Bersets Überzeugungstat Vier Jahre Lang Ist Alain Berset Im Bundesrat Everybody’S Darling Geblieben
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— Samstag, 9. Juli 2016 11 Schweiz Bersets Überzeugungstat Vier Jahre lang ist Alain Berset im Bundesrat Everybody’s Darling geblieben. Doch jetzt stürzt er sich in eine Kontroverse mit ungewissem Ausgang. Warum riskiert er ausgerechnet in der Sprachenfrage so viel? Markus Häfliger und Markus Brotschi ter dem Streit um den Französischunter- richt stehe, sagt eine Person, die Berset Alain Berset, der Bundesratsjunior, der gut kennt. Dieser Trend gehe dahin, sich bisher durch Wohlverhalten ausge- dass Französisch generell immer stärker zeichnet hat, wird plötzlich politisch durch Englisch zurückgedrängt werde – frech. Mit seinem Gesetzesentwurf zur nicht nur in der Schule. Die Folge davon Sprachenfrage, den er am Mittwoch sei, dass der Austausch und das Ver- durch den Bundesrat gedrückt hat, ritzt ständnis zwischen den Landesteilen Berset an einem Tabu. Der SP-Bundesrat schwächer würden. Hinzu kommt, dass legt Hand an die Kantonssouveränität in nach Jahren der nationalen Harmonisie- Bildungsfragen, eine der heiligsten Kühe rung die föderalistischen Kräfte wieder der Schweizer Politik. Auftrieb haben, namentlich im Schul- Inhaltlich geht es auf den ersten Blick wesen. Dieser Rückzug in die eigene um Peanuts, vor allem, wenn man die Sprachregion ist die schweizerische Sprachenfrage mit Bersets Mammutpro- Spielart des Brexit, des erstarkenden jekt vergleicht, der Altersvorsorge 2020. Nationalismus in Europa. Diese Ent- Anders als dort stehen in der Sprachen- wicklung bereitet Berset Sorgen. frage weder Milliardensummen noch die Altersrenten eines ganzen Volkes auf Mahnung auf dem Rütli dem Spiel. Es geht bloss um den Stun- Berset selber hat sich jüngst an einem denplan in der Schule. Nur einen Para- ganz besonderen Ort zur Sprachenfrage grafen im Sprachengesetz will Berset än- geäussert: auf dem Rütli, beim 25-Jahr- dern, und zwar so, dass in der Primar- Jubiläum des «Wegs der Schweiz». Vor schule der Unterricht in einer zweiten 500 Schülern legte er dort am 19. Mai ein Landessprache obligatorisch ist. Ab Bekenntnis ab: «Eine Landessprache hat wann die Schüler zusätzlich auch noch nicht nur eine kommunikative, sondern Englisch lernen, überlässt der Entwurf auch eine kulturelle Dimension. Es geht weiterhin den Kantonen. Doch diese um mehr als Informationsübermittlung. winzige Gesetzesrevision hat das Poten- Wenn wir eine andere Sprache lernen, zial zum nationalen Psychodrama. tauchen wir auch in einen anderen Kul- Wie erste Reaktionen zeigen, wird turraum ein. Wir lernen dessen Werte Berset schon im Parlament auf grosse und dessen Traditionen kennen. Wenn Widerstände stossen. Und sollte er diese wir die Sprachenfrage nicht mehr ernst überwinden, ist das Referendum garan- nehmen, schwächen wir die Schweiz tiert. Der Abstimmungskampf werde von innen. Wenn diese gegenseitige Ver- hässlich werden, prognostizieren Parla- ständigung nicht mehr klappt, dann löst mentarier aus verschiedenen Parteien. sich das kulturelle Gewebe unseres Lan- Damit riskiere Berset, dass der Spra- des allmählich auf.» chenstreit zum Sprachenkrieg ausarte. Bei der Bundesintervention beruft Ob der Bundesrat eine solche Abstim- sich Berset auf die Bundesverfassung. mung gewinnen würde, ist aus heutiger Am Mittwoch zitierte er vor den Medien Sicht sehr fraglich. Und wenn er sie ver- gleich mehrfach Artikel 62, der dem liert, könnte alles noch schlimmer wer- Bund die Kompetenz gibt, harmonisie- den: Die Ostschweizer Kantone dürften rend in den Schulunterricht einzugrei- ein Volks-Nein zu einer Bundeslösung fen, wenn die Kantone die Harmonisie- erst recht als Freipass auffassen, sich um rung nicht selber schaffen. An sich habe das Französisch zu foutieren. Warum Berset keine Lust, gesetzgebend einzu- geht Berset diese Risiken ein? Warum greifen, weil er genau wisse, was ihn an setzt er ausgerechnet in der Sprachen- Reaktionen erwarte, sagt SP-Nationalrat frage so viel politisches Kapital ein? Jean-François Steiert, ein anderer Weg- geführte aus Freiburg. «Aber wenn der Der Trend ist das Problem Bundesrat einen verfassungswidrigen Bisher ist Berset Kämpfen, die er zu ver- Zustand in einem so gewichtigen Thema lieren droht, eher aus dem Weg gegan- einfach zulässt, macht das Schule.» gen. Das heisst nicht, dass seine Projekte Berset selber sagte am Mittwoch, nicht ambitioniert wären. Gerade weil sie Föderalismus bedeute nicht, dass jeder es sind, wird seine Altersvorsorge 2020 Kanton machen könne, was er wolle. scharf kritisiert, mit dem Vorwurf, die «Jeder Kanton trägt eine Verantwortung ganze Vorlage sei zu links. Doch trotzdem für sich selber, aber auch für die Ge- gibt es über Berset als Person kaum je ein «Das kulturelle Gewebe unseres Landes löst sich allmählich auf»: Bundesrat Alain Berset. Foto: Thomas Egli samtheit des Landes.» Ausser der Ver- böses Wort. Mit seinem bürgerlichen Ha- fassung betonte Berset, der Gesetzesent- bitus, seinem Esprit und seinem wel- damit zu tun, dass er ein Romand ist. Freiburgern bewusst», sagt Schwaller. gezwungen, Deutsch zu lernen, um poli- wurf bedeute noch nicht, dass die Bun- schen Charme ist der 44-Jährige auch bei Vertreter einer sprachlichen Minderheit Die welsche Sensibilität zeigt sich auch tisch Karriere machen zu können. Als desintervention unmittelbar bevor- bürgerlichen Politikern wohlgelitten. sind in solchen Fragen immer sensibler daran, dass im Bundesrat dem Verneh- 28-Jähriger verbrachte er ein Jahr als stehe. Vorerst gehe es nur darum, der Um wie viel härter und bösartiger als die Angehörigen der Mehrheit – vor men nach sogar der Waadtländer SVP- Gastforscher am Institut für Wirtschafts- seit langem schwelenden Sprachen- reden die politischen Gegner über Simo- allem, wenn sie wie Berset aus einem Vertreter Guy Parmelin den Gesetzes- forschung in Hamburg. Welcher debatte endlich einen strukturierenden netta Sommaruga! Dabei politisiert Ber- zweisprachigen Kanton kommen. entwurf unterstützt hat – gegen die Deutschschweizer Spitzenpolitiker lebte Rahmen zu geben. Diesen Rahmen soll set nicht weniger links als seine Partei- Freiburger seien geprägt durch die Mehrheitsmeinung in seiner Partei. längere Zeit in Frankreich? die Vernehmlassung bilden, die nun drei kollegin. Doch dank seinem lockeren Zweisprachigkeit, sagt der ehemalige Viele Deutschschweizer vergessen Doch der Sprachenentscheid vom Monate dauert. Anschliessend will der Umgang und seiner Souplesse federt er Freiburger CVP-Ständerat Urs Schwal- oft, wie privilegiert sie in diesem Land Mittwoch ist mehr als der Reflex einer Bundesrat nochmals über die Bücher. manche Kritik besser ab als die stets ler, Bersets langjähriger Weggefährte. sind: Eine Eveline Widmer-Schlumpf, sprachlichen Minderheit. Es gehe Berset Bersets Hoffnung ist, dass die abtrün- kontrolliert wirkende und inhaltlich oft Die Verständigung unter den Sprachge- ein Johann Schneider-Ammann oder ein nicht primär darum, ob der Franzö- nigen Kantone bis dahin Hand zu einer dogmatisch auftretende Sommaruga. meinschaften sei für den Zusammenhalt Moritz Leuenberger konnten auch mit sischunterricht in der 3., der 5. oder der Lösung bieten. Noch so gern würde er Dass Berset in der Sprachenfrage nun sowohl im Kanton wie auch in der klei- mediokren Französischkenntnissen 7. Klasse beginne. Vielmehr sorge er sich die angedrohte Entsendung des eidge- die Konfrontation sucht, hat zunächst nen Schweiz entscheidend. «Das ist den Bundesrat werden. Berset jedoch war um den langfristigen «Trend», der hin- nössischen Sprachenvogts abblasen. Mediation um fristlos entlassenen Lausanner Pfarrer ist gescheitert Verkehr: Junge Grüne kritisieren Juso Der Kündigungsstreit um Béatrice Métraux getroffene Verein- für Fatzer offensichtlich beendet. Für bezeichnet. Dies sei ganz im Sinne des barung. Die Kirchenführung, der Syno- die evangelische Kirche bedeutet dies, Kirchenrats, betonten gestern mehrere Der Plan des Bundesrats, Versuche mit Pfarrer Daniel Fatzer schwelt dalrat, machte in einer Pressemitteilung dass sie sich in den kommenden Mona- Mitglieder auf Anfrage. Das dürfte dem Mobility-Pricing zu prüfen, legt im rot- weiter. Trotzdem beendet den entlassenen Pfarrer für das Schei- ten in über einem halben Dutzend Ver- Synodalrat wiederum gar nicht passen. grünen Lager Bruchlinien offen. Die Jun- er seinen Hungerstreik. tern der Gespräche verantwortlich. Der handlungen vor dem Waadtländer In seiner Medienmitteilung schreibt er, gen Grünen kritisieren das Nein der Juso Rat schrieb, er bedaure, dass Fatzer den Arbeitsgericht stellen muss. Darüber hi- man arbeite an der Wiederaufnahme zu Roadpricing und insbesondere deren Verhandlungstisch verlassen habe. naus hat ein Pfarrer gegen den Personal- der Tätigkeiten in Saint-Laurent. Anders Vorschlag eines Gratis-ÖV als Alternative Philippe Reichen Gemäss Recherchen bot Fatzer dem chef der Kirche eine Strafklage einge- als der Kirchenrat plant der Synodalrat zu einer fahrleistungsabhängigen Beprei- Lausanne Synodalrat an, sämtliche in den letzten reicht, weil ihn dieser wegen eines Arzt- kaum mehr mit Fatzer. sung der Schiene («Bund» vom Dienstag). zwei Jahren entlassenen Pfarrer zögen zeugnisses aufgrund einer Depression Diese Idee sei ein Schwachsinn, sagt Die Mediation zwischen dem Lausanner ihre arbeitsrechtlichen Klagen zurück, vorwarf, die Krankheit zu simulieren. Es braucht ein Wunder Luzian Franzini, Co-Präsident der Jungen Pfarrer Daniel Fatzer und der evangeli- falls die Kirche deren Kündigungen auf- Der Pfarrer wurde entlassen und hat Ein nächster Konflikt zeichnet sich da- Grünen. «Würde die Mobilität nichts kos- schen Kirche des Kantons Waadt ist ge- hebe.