänglich ein Planfeststellungsbeschluss. Würden wir jetzt an das Land Berlin über. Dann ist das Land Berlin

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bei diesem Infrastrukturprojekt alles wieder „auf- lieber Herr Faulenbach da Costa, Sie sagen, der machen“ und vom Konzept des Single-Airport ab- Flughafen werde nach einem Engpassszenario er- weichen, dann hätten wir gegen die Prinzipien ei- öffnet. Nein! Der Flughafen wird so eröffnet, dass ner Öffentlichkeitsbeteiligung bei einem Infra- er bedarfsgerecht ist. Es gilt das Prinzip der Nut- strukturgroßprojekt verstoßen. Es gibt aber noch zerfinanzierung. Keine Airline würde einen über- ein anderes hohes Rechtsgut: Wir haben eine dimensionierten Flughafen akzeptieren und damit Planfeststellung für diesen Flughafen BER, die bis vorgehaltene Kapazitäten, die zu höheren Entgel- zum Bundesverwaltungsgericht durchgeklagt ten führen. In jedem Konsultationsausschuss für wurde. Ein Vorhabenträger, der so etwas hat, setzt Flughafenentgelte muss eine Infrastrukturplanung das nicht leichtfertig aufs Spiel. Selbst wenn er dargelegt werden. Die Airlines prüfen, die Be- der Meinung ist, es gehe heute alles viel besser, hörde genehmigt. Das muss sachgerecht sein und man verfüge heute über die Weisheit, in der Stadt einen Kostenbezug haben. Und auch darin sehe seien zwei Flughäfen besser als einer. Das gefähr- ich eine bedarfsgerechte, angemessene Flughafen- det man nicht und bleibt auch als Vorhabenträger planung am BER. glaubwürdig in der Argumentation gegenüber den Vorsitzender: Herr Lütke-Daldrup, an Sie wurde Anwohnern und der Öffentlichkeit. auch eine Frage gerichtet. Jetzt wird das ein Drehkreuz. Eine ganz span- Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke-Daldrup (FBB nende Frage: Was für einen Luftverkehr werden GmbH): Ich will noch einmal den Aspekt des Digi- wir haben? Mein Herz weint, wenn ich sehe, dass tal Hubs, den Herr Beisel gerade angesprochen 120 Langstreckenflüge Paris in die Welt verbin- hat, aufgreifen. Der besteht darin, dass eine Infra- den. In London ist es fast die gleiche Zahl: 122. In struktur vorgehalten wird, die durchaus transfer- Madrid sind es 60, in Rom 50. In Berlin haben wir fähig ist, zum Beispiel eine leistungsfähige Ge- 8 Langstreckenflüge. Wenn man Drehkreuzflugha- päckförderanlage im Terminal T1. Sie wird dazu fen sein will, braucht man eine Drehkreuz-Airline. beitragen, dass bei Point-to-Point-Verkehren im- Hat man die nicht – Sie wissen was mit der Air mer mehr Umsteigebeziehungen generiert werden, Berlin geschehen ist! –, arbeitet man nach dem die über digitale Plattformen organisiert werden. Point-to-Point-Prinzip. Da gibt es mittlerweile Insofern wird das klassische Hub-Konzept, was auch schon so etwas wie Umsteigerelationen. Des- Sie vielleicht aus Frankfurt oder München ken- halb macht es auch weiterhin Sinn, den Verkehr nen, in Berlin und anderen Standorten durch digi- an einem Standort zu bündeln. Heute gehen die tale Hub-Angebote ergänzt werden. Das ist eine Passagiere online zu den zwei großen Airlines am große strategische Möglichkeit, auch für Berlin Flughafen BER, easyJet und Ryanair, und buchen mehr Langstreckenverkehr zu generieren. Zweiter selbst geplante Relationen: fliegen nach Berlin Punkt: In der Kapazitätsdebatte, die hier geführt rein und weiter nach Osteuropa. Aber das ist et- wird, wird unterstellt, dass wir mit niedrigem Ser- was anderes, das ist ein europäischer Umsteige- vice-Level am BER arbeiten würden. Wir reden flughafen, den wir haben, weshalb es Sinn macht, am BER nicht über Verhältnisse wie in Tegel. den an einem Standort zu konzentrieren. Wenn Tegel ist konzipiert worden für weniger als zehn Langstreckenflüge von Deutschland aus nur von Millionen Passagiere und leistet heute Großarti- einer Airline angeboten werden, die sich klar auf ges, indem dort 23 Millionen Passagiere, aller- Frankfurt und München beschränkt und das auch dings in sehr beengten infrastrukturellen Verhält- weiterhin so plant, dann braucht man Langstre- nissen abgewickelt werden. Am BER wurden bei cken-Airlines aus dem Ausland. Da kann das Ver- Terminal 1 und 2 IATA-Standards-Servicelevel- kehrsministerium Sie als Abgeordnete drängen, Optimum angesetzt und darauf habe ich die Kapa- dass es entsprechende Verkehrsrechteverhandlun- zitätsdaten benannt. Punkt drei: Sie haben nach gen gibt. Dann können Sie auch Langstreckenflüge der öffentlichen Personennahverkehrsanbindung nach Berlin holen, aber das ist dann eine ganz an- gefragt. Der wichtigste Punkt ist, dass es einen dere Thematik. Nach meiner Meinung ist dieser Bahnhof direkt unter dem Flughafen gibt. Es hat Flughafen, so wie er geplant ist und nach der Mas- uns auf der Baustelle unendliche Schwierigkeiten terplanung 2040, ein richtiger Flughafen, der in- gemacht, Eisenbahn- und Bauordnungsrecht und nerhalb von Point-to-Point-Verkehren richtig ge- die gesamten technischen Anforderungen zu har- plant und bedarfsgerecht ist. Und ganz ehrlich,

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monisieren. Das hat Jahre gedauert. Aber für den wenn man diese Entwicklung jetzt verändern Kunden ist es ein großer Segen. Vom Bahnhof, der wollte. Das bisherige Konzept beruht auf dem sechs Gleise und drei große leistungsfähige Bahn- Konsensbeschluss. Aber damit hört es nicht auf. steige hat, ist man mit zwei Rolltreppen an der Die Länder Berlin und Brandenburg haben auf Ankunft, mit drei Rolltreppen und wenigen dieser Grundlage im Jahre 2003 das Landesent- Schritten am Abflugbereich. Das hat kein Flugha- wicklungsprogramm beschlossen, welches das fen in Deutschland. Wir sind stolz, dass wir das Konzept eines Single-Flughafens festschreibt. Die am Ende ans Netz bringen werden. Deshalb ist es Parlamente beider Länder haben durch Gesetz die- am BER möglich, im Jahr 2020 14 Züge in der sem Programm zugestimmt. Auf der Grundlage Stunde abzufertigen. Wir werden das 2022 um des gesetzlich vorgeschriebenen Landesentwick- weitere Züge ausdehnen. Und 2025 ist endlich die lungsprogramms sind in beiden Ländern überein- Dresdener Bahn fertig, was in der Tat viel zu lange stimmende Rechtsverordnungen erlassen worden. gedauert hat. Dann gibt es einen Airport-Express, Das ist der Landesentwicklungsplan Flughafen- der nicht mehr 30, sondern 20 Minuten vom standortentwicklung, der nun das System eines Hauptbahnhof braucht, und in 13 Minuten am Single-Airports auf den BER festschreibt. Das ist Südkreuz ist. Das ist eine sehr leistungsfähige An- die Grundlage für den Planfeststellungsbeschluss bindung und es wird kein Vergleich zu dem Zu- BER, der 2004 ergangen ist. Auf derselben Grund- stand sein, mit dem wir in Tegel seit vielen Jahren lage hat das Bundesverwaltungsgericht 2006 die- leben müssen: ohne Schiene, mit Bussen, die im sen Planfeststellungsbeschluss bestätigt. Der ist Stau stehen, und anderen Problemen. Weiterhin seitdem bestandskräftig. Die Entscheidungen des wird es am BER ein leistungsfähiges Expressbus- Bundesverwaltungsgerichts sind nach Entschei- system geben, was die BVG betreiben wird, was dung des Bundesverfassungsgerichts rechtskräftig auch die U 7 anbinden und die Terminalstandorte geworden. verbinden wird. Es wird darüber hinaus weitere Das zweite ist, dass auf der Ebene darunter alle Produkte aus den regionalen Bussystemen geben. Genehmigungen – will ich mal zusammengefasst Also insgesamt alle 10 Minuten eine S-Bahn, die sagen –, die für den Flughafen Tegel galten, recht- am BER unter dem Terminal hält, viele Regional- lich beseitigt worden sind. Auch diese Entschei- bahnen, eine ICE-Verbindung von Rostock über dungen sind alle beklagt worden. Alle Klagen sind den BER nach Dresden – und die Bahn kann noch entschieden worden, sodass heute bestandskräftig mehr tun. Wenn die Bahn es ernst meint, inner- und rechtskräftig feststeht, dass mit der Inbetrieb- deutsche Flugverkehre zu ersetzen, dann hat sie nahme vom BER Tegel geschlossen werden muss. am BER ideale Möglichkeiten mit einem hochleis- Das beantwortet noch nicht die Frage, ob man das tungsfähigen Bahnhof, noch viel mehr Produkte korrigieren kann. Ich würde nie so weit gehen, zu anzubieten, die uns helfen, den Kunden am Ende sagen, dass es Situationen geben kann, in denen einen ÖPNV-Anteil von 70 Prozent und eine sehr eine solche Korrektur notwendig sei. Also stelle leistungsstarke und -fähige Verbindung anzubie- ich mir die Frage, wenn man das heute korrigieren ten. Wir starten mit einem ÖPNV-Anteil von 60 wollte, was müsste dann geschehen. Man müsste Prozent. Frankfurt oder Düsseldorf, zwei große alle rechtlichen Schritte, die Zug um Zug entstan- deutsche Flughäfen, haben einen Nahverkehrsan- den sind, rückgängig machen. Es gibt in dem Mo- teil von unter 30 Prozent. Allein an dieser Zahl ment keine gewidmete Flughafenfläche in Tegel können Sie erkennen, welche leistungsfähige Inf- mehr, wenn der BER in Betrieb geht. Also wäre rastruktur wir vorhalten werden. Ich freue mich das erste, Sie müssten nach Kündigung aller Ver- darauf, dass wir es im Oktober 2020 auch dann abredungen mit dem Land Brandenburg, eine zeigen können. Herzlichen Dank. neue Widmung für eine Flughafenfläche auf dem Vorsitzender: Danke. Als letzter in der Runde der jetzigen Gelände von Tegel schaffen. Wie soll das Sachverständigen, Herr Kipp, bitte. aussehen? Es ist gesagt worden – jetzt kommt der ganze Vertrauensschutz/Bestandsschutz ins Spiel Jürgen Kipp (Präsident a.D. OVG Berlin-Branden- – die Bewohner in der Umgebung von Tegel muss- burg): Herr Vorsitzender, meine Damen und Her- ten über Jahrzehnte hinnehmen, dass sie ohne ren, vielen Dank. Die Frage an mich lautetet: wel- eine Planfeststellung dieser Belastung ausgesetzt che rechtlichen Hindernisse zu beachten wären, waren. Das ist immer als erträglich angesehen

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worden, weil es hieß, dass Tegel in absehbarer zeiten dieser Klageverfahren in Rechnung zu stel- Zeit außer Betrieb gehen wird. Wenn Sie das jetzt len. Mein Resümee: Nichts ist unmöglich. Man korrigieren, wird es – meiner Meinung nach, könnte solche Schritte einleiten, aber man käme schon aus Verfassungsgründen – nicht möglich in ein planungsrechtliches Katastrophenszenario, sein, die Bewohner der Umgebung von Tegel er- was man sich nur dann zumuten sollte, wenn es neut einer solchen Fiktion auszusetzen. Das be- unumgänglich nötig ist. Das ist aus meiner Sicht deutet, Sie müssten dann ein komplett neues nicht der Fall. Vielen Dank. Planfeststellungsverfahren für den Weiterbetrieb Vorsitzender: Herzlichen Dank an alle Sachver- von Tegel durchführen. Wie lange dauert ein ständigen. Ich fand die Anhörung sehr erhellend. Planfeststellungsverfahren? Selbst wenn Sie das Ich will aber auch die Gelegenheit nutzen, mich wollen, das wissen Sie alle, wie lange wir bei un- beim Publikum zu bedanken. Ich finde angesichts seren rechtstaatlichen Maßstäben, die ich nicht dessen, dass das Thema viele sicherlich emotional kritisiere, unter Geltung des Europarechts brau- sehr umtreibt, haben Sie das – bis auf kleine Aus- chen würden, um eine solche neue Planfeststel- nahmen – mit großer Disziplin durchgehalten. lung für Tegel fertigzustellen. Da muss man ganz Herzlichen Dank und alles Gute! klar sagen: Jeder dieser Schritte, wenn Sie ihn denn wollten, würde beklagt werden. Das ist un- umgänglich. Sie haben also auch noch die Lauf-

Schluss der Sitzung: 13:02 Uhr

Cem Özdemir, MdB Vorsitzender

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Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Zusammenfassung der Stellungnahmen Öffentliche Anhörung am Mittwoch, 11. Dezember 2019, 11:00 Uhr im Saal E.600 des Paul-Löbe-Hauses

A-Drs. 19(15)295-A Seite 1 Klaus Dietrich Bürgerinitiative „Tegel endlich schließen“

A-Drs. 19(15)295-B Seite 4 Dieter Faulenbach da Costa fdc Airport Cunsulting

A-Drs. 19(15)295-C Seite 19 Prof. Dr. jur. Elmar Giemulla Honorarprofessor für Luftverkehrsrecht (TU Berlin),

A-Drs. 19(15)295-D Seite 20 Rainer Teschner-Steinhardt Bezirksamt Neukölln von Berlin

A-Drs. 19(15)295-E Seite 22 Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke-Daldrup Flughafen Berlin Brandenburg GmbH

A-Drs. 19(15)295-F Seite 25 Ralph Beisel Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV)

Stand: 11. Dezember 2019

Stellungsnahme zum Antrag der FDP Bundestagsfraktion „Tegel offen halten – Für Berlin und Deutschland“ Drucksache 19/13101

Mit dem Entschließungs-Antrag 19/13101 will die FDP erreichen, dass der Flughafen Berlin Tegel (TXL) parallel zum BER wegen angeblichem Kapazitätsmangel weiter betrieben werden soll. Um das zu erreichen fordert sie die Bundesregierung auf, den Konsensbeschluss von 1996 (Single- Airport BER) der Gesellschafter der FBB einseitig aufzukündigen.

Wir appellieren an die Fraktionen im Bundestag, diesen Antrag abzulehnen.

Aus Sicht der Bürgerinitiativen ist die Tegel-Frage keine rein rechtliche, sondern hat insbesondere eine politische Relevanz. Nicht alles, was rechtlich möglich wäre, ist auch zweckmäßig. Nicht zuletzt geht es um die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit von Politik. Mit dem Konsensbeschluss 1996 verbunden war das Versprechen, die 300.000 durch den Flughafen Berlin Tegel (TXL) vom Fluglärm, giftigen Kerosinabgasen und Sicherheitsrisiken betroffenen Bürger davon zu befreien.

- Was die Aufkündbarkeit des Konsensbeschlusses betrifft, so hat die Bundesregierung auf zwei Kleine Anfragen der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 01.09.2017 Drucksache 18/13474 sowie vom 17.05.2018 Drucksache 19/2203 gleichlautend geantwortet: „Die Bundesregierung steht zum Konsensbeschluss von 1996. Die (FBB) Gesellschafter Brandenburg, Berlin und der Bund sind sich einig, dass sie diesen Konsensbeschluss von 1996 gemeinsam getroffen haben und auch nur gemeinsam ändern können“.

Wir gehen davon aus, dass diese Aussage weiterhin Gültigkeit hat, schließlich haben sich die Randbedingungen seit der letzten Stellungnahme nicht verschlechtert, sondern verbessert. Wie sonst soll sich Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit von Politik manifestieren?

Auch wenn sich die Gutachten in einigen Passagen unterscheiden, so besteht letztlich Übereinstimmung darin, dass die notwendigen Entscheidungen immer nur im Konsens aller Gesellschafter sowie auf der Landesebene getroffen werden müssen. Ein solcher Konsens ist aber nicht gegeben.

- Die „Tegel-Befürworter“stilisieren das vermeintliche Kapazitätsproblem am BER gerne zur Kernfrage, weil es keine wirklich sachliche Begründung ihrer Anträge zur Offenhaltung des Flughafens TXL gibt. Mangels echter Sachargumente wurde ja auch die Kampagne zum Volksbegehren in Berlin stark emotionalisiert. Das die Anrainer sich angeblich nicht vom Tegel- Lärm belästigt fühlen ist rein subjektives Empfinden, da die gesundheitlichen Probleme gar nicht damit in Zusammenhang gebracht werden. In vielen Fällen ist diese Aussage auch ganz anders motiviert, wie wir an unseren Infoständen feststellen konnten.

Mit Verweis auf das „Double-Roof-Konzept“ und den Masterplan 2040 stellt sich aus unserer Sicht das Kapazitätsprobelm am BER langfristig nicht, auch wenn die Umsetzung des Masterplans durch Beschluss des OVerwG BB verzögert würde. Der Gutachter Dr. Paetow sagt dazu: Ohne Nachweis eines nachhaltigen Kapazitätsengpasses am BER ist jeder Beschluss zur dauerhaften Offenhaltung von TXL rechtswidrig. Darauf würden wir uns berufen, wenn es notwendig sein sollte. Der angebliche Bedarf ist mit den Planzahlen der Billigfluggesellschaften identisch, was sich aus deren Businessplänen ablesen lässt. Es gilt das Marketing-Prinzip: Angebot schafft Nachfrage.

1 Das trifft aber auch umgekehrt zu, wie man aus dem täglichen Verkehrschaos ableiten kann: Die fehlenden ÖPNV/Fernverkehrs-Angebote schaffen Individualverkehr.

Die eigentliche nachhaltige Lösung des vermeintlichen Kapazitätsproblems liegt in der Hand der Politiker. Auch dazu besteht zwischen allen Gutachten Einigkeit. Das TXL- und das Flugverkehrsproblem insgesamt ist letztendlich ein politisches. Hier ist politischer Gestaltungswille gefordert unter Berücksichtigung aller Aspekte, ökologisch wie ökonomisch. Als erstes Stichwort sei der innerdeutsche Flugverkehr mit 30% Anteil aufgelistet (gemäß ADV Statistik).

- Zum drohenden Verkehrschaos am BER als „Argument“ für die Offenhaltung von TXL stellen wir mehr als verwundert fest, dass die Antragsteller allen Ernstes einen innerstädtischen Flughafen, mit all seinen negativen Auswirkungen offen halten wollen als Lenkungsmaßnahme für die Verkehrprobleme in Berlin. Das „Gutachten“ der IHK Cottbus gibt klare Handlungsanweisungen dazu, wie man solche Probleme eigentlich beseitigt.

- Wir können überhaupt nicht nachvollziehen, warum die Schliessung des TXL sich negativ auf das Touristen-Aufkommen in Berlin auswirken soll. Der TXL hat bei den Touristen ein äußerst negatives Image und genießt als „Willkommens-Portal“ einen sehr fragwürdigen Ruf (siehe „List of 100 worst Airports of the World“). Die Touristen haben ganz andere Motive nach Berlin zu kommen und werden sich nicht dadurch aufhalten lassen, dass sie am BER landen müssen.

- Tegel als Airport der kurzen Wege kann/muss eher so interpretiert werden: Am TXL sind die Wege zur nächsten Warteschlange (mit bis zu 2 h Aufenthalt) tatsächlich kurz. Aber Sie wissen sicherlich von Ihrem Navigationsgerät, dass die kürzesten nicht immer die schnellsten Wege sind. - Rund um den TXL werden bei seinem Weiterbetrieb kaum neue Arbeitsplätze entstehen. Es würden ausschließlich die typischen Dienstleistungsbereiche, mit den meistens schlecht oder unterbezahlten Jobs erhalten bleiben. Die Entwicklung der Beschäftigung im Tourismusbereich wird durch die Schließung des TXL nicht beeinflusst. Durch den Weiterbetrieb würde jedoch die Entstehung mehrerer 10.000 moderner und innovativer Arbeitsplätze, auch im Produktionsbereich, verhindert (Urban-Tech-Republic). Eine Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom krisensensiblen Tourismus wird dadurch eher nicht erreicht. Der Beschluss für den Ausbau der Siemensstadt ist mit Sicherheit insbesondere im Hinblick auf die Schließung des TXL gefallen.

- Im Infrastruktursektor kann davon ausgegangen werden, dass in erster Linie das tägliche Verkehrschaos um den TXL erhalten bleiben würde (man höre die stündlichen Horrormeldungen im Radio). Der Bau von 10.000 Wohnungen im unmittelbaren Umfeld und 30.000 Wohnungen in der weiteren Umgebung des TXL wird verhindert bzw, weiter blockiert. Im TXL Kiez wird sich die Wohnqualität noch weiter verschlechtern.

- Der Vergleich mit den genannten Städten, als „Nachweis“ der Notwendigkeit für den Weiterbetrieb des Flughafens TXL als Entlastungs- oder Ausweichflughafen ist unsinnig. Der Einzugsbereich für TXL ist um ein Mehrfaches geringer als der von New York, London (25 Mio.), Paris (18 Mio.) oder anderen Städten. Gemäß ADV generiert das derzeitige Flughafensystem in Berlin sein Passagieraufkommen zu einem großen Teil aus Berlin. Dies war ja schließlich auch eine Begründung für die Standortentscheidung Schönefeld. Laut ICAO Reglement sind Leipzig und Hannover als Ausweichflüghäfen zugelassen. Ein metereologisch begründetes Ausweichen

2 ist immer rechtzeitig bekannt und für das technisch begründete Ausweichen verfügt der BER über zwei unabhängige Rollbahnen.

- Der Weiterbetrieb des TXL würde dem BER jede wirtschaftliche Basis entziehen, weil die Fluggesellschaften den TXL bis an seine Kapazitätsgrenzen weiter nutzen und damit 23 Mio. PAX vom BER fernhalten würden. Gemäß einer Stellungnahme der Berliner SenUVK auf eine entsprechende Anfrage der BI hat die oberste Luftfahrtbehörde keine Möglichkeiten, dies zu verhindern.

- Die geforderten Finanzmittel für die Sanierung des TXL sind reine Verschwendung von Steuergeldern. Sie sollten besser für die wirtschaftliche Umstrukturierung genutzt werden.

Als Randbermerkung sei erlaubt: Wenn die Westberliner es wirklich so gemeint haben, dann wollen sie vom BER als „sibirischen“ Flughafen gar nicht fliegen. Worüber reden wir hier eigentlich?

Da sachlich nicht begründbar und deshalb nur aus Image-, Prestige oder Bequemlichkeitsgründen einen zweiten Flughafen innerhalb der Stadtgrenzen mit mehr als 300.000 von Lärm und Gesundheitsschäden betroffenen Bürgern weiter zu betreiben, ist mehr als nur vermessen.

Mit freundlichem Gruß

Klaus Dietrich Janik Feuerhahn Sprecher im Bündnis „Tegel schliessen – Zukunft öffnen“

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Offenbach, den 02.12.2019

Anhörung Verkehrsausschuss des Bundestags am 11.12.2019 zum Thema Flughafen Tegel

C onclus io

Der Flughafen Tegel wird zur Deckung der Nachfrage auch nach 2020 benötigt. Es ist aber nicht empfehlenswer t in- nerhalb der Stadt einen Flughafen zu betreiben und we nn ein Flughafen betrieben wird, sollte eine betrieblic he R e- gelung rigorose Gewichtsbeschränkung auf bspw. 50 T on- nen MTOW und eine Flugbetriebszeiten von 7 Uhr bis 21 Uhr festlegen.

Das seit 2007 absehbare planerische, bauliche und kapa- zitive Desaster wird, selbst bei einer Inbetriebnahme de s BER im Oktober 2020, den Weiterbetrieb des Flughafe ns Tegel erzwingen. Selbst bei pünktlicher Fertigstell ung des im Bau befindlichen T2 werden die Terminals T1, T2 und T5 nicht in der Lage sein, die 2020 bestehende Nachfrage gemäß mit einem IATA Service Level B (PFB S. 459) zu bedienen. Spätestens 2025 wird eine 3. Piste benötigt.

Entgegen der Planfeststellung (S. 409), die Passagi er- und Frachtabfertigung zwischen den beiden Bahnen zu konzentrieren, soll vorerst das, was bisher die Entwic k- lung störte – die Aufteilung auf verschiedene Terminal- standorte – weiter betrieben werden, mit unzureichenden Kapazitäten.

Bereits 2012 habe ich, in einem Gutachten für die CDU- Landtagsfraktion in Brandenburg, auf die fehlenden K apa- zitäten verwiesen und Lösungsstrategien – Satellitenair- ports in Neuhardenberg und Cottbus – verwiesen. Die da- für notwendigen Änderungsverfahren des G-LEP wurden nicht eingeleitet, sodass 2020 mit dem Flughafen Te gel lediglich ein zusätzlicher betriebsbereiter Flughafen be - reitsteht. Ohne den vorläufigen weiteren Betrieb des F lug- hafens Tegel wird der Berliner Luftverkehrsmarkt in S pit- zenzeiten noch deutlichere Einbrüche erleben, als es

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heute schon an der Tagesordnung ist. Luxus in den W ar- teräumen, qualvolle Enge in der Passagierabfertigung.

Vorbemerkung

Flughäfen sind Lärmmaschinen. Die gehören nicht in die Städte und nicht in die Ballungsräume. Liegen Flugh äfen in Städten oder in Ballungsräumen hemmt diese Lage die Entwicklung des Flughafens und der Region. Selbst d ie bisher nachweisbaren behördlichen und gerichtlichen Ent- scheidungen – „der Lärm ist schwerwiegend, aber nic ht unzumutbar.“ Trotz dieser Zumutung für die Flughafe n- nachbarn bleiben auch die Flughäfen nicht von Restr iktio- nen verschont. So hemmen die Aussagen der jeweils z u- ständigen Politik, dass es keine weitere Piste gebe n wird, die Entwicklungsperspektiven des jeweiligen Flughafe ns. Die Zusagen der Lärmminderung ändern daran nichts. Mit der Mediation am Flughafen Frankfurt war der Ausbau des Flughafens untrennbar mit der „Mediationsnacht“ und dem „Anti-Lärm-Pakt“ verbunden. Der ausgebaute Flughafe n ging 2011 in Betrieb. Die „Mediationsnacht“ mussten die Kläger erstreiten und vom „Anti-Lärm-Pakt“ ist bis he ute keine wirksame Maßnahme umgesetzt.

Th esen

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ziele der vorliegende Beschlussvorschläge lassen sich trotzdem ge- meinsame Details herausfiltern, zu denen ich nachfo l- gende Thesen formuliere.

Vorausgeschickt werden sollte, dass der ehemalige Staatssekretär im Verkehrsministerium 1991 als Lufthan- sachef das zergliederte und wenig leistungsfähige d e ut- sche Luftverkehrssystem durch einen leistungsfähigen Standort für einen Großflughafen (6 Pisten, 80 Millio nen Passagiere pro Jahr, 4 Mio. Tonnen Fracht Jahr und 800.000 Flugbewegungen pro Jahr) im 40 km Umkreis um den Großen Stern zukunftsfähig machen wollte. Der a us dem Verfahren hervorgegangene Standort Sperenberg

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hätte zu einem Großflughafen in der deutschen Haupt s tadt geführt auf die wir heute neidvoll in Istanbul, oder D ubai schauen. Bei Verwirklichung des Standorts Sperenber g wäre Berlin heute das deutsche Drehkreuz mit rund 100 Mio. Passagieren.

Ab 2035 ist damit zu rechnen, dass in Deutschland d ie Position des primären Drehkreuzes zur Disposition ste ht. Frankfurt wie München werden ihre Kapazitätsgrenzen überschritten haben. Weitere Ausbauten dieser Flugh äfen werden heute ausgeschlossen. Ein Berliner Luftverke hrs- markt mit einem ebenfalls nicht ausbaubaren Flughafen BER – eine 3. oder 4. Piste wird von den zuständigen Lan- desregierungen ausgeschlossen. Ein Flughafensystem des Flughafens BER mit dem Flughafen Tegel ist weder ka pa- zitiv noch perspektivisch in der Lage diese Funktio n zu übernehmen.

Für das bis heute manifeste Desaster am BER sind we der das Planungsrecht noch das Baurecht verantwortlich. D ie Verantwortung liegt in der mit dem Konsensbeschluss ge- troffenen Standortentscheidung, dem Unvermögen der Planer, der fehlenden Sachkenntnis beim Bauherrn und der unzureichenden politischen Aufsicht.

1. Konsensbeschluss

Der Konsensbeschluss von 1996 belegt die Einflussna hme der Politik auf Standortentscheidungen und Projektg röß e. Aus dem ursprünglich geplanten Großprojekt als zent rale s deutsche Drehkreuz wurde ein „mittelgroßer“ Flughafen mit zwei Pisten zur Versorgung der regionalen Luftver- kehrsnachfrage. Im Raumordnungsverfahren wurde gena u diese Variante bewertet und der Standort Schönefeld als ungeeignet eingestuft. Er wird in einigen Jahren wi e de r ein städtischer Flughafen sein. Es mache aber keinen S inn innerstädtische durch einen Standort zu ersetzen, d e r in absehbarer Zeit in der Stadt liegen wird, so die Planer dam als.

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Diese Standortfehlentscheidung ist dann Ausgangspun kt der nachfolgenden Entwicklungen wie: scheitern der P ri- vatisierung, unerfüllbare Lärmschutzauflagen, Nacht flug- beschränkungen, planerisches, bauliches und finanzie lles Desaster.

2. Verkehrsleistung/Verkehrsnachfrage

Mit dem ausgebauten Flughafen BER sollten laut PFB 2004 30 Mio. Passagiere abgefertigt werden. Laut einem q uali- tätssichernden Gutachaten der Intraplan Consult GmbH können mit den planfestgestellten flugbetrieblichen A nla- gen (Flugbetriebsflächen und Passagierterminal) bis zu 45 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden. D ie se s Passagieraufkommen würde ein Jahresaufkommen von rund 420.000 Flugbewegungen generieren.

Bereits 2030 dürfte dieses Aufkommen erreicht werden. Die Anlagen des BER dürften dazu nicht in der Lage se in. Bereits 2023 wird, unter schlechten Servicebedingun gen, die verfügbare Kapazität deutlich überschritten wer de n.

3. F lu glär m

Während beim Straßen- und Schienenlärm die Grenz- u nd Schwellenwerte nicht überschritten werden dürfen, o hne Maßnahmen wie Verkehrsbeschränkungen oder bauliche Maßnahmen auszulösen, ist die beim Luftverkehr nich t der Fall. Da erhalten die Betroffenen „Ohropax“.

Der Luftverkehr verlärmt bei Berücksichtigung seiner V er- kehrsleistung 80 x mehr Menschen als die Bahn und 200 x mehr Menschen als der Straßenverkehr. Dazu kommt, dass die Einzelpegel im Luftverkehr regelmäßig deut lich höher sind als im Schienen- und Straßenverkehr. Der pas- sive Lärmschutz wird aber nicht für Spitzenpegel, so nde rn Dauerschallpegel gewährt.

Aus planerischer Sicht ist nicht nachvollziehbar, w arum die Entlastung der Anwohner von Tegel sinnvoll sein s o ll,

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wenn gleichzeitig mit dieser Entlastung eine Verdre ifa- chung der Fluglärmbelastung der Anwohner in Schönefe ld einhergehen wird. Es mögen weniger betroffene Einwoh- ner sein, die gesundheitliche Folgen werden aber gr öß er s e in.

4. Arbeitsplätze

Flughäfen generieren Arbeitsplätze in Relation zum Ve r- kehrsaufkommen. Ein zusätzlicher Flughafen generiert folglich keine zusätzlichen Arbeitsplätze. Die mögl ic hen Arbeitsplätze verteilen sich auf die Flughafenstando rte.

Unter dem Gesichtspunkt der regionalwirtschaftlichen Ef- fekte hätte es sich gerade der Standort Sperenberg als idealer Flughafenstandort aufdrängen müssen. Die Ar - beitsplatzentwicklung in Berlin und dem Speckgürtel hat ja ohne den neuen Flughafen stattgefunden.

Dieter Faulenbach da Costa

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KA-100-Zusammenfassung In den nachfolgenden Kurzargu- verkehr am Flughafen, sowie zeitliche vergierendes Pistensystem – siehe AMS mentationen (KA) werden die Po- Betriebsbeschränkungen. – erforderlich. tenziale des aktiven Lärmschutzes KA-106 Flächennutzungspla- KA-110 Schutzzonen | Sied- beschrieben. nung lungsbeschränkung KA-101 Nachtflugbeschränkun- Darunter wird verstanden, dass die Welche Wirkung haben Schutzzonen gen Nachbarkommunen der Flughäfen ihre nach Fluglärmgesetz und Siedlungsbe- Verhinderern Nachtflugbeschränkungen Flächennutzungsplanung an den Be- schränkungen in der Raumordnung? eine nachfragegerechte Verkehrsent- dürfnissen des Flughafens ausrichten KA-111 Flughafenstandorte und die Schutzzonen von Bebauung wicklung? Welchen Beitrag können Flughafen- freihalten. KA-102 Balanced Approach standorte, Single-Airport, Flughafensys- KA-107 GBAS ICAO beschreibt den Balanced Approach teme oder Flughafenlayout beim aktiven als Möglichkeit zur Lärmminderung. In Anflugverfahren mit GBAS sollen das Lärmschutz leisten? den KA-103 bis 106 werden die Potenzi- Umkurven von Siedlungen ermöglichen KA-112 Verkehrsverlagerung und so zur Lärmminderung beitragen. ale der einzelnen Maßnahmen beschrie- Was bringt die Verlagerung des Kurz- ben. KA-108 Hub-Funktion / Dreh- streckenverkehrs? Wie kann die Verla- KA-103 Flugverfahren und Flug- kreuz gerung durchgesetzt werden? routen Der „Hub-Funktion“ beschreibt einen KA-113 Lärmaktionsplanung Umsteigeflughafen. Das „Drehkreuz“ ist Flugverfahren und Flugrouten gelten als Im Gegensatz zur Lärmminderungspla- lediglich eine Nabe, auf der eine Flugge- probates Mittel des aktiven Lärmschut- nung beim IV und beim ÖV, geht es sellschaft ihre Flotte konzentriert und zes. Was bringen diese Maßnahmen? beim Luftverkehr nicht um die Reduzie- von dort aus ihr Flugnetz erschließt. KA-104 Flugzeug– und Trieb- rung des bestehenden Lärms. KA-109 Lärmpausen | Lärm- werkperformance. KA-114 FFR-Maßnahmen des ak- obergrenzen „Leise“ Flugzeuge gelten gemeinhin als tiven Lärmschutzes Lärmpausen dienen nicht der Lärmmin- Erfolgsgarantie des aktiven Lärmschut- Beschreibung und Bewertung der vor- derung. Lärmpausen sollen eine längere zes. Aber sind sie es auch? gestellten Maßnahmen des FFR. fluglärmfreie Zeit möglich machen. Die- KA-105 Betriebliche Regelungen se soll der Erholung dienen. Lärmober- KA-115 Verspätungen in FRA Betriebliche Regelungen beinhalten grenzen sollen die Jahresbelastung der Was sind die Ursachen? Wie können i.d.R. den Einsatz „leiser“ Flugzeuge Anwohner begrenzen. Dafür ist ein kon- Verspätungen vermieden werden? (ICAO Zertifizierung), Roll- und Boden-

KA-100_Zusammenfassung-Y.docx/Erstelldatum 27.05.2018/Erstellt von Dieter Faulenbach da Costa 9

KA-101-Nachtflugverbot Immer wieder wird, je nach Interes- zurück. Flüge aus und Richtung Naher haben eine durschnittliche Umlaufzeit senlage, von einem strangulieren- Osten und Asien kommen am Nachmit- zwischen 7,5 h und 16¼ h. Die Betriebs- den oder einem wenig hilfreichen tag an und gehen am frühen Abend ab. zeiten des Flughafens FRA mit 18 Stun- „Nachtflugverbot“ am Flughafen Flüge Richtung Afrika können zeitgerecht den reichen also völlig aus, um ein wirt- Frankfurt gesprochen. Dabei gibt geplant werden und bedürfen keiner schaftliche Umlaufplanung zu ermögli- kein „Nachtflugverbot“ am Flugha- Starts oder Landungen in der Nacht in chen. fen Frankfurt. FRA. 9. Die Betriebsgenehmigung des Flug- 1. Zunächst muss klargestellt werden, 5. Alle Hubs in Europa bieten Umstei- hafens Frankfurt erlaubt pro Nacht 133 dass in der „Mediationsnacht“ in Frank- geverbindungen am Tage an. In der Starts und/oder Landungen. 2017 wur- furt keine geplanten Flüge in der Zeit von Nacht können die Passagiere damit im den nur 86 Starts und/oder Landungen 23 Uhr bis 5 Uhr zulässig sind. Diese Me- Flugzeug schlafen und warten nicht auf nachgefragt. Es werden folglich erhebli- diationsnacht war Bestandteil des Kom- ihren Anschlussflug. che mehr Kapazitäten angeboten als promisses zum Ausbau des Flughafens. 6. Nur 20 Prozent des weltweiten Pas- nachgefragt werden. 2. Die „Mediationsnacht“ ist eine sagieraufkommens sind Umsteiger. Des- 10. Folgende Nachtflüge sind erlaubt: nächtliche Betriebsregelung, aber kein halb sind die neuen großen Flughäfen auf FRA: 48.545 (nachgefragt: 31.500), Nachtflugverbot. Es kann weiterhin der arabischen Halbinsel oder der Türkei AMS: 12.600, LHR: 6.000. nachts geflogen werden. keine Konkurrenten für deutsche Flughä- Ergebnis: fen, zumal dort in der Nacht umgestie- 3. Ein Nachtflugverbot würde für die 11. Nachtflugbeschränkungen können gen wird. Betriebszeit von 22 Uhr bis 6 Uhr eine bei der raumordnerischen Konfliktbewäl- Betriebsschließung bedeuten. Auch Not- 7. Bei entsprechender Umlaufplanung tigung hilfreich sein. Interkont-Verkehr, fälle wären ausgeschlossen, Hilfs- und brauchen auch Kurz- und Mittelstrecken- Feeder-Verkehr, Mittel- und Kurzstre- Rettungsflüge blieben aber, nach Voran- flüge – auch als Feederflüge - keine ckenverkehr, aber auch Frachtflugver- meldung, weiter möglich. Starts oder Landungen in der Nacht. kehr brauchen in Deutschland keinen 4. Für den interkontinentalen Luftver- 8. Verbleiben noch Ferien- und Low- 24 h Betrieb. kehr liegt Deutschland so, dass Nacht- Cost-Flüge. Flugzeuge „müssen 18 Stun- 12. Schlussbemerkung: Trotz Nacht- flüge nicht erforderlich sind. Flüge von den in der Luft sein“, behauptet die Luft- flugbeschränkungen Flughafen TXL hö- der Ostküste der USA kommen am frü- verkehrswirtschaft. Die von Ryanair here Wachstumsraten auf als der Fugha- hen Morgen an und fliegen am Vormittag (RYR) in FRA stationierten Flugzeuge fen SXF.

KA-101-Nachtflugverbot.docx/Erstelldatum ab 06.05.2019/Erstellt von Dieter Faulenbach da Costa 10

KA-102-Balanced Approach 3. Flugrouten/Flugverfahren können rende Position einnimmt und Alternati- Unter dem Stichwort des aktiven Lärmentlastungen bewirken. In der Re- ven ohne weitere Prüfung, wie beim Luft- Lärmschutzes haben ICAO und EU gel ist aber die DFS wird die DFS aber verkehr, verhindert. jeweils gleichlautende Empfehlun- immer Wirtschaftlichkeit und Kapazität gen eines Balanced Approachs her- 9. Sicherheit wird, wie in jeder anderen vor Lärmentlastung stellen. ausgegeben. Verkehrsart, auch im Luftverkehr durch 4. Bei alternativen Flugrouten/ Flugver- Beachtung der Verkehrsordnung und der Der Balanced Approach besteht aus den fahren ist zu beachten, dass bei Flughä- Gesetze der Physik hergestellt. Teilelementen: fen in Ballungsräumen, die über kein 10. So bleibt immer, wie auch im Flug- 1. Flugverfahren/Flugrouten (KA-103), konvergierendes Pistensystem verfügen, lärmgesetz, die Flächennutzung in dem Entlastung an einer Stelle immer mit der 2. Flugzeug-/Triebwerkperformances Umlandgemeinden als einzige Maß- Belastung anderer Anwohner einhergeht. (KA-104), nahme übrig. Bau- und Planungsverbote, 3. betriebliche Regelungen (KA-105) 5. Verbesserungen bei der Flugzeug- die Neuausweisung von Siedlungsflächen und /Triebwerkperformance werden erst in den Lärmbereichen wird im Balanced nach einem vollständigen Flottentausch, Approach empfohlen und im Fluglärmge- 4. Flächennutzung (KA-106). also in 30 bis 40 Jahren, wirksam. Das setz festgelegt. zunehmende Verkehrsaufkommen kredi- Welche Wirkungen haben die einzel- 11. Damit wird der aktive Lärmschutz bei tiert in der Regel diese Verbesserungen. nen Teilelemente? den Flughafennachbarn abgeladen. 6. Betriebliche Regelungen können die 1. Beide Empfehlungen sehen betriebli- 12. Meine Erfahrungen in 31 Raumord- Betriebszeit, Flugverbote, Ausrüstung che Regelungen nur als „letzte“ Maß- nungs- und Planfeststellungsverfahren der Flugzeuge, Bewegungsobergrenze, nahme. Sicherheit und Kapazität dürfen zeigen, dass die Flächennutzungspla- Pistennutzung, etc. sein. dabei nicht beeinträchtigt werden um nung immer als Rettungsanker geworfen Maßnahmen des aktiven Schallschutzes 7. Dass die „Sicherheit“ immer wieder wird. Damit wird die Verantwortung bei zu verfolgen (was die Sicherheit angeht in den Vordergrund gestellt wird, hat Me- der Lärmproblematik auf die Kommunen ist das eine Trivialität). thode. Mit der „Sicherheit“ lassen sich abgeschoben. alle anderen Lösungen leicht ausbrem- 2. Weiter zu beachten ist, dass EU-Re- 13. Schlussendlich ist festzuhalten, dass sen. geln und nationale Gesetze/Regeln vor im Balanced Approach, die einzig wirksa- den Regeln der ICAO zu beachten sind. 8. Dabei ist Sicherheit auch bei allen men Maßnahmen: Mehr Pisten als für die Hinzu kommt, dass das Regelwerk der I- Verkehrsarten prioritär zu beachten, Kapazität erforderlich, konvergierende CAO nicht einklagbar ist. ohne dass sie dort eine derart dominie- Pisten, Flughafensystem oder neuer Flughafenstandort, nicht erwähnt wer- den.

KA-102-Balanced-Approach22112019.docx/Erstelldatum ab 27.05.2018/überarbeitet am 20.11.2019 von Dieter Faulenbach da Costa 11

KA-103-Flugverfahren - Flugrouten Große Hoffnung beim aktiven Lärm- ICAO verhindert nationale Regeln nicht. EU- stritten, sie wirken senkrecht unter den schutz wird auf die Festlegung neuer und nationale Regelungen haben immer Flugzeugen zusätzlich belastend. Flugverfahren und neuer Flugrouten Vorrang. 12. Präzise Flugführung kann zur Entlas- gelegt. Die Wirksamkeit jeder Maß- 6. Die Erfahrung zeigt, dass die DFS Maß- tung der Streubereiche führen, dies sind nahme dürfte sich jedoch in der Regel nahmen aus Lärmschutzgründen regelmä- z.B. Flugerwartungsgebiete. Präzisere flie- im Bereich von 0,1 bis 0,2 Dezibel beim ßig, mit Verweis auf ICAO, ablehnt. gen führt aber immer auch zur stärkeren Dauerschallpegel bewegen. 7. Die Flugzeughersteller bestätigen, dass Belastung unter den geflogenen Strecken. 1. Hier liegt die Zuständigkeit ausschließ- alle Flugzeuge Anflüge bis 4,50 problemlos 13. Eine Pistennutzungsstrategie kann zu lich beim Bundesamt für Flugaufsicht (BAF) fliegen können. Sogenannte STOL- einer Bündelung des Fluglärms im Raum und der Deutschen Flugsicherung GmbH Flugzeuge (A318 etc.) können sogar bis zu und, bei vorhandenen konvergierenden Pis- (DFS). 6,00 anfliegen. Die ICAO schreibt empfiehlt: ten, zu einer Verteilung des Lärms in der 2. Die im Luftfahrthandbuch veröffentlich- steilere Anflüge mit mehr als 3 Grad aus Zeit eingesetzt werden. Mit dieser Strategie ten „Minimum Noise Routes“ (MNR) sind Lärmschutzgründen nicht zuzulassen. können wirksame Lärmobergrenzen ermög- keine „leisen“ Routen. Sie wurden nur mit 8. Die Wirksamkeit bei der Lärmminde- licht werden (siehe AMS). Ohne konvergie- der Fluglärmkommission abgestimmt. rung wird vielfach bestritten. Bei steileren rende Pisten bewirkt eine Lärmminderung keine Lärmminderung. 3. In diesem Papier werden ausschließlich Anflügen ist der Lärmpegel breiter, da hö- 0 Maßnahmen diskutiert, die eine Lärmminde- her geflogen wird. Bei 0,2 wird je 3.000 m 14. GBAS ist eine Technik deren Wirksam- 0 rung in den Lärmschutzbereichen bewirken, eine Höhe von 10 m und bei 1,5 von 78 m keit erst in 30 bis 40 Jahren zu erwarten ist. also Lärmminderung bei den Hochbetroffe- gewonnen. Der Lärm Footprint rückt so nä- Zuvor müssen alle Flugzeuge am Flughafen nen versprechen. her zum Flughafen. damit ausgerüstet sein. Erst dann richtet die DFS ihre Standardflugverfahren daran 4. Folgende Maßnahmen sind denkbar: 9. Das vorstehende gilt nur bedingt für aus. steilere Anflüge, segmentierte Anflugverfah- steilere Abflugverfahren. ren, präzise Flugführung, steilere oder fla- 10. Segmentierte Anflugverfahren sind ge- 15. Weitere Möglichkeiten liegen in wech- chere Abflüge, Pistennutzungsstrategie (ge- eignet, stark belastete Bereiche zu entlas- selnden von abhängigen und unabhängigen hört auch zu den betrieblichen Regelun- ten. Sie führen zur Belastung neuer Berei- Flugverfahren. gen), Global Based Augmentation System che. Deshalb kommt es bei diesem Verfah- 16. Auch mit „leisen“ Anflugverfahren ist (GBAS), Wechsel zwischen abhängigem und ren darauf an es so einzusetzen, dass die weniger Lärm – Einzelpegel – möglich. Zu unabhängigem Betrieb. Grenzwerte des Fluglärmgesetzes in den beachten ist, dass aber immer die Fähigkeit 5. Die Beurteilung solcher Maßnahmen neu verlärmten Bereichen nicht überschrit- der Cockpit-Besatzung den Lärm bestimmt. durch BAF/DFS erfolgt nach den Regeln und ten werden. Wann wird das Flugzeug für die Landung Empfehlungen der ICAO. Diese können 11. Flache Abflugverfahren sind in ihrer stabilisiert? Also bspw. das Fahrwerk raus- durch nationale Regeln ersetzt werden. Die Wirksamkeit bei der Lärmminderung um- gefahren, die Triebwerke auf 60 Prozent Leistung hochgefahren?

KA-103-Flugverfahren-Flugrouten-20112019.docx/Erstelldatum 06.03.2019 überarbeitet am 20.11.2019/Erstellt von Dieter Faulenbach da Costa 12

KA-104-Flugzeug- und Triebwerkperformances Flugzeug- und Triebwerkperfor- hafens fast verdoppelt. Offenbach 1995 pausen zwischen den Flugereignissen mance als Programm der Lärmmin- noch ohne Siedlungsbeschränkungsbe- wieder wegfallen. derung. „Leise“ Flugzeuge sollen reich (SBB) wurde durch mehr Verkehr 10. Die Verbesserungen an den Flug- den Dauerschallpegel um bis zu 2 mit dem SBB nun überlagert. zeugen oder Triebwerken und dadurch Dezibel reduzieren. 5. Die Maßnahmen der letzten Jahre, ausgelösten Lärmminderungen können 1. Auslöser zur Verbesserung der Per- Umrüstung der LH-Flotte der B737, erst nach einem vollständigen Flotten- formance bei Flugzeugen und der Tankdeckel an der A320, haben einzel- tausch wirksam werden. Wie unter 11. Triebwerke ist deren wirtschaftlicher ne Schallpegel reduziert, aber die Flä- beschrieben, werden aber auch diese Betrieb. Die Reduzierung des Lärms ist chen der Lärm-Schutzbereiche nicht Lärmminderungserfolge durch vermehr- ein Abfallprodukt. Die Lärmminderung verkleinert. tes Fliegen wieder aufgehoben. ist kein prioritäres Ziel des Flugzeug- 6. Die Umrüstung der B737 in den 11. Aufgrund der weltweiten hohen An- baus. Jahren 2012 bis 2014 hat, bis auf den zahl an Flugzeugbestellungen und der 2. Dazu kommt, dass „leise“ Flugzeuge Einzelpegel, keine Auswirkungen auf sehr begrenzten Zahl der Hersteller, nicht generell leiser ist. Die Lautstärke den Dauerschallpegel. muss für einen vollständigen Flotten- eines Flugzeugs ergibt sich aus dem 7. Der Tankdeckel an der A320 betraf austausch mit 30 bis 40 Jahren gerech- Verhältnis des Lärms zum Gewicht. So nur die LH-Flotte. Auch hier sind keine net werden. Erst mit dem Flottenaus- ist eine A380 mit 590 Tonnen Startge- Auswirkungen auf die Reduktion der tausch könnten dann auch die erwarte- wicht (MTOW) ein „leises“ Flugzeug, Lärmschutzbereiche (Dauerschallpegel) ten Verbesserungen wirksam werden. aber immer noch lauter als die „laute“ zu erwarten. 12. BAF/DFS richten ihre Standard-An- MD11 mit 290 Tonnen MTW. Für 300 8. Die Entwicklungen und Verbesse- und Abflugverfahren nach dem Flug- zusätzliche Tonnen wird mehr Energie rungen bei der Strömungs- und Trieb- zeug aus, das den schlechtesten Aus- verbraucht und Energieverbrauch ist werkstechnik ist gegenwärtig an einem rüstungsstandard aufweist. mit Lärm (~2 Dezibel) verbunden. Punkt angelangt, bei dem selbst die 13. Im Gegensatz zur Reduzierung der 3. 6000 Fuß senkrecht unter einer „lei- Fachleute sagen, dass kurz- bis mittel- Schadstoffe bei bodengebundenen sen“ A380 ist der Lärmpegel um 2 De- fristig keine Verbesserungen mehr zu Fahrzeugen, gibt es für die Reduzierung zibel lauter als bei einer MD11. erwarten sind. Die dann noch erhofften der Schadstoffe bei Flugzeugen keine 4. Seit 1985 bis 2010 wurden die Verbesserungen lassen sich derzeit gesetzlichen Vorgaben. Alle beschriebe- Lärmemissionen der Flugzeuge um rund nicht quantifizieren. nen Maßnahmen sind freiwillig und wer- 10 Dezibel reduziert. Dies hat aber 9. Zudem führt die Verbesserung der den solange weiterverfolgt, wie sich nicht zur Reduzierung der Lärmauswir- Performance bei den Flugzeugen auch Hersteller und Airlines davon finanzielle kungen beim Flughafen Frankfurt ge- dazu, dass eine dichtere Staffelung Vorteile versprechen. führt. In dieser Zeit hat sich der Foot- möglich ist und so die Lärmreduktion- print der Lärmauswirkungen des Flug- potenziale wieder durch kürzere Lärm-

KA-104-Flugzeug- und Triebwerkperformances_Nov_2019.docx/Erstelldatum ab 06.03.2019/Erstellt von Dieter Faulenbach da Costa 13

KA-105-Betriebliche Regelungen die bereits europaweit vom Flugbetrieb 9. Bei der Betriebsregelung sollten Betriebliche Regelungen werden ausgeschlossen sind. Verkehrssegmente die keinen Umstei- üblicherweise in der Betriebsge- geverkehr – Self Hubbing ist kein Um- nehmigung des Flughafens nieder- 5. Während BAF/DFS für die Festle- steigeverkehr – erzeugen, durchaus auf gelegt. Betriebliche Regelungen gung der Flugverfahren zuständig sind, einen Satellitenairport verlagert wer- können aber auch Ergebnis eines kann die Luftverkehrsbehörde bestimm- den. Planfeststellungsverfahrens sein. te Ausstattungsstandards - optische und elektronische An- und Abflughilfen 10. Weitere betriebliche Maßnahmen 1. Während bei den Flugrouten – über die Betriebsregelung vorschrei- können sein: Pistennutzungsstrategien, BAF/DFS zuständig sind, bei techni- ben, tut dies aber nicht. Flughafenlayout – ein Parallelbahnsys- schen Verbesserungen an den Flugzeu- tem mag „modern“ sein, ist aber un- gen die Hersteller das Tempo der Ver- 6. Es wäre aber auch möglich, über die praktisch zur Begrenzung der Lärmbe- besserung bestimmen, bei der Flächen- Betriebsgenehmigung am Standort BER lastungen. nutzungsplanung die Kommunen ver- nur Flugzeuge zuzulassen, die einen antwortlich sind, ist für die Betriebsre- bestimmten Ausstattungsstandard 11. Kein derzeit im Zivilverkehr verkeh- gelung die Luftverkehrsbehörde zustän- (RNAV 1 bzw. RNAV GPS) besitzen, um rendes Flugzeug benötigt eine Landes- dig. am BER dann möglichen Standardver- trecke von mehr als 2.500 m. Bei 4.000 fahren fliegen zu können. m langen Pisten ist somit ein Lande- 2. Die gültigen betrieblichen Regelun- schwellenversatz von 1.500 m, mit ei- gen für den Flughafen BER wurden im 7. Nachtflugbeschränkungen – durch nem Höhengewinn beim Landeanflug, Zusammenhang mit der Planfeststel- das BVerwG verfügt – sind Bestandteil von 75 m, möglich. lung (PFB 2004) zum Ausbau des Flug- der Betriebsgenehmigung und können hafens vom 16.08.2004 gefasst und in bei Bedarf angepasst werden. Die aktu- 12. Intersection-Starts führen zweifellos Anpassung an die verwaltungsgerichtli- elle Analyse über solche Nachtflugrege- zur Erhöhung der Gesamtkapazität ei- chen Verfahren ergänzt. lungen am Flughafen Frankfurt zeigen, ner Piste. Sie können, je nach Startrich- dass es wegen die vielen Verspätungen tung und Besiedlungsdichte, mehr 3. Die wenigen betrieblichen Regelun- einen Regelungsbedarf gibt. Lärmbelastung bedeuten. gen im PFB weisen keine Potenziale für einen wirksamen aktiven Lärmschutz 8. Eine betriebliche Regelung kann 13. Der BER weist in beiden Betriebs- oder ein Lärmminderungspotenzial auf. aber auch darin bestehen, Satellitenair- richtungen in unmittelbarer Nähe zu ports für bestimmte Verkehrssegmente den Pisten eine beachtenswerte Sied- 4. Da werden Flugzeuge nur vom Be- – Kurzstrecke, Ferienflug, Low Cost, lungsdichte auf. Passiver Lärmschutz trieb am Standort BER ausgeschlossen, etc. – zuzulassen. bleibt da unwirksam.

KA-105-FBetriebliche-Regelungen_22112019.docx/ Erstelldatum ab 06.03.2019/Überarbeitet am 22.11.2019/Erstellt von Dieter Faulenbach da Costa 14

KA-106-Flächennutzungsplanung Die kommunale Flächennutzungspla- schutzbedürftigen Einrichtungen, liegen bach seine oberzentrale Funktion und nung wird im ausgewogenen Ansatz in der TGZ2, wenige in der TGZ1 und ein damit erhebliche Finanzzuweisungen. (Balanced Approach) der ICAO als nicht unerheblicher Teil der Senioren- 7. Tag-Schutzzonen und Siedlungsbe- wesentliches Element zur Lärmmin- oder Behinderteneinrichtungen zusätzlich schränkungsbereiche, Instrumente der derung angesehen. in der NSZ. Flächennutzungsplanung, sind in beste- 1. Der auch im Fluglärmgesetz veran- 4. Im Bericht zur Evaluierung des Flug- henden Siedlungsräumen wirkungslos, kerte Ansatz, dass die von Fluglärm be- lärmschutzgesetzes schreibt das Bun- dazu trägt §34 BauGB bei. Sie sorgen troffenen Flächen von Besiedlung frei zu desministerium für Umwelt und Reaktor- lediglich dafür, dass die betroffenen halten sind ist vom Grundsatz her richtig. sicherheit, dass zukünftig Ausnahmen Kommunen innerhalb dieser Zonen keine Er unterstellt, dass ein Flughafen auf der zum Bau von schutzbedürftigen Einrich- neuen Siedlungsflächen ausweisen und „grünen Wiese“ errichtet oder betrieben tungen nur noch für Kitas und Grund- keine schutzbedürftigen Einrichtungen wird und die Flächen in der Flugha- schulen erteilt werden sollen. Für alle bauen dürfen. fenumgebung, auf denen mit Lärmbelas- anderen Einrichtungen sollen grundsätz- 8. Die Bestandsbevölkerung und die in tung durch den prognostizierten Verkehr lich keine Ausnahmegenehmigungen den Bestand zuziehende Bevölkerung zu rechnen ist, von jeglicher Siedlungs- mehr erteilt werden. wird durch diese „Schutzmaßnahmen“ bebauung frei sind. 5. Für das wachsende Oberzentrum Of- nicht geschützt. 2. Bei Bestandsflughäfen, insbesondere fenbach hieße dies, dass zwar Kitas und 9. Rechtsgültige Bebauungspläne kön- bei Bestandsflughäfen in Ballungsräumen Grundschulen angeboten werden können, nen aber weiter realisiert werden. Bauen können durch diese Forderung unlösbare alle weiterführenden Schulen neu oder nach §34 BauGB im Bestand ist weiterhin Konflikte entstehen. Für Unterzentren, ausgebaut werden dürfen, noch in ihrem möglich. So weisen derzeit alle Schutzzo- Mittelzentren oder gar Oberzentren die Bestand gesichert sind. Die bestehenden nen von Flughäfen in Ballungsräumen ein nur marginal von diesen Restriktionen Krankenhäuser, Behinderten- oder Senio- starkes Bevölkerungswachstum auf, ob- betroffen sind, mag diese Regelung noch reneinrichtungen, Akademien, Hochschu- wohl die Verlärmung durch den Fluglärm akzeptabel sein. Für ein Oberzentrum die len oder andere Einrichtungen können dagegen sprechen würde. nach dieser Regel in Offenbach weder aber massiv verlärmt werden, sind die 10. Im Ergebnis kann festgehalten wer- bedarfsgerecht ausgebaut noch betrieben Regelungen des Fluglärmgesetzes tödlich den, dass ein undifferenzierter Einsatz werden. (siehe Offenbach). einer sinnvollen Planungsstrategie - Frei- 3. Mehr als 80 Prozent der Siedlungsflä- 6. Können aber die hierarchisierten haltung von unbebauten Flächen – durch chen in Offenbach liegen in der TGZ2 des zentralen Einrichtungen nicht mehr dau- andere Maßnahmen, für den Siedlungs- Flughafens FRA. 85,5 Prozent von 297 erhaft betrieben werden, verliert Offen- bestand, ergänzt werden müssen.

KA-106-Flächennutzungsplanung.docxlächennutzungsplanung/Erstelldatum 06.03.2019/Erstellt von Dieter Faulenbach da Costa 15

Dipl.-Ing. Architekt Dieter Faulenbach da Costa

Dieter Faulenbach da Costa – Dipl.- Ing. Architekt, Countries of work Stadt- und Regionalplaner - hat im Bereich der experience: Flughafenplanung 34 Jahre nationale und internati- • Albania onale Berufserfahrung, insbesondere in den Berei- • Angola chen der Flughafenentwicklungsplanung, der • Austria Dimensionierung der flugbetrieblichen Anlagen, • Barbados der Kapazitätsanalysen, der Simulationen mit • Bosnia Herzegovina • Bulgaria SIMMOD Plus, der Funktionsplanung von Flugbe- • Cambodia triebsflächen, von Passagier- und Frachtabfertigungsanlagen und als • Cameroon Projektleiter, Gutachter und Berater in Raumordnungs- und Plan- • Cape Verde • Chile feststellungsverfahren. • China • Croatia Dieter Faulenbach da Costa war Berater und Bereichsleiter für Mas- • Gaza ter Planning bei der Hochtief AG und Hochtief AirPort GmbH (1998 – • • Ghana 2000) und als Projektleiter der Berlin Brandenburg Partner verant- • Great Britain wortlich für den Generalausbauplan und den Planfeststellungsantrag • Greece für den Flughafen Berlin Brandenburg International. Als weitere Bei- • Guinea Equatorial spiele seiner nationalen und internationalen Erfahrungen können die • Hungary • Island Konzeptplanungen, Machbarkeitsstudien oder Generalausbaupläne • Japan für die Flughäfen Berlin, Karachi, Breslau, Dakar, Düsseldorf, Kansai, • Kuwait Lahore, Macao, Male, Meteora, New York JFK, New York LGA, • Maldives • Nigeria Rostock, Sofia, Yaounde, Machbarkeitsstudien für Passagiertrans- • Malta portsysteme (Frankfurt), nationale Luftverkehrsstudien (Äquatorial • Malysia Guinea), u.a.m. aufgeführt werden. Dieter Faulenbach da Costa war • Norway in der Entwicklungsplanung, Ausbauplanung oder der Realisierung • Pakistan von 44 Flughäfen und 45 Passagierterminals weltweit beteiligt und • Philippines • Poland dort als Projektmitarbeiter oder als Projektleiter tätig. Seit 1992 arbei- • Portugal tet er als Gutachter, Berater und Projektleiter in 31 Genehmigungs- • Rumanian verfahren für Flughäfen in Deutschland tätig. • Russia • Senegal

• South Africa Dieter Faulenbach da Costa ist seit 1985 als Berater für Flughafen- • St. Vincent and the Grena- planung für deutsche und ausländische Flughäfen, Baufirmen, Inge- dines nieurbüros, Investitions- und Finanzierungsinstitute und Entwick- • Ukraine • United Arabian Emirates lungshilfeorganisationen tätig und war in der Zeit von 1985 bis 1990 • USA Senior Architekt der Abteilung Airconsult der Flughafen Frankfurt • Zambia Main AG (heute Fraport AG). and others.

Email: [email protected] Tel.:+49-69-800-2623/2685 www.fdc-airport.de Fax: +49-69-800-1877 Mobile: +49-1726907093 16 2

Employment Record: Customers: 1992 until today Employer: fdc Airport Consulting, Offenbach, Germany • Architect Prof. Ungers, Köln Position: Shareholder • Architects Spillis Candela, Duties: • Airport master planning Miami (USA) • Capacity analysis and SIMMOD Simulations • KSP Engel+Zimmermann • Conceptual and competition design Architects, Frankfurt • Cost control and analysis • N+M Architects Prof. Novottny, • Design of aircraft movement areas Offenbach • Feasibility studies • ABB Airport Technology • Feasibility studies of cargo handling facilities GmbH, Mannheim • Feasibility studies of passenger facilities • Aeroprojekt, Kiev (UA) • Long term studies • Aeroprojekt, Moscow (RU) • Project management and coordination • Airplan GmbH, Stuttgart • Site investigation and due diligence • ARCADIS, Berlin • Terminal functional planning and design • BeSB GmbH, Berlin • Traffic forecast • Bilfinger Berger AG, Wiesbaden • ConCon Ltd, Wrozław (PL) • DASA, München 1998 until 1999 Employer: Hochtief AG and Hochtief AirPort GmbH, Germany • Dornier Luftfahrt GmbH, Ober- Position: Consultant (Freelance), head of department of paffenhofen master planning (Freelance), • Dornier System Consult GmbH, Friedrichshafen 1990 until 1991 Employer: Flughafen Frankfurt Main AG, Department • Dorsch Consult, Düsseldorf Airconsult, Germany • DYWIDAG, München Position: Architect • East Line, Moscow (RU) • EPS GmbH, Vaihingen 1985 until 1989 Employer: Flughafen Frankfurt Main AG, Department • Flughafen Düsseldorf GmbH Airconsult, Germany • Flughafen Frankfurt Main AG Position: Architect (Freelance) • Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH 1981 until 1985 Employer: Dienste in Übersee, City of Praia, Capital City of • Flughafen München GmbH the Republic of Cape Verde • GOPA Consultants, Bad Position: Development aid worker Homburg Duties: • Urban development • Grão Para, Lisboa (P) • Installation of the public municipality planning • Hochtief AG, Essen and construction department • Hochtief AirPort GmbH, Essen • Julius Berger, Abuja (Nigeria) 1975 until 1981 Employer: SPD Stadtverordnetenfraktion, Offenbach; • Keith Baker&Son, Cardiff (GB) SPD, SPD-Fraktion im Umlandverband Frank- • Koks Consult GmbH, Koblenz furt und Regionale Planungsgemeinschaft • Lahmeyer International, Südhessen, SPD Hessen-Süd, SGK Hessen Bad Vilbel e.V., Direktor der Akademie für Kommunalpoli- • Lufthansa AG, Frankfurt tik e.V. (AfK) • Mannesmann AG, Düsseldorf Position: Fraktionsassistent, Geschäftsführer, Bezirks- • Mero AG, Würzburg und Landesgeschäftsführer, Leiter der AfK (in • Mörz Transport Consult, Mün- Personalunion) chen Duties: • Local politics • Müller BBM, München • Adult education • Nespak, Karachi (Pakistan) • Netherlands Pavement Con- 1972 until 1975 Employer: Architekten Anschütz und Dévény, Gummersbach sult, Hoevelaken (NL) Position: Head of department • Pahnke+Partner GmbH, Kar- Duties: • Regional and Urban Planning ben • Competition design • Prof. Baumgarten, Berlin • Resident Engineer • Prof. Habermehl, Darmstadt • Rüterbau, Langenhagen Local Politic • Siemens AG, Stuttgart 1966 Eintritt in die SPD • Soares da Costa, Porto (P) 1969 bis 1975 Bergneustadt Stadtrat • Sterling Merchant Finance Ltd., 1977 bis 1981 Offenbach Stadtverordneter, Vorsitzender Umwelt- Washington (USA) ausschuss • System Conservation Hellas 1985 bis 1989 Offenbach Stadtrat für Integration, Vors. des Beirats Ltd, Athens (GR) • Umweltinstitut Offenbach der Hochschule für Gestaltung OF GmbH, Offenbach 1991 bis 2001 Offenbach Beisitzer im Ortsgericht, Gutachter im • Weidleplan GmbH, Stuttgart Gutachterausschuss and others. 2013 Austritt aus der SPD 2013 Hessen Unabhängiger Kandidat bei der Land- tagswahl für „Die Linke“ im Wahlkreis Offenbach, Stadt 2017 Wiedereintritt in die SPD Email: [email protected] Tel.:+49-69-800-2623/25685 www.fdc-airport.de Fax: +49-69-800-1877 C:\Daten\fdc\Referenzen\fdc_cv-1-2017.-Pax.docx/Erstelldatum 15.01.2015 17 3

fdc Airport Consulting Passenger Terminal Projects Planning Phases

.t. Eng. Eng. .t. esign esign Nr. Airport Country relininary Remarks Concept Competition P D Design De Relaized mln Paxin Project planner Functional planner Year 1. Abuja Nigeria X X X X X 3 X 2003 Consult. Bilfinger Berger 2. Bequi St. Vincent X X X X X 0,1 X 1988 Consult. Flughafen FRA 3. Berlin Deutschland X 27 X 2012 CDU-Landtagsfraktion BB 4. Berlin, BER Deutschland X X X 30 X 1999 Consult. Hochtief 5. Berlin, SXF Deutschland X X 2 X 1990 Consult. Flughafen FRA 6. Berlin, TXL Deutschland X 12 X 1999 Consult. Hochtief 7. Bonny Island Nigeria X 0,1 X 2008 Consult. Bilfinger Berger 8. Braas Island Nigeria X 0,1 X 2008 ACE Ingenieuergesellschaft, Köln 9. Deutschland X X X X X 3 X 1989 Consult. Flughafen BRE 10. Dakar Airport Senegal X X 0,5 X 2002 Consult. ABB 11. Düsseldorf Deutschland X 25 X 2001 Consult. DUS 12. Frankfurt T1, A Deutschland X X X X X 8 X 1989 Consult. Flughafen FRA 13. Frankfurt T1, B Deutschland X X X X X 10 X 1989 Consult. Flughafen FRA 14. Frankfurt T1, C Deutschland X X X X X 2 X 1989 Consult. Flughafen FRA 15. Frankfurt T2 Deutschland X X X 12 X 1988 Consult. Prof. Ungers 16. Frankfurt T3 Deutschland X 30 X 2004 Consult. KSP, 1. Preis, erste Stufe 17. Gaza Gaza X 0,8 X 1995 Consult. DASA 18. Kansai Japan X X 30 X 1988 Consult. Prof. Ungers 19. Karachi Pakistan X X 10 X 1985 Consult. Flughafen FRA 20. Katsina Nigeria X 0,5 X 2007 Consult. Bilfinger Berger 21. Kiel Deutschland X 0,5 X 2003 fdc 22. Krzywa Polen X 0,1 X 1995 Consult. DASA 23. Kuwait Kuwait X 3,5 X 2000 Consult. Lahmeyer 24. Lahore Pakistan X X X X X 4 X 1987 Consult. Flughafen FRA 25. Lima Peru X 10 2002 Consult. Lahmeyer 26. Luqua Malta X 3 X 1986 Consult. Flughafen FRA 27. Macao Macao X 6 X 1989 Consult. Flughafen FRA 28. Male Malediven X X X X X 1 X 1989 Consult. Flughafen FRA 29. Meteora Griechenland X 0,8 X 1997 Consult. Dornier 30. Moscow- DMO Russland X X X X X 3 X 1998 Consult. Lahmeyer 31. Moscow, SFO Russland X X 10 X 1989 Consult. Lufthansa 32. München Deutschland X X 20 X 1999 Consult. Prof. Novotny 33. New Dakar Airport Senegal X 3 X 2002 Consult. ABB 34 New York, JFK USA X 140 X 2000 Consult. Hochtief 35. New York, LGA USA X 40 X 2000 Consult. Hochtief 36. Ningbo China X 0,8 X 1986 Consult. Flughafen FRA 37. Odessa Ukraine X 1,5 X 1996 Consult. Dornier 38. Oslo Norwegen X X 15 X 1989 Consult. Prof. Ungers 39. Paderborn Deutschland X 0,8 X 1989 fdc 40. Reykjavik Island X X 20 X 1999 Consult. Lahmeyer 41. Rostock Deutschland X 0,2 X 2000 WIB 42. Rostock, new T Deutschland X 0,8 X 2000 WIB 43. Rothenburg Deutschland X X X X X 0,1 X 1995 fdc 44. Santiago de Chile Chile X X 10 X 1998 Consult. Hochtief 45. Sofia Bulgarian X 5 X 1989 Consult. Flughafen FRA 46. Wien Österreich X X 20 X 1999 Consult. Lahmeyer 47. Wroclaw Polen X 0,5 X 1990 Consult. Flughafen FRA 48. Yaounde Cameroun X X X X X 3 X 1988 Consult. Dywidag

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Tegel offen halten

Deutscher Bundestag 58. Sitzung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur 11. Dezember 2019

Stellungnahme

Nach dem Planfeststellungsbeschluss von 2004 (S. 334) ist BER für 30 Mio Pax/a ausgelegt.

Bereits vor der für Oktober 2020 geplanten Eröffnung von BER (und der unmittelbar nachfol- genden Schließung von TXL) ist die dort verfügbare Kapazität von 30 Mio. allerdings deutlich überdehnt: Für das Jahr 2020 geht man bereits von 37 Mio Pax/a aus. Für die Zeit danach rech- net auch der Flughafenbetreiber FFB mit einem weiteren Anstieg der Nachfrage. Sein „Master- plan 2040“ legt eine Steigerung auf 48 Mio. Pax/a innerhalb der nächsten zehn Jahre und 55 Mio. innerhalb der nächsten 20 Jahre zugrunde.

Selbst wenn es dem Betreiber durch ein „Ausquetschen“ der Abfertigungskapazitäten noch ge- lingen sollte, bei Eröffnung von BER sämtliche Passagiere dort abzufertigen, so wird sich diese angespannte Situation in den darauf folgenden Jahren trotz der vorgesehenen Inbetriebnahme von T2 vorhersehbar (und geradezu vorausgeplant) noch verschärfen. Darauf zu setzen, dass man den Masterplan 2040 zeitgerecht und parallel zur Steigerung des Luftverkehrsbedarfs um- setzen wird, ist allein angesichts der Verzögerungshistorie des BER ausgesprochen riskant. Die Annahme, für diese immensen Ausbauvorhaben werde kein Planfeststellungsbeschluss benö- tigt, bestätigt auf eine geradezu erschreckende Weise, dass die Tradition, die Augen vor offen- sichtlichen Problemen zu verschließen, auch künftig fortgeführt werden soll.

Die Eröffnung von BER ist angesichts dessen der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für die Schließung von TXL. Es ist absehbar, dass ein Teil des Luftverkehrsbedarfs in der Region nicht gedeckt werden kann. Dies steht in deutlichem Widerspruch zum Z1 des LEP FS BB von 2006, nach dem TXL erst geschlossen werden darf, wenn die „Kapazitätserweiterung am Standort Schönefeld“ den nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarf deckt. Die Schließungsver- fügung für TXL von 2004 ist einseitig auf die S/L-Bahnen fokussiert und muss entsprechend angepasst werden.

Fazit: TXL muss solange offengehalten bleiben, wie der nationale und internationale Luftverkehrsbedarf in der Region Berlin/Brandenburg nicht vollständig durch BER ab- gedeckt werden kann.

19 FluglärmschutzkommissionFluglärmschutzkommission fürfür den den Flughafen Flughafen Berlin Berlin-Tegel-Tegel

Vorsitzender: Leiter des Umwelt- und Herr Teschner- Naturschutzamtes des Steinhardt Bezirksamtes Neukölln Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz – D-10179 Berlin VII E 21 von Berlin 12040 Berlin Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt – D-10179 Berlin VII E 21 Tel.: (030) 90239-3600

Stellvertreterin: Bundesvereinigung Frau Dr. Bone-Winkel gegen An die Leiterin Sekretariat PA 15 Fluglärm e.V. Ausschuss für Verkehr und digitale Lückhoffstr. 29 14129 Berlin Infrastruktur des Deutschen Bundestages Tel.: (030) 4010 2110

Nur per e-mail Geschäftsstelle: Senatsverwaltung für Frau Busche Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Zimmer 413 Telefon (030) 9025 1230 Fax (030) 9025 1679 intern (925)

Datum 6. Dezember 2019

Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bundestages am 11.12.2019

Sehr geehrter Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Einladung und Gelegenheit zur Anhörung und darf Ihnen wunschgemäß meine Stellungnahme zu kommen lassen.

Der Absicht der Drucksache 19/13101, den in die Jahre gekommenen Flughafen Tegel offenzuhalten, wird von der zuständigen Fluglärmschutzkommission für den Internationalen Verkehrsflughafen Berlin-Tegel (TXL) mit Nachdruck weiterhin abgelehnt. So hat sich dieses Expertengremium nach Luftverkehrsgesetz schon seit über einem Jahrzehnt intensiv damit auseinandergesetzt und sich wiederholt mit seinen Stellungnahmen unter anderem vom 27.02.2004, 02.11.2005 und 28.02.2012 mit der Zustimmung zur Schließung positioniert. Letztmalig wurde in der Sitzung der Kommission am 12.01.2017 das Thema Schließung des Flughafens Tegel im Zusammenhang mit dem seinerzeit offenen Eröffnungstermins des BER und des von der der Berliner FDP initiierten Volksbegehrens zur Offenhaltung TXLs beraten.

Der Bescheid über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Aufhebung der Planfeststellung) vom 02.02.2006 ist rechtkräftig und entspricht nach wie vor auch den Zielen einer nachhaltigen Lärmminderung für das Bundesland Berlin. Die nach der letzten Berliner Abgeordnetenhauswahl im vergangenen Herbst gebildete rot-rot-grüne Landesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung festgehalten, dass der Flughafen Tegel u.a. „im Interesse der Lärmentlastung breiter Bevölkerungsschichten und wegen der Auflagen in der Planfeststellung des BER“ geschlossen werde (und dies im Zusammenhang mit dem Abschluss des Volksbegehrens zur Offenhaltung von TXL noch einmal bekräftigt). Die derzeitige Entwicklung der Passagierzahlen in Berlin-Tegel, TXL von 22.000.430 im Jahre 2018 auf ein erwartetes Passagieraufkommen von 24.400.000, stellt eine Steigerung um 10,8 % gegenüber dem Vorjahr dar, die an einen reibungslosen logistischen Ablauf vor Ort in TXL höchste Anforderungen an alle Beteiligten stellt. Mit 181.888 gewerblichen Flugbewegungen im

20 Fluglärmschutzkommission Berlin-Tegel Seite 2 von 2

Jahre 2018 ist in etwa der Stand mit 185.500 Starts und Landungen im Jahr 2016 nach dem Ausscheiden von Air Berlin erneut erreicht und für Ende des Jahres 2019 wird mit einem Wachstum von 7,1 % gegenüber 2018 gerechnet. Dies führt über Teilen der Stadt Berlin zu mindestens 240.000 Fluglärmbetroffenen. Darunter sind 30.000 Bürgerinnen schwerst Belastete, bis in die Nacht hinein. Dies wird besonders deutlich durch die nach wie vor offensichtlich nicht vermeidbaren steigenden Bewegungszahlen (Verspätungen) in der Zeit der Nachtflugbeschränkung zwischen 22 Uhr bis 0 Uhr - mit 9.291 gewerbliche Linien- und Gelegenheitsverkehre im Jahre 2018. Dabei hat alleine eine Airline in diesem Jahr einen Anteil von ca. 36 % am gesamten Aufkommen.

Umlauf- und Netzwerkplanungen sind komplex und aufgrund externer Variablen wie z.B. Wetter, Flugsicherungsbeschränkungen, Verkehrsdichte, Terminalkapazitäten etc. störanfällig, sodass Verspätungen nie ausgeschlossen werden können und letztlich systemimmanet sind und Potenzierungseffekte besitzen. Ein bis an die Grenzen ausgelasteter Flughafen wie TXL, erschwert jedoch ein gegensteuern.

Selbst die auf Grund der erneuten Verschiebung der BER-Eröffnung notwendige Neufestsetzung der Lärmschutzbereiche für den Verkehrsflughafen Berlin-Tegel bis zum 31.12.2019 nach dem Fluglärmschutzgesetz, wird dies für die meisten Lärmbetroffenen keine wesentliche Entlastung bedeuten, da die Umsetzung von ggf. Lärmschutzmaßnahmen an längere Fristen gebunden ist. Auf Grundlage des erstellten Datenerfassungssystems DES TXL2025 und den berücksichtigten faktisch geflogenen Strecken ergeben sich weiterhin mindestens 11 Korridore mit z.T. erheblichen lärmbelasteten Flugbewegungen über Berlin.

Die Ausgangslage für einen weiteren dauerhaften Betrieb ist angesichts der vorliegenden Genehmigungsvoraussetzung ungünstig, welche mit der der Gestattung der Südbahn des BER in voller Länge nach sechs Monaten erlischt. Derzeit ist sie an den Status quo gebunden, da es sich

1. bei der luftrechtlichen Genehmigung und Planfeststellung um eine fiktive handelt, die alliiertes Recht (in Berlin West) nach dem sechsten Überleitungsgesetz im Sinne der §§ 6 bis 10 LuftVG als rechtskräftig im Plan festgestellt, 2. Anlage und Betrieb von TXL seit Übergabe durch die Alliierten und Überleitung in Bundesdeutsches Recht unwesentlich verändert fortbesteht, 3. Planfeststellung und Betriebsgenehmigung unverändert blieben und 4. Einschränkungen des Nachtflugverkehrs den (fiktiv) genehmigten Betriebsregelungen zuzurechnen sind und daher 5. in TXL bis dato unverändert im Luftfahrthandbuch Deutschland (AIP) veröffentlicht sind.

Schon allein aus diesem Grunde hat TXL als Stadtflughafen ohne Möglichkeit auf Planergänzungen oder Planerweiterung - d.h. auf dringende Modernisierung und Erweiterung - langfristig auch keine Zukunft, genauso wie aus Gründen der Umweltgerechtigkeit. Für eine gewünschte Kapazitätserweiterung des BER steht TXL daher auch mittelfristig nicht zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen gez. Teschner-Steinhardt Der Vorsitzende

21

Deutscher Bundestag Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Öffentliche Anhörung in der Sitzung am 11. Dezember 2019

Stellungnahme Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup

zu den Anträgen:

1. der Fraktion der FDP

Tegel offen halten – Für Berlin und für Deutschland

BT-Drucksache 19/13101 und

2. der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Zukunft von Berlin TXL – The Urban Tech Republic

BT-Drucksache 19/14826

1/3 22

Berlin, 9. Dezember 2019

Der BER wird am 31. Oktober 2020 seinen Betrieb aufnehmen. Diesen Termin hat die Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) nach der Bestätigung durch den Aufsichtsrat am 29. November 2019 öffentlich bekannt gegeben.

Innerhalb einer Woche wird der Umzug des kompletten Flugbetriebes vom Flughafen Berlin Tegel zum BER erfolgen. Am 8. November 2020 endet der Linienflugbetrieb in Tegel.

Die Bescheide zur Schließung des Flughafens Berlin Tegel, der Widerruf der Betriebsgenehmigung sowie der Widerruf der Planfeststellung, wurden in den Jahren 2004 und 2006 erlassen. Grundlage für die seit nunmehr über 15 Jahren behördlich rechtskräftig entschiedene Schließung ist der sogenannte Konsensbeschluss aus dem Jahr 1996. Die „Gemeinsame Empfehlung“ des damaligen Bundesministers für Verkehr, des Regierenden Bürgermeisters von Berlin und des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg zum Flughafenkonzept Berlin/Brandenburg beinhaltet u.a. die Aussage, dass keiner der gegenwärtigen und künftigen Gesellschafter der FBB beabsichtige, einen der vorhandenen Standorte Tempelhof oder Tegel als Flughafen weiter zu betreiben. Der Verkehrsflughafen Tegel werde spätestens mit Inbetriebnahme der zweiten Start- und Landebahn am Standort Schönefeld geschlossen.

Hierauf beruht die Planrechtfertigung des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Schönefeld zum BER. Dem BER als „Single-Airport“ und „alleinigem internationalen Verkehrsflughafen der Region Berlin/Brandenburg“ wird planungsrechtlich eine Ersetzungsfunktion des Flughafens Berlin Tegel zugeschrieben. Dem Ausbau des BER liegen umfangreiche wissenschaftliche Erhebungen über die künftige Passagier- und Verkehrsentwicklung zu Grunde. Die Kapazität für den Umzug von TXL zum BER wird zunächst durch die vorhandenen Terminals gesichert. Aufbauend auf der Businessplanung und dem vom Aufsichtsrat beschlossenen strategischen Leitbild werden bedarfsgerecht weitere Kapazitäten geschaffen.

2/3 23

Berlin, 9. Dezember 2019

Die Geschäftsführung der FBB bzw. der den Flughafen Tegel betreibenden Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH (BFG) ist in der Frage nach der Schließung des Flughafens Berlin Tegel den Vorgaben der Gesellschafter gefolgt. Alle erforderlichen Beschlüsse des Aufsichtsrates und der Gesellschafter zu dieser Thematik liegen vor.

Die diesbezüglichen Entscheidungen der Gesellschafter und somit auch der FBB und BFG basieren auf umfassenden Prüfungen und Abwägungen sowie auf vielfach gerichtlich bestätigten behördlichen Entscheidungen. Die FBB setzt im Auftrag der Gesellschafter den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum BER so um, wie es von den Gesellschaftern und ihren Parlamenten beschlossen wurde.

Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup

Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH

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ADV-Stellungnahme:

Öffentliche Anhörung im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages am 11. Dezember 2019 zu den Anträgen der Fraktion der FDP "Tegel offen halten – für Berlin und für Deutschland" (BT-Drucksache 19/13101) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Die Zukunft von Berlin TXL – The Urban Tech Republic" (BT-Drucksache 19/14826)

ADV-Position Der Flughafenverband ADV unterstützt den Konsensbeschluss von Bund, dem Land Berlin und dem Land Brandenburg als Gesellschafter der Berliner Flughafengesellschaft (FBB) zum Single-Airport Kon- zept. Danach soll der Luftverkehr in der Region Berlin-Brandenburg ausschließlich auf einen Flughafen- standort konzentriert werden. Dies ist der Ende Oktober 2020 eröffnende Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER). Insofern ist der Flughafen Tegel (TXL) entsprechend der Genehmigungslage für die Eröffnung des BER sechs Monate nach Inbetriebnahme des Terminals und der Südbahn des BER zu schließen. Die Angaben und Kalkulationen der FBB zur Bewältigung des prognostizierten Passagier- wachstums am BER sind plausibel. Dies begründet sich damit, dass die geplante und zum Teil bereits begonnene Terminalkapazitätserweiterung am BER im Rahmen des Masterplans 2040 sowie der damit verbundene Weiterbetrieb der Terminalinfrastruktur des heutigen Flughafen Schönefeld auch in Zukunft sowohl terminalseitig als auch bzgl. der Bahnkapazität ausreichend Kapazität für einen wachsenden Flughafen bereitstellt.

I. Ausgangslage In Berlin ist eine kontroverse Debatte darüber im Gange, ob es nicht zielführender für den Luftver- kehrsstandort Berlin/Brandenburg wäre, den Flughafen TXL über den Eröffnungstermin des BER hinaus weiter zu betreiben. Um dieses Ziel zu erreichen oder auch zu verhindern, wurden eine Vielzahl juristischer Gutachten angefertigt und eine Volksbefragung der Berliner Bevölkerung zur Offenhaltung von TXL durchgeführt. Bei dem Volksentscheid vom 24. September 2017 hat eine Mehrheit der Bevölkerung in Berlin für eine Offenhaltung von TXL gestimmt. Der Entscheid ist rechtlich nicht bindend.

II. Betrachtung der Sachlage und Positionierung Bei der Durchsicht der unterschiedlichen Rechtsgutachten ist festzustellen, dass nahezu sämtliche Gutachten davon ausgehen, dass TXL grundsätzlich über die bisher genehmigten sechs Monate nach Eröffnung des BER hinaus geöffnet bleiben kann. Allerdings schließen sich an eine derart gelagerte Entscheidung unterschiedliche Risikobewertungen an:

Ein wichtigstes Entscheidungskriterium für eine verlängerte Offenhaltung von TXL, ist ein einheit- licher, politischer Wille, der Gesellschafter der FBB. Insbesondere müssten sich die Länder Berlin und Brandenburg auf neue landesplanerische Grundlagen einigen. Eine Einigung der Länder Berlin und Brandenburg erscheint hier kurzfristig wenig realistisch.

Ein weiteres wichtiges Argument im Rahmen der Abwägung für einen Widerruf des Widerrufs der Betriebsgenehmigung von TXL stellt ein tatsächlicher Kapazitätsengpass, wie er in der BT-Druck- sache 19/13101 der FDP-Bundestagsfraktion beschrieben wird, dar. Die vorgetragene Begründung

Seite 1 25

ist jedoch nicht schlüssig. Die von der FBB im Masterplan 2040 für den BER dargelegten Erwei- terungsmaßnahmen unter Einbeziehung der Nutzung von Schönefeld-Alt, stellen bei Umsetzung der Planung ausreichend Kapazität bereit.

Ebenfalls sei auch auf das erhebliche finanzielle Risiko für die Gesellschafter der FBB bei einem Weiterbetrieb von TXL hingewiesen. Am Flughafen TXL besteht ein großer Investitionsstau auf- grund der Tatsache, dass die FBB in Erwartung der Eröffnung des BER nur absolut notwendige Investitionen am Standort in den vergangenen Jahren getätigt hat. Die Ertüchtigung des gesamten Flughafens wird durch die FBB auf circa 1 Milliarde Euro geschätzt. In Hinblick auf die stetig steigenden Baupreise ist dieser Betrag eher noch höher einzuschätzen. Dazu kämen Kosten für den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm. Nach den Maßgaben des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (FlugLärmG) hat die Berliner Flughafengesellschaft im Jahr 2016 eine überschlägige Kostenschätzung vorgenommen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Kosten für Schall- schutzmaßnahmen auf rund 400 Millionen Euro belaufen würden. Es ist zu erwarten, dass vor der Öffentlichkeit weitere anfallende Kosten in Höhe von circa 1,4 Milliarden Euro zu den bereits erheblich gestiegenen Baukosten für den BER nur sehr schwer zu vertreten sein werden.

Abschließend würde eine Modifizierung des Konsensbeschlusses, weg vom „Single Airport Konzept“ und hin zu zwei Flughäfen in Hinblick auf die gesellschaftliche Akzeptanz von großen und bedeutenden Infrastrukturprojekten, negative Auswirkungen haben. Als Vorhabenträger drängen auch die Flughäfen gegenüber der Politik stets auf Planungssicherheit, Bestandskraft und Verläss- lichkeit. Würde die 1996 getroffene Entscheidung, welche für die Öffentlichkeit seit 23 Jahren Bestand hat, revidiert, verhielte sich die FBB genau entgegengesetzt zu den Forderungen der Industrie. Infolgedessen könnte der in Berlin und Brandenburg auf Bevölkerungsseite bestehende Konsens bzgl. der Schließung von TXL und der Eröffnung des BER ausgehöhlt werden.

III. Schlussfolgerung und Fazit Nach Betrachtung der in Rede stehenden Argumente stellt sich die ADV hinter die bestehende Beschlusslage zur Schließung von TXL. Auch wenn juristisch grundsätzlich Möglichkeiten bestehen, die bestehende Genehmigungslage zu ändern, erscheinen die damit einhergehenden Risiken als zu hoch: 1. TXL könnte zu einer weiteren Kostenfalle werden. 2. Rechtlich besteht die Gefahr, dass am Ende ein neues Genehmigungsverfahren zur Offenhaltung von TXL vor Gericht keinen Bestand haben könnte. Ein unmittelbarer Handlungs- zwang in Hinblick auf mögliche Kapazitätsprobleme am BER besteht nicht, daher kann von einer parallelen Offenhaltung Tegels abgesehen werden. 3. Eine Änderung der Flughafenplanung in der Region Berlin/Brandenburg könnte zu einem weiteren Verlust an Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit in der Flughafenbranche führen. Flug- häfen wollen verlässliche Partner sein. Auch wenn die Berliner Bevölkerung mit 56 Prozent für eine Offenhaltung von TXL gestimmt hat, ist die ADV der Auffassung, dass die Erwartungen der fast 300.000 Lärmbetroffenen im An- und Abflugbereich von TXL nicht enttäuscht werden sollten.

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