Programmatik, Themensetzung Und Politische Praxis Der Partei „Alternative Für Deutschland“ (Afd)
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DEMOKRATIE E-PAPER Programmatik, Themensetzung und politische Praxis der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) ALEXANDER HÄUSLER, RAINER ROESER, LISA SCHOLTEN Im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung Untersuchungsstand: 02.05. 2016 2/ 226 ALEXANDER HÄUSLER, RAINER ROESER, LISA SCHOLTEN Programmatik, Themensetzung und politische Praxis der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) Eine Studie im Auftrag der Heinrich Böll Stiftung (Untersuchungsstand: 02.05. 2016) Herausgeber: Heinrich-Böll-Stiftung 3/ 226 Impressum Herausgeberschaft: im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung, Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen Redaktion und Lektorat: Stefan Schönfelder Layout, Grafiken: Antje Meichsner Erscheinungsort: www.weiterdenken.de, Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Schützengasse 18, 01067 Dresden Erscheinungsdatum: 7. Juni 2016 ISBN: 978-3-946541-09-7 (für dieses pdf) Weitere E-Books zum Downloaden unter www.weiterdenken.de/de/publikationen0 Copyright: Das gesamte Dossier und die einzelnen Beiträge stehen unter einer Creative Commons Lizenz (CC BY-NC-ND). Sie dürfen verbreitet, vervielfältigt oder öffentlich zugänglich gemacht werden unter folgenden Bedingungen: • Namensnennung – Sie müssen den Namen des Autors/ der Autorin und des Rechtein- habers (Heinrich-Böll-Stiftung) sowie die URL des Werks (Direktlink) nennen. • Keine kommerzielle Nutzung – Dieses Werk darf nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. • Keine Bearbeitung – Dieses Werk darf nicht bearbeitet, abgewandelt oder in anderer Weise verändert werden. Achtung: Die CC_Lizenz gilt nicht für die Fotos, dort bleiben alle Rechte bei den Foto- graf_innen! Abweichungen von diesen Bedingungen bedürfen der Genehmigung des Rechteinhabers: [email protected] 4/ 226 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 6 2. Parteipolitische Entwicklung 9 3. Parteipolitische Verortung und Rechtspopulismus-Diskurs 16 4. Kernthemen 28 4.1 Euro/EU 28 4.2 Asyl / Einwanderung 30 4.3. Islam 31 4.4. Nationale Identität 33 4.5 Natürliche Ordnung/Familie 34 4.6 Themensetzung in ausgewählten AfD-Programmen 37 5. Politische Praxis im Bundesvorstand, EU-Parlament und den Landesverbänden 42 5.1 Die AfD nach Essen 46 5.2 Der neue Bundesvorstand 49 5.3 Themen/Kampagnen des Bundesvorstands 61 5.4 Entwicklung in den Landesverbänden 69 5.5 Parlamentarische Praxis 110 5.6 Politische Fraktionen in der AfD 129 5.7 „Staatskrise“ durch Asylpolitik – Straßenpolitik 145 6. Landtagswahlen in BW, RP, SA – Entwicklung/Personal der drei Landesverbände 145 6.2 Wahlkämpfendes Personal 150 6.3 AfD im Wahlkampf 164 6.4 Wahlanalyse: Das Thema ‚Flucht‘ beherrscht die Agenda 175 7. Die AfD im Blick Mobiler Beratung gegen Rechtsextremismus 179 7.1 Eindrücke über die Partei AfD 185 7.2 Die Bedeutung der AfD im Kontext Mobiler Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus 193 8. Fazit 199 Anhang 202 Abbildungsverzeichnis 224 Autor/innen 225 Inhaltsverzeichnis 5/ 226 1. Einleitung In der vorliegenden Studie wird die Parteiprogrammatik und politische Praxis der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) aus Sicht der Politikwissenschaft und Par- teienforschung analysiert. Methodisch wurde hierbei nach Maßgabe einer deskriptiven Inhaltsanalyse hinsichtlich der politischen und programmatischen Verlautbarungen der Partei sowie ihrer politischen Entwicklung verfahren. Einen breiten Raum nimmt hier- bei die vertiefende Beschreibung der politischen Parteistrukturen und Programmatik und deren dynamische Entwicklung ein. Die beschreibende Analyse der Parteient- wicklung wird kombiniert mit Methoden der qualitativen Sozialforschung in Form von Interviews. Spätestens nach ihrem Führungswechsel wurde in der AfD ein deutlicher Wandel weg vom Euro-Thema hin zum Flüchtlingsthema erkennbar, der in der sogenannten AfD-Herbstoffensive 2105 einen propagandistischen Ausdruck erhielt. Diese Entwick- lung gab den Anlass für die ursprüngliche Intention, im Rahmen dieser Studie zur politischen Praxis der AfD den Themenkomplex Flucht, Asyl und Einwanderung als deren neues politisches Kernthema zentral in den Blick zu nehmen. Allerdings stellte sich im Laufe der Untersuchung heraus, dass die Propaganda der AfD nach ihrem Führungs- wechsel genauso wenig auf das Einwanderungs- und Asylthema reduziert werden kann, wie es in der Zeit mit Bernd Lucke als AfD-Bundessprecher nur das Euro-Thema war, auf das die AfD-Propaganda reduziert werden konnte. Vielmehr bestätigt sich die These aus der Forschung, dass es sich beim Rechtspopulismus um eine inhaltlich höchst flexible Form politischer Ansprache handelt. Zwar ist der Rechtpopulismus weltanschaulich gebunden an ideologische Fragmente der radikalen Rechten, in der politischen Praxis jedoch richtet sich die rechtspopulistische Agitation in erster Linie nach spezifischen politischen Gelegenheitsstrukturen. Dies lässt sich anhand einer an die Öffentlichkeit geratenen Mail der stellvertretenden AFD-Bun- desvorsitzenden Beatrix von Storch veranschaulichen, in der sie VorstandskollegInnen Empfehlungen für die inhaltliche Ausrichtung der Partei im Kontext der Erstellung eines Grundsatzprogramms gab. Darin schreibt von Storch, dass „der Islam das brisanteste Thema des Programms überhaupt“ und für die „Außenkommunikation“ am besten geeignet sei. „Asyl und Euro sind verbraucht, bringen nichts Neues“, so Storch weiter. „Die Presse wird sich auf unsere Ablehnung des politischen Islams stürzen wie auf kein 6/ 226 1. Einleitung zweites Thema des Programms.“1 Die AfD-Kampagnen gegen Flüchtlinge und Einwan- derung sind als Teil eines rechten Kulturkampfes zu begreifen, der sich grundsätzlich gegen gesamtgesellschaftliche Ausdifferenzierungs- und Anerkennungsprozesse richtet. So erklärte der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen auf dem AfD-Bundesparteitag in Stuttgart, dass das zu erstellende Programm seiner Partei wegführen solle von einem „links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland“.2 Die AfD ist wiederholt Gegenstand von Publikationen der Heinrich Böll Stiftung gewe- sen. Zur Entstehung und politischen Ausrichtung der AfD hat die Landesstiftung NRW schon im Jahr 2013 eine der ersten wissenschaftlichen Untersuchungen herausgege- ben.3 Seit dieser Zeit hat sich die Partei, die der rechtspopulistischen Parteienfamilie in Europa zuzuordnen ist, nicht nur personell und inhaltlich verändert: Sie ist zudem zum Zeitpunkt der vorliegenden Veröffentlichung bereits in acht Landtagen vertreten und strebt in enger Kooperation mit populistischen und radikal rechten Parteien in Europa eine grundlegende und nationalistisch orientierte Kehrtwende europäischer Politik an. Innenpolitisch versucht die Partei, zentrale Errungenschaften emanzipativ orientierter sozialer Bewegungen (Frauenbewegung, Homosexuellenbewegung, antirassistische Be- wegung etc.) infrage zu stellen und einen neuen rechten Machtblock zu erschaffen. Zudem schlägt die AfD als neue rechte „Bewegungspartei“4 eine politische Brücke zu flüchtlingsfeindlichen und muslimfeindlichen Protestmilieus (z.B. Pegida) und entwickelt sich dadurch zu einem parteipolitischen Kulminationspunkt einer neuen sozialen Bewe- gung von rechts. Aus diesem Grund stellen die Entwicklung und politische Praxis der AfD für Initiativen, Institutionen und zivilgesellschaftliche Netzwerke gegen rechts eine neue Herausforderung dar. Deshalb sind wir im Rahmen dieser Studie in Dialog getre- ten mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Mobilen Beratungseinrichtungen gegen Rechtsextremismus.5 Da diese Einrichtungen beratend und informierend in den 1 Markus Grill (Correctiv-Redaktion): Anti-Islam-Kurs. Exklusiv: Email von Beatrix von Storch und das geplante Grundsatzprogramm, https://correctiv.org/blog/2016/03/11/afd-hat-neues-knall-thema/ 11.03.2016, abgerufen am 20.03.2016 2 5. AfD-Bundesparteitag: Rede von Jörg Meuthen am 30.04.2016, https://www.youtube.com/ watch?v=WcU2eLwVNsc , abgerufen am 15.05.2016 3 Häusler, Alexander/ Teubert, Horst/ Roeser, Rainer (2013):Die „Alternative für Deutsch- land“ – eine neue rechtspopulistische Partei? Materialien und Deutungen zur vertiefenden Auseinandersetzung. Heinrich Böll Stiftung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), verfügbar unter: http:// www.boell-nrw.de/sites/default/files/afd_studie_forena_hbs_nrw.pdf, abgerufen am 29.04.2016 4 Näher s. Kap. 2, 6.7, 7.1 und 8 5 Die vielen regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus haben einen Bundesverband gegründet, der über die Aktivitäten informiert: http://www.bundesverband-mobile-beratung.de/, abgerufen am 17.04.2016 1. Einleitung 7/ 226 Schnittstellen von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft tätig sind, stellen ihre beruf- lichen Erfahrungen und Wahrnehmungen einen wichtigen politischen Seismograph dar hinsichtlich der Alltagswahrnehmung aktueller Formen von Rechtsextremismus, Rechts- populismus und Rassismus. Um die Weltsicht und politische Praxis der AfD auch aus Sicht ihrer Funktionsträger ver- stehen und darstellen zu können, haben wir uns im Rahmen der Erstellung dieser Studie um die Erstellung von Interviews mit AfD-Funktionsträgern aus dem Bundesvorstand, sämtlichen Landesverbänden sowie parteiinternen Organisationen und Arbeitsgruppen bemüht. Zu unserem Bedauern erfolgten auf unsere Anfragen bei den Funktionsträgern der Partei nur negative Rückmeldungen: Von 39 angeschriebenen Funktionärinnen und Funktionären kamen, auch nach mehreren Rückfragen, nur neun Rückmeldungen. Un- ter den neun Rückmeldungen waren acht Absagen und eine Zusage, die jedoch wieder zurückgenommen wurde. Entsprechend dieser negativen Rückmeldungen konnte die ursprünglich geplante Befragung der AfD-Funktionsträger nicht umgesetzt