Rike Reiniger

Name:

Materialien zu Stück

www.Name-Sophie-Scholl.de Liebe Lehreinnen und Lehrer, hiermit erhalten Sie eine Materialmappe zu „Name: Sophie Scholl“

Die nachfolgenden Informationen wollen unsere Interpretation des Stücks – mit der wir hoffentlich viele Anlässe gegeben haben, sich weiter mit den Themen Zivilcourage und Widerstand gegen die Nazi-Diktatur zu beschäftigen – ergänzen.

Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Daniela Mitterlehner und Judith Senger

Inhaltsverzeichnis

Über das Stück ...... 3 Die Autorin ...... 4 Die weiße Rose ...... 5 Der Name ...... 6 Sophie und ...... 7 Alexander Schmorell ...... 10 Christoph Probst ...... 12 Willi Graf ...... 14 Die Prozesse ...... 15 Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofs ...... 17 Johann Reichard, der Henker ...... 18 Anregungen für die Nachbereitung ...... 19 Über uns ...... 20 Daniela Mitterlehner ...... 20 Judith Senger ...... 20 Nützliche Links ...... 21

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Über das Stück

„Ich heiße Sophie Scholl. Und da fängt das Problem auch schon an.“

Nur zufällig trägt die Jurastudentin den Namen der antifaschistischen Widerstandskämpferin. Und dieser Name ist Zumutung und Anstoß als sie in ein Betrugsverfahren verwickelt wird, in dem sie sich zwischen ihrer Kariere und der Wahrheit entscheiden muss.

Das Stück spielt in den wenigen Sekunden, in denen sie vor Gericht die Entscheidung fällen muss, entweder gegen ihren Juraprofessor auszusagen und damit ihren Studienabschluss und ihre berufliche Zukunft zu ruinieren und wahrscheinlich selbst angeklagt zu werden, oder durch ihr Schweigen, das keine negativen Folgen für sie hätte, eine Unschuldige ins Gefängnis zu bringen.

Das Stück verwebt die Biographien der fiktiven Sophie von heute und der historischen und handelt das Thema Zivilcourage ohne erhobenen Zeigefinger ab. Dabei bedient es sich einer quasi filmischen „Schnitttechnik“: Rückblenden, Reflexionen und historische Situationen werden nicht nur erzählt, sondern unmittelbar verkörpert. Die Darstellerin schlüpft hierbei in etliche Rollen, sucht aber immer wieder den unmittelbaren Kontakt zum Publikum.

Ergänzt wird dies durch Videos, die die Situation der historischen Sophie Scholl schildern und biographische Details ergänzen.

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Die Autorin

Rike Reiniger, aufgewachsen in Bochum, arbeitete in einem traditionellen Puppentheater, das den deutschsprachigen Raum bereiste. Sie studierte in Prag (Regie und Dramaturgie für Puppentheater) und Gießen (Angewandte Theaterwissenschaft), inszenierte in der freien Szene und war Mitbegründerin des interkulturellen Theater-Ensembles Kumpanya. Nach dessen Auflösung ging sie ins Engagement an die Landesbühnen Sachsen, das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen und das theater junge generation . Ihr erster Prosatext „Wolfsliebe“ erschien 2013 im Klak Verlag.

© Lena Grossmannova Rike Reiniger arbeitet als Regisseurin und Autorin und lebt in .

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Die weiße Rose

Bis in die Gegenwart gilt die Weiße Rose als bekanntestes und symbolgebendes Beispiel für den studentisch-bürgerlichen Widerstand gegen das NS-Regime innerhalb Deutschlands; in einem darüberhinausgehenden Sinn steht sie für moralische Lauterkeit, Mut (Zivilcourage) und Opferbereitschaft im Einsatz für humanistisch-demokratische Ideale vor dem

Hintergrund einer totalitären Diktatur. Quelle: Ausstellungskatalog Maison de Rhénanie-Palatinat

„Die Weiße Rose“ nannte sich eine in ihrem Kern von Studenten dominierte, sich wesentlich auf christliche und humanistische Werte aus der Tradition der bündischen Jugend berufende deutsche Widerstandsgruppe gegen die Diktatur des Nationalsozialismus. Sie entstand in der Zeit des Zweiten Weltkriegs auf Initiative eines Freundeskreises um Hans Scholl und Alexander Schmorell ab Juni 1942 in München. Zwischen Ende Februar und April 1943 wurde sie mit der Enttarnung, Verhaftung und schließlich der Hinrichtung ihrer prägenden Mitglieder nach – heute als rechtswidrig geltenden – Todesurteilen des Volksgerichtshofes unter dem Vorsitz Roland Freislers zerschlagen.

Die Gruppe verfasste, druckte und verteilte auf verschiedenen klandestinen Verbreitungswegen zunächst in der Region München selbst, später über Kuriere auch in einigen anderen Städten des NS-Staates – vor allem in Süddeutschland. Insgesamt entstanden sechs Flugblätter in unterschiedlicher, tendenziell steigender Auflage von zuletzt bis zu 9000 Exemplaren. In diesen Veröffentlichungen thematisierten sie Verbrechen des Regimes und riefen zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus auf. In der Schlussphase ihres Bestehens versuchte die Weiße Rose über Falk Harnack ihre Kontakte zu weiteren Widerstandsgruppen bis in die Reichshauptstadt Berlin und zu systemoppositionellen Kreisen der Wehrmacht auszuweiten. Nach dem Ende der Schlacht von Stalingrad bemalten ihre Mitglieder in nächtlichen Aktionen zusätzlich auch öffentliche Fassaden in München mit Parolen gegen Hitler und die NS-Herrschaft. Den inneren Kreis der Weißen Rose bildeten die beiden Geschwister Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Christoph Probst, Willi Graf sowie der Universitätsprofessor Kurt Huber.

In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 1943 verteilte die Gruppe 800 bis 1200 Flugblätter in München. Am 18. Februar kamen Hans und Sophie Scholl

5/21 gegen 10:45 Uhr durch den Haupteingang in das Universitätsgebäude. Sie trugen einen rotbraunen Koffer und eine Aktentasche, beide gefüllt mit dem sechsten Flugblatt und einer kleinen Menge des fünften. Die Geschwister legten die Flugblätter stoßweise vor den noch geschlossenen Hörsälen und in den Gängen aus. Als sie schon am rückwärtigen Ausgang Amalienstraße waren, kehrten sie um und liefen in den ersten Stock, wo sie nochmals Flugblätter ablegten. Dann rannten sie in den zweiten Stock, von wo Sophie den Rest der Flugblätter über die Brüstung in den Lichthof der Münchener Universität warf. Dabei wurden die beiden vom Hörsaaldiener Jakob Schmid entdeckt und von diesem (und anderen) so lange festgehalten, bis die Gestapo eintraf.

Der Name

„Weiße Rose“ wurde erst in der Nachkriegszeit zum Namen für die studentische Widerstandsgruppe. Der Ursprung der Namensgebung „Flugblätter der Weißen Rose“ ist letztendlich unklar. Wahrscheinlich ist, dass es mehrere Bezugspunkte gab, unter anderem der sozialkritische Roman „Die Weiße Rose“ von B. Traven. Nach seiner Verhaftung am 20. Februar 1943 gab Hans Scholl an, den Namen „willkürlich gewählt“ zu haben: „Zurückkommend auf meine Schrift ‚Die Weiße Rose‘ möchte ich … folgendes erklären: Der Name ‚Die Weiße Rose‘ ist willkürlich gewählt. …“ Es ist jedoch sicher, dass Hans Scholl mit dieser Aussage seine eigentlichen Motive verschleiern wollte.

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Sophie und Hans Scholl

©Gedenkstätte Deutscher Widerstand © Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Sophie und Hans stammten aus einer Familie, in der selbstständiges Denken geschätzt war. Der Vater Robert, Bürgermeister im schwäbischen Forchtenberg, später Wirtschaftsprüfer in Ulm, hatte im Ersten Weltkrieg den Dienst mit der Waffe verweigert und war als Sanitäter an die Front gezogen. Den Kontakt zu jüdischen Freunden und avantgardistischen Künstlern ließ er sich von den Nazis nicht verbieten. Die Mutter hatte vor ihrer Heirat als Diakonisse gearbeitet.

Vater,

Inge,

Hans,

Elisabeth,

Sophie

und

Werner Scholl

© Der Spiegel

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Wenn man sich als junger Mensch in einer so liberalen Familie emanzipieren will, muss man sich zwangsläufig für die völkische Bewegung begeistern: Kameradschaft, Volksgemeinschaft, Heimat! Hans bringt es in der Hitler- Jugend bald zum Fähnleinführer, auf dem Nürnberger Parteitag 1936 darf der Siebzehnjährige das Banner der Ulmer HJ tragen. Inge Scholl, ein Jahr älter als ihr Bruder Hans, notiert in ihrem Tagebuch: „Hans hat eine feine Radierung von Hitler. Sie hängt im Kinderzimmer. Vater hat sie am Anfang jeden Tag, wenn er vom Geschäft heimkam, weggehängt und in eine Schublade getan. Hans hat sie aber jedes Mal wieder an ihren Platz getan, bis Vater schließlich nachgegeben hat.“

Ganz andere Töne schlägt ihr Bruder mit 19 Jahren an. Aus der Militärausbildung schreibt er nach Hause: „Bei uns wird ja ordentlich mit dem Säbel gerasselt. (...) Ich verstehe die Menschen nicht mehr. Wenn ich durch den Rundfunk diese namenlose Begeisterung höre, möchte ich hinausgehen auf eine große einsame Ebene und dort allein sein.“

Seine Schwester Inge hat später verbreitet, Hans habe mit der völkischen Jugend gebrochen, als ihm sein Gruppenführer die Lektüre von Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“ verbieten wollte, das sei jüdische „Drecksliteratur“.

Doch der plötzliche Bewusstseinswandel von Hans Scholl hat noch einen anderen Grund: Er ist mit dem Gesetz in Konflikt geraten, Paragraph 175, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellt. Es war eine eher harmlose Spielerei unter Jungen, aber bei der damaligen Rechtslage hätte ihn die Sache ins Gefängnis bringen können. Hans hat Glück, kommt mit einer milden Strafe davon. Doch der Schreck ist ihm so in die Glieder gefahren und er fühlt sich moralisch derart schuldig, dass er in eine Lebenskrise gerät. Er löst sich von bisherigen Bindungen und tritt einer Untergrundgruppe bei, wo man amerikanische Countrylieder singt und verbotene Literatur liest. Auch die drei Jahre jüngere Schwester Sophie hält es nicht lange im „Bund Deutscher Mädel“, wo sie immerhin Scharführerin ist. Sie begreift nicht, warum ihre liebste Freundin Inge, mit blonden Haaren und blauen Augen das Musterexemplar einer jungen Deutschen, als Jüdin nicht erwünscht ist. Sophie selbst provoziert durch ihren dunklen Bubikopf und träumt lieber vom Biologiestudium statt von einem Dasein als Hausfrau und Mutter. Ihr Tagebuch verrät eine intensive protestantische Religiosität und waches politisches Interesse. Wenn man mit

8/21 anderen Menschen zu tun habe und sich über ihre Flüche und ihr Kriegsgefasel aufrege, müsse man immer bedenken: „- dass Gott ihretwegen Mensch geworden ist. - Was ich am wenigsten an Gott begreife, ist seine Liebe.“ Der schmerzhafte Bruch mit dem Nationalsozialismus ist unausweichlich, als deutsche Truppen am 1. September 1939 in Polen einfallen. „Ich kann es nicht begreifen, dass nun dauernd Menschen in Lebensgefahr gebracht werden von anderen Menschen.“ – schreibt die Achtzehnjährige ihrem Freund Fritz Hartnagel, der begeisterter Berufsoffizier ist und Stalingrad überleben wird. „Ich kann es nicht begreifen und finde es entsetzlich. Sag nicht, es ist für's Vaterland!“

Sophies Freundinnen sind schockiert, als sie sich weigert, Pullover und Handschuhe für die Soldaten im frostklirrenden russischen Winter zu spenden. Es sei schlimm, wenn draußen im Feld Männer erfrieren müssten, ob deutsche oder russische, erklärt sie. „Aber wir müssen diesen Krieg verlieren. Wenn wir jetzt Wollsachen spenden, tragen wir dazu bei, den Krieg zu verlängern!“ Sophie geht zwar weiter zu den Gruppenabenden des „Bundes Deutscher Mädel“ - auch weil sie mit ihren braunen Freundinnen immer noch manche Ideale teilt, doch einer guten Bekannten vertraut sie an: „Wenn Hitler mir entgegen käme und ich eine Pistole hätte, würde ich ihn erschießen. Wenn es die Männer nicht machen, muss es eben eine Frau tun! Man muss etwas machen, um selbst keine Schuld zu haben.“

Im Sommer 1942 beginnt Sophie, in München Biologie und Philosophie zu studieren. Sie wohnt bei ihrem Bruder Hans, der sich auf den Arztberuf vorbereitet, und lernt spätestens jetzt seine Freunde kennen, die sich bei regelmäßigen Diskussions- und Leseabenden über Terror und Gleichschaltung ereifern. Zu der Gruppe gehören der in Russland geborene Alexander Schmorell, der stark von katholischen Jugendgruppen geprägte Willi Graf und Christoph Probst, der mit 21 geheiratet hat und bereits zweifacher Familienvater ist.

Das Verhörprotokoll Sophie Scholls hat die Bundeszentrale für politische

Bildung veröffentlicht: https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse- rose/61044/verhoerprotokoll-sophie-scholl?p=all

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Alexander Schmorell

© spartacus-educational

„Fremden Befehlen gehorchen - das ist nichts für mich, auch nicht nach fremden Regeln zu leben. Denn nichts ist schöner als die Freiheit des Gedankens und die Selbstständigkeit des eigenen Willens, wenn man sie nicht fürchtet.“ schrieb er am 1. Mai 1936 in einem Brief an Angelika, die Schwester von Christoph Probsts. Quelle: LMU München Gedenkstätte Weiße Rose

Alexander Schmorell entstammte der Familie des ostpreußischen Pelzhändlers Karl-August Schmorell (1832–1902). Seine russische Mutter Natalia Vvedenskaja war die Tochter eines orthodoxen Priesters und ließ Alexander russisch-orthodox taufen. Als er zwei Jahre alt war, starb sie während des Bürgerkriegs an Typhus. Mit seinem Vater, dem deutschen Arzt Hugo Schmorell, und dessen zweiter Frau Elisabeth, emigrierte Alexander 1921 im Alter von vier Jahren nach München.

Er besuchte 1935 gemeinsam mit Christoph Probst das Neue Realgymnasium in München. Nach seinem Abitur 1936 wurde er zum Reichsarbeitsdienst im Allgäu eingezogen und leistete ab November 1937 den Militärdienst bei der Reitenden Artillerie der Wehrmacht ab, wobei er bereits mit dem

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Nationalsozialismus in Konflikt gekommen sein soll. 1938 nahm er als Soldat am Österreichs und anschließend am Einmarsch der Wehrmacht in die Tschechoslowakei teil. Nach seinem Wehrdienst begann der auch künstlerisch begabte Schmorell auf Anregung seines Vaters im Sommersemester 1939 ein Medizinstudium in , wo er Traute Lafrenz kennenlernte. Im Sommer 1940 musste er als Sanitätsunteroffizier am Frankreichfeldzug und an der Ostfront teilnehmen.

Im September 1940 kam Schmorell zur Weiterführung des Studiums zurück nach München, wo er Ende Juni 1941 Hans Scholl und ab Sommersemester 1942 auch Willi Graf kennenlernte. Im Herbst 1941 lernte er Lilo Ramdohr bei privaten Zeichenkursen des Ateliers von Hein König in Schwabing kennen und wurde Privatschüler bei Lilo Ramdohrs Nachbarn, dem Bildhauer Karl Baur, in der Prinzenstraße in Neuhausen.

Von Mai bis Juli 1942 verfasste er zusammen mit Hans Scholl die ersten vier Flugblätter der Weißen Rose. Ab Ende Juli 1942 nahm er zur Feldfamulatur als Sanitätsfeldwebel am Russlandfeldzug, dem „Unternehmen Barbarossa“, in der Studentenkompanie gemeinsam mit Hans Scholl, Willi Graf, Hubert Furtwängler und Jürgen Wittenstein teil. Zurück aus Russland setzte er im Wintersemester 1942/43 sein Studium in München fort.

Nach der Verhaftung von Christoph Probst und den Geschwistern Scholl versuchte Schmorell mit Unterstützung verschiedener Bekannter und mit einem gefälschten Pass über Schloss Elmau in die Schweiz zu fliehen, was aber nicht gelang. So kehrte er nach München zurück und wurde am 24. Februar 1943, dem Tag der Beerdigung seiner Freunde, in einem Luftschutzkeller am Habsburgerplatz in München erkannt, denunziert und verhaftet. Schmorell wurde am 19. April 1943 im zweiten Prozess gegen die Weiße Rose vom

Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Quelle: Wikipedia (gekürzt) In Haft verfasst Alexander Schmorell sein politisches Bekenntnis. Darin wiederholt er seine Ablehnung der nationalsozialistischen Diktatur und bekräftigt seine Forderung nach Freiheit und Gerechtigkeit. Ein Freund Schmorells plant, ihm zur Flucht aus dem Gefängnis zu verhelfen. Als Schmorell von dem Vorhaben erfährt, lehnt er ab, da er keine anderen gefährden möchte. Im Alter von 25 Jahren wird Alexander Schmorell am 13. Juli 1943 hingerichtet. Quelle: LMU München Gedenkstätte Weiße Rose

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Christoph Probst

© Gedenkstätte Deutscher Widerstand © Gedenkstätte Deutscher Widerstand Christoph „Christl“ Probst war der Sohn einer relativ wohlhabenden Familie. Durch seinen Vater, den promovierten Chemiker Hermann Probst (1886–1936), lernte er kulturelle und religiöse Freiheit kennen und schätzen. Hermann Probst war Privatgelehrter und Sanskritforscher, beschäftigte sich mit indischer Philosophie und pflegte Kontakte mit Künstlern, die im Nationalsozialismus als „entartet“ galten. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau, Christoph Probsts Mutter Katharina, geb. von der Bank, heiratete er die Jüdin Elise Jaffée, geb. Rosenthal. Probst besuchte von 1930 bis 1932 das Neue Gymnasium in Nürnberg und ab 1932 die Internatsschule Marquartstein. Christophs Schwester Angelika Probst erinnerte sich daran, dass ihr Bruder schon früh an den menschenverachtenden Ideen des Nationalsozialismus starke Kritik übte. Er besuchte 1935 gemeinsam mit Alexander Schmorell das Neue Realgymnasium in München. Nach dem Suizid seines Vaters im Mai 1936 wechselte Probst an das Landheim Schondorf, wo er 1937, mit nur 17 Jahren, das Abitur ablegte. Nach dem Arbeits- und Militärdienst bei der Luftwaffe in Oberschleißheim begann er im Sommer 1939 sein Medizinstudium an den Universitäten München, Straßburg und Innsbruck. Im Zweiten Weltkrieg leistete er Kriegsdienst an der Ostfront. Mit 21 Jahren heiratete er Herta Dohrn (1914– 2016), die Stieftochter des Regimekritikers Harald Dohrn. Probst, der während seines Medizinstudiums in München die Geschwister Scholl kennengelernt hatte, stieß erst im Januar 1943 zur Weißen Rose, da er

12/21 nicht zur selben Studentenkompanie wie Alexander Schmorell, Hans Scholl und Willi Graf gehörte, und blieb bei den Aktivitäten im Hintergrund, weil er auf seine Familie Rücksicht nahm. Er verfasste, trotz Einflussnahme auf die Texte, selbst keines der von der Weißen Rose verbreiteten Flugblätter, nur einen Entwurf für das siebte Flugblatt, den Hans Scholl bei sich trug, als er mit seiner Schwester Sophie am 18. Februar 1943 in der Universität in München die übrig gebliebenen Exemplare des sechsten Flugblattes verteilte. Als die Geschwister Scholl verhaftet wurden, hatte die Gestapo somit einen Beweis gegen Probst. Während der Verhöre und der Gerichtsverhandlung am Volksgerichtshof bat er um Gnade wegen seiner drei Kinder im Alter von drei Jahren, zwei Jahren und vier Wochen [Michael (1940–2011), Vincent (* 1941) und Katja (1943–1959)] und wegen seiner Frau, die am Kindbettfieber litt. Auch die Geschwister Scholl hatten erfolglos versucht, Probst zu schützen und möglichst viel Schuld auf sich zu nehmen, um ihn vor der Verurteilung zum Tode zu retten. Kurz vor seiner Hinrichtung ließ Probst sich vom katholischen Gefängnisgeistlichen taufen. Am 22. Februar 1943 wurde Christoph Probst mit der hingerichtet. Noch am selben Tag hatte ihn ein Dreierausschuss des Rektorats der Universität Innsbruck (damals Deutsche Alpenuniversität) „dauernd vom Studium an allen deutschen Hochschulen ausgeschlossen“.

Quelle: Wikipedia (gekürzt)

Freunde seit der Schulzeit: Christoph Probst und Alexander Schmorell. (© Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

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Willi Graf

Geboren am 2. Januar 1918 in Kuchenheim/Rheinland, zum Tode verurteilt am 19. April 1943, ermordet am 12. Oktober 1943 in Stadelheim.

Willi Graf. (© Gedenkstätte Deutscher Widerstand) Im Dezember 1942 entschließt sich der Medizinstudent Willi Graf zum aktiven Widerstand gegen die Hitler-Diktatur. Kurz zuvor ist er aus der Sowjetunion zurückgekehrt, wo er wie seine Freunde Hans Scholl und Alexander Schmorell seine "Front-Famulatur" absolvierte. Graf weiß, dass die beiden im Sommer vier regimekritische Flugblätter verbreitet haben. Nun will er sie dabei unterstützen. Seit seiner Jugend ist er Gegner des Nationalsozialismus. Seine christliche Überzeugung lässt sich nicht mit der NS-Ideologie vereinbaren.

Willi Graf wächst mit zwei Schwestern in einem streng katholischen Elternhaus in Saarbrücken auf. Ab 1929 gehört er der katholischen Jungengruppe "Neudeutschland" an, die in der Tradition der Wandervogel-Bewegung steht. Als 16-jähriger tritt Graf dem Jungenbund "Grauer Orden" bei. Er nimmt an Fahrten und Zeltlagern teil, diskutiert literarische und theologische Themen. Die Nationalsozialisten verbieten solche Jugendgruppen. Ab 1936 ist die Hitlerjugend obligatorisch, doch Willi Graf weigert sich erfolgreich einzutreten. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

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Angeklagt und verurteilt

Die Prozesse gegen die Weiße Rose

Innenansicht des Volksgerichtshofes. (© Weiße Rose Stiftung e.V.) Bundesarchiv, Bild 151-39-23 / CC-BY-SA 3.0.

Sämtliche Prozesse gegen die Mitglieder der "Weißen Rose" sowie gegen deren Unterstützerinnen und Unterstützer fanden vor dem Volksgerichtshof statt. Der Volksgerichtshof war ein politisches Gericht. Seine Aufgabe war es nicht, Recht zu sprechen, sondern vielmehr politische Gegner des Dritten Reichs zu vernichten. Der einzelne Mensch rückte dabei in den Hintergrund, die Ziele der nationalsozialistischen Staatsführung standen an oberster Stelle. Unter Roland Freisler, der seit 1942 Präsident des Volksgerichtshofs war und sich selbst als "politischer Soldat" Adolf Hitlers verstand, entwickelte sich dieses

Gericht zu einem reinen Terrorinstrument. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

Erster Prozess

Hans und Sophie Scholl wurden nach ihrer Festnahme zunächst zum Wittelsbacher Palais, der Gestapo-Zentrale, transportiert und dort getrennt bis zum 21. Februar stundenlang vernommen. Hans Scholl hatte bei seiner Festnahme einen Flugblattentwurf von Christoph Probst bei sich, sodass auch dieser festgenommen und angeklagt wurde. Die Geschwister Scholl und Christoph Probst wurden vom sogenannten „Blutrichter“ Roland Freisler am Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 22. Februar vom Henker Johann Reichhart durch das Fallbeil vollstreckt. Kurz vor der Hinrichtung sahen die Geschwister Scholl ihre Eltern ein letztes Mal.

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Zweiter Prozess

Kurt Huber, Willi Graf und Alexander Schmorell wurden am 19. April 1943 in einem zweiten Prozess vor dem Volksgerichtshof ebenfalls zum Tode verurteilt. Kurt Huber und Alexander Schmorell wurden am 13. Juli 1943 im Gefängnis München-Stadelheim enthauptet, die Hinrichtung Willi Grafs erfolgte am 12. Oktober 1943 ebenfalls durch das Fallbeil, nachdem die Gestapo über Monate hinweg versucht hatte, aus Willi Graf Namen aus dem Umfeld der

Weißen Rose herauszupressen. Quelle: Wikipedia (gekürzt)

Sophie und Hans Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell, Willi Graf und Kurt Huber wurden wie viele andere auch von Roland Freisler zum Tode verurteilt. In den Monaten nach ihrer Verhaftung und Hinrichtung verfolgte die Gestapo weiterhin aktive Sympathisantinnen und Sympathisanten der "Weißen Rose" und sprach gegen sie Todes- und hohe Freiheitsstrafen aus.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

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Roland Freisler

Präsident des Volksgerichtshofs

Biografische Notizen zu Roland Freisler, der als Präsident des Volksgerichtshofs unter anderem auch die Prozesse gegen die Mitglieder der "Weißen Rose" leitete.

Roland Freisler, 1942-45 Präsident des Volksgerichtshofes. (© Weiße Rose Stiftung e.V.)

"Der Volksgerichtshof wird sich stets bemühen, so zu urteilen, wie er glaubt, dass Sie mein Führer, den Fall selbst beurteilen würden." Am 15. Oktober 1942, knapp zwei Monate nach seiner Ernennung zum Präsidenten des Volksgerichtshofs, schrieb Roland Freisler einen Dankesbrief an . Seine Treue bekräftigte er, indem er sich Hitler als "politischer Soldat" andiente. Vier Monate später führte Freisler in München den ersten Prozess gegen die "Weiße Rose", namentlich gegen Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst. Er verurteilte die drei Studierenden zum Tode und machte sich auch sonst in seiner Amtszeit als "Blutrichter" einen furchtbaren Namen.

Das Todesurteil und die Begründung: https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse- rose/61067/todesurteil

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Johann Reichard

Von 1940 bis 1945 wurden allein durch Reichhart über 2800 Menschen hingerichtet, bis zu 32 Menschen am Tag. DPA

Mobile Fallschwertmaschine: Der Scharfrichter Johann Reichhart (Mitte) mit seinen beiden Gehilfen vor der Guillotine im Hof des Regensburger Landgerichtsgefängnisses im Jahr 1925. Die Fallschwertmaschine wurde im Gefängnis München- Stadelheim aufbewahrt und im Falle von Hinrichtungen außerhalb Münchens durch Reichhart zum Auftragsort transportiert.

© Repro: Vachenauer

Der Bayrische Rundfunk sendete 2014 einen Beitrag über „Bayerns letzten Henker“ https://www.br.de/mediathek/video/johannes-reichhart-bayerns-letzter- henker-av:585dc8553e2f290012a930eb

Auch das ZDF sendete einen kurzen Beitrag: https://www.zdf.de/kultur/kulturzeit/johann-reichhart-102.html

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Anregungen für die Nachbereitung

1. Nach dem Vorbild der Fishbowl könnten folgende Themen diskutiert werden:  Wie hätte ich gehandelt - anstelle der historischen Sophie Scholl? - anstelle der Sophie von heute?  Wäre es nicht klüger für die historische Sophie gewesen, am Leben zu bleiben um weiter gegen das NS-Regime zu kämpfen?  Wie kann ich in Situationen handeln, die meine Zivilcourage verlangen, wenn ich eben keine Heldin bin?  …. Alle Fragen, die im Zusammenhang mit dem Stück aufkommen. Dabei sitzt die ganze Klasse im Kreis um drei Stühle herum. Nur die SuS, die auf den drei Stühlen sitzen, dürfen diskutieren, können aber jederzeit durch jede/n der/die sich beteiligen möchte mit einem Schulterklopfen abgelöst werden. Sie setzen sich (ohne Widerstand!) zurück in den Kreis, können sich aber immer wieder beteiligen. 2. In kleinen Gruppen werden Spielszenen vorbereitet zu den Themen:  - Die Sophie von heute, zehn Jahre nach dem Prozess. (Das könnte auch eine Aufgabe für alle sein.)  Sophie und Frau Mühl treffen sich nach dem Prozess.  Die Kommilitonen fangen Sophie vor dem Prozess ab und versuchen, sie zu überreden, nicht auszusagen.  Die historische Sophie hat überlebt und lebt 60 Jahre später im Altersheim.  … oder eine Situation, die den SuS besonders wichtig war in verschiedenen Variationen spielen…

3. Die SuS denken sich in Kleingruppen von etwa 4 Personen eine Situation aus, in der Zivilcourage gefordert ist. Vorbereitungszeit 10 Minuten, Spieldauer pro Gruppe höchstens 2 Minuten. Die SuS können frei entscheiden zwischen den Vorgaben.

Denkt euch eine Situation aus die ähnlich gelagert ist wie der aktuellen Sophies. 1. In die ihr selbst hineingeraten könntet, z.B. soll ein Mitschüler von der Schule fliegen, weil er angeblich etwas zerstört/gestohlen hat. Du weißt, dass es nicht so ist, weil du an dem Tag mit gefälschter Unterschrift geschwänzt hast, was zu großem Ärger mit Lehrern und Eltern führt oder kannst nicht beweisen, dass du es nicht warst. Oder: Du hast abgeschrieben von jemanden, den du nicht leiden kannst. Jetzt soll die Arbeit desjenigen mit 0 Punkten bewertet werden. 2. Denkt euch eine Situation aus, die ähnlich gelagert ist wie die der Sophie von heute, die im Berufsleben spielt. 3. Denkt euch frei eine Situation aus, die ähnlich gelagert ist wie die der Sophie von heute.

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Über uns

Daniela Mitterlehner Daniela Mitterlehner steht seit ihrem 15. Lebensjahr auf der Bühne. Nach einem Studium der Informations- und Kommunikationspädagogik absolvierte sie eine Schauspielausbildung in Wien, die sie mit der staatlich anerkannten Bühnenreifeprüfung vor der Paritätischen Prüfungskommission abschloss. Seither ist sie als freie Schauspielerin in verschiedenen Ensembles und mit Solo-Stücken in Deutschland und Österreich tätig. Ab und zu führt sie auch Regie im Kabarettbereich, ist als Event-Moderatorin und als Jongleurin tätig. Von Anfang an war das Kinder- und Jugendtheater und dessen interaktive Nachbereitungen an Schulen einer ihrer großen Schwerpunkte. Sie spielte u. A. am Theater für die Jugend/Märchenalm in Burghausen und tourte mit dem Wiener Forumtheater und der Kulturschule Leipzig durch Schulen in ganz Deutschland und ganz Österreich. Seit 2018 lebt sie in Leipzig.

Judith Senger Nach einer Schauspielausbildung, einigen Erfahrungen als Schauspielerin und einem Magisterstudium der Germanistik und Theaterwissenschaften war Judith Senger Regieassistentin an der Oper Bremen und dem Staatstheater Darmstadt, darüber hinaus u.a. an der Sommerakademie für bildende Kunst, Salzburg. Es folgten Regiearbeiten u.a. am Staatstheater Darmstadt, Theater Münster und Neustreelitz, Staatsoper Mannheim, Landestheater Linz. Vier Jahre lang leitete sie eine freie Gruppe, die sich ausschließlich mit Werken Shakespeares befasste. Neben insgesamt fünf Regiearbeiten am Landestheater Linz hatte sie dort acht Premieren mit dem Jugendclub. Ihre theaterpädagogische Arbeit setzte sie anschließend in hauptsächlich für das Schultheaterstudio fort, es folgten mehrere Regiearbeiten u.a. für die Gassensensationen Heppenheim, das UnArt-Festival am Schauspiel Frankfurt, das sie zweimal mit ihrer jeweiligen Gruppe gewann, dazu ein Lehrauftrag an der Uni Gießen und eine weitere Ausbildung zum systemischen Coach an der Hochschule Rhein-Main www.Judith-Senger.de

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Nützliche Links

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat umfassendes Material zum Thema: https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/

Die Weiße Rose Stiftung e.V. (gehört zur LMU München) bietet Informationen und Materialien für den Unterricht: https://www.weisse-rose-stiftung.de/

Das Fritz Bauer Institut hat ein umfangreiches Angebot an Unterrichtsmaterialien, aber auch Workshops an Schulen, Lehrerfortbildungen …: https://www.fritz-bauer- institut.de/angebote

Ein Interview mit dem Sohn des verhörenden Beamten im „Spiegel“, der nach eigenen Angaben versuchte Sophie Scholl vor der Todesstrafe zu bewahren: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39447071.html

So ein herrlicher sonniger Tag, und ich muss gehen Else Gebel 1945 in einem Brief an die Eltern der Geschwister Scholl Else Gebel (* 5.7.1905 in Augsburg; † 1964 in München) war Mitglied einer Widerstandsgruppe und saß im Februar 1943 in der Münchener Gestapo-Leitstelle im Wittelsbacher Palais in Untersuchungshaft. Else Gebel war im Wittelsbacher Palais zusammen mit Sophie Scholl in einer Zelle untergebracht. Else Gebel war der Mensch, mit dem Sophie Scholl - abgesehen von dem Gestapo-Beamten Robert Mohr, den sie als "dein Sachbearbeiter" bezeichnet - in den letzten fünf Tagen ihres Lebens den intensivsten Kontakt hatte. Der Bericht von Else Gebel: http://www.mythoselser.de/texts/scholl-gebel.htm

Nützliche Links zum Thema Zivilcourage: http://www.jugendnetz-berlin.de/de/engagement/zivilcourage.php Sammlung von Links zum Thema https://www.aktion-tu-was.de/ Tipps der Polizei http://www.bpb.de/shop/lernen/themen-und-materialien/37246/zivilcourage-lernen- analysen-modelle-arbeitshilfen Bundeszentrale für politische Bildung.

Zivilcourage lernen: Analysen – Modelle – Arbeitshilfen Gerd Meyer / Ulrich Dovermann / Siegfried Frech / Günther Gugel (Hrsg.) Die einzelnen Beiträge des Buchs können auch als PDF heruntergeladen werden. https://www.schule-ohne-rassismus.org/startseite/ https://www.aktion-zivilcourage.de/arbeitsbereiche/bilden/jugendliche/starke- jugendliche/ https://www.aktion- zivilcourage.de/arbeitsbereiche/bilden/jugendliche/news/widersprechen-aber-wie-/ https://www.pedocs.de/frontdoor.php?source_opus=561 https://jugend-und-bildung.de/arbeitsmaterial/basta-nein-zur-gewalt/ https://netzwerk-courage.de/

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