StadionweltStadionwelt Nr. 17 3,50 € Das - und Stadionmagazin www.stadionwelt.de April / Mai 2006

ENDE EINES MYTHOS? Englands Fankultur in der Krise

CASS im Interview West Hams Hooligan- Legende über Gewalt, Fanliteratur und die WM 2006

Serie WM-Stadien Fanszene St. Pauli Afrika-Special Szene Panathinaikos AWD-ARENA WM-Stadt Hannover 13 Seiten mit Poster

SZENE: DRESDEN, MANNHEIM, GRONINGEN · SPIELBERICHTE · FAN-NEWS UND -FOTOS · STADIEN POLEN

s001_titel 17.indd 1 27.03.2006 00:27:00 Fan-News Vorwort/Inhalt

Liebe Leser, In dieser Ausgabe während der Winter, der ja als solcher schon Skandal genug war, 20 Ende eines Mythos? sich schleicht, lässt er allenthaben Englands Fankultur in der Krise Fußball-Aufreger im Morast zurück. Mit diesem Moder müssen wir uns an dieser Stelle nicht beschäftigen. FAN-NEWS Eishockey ...... 96 Aber warum sollten wir nicht zum Fußball Deutschland Beispiel noch einmal genüsslich Köln, Cottbus, Schalke / Nürnberg, TITEL Revue passieren lassen, wie neulich TeBe – Babelsberg, Fanclubnamen...... 8 Ende eines Mythos: Junior-Groundhopper, Wolfsburg, Hamburg. . . . . 9 · You’re not singing anymore...... 20 Eisschollen auf dem Hambuger Schalke, DFL, Rostock ...... 10 · „Typisch für England? Die Meckerei“ Stadiondach „ja mit Blick auf Mönchengladbach, Wolfsburg, Hamburg . . . . . 50 Interview mit D. Boyle, Supporters Direct . . . . 22 die WM sehr bedenklich“ waren. FIFA kämpfte gegen Rassismus ...... 51 · „Einen Kontrapunkt setzen“ Perspektive Aufstieg: , Koblenz . . . .52 Interview mit den LUFC ...... 24 Dies zumindest aus der irgendwie Kurz notiert, Babelsberg, Leipzig, Karlsruhe. . . 56 · Einsame Rufer in der Wüste seltsamen Perspektive des um das Wuppertal: Wilde Zeiten am Zoo ...... 57 Englands Fanzine-Landschaft ...... 26 Köln: Sippenhaft-Paragraph verhindert ...... 58 · „Eine Subkultur wie Punks, Turnier im Sommer besorgten TV- Teds und Skinheads“ Fußball International Interview mit Hool-Legende Cass Pennant . . . . 27 Reporters. Österreich: Salzburg, Austria Wien, Innsbruck, Gesetzesverschärfungen ...... 70 Schweiz: Aarau, Neue Gesetze, St. Gallen. . . . 71 WM 2006 Jedoch ist Deutschland mittlerweile Italien: Catania, Pescara, Juve, Gruppen- „Von der WM erwarte ich gar nichts“ für die „WM in Gefahr!“ sensibilisiert, aufl ösungen, Politik in der Kurve...... 80 Ein Nationalelf-Allesfahrer im Gespräch...... 62 Niederlande, Rumänien, England ...... 90 dass es uns bestimmt mulmig würde, Kolumne: Leben in Vier-Jahres-Abschnitten . . . 64 Frankreich: , ...... 91 Off WM ...... 65 hätten die Gefahrensucher nicht Eishockey Tickets: Kleine Siege im Spiel auf Zeit ...... 68 täglich neue Risiken im Visier. Der Abstiegsregel: Protest gegen Abschaffung . . . 97 deutsche Fußball, ja Deutschland an STATISTIK SPIELBERICHTE sich kann nix, damit hatten wir uns : Schönwetterfans?, Kurze Wege Deutschland in den WM-Städten, Erstligastädte ...... 69 beinahe schon abgefunden. Aber man Preußen Münster – VfL Osnabrück...... 12 Zuschauertabelle: Top 100 ...... 98 bereitet uns weiterhin ein Wechselbad 1. FC Köln – Bayer Leverkusen...... 13 der Gefühle. Mit gravitätischen International AC Mailand – FC Bayern München ...... 22 ARENA-NEWS Worten postulierte etwa ARD-Mann Deutschland Steffen Simon im Anschluss an die FAN-SZENE NBA in der Kölnarena: Run auf die Riesen . . . 94 Übertragung des Sieges gegen die Deutschland Dynamo Dresden: „Die Leute im Stadion STADION-PORTRÄT USA, jetzt müsse Schluss sein mit ziehen wieder richtig mit“...... 16 Deutschland dem Negativ-Denken. St. Pauli: Hannover: AWD-Arena Aber dürfen wir denn überhaupt noch · Das Modell St. Pauli ...... 42 · Poster AWD-Arena...... 66 · Interview: Fanbeauftragter H. Schlesselmann . 44 · Tribünen auf Zeitreise: hoffen, so lange es in Deutschland · Historie ...... 46 · Das Stadion im Porträt ...... 99 zugelassen wird, dass der notorische · Daten & Fakten ...... 48 · Daten und Fakten ...... 102 · Freunde und Feinde ...... 49 · Historie: Erfolgreiche Einfl ussnahmen . . . . 104 Jens Lehmann an Oliver Kahns · Interview: Marc Schulitz, Leitender Architekt . 106 Pfosten-Posten sägt? Ja. Das gaben International · WM-Stadt Hannover: Feiern in der City . . . . 107 FC Groningen: Das Gesicht des Nordens . . . . 72 · Das Positive überwiegt: uns Bayern und Kerner im ZDF zu Panathinaikos Athen: · Stimmen zum Stadion...... 108 verstehen. · 40 Jahre für Panathinaikos ...... 82 Wuppertal: Neubeginn mit 82 ...... 112 · Mehr als nur Fußball...... 84 · Die Heimat: Stadion Apostolos Nikolaidis . . . 85 Manni Breuckmann, in einer DSF- · Freunde und Feinde / Historie ...... 87 AFRIKA-SPECIAL Talkrunde mehr oder weniger sanft · Interview: Gate 13, Daten und Fakten . . . . . 88 Afrika-Cup 2006: Die Stadien ...... 116 Hapoel Tel Aviv: Workers of the world, unite!. . 92 Porträt: Durban, Kings Park Absa . . 118 darauf hingewiesen, er sei ja nicht : Wo Ajax nicht heißt nur Journalist, sondern auch Bürger ATMOSPHÄRE dieses Landes, gab – einigermaßen Impressionen ...... 4 STADION-NEWS indigniert – zu verstehen: „Während Deutschland Deutschland der WM bin ich Journalist, Burghausen, München, Stuttgart – Dortmund, München: Arena-Allianz in Nöten ...... 114 Cottbus, Saarbrücken, Mönchengladbach, Mönchengladbach, Bielefeld, sonst nichts!“ Danke, Manni. Bielefeld, Karlsruhe, Kaiserslautern, Bremen, Karlsruhe, Heidelberg ...... 115 Leverkusen / Offenbach, Nürnberg, Duisburg, Schmusebären setzt man uns genug Essen, Schalke, Oberhausen, Münster, Darm- International vor. Jeden Abend im Doppelpack. stadt, Halle – Leipzig, Union, HSV – BVB ...... 34 Barcelona, London, Kapstadt, Madrid, Manchester ...... 124 Auch während der WM. Aber auch Atmo-Oldies ...... 58 dieser WM-Gefahr sehen wir tapfer International Amsterdam, Enschede, Paris, Marseille, Lens, STADIONWELTEN ins Auge! Luzern, Aarau, Basel, Boca Juniors, Lazio Rom, International Sporting Lissabon, Olympiakos Piräus, Benfi ca Polen: Viel Neues im Osten ...... 126 Lissabon, Bröndby Kopenhagen, Rapid Wien, Die Redaktion Stettin, Bialystok...... 74 Rätsel / Impressum ...... 130

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Liebe Leser, In dieser Ausgabe während der Winter, der ja als solcher schon Skandal genug war, 20 Ende eines Mythos? sich schleicht, lässt er allenthaben Englands Fankultur in der Krise Fußball-Aufreger im Morast zurück. Mit diesem Moder müssen wir uns an dieser Stelle nicht beschäftigen. FAN-NEWS Eishockey ...... 96 Aber warum sollten wir nicht zum Fußball Deutschland Beispiel noch einmal genüsslich Köln, Cottbus, Schalke / Nürnberg, TITEL Revue passieren lassen, wie neulich TeBe – Babelsberg, Fanclubnamen...... 8 Ende eines Mythos: Junior-Groundhopper, Wolfsburg, Hamburg. . . . . 9 · You’re not singing anymore...... 20 Eisschollen auf dem Hambuger Schalke, DFL, Rostock ...... 10 · „Typisch für England? Die Meckerei“ Stadiondach „ja mit Blick auf Mönchengladbach, Wolfsburg, Hamburg . . . . . 50 Interview mit D. Boyle, Supporters Direct . . . . 22 die WM sehr bedenklich“ waren. FIFA kämpfte gegen Rassismus ...... 51 · „Einen Kontrapunkt setzen“ Perspektive Aufstieg: Augsburg, Koblenz . . . .52 Interview mit den LUFC Ultras ...... 24 Dies zumindest aus der irgendwie Kurz notiert, Babelsberg, Leipzig, Karlsruhe. . . 56 · Einsame Rufer in der Wüste seltsamen Perspektive des um das Wuppertal: Wilde Zeiten am Zoo ...... 57 Englands Fanzine-Landschaft ...... 26 Köln: Sippenhaft-Paragraph verhindert ...... 58 · „Eine Subkultur wie Punks, Turnier im Sommer besorgten TV- Teds und Skinheads“ Fußball International Interview mit Hool-Legende Cass Pennant . . . . 27 Reporters. Österreich: Salzburg, Austria Wien, Innsbruck, Gesetzesverschärfungen ...... 70 Schweiz: Aarau, Neue Gesetze, St. Gallen. . . . 71 WM 2006 Jedoch ist Deutschland mittlerweile Italien: Catania, Pescara, Juve, Gruppen- „Von der WM erwarte ich gar nichts“ für die „WM in Gefahr!“ sensibilisiert, aufl ösungen, Politik in der Kurve...... 80 Ein Nationalelf-Allesfahrer im Gespräch...... 62 Niederlande, Rumänien, England ...... 90 dass es uns bestimmt mulmig würde, Kolumne: Leben in Vier-Jahres-Abschnitten . . . 64 Frankreich: Paris, Marseille ...... 91 Off WM ...... 65 hätten die Gefahrensucher nicht Eishockey Tickets: Kleine Siege im Spiel auf Zeit ...... 68 täglich neue Risiken im Visier. Der Abstiegsregel: Protest gegen Abschaffung . . . 97 deutsche Fußball, ja Deutschland an STATISTIK SPIELBERICHTE sich kann nix, damit hatten wir uns Bundesliga: Schönwetterfans?, Kurze Wege Deutschland in den WM-Städten, Erstligastädte ...... 69 beinahe schon abgefunden. Aber man Preußen Münster – VfL Osnabrück...... 12 Zuschauertabelle: Top 100 ...... 98 bereitet uns weiterhin ein Wechselbad 1. FC Köln – Bayer Leverkusen...... 13 der Gefühle. Mit gravitätischen International AC Mailand – FC Bayern München ...... 22 ARENA-NEWS Worten postulierte etwa ARD-Mann Deutschland Steffen Simon im Anschluss an die FAN-SZENE NBA in der Kölnarena: Run auf die Riesen . . . 94 Übertragung des Sieges gegen die Deutschland Dynamo Dresden: „Die Leute im Stadion STADION-PORTRÄT USA, jetzt müsse Schluss sein mit ziehen wieder richtig mit“...... 16 Deutschland dem Negativ-Denken. St. Pauli: Hannover: AWD-Arena Aber dürfen wir denn überhaupt noch · Das Modell St. Pauli ...... 42 · Poster AWD-Arena...... 66 · Interview: Fanbeauftragter H. Schlesselmann . 44 · Tribünen auf Zeitreise: hoffen, so lange es in Deutschland · Historie ...... 46 · Das Stadion im Porträt ...... 99 zugelassen wird, dass der notorische · Daten & Fakten ...... 48 · Daten und Fakten ...... 102 · Freunde und Feinde ...... 49 · Historie: Erfolgreiche Einfl ussnahmen . . . . 104 Jens Lehmann an Oliver Kahns · Interview: Marc Schulitz, Leitender Architekt . 106 Pfosten-Posten sägt? Ja. Das gaben International · WM-Stadt Hannover: Feiern in der City . . . . 107 FC Groningen: Das Gesicht des Nordens . . . . 72 · Das Positive überwiegt: uns Bayern und Kerner im ZDF zu Panathinaikos Athen: · Stimmen zum Stadion...... 108 verstehen. · 40 Jahre für Panathinaikos ...... 82 Wuppertal: Neubeginn mit 82 ...... 112 · Mehr als nur Fußball...... 84 · Die Heimat: Stadion Apostolos Nikolaidis . . . 85 Manni Breuckmann, in einer DSF- · Freunde und Feinde / Historie ...... 87 AFRIKA-SPECIAL Talkrunde mehr oder weniger sanft · Interview: Gate 13, Daten und Fakten . . . . . 88 Afrika-Cup 2006: Die Stadien ...... 116 Hapoel Tel Aviv: Workers of the world, unite!. . 92 Porträt: Durban, Kings Park Absa Stadium . . 118 darauf hingewiesen, er sei ja nicht Groundhopping: Wo Ajax nicht Amsterdam heißt nur Journalist, sondern auch Bürger ATMOSPHÄRE dieses Landes, gab – einigermaßen Impressionen ...... 4 STADION-NEWS indigniert – zu verstehen: „Während Deutschland Deutschland der WM bin ich Journalist, Burghausen, München, Stuttgart – Dortmund, München: Arena-Allianz in Nöten ...... 114 Cottbus, Saarbrücken, Mönchengladbach, Mönchengladbach, Bielefeld, sonst nichts!“ Danke, Manni. Bielefeld, Karlsruhe, Kaiserslautern, Bremen, Karlsruhe, Heidelberg ...... 115 Leverkusen / Offenbach, Nürnberg, Duisburg, Schmusebären setzt man uns genug Essen, Schalke, Oberhausen, Münster, Darm- International vor. Jeden Abend im Doppelpack. stadt, Halle – Leipzig, Union, HSV – BVB ...... 34 Barcelona, London, Kapstadt, Madrid, Manchester ...... 124 Auch während der WM. Aber auch Atmo-Oldies ...... 58 dieser WM-Gefahr sehen wir tapfer International Amsterdam, Enschede, Paris, Marseille, Lens, STADIONWELTEN ins Auge! Luzern, Aarau, Basel, Boca Juniors, Lazio Rom, International Sporting Lissabon, Olympiakos Piräus, Benfi ca Polen: Viel Neues im Osten ...... 126 Lissabon, Bröndby Kopenhagen, Rapid Wien, Die Redaktion Stettin, Bialystok...... 74 Rätsel / Impressum ...... 130

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Liverpool, Anfi eld Road Ist es so schlecht um die englische Fankultur bestellt (siehe auch Titelthema ab S. 20), dass die Ordner an der Anfi eld Road das Spiel liegend verfolgen können? Tatsächlich sitzen die Zuschauer in den ersten Reihen jedoch so niedrig, dass die Ordner ihnen stehend die Sicht nehmen würden – daher die vermeintlich lässige Pose. Foto: Stadionwelt

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Liverpool, Anfi eld Road Ist es so schlecht um die englische Fankultur bestellt (siehe auch Titelthema ab S. 20), dass die Ordner an der Anfi eld Road das Spiel liegend verfolgen können? Tatsächlich sitzen die Zuschauer in den ersten Reihen jedoch so niedrig, dass die Ordner ihnen stehend die Sicht nehmen würden – daher die vermeintlich lässige Pose. Foto: Stadionwelt

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004-007_hingucker.indd 4 26.03.2006 17:13:47 004-007_hingucker.indd 5 26.03.2006 17:14:10 Impressionen

12. März 2006 Hansa Rostock – Wacker Burghausen 24 Stunden „auf d’Fiaß“, also unterwegs, war Burghausen- Fan Henrik Seydak für das Auswärtsspiel in Rostock. Ein Rekord ist das allerdings nicht, denn von Freiburg nach Rostock ist es noch weiter. Foto: Suptras

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11. März 2006 Fortuna Düsseldorf – Rot-Weiß Erfurt Während Fortuna-Torwart Patrick Deuß sich den Weg zu seinem Arbeitsplatz erst freikämpfen musste, gelangte ein Erfurter Fan nach dem Spiel fast unbehelligt zum Mittel- kreis, um dort die Hosen hinunter zu lassen. Was er damit sagen wollte, blieb unerforscht. Vielleicht hatte der Mann mit der HSV-Mütze sich aber einfach nur im Spiel geirrt. Fotos: Christof Wolff Stadionwelt April/Mai 2006 7

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Köln: Tödlicher Leichtsinn oder Vereinsliebe? „Mer jonn mit Dir“, heißt es im Köl- ner Vereinslied, „wenn et sin muss durch et Füer“ … oder durch das Wasser des Rheins, dessen Tempe- ratur an manchen Tagen nur knapp über dem Gefrierpunkt liegt. So auch vor dem Spiel des FC gegen Leverkusen, als einem 18-jährigen Fan auf der Deutzer Brücke Karte aus der Hand und hinunter in den Fluss fi el. Fehlt hier irgendwas? Tebe-Fans sehen ein nie gefährdetes 2:0 Foto: Christopher Koschwitz Er riss sich kurzerhand die Klamot- ten vom Leib und sprang hinterher. Babelsberg / TeBe 50 Meter fl ussabwärts – Zeugen hatten nach dem 15-Meter-Sprung Geisterspiel mal anders: Die Spieler blieben draußen bereits die Feuerwehr alarmiert – kletterte er wieder aus dem Was- Es war bereits die vierte wetter- ausgeht. Nach kurzer Abspra- haben wir 2:0 gewonnen, davon ser, die Karte in der Hand. Und das bedingte Absage in Folge, aber che war klar: Neben dem (ech- ein Tor durch Elfmeter. In der alles für ein 0:3 im Derby. die befreundeten Fans von Tebe ten) Unparteiischen fanden sich Halbzeit wurde das Spiel dann und dem SV Babelsberg rund 30 Berliner und 20 Babels- abgebrochen“, informiert Tebe- waren heiß auf Fußball. Und wer berger im ein Fan Denis Roters. Cottbus: 60 Liter? 60 Kisten! behauptet eigentlich, dass dafür und erfreuten sich an einem So kam es dann, dass den Fans Es war eine Menge Alkohol im 22 Spieler in zwei unterschied- imaginären Spiel mit Support, mit ihrer spaßigen Aktion gelang, Spiel, als Cottbuser Fans sich lichen Trikotfarben notwendig jede Gruppe in ihrem Block, den was ihre Kicker derzeit vergeblich mittels eines einfachen, aber of- sind? Eigentlich reicht doch ein gerade trainierenden Leichtath- versuchen: Sie schafften es in fensichtlich recht offi ziell ausse- Schiedsrichter, der sagt, wie es leten zum Trotz. „Und am Ende die internationale Presse. henden 1860-Schlüsselbandes aus dem Löwen-Fanshop Zugang zu dem eigentlich geschlossenen Warum heißt ein Fanclub eigentlich… Oberrang der Allianz Arena ver- schafften. Als sie dann dort die ...Klutis? ser Kategorie nicht auf, erschei- die Abstimmung ergab ein 2:2. Trikot-Blockfahne des Sponsors In der Gemeinde Ennepetal er- nen sie doch zu wenig kurios oder Einer ließ sich umstimmen, der Festina vorfanden, wechselte die- zählt man sich die Sage eines einfach zu selbsterklärend. Eine andere war stinksauer und hat se kurzfristig den Besitzer. Fuchses, dem die Menschen Ausnahme gibt es allerdings, den Fanclub dann recht schnell Festina selbst nahm die Sache des Ortes folgten, und die so denn es stellt sich die Frage, wa- verlassen.“ In den folgenden mit Humor und bot den Cottbu- die Kluterthöhle entdeckten. rum die „Aachen Ultras“ als einzi- zehn Jahren sollte KdGH zum sern eine Auslöse von 60 Litern Die Höhle ist heute zu einer ge unter den großen Gruppen den Sammelbecken der Hamburger Bier an. Zu wenig, befanden die Anlaufstelle für Asthmakranke Stadtnamen nach vorne stellen. Allesfahrer werden und hatte Lausitzer und erklärten, dass 60 geworden, der Fuchs wurde „Wir haben uns für diese Variante in der Hochzeit 17 Mitglieder, Kisten angemessen wären. Eine zum Wahrzeichen der Gemein- entschieden, weil wir damit zuerst die noch bei der Gründungs- abschließende Verhandlungsrun- de. Er erhielt den Namen Kluti, unsere Verbundenheit zu unserer versammlung des HSV-Sup- de führte dann zur Einigung. Ge- der 1992 auch vom örtlichen Heimatstadt sowie zu unserem porters-Clubs mit seinen heute gen eine Spende von 1.200 Euro Fanclub des FC Schalke 04 Verein und dann erst den zweit- fast 30.000 Mitgliedern fast an die Kinderkrebsstation des übernommen wurde. „Früher im rangigen Faktor – den Ultrà-Ge- ein Viertel ausmachten. Kurio- Cottbuser Krankenhauses wurde Parkstadion, als wir noch rich- danken – zum Ausdruck bringen serweise leben die meisten die Fahne den Münchnern schließ- tig fahnengeil waren und diese wollten“, sagt ein Mitglied der Mitglieder bis heute über diver- lich wieder übergeben. immer hing, wurden wir ständig Gruppe, „die Begründung liegt se Bundesländer verstreut, in gefragt, was das bedeutet“, darin, dass Lokalpatriotismus Hamburg selbst aber nur ein sagt Thorsten Machelett, der in unseren Augen beim Fußball Bruchteil. Obwohl nach nun 18 Ahlen: Vorsitzende der 13 Klutis, „heu- eine große Rolle spielt.“ Zudem: Jahren auch einige KdGHler Übersichtlicher Gästeblock te ist der Name so etabliert, „Wenn die anderen so heißen, Familie haben, wird noch jedes Die Konstellation war äußert un- dass kaum einer meinen richti- ist uns das zwar einerseits recht HSV-Heim- und Auswärtsspiel günstig: ein Freitagstermin, eine gen Vornamen kennt und mich egal, andererseits wollen wir aber mit mehreren Mitgliedern ange- weite Anreise und jede Menge nur mit ,Kluti‘ anspricht.“ gerade auch beim Namen etwas steuert. Übrigens: die aktuelle Schnee. So schaffte es neben Besonderes darstellen.“ Zaunfahne ist schon die sechs- zwei LR-Fans aus dem süddeut- …Aachen Ultras? te (in dieser Form allerdings schen Raum nur ein einziger Normalerweise tauchen jene …Kap der Guten Hoffnung? erst die dritte) ihrer Art und ihr unentwegter Anhänger aus dem Gruppen, in denen Stadt- oder Es handelt sich nicht etwa um ei- Old-School-Look erinnert noch westfälischen Ahlen zum Spiel Vereinsname mit einem schlich- nen Fanclub des Hamburger SV, immer an die Variante der An- nach Burghausen. ten „Ultras“ verknüpft ist, in die- von der an der Südspitze Afrikas, fangszeit. Der Lohn für Tobias Werning: Er „sondern der Name ist mir beim durfte die Heimreise im Auto des Joggen eingefallen“, sagt Grün- Managers Frank Aehlig antreten. dungsmitglied Jörn Helms, „weil Schon in der Woche darauf stell- es dem HSV damals, obwohl er te sich der Ruhm für den 18-Jäh- amtierender Pokalsieger war, rigen ein. Das DSF beobachtete ziemlich schlecht ging“. Doch da- seine Emotionen im Heimspiel mit war das Kind noch lange nicht gegen Aue mit einer eigens auf geboren. „Bei der Gründung am ihn fokussierten Kamera und 13. Februar 1988 stand auch der streute die Bilder in seinen Spiel- Foto: Aachen Ultras Name ‚Globetrotter‘ im Raum, und Foto: KdGH bericht ein.

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Köln: Tödlicher Leichtsinn oder Wattenscheid / Köln Vereinsliebe? „Mer jonn mit Dir“, heißt es im Köl- Zum Groundhopper erzogen ner Vereinslied, „wenn et sin muss durch et Füer“ … oder durch das Typisches Groundhopperschick- was die Vereinsliebe angeht, ist Wasser des Rheins, dessen Tempe- sal ist es, dass viele die gan- Paul noch nicht ganz gefestigt, ratur an manchen Tagen nur knapp ze Anzahl ihrer „gemachten“ er verteilt seine Sympathien über dem Gefrierpunkt liegt. So Grounds nie erfahren werden. bisher gleichmäßig auf Watten- auch vor dem Spiel des FC gegen Wenn den Eltern auch auf Nach- scheid 09 und Schalke 04. Leverkusen, als einem 18-jährigen frage partout nicht einfällt, in Die Sprösslinge der Familie Fan auf der Deutzer Brücke seine welche Stadien man als Kind Briele aus Bonn verbringen ihre Karte aus der Hand und hinunter in mitgenommen wurde, bleibt die Zeit ebenfalls weitaus öfter als den Fluss fi el. Fehlt hier irgendwas? Tebe-Fans sehen ein nie gefährdetes 2:0 Foto: Christopher Koschwitz Frage leider unbeantwortet. ihre Altersgenossen auf den Er riss sich kurzerhand die Klamot- Paul Jermann aus Essen kann Fußballplätzen der Welt. Robert, ten vom Leib und sprang hinterher. Babelsberg / TeBe das nicht passieren. Vater Mar- inzwischen fünfeinhalb, hat 75 1. FC Nürnberg – Werder Bremen Foto: pumuckl94.de 50 Meter fl ussabwärts – Zeugen tin führt im Internet penibel Liste Grounds in drei Ländern auf hatten nach dem 15-Meter-Sprung Geisterspiel mal anders: Die Spieler blieben draußen über das Junior-Hopping seiner Liste („darunter so Sa- Nürnberg bereits die Feuerwehr alarmiert Sechsjährigen. „Viele Plätze im chen wie Neapel“, sagt der Papa – kletterte er wieder aus dem Was- Es war bereits die vierte wetter- ausgeht. Nach kurzer Abspra- haben wir 2:0 gewonnen, davon Ruhrgebiet sind darunter, und Georg, ein Fan des 1. FC Köln). Alternativ und kreativ ser, die Karte in der Hand. Und das bedingte Absage in Folge, aber che war klar: Neben dem (ech- ein Tor durch Elfmeter. In der am 22. April macht er in Fulham Schwester Charlotte feierte erst alles für ein 0:3 im Derby. die befreundeten Fans von Tebe ten) Unparteiischen fanden sich Halbzeit wurde das Spiel dann seinen ersten Länderpunkt.“ Fra- kürzlich ihren dritten Geburtstag, Den Namen „easyCredit-Stadion“ an die größte Nürnberger Fußball- Berlin und dem SV Babelsberg rund 30 Berliner und 20 Babels- abgebrochen“, informiert Tebe- ge an den Erziehungsberechtig- kann deshalb noch nicht bis 41 sprechen die Ultras Nürnberg in ih- legende erinnert: „Max-Morlock- waren heiß auf Fußball. Und wer berger im Mommsenstadion ein Fan Denis Roters. ten: „Und schaut er denn auch zählen – aber so viele Kreuze rer Presseerklärung erst gar nicht Stadion soll für FCN-Fans eine Cottbus: 60 Liter? 60 Kisten! behauptet eigentlich, dass dafür und erfreuten sich an einem So kam es dann, dass den Fans hin oder tobt er nur rum?“ „Die führt sie bereits in ihrem Infor- aus, schließlich will man nicht echte Alternative zum Sponsor- Es war eine Menge Alkohol im 22 Spieler in zwei unterschied- imaginären Spiel mit Support, mit ihrer spaßigen Aktion gelang, ersten Spiele hat er nicht hinge- mer. Kein Wunder, denn „beide auch noch selbst dazu beitragen, Stadionnamen darstellen“, so ihr Spiel, als Cottbuser Fans sich lichen Trikotfarben notwendig jede Gruppe in ihrem Block, den was ihre Kicker derzeit vergeblich guckt, inzwischen schon.“ Nur haben ihren ersten Ground schon dass er sich in den Gehörgängen Statement, „wir hoffen auf eine mittels eines einfachen, aber of- sind? Eigentlich reicht doch ein gerade trainierenden Leichtath- versuchen: Sie schafften es in im Kinderwagen gemacht.“ festsetzt und sich somit etabliert. rege Nutzung nicht nur in norma- fensichtlich recht offi ziell ausse- Schiedsrichter, der sagt, wie es leten zum Trotz. „Und am Ende die internationale Presse. Sollten die Nachwuchshopper ei- Dass sich die Norisbank für die len Gesprächen, sondern vor al- henden 1860-Schlüsselbandes nes Tages selbständig auf Tour kommenden fünfeinhalb Jahre die lem in Publikationen wie eigenen aus dem Löwen-Fanshop Zugang gehen, werden sie schon auf Namensrechte am Frankenstadi- Fan-Magazinen oder auf Internet- zu dem eigentlich geschlossenen Warum heißt ein Fanclub eigentlich… eine beachtliche „Karriere“ zu- on sicherte, ist für sie ein weitere Seiten und bei Fanartikeln.“ Oberrang der Allianz Arena ver- rückblicken können, „aber dann kommerzieller „Dammbruch“ und Im Rahmen einer offi ziell ange- schafften. Als sie dann dort die ...Klutis? ser Kategorie nicht auf, erschei- die Abstimmung ergab ein 2:2. muss man auch erstmal abwar- Anlass, dem Stadion selbst einen meldeten Kundgebung auf dem Trikot-Blockfahne des Sponsors In der Gemeinde Ennepetal er- nen sie doch zu wenig kurios oder Einer ließ sich umstimmen, der ten, ob sie nicht andere Inter- neuen, alternativen Namen zu Stadionvorplatz erfolgte vor dem Festina vorfanden, wechselte die- zählt man sich die Sage eines einfach zu selbsterklärend. Eine andere war stinksauer und hat essen entwickeln“, sagt Georg verpassen. Und zwar einen, der Spiel gegen Mainz die „Taufe“. se kurzfristig den Besitzer. Fuchses, dem die Menschen Ausnahme gibt es allerdings, den Fanclub dann recht schnell Drei Generationen Hopper F: Jermann Briele. Festina selbst nahm die Sache des Ortes folgten, und die so denn es stellt sich die Frage, wa- verlassen.“ In den folgenden Anzeige mit Humor und bot den Cottbu- die Kluterthöhle entdeckten. rum die „Aachen Ultras“ als einzi- zehn Jahren sollte KdGH zum Hamburg sern eine Auslöse von 60 Litern Die Höhle ist heute zu einer ge unter den großen Gruppen den Sammelbecken der Hamburger Bier an. Zu wenig, befanden die Anlaufstelle für Asthmakranke Stadtnamen nach vorne stellen. Allesfahrer werden und hatte Fankulturtag am 14. Mai Lausitzer und erklärten, dass 60 geworden, der Fuchs wurde „Wir haben uns für diese Variante in der Hochzeit 17 Mitglieder, Kisten angemessen wären. Eine zum Wahrzeichen der Gemein- entschieden, weil wir damit zuerst die noch bei der Gründungs- Mit dem Fankulturtag „Die schön- Lesungen, Diskussionen, zwei abschließende Verhandlungsrun- de. Er erhielt den Namen Kluti, unsere Verbundenheit zu unserer versammlung des HSV-Sup- ste Hauptsache der Welt“ läuten Theaterstücke und einen Abriss de führte dann zur Einigung. Ge- der 1992 auch vom örtlichen Heimatstadt sowie zu unserem porters-Clubs mit seinen heute das HSV-Fanprojekt, der HSV Sup- über die Fankultur anhand von gen eine Spende von 1.200 Euro Fanclub des FC Schalke 04 Verein und dann erst den zweit- fast 30.000 Mitgliedern fast porters Club, die Friedrich-Ebert- Exponaten aus dem HSV-Muse- an die Kinderkrebsstation des übernommen wurde. „Früher im rangigen Faktor – den Ultrà-Ge- ein Viertel ausmachten. Kurio- Stiftung und das Thalia Theater um geben. Einer der Höhepunk- Cottbuser Krankenhauses wurde Parkstadion, als wir noch rich- danken – zum Ausdruck bringen serweise leben die meisten am 14. Mai 2006 die Sommer- te des Tages dürfte die Vorstel- die Fahne den Münchnern schließ- tig fahnengeil waren und diese wollten“, sagt ein Mitglied der Mitglieder bis heute über diver- pause vom Ligaalltag ein. lung und Analyse von 40 Jahren lich wieder übergeben. immer hing, wurden wir ständig Gruppe, „die Begründung liegt se Bundesländer verstreut, in Ab 11 Uhr stehen Veranstaltun- Fan-Mode werden. gefragt, was das bedeutet“, darin, dass Lokalpatriotismus Hamburg selbst aber nur ein gen, die sich mit Fankultur und Eingeladen ist an diesem Tag je- sagt Thorsten Machelett, der in unseren Augen beim Fußball Bruchteil. Obwohl nach nun 18 Kommerz befassen, auf dem der – ganz gleich, welchem Ver- Ahlen: Vorsitzende der 13 Klutis, „heu- eine große Rolle spielt.“ Zudem: Jahren auch einige KdGHler Plan. So soll es unter anderem ein er angehört. Übersichtlicher Gästeblock te ist der Name so etabliert, „Wenn die anderen so heißen, Familie haben, wird noch jedes Die Konstellation war äußert un- dass kaum einer meinen richti- ist uns das zwar einerseits recht HSV-Heim- und Auswärtsspiel günstig: ein Freitagstermin, eine gen Vornamen kennt und mich egal, andererseits wollen wir aber mit mehreren Mitgliedern ange- weite Anreise und jede Menge nur mit ,Kluti‘ anspricht.“ gerade auch beim Namen etwas steuert. Übrigens: die aktuelle Schnee. So schaffte es neben Besonderes darstellen.“ Zaunfahne ist schon die sechs- zwei LR-Fans aus dem süddeut- …Aachen Ultras? te (in dieser Form allerdings schen Raum nur ein einziger Normalerweise tauchen jene …Kap der Guten Hoffnung? erst die dritte) ihrer Art und ihr unentwegter Anhänger aus dem Gruppen, in denen Stadt- oder Es handelt sich nicht etwa um ei- Old-School-Look erinnert noch westfälischen Ahlen zum Spiel Vereinsname mit einem schlich- nen Fanclub des Hamburger SV, immer an die Variante der An- nach Burghausen. ten „Ultras“ verknüpft ist, in die- von der an der Südspitze Afrikas, fangszeit. Der Lohn für Tobias Werning: Er „sondern der Name ist mir beim durfte die Heimreise im Auto des Joggen eingefallen“, sagt Grün- Managers Frank Aehlig antreten. dungsmitglied Jörn Helms, „weil Schon in der Woche darauf stell- es dem HSV damals, obwohl er te sich der Ruhm für den 18-Jäh- amtierender Pokalsieger war, rigen ein. Das DSF beobachtete ziemlich schlecht ging“. Doch da- seine Emotionen im Heimspiel mit war das Kind noch lange nicht gegen Aue mit einer eigens auf geboren. „Bei der Gründung am ihn fokussierten Kamera und 13. Februar 1988 stand auch der streute die Bilder in seinen Spiel- Foto: Aachen Ultras Name ‚Globetrotter‘ im Raum, und Foto: KdGH Kutte und Balkenschal: ursprünglich Gegenpole bericht ein. in Sachen Fanmode Foto: Stadionwelt

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s008-010_fannews.indd 8 26.03.2006 23:07:35 s008-010_fannews.indd 9 26.03.2006 23:07:59 Fan-News

BBAG / DFL Reiseführer für behinderte Fans „Die Startaufl age von 5.000 Die Ursprünge gehen zurück kostenlosen Exemplaren des auf 1997, als zwischen den ,Reiseführers für behinderte „KSC-Rollstuhlfl itzern“ und dem Fußballfans‘ ist so gut wie ver- „1. Münchner Rollifanclub 1860“ griffen“, erklärt Volker Sieger, erste Kontakte entstanden. 2001 der stellv. Vorsitzende der der hat der Zusammenschluss erste Bundesbehindertenfanarbeitsge- Qualitätsstandards für die Barrie- Ticketschalter auf Schalke Foto: Stadionwelt meinschaft BBAG, die den Band refreiheit der Stadien festgelegt, in Zusammenarbeit mit der DFL 2003 folgte die Vereinsgründung Schalke veröffentlicht hat. Es werden auf zur BBAG. 258 Seiten die 36 Ligastadien Das Ende der „Blockdauerkarte“ und -städte (z. B. hinsichtlich ÖPNV, Unterkünften und barrie- Ausgiebige Diskussionen in den organisierten Fanclub auch mit refreier Gastronomie) untersucht Reihen der Fans waren einer der Chipkarten funktionieren“, kon- und entsprechende Tipps gege- Gründe für die Modifi kation des terte Rolf Rojek, der Vorsitzende ben. Dauerkartenmodells bei Schal- des Schalker Fanclubverbandes, „Es gibt natürlich WM-Städte, da ke 04. Im bisher eher unausge- „zudem soll der Rabatt nur de- fi nden sich im Innenstadtbereich wogenen System gab es sowohl nen zugute kommen, die tat- nur drei rollstuhltaugliche öffentli- Chipdauerkarten als auch Block- sächlich immer dabei sind.“ che Toiletten, und in manch klei- dauerkarten, bestehend aus 17 Schlussendlich stimmten die nerer Stadt sind es mehr“, sagt Einzeltickets. Fanvertreter der SFCV-Bezirke Sieger, „wir haben es aber vermie- Weil immer mehr dieser Einzel- der Abschaffung zu und besei- den, auf die Qualitätsunterschie- karten auf den Schwarzmarkt tigten auch gleich eine andere de hinzuweisen. Vielmehr soll es gerieten, wurden Forderungen Baustelle. Zukünftig wird die Er- eine Stimulans für alle sein, die laut, sie abzuschaffen. sparnis (bisher zwischen 16 und Situation zu verbessern.“ Allerdings sei der Austausch 30 Prozent) bei Dauerkarten Die Veröffentlichung des Reise- von Dauerkarten dann innerhalb nicht mehr vom Platz abhängig führers ist dabei nur das jüngste eines Fanclubs nicht mehr mög- sein, sondern in allen Katego- Kapitel einer sich immer bes- lich, so das Gegenargument. rien einheitlich „14 zahlen, 17 ser organisierenden Community „Aber das sollte in einem gut sehen“ gelten. behinderter Fans aller Vereine.

Rostock „Wir bauen den Bahnhof wieder auf“

„Wir waren entsetzt und betrof- Am 5. Februar wollten rund tungen gibt es keine Begrün- fen. Selbstverständlich haben 3.000 Hansa-Fans zum Spiel dung.“ Toralf Jastram vom Fan- wir uns umgehend von den Vor- nach Braunschweig. Von der beirat ergänzt, dass es dabei fällen in aller Form distanziert spielabsage erfuhren sie erst, „um das pure Ausleben von auf- und der Polizei unsere Hilfe bei als sie bereits unterwegs wa- gestauten Aggressionen“ ging. den Ermittlungen angeboten“, ren. Die Folge: Verwüstung des Aber man dürfe die Schuldfra- erinnert sich Hansa-Pressespre- Hauptbahnhofs von Stendal, 18 ge nicht einseitig beantworten. cher Axel Schulz an die ersten verletze Polizeibeamte, ein Sach- Fußballfans erlebten schließlich Reaktionen des Vereins nach schaden von 200.000 Euro. jede Woche Repressionen. Bei- Bekanntwerden der Ereignisse Fanbeauftragter Peter Schmidt de sind sich jedoch einig: Dem in Stendal. betont: „Für solche Ausschrei- Ansehen der Rostocker wurde erheblich geschadet. Gegen schätzungsweise 40 Per- Demnächst zum Wiederaufbau? sonen wird noch ermittelt. Wie hoch die Zahl der Verfahren wurden von vielen Leuten Per- letztendlich sein wird, kann die sonalien aufgenommen. Dies Staatsanwaltschaft noch nicht geschah in Folge der Ermittlun- abschätzen. Der FC Hansa will gen“, ergänzt Jastram. gegen Fans, denen eine Tatbe- Eine Entschuldigung für die Vor- teiligung nachwiesen wird, Sta- fälle gibt es nicht, aber Fans dionverbote verhängen. und Verein wollten ein Zeichen Doch schon jetzt, bevor die juri- setzen. „Der Fanbeirat hat ein stische Aufarbeitung angelaufen Spendenkonto eröffnet, um für ist, spüren die Fans die Konse- ein Rollstuhlhubgerät zu sam- quenzen. „Jedes Auswärtsspiel meln, das zerstört wurde. Es ist wird als Sicherheitsspiel einge- ein Arbeitseinsatz am Stendaler stuft“, bedauert Schmidt. Bei Bahnhof geplant, um die Schä- Zugfahrten sind Glasfl aschen den zu beseitigen. Auch ein Be- und Dosen verboten, das Po- nefi zspiel des FC Hansa in Sten- lizeiaufgebot wurde verstärkt. dal ist angedacht“, informiert Brennende Polizeiautos am Bahnhof von Stendal Fotos: privat „Auf der Fahrt nach Paderborn Jastram.

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s008-010_fannews.indd 10 27.03.2006 01:12:45 Startseite Stadion Arenen Business Magazin Fans Shop Wir über uns Impressum Demo Stadionwelt - Shop

St0036 Ballbesitz ist Diebstahl St0065 Fußball Tattoos Fußballfans zwischen Kultur und Kommerz Ein gebundener Bildband im aufwändigen 240 Seiten, 12,3 x 20,5cm, 12,90 € Hochglanzformat, durchweg farbig 240 Seiten, 21 x 21 cm, 23,00 € St0027 HOOLIFAN – 30 years of hurt von Martin King und Martin Knight St0083 CityGrounds – 230 Seiten, 13 x 20 cm, 12,90 € Hannovers Fußballplätze Allen Stadien mit offi ziellem Spielbetrieb St0078 Fast alles über Fußball 120 Seiten, 23 x 30 cm, 24,95 € Von Christoph Biermann 200 Seiten, 12,5 x 19 cm, 9,90 € St0067 München Fußball-Geschichte unter dem Zeltdach St0068 Geil auf Gewalt 240 Seiten, A4, 28,90 € Ein Reporter gerät unter Hooligans und erliegt der Faszination der Gewalt, von Bill St0139 Stadien und Arenen Buford von Gerkan, Marg und Partner 360 Seiten, 12,5 x 20,5 cm, 15,90 € 328 Seiten, 24x30cm, 39,80 €

St0123 FUSSBALL UNTERM St0009 Das große Buch der HAKENKREUZ deutschen Fußball-Stadien Der DFB zwischen Sport, Politik und Das Standardwerk – ein Muss für jeden Kommerz Stadionfan, 400 Seiten, A4, 39,90 € 473 Seiten, 19,90 € St0058 Wenn du am Spieltag beerdigt St0035 Mythos Bökelberg wirst, kann ich leider nicht kommen Die Geschichte eines Fußballstadions Die Welt der Fußballfans 400 Seiten, 22 x 30 cm, 24,90 € 240 Seiten, 12,4 x 19 cm, 7,90 €

St0042 FEVER PITCH – Ballfi eber St0130 Schwarzer Hals - Gelbe Zähne. Die Geschichte eines Fans, von Nick Hornby Fußballfans von Dynamo Dresden 335 Seiten, 12,5 x 19cm, 9,90 € 240 Seiten, Hardcover, 19,90 €

St0069 I FURIOSI – Die Wütenden St0070 Fußballstädte von Nanni Balestrini Deutschland 2006 141 Seiten, 12,2 x 21 cm, 13,00 € komplett in Farbe, 360 Seiten, 10 x 18 cm, 9,80 € St0064 Faszination Fankurve Ein Streifzug durch Europas Stadien – St0081 Faszination Stadion 2006 – das Fan-Foto-Buch von Stadionwelt Die WM-Stadien 176 Seiten, 21 x 29 cm, 15,90 € Alle WM-Stadien und Bewerber im Porträt; Geschichte und Statistik, Ausblick auf EM St0053 The Final Kick 2008 und WM 2010 Dokumentarfi lm von Andreas Rogenhagen 240 Seiten, 14,8 x 21 cm, 24,90 € und Filmemachern aus 40 Ländern Für Magazin-Abonnenten 19,90 € DVD, 16,90 € (statt 19,90 €) St0128 Faszination Fankurve 2 St0051 Abenteuer Groundhopping Die Bilder und Themen des Jahres 2005 Band 2 zu Stadion sammelnden Fußball- 176 Seiten, Format A4, 19,90 € fans, 224 Seiten, A5, 14,90 € Für Magazin-Abonnenten 16,90 €

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Fotos: Stadionwelt, dervfbfan.de, Florian Voss

Ein Derby der ruhigeren Sorte SC Preußen Münster – VfL Osnabrück blieb diesmal hinter den Erwartungen zurück

portlich gesehen standen die Vorzei- Nach Einschätzung des Münsteraner das dazugehörige Spruchband, wobei den chen für die Lila-Weißen aus Osna- Fanbeauftragten waren unter den 6.100 Osnabrückern der sehr  ache Gästeblock Sbrück nicht gerade günstig. Sage und Zuschauern im Preußenstadion deutlich zu schaffen machte: „Eigentlich war die schreibe acht Mal hatte der VfL Osnabrück weniger Fans aus Osnabrück als in den Choreo für den steileren Eckblock geplant. auswärts in Folge verloren, bevor es aus- Jahren zuvor. Ein Grund für die geringere Dieser Bereich wurde aber für die Gäste- gerechnet zum Nachbarschaftsderby nach Resonanz könnte neben der Niederlagen- fans erst kurz vor Anp ff aufgemacht“, er- Münster ging. „Die sportliche Situation serie der Mannschaft auf fremdem Terrain klärt Wischmeyer. So war das Motiv leider hat sich stark auf die Stimmung niederge- auch der gleichzeitig statt ndende Karne- schwer zu erkennen. schlagen“, berichtet Benjamin Wischmeyer valsumzug in Osnabrück gewesen sein. Rund um das Spiel blieb es dieses Jahr von der Violet Crew. Als Preußen Münster Ein Umstand, den Benjamin Wischmeyer sehr ruhig. Das lag auch daran, dass die relativ früh 2:0 in Führung ging und sich nicht gelten lässt: „Wer lieber auf den Um- Polizei eine neue Taktik wählte. So hielt die neunte Auswärtsniederlage in Folge zug geht, soll das machen. Auf diese Leute der Sonderzug aus Osnabrück nicht wie anbahnte, sei es dementsprechend schwer können wir aber gut verzichten.“ gewohnt am Hauptbahnhof, sondern in gewesen, im Block der 1.650 mitgereisten Optisch boten beiden Seiten ein recht Münster-Hiltrup. Von dort aus wurden die VfL-Fans für Stimmung zu sorgen. „Die ansprechendes Bild. Die Curva Monaste- Fans mit großem Polizeiaufgebot direkt in Münsteraner waren an diesem Tag einen ria zeigte eine gelungene Choreogra e in den Gästeblock gebracht. Die Ultras aus Tick besser“, gibt Benjamin zu. Gerald den Vereinsfarben Schwarz-Weiß-Grün Osnabrück, die nicht mit dem Sonderzug von Gorrissen, Fanbeauftragter von Preu- unter dem Motto „Eine Kurve geprägt von kamen, wurden ebenfalls umgehend Rich- ßen Münster, hat schon bessere Derbys ge- Emotionen steht zu einem Verein voller tung Stadion begleitet. Dass es bei diesem sehen: „Von Osnabrück war diesmal sehr Traditionen“. Darüber die Köpfe einiger Derby sehr ruhig blieb bedeutet aber nicht, wenig zu hören, es war aber von beiden Fans mit Schals und Fahnen. Die Vio- dass die ausgeprägte Rivalität zwischen Seiten eher schwächer als die letzten Jah- let Crew präsentierte eine Wendechoreo den beiden Fangruppen nachgelassen re.“ Auf der Heimseite sei die Stimmung mit großen Pappen in der Mitte, die das hätte. „Münster ist für uns weiterhin der in seinen Augen zwar besser gewesen als Motiv eines Jägers ergaben, der auf einen Hassgegner Nummer eins“, bekennt Ben- bei anderen Ligaspielen, aber für ein Derby Adler, das Wappentier des SCP, schießt. jamin Wischmeyer. In Münster sieht man war es dann doch nicht so berauschend. „Zum Abschuss freigegeben“ verkündete das ähnlich.���Harry Leif

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012-015_spielberichte.indd 12 26.03.2006 23:43:11 Spieltag Spieltag „E Fastelovends Fossballspill“ 1. FC Köln – Bayer Leverkusen: Derby am Karnevalssamstag

arneval und Fußball – stimmungstechnisch vor allem im Rheinland eine explosive Mischung. Beim Derby zwi- schen dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen war davon Fotos: Stadionwelt, dervfbfan.de, Florian Voss K aber nur bedingt etwas zu merken. Beide Seiten waren sich am Ende einig: Es war keines der Duelle, die besonders lange in Erinnerung bleiben. Dies aus mehreren Gründen. Der erste war rein sportlicher Na- tur. Zu klar dominierte der Gast aus Leverkusen die Partie, siegte am Ende mit 3:0. Die Stimmung bei den Kölnern – zu Beginn des Spiels noch durch die Karnevalslaune euphorisiert –  achte nach der schnellen Entscheidung in der zweiten Halbzeit völlig ab. „Wie bei fast allen anderen Spielen in dieser Saison“, merkt Mirco Schlebusch, Beiratsvorsitzender der „Wilden Horde“, an. Bei den rund 6.000 Leverkusenern überwog indes die Feierstimmung. „In dem Sieggefühl gab es von unsere Seite überhaupt kein Interesse an irgendwelchen Auseinandersetzungen“, sagt Sebastian Pösch- ke von den „Ultras Leverkusen“. Sein Fazit des Fußball- und Fei- ernachmittages: „Wir haben auf allen Ebenen gewonnen.“ Für die Leverkusener war der Derbysieg ein seltener Hö- hepunkt in dieser bislang hoffnungslos mittelmäßigen Saison. Sebastian Pöschke macht gar eine gewisse „Hil osigkeit“ in der Fanszene aus, die zwischen fußballerischer Tristesse und schlechter Außendarstellung der Vereinsspitze nicht genau weiß, wie sie sich positionieren soll. Die Kölner hatten hinge- gen spätestens mit dieser Partie die Gewissheit, „dass realistisch gesehen nichts mehr drin ist“, so Schlebusch. „Man kann nicht Ein Derby der ruhigeren Sorte jedes Jahr aus dem Abstieg eine Party machen“, schildert der WH-Mann eine im Fanlager weit verbreitete Stimmungslage. SC Preußen Münster – VfL Osnabrück blieb diesmal hinter den Erwartungen zurück Die Stunden vor dem Anp ff verliefen anders, als man es aus der Vergangenheit kannte. „Wir sind ohne Probleme und die portlich gesehen standen die Vorzei- Nach Einschätzung des Münsteraner das dazugehörige Spruchband, wobei den üblichen Schikanen in die Stadt gekommen“, berichtet Pöschke. chen für die Lila-Weißen aus Osna- Fanbeauftragten waren unter den 6.100 Osnabrückern der sehr  ache Gästeblock Die Polizei ließ die Leverkusener – ungeachtet aller Planungs- Sbrück nicht gerade günstig. Sage und Zuschauern im Preußenstadion deutlich zu schaffen machte: „Eigentlich war die schwierigkeiten zwischen Weiberfastnacht und Rosenmon- schreibe acht Mal hatte der VfL Osnabrück weniger Fans aus Osnabrück als in den Choreo für den steileren Eckblock geplant. tag recht zahlreich erschienen – überraschend frei gewähren. auswärts in Folge verloren, bevor es aus- Jahren zuvor. Ein Grund für die geringere Dieser Bereich wurde aber für die Gäste- Knapp 200 Rot-Schwarze gönnten sich so einen „gemütlichen gerechnet zum Nachbarschaftsderby nach Resonanz könnte neben der Niederlagen- fans erst kurz vor Anp ff aufgemacht“, er- Spaziergang“ (Pöschke) durch die Kölner Altstadt. Erst als der Münster ging. „Die sportliche Situation serie der Mannschaft auf fremdem Terrain klärt Wischmeyer. So war das Motiv leider Leverkusener Trupp am Neumarkt auf eine große Karnevals- hat sich stark auf die Stimmung niederge- auch der gleichzeitig statt ndende Karne- schwer zu erkennen. Veranstaltung traf, griffen die Ordnungshüter ein und lotsten schlagen“, berichtet Benjamin Wischmeyer valsumzug in Osnabrück gewesen sein. Rund um das Spiel blieb es dieses Jahr die Bayer-Fans in Richtung Stadion. FC-Fans ließen sich in der von der Violet Crew. Als Preußen Münster Ein Umstand, den Benjamin Wischmeyer sehr ruhig. Das lag auch daran, dass die Stadt zumindest in organisierter Form kaum sehen. „Wir hatten relativ früh 2:0 in Führung ging und sich nicht gelten lässt: „Wer lieber auf den Um- Polizei eine neue Taktik wählte. So hielt kein Interesse an Aktivität. Die Vorbereitung der Choreo hat ge- die neunte Auswärtsniederlage in Folge zug geht, soll das machen. Auf diese Leute der Sonderzug aus Osnabrück nicht wie nug Zeit gekostet“, erklärt Mirco Schlebusch. anbahnte, sei es dementsprechend schwer können wir aber gut verzichten.“ gewohnt am Hauptbahnhof, sondern in Beim Doppelhalter- und Fahnenmeer wählten die FC-Fans gewesen, im Block der 1.650 mitgereisten Optisch boten beiden Seiten ein recht Münster-Hiltrup. Von dort aus wurden die eine Aussage, die sich nicht auf die Rivalität zum Nachbarn be- VfL-Fans für Stimmung zu sorgen. „Die ansprechendes Bild. Die Curva Monaste- Fans mit großem Polizeiaufgebot direkt in zog. Mit „Wir stehen zu dir 1. FC Köln. Du auch zu uns?“ und zu Münsteraner waren an diesem Tag einen ria zeigte eine gelungene Choreogra e in den Gästeblock gebracht. Die Ultras aus dem Banner „Fastelovendfossballspill – auch ohne Fans?“ adap- Tick besser“, gibt Benjamin zu. Gerald den Vereinsfarben Schwarz-Weiß-Grün Osnabrück, die nicht mit dem Sonderzug tierte die Kurve das Kölner Karnevalsmotto und bezog es auf die von Gorrissen, Fanbeauftragter von Preu- unter dem Motto „Eine Kurve geprägt von kamen, wurden ebenfalls umgehend Rich- jüngsten Querelen mit dem Verein (siehe auch S. 59). „Die Vorbe- ßen Münster, hat schon bessere Derbys ge- Emotionen steht zu einem Verein voller tung Stadion begleitet. Dass es bei diesem reitung war diesmal besonders stressig. Aber insgesamt war die sehen: „Von Osnabrück war diesmal sehr Traditionen“. Darüber die Köpfe einiger Derby sehr ruhig blieb bedeutet aber nicht, Choreo gelungen, auch wenn sie im Oberrang noch deutlicher wenig zu hören, es war aber von beiden Fans mit Schals und Fahnen. Die Vio- dass die ausgeprägte Rivalität zwischen hätte sein können“, sagt Schlebusch. Seiten eher schwächer als die letzten Jah- let Crew präsentierte eine Wendechoreo den beiden Fangruppen nachgelassen Schon unmittelbar nach Spielende hatte der Karneval wieder re.“ Auf der Heimseite sei die Stimmung mit großen Pappen in der Mitte, die das hätte. „Münster ist für uns weiterhin der Vorrang. „In unserer Feiermentalität sind wir uns ja sogar ähn- in seinen Augen zwar besser gewesen als Motiv eines Jägers ergaben, der auf einen Hassgegner Nummer eins“, bekennt Ben- lich“, sagt Sebastian Pöschke. So weit, dass gemeinsam gefeiert bei anderen Ligaspielen, aber für ein Derby Adler, das Wappentier des SCP, schießt. jamin Wischmeyer. In Münster sieht man wurde gingen die Rhein-Rivalen dann aber nicht. „Jeder ist auf war es dann doch nicht so berauschend. „Zum Abschuss freigegeben“ verkündete das ähnlich.���Harry Leif Leverkusen Mad Boyz Stadionwelt, Fotos: seine Karnevalsparty gegangen“, so Schlebusch. ��Felix Guth

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012-015_spielberichte.indd 12 26.03.2006 23:43:11 012-015_spielberichte.indd 13 26.03.2006 23:44:02 Spieltag

Viel Aktion in der Kurve: Zunächst Choreo (Motto: „Wir kämpfen gemeinsam für die Farben, die wir tragen“) auf der Mailänder und Pyro auf der Bayern-Seite,… Protest in zwei Sprachen Beim Champions League-Spiel zwischen dem AC Milan und dem FC Bayern München organisierten die Brigate Rossonere und die Schickeria München eine gemeinsame Transparent-Aktion.

uropapokaltage sind Festtage. 2:00 Uhr vorverlegt, so dass der größ- drei Tage nach diesem Spiel in Wolfs- Ganz besonders gilt dies in der te Teil der Fahrt von den meisten eher burg antreten mussten, eine sicherlich Eaktuellen Saison für die Fans schlafend verbracht wurde und wir auch nicht ganz unberechtigte Aussage. des FC Bayern München. In der Liga schon gegen 10:30 Uhr in Mailand eintra- Da es tagsüber rund um das San Siro dominiert der Rekordmeister die Kon- fen.“ Trotz der Wetterkapriolen verlief doch eher öde ist, traf man sich, eigent- trahenten, auch wenn dafür zeitweise die Anreise ohne Probleme. lich schon traditionell, gegen Mittag noch nicht einmal Spitzenleistungen Anschließend hatte man somit eine auf dem Platz vor dem Mailänder Dom. erforderlich sind – klar, dass man auch Menge Zeit, sich in Mailand umzu- Sodann wurden die folgenden Stunden in der Champions League wieder zum schauen, wobei einige Bayern-Anhän- mehr oder weniger individuell ver- großen Wurf ansetzen wollte. Gegner ger sich bei weitem nicht zum ersten bracht. „Manche blieben im direkten war der AC Mailand, und nach einem Mal in der Hauptstadt der Lombardei Umkreis des Platzes und lungerten dort eher mageren 1:1 im Hinspiel fuhr der aufhielten. Wer regelmäßig Champions herum. Andere begaben sich auf ver- Bayern-Tross am 8. März nach Italien, League spielt, kommt natürlich an den schiedene Sightseeing-Touren. Einzel- natürlich nicht ohne sich noch eine beiden großen Clubs Inter und Milan ne Grüppchen gingen auch gemeinsam Chance auf das Erreichen des Viertel - nicht vorbei. zum Essen. Wir waren beispielsweise nales auszurechnen. mit zehn Leuten in einer netten kleinen Begleitet wurde die Mannschaft von Immer wieder Mailand Trattoria ca. 15 Fußminuten vom Dom Fans aus ganz Deutschland, die das Spiel entfernt, wo wir vorzüglich speisten, in San Siro vor Ort miterleben wollten, Das tat der Stimmung allerdings kei- ehe es für ein paar zusätzliche Geträn- darunter auch etwa 250 Leute von der nen Abbruch: „Für manche ist Mailand ke und Gespräche zurück auf den Dom- Schickeria München: „Wir sind alle zu- sicher mittlerweile ein ‚alter Hut’, je- platz ging. sammen mit drei Bussen aus München doch sind ja auch immer wieder Leute Um 17:00 Uhr trafen sich dann alle angereist. Dazu kamen dann noch die dabei, die noch nicht da waren oder bei wieder vor dem Dom, und kurz danach Leute von den Sektionen aus den ande- einem der letzten Male kaum was gese- ging es gesammelt mit der U-Bahn zum ren Teilen Deutschlands, die individuell hen haben. Abgesehen davon hat eine Stadion. Der Empfang am, beziehungs- anreisten“, so ein Sprecher der Gruppe. Europacup-Tour ja doch immer ihr ganz weise im Stadion war, was heutzutage Die Fans, die in München die Busse be- eigenes Flair, und die Reiseziele haben keine Selbstverständlichkeit ist, dann stiegen, mussten früh aufstehen oder eigentlich fast immer auch etwas mehr von keinerlei schwerwiegenden Pro- konnten gar nicht erst ins Bett gehen: zu bieten als diverse Orte in Deutsch- blemen getrübt. Die Kontrollen waren „Aufgrund des Schneechaos in Bayern land, wo man so ab und an hin muss.“ nicht so übertrieben wie teilweise in hatten wir die Abfahrt von 5:00 Uhr auf Wenn man bedenkt, dass die Bayern Deutschland, die Polizei hielt sich de-

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…dann die gemeinsamen Transparente. Die Schickeria-Spruchbänder: „Freiheit für die Ultras / Gegen Repression und Stadionverbote / Ewiger Hass dem Modernen Fussball

zent im Hintergrund, die Atmosphäre über unsere Aktion in Turin und zoll- kommen: „Absolut verdient ausgeschie- war ziemlich entspannt. Oder um es te uns Respekt dafür. Dann machten den. Mehr braucht man dazu nicht zu sa- mit einem Satz zusammenzufassen: die BRN den Vorschlag, dass es doch gen.“ Was jedoch ein Häu ein Aufrech- „So wie es halt eigentlich sein sollte.“ eine gute Sache sei, wenn Fans zweier ter im Gästeblock nicht davon abhielt, bis Im Stadion selbst bekamen die Bayern- so großer Vereine bei einem Match auf zum bitteren Ende alles zu geben: „Die Fans den kompletten Unterrang hinter europäischer Bühne deutlich zeigen Stimmung war anfangs richtig gut, spä- dem Tor im Norden. Und auch diese würden, dass man in mancher Hinsicht testens nach der Mailänder Führung aber Unterbringung war zufriedenstellend: eben sowohl Probleme als auch Werte angesichts von 7.000 Auswärtsfans nicht „Bayernfans waren ca. 7.000 vor Ort. teilt und die Themen Repression und mehr so, dass sie jetzt jeden vom Hocker Auf jeden Fall ausreichend Platz, ab- ‚moderner Fußball‘ eben etwas seien, gerissen hätte. Die vielleicht 400 Leute, solut keine Kä ghaltung, kaum Polizei das alle etwas angeht. Obwohl wir sonst die durchgehend mitgezogen haben, lie- direkt im Block. Das wusste auf jeden mit Milan eigentlich nix am Hut haben, ferten allerdings eine recht gute Leistung Fall zu gefallen – man hatte als Fußball- teilten wir natürlich diese Auffassung, ab. Da gibt es nix zu meckern, die haben fan wenigstens noch Luft zum Atmen da dies ohnehin unserer Einstellung ent- sich nix vorzuwerfen und dürfen auch und Freiraum sich zu entfalten. Wenn spricht, und zögerten nicht, eine kleine für sich in Anspruch nehmen, unsere es nur immer so wäre...“, lautet die Zu- Aktion gegen den ‚modernen Fußball‘ rot-weißen Farben bis zum bitteren Ende sammenfassung von Seiten der „Schik- zu planen.“ abwechslungsreich und enthusiastisch keria“. Gegen Ende der ersten Halbzeit so- hochgehalten zu haben.“

wie während dieser und zu Beginn der Ein wenig überrascht waren die Bay- Rossonere Brigate Schickeria München (2), Dominik Fried, Fotos: Eine ungewöhnliche Aktion war... zweiten wurden Spruchbänder präsen- ern vom Support der Milan-Fans – und tiert. „Wir zeigten also drei mittelgroße zwar positiv: „Die hatten wir nach den Während des Spiels gab es dann Spruchbänder in italienischer Sprache, ganzen internen Querelen und der Auf- eine sehr ungewöhnliche Choreogra e währenddessen präsentierte die Mailän- lösung der historischen Fossa dei Leoni – ungewöhnlich deshalb, weil eine ge- der Curva Sud ein riesiges Spruchband eigentlich nicht so besonders toll erwar- meinsame Aktion mit den Milan-Fans mit deutscher Aufschrift. Leider nur ein tet, allerdings haben wir uns da ganz durchgeführt wurde. Vorläufer war Tropfen auf den heißen Stein ‚moderner schön getäuscht. Lautstark, gute Betei- eine ähnliche Aktion beim Spiel in Tu- Fußball‘, aber trotzdem schön zu sehen, ligung der ganzen Kurve, viele Fahnen rin, als die Bayern-Fans Transparente dass internationale Solidarität unter Fuß- und Doppelhalter und auch nette Melo- in italienischer Sprache zeigten, um ballfans möglich ist, und man gewisse dien. Auch wie teilweise das ganze Sta- angesichts der Auswüchse des „mo- gemeinsame Werte teilt. Von daher: ge- dion abging, war schon beeindruckend. dernen Fußballs“ und der in Italien lungene Aktion.“ Auf jeden Fall auch um Längen besser eingeführten „Pisanu-Dekrete“ (u. a. als bei unserem letzten Auftritt dort. personalisierte Tickets) ihre Solidarität … der einzige Erfolg Ganz klar: Daumen hoch!“ zollt die mit dem Mutterland der Ultras zu de- „Schickeria“ ihren Kontrahenten den monstrieren. „Diese Transparente hat- Leider muss man sagen, dass dies so verdienten Respekt. ten sich anscheinend über Turin hinaus ziemlich die einzige gelungene Aktion Und da auch die Rückreise der Fans rumgesprochen, jedenfalls gab es eine des Abends aus Münchner Sicht war. problemlos und ohne Zwischenfälle ver- Kontaktaufnahme von Seiten der Füh- Das Geschehen auf dem grünen Rasen lief, könnte man glatt sagen: ein schöner rung der Brigate Rossonere mit unserer wurde doch vom AC Mailand dominiert Tag. Wenn nur dieses Spiel nicht gewe- Führungscrew. Man zeigte sich erstaunt und ließ die Bayern-Fans zu dem Schluss sen wäre...���Carsten Koslowski

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dauert, bis ich an die Ultras Dynamo her- an kam. Da bestand zunächst Ablehnung gegenüber „irgend so’nem Presse-Heinz“, der was über sie machen will. Die hatten schon schlechte Erfahrungen mit der Pres- se gemacht. Ich wollte es aber wissen und bin über Freunde in eine Freizeitfußball- mannschaft gekommen, die gegen die Ul- tras Dynamo spielten. Da haben wir uns also ordentlich in die Knochen getreten – und nach dem Spiel saßen wir uns gegen- über. Es stellte sich heraus, dass die alles Mögliche über mich recherchiert hatten! Das Interesse war also da, sie wollten nur wissen, ob ich okay bin. Beim nächsten Auswärtsspiel war ich dann gleich dabei. Stadionwelt: Und über die UD bist du dann in den Kontakt mit anderen Teilen der Szene getreten? Pätzug: Ja, die Ultras meinten, sie könnten auch nicht über alles etwas erzählen, ge- rade über die DDR-Zeiten und die 90er. Sie empfahlen mich dann an die Älteren weiter. Das war dann easy. Man trank ein Pils zusammen, und als die ersten Mollen gezischt waren, ergaben sich erstklassige Gespräche. Die fanden es toll, dass end- lich jemand echtes Interesse an der Szene hat. Die hatten Sachen zu erzählen…! Ich habe zwar alles festgehalten, aber Vie- les durfte dann am Ende doch nicht ge- schrieben werden. Allerdings vieles von den Ultras auch nicht … Stadionwelt: Bist du auch auf Ablehnung gestoßen? „Das Herz hängt am alten Stadion“ Foto: Veit Pätzug Pätzug: Ja, ich vermute, beim Verein sel- ber. Anfangs hatte ich die Unterstützung, vor allem in Form von Arbeitskarten, sodass ich mich im Stadion frei bewegen „Die Leute im Stadion und fotogra eren konnte. Als sich aber herauskristallisierte, dass es um „die Sze- ne“ im Speziellen ging, ist der Draht zum ziehen wieder richtig mit“ Verein gerissen – auch von meiner Seite. Sie wollten oder konnten dann auch nicht Zwei Jahre hat Veit Pätzug in der Fanszene von mehr ihren Namen und ihr Signet herge- Dynamo Dresden recherchiert. Seine Beobachtungen ben für ein Produkt, das dem Verhältnis mit den Sponsoren schaden könnte. Im hat er nun in einem Buch veröffentlicht. Shop wird das Buch jetzt aber sehr or- dentlich verkauft; es gibt da einen Deal: Stadionwelt: Wie kam es zu der Idee zu mer eher mit Leuten aus dem Freundes- Der Verlag spendet einen Anteil des Ge- diesem Buch? kreis da, nicht mit Kreisen, die als Szene winns an die Dynamo-Jugend, also an Pätzug: Zuerst war es eigentlich ledig- im engeren Sinne zu beschreiben wären. den Förderverein Zukunft Dynamo e.V. lich eine Idee für meine Diplomarbeit als 1995, im Abstiegsjahr, haben mich Dy- Stadionwelt: Hat sich, nachdem die Sache Gra k-Designer. Ich habe mir das Thema namo-Hools vermöbelt; ich sah damals intensiv wurde, die Ausrichtung deiner selbst gestellt, weil ich selbst aus Dresden noch etwas anders aus und hatte längere Buchidee geändert? komme und mich immer schon für die Haare. Da bin ich erst mal ein paar Jah- Pätzug: Das war ein echter Prozess, am Szene interessiert habe. Vom Zeitpunkt re nicht mehr hingegangen. Als es trotz Ende hat mich dann selbst überrascht, der Idee bis zur Veröffentlichung hat das Oberliga wieder richtig Rock’n’Roll gab, was dabei herausgekommen ist. Am An- alles zweieinhalb Jahre gedauert. eine Euphorie unter den Unentwegten, fang war es Blind ug, ich war da ganz Stadionwelt: Du bist also selbst Dynamo- die dem Verein die Treue halten, bin ich naiv herangegangen. Ich wollte einfach Fan? Welche Kontakte in die Szene hat- auch wieder hin. nur etwas über eine unverwechselbare test du am Anfang? Stadionwelt: Und wie verlief die Kontakt- Fankultur bringen. Dann kam eins zum Pätzug: Ich bin jetzt 33 und mit zwölf Jah- aufnahme mit der Szene für das Buch- anderen, es hat mich dann selber auch ren das erste Mal zum Fußball gegangen. projekt? ein bisschen verändert. Da hat es mich gepackt, seitdem hängt Pätzug: Das war eine der größten Hürden Stadionwelt: Das Buch hat eine starke das Herz an Dynamo. Aber ich war im- überhaupt. Es hat ein, zwei Monate ge- Ausrichtung auf Gewalt – hat sich diese

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Tendenz erst während der Recherche er- geben? Pätzug: Ich emp nde das nicht so, auch ist längst nicht die gesamte Fanszene gewal- torientiert. Jedenfalls war bald klar, dass es nicht möglich ist, über die Gesamtheit der Dynamo-Fans fair zu schreiben. Die größte Anziehungskraft ging für mich einfach von der radikalen Fanszene aus, und der Art, wie sie sich immer wieder rechtsfreie Räume im gesellschaftlichen System schafft. Früher habe ich selbst bei der Antifa den Widerstand geprobt; in der Szene von Dynamo hat mich ein- fach dieses selbstbestimmte Scheißen auf Legitimation und Gesetz fasziniert – das sicher zum Teil mit einem ganz anderen Ansatz geschah, als ich es kannte. Stadionwelt: In wie fern ist dein Buch ein Spiegelbild der Dynamo-Szene? Dresden zu Gast in Plauen: „Habt Ihr keinen Hunger?“, riefen die Dynamo-Anhänger Foto: René Dathe Pätzug: Ich weise auch im Vorwort des Buches ganz explizit darauf hin, dass dem Buch. Positiv fanden aber alle, dass de es nicht förderlich für das Image des es nur einen kleinen Teil der gesamten es endlich dieses Buch über die Szene gibt. Vereins. Wobei viele Fans meinen, dass Szene darstellt. Der harte Kern der Kate- Die Ultra-Szene ist gesplittet; da gibt es die Spieler auch nicht immer förderlich gorie, die richtig zur Sache geht, besteht linksalternative Ansätze, und bei diesen für das Image des Vereins sind… Auch in vielleicht aus 200 bis 300 Leuten. Aber in Leuten kamen die politischen Statements den Medien ist nicht groß was publiziert Dresden ist der Sympathisierungseffekt gut an, andere haben sie abgelehnt. Eini- worden, so läuft die Bekanntmachung immens ausgeprägt. Wenn es irgendwo gen hat der Klappentext, in dem Dynamo größtenteils übers Hörensagen. Obwohl Stress gibt, mit wem auch immer, sind da als rechter Verein rüberkommt, gar nicht ich ja gerade ‘ne Rezi in der ZEIT-Beilage ganz schnell 1.500 zur Stelle, die sofort los- gefallen. Im Großen und Ganzen ist die hatte – da musste ich vor Freude vormit- legen würden. Meinung sehr positiv, es ist gut „unter tags gleich mal ein Pils nehmen. Stadionwelt: In wie fern hat sich in dieser der schwarz-gelben Sonne gelandet“. Stadionwelt: Du hast für das Buch auch Zeit deine eigene Einstellung geändert? Stadionwelt: Und die Reaktionen aus den mit der Polizei zusammengearbeitet, wie Pätzug: Gute Frage… Nein, mein Verhält- weiteren Teilen der Szene? ist das abgelaufen? nis zur Gewalt hat sich nicht geändert. Pätzug: Vorwürfe in Richtung Gewaltver- Pätzug: Erstaunlich! Zuerst dachte ich, Sie hat mich immer abgeschreckt, und herrlichung kamen unter anderem von die wollen mir nur Wissen über die Sze- das ist immer noch so. Aber die Dynamik Seiten des Fanprojekts. Dazu kann ich ne absaugen. Das war natürlich tabu, in und diese rasante Geschwindigkeit, diese nur sagen: „Wer Gewalt herrlich  ndet, den Texten ist ja auch alles anonymisiert Power, die die Leute an den Tag legen, wird sie im Buch natürlich  nden, andere – und alles von den Fans autorisiert. Die fasziniert mich schon. wird sie erschrecken.“ Ich wollte nur do- Polizei hatte natürlich tolle Bilder in ih- Stadionwelt: Wie waren die Reaktionen kumentieren, nicht kommentieren. ren Antworten, aber da haben die sich aus der Szene auf das Buch? Stadionwelt: Der Verein war vermutlich gründlich selbst korrigiert. Letzten Endes Pätzug: Die Szene ist ganz, ganz viel- auch nicht sehr erfreut… fand es die Polizei gut, eine Gegendar- schichtig. Da gibt es Linke, Studenten, Pätzug: Da kam nie ein of zielles State- stellung bringen zu können, die haben ja Banker, Asis und natürlich auch einige ment, auch auf der of ziellen Dynamo- natürlich auch alle Skripte von den Inter- Rechte. Dementsprechend viele unter- Homepage kam nie ein Hinweis auf das views zur Freigabe bekommen. Nur hat schiedliche Haltungen gibt es gegenüber Buch. Ein Spieler hat mir erzählt, man  n- es Wochen gedauert, bis die sich geeinigt hatten, was ich schreiben darf. Das war Seitens der Ultras nicht unähnlich. Veit Pätzug Stadionwelt: Worin siehst du die Beson- Veit Pätzug ist 33 Jahre alt, lebt mit seiner Frau und derheiten der Dresdener Szene im Ver- seiner Tochter in Dresden und arbeitet freischaffend als gleich mit anderen? Grafi k-Designer und Journalist. Pätzug: Besonders auffällig war die Zeit, als der Verein abgestürzt war, aber in der Oberliga Nordost 3.000 Leute auswärts mitkamen und richtig Rummel machten. Schwarzer Hals, Es ist ein spezi sches Ost-Ding, aber bei gelbe Zähne Dynamo besonders stark ausgeprägt, dass die Fans aus verschiedenen Gründen mitt- Veit Pätzug Foto: S. Füssel „Schwarzer Hals, gelbe Zähne“ lerweile überall leben und die Szene so bietet auf rund 240 Seiten einen in der ganzen Republik vertreten ist. So tiefen Einblick in die Fanszene von Dynamo Dresden. kommen dann zum Beispiel mal tausende Das Buch ist zum Preis von 19,90 Euro im Stadionwelt- Dynamo-Fans in Bochum an einem Diens- Shop unter www.stadionwelt.de erhältlich. Bestellungen tagabend zusammen. Das ist eklatant. Und sind auch telefonisch unter (0 22 32) 57 72-0 möglich. eine weitere Besonderheit ist der gute Sup- port. Ganz wertvoll  nde ich, dass Dyna-

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016-018_dresden interview.indd 17 26.03.2006 22:56:38 Fan-Szene ImmerImmer direktdirekt dasdas aktuellsteaktuellste Heft!Heft! mo auswärts als kompakte Masse auftritt, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, während intern sehr viel diskutiert wird – im Internet, aber auch körperlich. Jetzt das Magazin abonnieren! Stadionwelt: Nach dem Aufstieg in die Jetzt das Magazin abonnieren! zweite Liga hat Dynamo einen Boom er- lebt, jetzt sieht es eher schwierig aus. Wie hat sich das auf die Szene ausgewirkt? Pätzug: Es hat sich beinahe gesundend ausgewirkt. Viele Leute, die nach dem Aufstieg wieder im Stadion waren, hat- ten in der Zwischenzeit nichts mitbekom- men. So entstanden Diskrepanzen beson- 10 Ausgaben in Folge ders zwischen den Ultras und Anderen. In der Regionalliga waren zwar nicht so viele im Stadion, aber alle haben gerockt. Zwischenzeitlich gab es dann schon mal Saison 2003/2004: 10.000 Dynamo-Fans feiern in Uerdingen den Aufstieg Foto: Stadionwelt Nr. 10 Nr. 11 ������ ����� 5 ������ Mai 200Stadionwelt��������� ����� Stadionwelt Stress mit denen, die nicht mitmachten. ������������������DasJuni/Juli Fan- und 2005 Stadionmag��������������������� ������ �������������� ������������������������������������������������������������������� ������������������ ����������������������������3,50 € ������������������3,50 € ������StadionweltNr. ����������������� Stadionwelt 15 ���������������� ������������ Das Fan- und Stadionmagazin��������� www.stadionwelt.de Pätzug: Stadionwelt: azin Dynamo hat etwas abgebaut, aber die Ende 2005 waren aktuell ca. 280 Wie schätzt du die Einstellung �������������������������������� ������ www.stadionwelt.de������ Nov. 2005 Stadionweltazin www.stadionwelt.de������ ������ Leute, die jetzt noch ins Stadion gehen, Stadionverbote wirksam. Die wirken sich zu politischen Dingen in der Szene ein? Das Fan- und Stadionmagazin www.stadionwelt.de ������������������ Stadionwelt 3,50 € Das Fan- und Stadionmag ������������������������������� ������� �������� ziehen wieder richtig mit. Ein ganz brei- aus. Die Polizeipräsenz ist in Dresden Pätzug: Das wird gerade heiß diskutiert im �������� �����Quadratur ���������� der Kur ������������������ ����������������� � ���������������������������������� ������������������ ve ter Konsens besteht in der Ablehnung sehr hoch, und so gehen einige nur noch Forum und allgemein. Im Grunde ist das ����� ENDE EINES MYTHOS? Nr. ���17 3,50 € ������������ ������������������ ���������������DER FANBLOCK April / Mai 2006 der Kommerzialisierung. Da drehen die zu den Spielen der zweiten Mannschaft. mit der Politik aber ein bisschen abge aut. ����������� ����������Die Bundesliga-StadienEnglands Fankultur im Vergleich in der Krise ���������������� ����������������������������������� ���������������������������� Leute hier durch. Das hat sich schon negativ auf den Sup- Es gibt natürlich Polen-Kontakte, dort ist FINALE!Countdown ��������������Rangliste: Heim-��������������� und Gästeblöck Stadionwelt: Wie ist dann die Haltung ge- port niedergeschlagen. Diese bunte, krea- ja vieles sehr nationalistisch, was schon Rückblick 2004/05: e genüber einem neuen Stadion? tive Szene gibt es auf keinen Fall mehr. abfärbt auf einige. Aber richtig krass drauf Aufstiegezur & Abschiede, WM 2006 ������ Saisonendspurt, ���������������������� Pätzug: Auf jeden Fall soll das Stadi- Der Dresdener Ruf einer gewaltbereiten ist nur ein kleiner Teil. Der große Teil be- Choreohighlights… on bleiben, wo es ist. Viele wollen auch Szene muss meiner Meinung nach rela- müht sich, das Ganze neutral zu halten. keinen zweiten Rang, sondern eine ganz tiviert werden. So viele Vorfälle gab es Als ich mit dem Buch an ng, was fast drei einfache Schüssel. Viele haben Angst vor nun auch nicht. Dresden hat zwar eine Jahre her ist, waren die Ultras Dynamo dem Neuen, das Herz hängt am alten stattliche C-Kategorie, aber die tritt kaum eher eine links-alternative Szene. Das ist Stadion. Auch wenn es gegenwärtig ver- noch beim Fußball auf. Die Ultraszene hat aber in meinen Augen kaputt. dreckt und muffelig ist: Es hat Flair. von sich aus Konsequenzen gezogen und Stadionwelt: Wie ist dein Ausblick auf die Stadionwelt: Mit dem Aufstieg befand gesagt: Wenn es dem Verein so sehr scha- Zukunft der Dresdener Szene? sich Dresden plötzlich wieder im Ram- det, dann wird im Dresdener Stadion auch Pätzug: Ich denke, dass im Osten generell Serie WM-Stadien penlicht – und die Medien hatten ein nicht mehr gezündelt. Wenn doch etwas alles gesellschaftspolitische Ursprünge ���������������� Sicherheitsdebatte:������������������������������� ���������������� �������������������������CASS PENNANT ���������������� ALLIANZ Fakten,ARENA Meinungen,������������������������� neues Sinnbild für Fußballgewalt. Wel- vorkommt, dürften kaum die Ultras Dy- hat. Der Stadt Dresden an sich geht es gut, ������ im Interview POLITIK UND P ���������������WM-Stadt������ Hintergründe MünchenWes ������ t Hams Hooligan- Fanszene Celtic cher Trend diesbezüglich ist derzeit in namo als Gruppe dahinter stehen, sondern obwohl natürlich trotzdem zu viele kei- ��������� ���������������������������������������� Legende über Gew ARTY ������������������13 Seiten mit Poster Fanliteratur und ������������������������������������� die WM 2006 alt, der Szene festzustellen? Einzelpersonen. ne Arbeit haben, aber die Szene kommt �������������������� ������� ��������� ������ ������� WM-Serie ������������������������������ ������������������Neu: Stadionwelt- aus einem gigantischen Umfeld. Daher ���������� �������� wird es in den nächsten Jahren immer Serie�������� WM-Stadien ������������������� ���������AWD ����������-ARENA ��� eine Trotz- und Gewaltszene geben. Eine ���� WM-Stadt Hannover ������������ �������������� ����� �� ��������� Szene Braunschweig��������������������13 Seiten mit Posterd Wien Fanszene ��St.� �Pauli������������ selbstbestimmte, kreative und aggressive �������Fanszene Rapi pool ����������� ������wStadion P Fanszene Liver �������������� STADION-NEWS������ Stadien��������� ����� Glasgo arma���������� ��������������� ����������������� ������������ ������������������������������������ ���������������������Stamford��� �������� Bridge TERING Afrika-Special ������������ ���� � ����· SPIELBERICHTE����� �������������SZENE: ·DRESDEN, POST������������������ ���� AUS· EUROP CA Fan-News��������� und��� �-Fotos�� ������������ Fan-News���������� und��������������Fan-News ��� Fotos ������ und �� ������������� -Fotos � �� ��� ���� � Szene  nde ich reizvoll. Das hat Ausnah- � ARENA-NEWS ����������������������� � WM-Stadion������������ Hamburg������s001������� ����������������ALL�������� / HANDBALL�� ���Stadien�� Ukraine Szene Panathinaikos _titel 15.indd������ 1 �������������������������� �������������������������������� / BASKETB ������������ Fanszene Offenbach������������������������������������������������ ������������������� s001_titel 17.indd���� 1 ��������������������������� �� �� ����� MANNHEIM,18.04.2005 � A ·19:23:04 FAN-NEWS ��������������������� ���� ach Arena AufSchalke ����� · FAN-NEWS EISHOCKEY ������� �������� �� ���������������� �� � �������� SAP Arena szene M’gladb ������ ADION-NEWS · ARENA-NEWS · INTERVIEW: HORST HELDT · �������24.05.2005 12:43:57EISHOCKEY mestellung und sollte erhalten bleiben. Fan ���� · ST ADION-NEWS ���� �� ����������� �� ��� ���� GRONINGEN · ST ������������GRIECHENLAND· ST ATISTIK · ST � �� ����������� ���� �������� �� ���� ������ADIONWEL� ��������� STADIENHONDURAS �������� �������� � · SPIELBERICHTE�������� ����� �� �����· F TEN CHILE · STAT ������������ Stadionwelt: Stimmt es, dass du auch an STADIONWELTEN ISTIK ������������ �� �� �������� �� ���� �� ����� ����� �� ����������� ������������ �� ��������� ���� ������ AN-NEWS UND -FO einem Buch über die Szene von Lok Leip- �������������� ��������������� �������������� ���������� �� �� TOS · STADIEN POLEN ����� zig beteiligt bist? ������� �������

Pätzug: Ja. Ein Lokist hatte Kontakt zu mir 23 03 2 aufgenommen. Er fand das Buch gut und fragte mich, ob ich ihm mal das Cover schicken kann, weil er das Buch im Sta- dionheft rezensieren wollte. Ich fragte ihn dann, ob es von seiner Seite Interesse zu Jetzt einen Abokunden werben und einem ähnlich gelagerten Projekt über Lok Faszination Fankurve I als Prämie erhalten! gäbe. Die Sache kommt nach Lage der Din- ge zustande und die Arbeit soll demnächst beginnen. Mein Verleger fand die Idee auch Telefon (0 22 32) 57 72-27 super. Der Vorteil ist diesmal, dass alle Kontakte ins „Hinterland“ der Szene beste- Internet www.stadionwelt.de hen und er schon Vorarbeit im lokeigenen Fanzine leisten konnte. Die Materialfülle E-Mail [email protected] an Interviewmöglichkeiten, Dokumenten und Bildern ist jedenfalls vorhanden. Mein Das Abo kostet 32,50 € (10 Ausgaben) inklusive Versand in Deutschland. Das Abo Europa kostet 45,00 € Part wären konzeptionelle Dinge sowie die und beinhaltet den Versand ins europäische Ausland. Das Abo verlängert sich automatisch um ein weiteres „Hooligan-Gipfel“: Dynamo - VfB Leipzig Foto: Jürgen Clauß Gestaltung.���Stefan Diener / Ingo Partecke Jahr, wenn nicht spätestens 4 Wochen vor Ablauf des Bezugszeitraums eine schriftliche Kündigung erfolgt.

18 Stadionwelt April/Mai 2006 Ältere Ausgaben können nachbestellt werden!

016-018_dresden interview.indd 18 26.03.2006 22:57:09 s019_Anzeige_Abo.indd 19 26.03.2006 14:42:04 Fan-Szene ImmerImmer direktdirekt dasdas aktuellsteaktuellste Heft!Heft! mo auswärts als kompakte Masse auftritt, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, während intern sehr viel diskutiert wird – im Internet, aber auch körperlich. Jetzt das Magazin abonnieren! Stadionwelt: Nach dem Aufstieg in die Jetzt das Magazin abonnieren! zweite Liga hat Dynamo einen Boom er- lebt, jetzt sieht es eher schwierig aus. Wie hat sich das auf die Szene ausgewirkt? Pätzug: Es hat sich beinahe gesundend ausgewirkt. Viele Leute, die nach dem Aufstieg wieder im Stadion waren, hat- ten in der Zwischenzeit nichts mitbekom- men. So entstanden Diskrepanzen beson- 10 Ausgaben in Folge ders zwischen den Ultras und Anderen. In der Regionalliga waren zwar nicht so viele im Stadion, aber alle haben gerockt. Zwischenzeitlich gab es dann schon mal Saison 2003/2004: 10.000 Dynamo-Fans feiern in Uerdingen den Aufstieg Foto: Stadionwelt Nr. 10 Nr. 11 ������ ����� 5 ������ Mai 200Stadionwelt��������� ����� Stadionwelt Stress mit denen, die nicht mitmachten. ������������������DasJuni/Juli Fan- und 2005 Stadionmag��������������������� ������ �������������� ���������������������������������������������������������������� ������������������ ��� ����������������������������3,50 € ������������������3,50 € ������StadionweltNr. ����������������� Stadionwelt 15 ���������������� ������������ Das Fan- und Stadionmagazin��������� www.stadionwelt.de Pätzug: Stadionwelt: azin Dynamo hat etwas abgebaut, aber die Ende 2005 waren aktuell ca. 280 Wie schätzt du die Einstellung ������������������������� ������������� www.stadionwelt.de������ Nov. 2005 Stadionweltazin www.stadionwelt.de������ ������ Leute, die jetzt noch ins Stadion gehen, Stadionverbote wirksam. Die wirken sich zu politischen Dingen in der Szene ein? Das Fan- und Stadionmagazin www.stadionwelt.de ������������������ Stadionwelt 3,50 € Das Fan- und Stadionmag ������������������������������� ������� �������� ziehen wieder richtig mit. Ein ganz brei- aus. Die Polizeipräsenz ist in Dresden Pätzug: Das wird gerade heiß diskutiert im �������� �����Quadratur ���������� der Kur ������������������ ����������������� � ���������������������������������� ������������������ ve ter Konsens besteht in der Ablehnung sehr hoch, und so gehen einige nur noch Forum und allgemein. Im Grunde ist das ����� ENDE EINES MYTHOS? Nr. �17 3,50 € ������������ ������������������ ���������������DER FANBLOCK April / Mai 2006 der Kommerzialisierung. Da drehen die zu den Spielen der zweiten Mannschaft. mit der Politik aber ein bisschen abge aut. ����������� ����������Die Bundesliga-StadienEnglands Fankultur im Vergleich in der Krise ���������������� ����������������������������������� ���������������������������� Leute hier durch. Das hat sich schon negativ auf den Sup- Es gibt natürlich Polen-Kontakte, dort ist FINALE!Countdown ��������������Rangliste: Heim-��������������� und Gästeblöck Stadionwelt: Wie ist dann die Haltung ge- port niedergeschlagen. Diese bunte, krea- ja vieles sehr nationalistisch, was schon Rückblick 2004/05: e genüber einem neuen Stadion? tive Szene gibt es auf keinen Fall mehr. abfärbt auf einige. Aber richtig krass drauf Aufstiegezur & Abschiede, WM 2006 ������ Saisonendspurt, ���������������������� Pätzug: Auf jeden Fall soll das Stadi- Der Dresdener Ruf einer gewaltbereiten ist nur ein kleiner Teil. Der große Teil be- Choreohighlights… on bleiben, wo es ist. Viele wollen auch Szene muss meiner Meinung nach rela- müht sich, das Ganze neutral zu halten. keinen zweiten Rang, sondern eine ganz tiviert werden. So viele Vorfälle gab es Als ich mit dem Buch an ng, was fast drei einfache Schüssel. Viele haben Angst vor nun auch nicht. Dresden hat zwar eine Jahre her ist, waren die Ultras Dynamo dem Neuen, das Herz hängt am alten stattliche C-Kategorie, aber die tritt kaum eher eine links-alternative Szene. Das ist Stadion. Auch wenn es gegenwärtig ver- noch beim Fußball auf. Die Ultraszene hat aber in meinen Augen kaputt. dreckt und muffelig ist: Es hat Flair. von sich aus Konsequenzen gezogen und Stadionwelt: Wie ist dein Ausblick auf die Stadionwelt: Mit dem Aufstieg befand gesagt: Wenn es dem Verein so sehr scha- Zukunft der Dresdener Szene? sich Dresden plötzlich wieder im Ram- det, dann wird im Dresdener Stadion auch Pätzug: Ich denke, dass im Osten generell Serie WM-Stadien penlicht – und die Medien hatten ein nicht mehr gezündelt. Wenn doch etwas alles gesellschaftspolitische Ursprünge ���������������� Sicherheitsdebatte:������������������������������� ���������������� �������������������������CASS PENNANT ���������������� ALLIANZ Fakten,ARENA Meinungen,������������������������� neues Sinnbild für Fußballgewalt. Wel- vorkommt, dürften kaum die Ultras Dy- hat. Der Stadt Dresden an sich geht es gut, ������ im Interview POLITIK UND P ���������������WM-Stadt������ Hintergründe MünchenWes ������ t Hams Hooligan- Fanszene Celtic cher Trend diesbezüglich ist derzeit in namo als Gruppe dahinter stehen, sondern obwohl natürlich trotzdem zu viele kei- ��������� ���������������������������������������� Legende über Gew ARTY ������������������13 Seiten mit Poster Fanliteratur und ������������������������������������� die WM 2006 alt, der Szene festzustellen? 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Pätzug: Ja. Ein Lokist hatte Kontakt zu mir 23 03 2 aufgenommen. Er fand das Buch gut und fragte mich, ob ich ihm mal das Cover schicken kann, weil er das Buch im Sta- dionheft rezensieren wollte. Ich fragte ihn dann, ob es von seiner Seite Interesse zu Jetzt einen Abokunden werben und einem ähnlich gelagerten Projekt über Lok Faszination Fankurve I als Prämie erhalten! gäbe. Die Sache kommt nach Lage der Din- ge zustande und die Arbeit soll demnächst beginnen. Mein Verleger fand die Idee auch Telefon (0 22 32) 57 72-27 super. Der Vorteil ist diesmal, dass alle Kontakte ins „Hinterland“ der Szene beste- Internet www.stadionwelt.de hen und er schon Vorarbeit im lokeigenen Fanzine leisten konnte. Die Materialfülle E-Mail [email protected] an Interviewmöglichkeiten, Dokumenten und Bildern ist jedenfalls vorhanden. Mein Das Abo kostet 32,50 € (10 Ausgaben) inklusive Versand in Deutschland. Das Abo Europa kostet 45,00 € Part wären konzeptionelle Dinge sowie die und beinhaltet den Versand ins europäische Ausland. Das Abo verlängert sich automatisch um ein weiteres „Hooligan-Gipfel“: Dynamo - VfB Leipzig Foto: Jürgen Clauß Gestaltung.���Stefan Diener / Ingo Partecke Jahr, wenn nicht spätestens 4 Wochen vor Ablauf des Bezugszeitraums eine schriftliche Kündigung erfolgt.

18 Stadionwelt April/Mai 2006 Ältere Ausgaben können nachbestellt werden!

016-018_dresden interview.indd 18 26.03.2006 22:57:09 s019_Anzeige_Abo.indd 19 26.03.2006 14:42:04 Titel

Chelsea: So teuer wie die Stars sind auch die Eintrittspreise. Foto: TOM(F95) You’re not singing anymore Eine Bestandsaufnahme des Zustands der englischen Fankultur

er Fußball war noch nie reicher, Ticket bei Chelsea kostet inzwischen 45 Titel wurde nie mehr gehypt und war Pfund (ca. 65 Euro), Ermäßigungen gibt nie zentraler für die englische es nur für Klubmitglieder. Dauerkar- � You’re not singing anymore D Kultur als heute. Und trotzdem war er ten in Arsenals neuem Stadion werden Eine Bestandsaufnahme ...... 20 nie in größerer Bedrängnis“, heißt es auf nächstes Jahr ab lockeren 895 Pfund (ca. � „Typisch für England? dem Klappentext des Buches „The beau- 1300 Euro) zu haben sein. Selbst in der Die Meckerei!“ tiful Game?“ des Sportjournalisten David 4. Liga, die inzwischen den klangvollen Interview mit Dave Boyle, Conn. Das Fragezeichen im Titel steht Namen „Coca Cola League Two“ trägt, Supporters Direct ...... 22 zurecht, zeichnet das Buch doch ein dü- liegt der Preis für die billigste Kategorie steres Bild des Zustands der Fußballkul- bei etwa 15 Pfund (ca. 22 Euro), Tendenz � „Einen Kontrapunkt setzen“ tur in England. Gilt die Insel in hiesigen steigend. Die Preissteigerungen haben Ultra-Kultur in England – ein Ge lden inzwischen einfach nur noch System, meinen viele Fans. „Es liegt nicht Interview mit den White Ultras . . 24 als langweiliges Ziel für Hoppingtouren, nur am Geld, das die Vereine aufgrund � Einsame Rufer in der Wüste haben die dortigen Fans ein viel größeres der ungerechten Verteilung der Fernseh- Die englische Problem: Viele Entwicklungen der letz- gelder zusätzlich brauchen, es ist auch Fanzine-Landschaft ...... 26 ten Jahre haben ihrem Spiel schlicht die eine neue Art von Publikum, das ange- Seele geraubt und sie vor einen Haufen sprochen werden soll. Der ursprüngliche � Eine Subkultur wie Punks, Probleme gestellt. Fußballfan ist von den Vereinen gar nicht Teds oder Skinheads mehr erwünscht“, sagt etwa Steve Darcy Hooligan-Legende von den „LUFC Ultras“. Und tatsächlich: Cass Pennant im Interview . . . . . 27 Probleme, Probleme, Probleme Da sich auch das Image des Fußballs in ��Martin Endemann, Ingo Partecke, Da wären zunächst einmal die Preise, der Gesellschaft seit den „wilden 80ern“ Maik Thesing die mit beängstigender Zuverlässigkeit enorm verändert hat,  ndet sich eine von Jahr zu Jahr steigen. Das billigste neue Zielgruppe, die bereit ist, solche

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Preise zu zahlen. Ein Publikum hat den Weg ins Stadion gefunden, für das das gesamte Fußballumfeld früher eher ab- schreckend wirkte. „War das Bild eines Fans in den 80ern negativ besetzt, ist heute das Gegenteil der Fall. Fußball ist schick geworden. Jeder ist Fan und bildet sich ein, eine Meinung haben zu müssen. Auch die Leute, die früher nie im Stadion waren und oft keine Ahnung vom Fuß- ball haben“, beobachtet Alan vom Fanmagazin „When Saturday Comes“. „Der dramatische Anstieg der Preise hat mittlerweile dazu geführt, dass die tradi- tionelle Fanbasis wegbricht”, meint auch Alan Bloore von der „Football Supporters Federation“ (FSF). Hat der Wandel in der Publikumsstruktur allerdings auch eini- ge positive Seiten, so etwa, dass sich in- zwischen mehr Frauen und migrantisch- stämmige Fans ins Stadion wagen, ist eines für die Zukunft jedoch viel drama- tischer: Durch das „out-pricing“ bricht auch der Nachwuchs weg. Inzwischen Stehplätze nur noch die Ausnahme: Huish Park, Yeovil Town Foto: Rudo Hofman fehlt fast eine komplette Generation auf den Rängen. Vorbei die Zeiten, in denen Stadien der 3. und 4. Liga  nden sich nur den, und die Gründe, weswegen man ein Familienvater seine Kinder von klein noch wenige Stehplatztribünen. Ganze des Stadions verwiesen werden kann, auf mit ins Stadion nehmen konnte oder sechzehn sind übrig geblieben. Zum Bei- sind mannigfaltig. Dinge, die man tun- sich Heranwachsende sich ganz selbst- spiel in Hartlepool, Yeovil, Peterborough lichst zu unterlassen habe, füllen große verständlich jeden Samstag im Stadion oder Torquay. Klingende Namen sind Warnschilder in den Stadien. „Inappro- trafen. nicht mehr darunter. Viele der nieder- priate language“, „unangemessene Spra- klassigen Vereine haben beim Umbau che“, kurz „ uchen“, gehört meist dazu. Stars of CCTV ihrer Stadien in vorauseilendem Gehor- In dem Land, in dem kaum ein Fange- Chelsea: So teuer wie die Stars sind auch die Eintrittspreise. Foto: TOM(F95) sam gleich ganz auf Stehplätze verzich- sang ohne eben jenes auskommt, schier Abgesehen von der sich weiter dre- tet, zumal Sitzplätze auch höhere Preise unvorstellbar. Auch die Überwachung henden Preisspirale, sind mangelnde rechtfertigen. Nicht nur der Verlust der hat zugenommen. England gilt nicht Stehplätze nach wie vor ein Thema. In Stehplätze, auch weitere Faktoren haben umsonst als Vorreiter bei der  ächendek- You’re not singing anymore den ersten beiden Ligen sind Stehplätze den Stadionbesuch in England unange- kenden Kameraüberwachung per CCTV. schon seit weit über zehn Jahren wenn nehmer werden lassen und sind auf die Die Angst vor der Rückkehr der Gewalt Eine Bestandsaufnahme des Zustands der englischen Fankultur überhaupt, dann nur mit Ausnahmege- Stimmung geschlagen. Der Ordnungs- der 80er spielt hierbei Rolle. Auf Vereine nehimgung zugelassen, und selbst in den dienst ist vielerorts aggressiver gewor- mit einschlägiger Reputation wird Druck von allen Seiten ausgeübt. Millwall etwa er Fußball war noch nie reicher, Ticket bei Chelsea kostet inzwischen 45 führte für einige Jahre ein Membership- Titel wurde nie mehr gehypt und war Pfund (ca. 65 Euro), Ermäßigungen gibt System ein, das den Ticketerwerb nur nie zentraler für die englische es nur für Klubmitglieder. Dauerkar- bei gleichzeitiger Mitgliedschaft im Ver- � You’re not singing anymore D Kultur als heute. Und trotzdem war er ten in Arsenals neuem Stadion werden ein möglich machte. Zu einigen Spielen Eine Bestandsaufnahme ...... 20 nie in größerer Bedrängnis“, heißt es auf nächstes Jahr ab lockeren 895 Pfund (ca. durften weder Millwall-Fans reisen, noch � „Typisch für England? dem Klappentext des Buches „The beau- 1300 Euro) zu haben sein. Selbst in der waren beim Rückspiel Auswärtsfans zu- Die Meckerei!“ tiful Game?“ des Sportjournalisten David 4. Liga, die inzwischen den klangvollen gelassen. Und noch heute hängen in den Interview mit Dave Boyle, Conn. Das Fragezeichen im Titel steht Namen „Coca Cola League Two“ trägt, Gängen des „New Den“ Fahndungspla- Supporters Direct ...... 22 zurecht, zeichnet das Buch doch ein dü- liegt der Preis für die billigste Kategorie kate mit der Aufforderung: „Informieren steres Bild des Zustands der Fußballkul- bei etwa 15 Pfund (ca. 22 Euro), Tendenz sie den Ordnungsdienst, sollten sie eine � „Einen Kontrapunkt setzen“ tur in England. Gilt die Insel in hiesigen steigend. Die Preissteigerungen haben der auf diesen Bildern abgebildeten Per- Ultra-Kultur in England – ein Ge lden inzwischen einfach nur noch System, meinen viele Fans. „Es liegt nicht sonen sehen.“ Bei als besonders brisant Interview mit den White Ultras . . 24 als langweiliges Ziel für Hoppingtouren, nur am Geld, das die Vereine aufgrund eingestuften Spielen sind Anstoßzeiten � Einsame Rufer in der Wüste haben die dortigen Fans ein viel größeres der ungerechten Verteilung der Fernseh- um 11:30 morgens oder „all ticket games“, Die englische Problem: Viele Entwicklungen der letz- gelder zusätzlich brauchen, es ist auch also solche, bei denen an den Tageskas- Fanzine-Landschaft ...... 26 ten Jahre haben ihrem Spiel schlicht die eine neue Art von Publikum, das ange- sen keine Karten mehr verkauft werden, Seele geraubt und sie vor einen Haufen sprochen werden soll. Der ursprüngliche eher die Regel als die Ausnahme. � Eine Subkultur wie Punks, Probleme gestellt. Fußballfan ist von den Vereinen gar nicht Teds oder Skinheads mehr erwünscht“, sagt etwa Steve Darcy Hooligan-Legende In der „Library“ von den „LUFC Ultras“. Und tatsächlich: Cass Pennant im Interview . . . . . 27 Probleme, Probleme, Probleme Da sich auch das Image des Fußballs in All dies schlägt natürlich auf die Stim- ��Martin Endemann, Ingo Partecke, Da wären zunächst einmal die Preise, der Gesellschaft seit den „wilden 80ern“ mung nieder. Besuchten Bekannte aus Maik Thesing die mit beängstigender Zuverlässigkeit enorm verändert hat,  ndet sich eine Deutschland noch Anfang der Neunzi- von Jahr zu Jahr steigen. Das billigste neue Zielgruppe, die bereit ist, solche The Library – Highbury lebt nur noch von seiner Legende Foto: Stadionwelt ger ein englisches Spiel, kamen sie �

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s020-026_Fankultur England.indd 20 26.03.2006 21:11:22 s020-026_Fankultur England.indd 21 26.03.2006 21:08:59 Titel

„Typisch für England? Die Meckerei!“ Interview mit Dave Boyle, Supporters Direct Stadionwelt: Der schlechtes Spiel gesehen hast. Du hast mit lisch“ sei. Nonsens. Dazu kommt noch die englische Fußball den Schultern gezuckt. Heute zahlen viele Tatsache, dass die Presse zu selten über hat sich seit Hills- Fans 40 Pfund und rufen pausenlos bei Ra- diese Dinge redet. Es geht nur um Spieler, borough sehr ver- diosendungen an, um empört den Kopf des Transfers, die Spiele und all das. ändert. Zum Guten Trainer oder eines Spielers zu fordern. Fuß- Stadionwelt: Wird man da nicht neidisch oder zum Schlech- ball sollte Spaß machen, aber hier nehmen auf die Verhältnisse in anderen Ländern, ten? die Menschen inzwischen vieles zu ernst. wo es entweder besser ist – oder die Fans Boyle: Es ist so Stadionwelt: Was ist im Moment das größte wenigstens protestieren? wie im Leben, Problem für englische Fans? Boyle: Natürlich! Aber die Tatsache, dass Foto: Privat manche Verände- Boyle: Zum einen die Tatsache, dass die so etwas passiert, heißt, dass das ein Bei- rungen sind bes- Preise jedes Jahr über die Infl ationsrate spiel sein muss, es auch zu machen. Wir ser, manche schlechter. Natürlich sind die steigen, so dass es einen jedes Jahr mehr können etwa nach Deutschland zeigen und Stadien besser, doch sieht man sich an, kostet, ein Fan zu sein. Dazu kommt, dass sagen: „Warum sollten wir das nicht auch wie manche Stadien vorher aussahen, war es von Jahr zu Jahr schwerer wird, einen fai- können?“ das nicht allzu schwer. Wenn man aber das ren Wettbewerb aufrecht zu erhalten. Beides Stadionwelt: Stimmung vs. Erfolg. Was ist ganze Bild betrachtet, dann ärgern sich hängt unmittelbar zusammen. Die höheren mit dem Konfl ikt zwischen denjenigen, die die Fans am meisten darüber, zu sehen Preise werden gebraucht, da der Verteilungs- sich die „gute alte Zeit“ zurückwünschen wer diese Veränderungen veranlasst hat. schlüssel der Fernseheinnahmen so unfair und denen, die sich freuen, das erste Mal Nämlich genau die Leute, die jahrzehnte- ist. Also nehmen es die Vereine von den seit 50 Jahren wieder den Titel geholt zu lang gar nichts ändern wollten, was dann Fans. Aber das wird nie genug Geld sein, für haben? auch zu Sachen wie der Katastrophe von viele Vereine langt es gerade eben so zum Boyle: Dieser Konfl ikt spielt natürlich immer Hillsborough geführt hat. Die Verantwortli- mitspielen. Das geht natürlich nicht ewig so eine Rolle. Aber auch Chelsea-Fans sind chen in den Führungsetagen der Klubs und weiter. Irgendwann werden die Zuschauer trotz des Titels auf die Palme zu bringen. beim Verband haben einen Haufen Geld merken, dass, egal wie viel sie zahlen, ihr Es gab zu Anfang der Saison einen kleinen, für Veränderungen bekommen, sie haben Verein nie wirklich etwas erreichen wird. aber spürbaren Boykott eines Heimspiels es geschafft, die Atmosphäre zu töten, Stadionwelt: Was ist mit den Fans, die sich als Protest gegen die Preisgestaltung. Des haben die Eintrittspreise erhöht und wer- nicht in den zahlreichen Kampagnen wie der weiteren wächst die Erkenntnis unter den den dafür auch noch als „Visionäre“ be- „Football Supporters Federation“, „Suppor- Fans, dass man nie etwas gewinnen wird, zeichnet. Das Fernsehen hat mehr Einfl uss ters Direct“ oder „Stand up, sit down“ en- gehört man nicht zu den drei großen Clubs. als je zuvor, Spieltermine werden hin und gagieren? Und in den unteren Ligen gibt es immer we- her geschoben. Und das Schlimmste sind Boyle: Es wird immer Leute geben, die mit- niger Fans, die Erfolg um jeden Preis wol- Leute in den Clubs, die nicht an irgend- machen oder nicht. Es ist natürlich ein Pro- len, weil sie die mahnenden Beispiele vie- etwas interessiert zu sein scheinen, was blem, denn die Clubs fahren einen reinen ler Clubs sehen, die in den letzten Wochen man mit Tradition in Verbindung bringen marktwirtschaftlichen Kurs und sagen, wenn und Monaten beinahe Bankrott gegangen könnte. Leute, die der Meinung sind, dass die Fans das alles nicht mehr möchten, könn- wären, da sie sich fi nanziell übernommen alles seinen Preis habe und der Höchstbie- ten sie ja einfach aufhören hinzugehen. Und haben. tende eben gewinnt. Es gibt natürlich auch wenn sie das nicht tun, sagen die Vereine: Stadionwelt: Was ist denn überhaupt noch Positives zu berichten: Faninitiativen sind „Dann scheint es ja kein Problem zu geben.“ typisch für die englische Fankultur? besser organisiert und in vielen Clubs in Ehrlich gesagt, gibt es zu viele Fans, die den- Boyle: Die Meckerei. Nein, ich denke sie die Arbeit eingebunden oder konnten ihn ken, man kann nichts ändern, und zu viele ist sehr geschwächt. Die Club-spezifi schen, gar übernehmen. Aber insgesamt muss sehen die Probleme gar nicht. unverwechselbaren Gesänge werden im- ich auch sagen, dass es nicht darum geht, Stadionwelt: Gehen die Fans also zu unkri- mer weniger, viele Songs sind nur noch ob jetzt etwas schlechter ist, sondern dass tisch mit der momentanen Situation um? abgekupfert und austauschbar. Wir mögen es besser sein könnte. Man wird schnell Boyle: Engländer sind oft unkritisch oder ten- immer noch harte Zweikämpfe und fordern als jemand abgestempelt, der nichts ver- dieren dazu alles zu akzeptieren. Die ganze Einsatz. Spielern, die nicht gut sind, aber ändern möchte oder die alten morschen, Idee, dass „schon immer alles schlecht war“ alles geben, wird schnell verziehen, und die gefährlichen Stadien und die Gewalt wie- und „Veränderungen sowieso nichts bringen größte Sünde ist es immer noch, so aufzu- der haben möchte. würden“ ist weit verbreitet. Wenn man denkt, treten, als würde man den letzten Einsatz Stadionwelt: Wie hat sich das Publikum dass man nichts tun kann und, egal was vermissen lassen. verändert, und wie macht sich das in Be- man tut, sich nichts verbessern würde, gilt zug auf die Atmosphäre bemerkbar? hier nicht nur im Fußball. Man muss sich nur Boyle: Die größte Veränderung ist die einmal unser Eisenbahnsystem ansehen. In Stille in den Stadien. Auch haben die Ein- anderen Ländern gingen die Menschen auf trittspreise dazu beigetragen, dass das Pu- die Straße, hier werden sie depressiv und blikum „vergreist“. Die gleichen Fans, die murren aber denken nicht daran etwas zu tun 1996 zu den Spielen gingen, gehen heute – außer sich vielleicht ein Auto zu kaufen. auch noch, sind nur eben 10 Jahre älter Stadionwelt: Warum ist das so? geworden. Auch die Stimmung außerhalb Boyle: So sind wir eben. Hier gab es nie eine der Stadien hat sich geändert. Es herrscht Revolution. Hier gibt es die Vorstellung, dass eine ungeheure Ernsthaftigkeit. Als es sich die Dinge nach und nach verändern, noch billig war, war es dir egal, ob du ein dass Dinge verbessern zu wollen „uneng- Unerschwinglich für den Nachwuchs

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„Typisch für England? Die Meckerei!“ Interview mit Dave Boyle, Supporters Direct Stadionwelt: Der schlechtes Spiel gesehen hast. Du hast mit lisch“ sei. Nonsens. Dazu kommt noch die englische Fußball den Schultern gezuckt. Heute zahlen viele Tatsache, dass die Presse zu selten über hat sich seit Hills- Fans 40 Pfund und rufen pausenlos bei Ra- diese Dinge redet. Es geht nur um Spieler, borough sehr ver- diosendungen an, um empört den Kopf des Transfers, die Spiele und all das. ändert. Zum Guten Trainer oder eines Spielers zu fordern. Fuß- Stadionwelt: Wird man da nicht neidisch oder zum Schlech- ball sollte Spaß machen, aber hier nehmen auf die Verhältnisse in anderen Ländern, ten? die Menschen inzwischen vieles zu ernst. wo es entweder besser ist – oder die Fans Boyle: Es ist so Stadionwelt: Was ist im Moment das größte wenigstens protestieren? wie im Leben, Problem für englische Fans? Boyle: Natürlich! Aber die Tatsache, dass Foto: Privat manche Verände- Boyle: Zum einen die Tatsache, dass die so etwas passiert, heißt, dass das ein Bei- rungen sind bes- Preise jedes Jahr über die Infl ationsrate spiel sein muss, es auch zu machen. Wir ser, manche schlechter. Natürlich sind die steigen, so dass es einen jedes Jahr mehr können etwa nach Deutschland zeigen und Stadien besser, doch sieht man sich an, kostet, ein Fan zu sein. Dazu kommt, dass sagen: „Warum sollten wir das nicht auch wie manche Stadien vorher aussahen, war es von Jahr zu Jahr schwerer wird, einen fai- können?“ das nicht allzu schwer. Wenn man aber das ren Wettbewerb aufrecht zu erhalten. Beides Stadionwelt: Stimmung vs. Erfolg. Was ist ganze Bild betrachtet, dann ärgern sich hängt unmittelbar zusammen. Die höheren mit dem Konfl ikt zwischen denjenigen, die die Fans am meisten darüber, zu sehen Preise werden gebraucht, da der Verteilungs- sich die „gute alte Zeit“ zurückwünschen wer diese Veränderungen veranlasst hat. schlüssel der Fernseheinnahmen so unfair und denen, die sich freuen, das erste Mal Nämlich genau die Leute, die jahrzehnte- ist. Also nehmen es die Vereine von den seit 50 Jahren wieder den Titel geholt zu lang gar nichts ändern wollten, was dann Fans. Aber das wird nie genug Geld sein, für haben? auch zu Sachen wie der Katastrophe von viele Vereine langt es gerade eben so zum Boyle: Dieser Konfl ikt spielt natürlich immer Hillsborough geführt hat. Die Verantwortli- mitspielen. Das geht natürlich nicht ewig so eine Rolle. Aber auch Chelsea-Fans sind chen in den Führungsetagen der Klubs und weiter. Irgendwann werden die Zuschauer trotz des Titels auf die Palme zu bringen. beim Verband haben einen Haufen Geld merken, dass, egal wie viel sie zahlen, ihr Es gab zu Anfang der Saison einen kleinen, für Veränderungen bekommen, sie haben Verein nie wirklich etwas erreichen wird. aber spürbaren Boykott eines Heimspiels es geschafft, die Atmosphäre zu töten, Stadionwelt: Was ist mit den Fans, die sich als Protest gegen die Preisgestaltung. Des haben die Eintrittspreise erhöht und wer- nicht in den zahlreichen Kampagnen wie der weiteren wächst die Erkenntnis unter den den dafür auch noch als „Visionäre“ be- „Football Supporters Federation“, „Suppor- Fans, dass man nie etwas gewinnen wird, Choreos nur bei Länderspielen: England – Österreich in Liverpool Fotos: Werner Koisser/ballesterer fm zeichnet. Das Fernsehen hat mehr Einfl uss ters Direct“ oder „Stand up, sit down“ en- gehört man nicht zu den drei großen Clubs. als je zuvor, Spieltermine werden hin und gagieren? Und in den unteren Ligen gibt es immer we- meist mit einem Glänzen in den Augen Spiel über singen. Gerade, wenn der Gast den unteren Ligen nach und nach damit her geschoben. Und das Schlimmste sind Boyle: Es wird immer Leute geben, die mit- niger Fans, die Erfolg um jeden Preis wol- zurück. Und heute? Tote Hose allenthal- einen reisefreudigen und sangeswütigen anfangen. Choreogra en und Spruch- Leute in den Clubs, die nicht an irgend- machen oder nicht. Es ist natürlich ein Pro- len, weil sie die mahnenden Beispiele vie- ben. Man merkt sie noch, die Begeiste- Anhang mitbringt, kann man einen inter- bänder sind jedoch selten zu sehen. Ein- etwas interessiert zu sein scheinen, was blem, denn die Clubs fahren einen reinen ler Clubs sehen, die in den letzten Wochen rungsfähigkeit für den eigenen Verein, essanten Nachmittag erleben. Die Begei- zige Ausnahmen: Die von den „London man mit Tradition in Verbindung bringen marktwirtschaftlichen Kurs und sagen, wenn und Monaten beinahe Bankrott gegangen im Pub, in den Bussen, auf dem Marsch sterungsfähigkeit „Pompeys“ aus Ports- Englandfans“ initiierten „Fly your  ag“ könnte. Leute, die der Meinung sind, dass die Fans das alles nicht mehr möchten, könn- wären, da sie sich fi nanziell übernommen zum Ground. Doch in den Stadien ist mouth ist legendär, Hull oder Stoke sind – Choreos bei Länderspielen oder die bei alles seinen Preis habe und der Höchstbie- ten sie ja einfach aufhören hinzugehen. Und haben. es seltsam ruhig geworden. Es ist kein Beispiele für unterklassige Vereine mit der jährlichen Antirassismuswoche. tende eben gewinnt. Es gibt natürlich auch wenn sie das nicht tun, sagen die Vereine: Stadionwelt: Was ist denn überhaupt noch Problem, ein Heimspiel ohne jeglichen reisefreudigem Anhang. Doch auch die Positives zu berichten: Faninitiativen sind „Dann scheint es ja kein Problem zu geben.“ typisch für die englische Fankultur? Support zu erleben. Fehlende Stehplätze, Zahl der Auswärtsfahrer ist rückläu g. Funktionalität vs. Bruchbude besser organisiert und in vielen Clubs in Ehrlich gesagt, gibt es zu viele Fans, die den- Boyle: Die Meckerei. Nein, ich denke sie eine neue Publikumsschicht und verlo- Hohe Ticket- und noch horrendere Bahn- die Arbeit eingebunden oder konnten ihn ken, man kann nichts ändern, und zu viele ist sehr geschwächt. Die Club-spezifi schen, rener Spaß am Spiel sind die Hauptfak- preise sind verantwortlich. Doch wenn Fast einhellig positiv bewerten die gar übernehmen. Aber insgesamt muss sehen die Probleme gar nicht. unverwechselbaren Gesänge werden im- toren. Die jüngeren Fans kennen es nicht gesungen wird, kann es nach wie vor Fans hingegen die neuen Stadien. Zurück- ich auch sagen, dass es nicht darum geht, Stadionwelt: Gehen die Fans also zu unkri- mer weniger, viele Songs sind nur noch mehr anders, das neue „Theaterpubli- sehr laut und kreativ zugehen. Es gibt sie geblickt wird in den seltensten Fällen. ob jetzt etwas schlechter ist, sondern dass tisch mit der momentanen Situation um? abgekupfert und austauschbar. Wir mögen kum“ will nur unterhalten werden, und noch die Momente, in denen Sprechchö- Trotz des großen Traditionsbewusstseins es besser sein könnte. Man wird schnell Boyle: Engländer sind oft unkritisch oder ten- immer noch harte Zweikämpfe und fordern viele ursprüngliche Fans scheinen sich re mit typisch englischem Humor entste- der englischen Fans ist für Rührseligkeit als jemand abgestempelt, der nichts ver- dieren dazu alles zu akzeptieren. Die ganze Einsatz. Spielern, die nicht gut sind, aber damit abgefunden zu haben. Man muss hen. Immer hart an der Grenze des guten kein Platz. Viele der alten Stadien ver- ändern möchte oder die alten morschen, Idee, dass „schon immer alles schlecht war“ alles geben, wird schnell verziehen, und die sich Spiele mit Bedacht aussuchen. Ein Geschmacks aber auch voller Ironie und rotten oder werden einfach abgerissen. gefährlichen Stadien und die Gewalt wie- und „Veränderungen sowieso nichts bringen größte Sünde ist es immer noch, so aufzu- stimmungsvolles Derby, so man sich beißendem Spott. Auch die altehrwürdigen Stadien- oder der haben möchte. würden“ ist weit verbreitet. Wenn man denkt, treten, als würde man den letzten Einsatz den Eintrittspreis leisten kann, oder ein „Park, Park, wherever you may be/ Tribünennamen verschwinden. Dem Stadionwelt: Wie hat sich das Publikum dass man nichts tun kann und, egal was vermissen lassen. Spiel zu Ende der Saison, wo es für beide You eat dogs in your country/But it „Kingston Communications“ Stadion in verändert, und wie macht sich das in Be- man tut, sich nichts verbessern würde, gilt Mannschaften noch um etwas geht. Das could be worse, you could be Scouse/ Hull oder der „Derbyshire Building So- zug auf die Atmosphäre bemerkbar? hier nicht nur im Fußball. Man muss sich nur kann schwierig sein, spielen doch zumin- Eating rats in your council house”, be- ciety“ Tribüne in Derby gehört die Zu- Boyle: Die größte Veränderung ist die einmal unser Eisenbahnsystem ansehen. In dest in der Premier League die meisten sangen ManU-Fans unlängst Ihren neuen kunft. Alan Bloore sagt stellvertretend Stille in den Stadien. Auch haben die Ein- anderen Ländern gingen die Menschen auf Teams um die goldene Ananas. Auch in Helden Park Ji Sung. Doch viele Fans be- für viele: „Ich denke nicht, dass viele Fans trittspreise dazu beigetragen, dass das Pu- die Straße, hier werden sie depressiv und oft verklärten Stadien wie dem An eld klagen sich über den Mangel an Einstän- die alten verrotteten Stadien vermissen, blikum „vergreist“. Die gleichen Fans, die murren aber denken nicht daran etwas zu tun in Liverpool kann man bei vielen Spielen digkeit bei den Songs. 08/15-Gesänge der was aber nicht heißt, dass man sich nicht 1996 zu den Spielen gingen, gehen heute – außer sich vielleicht ein Auto zu kaufen. die sprichwörtliche Stecknadel fallen hö- Marke DJ Ötzi und Hermes House Band wieder billige Stehplatzblöcke zurück- auch noch, sind nur eben 10 Jahre älter Stadionwelt: Warum ist das so? ren. Arsenals Highbury ist in England nur haben auch vor England nicht Halt ge- wünscht, auf denen es einfacher wäre, geworden. Auch die Stimmung außerhalb Boyle: So sind wir eben. Hier gab es nie eine als „the library“ bekannt, „die Bücherei“, macht. Daran, dass es vorrangig um die wieder Stimmung zu machen.“ Einer gu- der Stadien hat sich geändert. Es herrscht Revolution. Hier gibt es die Vorstellung, dass da es dort immer so leise zugeht. Es gibt lautstarke Unterstützung der Mannschaft ten Stimmung hinderlich, wie es in vielen eine ungeheure Ernsthaftigkeit. Als es sich die Dinge nach und nach verändern, natürlich auch rühmliche Ausnahmen. geht, hat sich jedoch nichts geändert. Für Betonklötzen in Deutschland der Fall ist, noch billig war, war es dir egal, ob du ein dass Dinge verbessern zu wollen „uneng- Unerschwinglich für den Nachwuchs Meist sind es die Auswärtsfans, die für das Auge gibt es nach wie vor wenig, wären sie keinesfalls. Man ist nach wie Unterhaltung sorgen und das gesamte auch wenn Ultragruppen vor allem in vor sehr nah am Geschehen. Fang- �

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s020-026_Fankultur England.indd 22 26.03.2006 17:54:39 s020-026_Fankultur England.indd 23 26.03.2006 17:56:30 Titel

„Keine Kopie der Ultras in anderen Ländern“, aber Spaß und voller Einsatz sind Programm Fotos: White Ultras Einen Kontrapunkt setzen Interview mit den „White Ultras“ (Leeds United), die Bewegung in die englische Fankultur bringen wollen Stadionwelt: Wie kam es zur Gründung allgemeines Problem aufmerksam gemacht, Stadionwelt: Gibt es denn auch Kontakte der „White Ultras“ und was waren Eure dass eben außerhalb des Kop wenig bis gar zu anderen Gruppen auf der Insel? Motive? nichts los ist. WU: Klar, auch wenn es davon nicht ge- WU: Wir haben uns im November 2004 Inzwischen gibt es Spiele, wo ausgehend rade viele gibt. Mit den „Red Ultras“ von gegründet, da die Stimmung an der Elland von uns 50 – 100 Leuten die ganzen 5.000 Aberdeen haben wir viel gesprochen, Road zu diesem Zeitpunkt am Tiefpunkt auf dem South Stand mitgehen. Und dann schließlich nehmen diese allein durch war. Nach einigen sehr erfolgreichen Jah- bekommt man nicht nur eine Gänsehaut, ihre Größe eine gewisse Vorreiterolle ein. ren stieg United ab und fast die komplet- sondern auch Lob von anderen Fans. In den unteren Ligen ist es einfacher, da te Mannschaft wurde verkauft. Alles ging Stadionwelt: Mit welchen Problemen habt gibt es einige gute Gruppen, etwa bei Acc- den Bach herunter und der Verein war fast Ihr zu kämpfen? rington Stanley. bankrott. Daraufhin blieben natürlich auch WU: Vor allem mit den strengen Regularien in Stadionwelt: Warum der Begriff „Ultra“, viele Fans einfach weg. Die Zuschauerzah- England. Für Sachen, die in Kontinental-Euro- und was bedeutet er für euch? len sanken im Schnitt um nahezu 10.000. pa an der Tagesordnung sind, würdest du hier WU: Wir können uns natürlich schon we- Und die, die kamen, meckerten nur noch. lebenslanges Stadionverbot bekommen. Vie- gen der ganz anderen Voraussetzungen in Daher haben sich über ein Fanforum im le Sachen, die wir gerne zur optischen Unter- England nicht an den europäischen Ultras Netz einige Leute zusammengerauft, die stützung der Mannschaft mitbringen würden, orientieren. Wir nehmen das Wort eher im dies ändern wollten, die gesagt haben: dürfen wir nicht mitnehmen. Und selbst wenn wörtlichen Sinne, eben mehr als normal „Wir müssen, komme was wolle, die Mann- wir zum Beispiel Doppelhalter genau an die zu geben, sich voll hinter das Team zu schaft supporten und unser Stadion wie- erlaubten Längen anpassen, stellt sich her- stellen und unabhängig von Ergebnis und der zu einer Festung machen“. aus, dass die Ordner die Regeln selbst nicht Wetter vollen Einsatz zu zeigen und eine Stadionwelt: Hat das denn funktioniert? kennen und wieder alles einkassieren. Menge Spaß zu haben. WU: Der Plan war, möglichst viele Gleich- Dazu kommt noch das leidige „all-seater“ Es geht eher um eine Art neue englische gesinnte in einem Block zusammen zu Problem. Viele von uns möchten natürlich Bewegung, keine Kopie der Ultras in an- bekommen. Und zwar nicht im Kop, dem lieber stehen und tun dies auch, da kommt deren Ländern. Es geht darum einen Kon- eigentlichen Fanblock, sondern genau ge- es immer zu Diskussionen, und einige Ord- trapunkt zu setzen gegen die Art, wie der genüber, um auch den Rest des Stadions ner wurden auch schon mal handgreifl ich. Fußball hier zur Zeit abläuft und den Leu- aus seiner Apathie zu reißen. Mit 40 – 50 Überhaupt nutzen viele Ordner ihre Macht- ten zu zeigen, dass man wirklich etwas Leuten fi ngen wir an, uns im South Stand position aus. Anstatt einfach die Tickets zu bewegen kann, wenn man etwas macht, zusammen zu stellen, und nach und nach kontrollieren, nutzen sie oft jeden kleinsten anstatt immer nur große Töne zu spuk- sind eben immer mehr dazugestoßen. Wir Anlass zur Konfrontation. Auswärts haben ken. Wir wollen etwas verändern. versuchen alle zusammen zu bekommen wir es da meist einfacher. und auch in anderen Teilen etwas Stim- mung zu kreieren, den Funken übersprin- gen zu lassen. Stadionwelt: Hattet Ihr denn nicht mit Vor- urteilen von Seiten des Clubs und der an- deren Fans zu kämpfen? WU: Natürlich. Beim Club hatten wir das erwartet, da wurden wir zunächst in die hinterste Ecke des Stadions platziert, wo uns niemand sehen konnte. Inzwischen haben wir jedoch ein recht gutes Verhält- nis zur neuen Vereinsführung und werden in vielerlei Hinsicht unterstützt. Viel über- raschender waren die Vorurteile der ande- ren Fans. Wer wir denn seien, dass wir die Stimmung kritisierten, dass wir den Kop kritisieren. Dabei haben wir nur auf ein Ein Vorbild: Ultras Aberdeen Foto: Red Ultras

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s020-026_Fankultur England.indd 24 26.03.2006 17:57:09 Titel Titel

„Keine Kopie der Ultras in anderen Ländern“, aber Spaß und voller Einsatz sind Programm Fotos: White Ultras Einen Kontrapunkt setzen Interview mit den „White Ultras“ (Leeds United), die Bewegung in die englische Fankultur bringen wollen Stadionwelt: Wie kam es zur Gründung allgemeines Problem aufmerksam gemacht, Stadionwelt: Gibt es denn auch Kontakte der „White Ultras“ und was waren Eure dass eben außerhalb des Kop wenig bis gar zu anderen Gruppen auf der Insel? Motive? nichts los ist. WU: Klar, auch wenn es davon nicht ge- WU: Wir haben uns im November 2004 Inzwischen gibt es Spiele, wo ausgehend rade viele gibt. Mit den „Red Ultras“ von gegründet, da die Stimmung an der Elland von uns 50 – 100 Leuten die ganzen 5.000 Aberdeen haben wir viel gesprochen, Road zu diesem Zeitpunkt am Tiefpunkt auf dem South Stand mitgehen. Und dann schließlich nehmen diese allein durch war. Nach einigen sehr erfolgreichen Jah- bekommt man nicht nur eine Gänsehaut, ihre Größe eine gewisse Vorreiterolle ein. ren stieg United ab und fast die komplet- sondern auch Lob von anderen Fans. In den unteren Ligen ist es einfacher, da te Mannschaft wurde verkauft. Alles ging Stadionwelt: Mit welchen Problemen habt gibt es einige gute Gruppen, etwa bei Acc- den Bach herunter und der Verein war fast Ihr zu kämpfen? rington Stanley. bankrott. Daraufhin blieben natürlich auch WU: Vor allem mit den strengen Regularien in Stadionwelt: Warum der Begriff „Ultra“, viele Fans einfach weg. Die Zuschauerzah- England. Für Sachen, die in Kontinental-Euro- und was bedeutet er für euch? len sanken im Schnitt um nahezu 10.000. pa an der Tagesordnung sind, würdest du hier WU: Wir können uns natürlich schon we- Und die, die kamen, meckerten nur noch. lebenslanges Stadionverbot bekommen. Vie- gen der ganz anderen Voraussetzungen in Daher haben sich über ein Fanforum im le Sachen, die wir gerne zur optischen Unter- England nicht an den europäischen Ultras Die Zukunft des englischen Fußballs? No-Name-Kicker und Fan-Trust wie bei FC United of Manchester Foto: Andy McIntyre/FCUM Netz einige Leute zusammengerauft, die stützung der Mannschaft mitbringen würden, orientieren. Wir nehmen das Wort eher im dies ändern wollten, die gesagt haben: dürfen wir nicht mitnehmen. Und selbst wenn wörtlichen Sinne, eben mehr als normal netze, Plexiglasblockabsperrungen oder hen die Fans überhaupt noch hin? „Viele Jedoch ist abzusehen, dass das System „Wir müssen, komme was wolle, die Mann- wir zum Beispiel Doppelhalter genau an die zu geben, sich voll hinter das Team zu Zäune sucht man vergeblich. Für Nostal- Fans sind leider immer noch der Ansicht, über kurz oder lang kollabiert. Immer schaft supporten und unser Stadion wie- erlaubten Längen anpassen, stellt sich her- stellen und unabhängig von Ergebnis und giker sind die neuen Stadien jedoch ein dass der englische Fußball der beste der mehr Fans tun ihre Meinung kund, auch der zu einer Festung machen“. aus, dass die Ordner die Regeln selbst nicht Wetter vollen Einsatz zu zeigen und eine Gräuel. Eines sieht aus wie das andere, Welt sei und dies eben seinen Preis habe. ohne sich in Fanbündnissen zu engagie- Stadionwelt: Hat das denn funktioniert? kennen und wieder alles einkassieren. Menge Spaß zu haben. und Funktionalität geht über alles. Einen Sie haben sich mit der Zeit damit abgefun- ren. Sie stimmen mit den Füßen ab und WU: Der Plan war, möglichst viele Gleich- Dazu kommt noch das leidige „all-seater“ Es geht eher um eine Art neue englische eigenen Charakter, den spröden Charme den und daran gewöhnt, diesen Preis zu bleiben zu Hause. Leere Sitze, selbst bei gesinnte in einem Block zusammen zu Problem. Viele von uns möchten natürlich Bewegung, keine Kopie der Ultras in an- der alten Holztribünen, lassen sie aller- zahlen“, sagt Alan Bloore. Kampagnen Premier-League-Spielen, sind seit gerau- bekommen. Und zwar nicht im Kop, dem lieber stehen und tun dies auch, da kommt deren Ländern. Es geht darum einen Kon- dings vermissen. Stadien wie das von wie die „Football Supporters Federati- mer Zeit keine Seltenheit mehr. Zwar eigentlichen Fanblock, sondern genau ge- es immer zu Diskussionen, und einige Ord- trapunkt zu setzen gegen die Art, wie der Bradford City mit seinen vier verschiede- on“, „Supporters Direct“, „Stand up, sit versicherte der Geschäftsführer der Pre- genüber, um auch den Rest des Stadions ner wurden auch schon mal handgreifl ich. Fußball hier zur Zeit abläuft und den Leu- nen Stands werden bald der Vergangen- down“, sie alle versuchen auf Fehlent- mier League, Richard Scudamore, noch aus seiner Apathie zu reißen. Mit 40 – 50 Überhaupt nutzen viele Ordner ihre Macht- ten zu zeigen, dass man wirklich etwas heit angehören. Die neue Haupttribüne wicklungen hinzuweisen und Probleme im November auf dem Jahrestreffen von Leuten fi ngen wir an, uns im South Stand position aus. Anstatt einfach die Tickets zu bewegen kann, wenn man etwas macht, in Leytons „Matchroom Stadium“ etwa in die Öffentlichkeit zu bringen. Doch es „Supporters Direct“, dass „die Zuschauer- zusammen zu stellen, und nach und nach kontrollieren, nutzen sie oft jeden kleinsten anstatt immer nur große Töne zu spuk- sieht aus wie ein IKEA-Möbelhaus in der ist schwer, zur breiten Masse der bloßen zahlen in der Premier League noch knapp sind eben immer mehr dazugestoßen. Wir Anlass zur Konfrontation. Auswärts haben ken. Wir wollen etwas verändern. Provinz, und in die einst offenen Ecken Stadionbesucher durchzudringen, die für über denen des Vorjahres liegen“, doch versuchen alle zusammen zu bekommen wir es da meist einfacher. des Grounds baut man derzeit Türme Erfolg, mag er auch noch so kurzfristig war ihm die Verunsicherung deutlich an- und auch in anderen Teilen etwas Stim- mit Eigentumswohnungen. Ein weiteres sein, vieles in Kauf nehmen. „Times are zumerken. Während es für Topklubs wie mung zu kreieren, den Funken übersprin- zentrales Kriterium der alten englischen changing“, ist ein vielgehörter Satz auf Arsenal nach wie vor jahrelange Warteli- gen zu lassen. Stadien ist bei einem Neubau ebenfalls der Insel. Kein Wunder, dass es für viele sten für Dauerkarten gibt, bleiben bei vie- Stadionwelt: Hattet Ihr denn nicht mit Vor- oft nicht mehr gegeben: Die Verwurze- Vereinsverantwortliche einfach ist, Prote- len kleineren Vereinen Fans einfach weg. urteilen von Seiten des Clubs und der an- lung im Stadtteil. Viele der in die Häu- ste abzuwürgen. Die schöne Scheinwelt Sie wissen, dass ihre Vereine kaum noch deren Fans zu kämpfen? serschluchten eingebetteten alten Stadien wird aufrechterhalten, kritische Stimmen eine Chance haben, um irgendetwas mit- WU: Natürlich. Beim Club hatten wir das bieten schlicht und ergreifend keinen sind nicht erwünscht. Dave Boyle von zuspielen. erwartet, da wurden wir zunächst in die Platz mehr für einen Aus- oder Umbau. „Supporters Direct“ erklärt die Sichtweise hinterste Ecke des Stadions platziert, wo Ein Neubau muss daher oft fernab der der Verantwortlichen wie folgt: „Es gibt Blick in die Zukunft uns niemand sehen konnte. Inzwischen angestammten Heimat errichtet werden. verschiedene Kategorien in die ,Fans‘ hier haben wir jedoch ein recht gutes Verhält- eingeteilt werden. Da gibt es zum einen Doch die Faszination bleibt. Es gibt sie nis zur neuen Vereinsführung und werden Tell me what to do! die abstrakte Masse der ,Fans‘, die das noch: Die Momente, die den Spielbesuch in vielerlei Hinsicht unterstützt. Viel über- Rückgrat des Spieles bilden und als nobel auf der Insel einzigartig machen können. raschender waren die Vorurteile der ande- Überhöhte Preise, kaum Stehplätze, und ehrenhaft gelten. Und dann gibt es Etwa die zahllosen Derbys, gerade die ren Fans. Wer wir denn seien, dass wir die schlechte Stimmung, mangelnder Wett- die ,Fans‘, die etwas Kritisches über den unbekannteren, die den großen in punc- Stimmung kritisierten, dass wir den Kop bewerb, haarsträubende Anstoßzeiten. Zustand des Fußballs hierzulande sagen. to Intensität in nichts nachstehen und ein kritisieren. Dabei haben wir nur auf ein Ein Vorbild: Ultras Aberdeen Foto: Red Ultras Wo bleibt der Protest? Wie lässt sich so Das sind gefährliche Radikale, entweder unvergessliches Erlebnis bieten. Das Bri- etwas überhaupt aushalten? Warum ge- dumm oder gewalttätig, und zwar alle.“ stol Derby, das Shef eld- oder das �

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s020-026_Fankultur England.indd 24 26.03.2006 17:57:09 s020-026_Fankultur England.indd 25 26.03.2006 17:57:27 Titel

„M1 Derby“ zwischen Watford und Lu- Einsame Rufer in der Wüste ton sind gute Beispiele. FA-Cup-Partien, Fanzines in England bei denen ein kleiner Verein zum ersten Mal seit Jahrzehnten auswärts gegen den England verfügt über eine nahezu unüber- dem Konkurs retten konnten, fanden ihren übermächtigen Nachbarn spielt und sich schaubare Fanzinelandschaft. Zur Hochzeit Ursprung in der Fanzinebewegung,“ schil- Tausende auf die Beine machen. Aben- Anfang der 90er gab es fast 400 verschie- dert Jamie Stripe, Herausgeber des „Ori- de in den Supporter Bars, in denen der dene Hefte. Oft waren sie die einzigen Pu- entear“ seinen Eindruck vom Einfl uss der Thekennachbar ganz beiläu g ein ießen blikationen, die auf Fehlentwicklungen in Zines auf die englische Fankultur. lässt, dass er vor 40 Jahren das Siegtor ge- den Vereinen hinwiesen oder – gerade bei Doch die Zeiten haben sich geändert. Ähn- gen Manchester United geschossen habe. kleineren Teams – gar die einzige Informa- lich wie in Deutschland hat die Relevanz Flutlichtspiele auf einer heruntergekom- tionsquelle. „Das Aufkommen der Fanzines der Fanzines nachgelassen. Ihre Zahl liegt menen Stehplatztribüne wie in Brentford hatte viel damit zu tun, dass in England nur noch bei etwa 100, und Neuerschei- im äußersten Westen Londons, nach de- der ,Support your local team‘-Gedanke nungen lassen sich an einer Hand ablesen. ren Ende man sich aussuchen kann in weit verbreitet ist. Über viele der 92 Pro- Einer der Gründe: Das Internet. In Fanforen welchem der vier Pubs, die jede Ecke des fi vereine und etliche in den unteren Ligen lässt sich aktueller diskutiere, und Protes- Stadions säumen, das letzte Pint getrun- mit großem Anhang wurde und wird kaum te oder Fanzusammenschlüsse sind schnel- ken werden will. berichtet“, erinnert sich Andy Lyons,an die ler zu organisieren. „Fanzines sind auf dem Die Zukunft der englischen Fankultur Gründertage. absteigenden Ast, da die meisten von ihnen liegt eher in den unteren Ligen, fernab Lyons ist Mitbegründer von „When Satur- nur noch online erscheinen. Zeitnähere Arti- vom Glamour der Premier League. Dort day Comes“, der „Mutter aller Fanzines“. kel, bessere Bildqualität, das Netz hat eine wo Fans das Heft selbst in die Hand ge- Der Ansatz der frühen Hefte unterschied völlig neue Welt eröffnet“, erklärt Stripe. nommen haben, nachdem sich ihr Verein sich komplett von der üblichen Sportbe- Lyons sieht die Vorteile ähnlich, bleibt aber  nanziell übernommen hat und beinahe richterstattung. „Als wir 1986 anfi ngen, skeptisch: „Was den Organisationsgrad be- Konkurs gegangen wäre. Die Supporter waren die einzigen Hefte, die es damals trifft, hat das Internet natürlich seine Vortei- Trusts haben in den letzten Jahren viel er- über Fußball gab, eher Teenagerpublikatio- le. Doch früher nahmen sich die Leute mehr reicht. 13 Vereine der Pro ligen werden Zeit darüber nachzudenken, was sie eigent- inzwischen von Fan-Trusts verwaltet und lich schreiben. Man betrachtete erst einmal in 42 weiteren Vereinen sitzen Fans als alle Facetten eines Problems, recherchierte Delegierte in den Gremien. Doch reicht ordentlich, und erst dann bildete man sich das? Noch viel wichtiger ist das Neue, eine abschließende Meinung.“ das immer dann entsteht, wenn die al- Trotzdem haben Fanzines nach wie vor ten Verhältnisse einfach zu weit gehen eine gewisse Relevanz: Als Gegengewicht und unumkehrbar scheinen, der eigene zur Meinungsmache der Mainstreampres- Verein verp anzt oder aufgekauft wur- se und den Hochglanzprogrammheften, de. Jeder hat vom AFC Wimbledon, vie- die unangenehme Themen oft unter den le vom FC United of Manchester gehört. Teppich kehren. „Das Wichtigste an Fan- Projekte, die vielen Aktivisten, die schon zines ist nach wie vor, dass Gerüchte und den Glauben verloren hatten, wenigstens unappetitliche Geschichten auch publik Hoffnung zurückgebracht haben. Ein nen. Fußball hatte damals einen unfassbar gemacht werden können und Fans eine Nachmittag in Wimbledon oder in Bury, schlechten Ruf in der Bevölkerung. Unsere Diskussionsplattform fi nden“, so Stripe. dem Exil des FC United of Manchester, Intention war es, zu zeigen, dass Fußball Und selbst, wenn die Zahl der Fanzines an dem man No-Names dem Ball hinter- seit hundert Jahren ein Teil der englischen weiter sinken sollte, haben sie zumindest herjagen sieht, entschuldigt für viele ver- Kultur ist und es auch intelligente Fans etwas hinterlassen: Die Entstehung eines geudete Pfund an den Stamford Bridges gibt, die sich über mehr Dinge Gedanken ganzes Genres namens „football writing“. dieser Welt. „AFC Wimbledon und der machen als Schlägereien und Saufen“, so Viele hervorragende Autoren und Journalis- FC United of Manchester haben vielen Lyons. ten begannen ihre Karrieren bei kleinen, wieder vor Augen geführt, wofür Fußball Einige Fanzines der ersten Stunde existie- handkopierten Fanzines. Heute beleben überhaupt steht. Es gibt den Willen zur ren bis heute. Leytons „Orientear“ etwa, sie den Markt mit kritischen und humor- Veränderung und ein Weg, von dem Fans nach Bradfords „City Gent“ das dienst- vollen Büchern über Fußball fernab der Au- glauben, dass sie diese erreichen kön- älteste Fanzine Englands, erscheint in tobiografi en der B- und C- Prominenten und nen, ist es eben, ihre eigenen Vereine zu nahezu unverändertem Layout seit 20 der immer gleichen Hooligan-Bücher. gründen. Ich weiß von vier anderen Fan- Jahren. „Fanzines haben eine elementare gruppen, die sich an den FC United ge- Stellung dabei eingenommen, Fans für be- wandt haben, um deren Erfahrungen zu stimmte Anliegen zusammenzuschweißen. übernehmen.“ Vielleicht kommt damit ja Gerade auf Vereinsebene konnten sie viel wirklich die Seele des englischen Fußballs bewegen. 1992 etwa, als die Kommune zurück. Doch bei aller Euphorie bleibt Charlton Athletic eine Rückkehr ins ange- selbst Boyle skeptisch: „Die große Frage stammte ,Valley‘ verweigerte, gründeten wird sein, ob solche Vereinsgründungen Fans aus dem Fanzine-Umfeld ihre eigene auch ohne Übernahme oder Konkurs Partei, bekamen 13.000 Stimmen und ge- des eigenen Vereines zustande kommen. wannen zwei Sitze. Heute ist Charlton ein Wahrscheinlicher ist es, dass sich mehr Aushängeschild für die gute Zusammenar- und mehr Fans desillusioniert abwenden, beit zwischen Klub und Kommune. Auch die Zuschauerzahlen weiter zurückgehen die Supporter Trusts, die viele Vereine vor und viele sich dem Amateurverein um die Ecke widmen.“���Martin Endemann

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s020-026_Fankultur England.indd 26 26.03.2006 17:58:04 Titel Titel

„M1 Derby“ zwischen Watford und Lu- Einsame Rufer in der Wüste ton sind gute Beispiele. FA-Cup-Partien, Fanzines in England bei denen ein kleiner Verein zum ersten Mal seit Jahrzehnten auswärts gegen den England verfügt über eine nahezu unüber- dem Konkurs retten konnten, fanden ihren übermächtigen Nachbarn spielt und sich schaubare Fanzinelandschaft. Zur Hochzeit Ursprung in der Fanzinebewegung,“ schil- Tausende auf die Beine machen. Aben- Anfang der 90er gab es fast 400 verschie- dert Jamie Stripe, Herausgeber des „Ori- de in den Supporter Bars, in denen der dene Hefte. Oft waren sie die einzigen Pu- entear“ seinen Eindruck vom Einfl uss der Thekennachbar ganz beiläu g ein ießen blikationen, die auf Fehlentwicklungen in Zines auf die englische Fankultur. lässt, dass er vor 40 Jahren das Siegtor ge- den Vereinen hinwiesen oder – gerade bei Doch die Zeiten haben sich geändert. Ähn- gen Manchester United geschossen habe. kleineren Teams – gar die einzige Informa- lich wie in Deutschland hat die Relevanz Flutlichtspiele auf einer heruntergekom- tionsquelle. „Das Aufkommen der Fanzines der Fanzines nachgelassen. Ihre Zahl liegt menen Stehplatztribüne wie in Brentford hatte viel damit zu tun, dass in England nur noch bei etwa 100, und Neuerschei- im äußersten Westen Londons, nach de- der ,Support your local team‘-Gedanke nungen lassen sich an einer Hand ablesen. ren Ende man sich aussuchen kann in weit verbreitet ist. Über viele der 92 Pro- Einer der Gründe: Das Internet. In Fanforen welchem der vier Pubs, die jede Ecke des fi vereine und etliche in den unteren Ligen lässt sich aktueller diskutiere, und Protes- Stadions säumen, das letzte Pint getrun- mit großem Anhang wurde und wird kaum te oder Fanzusammenschlüsse sind schnel- ken werden will. berichtet“, erinnert sich Andy Lyons,an die ler zu organisieren. „Fanzines sind auf dem Die Zukunft der englischen Fankultur Gründertage. absteigenden Ast, da die meisten von ihnen liegt eher in den unteren Ligen, fernab Lyons ist Mitbegründer von „When Satur- nur noch online erscheinen. Zeitnähere Arti- vom Glamour der Premier League. Dort day Comes“, der „Mutter aller Fanzines“. kel, bessere Bildqualität, das Netz hat eine wo Fans das Heft selbst in die Hand ge- Der Ansatz der frühen Hefte unterschied völlig neue Welt eröffnet“, erklärt Stripe. nommen haben, nachdem sich ihr Verein sich komplett von der üblichen Sportbe- Lyons sieht die Vorteile ähnlich, bleibt aber  nanziell übernommen hat und beinahe richterstattung. „Als wir 1986 anfi ngen, skeptisch: „Was den Organisationsgrad be- Konkurs gegangen wäre. Die Supporter waren die einzigen Hefte, die es damals trifft, hat das Internet natürlich seine Vortei- Trusts haben in den letzten Jahren viel er- über Fußball gab, eher Teenagerpublikatio- le. Doch früher nahmen sich die Leute mehr reicht. 13 Vereine der Pro ligen werden Zeit darüber nachzudenken, was sie eigent- inzwischen von Fan-Trusts verwaltet und lich schreiben. Man betrachtete erst einmal in 42 weiteren Vereinen sitzen Fans als alle Facetten eines Problems, recherchierte Delegierte in den Gremien. Doch reicht ordentlich, und erst dann bildete man sich das? Noch viel wichtiger ist das Neue, eine abschließende Meinung.“ das immer dann entsteht, wenn die al- Trotzdem haben Fanzines nach wie vor ten Verhältnisse einfach zu weit gehen Fäuste wie Hämmer: Cass Pennants Interpretation des Vereinsemblems von West Ham United Foto: Stadionwelt eine gewisse Relevanz: Als Gegengewicht und unumkehrbar scheinen, der eigene zur Meinungsmache der Mainstreampres- Verein verp anzt oder aufgekauft wur- se und den Hochglanzprogrammheften, de. Jeder hat vom AFC Wimbledon, vie- die unangenehme Themen oft unter den le vom FC United of Manchester gehört. „Eine Subkultur wie Punks, Teds Teppich kehren. „Das Wichtigste an Fan- Projekte, die vielen Aktivisten, die schon zines ist nach wie vor, dass Gerüchte und den Glauben verloren hatten, wenigstens unappetitliche Geschichten auch publik Hoffnung zurückgebracht haben. Ein nen. Fußball hatte damals einen unfassbar gemacht werden können und Fans eine Nachmittag in Wimbledon oder in Bury, oder Skinheads“ schlechten Ruf in der Bevölkerung. Unsere Diskussionsplattform fi nden“, so Stripe. dem Exil des FC United of Manchester, Einst kämpfte Cass Pennant mit West Hams berüchtigter I.C.F in der ersten Reihe, Intention war es, zu zeigen, dass Fußball Und selbst, wenn die Zahl der Fanzines an dem man No-Names dem Ball hinter- seit hundert Jahren ein Teil der englischen weiter sinken sollte, haben sie zumindest herjagen sieht, entschuldigt für viele ver- heute fi ndet sich sein Name als Autor in den Bestseller-Listen. Kultur ist und es auch intelligente Fans etwas hinterlassen: Die Entstehung eines geudete Pfund an den Stamford Bridges gibt, die sich über mehr Dinge Gedanken ganzes Genres namens „football writing“. dieser Welt. „AFC Wimbledon und der ittlerweile ist es Cass Pennants gends“ und „Top Boys“ – allesamt Teil ei- ten Zeit von West Ham, und ich hatte die machen als Schlägereien und Saufen“, so Viele hervorragende Autoren und Journalis- FC United of Manchester haben vielen Job, Geschichten zu erzählen. So nes neuen literarischen Trends, deren Aus- Ehre, Bobby Moore in seiner Glanzzeit Lyons. ten begannen ihre Karrieren bei kleinen, wieder vor Augen geführt, wofür Fußball Mwie die von einem Platzsturm löser Pennant war. Die Zeiten, in denen spielen zu sehen. Einige Fanzines der ersten Stunde existie- handkopierten Fanzines. Heute beleben überhaupt steht. Es gibt den Willen zur bei einer FA-Cup-Niederlage bei Birming- man ihm besser aus dem Weg ging, sind Stadionwelt: Und wann entstand die In- ren bis heute. Leytons „Orientear“ etwa, sie den Markt mit kritischen und humor- Veränderung und ein Weg, von dem Fans ham City. In dieser fragt West-Ham-Pro vorbei, heute wird er von Autogrammjä- terCity Firm? nach Bradfords „City Gent“ das dienst- vollen Büchern über Fußball fernab der Au- glauben, dass sie diese erreichen kön- Frank Lampard senior einen der Krieger gern umlagert. Pennant: Ende der 70er. Bis 1982 hatte sie älteste Fanzine Englands, erscheint in tobiografi en der B- und C- Prominenten und nen, ist es eben, ihre eigenen Vereine zu unter den Fans seines Vereins: „Warum Wir treffen Pennant im Boleyn Pub, kei- dann ihre beste Zeit. nahezu unverändertem Layout seit 20 der immer gleichen Hooligan-Bücher. gründen. Ich weiß von vier anderen Fan- tut ihr uns allen nicht den Gefallen und ne hundert Meter vom Stadion West Hams Stadionwelt: Wie viele Leute gehörten Jahren. „Fanzines haben eine elementare gruppen, die sich an den FC United ge- geht zurück in eure Blöcke?“ „Blödsinn, entfernt. Er trägt ein T-Shirt der Cockney dazu? Stellung dabei eingenommen, Fans für be- wandt haben, um deren Erfahrungen zu wir machen hier einen besseren Job als ihr. Rejects, jener Band, die er als die „Cheer- Pennant: Hunderte. Man sagte immer, das stimmte Anliegen zusammenzuschweißen. übernehmen.“ Vielleicht kommt damit ja Ihr habt eure Schlacht hier verloren, und leader“ der I.C.F bezeichnet und deren sei eine kleine Minderheit gewesen. Aber Gerade auf Vereinsebene konnten sie viel wirklich die Seele des englischen Fußballs jetzt gewinnen wir unsere!“ größte Hits „War On The Terraces“ oder es war die größte kleine Minderheit, die bewegen. 1992 etwa, als die Kommune zurück. Doch bei aller Euphorie bleibt „Wir“, das ist die „InterCity Firm“ die Punk-Version des Vereinsliedes „For- man je gesehen hat. Wir waren mit 800 in Charlton Athletic eine Rückkehr ins ange- selbst Boyle skeptisch: „Die große Frage (I.C.F.), über Jahrzehnte eine der namhaf- ever Blowing Bubbles“ sind. Es ist ein Shirt Newcastle, bei den Londoner Derbys wa- stammte ,Valley‘ verweigerte, gründeten wird sein, ob solche Vereinsgründungen testen und gefürchtetsten Hooligan-Grup- in XXL-Version, das seiner Größe von 1,95 ren tausende Gewaltbereite dabei. Davon Fans aus dem Fanzine-Umfeld ihre eigene auch ohne Übernahme oder Konkurs pen Englands. Pennant hat viele weitere Metern gerecht wird. sicher immer 500 von der I.C.F. Partei, bekamen 13.000 Stimmen und ge- des eigenen Vereines zustande kommen. Storys zu erzählen. Schockierendere, bru- Stadionwelt: Die kann man unmögliche wannen zwei Sitze. Heute ist Charlton ein Wahrscheinlicher ist es, dass sich mehr talere. Seine 2000 erschienene Autobiogra- Stadionwelt: Fangen wir ganz vorne an. alle kennen. Aushängeschild für die gute Zusammenar- und mehr Fans desillusioniert abwenden, phie „Cass“ enterte ohne große Promotion Wie bist du zu West Ham gekommen? Penannt: Aber man erkannte alle Gesich- beit zwischen Klub und Kommune. Auch die Zuschauerzahlen weiter zurückgehen Platz 6 der Bestseller-Charts. Es folgten Pennant: Ich war acht Jahre, als ich 1966 ter. Wenn einer regelmäßig auswärts da- die Supporter Trusts, die viele Vereine vor und viele sich dem Amateurverein um „Congratulations, You Have Just Met The das erste Mal von einem Nachbarn mit- bei war, konnte man sehen: Er ist einer die Ecke widmen.“���Martin Endemann I.C.F“, „Want Some Aggro?“, „Terrace Le- genommen wurde. Das war in der größ- von uns. �

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s020-026_Fankultur England.indd 26 26.03.2006 17:58:04 027-032_interview cass pennant.indd 27 26.03.2006 23:27:26 Titel

Stadionwelt: Was machen diese Leute sonderes – und deshalb ist auch dieses Pennant: Nein, vor diesem Spiel waren heute? Buch etwas Besonderes. wir seit einem Jahrzehnt nicht mehr ak- Pennant: Die meisten gehen mit ihren Stadionwelt: Und 2001 gab es dann die tiv. Die Undercover-Agenten hatten aber Kindern immer noch zum Fußball. Einer, große Reunion. auch früher keine Chance. Die haben wir der zu den absolut Gewalttätigsten ge- Pennant: Ja, 400 von uns haben sich nach immer sehr schnell enttarnt. Das Londo- hörte, hat 9,4 Millionen Pfund im Lotto vielen Jahren wieder zusammengefunden ner East End war sehr überschaubar, und gewonnen. Und ich schreibe eben Bücher. und sind mit acht Bussen zum Pokalspiel wer nicht aus der Gegend kam, konnte Ich war zwar die Nummer eins der I.C.F, zu Manchester United gefahren. Da hat nicht dazugehören. Man erkannte ein- habe die Fußballgewalt aber seit einigen sich die richtige alte Garde zusammen- fach, wer kein „local“ war. Es gab nie eine Jahrzehnten hinter mir gelassen. Mitgliederliste, aber man konnte Lieber erkläre ich den Leuten die auch nicht einfach beitreten, son- Kultur der damaligen Zeit. Ich „Die Anzahl ist nicht relevant. dern musste eingeladen werden, will ihnen den Blick hinter die was aber auch nur funktionierte, Kulissen geben und mitteilen, Was zählt ist, dass wenn man vorher seine Fähigkei- was sie in den Schlagzeilen nicht ten unter Beweis gestellt hatte. lesen können. die richtigen Leute fahren. Dann Stadionwelt: Was hat die I.C.F Stadionwelt: Einige von denen, wird der Ärger ausbrechen.“ ausgemacht, das anderen Firms die jetzt ihre beru iche Karriere fehlte? im Sinn haben, sind wahrschein- Pennant: Wir waren die Nummer lich nicht allzu glücklich darüber, 1, physisch einfach die besten. dass du in „Congratulations, You Have gefunden, nicht diese „Website-Warri- Ein Unterschied bestand auch darin, dass Just Met The I.C.F“ ihre Vergangenheit ors“ von heute, denn es ging gegen einen die anderen Firms aus Jungs bestanden, in die Öffentlichkeit gebracht hast, oder alten Feind. Diese Leute waren lebende die primär eigentlich zum Fußball gin- dass sie in diesem Zusammenhang über- Legenden, und jeder hätte Bücher voller gen. Die I.C.F war aber von Kriminellen haupt erwähnt werden. Geschichten erzählen können. An jenem regelrecht unterwandert, und manche Pennant: Eher gibt es Kritik von rivali- Tag waren 10.000 von West Ham in Old sind später richtige Gangster geworden. sierenden Gruppen, aber wenn sie mich Trafford, aber als wir rein kamen, waren Als einige von den Jungs im Knast saßen, kritisieren, kritisieren sie die ganze Firm, die Blöcke wie elektrisiert. Jeder wusste, holten die anderen sie mit dem Helikop- denn es ist das einzige Buch, das von der dass die ganz besonderen Jungs wieder ter raus. Bei uns war auch die Unterwelt ganzen Gruppe erstellt wurde. Da haben da waren. zu Hause. drei Generationen an I.C.F.-Jungs mitge- Stadionwelt: Wusste die Polizei be- Stadionwelt: Welche Firms gehörten in wirkt. Wir waren als Gruppe etwas Be- scheid? der Hochzeit des Hooliganismus in den

Cass & Co. 1980 in Madrid. Wegen der Ausschreitungen bei diesem Europacup-Spiel musste das Rückspiel am Upton Park ohne Zuschauer stattfi nden. Foto: Archiv

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Auf der Green Street: An der Straße im Londoner East End liegt der Upton Park, dies ist das alte Revier der West-Ham-Firm. Foto: Stadionwelt

80ern zu den führenden, und welche sind genießen die Freiheiten, die sie nach Andererseits haben sie viel von uns über- es heute? dem Zusammenbruch des Sozialismus nommen, und wir erkennen uns in ihnen Pennant: Früher waren es Millwall, Ever- gewonnen haben. Was wir hatten, ist wieder. ton, Middlesbrough, Liverpool, Man- das, was sie wollen, wenn sie auch auf Stadionwelt: Wird es bei der WM zu Aus- chester United, Newcastle – aber keine eine andere Art kämpfen, aber dafür re- einandersetzungen kommen? aus den Midlands oder dem Südwesten. spektieren wir sie. Bei der WM werden Penannt: Auf jeden Fall gibt es einen Heute? Das ist schwer. Keine Gruppe die Fußballautoritäten merken, dass großen Hype in den Zeitungen, denn kann sich lange an der Spitze halten. die Hooligans nicht mehr aus England, irgendwie scheint diese Frage jeden zu Queens Park ist auf einem guten interessieren. Probleme wird es Weg dahin. Tottenham, Birming- allein wegen der großen Zahl der ham und Man United sehe ich anreisenden Engländer geben. Es aktuell als die besten an. „Ein Engländer hat Probleme ist ja die Rede von bis zu 100.000 Stadionwelt: Aber in den Stadien damit, auf Kommando eine Papp- Fans. Und es werden viele jünge- passiert nichts mehr. Gibt es so re darunter sein, die zum ersten etwas wie eine „Wald-und-Wie- tafel umzudrehen, aber genug Mal bei einem Turnier sind. Die se“-Szene wie in Deutschland? Gemeinschaftssinn, um jeden in werden ganz sicher für Unruhe Pennant: Nein, Zusammenstö- sorgen, aber nicht in der Art, wie ße ereignen sich immer noch im Grund und Boden zu singen.“ man es aus früheren Turnieren Umfeld des Fußballs. Neun von kennt, denn die 18-Jährigen sind zehn Auseinandersetzungen  n- nicht die Hardcore-England- den in den Pubs statt. Das erin- Fans. Die fahren für einen Tag nert aber eher an sportliches Boxen – es Holland oder Deutschland kommen, rüber, betrinken sich mit dem billigsten sind nicht solche Schlachten wie in der sondern dass es unsere Kollegen aus Alkohol, haben kein Geld dabei, sind Vergangenheit. dem Osten sind. gelangweilt und stellen dann dumme Sa- Stadionwelt: Wie hat sich die Hooligan- Stadionwelt: Wie schätzt Du die deutsche chen an. szene verändert? Hooligankultur ein? Stadionwelt: Es gibt Meinungen, dass Pennant: Ihr fehlen heute die Freiräu- Pennant: Wir wissen, dass die Deutschen auch ausländische Jugendgangs die Eng- me. Wir haben die Sache gelebt, die tapfere Gruppen haben. Aber die müssen länder als potenzielle Gegner sehen, mit Ehre unseres Vereins verteidigt. In der ihren Ruf erst noch rechtfertigen, weil sie denen sie sich messen möchten. Art  ndet man das heute nur noch in sich bisher nie in England bewährt ha- Pennant: Kann sein, aber die Hardcore- Osteuropa, weil die das Umfeld haben, ben. Sie machen immer viel Krach, wol- Hooligans werden auf die jüngeren schon das uns in den 80ern geprägt hat. Sie len dann aber nicht unbedingt kämpfen. aufpassen. �

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Stadionwelt: Und die werden anreisen? Pennant: Die von kleinen Vereinen. Die Hinzu kommt das Selbstverständnis, Pennnant: Auf jeden Fall. Bei vielen, EBF – English Borderfront von Shrews- dass wir der Welt diesen Sport geschenkt die man aus den Stadien verbannt hat, bury Town oder die Jungs von Bristol haben, und dass sie diesen nach unserer sind in den letzten Monaten die Stra- City und Plymouth Argyle werden stark Auffassung zu akzeptieren habe. So was fen abgelaufen, und die lassen da auch vertreten sein. wie diese mexikanische LaOla lässt uns nichts mehr anbrennen. Im englischen Stadionwelt: Und wird es einen entspre- schaudern … und die Holländer sind Liga-Fußball ist dieses Jahr doch kaum chenden Zusammenhalt geben? zwar nett anzuschauen, aber ein ernst- etwas passiert. Einige haben eingese- Pennant: Ein Beispiel: Mitte März ist haftes Interesse am Sport haben die nun hen, dass es in diesem Land einfach zum ersten Mal überhaupt eine britische wirklich nicht. damit vorbei ist, aber die Echten lassen Firm zum Römer Derby gefahren, denn Stadionwelt: Hat der Norden Englands sich das Vergnügen nicht so einfach durch unseren Ex-Spieler di Canio gibt eine andere Fankultur als der Süden? nehmen. Sie konzentrieren sich auf die es inzwischen eine Verbindung zwischen Pennant: Der Norden ist in manchen Din- wichtigen Events, so wie Deutschland West-Ham-Fans und denen von Lazio. gen immer noch in den 80ern. Wenn man im Sommer. Den 50 von West Ham haben sich aber zu Shef eld United kommt, meint man, Stadionwelt: Aber die britische Regie- auch noch 50 führende Leute von ande- die wären 20 Jahre zurückgeblieben. Die rung entzieht 3.500 als gewalttätig einge- ren Vereinen angeschlossen. zeigen aber mehr Leidenschaft und ha- stuften Fans die Pässe und will sie so an Stadionwelt: Das klingt nach einer seltsa- ben eine bessere Atmosphäre im Stadion einer Reise nach Deutschland hindern. men Verbindung zweier doch sehr un- als Chelsea. Wie viele werden es trotzdem zur WM terschiedlicher Mentalitäten. Schließlich Stadionwelt: Und jede Fanszene hat noch schaffen? hat sich überall in Europa die Ultrakultur mal ihre besonderen Eigenarten. Welche Pennant: Die Anzahl ist nicht relevant. durchgesetzt, nur bei euch nicht. Warum davon entsprechen deinem Geschmack Die Zahlen sagen nichts aus. 2000 in Bel- eigentlich? und welche nicht? gien wurden 900 Engländer verhaftet, Pennant: Man darf nicht vergessen, Pennant: Alle sind ein Spiegelbild ihrer aber von denen waren 80 Prozent un- dass das UK eine Insel ist, und deshalb Umgebung. Vereine aus Arbeitervierteln schuldig. Völlig normale Fans. Was da ist unsere Mentalität weniger Ein üs- haben Arbeitertypen im Stadion. Mit die- abgelaufen ist, hatte nicht mehr viel mit sen ausgesetzt. Wir stellen uns ohne zu sem Charakter verschaffen sie sich Respekt, Menschenrechten zu tun. Was zählt ist, murren in endlosen Schlangen an, legen und das ist manchmal wichtiger als eine dass die richtigen Leute fahren. Dann aber Wert auf unsere Individualität. Ein Mannschaft, die alles gewinnt. ManU- und wird der Ärger ausbrechen. Engländer hat deshalb Probleme damit, Liverpool-Fans kommen doch von überall. Stadionwelt: Welche englischen Firms auf Kommando eine Papptafel umzudre- Die haben sich ihren Verein ausgesucht. werden bei der WM einen besonders gro- hen, aber genug Gemeinschaftssinn, um Und das ist eigentlich nicht zulässig, denn ßen Anhang stellen? jeden in Grund und Boden zu singen. in einen Verein wird man hineingeboren.

Seine Visitenkarte stellt Cass Pennant als „Author & Hooliologist“ vor – im Stadionwelt-Interview spricht er erstmals mit der deutschen Presse. Foto: Stadionwelt

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„Halte dein Wappen sauber“: Cass entfernt einen Aufkleber der Ultras Benfi ca vom Stadiontor. Foto: Stadionwelt

Stadionwelt: Mit etwas mehr Distanz zur missversteht. Die hatten alle keine Ah- Stadionwelt: Ein Grund, warum die Leute alten Zeit – hast du jemals bereut, was du nung, wer wir sind. Sie haben uns nur deine Bücher kaufen? getan hast? als Monster, Skinheads oder rechtsradi- Pennant: Wenn nur die Hooligans die Bü- Pennant: Als ich Heysel im Fernsehen kale Schwachköpfe beschrieben, dabei cher kaufen würden, gäbe es davon höchs- sah, habe ich Bedauern gefühlt. Bei den kamen wir mitten aus der Gesellschaft. tens zehn Stück, und es wäre seit Jahren Sachen, in die ich verwickelt war, jedoch Sechs Tage die Woche waren wir nor- keines mehr auf dem Markt gekommen. nie. Da waren Leute dabei, die sind mit male Bürger – und sind beim Fußball Es gibt aber eine neue Generation, die die einer Axt rumgezogen. Kaum anzuneh- aus uns herausgegangen, haben uns wie Sache nur vom Hörensagen kennt, und men, dass die so etwas wie Bedauern Gladiatoren gefühlt. Es waren intelligen- die erkennt nun, dass es eine Subkultur fühlen. Wenn ich solche Gefühle gehegt te Leute darunter, die ihrer Zeit einfach war wie auch die der Punks, der Teds hätte, hätte ich nicht tun können, was voraus waren und heute gute Jobs haben. oder der Skinheads. Gerade die Unter- ich getan habe. In der Zeit, in der ich als Ich wollte immer schon Autor werden, 30-Jährigen, die all das nicht miterleben Türsteher gearbeitet habe, bin ich jedoch doch angefangen habe ich, als man mich konnten, oder auch die typischen Horn- von drei Kugeln getroffen worden. Das für drei Jahre in den Knast steckte. Aber by-Leser können von den Geschichten hat mich nachdenklich gemacht. 20 Jahre dabei ging es nicht um meine persönli- nicht genug bekommen. Sie sind dann habe ich an der Tür gearbeitet, war spä- chen Taten, sondern exemplarisch um all nicht mehr auf der andern Seite oder in ter Inhaber einer der größten Security- das, was die Hooligans damals in diesem einer anderen Zeit, sondern mittendrin. Dienste in London. Wir haben Jobs über- Land angerichtet haben. Die Inhaberin des Buchladens hier am nommen, die die of ziellen Dienste nicht Stadionwelt: Aber die Behörden haben das Stadion hat mir gesagt, dass die beiden annahmen, denn in diesen Läden hat die mit harter Hand in den Griff bekommen. ersten Kunden meines Buches zwei Po- Unterwelt verkehrt. Einigen Jungs aus Pennant: Und so begann die Verände- lizisten waren, die schon lange danach der I.C.F habe ich Jobs vermitteln kön- rung der Fans an sich. Heute geht die gefragt hatten. nen, aber auch den guten Leuten von Mittelschicht zum Fußball. Die Leute Ich habe als erster über dieses Thema ge- Firms anderer Clubs. In der Türsteher- sind gebildet und gehören nicht mehr schrieben. Die anderen haben dann we- szene genieße ich heute ähnlichen Re- der Arbeiterklasse an. Früher hat denen gen des Erfolges nachgezogen. spekt wie beim Fußball. der Sport gehört, die Fans waren prak- Stadionwelt: Auf dem englischen Markt Stadionwelt: Und nun hat deine Karriere tisch der Verein, heute bedeuten sie den gibt es derzeit rund 50 Bücher, deren Au- als Autor richtig Fahrt aufgenommen. Clubs nichts mehr, und die Distanz ist toren Firm-Mitglieder sind. Warum hast du mit dem Schreiben ange- riesengroß. Manchmal passiert es sogar, Pennant: Ein echtes Phänomen der letz- fangen? dass die Fans die eigenen Spieler regel- ten zehn Jahre, eine Revolution auf dem Pennant: Weil ich dachte, dass die Gesell- recht hassen. Viele entwickeln da eine Buchmarkt. Die meisten davon habe ich schaft die ganze Hooliganszene einfach Sehnsucht nach der alten Zeit. gelesen – und ganz ehrlich: Meine �

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Bücher stehen an der Spitze, denn eini- aber nicht verdrängt. Einige haben auch ge von den anderen wären besser nicht nicht mitgemacht. Die von Liverpool bei- „Terrace Legends“ geschrieben worden. Man erkennt sofort, spielsweise wollen nicht in den Büchern In diesem Buch lassen Cass Pennant dass da keine Insider am Werk waren. anderer Szenen auftauchen. und Martin King die „Legenden der Stadionwelt: Welche sind gut, und welche Stadionwelt: Glori zieren deine Bücher Stehränge“ zu Wort kommen. Die Top- sind für die Tonne? Gewalt? Boys der Hooligan-Szene berichten über Pennant: Martin Kings „Hoolifan“ ist gut, Pennant: Dann machen es auch die ihre unzähligen Erleb- „Scally“ von Evertons Andy Nicholls ist Bücher der Soziologen, die über nisse beim Fußball, gut, das „Blades Business Crew“ ebenso. dasselbe Thema schreiben, und bewerten ihre Gegner Eines meiner Lieblingsbücher ist „Ca- weil sie von der FA und der Regie- und äußern sich zu suals. The Story Of Terrace Fashion“ von rung für ihre Studien bezahlt wer- den Modeerscheinun- Phil Thornton. Zu den schlechten Bü- den, käme das dann ja von höchster gen in der Szene. chern möchte ich nichts sagen. Stelle. Zudem müssten dann die Stadionwelt: Wenn es früher Bücher über Festnahmen in den Stadien steigen, Terrace Legends Hooligans gab, so waren sie meist von weil die Leute von der Glori zierung – Legenden der Soziologen veröffentlicht. Sag uns, wa- angesteckt werden. Tatsächlich sind Stehränge rum deine Bücher die besseren sind. die Zahlen aber rückläu g. Cass Pennant, Pennant: Seit wir selber schreiben, ha- Gewalt ist natürlich auch eine Sache, Martin King ben die ja nichts mehr veröffentlicht. Der die von sich aus fasziniert. Manche 280 Seiten, Leser weiß am besten, wer die Wahrheit fühlen sich deshalb schuldig, eben 14,90 Euro schreibt. Wir haben sie in ihre Hörsäle weil sie sich dafür interessieren. Sie Erhältlich im zurückgeschickt. Sie und die Journalisten wollen aber trotzdem die ganzen Hin- Stadionwelt-Shop: www.stadionwelt.de haben nicht mehr Angst vor einem Cass tergründe kennen, und deshalb verkau- Pennant mit dem Messer in der Hand, fen sich die Bücher. Und wenn es im sondern vor einem mit dem Stift in der Stadion mal Ärger gibt, dann schaut ja bin ich ein Ansprechpartner geworden. Hand, der ihre Unwahrheiten aufdeckt. auch keiner weg, nicht mal die VIPs in Wenn wir das ganze nicht in Büchern Sie haben den Hooliganismus immer den Logen. Einer aus der I.C.F hatte re- aufschreiben würden, wäre es so, als ob falsch eingeschätzt, weil die Leute ein- gen Kontakt mit den Leuten auf den ex- ein Stück Sozialgeschichte der Nachwelt fach nicht wussten, wer die Hooligans klusiven Plätzen. Die geben zu, dass sie verloren ginge. eigentlich waren. lieber hingucken, wenn zwei „Armeen Die Sache wird nicht länger absichtlich Stadionwelt: Für „Terrace Legends“ hast sich ihre Schlacht liefern“ und sagen übersehen, stattdessen wird vieles auf- du die Köpfe anderer Firms interviewt. auch „das Spiel können wir danach noch gearbeitet. Für mich bedeutet das, dass Ist es nicht befremdlich, wenn man frü- gucken“. Die Leute  nden nichts daran, ich heutzutage Reden in Universitäten her aufeinander losgegangen ist und sich ein Buch über Bankräuber zu lesen. Sie halte. heute im konstruktiven Dialog gegen- wollen Cass Pennant, sie wollen die Stadionwelt: Welche Pläne hast du für die über sitzt? Geschichten von Leuten, die mit einem Zukunft? Pennant: Die alten Jungs respektieren Messer in der Hand in einen anderen Pennant: Meine Rolle als Hooliganex- sich, und man denkt, man sieht in sein ei- Mob rennen. perte werde ich ausfüllen. Es war immer genes Spiegelbild. Durch die Bücher ha- Stadionwelt: Und sie gewinnen offen- mein Ziel, Bücher zu schreiben. Das ist ben wir uns auch besser kennen gelernt. sichtlich enorm an Popularität. jetzt abgehakt. Das „wie war es für dich?“ ist sehr inter- Pennant: Mindestens einmal in der Wo- Ich werde einen Verlag aufbauen und essant, weil man zu bestimmten Ereig- che beantworte ich die Fragebögen von jedem zeigen, dass ich auch das kann. nissen erstmals die Perspektive der Ge- Studenten. Künstlern, Rechtsanwälten, Ich plane, die Bücher von Mike Tyson genseite hört. Die Rivalität wird dadurch Soziologen und Journalisten. Für alle – einem meiner Bekannten – zu veröf- fentlichen. Dann stehen Filmprojekte an. Ende März habe ich den Vertrag über die Ver lmung meines Lebens un- DVD zu gewinnen! terschrieben. Cass Pennant hat zum Inter- Stadionwelt: Wirst du mitspielen? view im Hinterzimmer des Bo- Pennant: Nein, meinen Part wird Colin leyn Pub eine ganze Tasche voll Salmon spielen. Der war lange Zeit als Büchern mitgebracht – und ein der erste schwarze James Bond gehandelt Exemplar seiner offi ziellen DVD worden. „Enough Said!“ Die in Deutsch- Stadionwelt: Bist du trotz des sich einstel- land nicht erhältliche DVD in lenden Ruhmes dem Londoner East End Englisch zeigt Interviews bei treu geblieben? öffentlichen Auftritten sowie Pennant: Nicht ganz, ich wohne jetzt auf natürlich Konzertausschnitte der andere Seite des Flusses, in der Mill- von den Cockney Rejects und wall-Gegend. mehr… Stadionwelt: Erkennen sie dich dort? Wer die DVD gewinnen möch- Pennant: Ja, und es kommen schon mal te, schicke eine E-Mail mit Affengeräusche von der anderen Stra- seiner Postanschrift an ßenseite. [email protected] (Betreff- Stadionwelt: Und lässt du dir das gefallen? Unikat für Stadionwelt-Leser: Cass signiert seine DVD. zeile: „Cass-DVD“). Pennant: Naja, ich bin doch schon 48…���Ingo Partecke / Maik Thesing

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027-032_interview cass pennant.indd 32 26.03.2006 23:30:08 P04 Stadionwelt 03.03.2006 9:27 Uhr Seite 1

Titel Sparkassen-Finanzgruppe Alster MATT/ v.

Bücher stehen an der Spitze, denn eini- aber nicht verdrängt. Einige haben auch JUNG ge von den anderen wären besser nicht nicht mitgemacht. Die von Liverpool bei- „Terrace Legends“ geschrieben worden. Man erkennt sofort, spielsweise wollen nicht in den Büchern In diesem Buch lassen Cass Pennant Jede Woche 10 x 2 Tickets dass da keine Insider am Werk waren. anderer Szenen auftauchen. und Martin King die „Legenden der zur FIFA WM 2006™ von MasterCard Stadionwelt: Welche sind gut, und welche Stadionwelt: Glori zieren deine Bücher Stehränge“ zu Wort kommen. Die Top- sind für die Tonne? Gewalt? Boys der Hooligan-Szene berichten über Pennant: Martin Kings „Hoolifan“ ist gut, Pennant: Dann machen es auch die ihre unzähligen Erleb- „Scally“ von Evertons Andy Nicholls ist Bücher der Soziologen, die über nisse beim Fußball, gut, das „Blades Business Crew“ ebenso. dasselbe Thema schreiben, und bewerten ihre Gegner Eines meiner Lieblingsbücher ist „Ca- weil sie von der FA und der Regie- und äußern sich zu suals. The Story Of Terrace Fashion“ von rung für ihre Studien bezahlt wer- den Modeerscheinun- Phil Thornton. Zu den schlechten Bü- den, käme das dann ja von höchster gen in der Szene. chern möchte ich nichts sagen. Stelle. Zudem müssten dann die Stadionwelt: Wenn es früher Bücher über Festnahmen in den Stadien steigen, Terrace Legends Hooligans gab, so waren sie meist von weil die Leute von der Glori zierung – Legenden der Soziologen veröffentlicht. Sag uns, wa- angesteckt werden. Tatsächlich sind Stehränge rum deine Bücher die besseren sind. die Zahlen aber rückläu g. Cass Pennant, Pennant: Seit wir selber schreiben, ha- Gewalt ist natürlich auch eine Sache, Martin King ben die ja nichts mehr veröffentlicht. Der die von sich aus fasziniert. Manche 280 Seiten, Leser weiß am besten, wer die Wahrheit fühlen sich deshalb schuldig, eben 14,90 Euro schreibt. Wir haben sie in ihre Hörsäle weil sie sich dafür interessieren. Sie Erhältlich im zurückgeschickt. Sie und die Journalisten wollen aber trotzdem die ganzen Hin- Stadionwelt-Shop: www.stadionwelt.de haben nicht mehr Angst vor einem Cass tergründe kennen, und deshalb verkau- Pennant mit dem Messer in der Hand, fen sich die Bücher. Und wenn es im sondern vor einem mit dem Stift in der Stadion mal Ärger gibt, dann schaut ja bin ich ein Ansprechpartner geworden. Hand, der ihre Unwahrheiten aufdeckt. auch keiner weg, nicht mal die VIPs in Wenn wir das ganze nicht in Büchern Sie haben den Hooliganismus immer den Logen. Einer aus der I.C.F hatte re- aufschreiben würden, wäre es so, als ob falsch eingeschätzt, weil die Leute ein- gen Kontakt mit den Leuten auf den ex- ein Stück Sozialgeschichte der Nachwelt fach nicht wussten, wer die Hooligans klusiven Plätzen. Die geben zu, dass sie verloren ginge. eigentlich waren. lieber hingucken, wenn zwei „Armeen Die Sache wird nicht länger absichtlich Stadionwelt: Für „Terrace Legends“ hast sich ihre Schlacht liefern“ und sagen übersehen, stattdessen wird vieles auf- du die Köpfe anderer Firms interviewt. auch „das Spiel können wir danach noch gearbeitet. Für mich bedeutet das, dass Ist es nicht befremdlich, wenn man frü- gucken“. Die Leute  nden nichts daran, ich heutzutage Reden in Universitäten her aufeinander losgegangen ist und sich ein Buch über Bankräuber zu lesen. Sie halte. heute im konstruktiven Dialog gegen- wollen Cass Pennant, sie wollen die Stadionwelt: Welche Pläne hast du für die über sitzt? Geschichten von Leuten, die mit einem Zukunft? Pennant: Die alten Jungs respektieren Messer in der Hand in einen anderen Pennant: Meine Rolle als Hooliganex- sich, und man denkt, man sieht in sein ei- Mob rennen. perte werde ich ausfüllen. Es war immer genes Spiegelbild. Durch die Bücher ha- Stadionwelt: Und sie gewinnen offen- mein Ziel, Bücher zu schreiben. Das ist ben wir uns auch besser kennen gelernt. sichtlich enorm an Popularität. jetzt abgehakt. Das „wie war es für dich?“ ist sehr inter- Pennant: Mindestens einmal in der Wo- Ich werde einen Verlag aufbauen und essant, weil man zu bestimmten Ereig- che beantworte ich die Fragebögen von jedem zeigen, dass ich auch das kann. nissen erstmals die Perspektive der Ge- Studenten. Künstlern, Rechtsanwälten, Ich plane, die Bücher von Mike Tyson genseite hört. Die Rivalität wird dadurch Soziologen und Journalisten. Für alle – einem meiner Bekannten – zu veröf- Kicken Sie sich mit MasterCard fentlichen. Dann stehen Filmprojekte an. Ende März habe ich den Vertrag über die Ver lmung meines Lebens un- und Sparkasse zur FIFA WM 2006™! DVD zu gewinnen! terschrieben. Cass Pennant hat zum Inter- Stadionwelt: Wirst du mitspielen? view im Hinterzimmer des Bo- Pennant: Nein, meinen Part wird Colin www.masters-game.de leyn Pub eine ganze Tasche voll Salmon spielen. Der war lange Zeit als Büchern mitgebracht – und ein der erste schwarze James Bond gehandelt Exemplar seiner offi ziellen DVD worden. „Enough Said!“ Die in Deutsch- Stadionwelt: Bist du trotz des sich einstel- land nicht erhältliche DVD in lenden Ruhmes dem Londoner East End Englisch zeigt Interviews bei treu geblieben? öffentlichen Auftritten sowie Pennant: Nicht ganz, ich wohne jetzt auf natürlich Konzertausschnitte der andere Seite des Flusses, in der Mill- S von den Cockney Rejects und wall-Gegend. mehr… Stadionwelt: Erkennen sie dich dort? Wer die DVD gewinnen möch- Pennant: Ja, und es kommen schon mal te, schicke eine E-Mail mit Affengeräusche von der anderen Stra- Machen Sie mit beim Fußball-Quiz von MasterCard und Sparkasse. Und gewinnen Sie bis zum 28.5.2006 jede Woche seiner Postanschrift an ßenseite. 10 x 2 Tickets von MasterCard für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™. Jetzt mitmachen und anmelden [email protected] (Betreff- Stadionwelt: Und lässt du dir das gefallen? unter www.masters-game.de Unikat für Stadionwelt-Leser: Cass signiert seine DVD. zeile: „Cass-DVD“). Pennant: Naja, ich bin doch schon 48…���Ingo Partecke / Maik Thesing

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SpVgg Unterhaching – Wacker Burghausen Foto: rotblauefalken.de FC Bayern München – 1. FC Nürnberg Foto: Michael Bader Burghausen München Burghauser Fans in Unterhaching, in einem der vielleicht besten Gäste- Diese Choreo ist ein Verdienst aller Käufer des T-Shirts „Südkurve blöcke der Liga, in zentraler Lage hinter dem Tor, direkt am Spielfeld. 72“ (das Baujahr des „Oly“), das die „Schickeria“ anfertigte, weil von Ähnliches werden die Gästefans ab kommenden Sommer auch in Burg- Vereinsseite keine Souvenirs zum Abschied aus dem alten Stadion hausen genießen können. Im Innenraum der Wacker-Arena wird eine angeboten wurden. Mehrere tausend Käufer ermöglichten die An- 3.300 Zuschauer fassende Gästetribüne errichtet. schaffung des Materials für die Blockfahne auf dem Unterrang. Burghausen

VfB Stuttgart – Fotos: lostboys99.de, PR-Di Stuttgart – Dortmund Drei VfB-Fans saßen im Flieger holte. Nach einer vierstündigen tet. Stuttgarts Fans vermuten („die Ballons hatten keine wirk- Richtung Middlesbrough, als die Überprüfung durch die Polizei eine Schikane und fertigten das lich Aussage, es ging nur um den Polizei sie wegen eines vermeint- konnte es weiter gehen, doch Spruchband im linken Bild an. optischen Effekt“) wurde von der lichen Ausreiseverbotes heraus- die Maschine war längst gestar- Die Aktion auf der Gegenseite BVB-„Swiss Crew“ umgesetzt.

FC Energie Cottbus –VfL Bochum Foto: Red Fighters 1. FC Saarbrücken –SC Freiburg Foto: Saar United Cottbus Saarbrücken „Mit der Choreo waren wir unzufrieden“, sagt ein Mitglied von „Ultima Gegen Freiburg gab es beim FCS zwei parallele Aktionen. „Unsere Far- Raka“, „aber damit haben wir uns nur dem Niveau der Feierlichkeiten ben im Herzen tragen, Freiburg schlagen“ stand auf den Spruchbändern des Vereins angepasst.“ Zum Aufreger wurde dabei ein T-Shirt zum im traditionellen Fanblock. Das Banner in der „Virage Est“ (Foto) ver- Jubiläumsspiel gegen Bayern. Es erweckt den Eindruck, als sei der steht sich als Ablehnung des „Sponsorentages“ zu diesem Spiel. Die Geburtstag der 14.2. und nicht der 31.1.1966. angebotenen Tröten anzunehmen lehnten alle Fans ab.

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Mönchengladbach

Oben: Wem das Motiv der Blockfahne bekannt vorkommt: Ein ähnliches fi ndet sich auf Seite 5 jedes Asterix-Heftes. In dieser Version durchbohrt die Gladbacher Standarte Köln. Mitte: Ein Spruchband mit klar lesbarem „Hurensöhne“ hätte sicherlich für einigen Ärger ge- sorgt. Damit die Kölner jedoch den Schrifttyp Wingdings ent- Borussia Mönchengladbach – 1. FC Köln Fotos: Stadionwelt, Commando Suff schlüsseln konnten, klebten die Ultras Mönchengladbach 150 Zettel mit der entspre- chenden Codierung in die Gä- steblöcke. „Es reicht uns ja schon, wenn das einige helle Köpfe sofort verstehen“, sagt ein UMGler. Unten: „Weil die Mainzer im- mer sehr streng bei den Aktio- nen der Gästefans sind, haben wir uns für diese bedruckten Schals entschieden.“ Der Aufruf „Vorwärts“ war an die Mannschaft gerichtet, verbun- den mit dem Wunsch, die Aus- 1. FSV Mainz 05 – Borussia Mönchengladbach Foto: Stadionwelt wärtsschwäche zu beheben.

Bielefeld „Wir bereiten unsere Choreos im- mer an der Uni vor“, heißt es aus Reihen der Bielefelder. „Da ren- nen so viele Fans anderer Vereine rum, dass es schwierig ist, Moti- ve geheim zu halten. Mit 20 Leu- ten kann man sich dort nun mal schlecht verstecken.“ Im Falle der gegen Dortmund eingesetzten Blockfahne bedeutete dies, dass sie schon vor dem Spiel in den Fo- ren diskutiert wurde. Spätestens im Stadion wurde dann klar, dass sie eine Antwort auf das „Ost- westfalen ist schwarzgelb“ im Hinspiel und eine Anspielung auf die ungleichen fi nanziellen Mög- lichkeiten beider Clubs war. Arminia Bielefeld – Borussia Dortmund Foto: Fanatics Raesfeld / Fabian Hellmig

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Karlsruher SC – FC Erzgebirge Aue Karlsruher SC – Foto: Baden Maniacs Karlsruhe Zweimal herrschte zuletzt Leben auf der Gegengerade (u.a. zum Zehn- Protest gegen das Verhalten der Polizei anlässlich des Spiels in Un- jährigen der „Baden Maniacs“), einmal jedoch Stille – und zwar für terhaching. Hier hatte eine Kontrolle die Abfahrt von 100 Fans so lange exakt 1894 Sekunden (in Anlehnung an das Gründungsjahr des KFC verzögert, dass sie Teile des Spiels verpassten. Anderen wurde der Phönix, einem der KSC-Vorläuferclubs). Der Grund hierfür lag in einem Zugang zum Gästeblock trotz gültiger Eintrittskarte verwehrt.

Kaiserslautern Bremen So wie Andi Reinke nach seiner schweren Verletzung mit gelben Papp- tafeln aufgemuntert wurde, erhielt auch Tim Wiese nach seinem Pat- zer von Turin Unterstützung – in Rosa, der Farbe seines Trikots ent- sprechend. Die Aktion war von einem Einzelfan angeregt worden, der Verein übernahm die Kosten für die 5.000 Pappen.

Hamburger SV – 1. FC Kaiserslautern Foto: der-betze-brennt.de

Weil es sportlich wieder bergauf geht, hatten statt der in Hamburg Sonntags üblichen 600 FCK-Fans fast 1.000 Lust auf dieses Spiel. Als mit 75-minütiger Verspätung endlich angepfi ffen wurde, freuten sich zumindest die, die den Montag frei genommen hatten. Werder Bremen – Hertha BSC Berlin Fotos: Matthias Fockmann/los-bremos.de

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25 Jahre Fanfreundschaft Leverkusen / Offenbach

Karlsruher SC – FC Erzgebirge Aue Karlsruher SC – Alemannia Aachen Foto: Baden Maniacs

Karlsruhe Offenbacher Kickers – SC Paderborn 07 Foto: Spions Offenbach Zweimal herrschte zuletzt Leben auf der Gegengerade (u.a. zum Zehn- Protest gegen das Verhalten der Polizei anlässlich des Spiels in Un- jährigen der „Baden Maniacs“), einmal jedoch Stille – und zwar für terhaching. Hier hatte eine Kontrolle die Abfahrt von 100 Fans so lange exakt 1894 Sekunden (in Anlehnung an das Gründungsjahr des KFC verzögert, dass sie Teile des Spiels verpassten. Anderen wurde der Phönix, einem der KSC-Vorläuferclubs). Der Grund hierfür lag in einem Zugang zum Gästeblock trotz gültiger Eintrittskarte verwehrt.

Bayer Leverkusen –Eintracht Frankfurt Foto: Flash

Über die Lautsprecher der BayArena lief „Ein Freund, ein guter ihren gemeinsamen Relegationsspielen der Saison 81/82 gründen. Freund“. Die Fans aus der Farben-Stadt Leverkusen und der Leder- Der aufwändige Aufdruck auf den Pappen diente vor allem dazu, dass Stadt Offenbach feiern das Jubiläum ihrer guten Beziehungen, die viele Fans sie zu Hause aufhängen oder ins Auto legen sollten. Und auf einer Auseinandersetzung 1981 mit Frankfurt und daraufhin in ein kleiner Teil davon landete hinterher auch in Offenbach. Kaiserslautern Bremen So wie Andi Reinke nach seiner schweren Verletzung mit gelben Papp- 1. FC Nürnberg–Eintracht Frankfurt Foto: pumuckl94.de tafeln aufgemuntert wurde, erhielt auch Tim Wiese nach seinem Pat- zer von Turin Unterstützung – in Rosa, der Farbe seines Trikots ent- sprechend. Die Aktion war von einem Einzelfan angeregt worden, der Verein übernahm die Kosten für die 5.000 Pappen.

Hamburger SV – 1. FC Kaiserslautern Foto: der-betze-brennt.de

Weil es sportlich wieder bergauf geht, hatten statt der in Hamburg Sonntags üblichen 600 FCK-Fans fast 1.000 Lust auf dieses Spiel. Als mit 75-minütiger Verspätung endlich angepfi ffen wurde, freuten sich zumindest die, die den Montag frei genommen hatten. Werder Bremen – Hertha BSC Berlin Fotos: Matthias Fockmann/los-bremos.de

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S034-040_atmo deutschland.indd 36 26.03.2006 17:05:33 S034-040_atmo deutschland.indd 37 26.03.2006 17:06:05 Atmosphäre

Duisburg

MSV Duisburg – Borussia Mönchengladbach Foto: super-sonic.com

Oben: „Wer oder was ist Duisburg?“ hatte ein Gladbacher Spruch- es hätte auch ein anderes Bild sein können“, sagt ein Mitglied der band im Hinspiel gefragt. „Wir sind Duisburg!“ hieß die Antwort Ultras Duisburg. unter dem überdimensionalen Stadtwappen. Unten: Neben den MSV-Helden Ronny Worm, Bernhard Dietz, Mi- Mitte: Der Kopf von Flea, einem Mitglied der Red Hot Chili Peppers, chael Bella, Alfred Nijhuis und Thorsten Wohlert bleibt der Rahmen im Zentrum der Choreo? „Das hat nichts mit Musikgeschmack zu für einen Spieler aus dem Kader der aktuellen Saison leer: „Kein tun. Wir brauchten einfach ein Porträt von einem schreienden Mann, Kampf, kein Ruhm.“

MSV Duisburg – 1. FC Kaiserslautern Foto: super-sonic.com

MSV Duisburg – 1. FC Kaiserslautern Foto: super-sonic.com

Essen Bei RWE fi nden die Choreos nach dem Umzug der meisten Fans auf die Osttribüne praktisch nur noch in diesem Bereich statt. „Essen im Herzen – Ultrà im Geiste.“ Und Brötchen im Magen: weil die Busse zum Spiel in Jena schon um 5 Uhr abfuhren, öffnete die Stadiongaststätte extra um 3 Uhr nachts, um so manchem „Durch- macher“ für 2,50 Euro ein „Fan- Frühstück“ anzubieten. Rot-Weiss Essen – Wuppertaler SV Foto: jawattdenn.de

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Duisburg Schalke

MSV Duisburg – Borussia Mönchengladbach Foto: super-sonic.com

Oben: „Wer oder was ist Duisburg?“ hatte ein Gladbacher Spruch- es hätte auch ein anderes Bild sein können“, sagt ein Mitglied der band im Hinspiel gefragt. „Wir sind Duisburg!“ hieß die Antwort Ultras Duisburg. FC Schalke 04 –Borussia Dortmund Foto: groundhopping.de unter dem überdimensionalen Stadtwappen. Unten: Neben den MSV-Helden Ronny Worm, Bernhard Dietz, Mi- Mitte: Der Kopf von Flea, einem Mitglied der Red Hot Chili Peppers, chael Bella, Alfred Nijhuis und Thorsten Wohlert bleibt der Rahmen Während Proteste gegen den fanden, spannte sich jetzt zum Unterrang der Nordkurve. „Uns zu sehen ist, denn das Problem im Zentrum der Choreo? „Das hat nichts mit Musikgeschmack zu für einen Spieler aus dem Kader der aktuellen Saison leer: „Kein Sicherheitswahn bis dato meist ersten Mal überhaupt eine war wichtig, dass nirgendwo das geht alle an“, heißt es aus den tun. Wir brauchten einfach ein Porträt von einem schreienden Mann, Kampf, kein Ruhm.“ nur auf Spruchbändern statt- Blockfahne über den gesamten Logo der Ultras Gelsenkirchen Reihen der UGE.

Oberhausen Ein Sonderlob gebührte RWO-Fan Jörg Mois. Innerhalb von 40 Stun- den hatte er die 1.000 Kleeblät- ter im Alleingang ausgeschnitten. Das „Flammeninferno“ und die „Handtuchmafi a“ nahmen diese gerne in ihre Choreo auf: RWO ist nicht tot, seinen Herzschlag („RuhrgeBEAT“) kann man dank MSV Duisburg – 1. FC Kaiserslautern Foto: super-sonic.com neuer Manpower im Vorstand nicht nur hören, sondern auch auf Rot-Weiß Oberhausen – Rot-Weiß Essen Foto: Philipp Lumma der Blockfahne erkennen. Münster Wer Münsteraner Atmo-Bilder im Internet sucht, der wird sie zukünftig zumindest nicht mehr auf der Seite der Brigade Mona- steria fi nden. „Wir wollen unsere Energie nicht für sinnlose Selbst- darstellung verschwenden. Was zählt, ist im Stadion!“, heißt es MSV Duisburg – 1. FC Kaiserslautern Foto: super-sonic.com aus der Gruppe, die in Münster die optischen Akzente setzt. SC Preußen Münster –Rot-Weiß Essen Foto: Stadionwelt Essen Darmstadt Bei RWE fi nden die Choreos nach „Wir haben uns vorgenommen, dem Umzug der meisten Fans auf statt weniger großer Aktion zu- die Osttribüne praktisch nur noch künftig in vielen Spielen was in in diesem Bereich statt. „Essen kleinerem Umfang zu machen“, im Herzen – Ultrà im Geiste.“ sagt ein Mitglied der Ultras Und Brötchen im Magen: weil die Darmstadt. Zumindest beim Busse zum Spiel in Jena schon Spiel gegen 1860 wurde das um 5 Uhr abfuhren, öffnete die Ergebnis jedoch durch das HR- Stadiongaststätte extra um 3 Uhr Kamerateam beeinträchtigt. nachts, um so manchem „Durch- „Die wollten sich unbedingt vor macher“ für 2,50 Euro ein „Fan- der Choreo aufbauen, nicht wie Frühstück“ anzubieten. Rot-Weiss Essen – Wuppertaler SV Foto: jawattdenn.de SV Darmstadt 98 –1860 MÜnchen II Foto: Matthias Kaiser sonst im Spielertunnel.“

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Halle – Leipzig Oben: Ein Selbstbildnis des Halle-Mobs auf einer 11 mal 60 Meter großen Blockfahne. Selbst die Fahnen der Gruppen sind im Detail eingearbeitet. Mitte: Die Hallenser Antwort auf das orange Tour-Shirt der Sachsen- Leipzig-Fans mit der Aufschrift „Halle zur Sau machen“. Unten: Die Fans aus Leutzsch greifen eine Fahne aus dem Hinspiel auf, auf der ein Gnom des HFC einem schlafenden „Diablo“ (Sachsen Ultra) Märchen vorliest. Beachtenswert: Die Zaunfahne als Buch und die durch die Fahne gesteckten Bengalen, die das HFC-Wappen in Hallescher FC – Sachsen Leipzig Flammen aufgehen und die Nase des Drachen qualmen lassen.

Hallescher FC – Sachsen Leipzig Fotos: HFC-Fanatics

Union Schon am 20.1. feierte der 1. FC Union Berlin den 40. Geburtstag. Neben einer offi ziellen Party gab es noch eine, die von den Fans organisiert wurde, und zu der zwei Bands, 400 Unioner und die 68er- Pokalsiegertruppe erschienen. Zwei Monate später folgte zum ersten Rückrundenheimspiel die passende Aktion im Stadion. 1. FC Union Berlin – Torgelower SV Greif Foto: Torsten Bauch

Hamburger SV – Borussia Dortmund Fotos: Tim Hoischen, Schneller Reifen Hamburg – Dortmund Stehplätzen verteilt- und nach dem Wegziehen der Bahnen zum Vor- schein kommen sollen. „Zudem gab es keine Genehmigung für den Bei der bisher größten „Poptown“-Aktion gab es einige Hindernisse. Einsatz von Seilen, was zur Folge hatte, dass die Bahnen bis zu zwei Die im Oberrang eingesetzten Fähnchen hätten eigentlich auf den Meter auseinander waren.“

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S034-040_atmo deutschland.indd 40 26.03.2006 20:43:09 016704_ANZ_210x280_4c 24.03.2006 16:26 Uhr Seite 1

Atmosphäre

Halle – Leipzig präsentieren: Spitzenhandball in der Kölnarena Oben: Ein Selbstbildnis des Halle-Mobs auf einer 11 mal 60 Meter großen Blockfahne. Selbst die Fahnen der Gruppen sind im Detail eingearbeitet. Mitte: Die Hallenser Antwort auf das orange Tour-Shirt der Sachsen- Leipzig-Fans mit der Aufschrift „Halle zur Sau machen“. Unten: Die Fans aus Leutzsch greifen eine Fahne aus dem Hinspiel auf, auf der ein Gnom des HFC einem schlafenden „Diablo“ (Sachsen Ultra) Märchen vorliest. Beachtenswert: Die Zaunfahne als Buch und VfL Gummersbach die durch die Fahne gesteckten Bengalen, die das HFC-Wappen in Hallescher FC – Sachsen Leipzig Flammen aufgehen und die Nase des Drachen qualmen lassen.

Die verbleibenden VfL Spiele in Hallescher FC – Sachsen Leipzig Fotos: HFC-Fanatics der Kölnarena Saison 2005/2006. Union TuS-N-Lübbecke Schon am 20.1. feierte der 1. FC Union Berlin den 40. Geburtstag. Mittwoch, 05. April 2006 Neben einer offi ziellen Party gab es noch eine, die von den Fans organisiert wurde, und zu der zwei SC Magdeburg Bands, 400 Unioner und die 68er- Pokalsiegertruppe erschienen. Samstag, 20. Mai 2006 Zwei Monate später folgte zum ersten Rückrundenheimspiel die passende Aktion im Stadion. 1. FC Union Berlin – Torgelower SV Greif Foto: Torsten Bauch SG Flensburg-Handewitt Samstag, 27. Mai 2006

Hamburger SV – Borussia Dortmund Fotos: Tim Hoischen, Schneller Reifen Hamburg – Dortmund Stehplätzen verteilt- und nach dem Wegziehen der Bahnen zum Vor- schein kommen sollen. „Zudem gab es keine Genehmigung für den Bei der bisher größten „Poptown“-Aktion gab es einige Hindernisse. Einsatz von Seilen, was zur Folge hatte, dass die Bahnen bis zu zwei Die im Oberrang eingesetzten Fähnchen hätten eigentlich auf den Meter auseinander waren.“ Karten erhältlich über Kölnarena 0221-8020 oder 40 Stadionwelt April/Mai 2006 KölnTicket 0221-2801

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2003/04: Konfetti beim Spiel gegen Dresden Foto: Ultrà St. Pauli Das Modell St. Pauli Wie kein zweiter Verein in Deutschland lebt der FC St. Pauli vom Image seiner Fans. Doch die haben zu kämpfen mit Klischees, Vorurteilen und den eigenen Ansprüchen.

un schalten wir live ins Freudenhaus zweifelsfrei nicht in Folge sportlicher Lei- vorangetrieben werde – und trugen ihren der Liga, wo der Kultclub St. Pauli, stungen. Als der Verein im Sommer 2003 Protest auf die Straße. Vor allem der link- Ndie Kiezkicker vom Millerntor, heute vor dem  nanziellen Aus stand, konnte salternative Teil der Fanszene schloss sich Abend...“ – kaum jemanden in der Fansze- er nur dank des Engagements seiner Fans den Kundgebungen an. ne des FC St. Pauli hängen die Attribute, und einer bundesweiten Solidaritätskam- Ob aufgrund fehlender Finanzierung mit denen ihr Verein in der Presse bedacht pagne die Lizenzau agen erfüllen. Rund oder in Folge der Proteste – das Projekt wird, nicht zum Halse heraus. Doch ihr 120.000 T-Shirts mit dem Aufdruck „Ret- scheiterte. Doch die St. Pauli-Fans gingen Club kam gerade richtig, als die Fußball- ter“ wurden verkauft und sind auch heute nicht einfach zur Tagesordnung über. Viel berichterstattung Ende der 80er Jahre im- noch in jeder Stadt zu sehen. Selbst wenn mehr wurde das aufgebaute Netzwerk mer bunter wurde und neben taktischen auf die Shirts mittlerweile in der eigenen für weitere Aktivitäten genutzt. Mit dem Finessen das Drumherum zunehmend Fanszene zurückhaltend reagiert wird, ist Millerntor Roar! entstand ein Fanzine, in Beachtung fand. Die Totenkopffahnen es Sinnbild der Popularität des Hamburger dem sich nicht nur, wie bis dato üblich, schwenkenden Fans waren anders, bunt Clubs, denn viele dieser Shirts wurden von überwiegend Spielberichte befanden, son- und kreativ. So zumindest der Tenor der Fans gekauft, deren Herz im Alltag für ei- dern es wurden auch aktuelle Fan- sowie Berichte, und beim näheren Hinschauen nen anderen Verein schlägt. (vereins)politische Themen behandelt. Der konnte man dieser Aussage zumindest Es gibt unterschiedliche Faktoren, die Club reagierte verunsichert auf die Akti- grundsätzlich zustimmen, wenn es auch die Entwicklung des Stadtteil-Clubs im vitäten seiner Fans, merkte jedoch schnell, nicht immer so einfach war, wie darge- Schatten des großen HSV ermöglicht ha- dass ein angedachtes Verkaufsverbot des stellt. Und nicht alle St. Pauli-Fans hatten ben. Zwar spielte der FC St. Pauli bereits Millerntor Roar! nicht durchzusetzen war. grüne Haare und lebten auf Bäumen, wie Ende 70er ein Jahr in der 1. Bundesliga, „Anfangs war es total schwierig“, erinnert ein Reporter damals feststellte. die Fanszene unterschied sich jedoch nicht sich Sven Brux, der 1989 erster Fanbeauf- Die Fanszene des FC St. Pauli ist auch sonderlich von denen in anderen Städten. tragter des Vereins wurde und heute Or- heute noch etwas Besonderes und gilt in Das änderte sich Ende der 80er Jahre, als ganisationsleiter beim FC St. Pauli ist. „Es vielen Punkten als Vorreiter einer neuen die Fans begannen, sich zu organisieren. gab doch einen deutlichen Unterschied Fankultur. Und die Szene polarisiert. Fragt In dieser Zeit überschlugen sich die Er- zwischen schwarzer Kleidung und bunten man einen Anhänger eines anderen Clubs eignisse. Die Führung des Clubs plante Haaren auf der einen sowie dem Verein auf nach seiner Meinung über den FC St. Pauli, als erste in Deutschland den Bau einer der anderen Seite. Über Jahre musste sich so wird man immer eine Antwort erhalten. Multifunktionsarena mit Mantelbebau- das entwickeln. Besonders der damalige Die einen mögen St. Pauli, die anderen ung, Büro- und Geschäftsräumen. Die Be- Vize-Präsident Christian Hinzpeter hat uns nicht. Aber jemanden, der keine Meinung wohner des Viertels fürchteten, dass mit viele Türen geöffnet“, so Brux. Innerhalb hat, wird man lange suchen müssen. der Verwirklichung des 500-Millionen-D- kürzester Zeit tat sich viel im Umfeld des Der FC St. Pauli ist populär und mitt- Mark-Projektes die Mieten steigen würden Clubs. Motiviert durch die Erfolge der ei- lerweile auch in Europa bekannt - jedoch und eine Umstrukturierung des Stadtteils genen Arbeit und dem parallel statt nden-

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2004/05: FC St. Pauli - HSV II Foto: Die Feuchten Biber

den Höhen ug auf sportlicher Ebene – der Und schon in dieser Zeit entstanden selbst St. Pauli-Fans schwer fällt, da noch Verein stieg innerhalb von zwei Jahren von immer mehr positive Kontakte in ande- den Überblick zu behalten. Ein wichtiges der dritten in die erste Liga auf und konn- re Städte. Besonders der Fanladen erwies Gremium ist der Fanclubsprecherrat, der te sich dort drei Jahre halten – nahmen die sich dabei als Knotenpunkt, an dem immer 2000 gegründet wurde und die rund 280 2003/04: Konfetti beim Spiel gegen Dresden Foto: Ultrà St. Pauli Aktivitäten der Fans ein immer größeres mehr Briefe, Informationen und Fanzines eingetragenen Fanclubs mit ca. 3.600 Mit- Ausmaß an. aus Nah und Fern eintrafen. „Eigene Fan- gliedern vertritt. Eine jährlich statt nden- Bereits im Februar 1990 eröffnete der läden, eigenes Merchandising, selbst orga- de Delegiertenversammlung wählt fünf St. Pauli-Fanladen, und die Szene verfügte nisierte Züge – solche Dinge gab es noch Personen, die aus verschiedenen Fanclubs Das Modell St. Pauli damit über eine eigene Infrastruktur. „Da- nicht. Viele Fans von anderen Vereinen kommen. Diese vertreten dann für zwölf mals waren zum richtigen Zeitpunkt die haben sich das angesehen, übernommen Monate die Interessen der Fanclubs ge- Wie kein zweiter Verein in Deutschland lebt der FC St. Pauli vom Image seiner Fans. richtigen Leute aktiv. Und das bei einem und teilweise besser gemacht. Auch heute genüber dem Verein und nach außen, Doch die haben zu kämpfen mit Klischees, Vorurteilen und den eigenen Ansprüchen. Verein, wo vieles möglich war“, erinnert erhalten wir immer wieder Anfragen aus unter anderem durch Teilnahmen an Prä- sich der heutige Fanbeauftragte Heiko anderen Szenen und leisten bei ihren Pro- sidiumssitzungen, auf denen fanrelevante un schalten wir live ins Freudenhaus zweifelsfrei nicht in Folge sportlicher Lei- vorangetrieben werde – und trugen ihren Schlesselmann, „bei einer gewachsenen jekten zum Teil aktive Hilfestellung“, so Themen besprochen werden, sowie durch der Liga, wo der Kultclub St. Pauli, stungen. Als der Verein im Sommer 2003 Protest auf die Straße. Vor allem der link- Fanstruktur, wie beispielsweise in Schalke, Heiko Schlesselmann, heute einer von drei Teilnahme an allen wichtigen Vereinsgre- Ndie Kiezkicker vom Millerntor, heute vor dem  nanziellen Aus stand, konnte salternative Teil der Fanszene schloss sich wäre so etwas sicher nicht möglich gewe- Festangestellten des Fanladens. mien. Aber auch Serviceleistungen für die Abend...“ – kaum jemanden in der Fansze- er nur dank des Engagements seiner Fans den Kundgebungen an. sen. Damals hat alles zusammengepasst, eigene Fanszene vollbringt der Sprecher- ne des FC St. Pauli hängen die Attribute, und einer bundesweiten Solidaritätskam- Ob aufgrund fehlender Finanzierung und es war möglich, der gesamten Szene Ergebnis jahrelanger Arbeit rat. So befasst er sich mit Kartenpreisen mit denen ihr Verein in der Presse bedacht pagne die Lizenzau agen erfüllen. Rund oder in Folge der Proteste – das Projekt mit 50-300 Leuten einen Stempel aufzu- und Auswärtsfahrten und ist zudem Teil wird, nicht zum Halse heraus. Doch ihr 120.000 T-Shirts mit dem Aufdruck „Ret- scheiterte. Doch die St. Pauli-Fans gingen drücken.“ Förderlich war in diesem Zu- Der Grundstein für die heutige Fansze- der „Antirepressionsgruppe“, verwaltet Club kam gerade richtig, als die Fußball- ter“ wurden verkauft und sind auch heute nicht einfach zur Tagesordnung über. Viel sammenhang auch, dass Hamburg über ne des FC St. Pauli wurde Ende der 80er, deren Konto und hat den Sampler „Frei- berichterstattung Ende der 80er Jahre im- noch in jeder Stadt zu sehen. Selbst wenn mehr wurde das aufgebaute Netzwerk zwei Vereine verfügt. „Hätte es den HSV Anfang der 90er Jahre gelegt. Doch auch in heit für die Kurven“ mit herausgegeben. mer bunter wurde und neben taktischen auf die Shirts mittlerweile in der eigenen für weitere Aktivitäten genutzt. Mit dem so nicht gegeben, so würde es den FC St. der folgenden Zeit ging es mit unvermin- „Überlegungen, als eigene Abteilung in Finessen das Drumherum zunehmend Fanszene zurückhaltend reagiert wird, ist Millerntor Roar! entstand ein Fanzine, in Pauli in dieser Form auch nicht geben“, so dertem Tempo weiter. Innerhalb weniger den Verein zu gehen, wurden verworfen. Beachtung fand. Die Totenkopffahnen es Sinnbild der Popularität des Hamburger dem sich nicht nur, wie bis dato üblich, Brux, „gerade auch weil es beim HSV viele Jahre war ein neuer Verein entstanden, ein Wir Fans haben bereits einen so guten schwenkenden Fans waren anders, bunt Clubs, denn viele dieser Shirts wurden von überwiegend Spielberichte befanden, son- Rechte gab und die Linken zu St. Pauli ge- „anderer Verein“. Und das nicht durch die Stand hier in St. Pauli, da muss der Verein und kreativ. So zumindest der Tenor der Fans gekauft, deren Herz im Alltag für ei- dern es wurden auch aktuelle Fan- sowie kommen sind. So war eine Bündelung der Vereinsführung, sondern durch die Aktivi- sowieso mit uns reden. Zudem wahren Berichte, und beim näheren Hinschauen nen anderen Verein schlägt. (vereins)politische Themen behandelt. Der Interessen möglich. Später hat sich aber al- täten der Fans. wir so de nitiv unsere Unabhängigkeit“, konnte man dieser Aussage zumindest Es gibt unterschiedliche Faktoren, die Club reagierte verunsichert auf die Akti- les eigenständig entwickelt.“ Der Millerntor Roar! wurde immer po- erklärt Roger Hasenbein vom Sprecherrat. grundsätzlich zustimmen, wenn es auch die Entwicklung des Stadtteil-Clubs im vitäten seiner Fans, merkte jedoch schnell, Mit Interesse reagierten Fans anderer pulärer, die Au age stieg auf bis zu 3.500 Zudem gibt es weitere Gremien, in denen nicht immer so einfach war, wie darge- Schatten des großen HSV ermöglicht ha- dass ein angedachtes Verkaufsverbot des Vereine auf die Aktivitäten der St. Pau- Exemplare, und Abos wurden schon bald Fans, die auch Vereinsmitglied sind, ihre stellt. Und nicht alle St. Pauli-Fans hatten ben. Zwar spielte der FC St. Pauli bereits Millerntor Roar! nicht durchzusetzen war. li-Fans. Und das nicht immer positiv, nicht mehr nur ins ganze Bundesgebiet, Interessen bündeln. Hier ist in erster Li- grüne Haare und lebten auf Bäumen, wie Ende 70er ein Jahr in der 1. Bundesliga, „Anfangs war es total schwierig“, erinnert besonders für Nazis und rechte Teile der sondern auch ins europäische Ausland nie die Arbeitsgemeinschaft interessierter ein Reporter damals feststellte. die Fanszene unterschied sich jedoch nicht sich Sven Brux, der 1989 erster Fanbeauf- Hooliganszene entwickelte sich St. Pauli verschickt. Szene-intern war er das Kom- Mitglieder (AGiM) zu nennen, die sich im Die Fanszene des FC St. Pauli ist auch sonderlich von denen in anderen Städten. tragter des Vereins wurde und heute Or- zum Feindbild Nummer 1, was sich ins- munikationsmittel, das Internet wurde erst Verein für die Umsetzung von Faninter- heute noch etwas Besonderes und gilt in Das änderte sich Ende der 80er Jahre, als ganisationsleiter beim FC St. Pauli ist. „Es besondere bei den Spielen zeigte. Bei den Jahre später populär. essen einsetzt. Dies ist unter anderem bei vielen Punkten als Vorreiter einer neuen die Fans begannen, sich zu organisieren. gab doch einen deutlichen Unterschied jährlichen bundesweiten Treffen der Fan- Heute haben die Fans des FC St. Pauli Satzungsänderungen geschehen. Zeitwei- Fankultur. Und die Szene polarisiert. Fragt In dieser Zeit überschlugen sich die Er- zwischen schwarzer Kleidung und bunten zine-Macher gab es heiße Diskussionen. eine Machtposition, wie es sie bei kaum lig war die AGiM mit drei Personen im sie- man einen Anhänger eines anderen Clubs eignisse. Die Führung des Clubs plante Haaren auf der einen sowie dem Verein auf „Von uns wurde gefordert, keine Politik einem anderen Verein gibt. „Das ist das Er- benköp gen Aufsichtsrat des FC St. Pauli nach seiner Meinung über den FC St. Pauli, als erste in Deutschland den Bau einer der anderen Seite. Über Jahre musste sich ins Heft zu nehmen, dabei hatten viele gebnis davon, dass sich die Leute über Jah- vertreten. Ein uss können die Fans zudem so wird man immer eine Antwort erhalten. Multifunktionsarena mit Mantelbebau- das entwickeln. Besonders der damalige Fanzines damals Fascho-Abzeichen im re engagiert und am Riemen gerissen und in der Abteilung Fördernde Mitglieder Die einen mögen St. Pauli, die anderen ung, Büro- und Geschäftsräumen. Die Be- Vize-Präsident Christian Hinzpeter hat uns Heft“, erinnert sich Brux. „Trotzdem sind dabei auch untereinander einen kritischen (AFM) ausüben, in der die Mitglieder des nicht. Aber jemanden, der keine Meinung wohner des Viertels fürchteten, dass mit viele Türen geöffnet“, so Brux. Innerhalb wir zu den Treffen gefahren, um unseren Dialog geführt, nach außen aber immer an Vereins untergebracht sind, die nicht einer hat, wird man lange suchen müssen. der Verwirklichung des 500-Millionen-D- kürzester Zeit tat sich viel im Umfeld des Geist nach außen zu tragen und zu zeigen: einem Strang gezogen haben“, so Brux. Im der sportlichen Abteilungen angehören. Der FC St. Pauli ist populär und mitt- Mark-Projektes die Mieten steigen würden Clubs. Motiviert durch die Erfolge der ei- Schaut her! Das sind wir, und das ist auch Laufe der Jahre sind zahlreiche Institutio- Doch trotz aller Möglichkeiten zur Ein uß- lerweile auch in Europa bekannt - jedoch und eine Umstrukturierung des Stadtteils genen Arbeit und dem parallel statt nden- Fußball.“ nen in der Fanszene entstanden, so dass es nahme sehen sich die Fans noch lange �

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St. Pauli auswärts in Kiel (2005/06) Foto: Stadionwelt „Wir haben viele Diskussionen angeregt“ Interview mit dem St. Pauli-Fanbeauftragten Heiko Schlesselmann Seit Juli 2002 ar- paweit. Ob das antirassistische Turnier, die Schlesselmann: Sehr hoch, der Fanladen beitet Heiko Schles- Organisation vom Kiezkick für Jugendliche ist die wichtigste Einrichtung im Viertel. selmann (33) als oder die Mitarbeit an Stadtteilfesten und Zwar ist er nicht mehr die Alleinvertre- Fanbeauftragter im Kulturveranstaltungen. Es gibt immer was tung wie noch vor einigen Jahren, aber Fanladen des FC Neues. Routine kommt schon deshalb nicht hier läuft alles zusammen. Alle Richtun- St. Pauli. Zu seinen auf, weil sich auch die Bedürfnisse der Fans gen aus der Fanszene kommen hier her. Aufgaben zählen ändern. Deshalb hat der Laden eine integrative unter anderem die Stadionwelt: Welche Punkte ragen bei der Funktion. Zudem spielt er eine sehr wich- Fanclubbetreuung aktuellen Arbeit heraus? tige Rolle im Netzwerk Europa. Fans aus Foto: privat sowie die Organisa- Schlesselmann: Da ist besonders das vielen Ländern stehen mit uns in Kontakt, tion von Fan-Turnie- antirassistische Fußballturnier im Mai fast alle Informationen laufen auch bei ren und Auswärtsfahrten. Er vermittelt zwi- zu nennen. Aber auch die Jugendbegeg- uns ein. schen Fans, Verein und Polizei, aber auch nungen, die wir mit unseren jungen Fans Stadionwelt: Inwieweit ist der Laden selbst bei Konfl ikten innerhalb der Szene. Alle machen, sei es die Fahrt nach Auschwitz politisch aktiv? Anfragen, die Fanbelange betreffen, laufen oder der Besuch eines Spiels in Marseille. Schlesselmann: Es ist nicht möglich, über den Fanladen. Auch ausländische Jugendliche kommen selbst zu aktuellen Dingen Stellung zu hier hin. Dieser Austausch macht am mei- beziehen, aber durch die Ausrichtung der Stadionwelt: Mehr als 15 Jahre Fanladen. sten Spaß. Arbeit können wir natürlich Einfl uss aus- Wird die Arbeit zur Routine? Stadionwelt: Wie läuft die Finanzierung seit üben. Wir sind vom Verein unabhängig und Schlesselmann: Nein, durch die wech- dem Abstieg in die Regionalliga? sprechen alle Themen an, die gerade an- selnden Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Schlesselmann: Wir schaffen es, weil viele stehen. Festgelegt sind wir nur durch die ter hat sich auch immer die Arbeit etwas Leute den Laden nutzen. Früher war es aber Stellenbeschreibung der Stadt. geändert, neue Motivation wurde in neue einfacher, Sachen zu fi nanzieren, da wir ne- Stadionwelt: Der Fanladen sieht sich auch Projekte eingebracht. Sven Brux und sein ben den öffentlichen Geldern auch über die als „kritischen Beobachter“ der Fanszene. Team haben in den Anfangsjahren viel Auf- Sonderzugfahrten viel eingenommen haben. Inwiefern kommt es dabei zu Konfl ikten? bau- bzw. Pionier-Arbeit geleistet, und in der Heute sind die Rücklagen aufgebraucht, da- Schlesselmann: Es gab immer mal Grup- Zeit, als Hendrik Lüttmer Fanbeauftragter her müssen wir sehr hart kalkulieren. Das pen, die mit uns gebrochen haben, Erklä- war, wurden insbesondere die Organisati- Geld ist knapp. Aber immerhin unterstützt rungen von uns, die nicht auf offene Ohren on und das Merchandising perfektioniert. uns die Stadt Hamburg weiter. gestoßen sind. Wir haben viele Diskussio- Wir kümmern uns verstärkt um Netzwerk- Stadionwelt: Wie ist der Stellenwert des nen angeregt, in der Regel wurden diese arbeit, sowohl im Stadtteil als auch euro- Fanladens innerhalb der Fanszene? jedoch sachlich ausgetragen.

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nicht am Ziel. Während das Verhältnis zu denn seit Jahren träumt man in St. Pauli desto mehr leidet die Fanarbeit. Dem eh- den Angestellten des Vereins auf unte- von einem „Haus für Fans“, in dem neben renamtlichen Engagement fehlt der Nach- rer und mittlerer Ebene ausgezeichnet ist, einer Kneipe auch ein Konzertraum und wuchs. Das mag daran liegen, dass Jünge- steht besonders Präsident Littmann in der Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfü- re, die neu hinzukamen, in der Szene eine Kritik. Teile der Fans würden ihn lieber gung stehen. Doch die Suche gestaltete sich intakte Infrastruktur vorfanden, die sie nicht mehr an der Spitze des Vereins se- schwierig, sodass mit dem Jolly Roger im nutzen konnten, ohne selbst aktiv werden hen. Zudem wurden gerade in den letzten Jahr 2000 erst einmal nur ein Kneipenraum zu müssen. „Es sind immer weniger Leu- Jahren, in denen der Verein beinahe in den gefunden wurde. Zwei Jahre später zog te, die selbst gestalten und immer mehr, Konkurs gewirtschaftet wurde und sport- die Kneipe um zum heutigen Standort auf die nur noch konsumieren und kritisieren. lich abstürzte, auch die Grenzen der eige- die Budapester Straße. Dort treffen sich re- Früher wurde dann was Eigenes gemacht, nen Möglichkeiten sichtbar. gelmäßig St. Pauli-Fans zum Trinken und heute wird vieles nur noch kaputt geredet“, Feiern, aber auch Gästefans besuchen den so Heiko Schlesselmann. „Da die Fanszene Eigene Kneipe und bald Laden gern. Und ein weiterer Schritt kann in den letzten Jahren vieles erreicht hat, ein eigenes Hotel schon bald verwirklicht werden: Über dem macht heute das Verwalten einen Großteil Ladenlokal entsteht mit dem Jollyday Inn der Arbeit aus. Alle nutzen und genießen Ein weiterer wichtiger Bestandteil der eine von Ballkult betreute Herberge, die ab das, was es gibt. Ich vermisse da ein wenig Fanszene des FC St. Pauli ist die kulturel- April günstige Übernachtungsmöglichkei- den kreativen Antrieb etwas Neues zu ma- le Arbeit, die sich unter anderem in der ten für Fußballfans anbietet. chen.“ Organisation von Partys und Konzerten Es läuft also alles prima in der Fanszene, Die fehlenden Aktivisten sind auch ein ausdrückt. Seit knapp acht Jahren gibt es könnte man meinen. Doch auch hier stehen Resultat des Nachwuchsproblems in St. hierfür einen eigenen Verein, der sich Ball- einige Probleme auf der Tagesordnung. Pauli. Zwar sind die Anhänger dem Club kult nennt und über rund 120 Mitglieder Außenstehenden mag das wie Meckern auch nach dem Abstieg in die Regionalli- verfügt. Gegründet wurde er, um nach auf hohem Niveau vorkommen, doch ge- ga treu geblieben, jedoch steigt der Alters- der Schließung der populären Fankneipe rade an aktiven Fans scheint es mehr und durchschnitt des Publikums von Jahr zu „Zum letzten Pfennig“ ein Nachfolgepro- mehr zu mangeln. Viele der Engagierten Jahr. „Der Nachwuchs fehlt, das ist eine jekt auf die Beine zu stellen. Mit den Mit- von einst sind älter geworden und haben Entwicklung, die aber schon in der ersten gliedsbeiträgen soll dessen Fortbestand sich nach und nach aus dem aktuellen Liga wegen der Kartenknappheit einsetzte. gewährleistet werden. Dabei handelt es Geschäft zurückgezogen. Je mehr Zeit die Heute ist der FC St. Pauli nicht mehr so im sich jedoch nur um einen ersten Schritt, Älteren für Jobs und Familie investieren, Medienfokus und daher auch weni- � St. Pauli auswärts in Kiel (2005/06) Foto: Stadionwelt „Wir haben viele Diskussionen angeregt“ Interview mit dem St. Pauli-Fanbeauftragten Heiko Schlesselmann Seit Juli 2002 ar- paweit. Ob das antirassistische Turnier, die Schlesselmann: Sehr hoch, der Fanladen beitet Heiko Schles- Organisation vom Kiezkick für Jugendliche ist die wichtigste Einrichtung im Viertel. selmann (33) als oder die Mitarbeit an Stadtteilfesten und Zwar ist er nicht mehr die Alleinvertre- Fanbeauftragter im Kulturveranstaltungen. Es gibt immer was tung wie noch vor einigen Jahren, aber Fanladen des FC Neues. Routine kommt schon deshalb nicht hier läuft alles zusammen. Alle Richtun- St. Pauli. Zu seinen auf, weil sich auch die Bedürfnisse der Fans gen aus der Fanszene kommen hier her. Aufgaben zählen ändern. Deshalb hat der Laden eine integrative unter anderem die Stadionwelt: Welche Punkte ragen bei der Funktion. Zudem spielt er eine sehr wich- Fanclubbetreuung aktuellen Arbeit heraus? tige Rolle im Netzwerk Europa. Fans aus Foto: privat sowie die Organisa- Schlesselmann: Da ist besonders das vielen Ländern stehen mit uns in Kontakt, tion von Fan-Turnie- antirassistische Fußballturnier im Mai fast alle Informationen laufen auch bei ren und Auswärtsfahrten. Er vermittelt zwi- zu nennen. Aber auch die Jugendbegeg- uns ein. schen Fans, Verein und Polizei, aber auch nungen, die wir mit unseren jungen Fans Stadionwelt: Inwieweit ist der Laden selbst bei Konfl ikten innerhalb der Szene. Alle machen, sei es die Fahrt nach Auschwitz politisch aktiv? Anfragen, die Fanbelange betreffen, laufen oder der Besuch eines Spiels in Marseille. Schlesselmann: Es ist nicht möglich, 2003/04: FC St. Pauli - Uerdingen Foto: Die Feuchten Biber 2004/05: Bremen II - FC St. Pauli Foto: Ultrà St. Pauli über den Fanladen. Auch ausländische Jugendliche kommen selbst zu aktuellen Dingen Stellung zu hier hin. Dieser Austausch macht am mei- beziehen, aber durch die Ausrichtung der Stadionwelt: Mehr als 15 Jahre Fanladen. sten Spaß. Arbeit können wir natürlich Einfl uss aus- Wird die Arbeit zur Routine? Stadionwelt: Wie läuft die Finanzierung seit üben. Wir sind vom Verein unabhängig und Schlesselmann: Nein, durch die wech- dem Abstieg in die Regionalliga? sprechen alle Themen an, die gerade an- selnden Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Schlesselmann: Wir schaffen es, weil viele stehen. Festgelegt sind wir nur durch die ter hat sich auch immer die Arbeit etwas Leute den Laden nutzen. Früher war es aber Stellenbeschreibung der Stadt. geändert, neue Motivation wurde in neue einfacher, Sachen zu fi nanzieren, da wir ne- Stadionwelt: Der Fanladen sieht sich auch Projekte eingebracht. Sven Brux und sein ben den öffentlichen Geldern auch über die als „kritischen Beobachter“ der Fanszene. Team haben in den Anfangsjahren viel Auf- Sonderzugfahrten viel eingenommen haben. Inwiefern kommt es dabei zu Konfl ikten? bau- bzw. Pionier-Arbeit geleistet, und in der Heute sind die Rücklagen aufgebraucht, da- Schlesselmann: Es gab immer mal Grup- Zeit, als Hendrik Lüttmer Fanbeauftragter her müssen wir sehr hart kalkulieren. Das pen, die mit uns gebrochen haben, Erklä- war, wurden insbesondere die Organisati- Geld ist knapp. Aber immerhin unterstützt rungen von uns, die nicht auf offene Ohren on und das Merchandising perfektioniert. uns die Stadt Hamburg weiter. gestoßen sind. Wir haben viele Diskussio- Wir kümmern uns verstärkt um Netzwerk- Stadionwelt: Wie ist der Stellenwert des nen angeregt, in der Regel wurden diese arbeit, sowohl im Stadtteil als auch euro- Fanladens innerhalb der Fanszene? jedoch sachlich ausgetragen. 2004/05: FC St. Pauli - HSV II Foto: Die Feuchten Biber

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FC St. Pauli – Chemnitzer FC Foto: Die Feuchten Biber

ger attraktiv für Jugendliche“, so Schles- später folgte die ultra-orientierte Gruppe rer Anfangszeit, und es gab hier auch kei- Bei USP legt man besonderen Wert auf te. „USP ist politisch, weil die Mitglieder ta d´Ultra“, die bei jedem Heimspiel er- selmann. Hinzu kommt, dass die Gegen- Carpe Diem, aus der später Ultrà St. Pauli ne leere Kurve, in die wir uns stellen und die Feststellung, dass die Mitglieder weit politisch sind. Man kann diese beiden Le- scheint, eine Menge Arbeit macht. Zudem gerade seit mittlerweile mehr als zehn (USP) hervorging. Heute ist USP absolut was Neues anfangen konnten. Stattdessen mehr als die Liebe zum selben Fußballver- bensbereiche nicht trennen. Unpolitisch engagiert man sich ebenfalls in Anti-Re- Jahren komplett ausverkauft ist, größten- tonangebend im Fanblock des FC St. Pauli. versuchten wir auf der seit Jahren gefüllten ein verbindet. Auch unter der Woche sieht beim Fußball, das geht auch überhaupt pressionsarbeit und versucht, die Fans in teils durch Dauerkarten, und es damit sehr Anfangs war der Erfolg jedoch mäßig. „Als Gegengerade etwas zu bewegen“, erklärt man sich regelmäßig und verbringt die gar nicht. Seien es Auseinandersetzun- dieser Angelegenheit aufzuklären. Gerade schwer ist, als junger Fan nachzurücken. wir als Gruppe im Stadion aktiv wurden, Martin. Freizeit gemeinsam. Die Gruppe ist Teil gen mit dem DFB, dem Verein oder der weil bereits Mitglieder von USP Proble- Hierin ist auch einer der Gründe für das reichten die Reaktionen der anderen St. des Lebensumfelds. „Wir treffen uns nicht Polizei, überall geht es um Politik. Die me mit der Polizei und Stadionverboten Ab achen der Stimmung bei Heimspielen Pauli-Fans von Sympathie bis zur totalen Mehr als die Liebe nur zum Spiel und zum Basteln, wie man bundesweite Diskussion über Repression hatten. In dieser Frage arbeitet USP auch zu sehen. Drei- bis vierhundert Leute mü- Ablehnung“, erinnert sich Martin von USP, zum selben Verein es aus anderen Städten hört. Alleine im ist ebenfalls eine politische“, erklärt Lars. punktuell mit Fans von anderen Vereinen hen sich dort redlich, doch nur gelegentlich „allerdings wurden damals viele Fehler Fanladen schauen täglich so 30 bis 50 Leu- Man sei zudem auch bei St. Pauli politi- zusammen. Und das Verhältnis zu ande- gelingt es noch, das Stadion mitzureißen. gemacht. Da haben sich dann plötzlich 30 Über rund 160 Mitglieder verfügt USP te von uns rein. Hinzu kommt, dass die siert worden. „Da auswärts immer wieder ren Ultra-Gruppen in Deutschland? „Es Schlesselmann: „Ich sehe die Gefahr des Leute umgedreht und italienische Lieder heute. Diese müssen sich jede Saison meisten hier aus dem Stadtviertel kom- Nazis auftauchen, muss man sich als St. gibt nur ganz wenige, denen wir Respekt Auseinanderdriftens zwischen aktiven gesungen. Das kam natürlich nicht so an. neu anmelden. So soll verhindert wer- men oder hier hinziehen. Nicht alle mögen Pauli-Fan schnell entscheiden“, so Lars. zollen. Bei vielen hat das nichts mit dem Fans und denen, die sich anders de nieren, Viele Ältere wussten auch nicht, was der den, dass sich Karteileichen ansammeln. einander, aber alle verbindet ein gewisser Die politische Arbeit beinhaltet jedoch zu tun, was wir vertreten. Die Choreogra- die eher passiv zum Spiel gehen und nach 17-Jährige da vorne auf dem Zaun von „Wir wollen, dass alle unsere Mitglieder Grundkonsens“, so Martin. Und das gilt auch ein sicherlich einmaliges Projekt, das  en haben sich zwar gut entwickelt, nur einem 0:2 nicht mehr anfeuern. Viele sind ihnen wollte. Rückblickend waren wir zu auch aktiv dabei sind und man zumin- auch für die Politik, denn USP sieht sich USP organisiert hat. Zu jedem Heimspiel gibt es Gruppen die glauben, sie seien da- satt, und es wird sich selbst belogen.“ ungeduldig, wollten die Kurve in wenigen dest jeden mit Namen kennt“, sagt Lars, selbst auch als politische Gruppe. Diskus- ermöglich die Gruppe fünf Asylbewerbern mit schon am Ziel. Was Außendarstellung Es gibt seit Jahren verschiedene Versu- Wochen missionieren.“ Heute muss USP der ebenfalls der Gruppe angehört. Und sionen wie bei anderen Vereinen, ob man den Stadionbesuch. und Mentalität betrifft, ist es teilweise er- che, die Stimmung zu verbessern. Bereits im Fanblock kaum noch jemanden über- dieses Konzept scheint aufzugehen. Beim die Politik aus dem Stadion lassen müsse, Folglich beschränkt sich auch die Arbeit schreckend, wie da die Prioritäten gesetzt Mitte der 90er gründeten sich die Passan- zeugen, doch der Weg war mühsam. „Wir wöchentlichen Mittwochstreffen sind re- sind hier undenkbar. „Wir sind links, mit von USP nicht nur auf die Spieltage und werden. Trotzdem hat es sich viel besser ten mit dem Ziel, St. Pauli akustisch und konnten hier nicht ein Vakuum füllen, wie gelmäßig 60 bis 70 Leute anwesend, also Fug und Recht und aus Überzeugung“, die Vorbereitung für diese, wenn auch die entwickelt, als es Ende der 90er Jahre aus- optisch voran zu bringen. Wenige Jahre beispielsweise die Frankfurter Ultras in ih- fast die Hälfte der Gruppe. heißt es selbstbewusst auf der Internetsei- Produktion der eigenen Zeitung „Gazzet- sah“, resümiert Martin.���Stefan Diener

Historie 1977/78: Der FC St. Pauli spielt erstmals jekt auf dem Heiligengeistfeld. Das Projekt April 1993: Nach Meinungsverschiedenhei- Berlin verlegt und dann vom englischen Ver- für ein Jahr in der 1. Liga, bleibt jedoch im wurde nicht verwirklicht, doch die Fans blei- ten innerhalb der Redaktion stellt der Mil- band komplett abgesagt. Schatten des HSV. Das Zuschauerinteresse ben aktiv. lerntor Roar! mit seiner 28. Ausgabe das Er- ist eher gering, der Schnitt liegt bei 12.408. scheinen ein. Doch schon bald gibt es zwei 4. Dezember 1994: „Zum letzten Pfennig“ 29. Juli 1989: Die Nullnummer des Fanma- Nachfolgehefte: Übersteiger und Unhaltbar! ist der Name der St. Pauli-Fankneipe, die 1988: Nach Jahren zwischen Liga 2 und 3 gazins Millerntor Roar! erscheint. Das Heft an diesem Tag eröffnet. Bis zur Schließung ist der FC St. Pauli wieder zurück in der 1. gilt noch heute als Vorreiter einer neuen Fan- 19./20. April 1994: Am 20. April, Hitlers Ge- 1998 ist der Laden der abendliche Treff- Liga. Beim entscheidenden Aufstiegsspiel zine-Generation. burtstag, soll im Volksparkstadion ein Län- punkt für St. Pauli-Fans. wird die Mannschaft auswärts in Ulm von Relegationspiel 1991 Foto: Fanladen St. Pauli derspiel zwischen Deutschland und England nur 400 Fans begleitet. Doch die Zuschau- 13. Oktober 1989: Sven Brux wird erster stattfi nden. Am Vortag sollen die B-Teams Frühjahr 1996: Gründung der Arbeitsge- erzahlen steigen kontinuierlich. Fanbeauftragter des FC St. Pauli. Zum entscheidenden dritten Spiel in Gel- beider Länder am Millerntor gegeneinander meinschaft interessierter Mitglieder (AGiM), Dezember 1994: Mottofahrt nach Zwickau senkirchen begleiten 15.000 St. Pauli-Fans spielen. St. Pauli-Fans und linke Gruppen die sich seitdem im Verein für Faninteressen Foto: Übersteiger Winter 88/89: Eine Bürgerinitiative unter Dezember 1989: In einem gemeinsamen ihr Team. Zwei Sonderzüge sind in wenigen organisieren massiven Widerstand, da sie einsetzt. Beteiligung von Fans des FC St. Pauli enga- Flugblatt sprechen sich Fanclubs und Mann- Stunden ausverkauft. Trotz des Abstiegs eine bundesweite Mobilisierung sowohl von die Organisation kultureller Veranstaltungen giert sich gegen ein geplantes Stadionpro- schaft gegen Rassismus aus. bleibt der Tag, auch wegen der Stimmung, Nazis als auch Hooligans befürchten. Der Sommer 1996: Fans des FC St. Pauli grün- umfasst. ein unvergessliches Erlebnis. Protest hat Erfolg: Erst wird das Spiel nach den die „Passanten“, die erste ultra-orien- 15. Februar 1990: Der Fanladen St. Pauli tierte Gruppierung in der Fanszene. Knapp 1999: Aus einer Gruppe Allesfahrer gründet öffnet seine Tore. 28. Oktober 1991: Auf Antrag des Millerntor zehn Jahre später, am 31.12.2005., lösen sich der Fanclub Carpe Diem, der sich stim- Roar! beschließt die Jahreshauptversamm- sich die Passanten wieder auf. mungsmäßig an italienischen Vorbildern ori- 1990/91: Der FC St. Pauli trägt Risiko-Spie- lung, dass ausländerfeindliche und rassisti- entiert. Daraus geht später USP hervor. le im ungeliebten Volksparkstadion aus. Aus sche Parolen im Stadion verboten sind – bis 7. November 1997: Beim Spiel gegen Carl- Protest organisieren die Fans eine Radio- dahin einmalig in Deutschland. Zeiss Jena wird erstmals die Singing Area Sommer 2002: Als offene Gruppe gründet Party am Millerntor. Rund 1.500 verfolgen in Block 1 bezogen. Ergebnis: Stimmung wie sich „Ultrà St. Pauli“ (USP). dort die Radio-Übertragung des Spiels ge- Saison 1992/93: Nach Vorfällen in der schon lange nicht mehr. gen Hertha BSC. zurückliegenden Spielzeit beschließen die Sommer 2003: „Retter“-Kampagne: Nur Fans, Auswärtsspiele im Osten in dieser Sai- August 1998: St. Pauli-Fans gründen den durch massive Unterstützung der Fans er- 1990/91: Der FC St. Pauli muss in die son zu boykottieren. Eine Ausnahme bildet Verein Ballkult, dessen Arbeit unter ande- füllt der FC St. Pauli die Voraussetzungen Protest im Jahr 1988 Foto: Übersteiger Relegation gegen die . das Spiel in Rostock. Foto: Übersteiger rem der Suche nach neuen Fanräumen und zur Lizenzvergabe.

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042-049_fanszene pauli.indd 46 26.03.2006 22:01:53 042-049_fanszene pauli.indd 47 26.03.2006 21:58:25 Fan-Szene Fan-Szene

FC St. Pauli – Chemnitzer FC Foto: Die Feuchten Biber ger attraktiv für Jugendliche“, so Schles- später folgte die ultra-orientierte Gruppe rer Anfangszeit, und es gab hier auch kei- Bei USP legt man besonderen Wert auf te. „USP ist politisch, weil die Mitglieder ta d´Ultra“, die bei jedem Heimspiel er- selmann. Hinzu kommt, dass die Gegen- Carpe Diem, aus der später Ultrà St. Pauli ne leere Kurve, in die wir uns stellen und die Feststellung, dass die Mitglieder weit politisch sind. Man kann diese beiden Le- scheint, eine Menge Arbeit macht. Zudem gerade seit mittlerweile mehr als zehn (USP) hervorging. Heute ist USP absolut was Neues anfangen konnten. Stattdessen mehr als die Liebe zum selben Fußballver- bensbereiche nicht trennen. Unpolitisch engagiert man sich ebenfalls in Anti-Re- Jahren komplett ausverkauft ist, größten- tonangebend im Fanblock des FC St. Pauli. versuchten wir auf der seit Jahren gefüllten ein verbindet. Auch unter der Woche sieht beim Fußball, das geht auch überhaupt pressionsarbeit und versucht, die Fans in teils durch Dauerkarten, und es damit sehr Anfangs war der Erfolg jedoch mäßig. „Als Gegengerade etwas zu bewegen“, erklärt man sich regelmäßig und verbringt die gar nicht. Seien es Auseinandersetzun- dieser Angelegenheit aufzuklären. Gerade schwer ist, als junger Fan nachzurücken. wir als Gruppe im Stadion aktiv wurden, Martin. Freizeit gemeinsam. Die Gruppe ist Teil gen mit dem DFB, dem Verein oder der weil bereits Mitglieder von USP Proble- Hierin ist auch einer der Gründe für das reichten die Reaktionen der anderen St. des Lebensumfelds. „Wir treffen uns nicht Polizei, überall geht es um Politik. Die me mit der Polizei und Stadionverboten Ab achen der Stimmung bei Heimspielen Pauli-Fans von Sympathie bis zur totalen Mehr als die Liebe nur zum Spiel und zum Basteln, wie man bundesweite Diskussion über Repression hatten. In dieser Frage arbeitet USP auch zu sehen. Drei- bis vierhundert Leute mü- Ablehnung“, erinnert sich Martin von USP, zum selben Verein es aus anderen Städten hört. Alleine im ist ebenfalls eine politische“, erklärt Lars. punktuell mit Fans von anderen Vereinen hen sich dort redlich, doch nur gelegentlich „allerdings wurden damals viele Fehler Fanladen schauen täglich so 30 bis 50 Leu- Man sei zudem auch bei St. Pauli politi- zusammen. Und das Verhältnis zu ande- gelingt es noch, das Stadion mitzureißen. gemacht. Da haben sich dann plötzlich 30 Über rund 160 Mitglieder verfügt USP te von uns rein. Hinzu kommt, dass die siert worden. „Da auswärts immer wieder ren Ultra-Gruppen in Deutschland? „Es Schlesselmann: „Ich sehe die Gefahr des Leute umgedreht und italienische Lieder heute. Diese müssen sich jede Saison meisten hier aus dem Stadtviertel kom- Nazis auftauchen, muss man sich als St. gibt nur ganz wenige, denen wir Respekt Auseinanderdriftens zwischen aktiven gesungen. Das kam natürlich nicht so an. neu anmelden. So soll verhindert wer- men oder hier hinziehen. Nicht alle mögen Pauli-Fan schnell entscheiden“, so Lars. zollen. Bei vielen hat das nichts mit dem Fans und denen, die sich anders de nieren, Viele Ältere wussten auch nicht, was der den, dass sich Karteileichen ansammeln. einander, aber alle verbindet ein gewisser Die politische Arbeit beinhaltet jedoch zu tun, was wir vertreten. Die Choreogra- die eher passiv zum Spiel gehen und nach 17-Jährige da vorne auf dem Zaun von „Wir wollen, dass alle unsere Mitglieder Grundkonsens“, so Martin. Und das gilt auch ein sicherlich einmaliges Projekt, das  en haben sich zwar gut entwickelt, nur einem 0:2 nicht mehr anfeuern. Viele sind ihnen wollte. Rückblickend waren wir zu auch aktiv dabei sind und man zumin- auch für die Politik, denn USP sieht sich USP organisiert hat. Zu jedem Heimspiel gibt es Gruppen die glauben, sie seien da- satt, und es wird sich selbst belogen.“ ungeduldig, wollten die Kurve in wenigen dest jeden mit Namen kennt“, sagt Lars, selbst auch als politische Gruppe. Diskus- ermöglich die Gruppe fünf Asylbewerbern mit schon am Ziel. Was Außendarstellung Es gibt seit Jahren verschiedene Versu- Wochen missionieren.“ Heute muss USP der ebenfalls der Gruppe angehört. Und sionen wie bei anderen Vereinen, ob man den Stadionbesuch. und Mentalität betrifft, ist es teilweise er- che, die Stimmung zu verbessern. Bereits im Fanblock kaum noch jemanden über- dieses Konzept scheint aufzugehen. Beim die Politik aus dem Stadion lassen müsse, Folglich beschränkt sich auch die Arbeit schreckend, wie da die Prioritäten gesetzt Mitte der 90er gründeten sich die Passan- zeugen, doch der Weg war mühsam. „Wir wöchentlichen Mittwochstreffen sind re- sind hier undenkbar. „Wir sind links, mit von USP nicht nur auf die Spieltage und werden. Trotzdem hat es sich viel besser ten mit dem Ziel, St. Pauli akustisch und konnten hier nicht ein Vakuum füllen, wie gelmäßig 60 bis 70 Leute anwesend, also Fug und Recht und aus Überzeugung“, die Vorbereitung für diese, wenn auch die entwickelt, als es Ende der 90er Jahre aus- optisch voran zu bringen. Wenige Jahre beispielsweise die Frankfurter Ultras in ih- fast die Hälfte der Gruppe. heißt es selbstbewusst auf der Internetsei- Produktion der eigenen Zeitung „Gazzet- sah“, resümiert Martin.���Stefan Diener

Historie 1977/78: Der FC St. Pauli spielt erstmals jekt auf dem Heiligengeistfeld. Das Projekt April 1993: Nach Meinungsverschiedenhei- Berlin verlegt und dann vom englischen Ver- für ein Jahr in der 1. Liga, bleibt jedoch im wurde nicht verwirklicht, doch die Fans blei- ten innerhalb der Redaktion stellt der Mil- band komplett abgesagt. Schatten des HSV. Das Zuschauerinteresse ben aktiv. lerntor Roar! mit seiner 28. Ausgabe das Er- ist eher gering, der Schnitt liegt bei 12.408. scheinen ein. Doch schon bald gibt es zwei 4. Dezember 1994: „Zum letzten Pfennig“ 29. Juli 1989: Die Nullnummer des Fanma- Nachfolgehefte: Übersteiger und Unhaltbar! ist der Name der St. Pauli-Fankneipe, die 1988: Nach Jahren zwischen Liga 2 und 3 gazins Millerntor Roar! erscheint. Das Heft an diesem Tag eröffnet. Bis zur Schließung ist der FC St. Pauli wieder zurück in der 1. gilt noch heute als Vorreiter einer neuen Fan- 19./20. April 1994: Am 20. April, Hitlers Ge- 1998 ist der Laden der abendliche Treff- Liga. Beim entscheidenden Aufstiegsspiel zine-Generation. burtstag, soll im Volksparkstadion ein Län- punkt für St. Pauli-Fans. wird die Mannschaft auswärts in Ulm von Relegationspiel 1991 Foto: Fanladen St. Pauli derspiel zwischen Deutschland und England nur 400 Fans begleitet. Doch die Zuschau- 13. Oktober 1989: Sven Brux wird erster stattfi nden. Am Vortag sollen die B-Teams Frühjahr 1996: Gründung der Arbeitsge- erzahlen steigen kontinuierlich. Fanbeauftragter des FC St. Pauli. Zum entscheidenden dritten Spiel in Gel- beider Länder am Millerntor gegeneinander meinschaft interessierter Mitglieder (AGiM), Dezember 1994: Mottofahrt nach Zwickau senkirchen begleiten 15.000 St. Pauli-Fans spielen. St. Pauli-Fans und linke Gruppen die sich seitdem im Verein für Faninteressen Foto: Übersteiger Winter 88/89: Eine Bürgerinitiative unter Dezember 1989: In einem gemeinsamen ihr Team. Zwei Sonderzüge sind in wenigen organisieren massiven Widerstand, da sie einsetzt. Beteiligung von Fans des FC St. Pauli enga- Flugblatt sprechen sich Fanclubs und Mann- Stunden ausverkauft. Trotz des Abstiegs eine bundesweite Mobilisierung sowohl von die Organisation kultureller Veranstaltungen giert sich gegen ein geplantes Stadionpro- schaft gegen Rassismus aus. bleibt der Tag, auch wegen der Stimmung, Nazis als auch Hooligans befürchten. Der Sommer 1996: Fans des FC St. Pauli grün- umfasst. ein unvergessliches Erlebnis. Protest hat Erfolg: Erst wird das Spiel nach den die „Passanten“, die erste ultra-orien- 15. Februar 1990: Der Fanladen St. Pauli tierte Gruppierung in der Fanszene. Knapp 1999: Aus einer Gruppe Allesfahrer gründet öffnet seine Tore. 28. Oktober 1991: Auf Antrag des Millerntor zehn Jahre später, am 31.12.2005., lösen sich der Fanclub Carpe Diem, der sich stim- Roar! beschließt die Jahreshauptversamm- sich die Passanten wieder auf. mungsmäßig an italienischen Vorbildern ori- 1990/91: Der FC St. Pauli trägt Risiko-Spie- lung, dass ausländerfeindliche und rassisti- entiert. Daraus geht später USP hervor. le im ungeliebten Volksparkstadion aus. Aus sche Parolen im Stadion verboten sind – bis 7. November 1997: Beim Spiel gegen Carl- Protest organisieren die Fans eine Radio- dahin einmalig in Deutschland. Zeiss Jena wird erstmals die Singing Area Sommer 2002: Als offene Gruppe gründet Party am Millerntor. Rund 1.500 verfolgen in Block 1 bezogen. Ergebnis: Stimmung wie sich „Ultrà St. Pauli“ (USP). dort die Radio-Übertragung des Spiels ge- Saison 1992/93: Nach Vorfällen in der schon lange nicht mehr. gen Hertha BSC. zurückliegenden Spielzeit beschließen die Sommer 2003: „Retter“-Kampagne: Nur Fans, Auswärtsspiele im Osten in dieser Sai- August 1998: St. Pauli-Fans gründen den durch massive Unterstützung der Fans er- 1990/91: Der FC St. Pauli muss in die son zu boykottieren. Eine Ausnahme bildet Verein Ballkult, dessen Arbeit unter ande- füllt der FC St. Pauli die Voraussetzungen Protest im Jahr 1988 Foto: Übersteiger Relegation gegen die Stuttgarter Kickers. das Spiel in Rostock. Foto: Übersteiger rem der Suche nach neuen Fanräumen und zur Lizenzvergabe.

46 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 47

042-049_fanszene pauli.indd 46 26.03.2006 22:01:53 042-049_fanszene pauli.indd 47 26.03.2006 21:58:25 Fan-Szene

niere, jeden Freitag den U16-Stammtisch, und alle vier bis sechs Wochen wird gemein- sam gekocht. Fanzines Dem Millerntor Roar! folgte ein echter Fan- zine-Boom in St. Pauli. Zeitweise gab es sechs verschiedene Hefte. Ältestes noch erscheinendes Fanzine ist der Übersteiger, der mittlerweile bei Ausgabe 77 angekom- Die Ärzte geben ein Solikonzert für das Fanzine Über- men ist. Des Weiteren gibt es derzeit noch steiger Foto: Übersteiger Foto: Stadionwelt die Gazzetta d´Ultra, die zu jedem Heimspiel kommt, das Nachgetreten und Der Chaot, schen Auseinandersetzungen betroffenen Zuschauer der gerade erstmalig erschienen ist. Be- Fans fi nanziell unter die Arme gegriffen wer- 95/96 - 1. Liga - 21.614 den kann. 96/97 - 1. Liga - 22.383 97/98 - 2. Liga - 14.762 98/99 - 2. Liga - 12.834 Mädchen 99/00 - 2. Liga - 13.076 Der Fanladen bemüht sich aktiv darum, die 00/01 - 2. Liga - 17.535 Position von Frauen im Verein und in der 01/02 - 1. Liga - 22.144 Fanszene zu stärken. So wurden bereits 02/03 - 2. Liga - 18.955 zwei Mädchen-Fußballteams gegründet, die 03/04 - 3. Liga - 17.335 logistisch unterstützt werden. Mitgearbeitet 04/05 - 3. Liga - 16.144 wird auch im bundesweiten Frauen-Fannetz- werk F_in, das im vergangenen Jahr gegrün- Dauerkarten 05/06: ca. 12.000 det wurde. Fanladen-Buch St. Pauli gegen rechts Alles über die Ge- Den bekannten Aufkleber hat jeder schon schichte der Fan- mal irgendwo auf einer Wand oder an einer szene fi ndet sich in dem im letzten Jahr kannte Fanzines, die zum Teil mehrere Jahre erschienen Buch „15 aus der Fanszene berichtet haben, waren Jahre Fanladen St. Splitter, Unhaltbar!, Fan-Mag, PiPa Millerntor, Pauli. 20 Jahre Poli- Blödes Volk und Hossa. Alle aktuellen Fanzi- tik im Stadion“. Die nes und auch viele ältere sind im Fanladen mehr als 300 Seiten erhältlich. beinhalten eine gro- ße Sammlung von Bildern und Texten Anti-Repressions- aus den letzten Gruppe Laterne kleben gesehen. Kein Wunder, mehr zwei Jahrzehnten. als 2 Millionen wurden mittlerweile produ- Das Buch ist zum Preis von 29 Euro über Repression gegen Fußballfans ist ein bun- ziert. den Fanladen zu beziehen. desweites Thema, wie die Fan-Demo im ver- gangenen Jahr deutlich gemacht hat. In St. Pauli gibt es eine Anti-Repressionsgruppe, AntiRa-Turnier U16 die inhaltlich zum Thema arbeitet. Einmal Mit großem Erfolg fi ndet seit zwei Jahren das Eine weitere Idee, die erstmals bei St. Pauli im Monat gibt es ein offenes Treffen, bei antirassistische Einladungsturnier des Fanla- umgesetzt wurde, sind die U16-Fahrten für dem sich mit Themen wie der Datei Gewalt- dens statt. Für das Wochenende, das unter ein junges Publikum. Die Bustour zu Aus- täter Sport, Stadionverboten, dem Ham- maßgeblicher Beteiligung von USP organisiert wärtsspielen wird fi nanziell durch den Fan- burger Polizeigesetz oder der geplanten wird, reisen Fangruppen aus ganz Europa nach laden bezuschusst und kann daher sehr Ombudsstelle auseinander gesetzt wird. Hamburg, die Teilnehmerzahl steigt von Mal zu billig angeboten werden. Während der Fahrt Mit Hilfe von Flugblättern werden dann re- Mal. In diesem Jahr fi ndet das Turnier vom herrscht Alkohol- und Rauchverbot, zudem gelmäßig Informationen an die Fanszene 12. bis 15. Mai statt. muss die Einverständniserklärung der Eltern weitergegeben. „Wir schreiben die Flyer so, vorliegen. „In der 1. Liga gab es zu jedem dass sie alle verstehen können. Nicht je- Spiel einen Bus, momentan machen wir der denkt, dass ihn Stadionverbote etwas mindestens acht Fahrten pro Saison, da- angehen, trotzdem möchten wir so viele von eine mit Übernachtung,“ erklärt Cathrin Fans wie möglich sensibilisieren, da es, Baumgart vom Fanladen. „Viele Leute, die beispielsweise bei Auswärtsfahrten, jeden an unserem U16-Angebot teilgenommen treffen kann“, erklärt Tanja Paul, die auch haben, sind später auch in der Szene aktiv bei Pro Fans mitarbeitet. An einem Stand geworden.“ Neben den Fahrten gibt es auch am Stadion wird zudem regelmäßig Geld für unter der Woche Aktivitäten wie Kicker-Tur- das Solikonto gesammelt, damit bei juristi- Gruppenfoto beim Turnier Foto: Übersteiger

48 Stadionwelt April/Mai 2006

042-049_fanszene pauli.indd 48 26.03.2006 20:53:47 Fan-Szene Fan-Szene niere, jeden Freitag den U16-Stammtisch, und alle vier bis sechs Wochen wird gemein- sam gekocht. Fanzines Dem Millerntor Roar! folgte ein echter Fan- zine-Boom in St. Pauli. Zeitweise gab es sechs verschiedene Hefte. Ältestes noch erscheinendes Fanzine ist der Übersteiger, der mittlerweile bei Ausgabe 77 angekom- Die Ärzte geben ein Solikonzert für das Fanzine Über- men ist. Des Weiteren gibt es derzeit noch steiger Foto: Übersteiger Foto: Stadionwelt die Gazzetta d´Ultra, die zu jedem Heimspiel Fanladen des FC St. Pauli in der Brigittenstraße Foto: Stadionwelt Anlaufstelle der „Abteilung Fördernde Mitglieder“ am Stadion Foto: Stadionwelt kommt, das Nachgetreten und Der Chaot, schen Auseinandersetzungen betroffenen Zuschauer der gerade erstmalig erschienen ist. Be- Fans fi nanziell unter die Arme gegriffen wer- 95/96 - 1. Liga - 21.614 den kann. 96/97 - 1. Liga - 22.383 97/98 - 2. Liga - 14.762 98/99 - 2. Liga - 12.834 Mädchen 99/00 - 2. Liga - 13.076 Der Fanladen bemüht sich aktiv darum, die 00/01 - 2. Liga - 17.535 Position von Frauen im Verein und in der 01/02 - 1. Liga - 22.144 Fanszene zu stärken. So wurden bereits 02/03 - 2. Liga - 18.955 zwei Mädchen-Fußballteams gegründet, die 03/04 - 3. Liga - 17.335 logistisch unterstützt werden. Mitgearbeitet 04/05 - 3. Liga - 16.144 wird auch im bundesweiten Frauen-Fannetz- werk F_in, das im vergangenen Jahr gegrün- Dauerkarten 05/06: ca. 12.000 det wurde. Fanladen-Buch St. Pauli gegen rechts Alles über die Ge- Den bekannten Aufkleber hat jeder schon schichte der Fan- mal irgendwo auf einer Wand oder an einer St. Pauli-Clubheim, Fanshop und Kartencenter Foto: Stadionwelt Das Jolly Roger Foto: Fanladen szene fi ndet sich in dem im letzten Jahr kannte Fanzines, die zum Teil mehrere Jahre erschienen Buch „15 aus der Fanszene berichtet haben, waren Jahre Fanladen St. Splitter, Unhaltbar!, Fan-Mag, PiPa Millerntor, Freunde und Feinde Pauli. 20 Jahre Poli- Blödes Volk und Hossa. Alle aktuellen Fanzi- Echte „Feindschaften“ gibt es kaum, wenn- ander treffen. Bei Spielen gegen die Zweit- St. Pauli feiern konnte, entstand dieser tik im Stadion“. Die nes und auch viele ältere sind im Fanladen gleich naturgemäß die Abneigung zu Verei- vertretung des HSV und bei Hallenturnieren Kontakt, der aber in den 80er und 90er- mehr als 300 Seiten erhältlich. nen mit eher rechtsgerichtetem Fanpoten- im Winter kommt es jedoch immer wieder zu Jahren deutlich intensiver war. Gelebt wird beinhalten eine gro- zial enorm ist. Im umgekehrten Fall kann Reibereien. diese Freundschaft in kleinem Rahmen ße Sammlung von grundsätzlich gesagt werden, dass es zu und auch eher im klassischen Fanumfeld Bildern und Texten Anti-Repressions- vielen Vereinen und Fangruppen in ganz Eu- Hansa Rostock der Nordkurve des FC St. Pauli. aus den letzten Gruppe Laterne kleben gesehen. Kein Wunder, mehr ropa mehr oder weniger intensive Kontakte In den 90er Jahren brannte bei den Spielen zwei Jahrzehnten. als 2 Millionen wurden mittlerweile produ- gibt. In Deutschland existieren z.B. Fanclub- gegen die Rostocker die Luft, und es kam Celtic FC Das Buch ist zum Preis von 29 Euro über Repression gegen Fußballfans ist ein bun- ziert. Beziehungen zu Fortuna Düsseldorf oder im Die Freundschaft mit den Grün-Weißen den Fanladen zu beziehen. desweites Thema, wie die Fan-Demo im ver- Ultra-Bereich gute Verbindungen zu Babels- aus Glasgow existiert nun bereits seit gangenen Jahr deutlich gemacht hat. In St. berg 03 und Werder Bremen. International Anfang der 90er und ist derzeit zahlen- Pauli gibt es eine Anti-Repressionsgruppe, AntiRa-Turnier haben sich vielfältige Beziehungen in alle mäßig wohl die größte und aktivste. Auch U16 die inhaltlich zum Thema arbeitet. Einmal Mit großem Erfolg fi ndet seit zwei Jahren das Welt entwickelt, die teilweise auch nur auf begünstigt durch günstige Fluglinien sind Eine weitere Idee, die erstmals bei St. Pauli im Monat gibt es ein offenes Treffen, bei antirassistische Einladungsturnier des Fanla- ganz persönlicher Ebene ablaufen. Als ei- bei fast jedem Spiel beider Clubs Fans umgesetzt wurde, sind die U16-Fahrten für dem sich mit Themen wie der Datei Gewalt- dens statt. Für das Wochenende, das unter nige Beispiele seien hier Fangruppen von der jeweils anderen Seite zugegen. Für ein junges Publikum. Die Bustour zu Aus- täter Sport, Stadionverboten, dem Ham- maßgeblicher Beteiligung von USP organisiert Athletic Bilbao (Herri Norte), Standard Lüt- die St. Pauli-Fans bieten sich zudem die wärtsspielen wird fi nanziell durch den Fan- burger Polizeigesetz oder der geplanten wird, reisen Fangruppen aus ganz Europa nach tich (Hellside und Ultras Inferno), Cadiz FC Europacup-Auftritte der Celts an. Sei es laden bezuschusst und kann daher sehr Ombudsstelle auseinander gesetzt wird. Hamburg, die Teilnehmerzahl steigt von Mal zu (Brigadas Amarillas), NAC Breda (De Rat), Spanien, Italien, Litauen oder die Ukraine, billig angeboten werden. Während der Fahrt Mit Hilfe von Flugblättern werden dann re- Mal. In diesem Jahr fi ndet das Turnier vom Wacker Innsbruck (Verrückte Köpfe) und Braun-Weiß ist immer dabei. Auch einen herrscht Alkohol- und Rauchverbot, zudem gelmäßig Informationen an die Fanszene 12. bis 15. Mai statt. Wiener SC (Friedhofstribüne) genannt. Die offi ziell in Glasgow eingetragenen Suppor- muss die Einverständniserklärung der Eltern weitergegeben. „Wir schreiben die Flyer so, Skinheads St. Pauli haben enge Kontak- Ärger in Rostock Foto: Übersteiger ters Club gibt es auf dem Kiez. Bei der vorliegen. „In der 1. Liga gab es zu jedem dass sie alle verstehen können. Nicht je- te zu Bohemians Prag, USP nach Ternana jährlichen Celtic/St. Pauli-Party kamen Spiel einen Bus, momentan machen wir der denkt, dass ihn Stadionverbote etwas (Freak Brothers und Working Class) und immer wieder zu Auseinandersetzungen. Da im Februar 2006 an die 300 Celtic-Fans mindestens acht Fahrten pro Saison, da- angehen, trotzdem möchten wir so viele Bergamo (ehemalige BNA). man seit Jahren nicht mehr aufeinander ge- aus ganz Europa nach Hamburg – diese von eine mit Übernachtung,“ erklärt Cathrin Fans wie möglich sensibilisieren, da es, troffen ist, hat sich alles etwas beruhigt. Verbindung geht weit über das Sportliche Baumgart vom Fanladen. „Viele Leute, die beispielsweise bei Auswärtsfahrten, jeden Hamburger SV hinaus, wenngleich für den kommenden an unserem U16-Angebot teilgenommen treffen kann“, erklärt Tanja Paul, die auch Der Club aus der eigenen Stadt ist immer 1.FC Köln Sommer eine Wiederholung des Freund- haben, sind später auch in der Szene aktiv bei Pro Fans mitarbeitet. An einem Stand noch Rivale Nummer 1, auch wenn die bei- Bei der Meisterschaft 1978, die der FC in schaftsspiels vom Juli 1995 am Millern- geworden.“ Neben den Fahrten gibt es auch am Stadion wird zudem regelmäßig Geld für den Vereine derzeit sportlich nicht aufein- Hamburg mit einem Auswärtssieg beim FC tor geplant ist. unter der Woche Aktivitäten wie Kicker-Tur- das Solikonto gesammelt, damit bei juristi- Gruppenfoto beim Turnier Foto: Übersteiger

48 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 49

042-049_fanszene pauli.indd 48 26.03.2006 20:53:47 042-049_fanszene pauli.indd 49 26.03.2006 20:54:35 Fan-News

Mönchengladbach: Manolo zurück im Stadion Gladbach-Fan Oliver Karounis ging das Schicksal Manolos zu Herzen. Schon seit einigen Mo- naten befi ndet sich die Trommel- legende aus der Nordkurve des 1860 München – VfL Bochum Fotos: 1848iger.de Bökelbergs im Pfl egeheim, an ei- nen Stadionbesuch ist seit lan- 1860 gem nicht mehr zu denken. Über seine Internetseite sammelte Die Löwen in der Krise Karounis bisher rund 2.000 Euro. Mit einem Teil des Geldes Spätestens seit der Wildmoser- Aber wohin dann? Die Initiative Um die vielen Strömungen inner- ermöglichte er Manolo nun den Ära und dem damaligen Umzug „Freunde des Sechzger-Stadi- halb der Fanszene wieder zusam- Besuch des Spiels der Borussia ins Olympiastadion ist die Fan- ons“ ist nach der abgelaufenen menzuführen, wurde vor einiger in Mainz. Glücklichster Moment: szene von 1860 zerrissen. Die Saison gestärkt und hat sich Zeit die Initiative Pro1860 gegrün- Manolo wurde von Torwarttrainer vergangene Spielzeit in der alten momentan dem Erhalt des Grün- det, innerhalb und außerhalb des Kamps erkannt, und nachdem Heimat Grünwalder Stadion hat walder Stadions vor allem für Stadions gibt es viel Zuspruch. er sich am Fangnetz vor den zwar viele zurückgeholt, diese die Amateur- und Jugendteams „Es hat sich schnell gezeigt, Rollstuhlplätzen hochgezogen sind aber nach einem Jahr weh- verschrieben. In diesem Bereich dass die besonnene Vorgehens- hatte, war die innige Umarmung mütigem Glücks zumeist wieder ist die Zusammenarbeit mit dem weise bei Fans und Verein gut mit seinem Idol der Höhepunkt verschwunden. Verein sehr gut, es werden ge- ankommt. Pro1860 wird als Ge- des Tages. Nun also Hype in der Allianz-Arena. meinsame Aktivitäten gestartet, sprächspartner aktiviert, es gab Doch nach den hohen Zuschauer- mehr Zuschauer zu diesen Spie- schon Gespräche mit dem Vize- zahlen am Anfang der Saison hat len zu locken. Die Fan-Stimmen, präsidenten, Fanbeauftragten und sich das Ganze mittlerweile auf die nicht nur gegen den Aufstieg vielen Fanclubs“, so Eduard de Normalmaß eingependelt. Schlim- sind, sondern sogar einen Ab- Biasio vom Fanzine „Löwenmut“. mer ist aber, dass man sich in der sturz in die Regionalliga befür- Mit dem Vorstand des Fanclub-Or- neuen Arena in die Abhängigkeit worten, um wieder nach Giesing ganisation ARGE gibt es dagegen der Bayern begeben hat. Aus der zurückzukehren, sind zwar ver- noch einige Probleme. Zeitung durften die 1860-Fans nehmbar, aber deutlich in der Will man die Existenz und die Ei- von Uli Hoeneß erfahren, dass der Minderheit. Es wäre auch ein genständigkeit der Löwen erhal- Lokalrivale über die gemeinsame Spiel mit dem Feuer, denn die ten, in welchem Stadion und in Stadion GmbH bereits Kreditgeber akuten fi nanziellen Schwierig- welcher Liga auch immer, muss des TSV 1860 ist, der sich dieses keiten würden eine Klasse tiefer man die Kräfte recht bald bün- Wieder dabei: Manolo in Mainz Stadion schlicht nicht leisten kann möglicherweise das endgültige deln. Info: pro1860.de und gruen- Foto: Stadionwelt (Siehe auch S. 114). Aus bedeuten. walder-stadion.de.

Wolfsburg: Vier Fanblöcke beim Spiel Für den Wolfsburger Ordnungsdienst Hamburg sollte es ein stressiger Tag werden. Beim Spiel des VfL galt es nicht nur Landfriedensbruch: Fans drei Monate in U-Haft den gewohnt zahlreich angereisten Anhang von Borussia Möncheng- Freitag, 17. März 2006: Nach Strafbefehl. Nach drei Monaten, hen, wie Polizisten morgens um ladbach zu betreuen, sondern nach knapp drei Monaten Untersu- in denen die HSV-Szene durch di- 6 Uhr seinen PC, sein Handy, der kurzfristigen Absage des Spiels chungshaft kehrt HSV-Fan Nils verse Spruchbandaktionen (Frei- diverse DVDs und Treiber-CDs Eintracht Braunschweig – Hansa aus München zurück nach Ham- heit für die Jungs, Free Nils) und sowie sein Fußballtattoo-Buch Rostock (siehe hierzu auch S. 10) burg. 80 Freunde und natürlich Choreografi en ihren Unmut ge- beschlagnahmten. Wie man ihm machten sich jeweils rund 200 An- seine Familie empfangen ihn am genüber den Hamburger Ermitt- später von Seiten der Hambur- hänger beider Vereine spontan auf Altonaer Bahnhof – Bengalische lern und der Münchner Staatsan- ger „Szenekundigen Beamten“ den Weg ins Wolfsburger Stadion. Feuer werden gezündet. Freude waltschaft kund taten. Nach drei mitteilte, ohne etwas strafrecht- „Wir haben davon erst erfahren, über das Wiedersehen. Nils ist Monaten der Solidaritätsbekun- lich Relevantes gefunden zu als die beiden Fangruppen schon einer von vier HSV-Fans, die am dungen aus ganz Deutschland haben, das Nils oder Thomas in der Stadt waren“, sagt VfL-Spre- 21. Dezember 2005 in Unter- und sogar Schweden. „Weil der belasten könnte. Für Thomas cher Kurt Rippholz. In der Volkswa- suchungshaft kamen, weil man rechtsstaatliche Grundsatz der geht das Warten trotzdem wei- gen-Arena angekommen, ergab es ihnen vorwarf, schweren Land- Verhältnismäßigkeit einfach aus- ter – wie auch die Spenden- und sich, dass die Rostocker im Ober- friedensbruch begangen zu ha- gehebelt wurde“, wie aus Szene- Solidaritäts-Aktionen der aktiven rang der Südkurve direkt über dem ben. Während die anderen zwei kreisen zu vernehmen ist. Statt Fanszene. Stadionspielplatz unterkamen, die bereits kurz nach der Festnahme eines solchen verhält- Braunschweiger hingegen Plätze im wieder freigelassen wurden, wur- nismäßigen Vorgehens oberen Teil der Haupttribüne ein- den Nils und Thomas (Name von gab es in Hamburg ein nahmen. Rippholz: „Zum Glück war der Redaktion geändert) nach Ereignis, das von den es nicht ausverkauft. Das hat die München verbracht, wo Thomas Fans als letzter Ver- Kontrolle der Situation erleichtert.“ bis heute auf seine Verhandlung such gewertet wurde, Zudem blieb genug Zeit, einen wartet. Im „Fall Nils“ sei die doch noch irgendeinen getrennten Abmarsch nach Spiel- Justiz zurück gerudert, so der Beweis zu fi nden. So schluss zu organisieren. Leidtra- Tenor der HSV-Szene. Die vor- durfte der Webmaster gende waren in diesem Fall die geworfene Straftat konnte man der von Freunden der Braunschweiger, die noch ein Weile ihm nicht nachweisen – „erwar- Verhafteten ins Leben im Stadion verbleiben mussten, so tungsgemäß“, so ein Insider. Er gerufenen Spenden- lange, bis alle andere Fangruppen erhielt nach drei Monaten Unter- homepage www.fans- abgezogen waren. suchungshaft „nur noch“ einen helfen.de.vu mit anse- Begrüßungskomitee für Nils Foto: HSV-SC

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Mönchengladbach: FIFA verschärft Kampf gegen Rassismus Manolo zurück im Stadion Gladbach-Fan Oliver Karounis Punkteabzug und Zwangsabstieg ging das Schicksal Manolos zu Herzen. Schon seit einigen Mo- Mit drakonischen Strafen will rassistische Verhalten einzelner naten befi ndet sich die Trommel- der Weltverband FIFA den Ras- Fans bestraft werden sollen: legende aus der Nordkurve des 1860 München – VfL Bochum Fotos: 1848iger.de sismus in den Fußballstadien in „Wenn rassistische Rufe oder Bökelbergs im Pfl egeheim, an ei- aller Welt bekämpfen. Künftig Beleidigungen zu hören sind, nen Stadionbesuch ist seit lan- 1860 droht Vereinen, in deren Arenen kommen diese nicht von zwei gem nicht mehr zu denken. Über es zu rassistischen Vorfällen oder drei vereinzelten Zuschau- seine Internetseite sammelte Die Löwen in der Krise kommt, nicht nur ein Punkteab- ern, sondern von organisierten Karounis bisher rund 2.000 zug, sondern im Wiederholungs- Gruppen. Diese können die Ver- Euro. Mit einem Teil des Geldes Spätestens seit der Wildmoser- Aber wohin dann? Die Initiative Um die vielen Strömungen inner- fall sogar ein Zwangsabstieg. antwortlichen der Vereine leicht ermöglichte er Manolo nun den Ära und dem damaligen Umzug „Freunde des Sechzger-Stadi- halb der Fanszene wieder zusam- Dies sieht ein neues Reglement identifi zieren und ausschließen, Besuch des Spiels der Borussia ins Olympiastadion ist die Fan- ons“ ist nach der abgelaufenen menzuführen, wurde vor einiger vor, das das FIFA-Exekutivkomi- wie man es beispielsweise in Mainz. Glücklichster Moment: szene von 1860 zerrissen. Die Saison gestärkt und hat sich Zeit die Initiative Pro1860 gegrün- tee auf Vorschlag des Verbands- schon mit den Hooligans ge- Manolo wurde von Torwarttrainer vergangene Spielzeit in der alten momentan dem Erhalt des Grün- det, innerhalb und außerhalb des präsidenten Joseph Blatter ver- macht hat.“ Kamps erkannt, und nachdem Heimat Grünwalder Stadion hat walder Stadions vor allem für Stadions gibt es viel Zuspruch. abschiedete. In Spanien legte die Regierung er sich am Fangnetz vor den zwar viele zurückgeholt, diese die Amateur- und Jugendteams „Es hat sich schnell gezeigt, Der Weltverband wies darauf einen Tag nach den FIFA-Be- Rollstuhlplätzen hochgezogen sind aber nach einem Jahr weh- verschrieben. In diesem Bereich dass die besonnene Vorgehens- hin, dass die Konföderationen schlüssen ein Gesetzesprojekt hatte, war die innige Umarmung mütigem Glücks zumeist wieder ist die Zusammenarbeit mit dem weise bei Fans und Verein gut und Mitgliedsverbände ver- vor, in dem die Strafbestimmun- mit seinem Idol der Höhepunkt verschwunden. Verein sehr gut, es werden ge- ankommt. Pro1860 wird als Ge- pfl ichtet sind, die neuen Straf- gen des Weltverbandes aufge- des Tages. Nun also Hype in der Allianz-Arena. meinsame Aktivitäten gestartet, sprächspartner aktiviert, es gab bestimmungen in ihr Reglement griffen werden. Danach müssen Doch nach den hohen Zuschauer- mehr Zuschauer zu diesen Spie- schon Gespräche mit dem Vize- aufzunehmen. „Bei Missach- die Vereine ihre Fans strenger zahlen am Anfang der Saison hat len zu locken. Die Fan-Stimmen, präsidenten, Fanbeauftragten und tung dieser Bestimmung kann überwachen und über die Kon- sich das Ganze mittlerweile auf die nicht nur gegen den Aufstieg vielen Fanclubs“, so Eduard de der betreffende Verband für trollen Buch führen. „Bei Gewalt Normalmaß eingependelt. Schlim- sind, sondern sogar einen Ab- Biasio vom Fanzine „Löwenmut“. zwei Jahre vom internationalen und Rassismus muss es eine mer ist aber, dass man sich in der sturz in die Regionalliga befür- Mit dem Vorstand des Fanclub-Or- Spielbetrieb ausgeschlossen Politik der Null-Toleranz geben“, neuen Arena in die Abhängigkeit worten, um wieder nach Giesing ganisation ARGE gibt es dagegen werden“, drohte die FIFA. betonte Vizeregierungschefi n der Bayern begeben hat. Aus der zurückzukehren, sind zwar ver- noch einige Probleme. Die neuen Bestimmungen se- María Teresa Fernández de la Zeitung durften die 1860-Fans nehmbar, aber deutlich in der Will man die Existenz und die Ei- hen vor, dass bei rassistischen Vega. von Uli Hoeneß erfahren, dass der Minderheit. Es wäre auch ein genständigkeit der Löwen erhal- In Madrid hatten im November Lokalrivale über die gemeinsame Spiel mit dem Feuer, denn die ten, in welchem Stadion und in 2004 im Bernabéu-Stadion Stadion GmbH bereits Kreditgeber akuten fi nanziellen Schwierig- welcher Liga auch immer, muss beim Länderspiel Spanien ge- des TSV 1860 ist, der sich dieses keiten würden eine Klasse tiefer man die Kräfte recht bald bün- gen England Tausende von Zu- Wieder dabei: Manolo in Mainz Stadion schlicht nicht leisten kann möglicherweise das endgültige deln. Info: pro1860.de und gruen- schauern die dunkelhäutigen Foto: Stadionwelt (Siehe auch S. 114). Aus bedeuten. walder-stadion.de. Spieler des englischen Teams verhöhnt. In Saragossa stand Wolfsburg: vor knapp zwei Monaten die Li- Vier Fanblöcke beim Spiel gapartie Real Saragossa gegen Für den Wolfsburger Ordnungsdienst Hamburg FC Barcelona wegen Schmäh- ����� sollte es ein stressiger Tag werden. Transparent der Cottbusser Anhänger rufen gegen den Barça-Torjä- Beim Spiel des VfL galt es nicht nur Landfriedensbruch: Fans drei Monate in U-Haft in Dresden Foto: Bultras Dynamo ger Samuel Eto’o am Rande den gewohnt zahlreich angereisten des Abbruchs. Der spanische ������ Anhang von Borussia Möncheng- Freitag, 17. März 2006: Nach Strafbefehl. Nach drei Monaten, hen, wie Polizisten morgens um oder diskriminierenden Vorfäl- Verband RFEF ließ es bei einer ladbach zu betreuen, sondern nach knapp drei Monaten Untersu- in denen die HSV-Szene durch di- 6 Uhr seinen PC, sein Handy, len in Fußballstadien die betref- Geldstrafe von 9.000 Euro für der kurzfristigen Absage des Spiels chungshaft kehrt HSV-Fan Nils verse Spruchbandaktionen (Frei- diverse DVDs und Treiber-CDs fenden Clubs mit Spielsperren Saragossa bewenden. ���� Eintracht Braunschweig – Hansa aus München zurück nach Ham- heit für die Jungs, Free Nils) und sowie sein Fußballtattoo-Buch oder Punkteabzügen bestraft Auch in Deutschland war es in Rostock (siehe hierzu auch S. 10) burg. 80 Freunde und natürlich Choreografi en ihren Unmut ge- beschlagnahmten. Wie man ihm werden. Beim ersten Vergehen den vergangenen Monaten wie- machten sich jeweils rund 200 An- seine Familie empfangen ihn am genüber den Hamburger Ermitt- später von Seiten der Hambur- können drei Punkte abgezogen derholt zu Vorfällen gekommen. hänger beider Vereine spontan auf Altonaer Bahnhof – Bengalische lern und der Münchner Staatsan- ger „Szenekundigen Beamten“ werden, im Wiederholungsfall So entrollten Cottbuser Fans in ���� den Weg ins Wolfsburger Stadion. Feuer werden gezündet. Freude waltschaft kund taten. Nach drei mitteilte, ohne etwas strafrecht- sechs Punkte, und bei jedem Dresden ein Transparent mit der „Wir haben davon erst erfahren, über das Wiedersehen. Nils ist Monaten der Solidaritätsbekun- lich Relevantes gefunden zu weiteren Vergehen kann ein Aufschrift „Juden“, wobei der ��������������������� als die beiden Fangruppen schon einer von vier HSV-Fans, die am dungen aus ganz Deutschland haben, das Nils oder Thomas Zwangsabstieg oder Wettbe- Buchstabe „d“ durch das Dyna- �������������������� in der Stadt waren“, sagt VfL-Spre- 21. Dezember 2005 in Unter- und sogar Schweden. „Weil der belasten könnte. Für Thomas werbsausschluss eines Teams mo-Wappen symbolisiert wurde. ������������������������������� cher Kurt Rippholz. In der Volkswa- suchungshaft kamen, weil man rechtsstaatliche Grundsatz der geht das Warten trotzdem wei- verhängt werden. Anhänger von Lok Leipzig, die ������������������������������� gen-Arena angekommen, ergab es ihnen vorwarf, schweren Land- Verhältnismäßigkeit einfach aus- ter – wie auch die Spenden- und „Ich habe auch im Namen der ein Jugendspiel ihres Vereins ��������������������������� sich, dass die Rostocker im Ober- friedensbruch begangen zu ha- gehebelt wurde“, wie aus Szene- Solidaritäts-Aktionen der aktiven FIFA wiederholt meine klare Hal- beim Lokalrivalen Sachsen rang der Südkurve direkt über dem ben. Während die anderen zwei kreisen zu vernehmen ist. Statt Fanszene. tung gegen Rassismus und Dis- Leipzig besuchten, formierten Stadionspielplatz unterkamen, die bereits kurz nach der Festnahme eines solchen verhält- kriminierung zum Ausdruck ge- sich auf den Rängen in Haken- Braunschweiger hingegen Plätze im wieder freigelassen wurden, wur- nismäßigen Vorgehens bracht“, betonte Blatter. „Doch kreuz-Form. oberen Teil der Haupttribüne ein- den Nils und Thomas (Name von gab es in Hamburg ein die jüngsten Ereignisse haben nahmen. Rippholz: „Zum Glück war der Redaktion geändert) nach Ereignis, das von den gezeigt, dass wir dringend ge- es nicht ausverkauft. Das hat die München verbracht, wo Thomas Fans als letzter Ver- meinsam noch härtere Maß- �������������������������������������������������� Kontrolle der Situation erleichtert.“ bis heute auf seine Verhandlung such gewertet wurde, nahmen ergreifen müssen, um ��������������������������������������������������� Zudem blieb genug Zeit, einen wartet. Im „Fall Nils“ sei die doch noch irgendeinen dieses Übel aus dem Fußball zu getrennten Abmarsch nach Spiel- Justiz zurück gerudert, so der Beweis zu fi nden. So verbannen.“ ������������������������������������������������������ schluss zu organisieren. Leidtra- Tenor der HSV-Szene. Die vor- durfte der Webmaster Der französische Nationalspie- ������������������������������������������������� gende waren in diesem Fall die geworfene Straftat konnte man der von Freunden der ler Lilian Thuram (Juventus Tu- Braunschweiger, die noch ein Weile ihm nicht nachweisen – „erwar- Verhafteten ins Leben rin) hatte vor dem FIFA-Gremium ��������������������������������������������������� im Stadion verbleiben mussten, so tungsgemäß“, so ein Insider. Er gerufenen Spenden- über den Rassismus im Fußball �������������������������������� lange, bis alle andere Fangruppen erhielt nach drei Monaten Unter- homepage www.fans- Bericht erstattet. Er begründe- A-Jugendspiel Sachsen Leipzig – Lok abgezogen waren. suchungshaft „nur noch“ einen helfen.de.vu mit anse- Begrüßungskomitee für Nils Foto: HSV-SC te, weshalb die Vereine für das Leipzig Foto: BAFF

50 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 �������������������� ����������������������� ��������������������

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Augsburg Der Reiz des Aufstiegs Sportlich läuft es beim Regional- dieser Liga nicht zu verstecken. ligisten FC Augsburg derzeit nach Natürlich übt, nach 4 Jahren Re- Maß, und es sieht so aus, als ob gionalliga Süd, der mögliche Auf- der Aufstieg in die 2. Bundesli- stieg einen mächtigen Reiz auf ga dieses Jahr gelingen könnte, die Szene aus, zumal man Ende nachdem man im vergangenen der letzten Saison mit 27.000 Jahr nur knapp gescheitert war. Zuschauern gesehen hat, was Wir haben bei Tom Marzahn, in Augsburg möglich ist. Dass dem Anstimmer und führendem wir dann supporttechnisch aber Kopf der Rude Boys Augsburg, noch was draufpacken müssen, nachgefragt. ist natürlich klar. Stadionwelt: Die Rude Boys gibt Stadionwelt: Wie ist die aktu- es seit 2002. Wie hat sich eure elle Lage der Fanszene des FC Gruppe in den letzten Jahren Augsburg? Welche Auswirkun- entwickelt? Gab es Probleme gen hätte der Aufstieg in die 2. als Ultras in einer kleineren Sze- Liga – und was wäre, wenn es ne wie Augsburg Fuß zu fassen, mit dem Aufstieg doch nichts oder war gerade dieser Umstand Gut etabliert: Die Rude Boys im M-Block Fotos: Rude Boys werden sollte? ein Vorteil? Marzahn: Momentan sieht es Marzahn: Auch in der kleinen gut etabliert. Man muss aber Punkrockszene Tribut zu zollen, bei uns vor allem sportlich rich- Augsburger Szene wurde „Ul- generell sehen, dass hier alle die einige unserer Gründungs- tig gut aus, allein die Zuschau- tra“ anfangs kritisch gesehen. soweit möglich an einem Strang mitglieder doch stark geprägt erzahl lässt noch zu wünschen Da wir aber bereits seit dem ziehen. hat, und die immer noch fest übrig. Trotzdem wächst der Stim- Zwangsabstieg in die Bayernliga Stadionwelt: Der Name „Rude in unserer Szene verwurzelt ist, mungshaufen kontinuierlich an, im M-Block stehen, hat sich das Boys“ stammt aus der Ska-Szene. was ein Blick in den M-Block be- sodass wir – mit wenigen Aus- alles aufgelöst, und wir konnten Kannst du uns die Hintergründe weist. nahmen – ganz gute Auftritte unsere Ideen eigentlich ganz und die Bedeutung des Namens Wir wollen uns so auch von po- verzeichnen konnten. Auch mit gut umsetzen, stoßen auf brei- für euch näher erklären? litischem Extremismus distan- unserer Auswärtsfahrerzahl von te Akzeptanz und haben uns, Marzahn: Den Namen haben wir zieren, auch wenn der linke Ein- 100 bis 400 braucht man sich in sei es Support oder Aktionen, uns gegeben, um der Oi!-/Ska-/ schlag in Augsburg spürbar ist.

Proteste gegen die Stadionumbenennung Foto: Inferno Koblenz Erster Sonderzug der Saison: 1.000 „Schängel“ in Trier Foto: Thomas Meurer

Koblenz Stadionwelt: Wie sieht es derzeit Stadionwelt: Was denkt ihr, wel- in eurer Fanszene aus, wie hat che Auswirkungen ein Aufstieg Aufstieg wäre Schub für die Fanszene sie sich in den letzten Jahren und in die 2. Liga für die Fans in Kob- nach dem Aufstieg entwickelt? lenz hätte? Nach dem überraschenden Auf- Zumal dieser sich auch aktiv Langen: Es ist ein deutlicher Langen: Sicherlich würde das ei- stieg in die Regionalliga im Jahr gegen Kommerzialisierung und Umbruch im gesamten Verein zu nen weiteren Schub für die Fan- 2004 zählt TuS Koblenz nun zu Missstände im Verein durch erkennen, die TuS hat ein deut- szene bedeuten, wie schon der den aussichtsreichsten Kandi- Spruchbänder von den Rängen lich besseres Bild in der Stadt Aufstieg in die Regionalliga Süd. daten für einen Aufstieg in die äußert. Aber es sollten auch an- bekommen und nun kommen Und sicher sind wir mit eine der 2. Liga. Wir haben „Langen“ vom dere Fanclubs erwähnt werden deutlich mehr Zuschauer zu den größten Fanszenen in der Re- Inferno Koblenz zur Koblenzer wie z. B. die alten Fanclubs Blue Spielen. gionalliga Süd, doch ich denke, Fanszene befragt. Boys und Schängel Hotspurs, die Doch leider ist Masse nicht dass wir für die 2. Liga noch es schon länger gibt. Des Weite- immer gleich Klasse. Die Stim- nicht bereit sind, da der aktive Stadionwelt: Kannst du uns ein ren die Fanclubs PQB, TuS-Fans mung ist in Koblenz immer sehr Kern sehr klein ist. paar Infos über eure Fanszene Lahnstein und die Karthäuser abhängig von der jeweiligen Lau- Ein weiterer großer Negativa- geben? Gibt es noch weitere Löwen, außerdem noch die TuS- ne der Leute am Spieltag. So spekt an der 2. Liga wäre auch Gruppen in Koblenz? Boys und Festung Oberwerth. war bei den Sonderzügen nach die Umgewöhnung auf Sonn- Langen: Den größten Anteil am Die Faninitiative PQB setzt sich Darmstadt und Trier eine super tags- und Montagsspiele. Aber Support im Stadion hat sicher- zusammen mit unserem Fanbe- Stimmung im Zug und im Stadi- wenn es doch so kommen soll- lich das Inferno Koblenz. Das auftragten für die Organisation on, während die Fahrt nach Lau- te, hätte ich natürlich nichts da- muss man ganz klar so sagen. von Auswärtsfahrten ein. tern per Sonderzug ein Flop war. gegen.

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Augsburg Der Reiz des Aufstiegs Sportlich läuft es beim Regional- dieser Liga nicht zu verstecken. ligisten FC Augsburg derzeit nach Natürlich übt, nach 4 Jahren Re- Maß, und es sieht so aus, als ob gionalliga Süd, der mögliche Auf- der Aufstieg in die 2. Bundesli- stieg einen mächtigen Reiz auf ga dieses Jahr gelingen könnte, die Szene aus, zumal man Ende nachdem man im vergangenen der letzten Saison mit 27.000 Jahr nur knapp gescheitert war. Zuschauern gesehen hat, was Wir haben bei Tom Marzahn, in Augsburg möglich ist. Dass s053_Kölnarena dem Anstimmer und führendem wir dann supporttechnisch aber Kopf der Rude Boys Augsburg, noch was draufpacken müssen, nachgefragt. ist natürlich klar. Stadionwelt: Die Rude Boys gibt Stadionwelt: Wie ist die aktu- es seit 2002. Wie hat sich eure elle Lage der Fanszene des FC Gruppe in den letzten Jahren Augsburg? Welche Auswirkun- entwickelt? Gab es Probleme gen hätte der Aufstieg in die 2. als Ultras in einer kleineren Sze- Liga – und was wäre, wenn es ne wie Augsburg Fuß zu fassen, mit dem Aufstieg doch nichts oder war gerade dieser Umstand Gut etabliert: Die Rude Boys im M-Block Fotos: Rude Boys werden sollte? ein Vorteil? Marzahn: Momentan sieht es Marzahn: Auch in der kleinen gut etabliert. Man muss aber Punkrockszene Tribut zu zollen, bei uns vor allem sportlich rich- Augsburger Szene wurde „Ul- generell sehen, dass hier alle die einige unserer Gründungs- tig gut aus, allein die Zuschau- tra“ anfangs kritisch gesehen. soweit möglich an einem Strang mitglieder doch stark geprägt erzahl lässt noch zu wünschen Da wir aber bereits seit dem ziehen. hat, und die immer noch fest übrig. Trotzdem wächst der Stim- Zwangsabstieg in die Bayernliga Stadionwelt: Der Name „Rude in unserer Szene verwurzelt ist, mungshaufen kontinuierlich an, im M-Block stehen, hat sich das Boys“ stammt aus der Ska-Szene. was ein Blick in den M-Block be- sodass wir – mit wenigen Aus- alles aufgelöst, und wir konnten Kannst du uns die Hintergründe weist. nahmen – ganz gute Auftritte unsere Ideen eigentlich ganz und die Bedeutung des Namens Wir wollen uns so auch von po- verzeichnen konnten. Auch mit gut umsetzen, stoßen auf brei- für euch näher erklären? litischem Extremismus distan- unserer Auswärtsfahrerzahl von te Akzeptanz und haben uns, Marzahn: Den Namen haben wir zieren, auch wenn der linke Ein- 100 bis 400 braucht man sich in sei es Support oder Aktionen, uns gegeben, um der Oi!-/Ska-/ schlag in Augsburg spürbar ist.

Proteste gegen die Stadionumbenennung Foto: Inferno Koblenz Erster Sonderzug der Saison: 1.000 „Schängel“ in Trier Foto: Thomas Meurer

Koblenz Stadionwelt: Wie sieht es derzeit Stadionwelt: Was denkt ihr, wel- in eurer Fanszene aus, wie hat che Auswirkungen ein Aufstieg Aufstieg wäre Schub für die Fanszene sie sich in den letzten Jahren und in die 2. Liga für die Fans in Kob- nach dem Aufstieg entwickelt? lenz hätte? Nach dem überraschenden Auf- Zumal dieser sich auch aktiv Langen: Es ist ein deutlicher Langen: Sicherlich würde das ei- stieg in die Regionalliga im Jahr gegen Kommerzialisierung und Umbruch im gesamten Verein zu nen weiteren Schub für die Fan- 2004 zählt TuS Koblenz nun zu Missstände im Verein durch erkennen, die TuS hat ein deut- szene bedeuten, wie schon der den aussichtsreichsten Kandi- Spruchbänder von den Rängen lich besseres Bild in der Stadt Aufstieg in die Regionalliga Süd. daten für einen Aufstieg in die äußert. Aber es sollten auch an- bekommen und nun kommen Und sicher sind wir mit eine der 2. Liga. Wir haben „Langen“ vom dere Fanclubs erwähnt werden deutlich mehr Zuschauer zu den größten Fanszenen in der Re- Inferno Koblenz zur Koblenzer wie z. B. die alten Fanclubs Blue Spielen. gionalliga Süd, doch ich denke, Fanszene befragt. Boys und Schängel Hotspurs, die Doch leider ist Masse nicht dass wir für die 2. Liga noch es schon länger gibt. Des Weite- immer gleich Klasse. Die Stim- nicht bereit sind, da der aktive Stadionwelt: Kannst du uns ein ren die Fanclubs PQB, TuS-Fans mung ist in Koblenz immer sehr Kern sehr klein ist. paar Infos über eure Fanszene Lahnstein und die Karthäuser abhängig von der jeweiligen Lau- Ein weiterer großer Negativa- geben? Gibt es noch weitere Löwen, außerdem noch die TuS- ne der Leute am Spieltag. So spekt an der 2. Liga wäre auch Gruppen in Koblenz? Boys und Festung Oberwerth. war bei den Sonderzügen nach die Umgewöhnung auf Sonn- Langen: Den größten Anteil am Die Faninitiative PQB setzt sich Darmstadt und Trier eine super tags- und Montagsspiele. Aber Support im Stadion hat sicher- zusammen mit unserem Fanbe- Stimmung im Zug und im Stadi- wenn es doch so kommen soll- lich das Inferno Koblenz. Das auftragten für die Organisation on, während die Fahrt nach Lau- te, hätte ich natürlich nichts da- muss man ganz klar so sagen. von Auswärtsfahrten ein. tern per Sonderzug ein Flop war. gegen.

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Derbyzeit ist Choreozeit, auch in der vierten Liga: VfR Mannheim – Waldhof Mannheim In guten wie in schlechten Zeiten Der SV Waldhof kann auch in der Oberliga auf seine treuen Fans bauen.

in Blick zurück in die Saison Fanszene gilt: Auf den Rängen des Carl- derby gegen den VfR Mannheim. „Hier 2002/2003: Diskussionen um eine Benz-Stadions bietet sich weiterhin ein pilgern 10.000 Mann ins Stadion, und die Emögliche Fusion mit dem un- lebhaftes Bild, wenn auch mit deutlich Stimmung sowie die Show sind gut“, be- geliebten Stadtrivalen VfR Mannheim weniger Zuschauern als in früheren Ta- kunden die Ultras. Mit größeren Choreo- verbunden mit Protesten gegen eine gen. Nach dem Abstieg verließen die gra en sorgen sie bei diesem Spiel regel- Umbenennung des hochverschuldeten Fans die ungeliebte Süd-Ost-Ecke und mäßig für einen würdigen Rahmen. Die SV Waldhof in „SV Mannheim“ sorgten positionierten sich hinter dem Tor auf der aufgeheizte Stimmung ist bei Begegnun- für Aufruhr. Auf der Jahreshauptver- Ostkurve, wo sie unter Federführung der gen gegen den VfR im Stadion deutlich sammlung stimmten die Mitglieder des Ultras Mannheim für optische und aku- spürbar. Die Rivalität, die sich nach den Zweitligisten schließlich der Fusion mit stische Akzente sorgen. Heute heißen die Vorkommnissen um die geplatzte Fusion dem VfR zu, verweigerten aber den vom Gegner nicht mehr Aachen oder Karlsru- immer mehr zugespitzt hat, geht sogar so potenziellen Sponsor MVV Energie AG he, sondern Crailsheim, Lauda und Nöt- weit, dass viele das Auswärtsspiel beim geforderten Namenswechsel. Daraufhin tingen. Kann sich die Fanszene angesichts VfR boykottieren, weil sie dem ungelieb- platzte die Spielgemeinschaft, von der der vielen Dorfvereine überhaupt noch ten Nachbarn kein Geld in die Tasche der Geldgeber sein  nanzielles Engage- motivieren? „Die Motivation bei den Ul- stecken wollen. Die Rivalität beschränkt ment abhängig gemacht hatte, und der tras ist noch vorhanden. Allerdings ist sie sich aber eher auf den Verein an sich, da SV Waldhof stieg wegen der fehlenden extrem schlecht bei den normalen Fans. der VfR über keine nennenswerte Fan- Lizenz für die Regionalliga geradewegs Nach dem dritten Jahr Oberliga ist auch szene verfügt. in die Oberliga ab. das Interesse nach dem ,Neuen‘ nicht Neben den Spielen gegen den VfR Der SV Waldhof Mannheim spielt nun mehr gegeben“, so die Ultras Mannheim. sind aus Sicht der Fans noch zwei andere schon das dritte Jahr in der Oberliga Ba- Trotz der vielen Dorfvereine bietet Partien nicht uninteressant. Mit dem SSV den-Württemberg. Als man seinerzeit die vierte Liga im Südwesten auch ein Ulm und dem SSV Reutlingen be nden unter maßgeblicher Initiative der Fans in paar Highlights. Allen voran das Stadt- sich zwei weitere „Schicksalsgenossen“ in der 2. Liga die Namensum- derselben Liga, die eben- benennung in „SV Mann- falls früher höherklassig heim“ ablehnte, musste gespielt haben und wegen der Verein nach der Nicht- Finanzproblemen direkt in erteilung der Lizenz für die die Oberliga durchgereicht Regionalliga den direkten wurden. Zwar sind die Weg in die Oberliga an- Spiele gegen diese beiden treten. Ein mutiger Schritt, Vereine aus Fansicht eine hinter dem die Fanszene willkommene Abwechs- des SV Waldhof nach wie lung, da man hier wenigs- vor steht. „Wir können tens ein paar Gästefans zu morgens aufstehen und Gesicht bekommt, aller- mit Stolz in den Spiegel dings sind beide Begeg- schauen“, sagen die Ultras nungen keine Derbys, und Mannheim. es fehlt ein wenig die Bri- Seitdem ist es ruhiger sanz. Diese bieten nur die geworden um den Verein traditionellen Rivalen, ge- aus der Quadratestadt. gen die man in letzter Zeit Was jedoch nicht für die Sandhausen – Waldhof aber nicht mehr gespielt

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Derbyzeit ist Choreozeit, auch in der vierten Liga: VfR Mannheim – Waldhof Mannheim Fotos: Ultras Mannheim

hat. Gerade deswegen und auch aufgrund vor einigen Jahren ist sicher vielen noch Württemberg ausgeweitet, die somit die In guten wie in schlechten Zeiten fehlender sonstiger Berührungspunkte ist in Erinnerung. Während sich diese Szene einzige Oberliga in Deutschland ist, in der die Feindschaft mit dem alten Hassgegner andernorts stark rückläu g entwickelt, ist bundesweite Stadionverbote ausgespro- Der SV Waldhof kann auch in der Oberliga auf seine treuen Fans bauen. Kaiserslautern ein wenig eingeschlafen. das Gewaltpotenzial in der Arbeiterstadt chen werden dürfen. Viele jüngere Fans sehen aktuell im Karls- Mannheim nach wie vor groß. Berüchtigt Aktuell sorgt die Diskussion um den in Blick zurück in die Saison Fanszene gilt: Auf den Rängen des Carl- derby gegen den VfR Mannheim. „Hier ruher SC den Hauptgegner, obwohl man und bekannt sind vor allem die Gruppen SAP-Gründer und Hoffenheimer Mäzen 2002/2003: Diskussionen um eine Benz-Stadions bietet sich weiterhin ein pilgern 10.000 Mann ins Stadion, und die auch hier nicht mal mehr gegen deren „The Firm“ und „City Boys Mannheim“. Dietmar Hopp, der aus seiner TSG Hof- Emögliche Fusion mit dem un- lebhaftes Bild, wenn auch mit deutlich Stimmung sowie die Show sind gut“, be- Amateure spielt. „Dies ist durch Verän- Der raue Charakter der Mannheimer Fan- fenheim durch eine Fusion mit zwei wei- geliebten Stadtrivalen VfR Mannheim weniger Zuschauern als in früheren Ta- kunden die Ultras. Mit größeren Choreo- derungen im Einzugsgebiet zu erklären“, szene stand andererseits seit jeher für eine teren Vereinen den „FCH Heidelberg 06“ verbunden mit Protesten gegen eine gen. Nach dem Abstieg verließen die gra en sorgen sie bei diesem Spiel regel- heißt es von Seiten der Ultras Mannheim gewisse Hierarchie und Ordnung inner- gründen und diesen mit seinen Geldern Umbenennung des hochverschuldeten Fans die ungeliebte Süd-Ost-Ecke und mäßig für einen würdigen Rahmen. Die zum angespannten Verhältnis zwischen halb der Szene. Entsprechend hart traf die bis in die Bundesliga führen will, für gro- SV Waldhof in „SV Mannheim“ sorgten positionierten sich hinter dem Tor auf der aufgeheizte Stimmung ist bei Begegnun- Kurpfälzern und Badenern. Einige Ultras Anhänger im vergangenen Jahr der Tod ße Verärgerung in der Mannheimer Szene. für Aufruhr. Auf der Jahreshauptver- Ostkurve, wo sie unter Federführung der gen gegen den VfR im Stadion deutlich beider Vereine kommen aus dem Raum von Thomas F., Mitbegründer der City Finanzielle Mittel für Neuverp ichtun- sammlung stimmten die Mitglieder des Ultras Mannheim für optische und aku- spürbar. Die Rivalität, die sich nach den Heidelberg, und so habe es in letzter Zeit Boys. Einige aufwändige Aktionen im gen sind bei Dietmar Hopp ausreichend Zweitligisten schließlich der Fusion mit stische Akzente sorgen. Heute heißen die Vorkommnissen um die geplatzte Fusion in dieser Region außerhalb des Fußballs Stadion für die verstorbene Szenegröße vorhanden, und ein neues Stadion mit dem VfR zu, verweigerten aber den vom Gegner nicht mehr Aachen oder Karlsru- immer mehr zugespitzt hat, geht sogar so des Öfteren „Spannungen“ gegeben. waren die Folge. dem Namen „Kurpfalz-Arena“ mit Fas- potenziellen Sponsor MVV Energie AG he, sondern Crailsheim, Lauda und Nöt- weit, dass viele das Auswärtsspiel beim Eine Freundschaft p egen die Waldhö- Wegen des Kon iktpotenzials ist auch sungsvermögen für 30.000 Zuschauer ist geforderten Namenswechsel. Daraufhin tingen. Kann sich die Fanszene angesichts VfR boykottieren, weil sie dem ungelieb- fer mit der Szene des FC Basel – und schon das Polizeiaufgebot bei Auswärtsspielen auch schon geplant. Ein Umstand, der im platzte die Spielgemeinschaft, von der der vielen Dorfvereine überhaupt noch ten Nachbarn kein Geld in die Tasche seit über 20 Jahren mit den Fans von Ein- immens. „Von mit Kabelbindern verbun- benachbarten Mannheim natürlich auf der Geldgeber sein  nanzielles Engage- motivieren? „Die Motivation bei den Ul- stecken wollen. Die Rivalität beschränkt tracht Braunschweig. „Anfang der 80er denen Bauzäunen bis zu drei Meter hohen heftigen Widerstand stößt: „Dieser neue ment abhängig gemacht hatte, und der tras ist noch vorhanden. Allerdings ist sie sich aber eher auf den Verein an sich, da Jahre hatte jede Fanszene ihre Fanfreund- engmaschigen Zäunen ist alles vertreten“, Retortenverein wird schon gefeiert, als SV Waldhof stieg wegen der fehlenden extrem schlecht bei den normalen Fans. der VfR über keine nennenswerte Fan- schaften, die eine mehr, die andere weni- erzählen die Ultras Mannheim vom Alltag würde die Vitrine aufgrund der vielen Lizenz für die Regionalliga geradewegs Nach dem dritten Jahr Oberliga ist auch szene verfügt. ger. Nur die zwei Vereine aus Mannheim in den Gästeblöcken der Oberliga. Da mit Pokale aus allen Nähten platzen.“ Auch in die Oberliga ab. das Interesse nach dem ,Neuen‘ nicht Neben den Spielen gegen den VfR und Braunschweig waren noch ohne, Ulm und Reutlingen zwei weitere Verei- bundesweit erntet dieses Vorhaben, einen Der SV Waldhof Mannheim spielt nun mehr gegeben“, so die Ultras Mannheim. sind aus Sicht der Fans noch zwei andere was bestimmt auch daran lag, dass beide ne mit Fanpotenzial durch das „Ländle“ „künstlichen“ Verein ohne Tradition in schon das dritte Jahr in der Oberliga Ba- Trotz der vielen Dorfvereine bietet Partien nicht uninteressant. Mit dem SSV Fanszenen nicht gerade sehr zimperlich reisen, haben die Verbände jüngst die die Bundesliga zu führen, in den Fansze- den-Württemberg. Als man seinerzeit die vierte Liga im Südwesten auch ein Ulm und dem SSV Reutlingen be nden mit Gästen umgingen. Der Eintracht- Regelungen des DFB hinsichtlich der nen ausschließlich Kritik. unter maßgeblicher Initiative der Fans in paar Highlights. Allen voran das Stadt- sich zwei weitere „Schicksalsgenossen“ in Braunschweig-Fanclub „Die Schluck- Stadionverbote auf die Oberliga Baden- Wohin indes der Weg des SV Wald- der 2. Liga die Namensum- derselben Liga, die eben- spechte“ wollte dies ändern hof Mannheim im drit- benennung in „SV Mann- falls früher höherklassig und machte sich am ersten ten Jahr Oberliga geht, heim“ ablehnte, musste gespielt haben und wegen Bundesliga-Aufeinander- ist ungewiss. Vom Auf- der Verein nach der Nicht- Finanzproblemen direkt in treffen am 20. August 1983 stiegsplatz ist man schon erteilung der Lizenz für die die Oberliga durchgereicht in Braunschweig auf in die wieder ein gutes Stück Regionalliga den direkten wurden. Zwar sind die Nordkurve, um den Kon- entfernt. Und so dümpelt Weg in die Oberliga an- Spiele gegen diese beiden takt mit den Waldhof-Fans „der Waldhof“ mal wie- treten. Ein mutiger Schritt, Vereine aus Fansicht eine aufzunehmen“, berichten der im Niemandsland der hinter dem die Fanszene willkommene Abwechs- die Ultras Mannheim von Tabelle. Hinter der sport- des SV Waldhof nach wie lung, da man hier wenigs- der Entstehung. lichen Zukunft stehen vor steht. „Wir können tens ein paar Gästefans zu Die Anhänger des SV viele Fragezeichen, bei morgens aufstehen und Gesicht bekommt, aller- Waldhof sind nicht nur einem kann sich der Ver- mit Stolz in den Spiegel dings sind beide Begeg- für ihre Treue bekannt, ein aber sicher sein: Seine schauen“, sagen die Ultras nungen keine Derbys, und ihnen eilt auch der Ruf traditionsbewussten An- Mannheim. es fehlt ein wenig die Bri- voraus, keine Kinder von hänger würden ihm auch Seitdem ist es ruhiger sanz. Diese bieten nur die Traurigkeit zu sein. Das ein weiteres Jahr in den geworden um den Verein traditionellen Rivalen, ge- Spiel gegen die Offenba- Niederungen der vier- aus der Quadratestadt. gen die man in letzter Zeit cher Kickers mit heftigen ten Spielklasse die Treue Was jedoch nicht für die Sandhausen – Waldhof aber nicht mehr gespielt Auseinandersetzungen Waldhof – VfR Mannheim halten.���Harry Leif

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054-055_waldhof.indd 54 26.03.2006 22:44:29 054-055_waldhof.indd 55 26.03.2006 22:44:55 Fan-News

Freiburg: Stadionverbot für Babelsberg Natural Born Ultras Auf einer Raststätte bei Baden- Mit dem Anwalt auf Tour Baden kam es zu einer Auseinan- Foto: David O’Brien-Kaiser dersetzung mit Fans des Karlsru- „Wir kritisieren bei Fußballein- „Wir sagen nicht, bei welchen her SC. Nicht nur der Schaden sätzen der Polizei deren Kon- Spielen wir uns von Rechts- Karlsruhe am Bus ist zu beklagen, auch trollmonopol über ihre eigenen anwälten begleiten lassen, es erhielten inzwischen 17 von 20 Handlungen“, sagt Gregor Voeh- werden aber eher die Spiele Fanhaus Mitgliedern der „Natural Born Ul- se, Sozialarbeiter vom Fanpro- in Mecklenburg-Vorpommern tras“ ein bundesweites Stadion- jekt Babelsberg des Diakoni- und Berlin sein, weil wir dort eingeweiht verbot – ein herber Rückschlag schen Werks, über das beim schlechte Erfahrungen ge- Im Rahmen des Heimspiels ge- für den aktiven Teil der Freiburger NOFV-Nord-Oberligisten SV Ba- macht haben“, sagt Voehse, gen LR Ahlen wurde das neue Fanszene. belsberg 03 ins Leben gerufene der Wert darauf legt, dass Domizil des Karlsruher Fanpro- Programm „Fußballfans beob- nicht gegen die Polizei gehetzt jekts in der Mainestr. 8 einge- Aue: Beliebte Passwörter achten die Polizei“. wird, sondern allein die Fans weiht. Die mehr als ein Jahr dau- Erzgebirge Aue sah sich gezwun- Die Idee ist einfach und scheint geschützt werden sollen. ernde Planung des Umzuges ist gen, den Online-Vorverkauf der wirkungsvoll: Rechtsanwälte be- Es sind gleich drei Organisa- damit abgeschlossen. „Hier ist begehrten Tickets für das Derby gleiten die Fans auf ihren Aus- tionen, die das Projekt tragen. fast alles besser als in den ehe- gegen Dynamo Dresden zu stop- wärtstouren und dokumentie- Neben dem Fan-Projekt Babels- maligen Räumlichkeiten“, freut pen. Nachdem Fans, die aufgrund ren hierbei mögliche Verstöße berg gehören auch die „Initiati- sich Fanprojektleiter Volker Kö- vorheriger Bestellungen im Besitz von Seiten der Polizei. Sollte ve zur Stärkung der Grundrech- renzig. „In der alten Baracke, die eines Passwortes waren, dieses es zu überzogenen Einsätzen te gegenüber der Polizei“ sowie nach dem Neubau der Uni-Men- weitergaben, war eine Bevorzu- kommen, werden die Berich- „Enragés – Bewegung der Zor- sa nicht mehr benutzt werden gung des eigenen Anhangs und te in der Folgewoche auf der nigen & Wütenden“, eine Grup- konnte, gab es nur eine Toilette eine Trennung der Fangruppen Webseite des Projektes (www. pe die sich beim Fußball gefun- für alle. Statt 80 Quadratme- nicht mehr möglich. Karten gibt es fussballfans-beobachten-polizei. den hat, darüber hinaus aber tern haben wir jetzt 400 sowie nun auf klassischem Weg an den de) veröffentlicht. Die Polizei politische Ziele verfolgt, zu den ausreichend Parkplätze.“ Die Vorverkaufsstellen. soll somit gezwungen werden, Initiatoren. Entfernung zum Stadion bleibt ihre Handlungen ausschließlich Für die Zukunft würde sich die gleiche, und die neuen Nach- Mainz: Stunk um im Rahmen ihrer gesetzlichen Voehse eine Ausdehnung der barn versprechen, dass Leben Derby-Transparente Befugnisse durchzuführen, Schi- Aktion auf Bundesebene wün- in die Bude kommt. Körenzig: Gegen die Fans aus Kaiserslau- kanen sollen ausbleiben. Rund schen, doch wären dafür noch „Nebenan ist ein Proberaum, tern gerichtete Spruchbänder 2.500 Euro (durch Spenden und weitere Gespräche mit der und die Bands haben sich ange- wie „Wer seine Schwester nagelt, bei Partys aufzubringen) wird Bundesarbeitsgemeinschaft boten, an Spieltagen kostenlos wird von Luzifer geadelt“ stießen das Projekt kosten. der Fanprojekte notwendig. aufzutreten.“ bei den Verantwortlichen des Clubs auf wenig Begeisterung. Innerhalb der aktiven Mainzer Szene wollte anschließend keine Leipzig rechte Einigkeit aufkommen, wie man mit der Situation umgehen „Raus aus der Todesfalle!“ soll. Vorläufi ges Resultat: beim anschließenden Heimspiel ge- In Leipzig gründete sich Anfang lich. Sachsen möchte in den Alf- Stadionwelt: Wie stehen euch gen Gladbach übernahm ein neu- des Jahres die Faninitiative „Raus red-Kunze-Sportpark zurück, Roter Verein und Stadt gegenüber? er Vorsänger das Megafon. aus der Todesfalle“. Adam Bednar- Stern fordert ein eigenes Sportge- Bednarsky: Nach ersten Aktionen sky ist einer der Organisatoren. lände. Inzwischen geht unsere Ar- sind nun alle Seiten sehr koope- Berlin: Spruchbänder anmelden beit darüber hinaus. Wir kämpfen rativ. Endlich gibt es Gespräche Hertha BSC hat auf die sich zu- Stadionwelt: Womit beschäftigt gegen Repressionen und Rassis- auf Augenhöhe, mit Argumenten, letzt häufenden Spruchbänder sich eure Initiative? mus, aber für Faninteressen und ohne Arroganz. Jeder ist bereit mit Kritik an der Vereinsführung, Bednarsky: Sie wurde im Januar bürgerliche Freiheiten. etwas zu tun. Das stimmt optimi- unter anderem wurden „Hoeness- von Fans von Sachsen Leipzig Stadionwelt: Welche Schritte wur- stisch. raus“-Schals angefertigt, reagiert. und Roter Stern Leipzig gegrün- den bereits unternommen? Stadionwelt: Seht ihr die neue Alle Transparente und Kurvenfl yer det. Der Anlass war unser neues Bednarsky: Es gab bereits zwei Arena wirklich als „Todesfalle“? müssen nun bis 12 Uhr am Vortag WM-Stadion. Es ist für die weni- Demonstrationen und mehrere Bednarsky: Ja, es gibt gravieren- bei der Fanbetreuung angemeldet gen Zuschauer zu groß, lediglich Pressegespräche. Mit Verein, de Sicherheitsprobleme. Zum werden. Geschieht dies nicht, ist ein Prestigeobjekt. Politisch und Stadt und Arenabeitreibern wird anderen bedeutet so eine Arena es dem Ordnungsdienst gestattet, vernünftig lässt es sich nicht er- verhandelt. Eine Demo kurz vor auch den Tod der Fankultur. Das sie einzusammeln. klären. Es ist sehr fanunfreund- der WM ist konkret angedacht. wollen wir klar machen.

Fanbeauftragte: Regionalsprecher gewählt Ralph Klenk (VfB Stuttgart) und Rainer Mendel (1. FC Köln) wurden auf der Fanbeauftragtentagung in Frankfurt als Bundessprecher für die kommenden zwei Jahre wiedergewählt. Zudem gibt es ab sofort vier Regionalsprecher. Dies sind Andreas Zimmermann (VfL Osnabrück), Andy Brück (Bayern München II), Axel Matz (Energie Cottbus) und Gerald von Gorrissen (Preußen Münster). Demo am 5. Februar Foto: privat Alfred-Kunze-Sportpark Foto: Stadionwelt

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Wuppertal Wilde Zeiten am Zoo In der Beziehung zwischen Fans Initiative 1954: Dahinter steckt und Clubführung des Wuppertaler eiskalte Berechnung. Die Forde- SV kriselt es. Die vor kurzem ge- rung an die Kritiker, innerhalb ei- gründete „Initiative 1954“ (www. ner Woche einen neuen Sponsor initiative1954.de) nimmt Stellung zu besorgen, konnte gar nicht er- zu den Vorkommnissen. füllt werden. Seit 15 Jahren weiß keiner um die Finanzen des Ver- Stadionwelt: Wie kam es zur ak- eins Bescheid. Runge stellte so- Protest der Wuppertaler beim Spiel in Essen Foto: jawattdenn.de tuellen Situation? mit nur erneut die Fans bloß. Initiative 1954: Im Winter 2003 Stadionwelt: Wäre mit dem Rück- dies bekannt würde, wüsste er Volk davon läuft… Es gab einen beschloss der WSV die Fusion mit tritt von Runge das größte Pro- nicht, wo diese Leute noch le- Fanbeauftragten, der war aber Borussia, im Sommer 2004 wur- blem vom Tisch, oder gibt es da ben wollen. Dadurch sahen sich nach dem Rückzug der aktiven de der Erfolgstrainer Kreß aus un- tiefergehende Konfl ikte? einige „Runge-Treue“ genötigt, Fanszene fast arbeitslos und ist geklärten Gründen entlassen und Initiative 1954: Ob Runge einen bekannten Supporters-Mitglieder dann auch zurückgetreten. durch einen ehemaligen Borussia- Rücktritt vom Rücktritt macht, auf der Straße nachzustellen oder Stadionwelt: Wie viele Mitglieder Trainer ersetzt. Dadurch entstan- das weiß letzten Endes nur er. mit Anrufen zu terrorisieren. hat die Initiative 1954? den die ersten Proteste gegen die Sicher ist nur eins: Hauptgeld- Stadionwelt: Wieviele Fanclubs Initiative 1954: Es sind ca. 200 Fusion, die Supporter-Vereinigung geber und 1. Vorsitzender – das sind „Commando Wuppertal“ und Leute, Tendenz steigend. Die gründete sich. Am 11.8.04 eska- passt einfach nicht, wie die ak- „Ultras Wuppertal“ gefolgt und Grenzen zwischen Ultras, Kutten, lierte die Lage, als es nach einem tuelle Situation uns deutlich vor haben sich aus der Liste der offi zi- Normalos, Supportern usw. sind Streit von Fusionsgegnern und Augen hält. Das ist auch eiskalte ellen Fanclubs streichen lassen? quasi nicht mehr da. Wir sind alle -befürwortern zu einem fragwürdi- Berechnung von Runge. Hätte er Initiative 1954: Nimmt man die WSV Fans! Wir sind der Verein! gen Polizeieinsatz kam, den ein seine Schlinge der Abhängigkeit Zahlen der Vereins-Homepage Stadionwelt: Welche Aktionen Fan fast mit dem Leben bezahlte. nicht so eng um den WSV ge- als Grundlage, haben sich bisher habt Ihr durchgeführt? Danach einigte man sich auf eine zogen, könnte er sich nicht so zehn Fanclubs mit 187 Mitgliedern Initiative 1954: Bis jetzt haben Art Waffenstillstand. Die Suppor- verhalten. Seine Verträge wird distanziert. Die Supporter-Vereini- wir es geschafft, bei jedem Spiel ter gingen auf den Verein zu und er aber noch erfüllen. Wenn aber gung mit 228 Mitgliedern wird mit eine Aktion durchzuführen. Unter übernahmen viele Aufgaben im kein Sponsorenpool aufgebaut ziemlicher Sicherheit folgen, das anderem verlassen wir nach dem Fanbereich. Alles auf eigenes fi - wird, um fi nanziell unabhängig macht 415 Fans. 147 organisier- Anpfi ff das Stadion und bleiben nanzielles Risiko. Präsident Run- zu sein, steht der WSV in spä- te Fans bleiben noch auf Borus- dem Spiel 19 Minuten und 54 Se- ge forderte sogar die Supporter testens 1 1/2 Jahren vor der sias Seite. Ein Regime, dem das kunden fern. auf, 200 Mitglieder in den Verein Insolvenz. Die Vereinsstrukturen zu bringen, um die Rückbenen- sind völlig veraltet. Die Leute Anzeige nung durchzubekommen. Zwei kommen einfach nicht damit klar, Jahre war mehr oder weniger Ruhe dass Vereinsmitglieder plötzlich im Verein. Kurz vor der JHV 2006 mal etwas hinterfragen oder das drehte sich Runge um 180 Grad Vereinsrecht studieren. und stellte klar, dass er keine Stadionwelt: Welche Folgen hatte Rückbenennung mehr wolle. die Fusion für die Fanszene? Stadionwelt: Dreht sich der Kon- Initiative 1954: Da sich in den fl ikt nur um die Frage der Rückbe- Medien der Vereinsname ständig nennung? verändert, fehlt etlichen Leuten Initiative 1954: Die ganze JHV die Identifi kation mit dem WSV. war eine Farce. Der Trainer ver- Plötzlich sind wir nur noch als glich traditionsbewusste Fans „Borussen“ bekannt. Die Marke mit religiösen Fanatikern aus WSV ist verloren gegangen. Die dem Mittleren Osten, der Ver- ganze Stadt war im Aufstiegsjahr sammlungsleiter hielt eine Rede im WSV-Fieber, doch nach dem über preußische Tugenden, bei ganzen Theater mit der Fusion ist Abstimmungen schätzte man die der WSV wieder die Lachnummer, Stimmen, Fans wurde das Wort wie in der Oberliga. Die Zuschau- entzogen oder verweigert, und im erzahlen sinken stetig. Man kann Gegenzug forderte die Vereins- eigentlich sagen, die größte Pro- seite immer wieder, die demokra- testgruppierung sind die Leute, tischen Regeln einzuhalten. Zu die nicht mehr kommen. guter Letzt stellte sich Runge vor Stadionwelt: Wie ist der Rückhalt Leute, die den WSV seit 30 oder für euren Protest in der Szene? mehr Jahren überall hin begleiten, Initiative 1954: Es solidarisieren und sagte: „Beweist mal, dass Ihr sich wirklich viele Leute, auch echte WSV- Fans seid!“ Es geht aus Richtungen, mit denen wir den Leuten defi nitiv nicht mehr nie gerechnet hätten. Anfeindun- nur um die Namensfrage, son- gen gibt es natürlich auch. Das dern darum, dass der Verein sei- Internet-Gepöbel ist ja noch halb nen Fans endlich mit dem nötigen so wild. Ein Interview von Runge Respekt entgegen tritt. verursachte aber Anfeindungen Stadionwelt: Runge stellte be- auf einer anderen Ebene. Er warf reits seinen Rücktritt in Aussicht. den Supportern wörtlich vor, die Was hat eurer Meinung nach zu ganze Stadtbevölkerung seit drei dieser Haltung geführt? Jahren zu verarschen, und wenn

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Union Solingen: Auf dem Weg zum Auswärtss piel in Osnabrück, Saison 1983/84

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Union Solingen: Klingenszene in Berlin, Saison 1983/84 Atmo-Oldies gesucht! Stadionwelt sucht Fan-Bilder von vor 1990. Einsendungen an: [email protected] oder Stadionwelt, Schloss str. 23, 50321 Brühl Union Solingen: Klingenszene, Saison 1983/84 Elmar Jacobs Fotos:

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s058_atmo-oldies.indd 58 27.03.2006 00:00:36 Atmosphäre Fan-News Damals bei…

Nicht lustig: Die Spruchbänder zum Karnevals-Derby gegen Leverkusen Foto: Stadionwelt „Sippenhaft-Paragraph“ verhindert Nach Streit mit dem 1. FC Köln gründen Fanclubs einen Dachverband icht wegen der düsteren sportli- de“. „Der Verein kriegt alle Daten, aber chen Lage kochten viele FC-Fans das ist für uns Fanklubs nichts Neues.“ Die Kommentar Nzuletzt vor Wut – Auslöser der maximale Vertragsstrafe beläuft sich laut Fankompatible massiven Proteste war vielmehr ein An- Göllner auf 2.500 Euro Geldstrafe (wenn waltsschreiben des FC an die registrierten die Kartenweitergabe nicht den AGB des Repression Fanklubs. Diese sollten sich vertraglich Vereins entspricht) und Stadionverbot. verp ichten, Karten für Auswärtsspiele Der Stil, mit dem der FC seine Positionen Schon die Frage, ob ein Verein überhaupt nur gegen Vorlage der Personalien aller durchzusetzen versuchte, hat freilich bei seitens der DFL verpfl ichtet werden kann, Union Solingen: Auf dem Weg zum Auswärtss piel in Osnabrück, Saison 1983/84 Käufer weiterzugeben. Die größten Kon- vielen Fans einen bitteren Nachgeschmack präventive Zwangsmaßnahmen wie Regis-  ikte provozierte aber § 5 des Kontrakts. hinterlassen. trierung und Kollektivhaftung zu ergreifen, Danach sollten Fanclubs bzw. deren Vor- Dass Rainer Mendel bei den Verhand- verdient eigentlich eine genauere juristi- stand „haften für den Fall, dass dem 1. FC lungen sofort mit dem FC-Justiziar aufge- sche Betrachtung, denn sollte die rechts- Köln durch das Verhalten des genannten kreuzt war, emp ndet Holger Richter als staatliche Ordnung nicht auch im Stadion Personenkreises ein Schaden entsteht und ziemlich unpassend: „Das war unwürdig.“ ausreichen? Eine Strafe erfolgt, wenn ein dieser beim Schadensverursacher nicht bei- Richter, der die „FanOrga“ (35 Mitglieder) Vergehen stattgefunden hat – nicht vorher. getrieben werden kann.“ Mit dem „Sippen- vertrat, spricht das aus, was viele aktive Bestraft wird nur, wer ein Gesetz gebrochen haft-Paragraphen“ und der Personalisie- Fans derzeit denken: „Als Fan will ich mich hat – sonst könnte ja demnächst auch der rung hatte der FC auf zahlreichen Vorfälle nicht mit Anwälten mit meinem Verein um Busunternehmer in Haftung genommen in den Stadien reagiert, an denen FC-Fans Paragraphen kloppen.“ Göllner p ichtet werden, weil er den randalierenden Fan xxxx beteiligt gewesen waren. Als die Deutsche Richter nach den „unangenehmen Gesprä- zum Spiel gefahren hat. Fußball-Liga (DFL) konkret mit der Strafe chen“, wie er sie nennt, bei: „Von Fanseite Dass der Fanklubvorsitzende nun doch eines „Geisterspiels“ drohte, entwickelte ist man enttäuscht. Das Verhältnis zwi- nicht stellvertretend für seine Fanclubmit- die Geschäftsführung laut Rainer Mendel, schen Fans und Verein sollte so nicht ablau- glieder „dran ist“, wenn es zu Vorfällen in Personalunion FC-Fanbeauftragter und fen.“ Göllner will lieber die „gemeinsamen kommt, ist zwar ein kleiner Erfolg der kriti- „Leiter Mitglieder- und Fanservice“ des Synergien nutzen, anstatt sich gegenseitig schen Fans, im Grunde genommen jedoch Vereins, den im Januar zur Debatte stehen- zu bekämpfen. Es werden noch schwere ein fauler Kompromiss. Denn auch für die den Vertrag (siehe auch Stadionwelt Nr. 16). Zeiten auf uns zukommen, und da braucht Datenregistrierung gibt es keinen vernünf- Zwei Monate später sind die Wogen der FC seine Fans dann wieder. Der FC soll tigen Grund, zumal in Zeiten der videoüber- zwischen Verein und organisierten Fan- seine Anhänger wieder als Fans sehen und wachten Stadien jeder Störenfried binnen klubs nur halbwegs geglättet. Zwar sind nicht als Kunden. Fans stehen immer zu Minuten aus dem Block gezogen und iden- die Fanvertreter mit dem Ergebnis der ihrem Verein, Kunden sind Konsumenten tifi ziert ist. Union Solingen: wochenlangen Verhandlungen zwischen – und da ist der FC schnell wieder out.“ Dass Fans ihrem Verein erst per Anwalt ihnen und dem FC im Grundsatz zufrie- Mendel ist sicher, dass sich die Lage darlegen müssen, dass die besagte Haf- Klingenszene in Berlin, Saison 1983/84 den. So setzte sich der Verein zwar durch wieder beruhigt. „Ich denke, dass sich das tungsklausel sittenwidrig ist – schlimm in dem Punkt, dass nun alle Auswärtsfans Verhältnis normalisieren wird.“ Klar ist genug. Empörend allerdings ist, dass das registriert werden müssen – will heißen: aber, dass das Kraftfeld rund um den Klub Fanprojekt, eine Institution, die von Fans Ein Auswärtsspiel des FC kann ab sofort derzeit neu gewichtet wird. Der Wider- als Sprachrohr ihrer Interessen gegründet nur derjenige besuchen, der entweder stand gegen den Sippenhaft-Paragraphen wurde, sich in dieser Frage zum Vermittler FC-Mitglied ist, über die Fanklubs eine war eine erste Bewährungsprobe für den der Zwangsmaßnahmen macht. Aber wenn Atmo-Oldies Karte erwirbt, oder sich vom Klub für die bereits länger geplanten Fanklub-Dachver- Betriebsräte vornehmlich noch dazu die- entsprechende Auswärtsfahrt registrieren band; die formelle Gründung steht nun am nen, Massenentlassungen „sozialverträg- lässt. Aber die Fansprecher konnten den 9. April an. Ca. 130 Fanklubs mit insgesamt lich“ zu „gestalten“, dann scheint es wohl gesucht! umstrittenen (und juristisch ohnehin nicht etwa 2.000 Mitgliedern haben bereits ihr auch zeitgemäß, dass ein Fanprojekt samt haltbaren) „Sippenhaft-Paragraphen“ doch Interesse bekundet, die Arbeit des neuen Fanbeauftragtem dazu dient, Zwangsmaß- Stadionwelt sucht Fan-Bilder von vor 1990. verhindern. „Eine vernünftige Lösung“ Sprachrohrs der Kurve zu unterstützen. nahmen „fankompatibel“ zu machen. In nennt Rainer Mendel das jetzige Ergebnis, Damit drückt die aktive Fanszene deutlich diesem Sinne: Umbenennung in „Karten- Einsendungen an: [email protected] oder und er räumt auf Nachfrage immerhin ein, aus, dass sie sich vom of ziellen „Fan- und Fahrtenagentur“ sofort und einen Stadionwelt, Schloss str. 23, 50321 Brühl dass es „Nachbesserungsbedarf“ gegeben Projekt“ des Klubs, das die neuen Forma- eigenen Anwalt für jeden Fan bei jedem Union Solingen: Klingenszene, Saison 1983/84 habe. „Wir haben uns letztlich durchge- litäten der Kartenregistrierung abzuwik- Spiel. Sicher ist sicher! Elmar Jacobs Fotos: setzt“, freut sich Pascal Göllner, Vorsitzen- keln hat, nicht ausreichend repräsentiert Helga Wolf der der Ultra-Gruppierung „Wilde Hor- sieht.���Erik Eggers / Helga Wolf

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Lutz Hauser bei der WM in den USA Fotos: privat „Von der WM erwarte ich gar nichts!“ Wieso ein langjähriger Nationalmannschaftsallesfahrer bei der WM im eigenen Land nicht mit der deutschen Mannschaft reist.

Lutz Hauser, langjähriger Nationalmann- Hauser: Genau. Man sieht was von der war für mich das letzte, das noch Spaß schaftsfahrer, ist bei den Weltmeisterschaf- Welt, kommt mit anderen Kulturen in gemacht hat, aber es war eben auch der ten in Italien, den USA und Frankreich dabei Berührung. Ich  nde Gefallen daran, das Auslöser für die Kommerzialisierung des gewesen. Nachdem er aufgrund der hohen alles zu erleben und in mich aufzusau- Fußballs in Europa. Dort haben die FIFA- Kosten nicht nach Südkorea und Japan konn- gen. Die besondere Stimmung, die dabei Bosse gelernt, was alles möglich ist. Als te, wird er auch in Deutschland nicht der Na- in der Luft liegt. Mir hat das immer Spaß ich 1990 mit dem Hamburger Fanprojekt tionalmannschaft hinterherreisen – weil ihm gemacht. Und die Kontakte von den nach Italien gefahren bin, war das noch das Turnier zu kommerziell geworden ist. Er Turnieren kreuz und quer durch die ver- ganz anders. Zum Vergleich: Ich habe in erklärt, was für ihn den Reiz an der Weltmei- schiedenen Fanszenen p ege ich immer Italien auf dem Schwarzmarkt eine Fi- sterschaft ausgemacht hat, und was ihn mitt- noch. nalkarte für damals 100 Mark ergattert. lerweile stört. Stadionwelt: Auch in diesem Jahr in Nach 1994, bei der EM in England ging Deutschland? es mit den überteuerten Karten los. 1998 Stadionwelt: Lutz, du bist einer der jeni- Hauser: Nein. Dieses Jahr nicht mehr. Zu- waren die Preise bereits richtig versaut. gen, die seit 1990 alle Weltmeisterschaf- mindest nicht bei der Weltmeisterschaft. Da begannen die Schwarzmarktpreise ten mitgenommen haben. Warum? Mittlerweile fahre ich nur noch zu Qua- bei 300 Mark Minimum. Das Viertel na- Hauser: Alle stimmt nicht. Japan und li kationsspielen und Freundschaftsspie- le hat mich 350 Mark pro Karte gekostet. Südkorea waren einfach zu teuer für len in Großbritannien und Irland. Da hat Für das Halb nale Brasilien – Holland mich, da ich immer mit meiner Freundin man noch den Spaß, den man bei einer wollten Händler von mir dann 3.000 fahre. Und dann läppert sich das halt. Weltmeisterschaft oder einer Europamei- Mark pro Karte haben. Ich habe abge- Der Grund mitzufahren ist aber einfach: sterschaft einfach nicht mehr hat. lehnt und bin deprimiert nach Hamburg Ich habe viele Leute bei den Länderspie- Stadionwelt: Wie meinst Du das? zurückgefahren. Ohne vorher noch beim len kennen gelernt, die eben auch die Hauser: Der Kommerz rund um die Tur- Finale mein Glück zu versuchen. Das Turniere gefahren sind. Man trifft sich niere hat Dimensionen angenommen, die war mein schlimmstes Erlebnis bei einer halt in den fremden Ländern, feiert zu- ich nicht mehr tolerieren will und kann. WM und auch gewissermaßen der erste sammen das Wiedersehen, die Siege und Auch die Kartenpolitik sorgt dafür, dass Schritt dazu, dieser Abzocke den Rücken sich selbst. es keinen Spaß mehr macht. Seit der WM zu kehren. Andererseits waren aber auch Stadionwelt: Man spürt also das besonde- 1994 in den USA hat die Ausbeutung der Spiele wie Chile – Kamerun für 5 Mark zu re Flair… Fans stetig zugenommen. Dieses Turnier schießen…

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Stadionwelt: Und dein schönstes Erleb- Stadionwelt: Stichwort Ausschreitungen nis? – erwartest du in Deutschland Ärger? Zur Person: Hauser: Natürlich das Finale 1990. Ei- Hauser: Ja, auf jeden Fall. Dort, wo die gentlich das gesamte Turnier. Wir wa- Engländer spielen, wird es Krawall ge- Lutz Hauser ist 38 Jahre alt und von Be- ren mit dem Hamburger Fanprojekt da, ben. Davon gehe ich aus. Jedoch glaube ruf Koch. Mit seiner Freundin lebt er in hatten ein Lager an der Adria – und trotz ich nicht, dass es zur „Völkerschlacht Hamburger-Rahlstedt. Lutz besucht seit einiger Kartenprobleme und anderer Er- Reloaded“ wird. Ein paar kleine Schar- dem Jahr 1982 die Spiele des Hamburger eignisse war es das tollste Flair bei einem mützel und Kneipenschlägereien wird es Sport-Vereins und ist Mitbegründer des Turnier, das ich erlebt habe. Die Krönung vielleicht geben. Das, was man auch auf HSV-Fanclubs „Krawattenfront“. 1986 war, dass ich am Stadion noch die Karte jedem Schützenfest  nden kann. Aber sah er in Kopenhagen sein erstes Län- für das Spiel bekam und die Weltmeis- bestimmt nichts Großes. Das werden al- derspiel der deutschen Nationalmann- terschaft im Olympiastadion hautnah lerhöchstens die Medien daraus machen. schaft, der er seitdem hinterherreiste. mitbekommen durfte. Andere hatten da Stadionwelt: Du hast angedeutet, dass Mittlerweile hat Lutz sich von den interna- bei weitem nicht so viel Glück. Ein geni- Du der WM im eigenen Land fernbleiben tionalen Fußballturnieren zurückgezogen ales Gefühl! wirst. Warum? und folgt dem deutschen Handballteam. Stadionwelt: Du kannst sicher auch die Hauser: Ganz einfach, ich habe keine Kar- Lediglich bei Freundschafts- und Qualifi - eine oder andere Anekdote erzählen, ten. Ich habe gar nicht erst versucht zu kationsspielen auf der Insel ist er noch oder? bestellen, weil ich sowieso keine bekom- bei DFB-Begegnungen anzutreffen. Hauser: Ja, klar. In New York am Busbahn- men hätte. Vielleicht werde ich spontan hof haben wir 1994 nach dem Ausschei- versuchen, auf dem Schwarzmarkt Ti- den der deutschen Elf Helmut Schulte ckets zu bekommen oder bei einer Kar- ohne Karten jedenfalls nicht. Genau so gesehen, wie er versuchte, seine Halb - tenbörse. Eigentlich habe ich aber keine wenig wie eines der Fanfeste besuchen. nalkarten an den Mann zu bringen. Für Lust auf die WM. Zumindest nicht auf Das sind in meinen Augen Werbeveran- den Schwarzmarkt schien er allerdings Deutschland-Spiele. Die Stimmung dort staltungen der FIFA-Sponsoren, die dort nicht geboren zu sein. Ich habe gut über ist immer mehr zur Friedhofsatmosphä- die Fans mit ihren Artikeln zumüllen. ihn gelacht, bis ich mich interessehalber re verkommen. Die echten Fans bekom- Darauf kann ich getrost verzichten. Das auf dem Schwarzmarkt umgesehen habe. men kaum Karten, und wenn, dann nicht ist mir viel zu kommerziell. Ich fahre Ich war einer von 100 Leuten, die über zusammenhängend. Im Stadion sitzen mittlerweile lieber zur Handball-WM be- Lutz Hauser bei der WM in den USA Fotos: privat den DFB Karten bekommen hatten und Neckermänner, VIPs und Angestellte der ziehungsweise -EM. musste leider feststellen, dass diese nach WM-Sponsoren. Außerdem der Fanclub Stadionwelt: Warum das? Das ist ja eher dem Ausscheiden Deutschlands nun un- Nationalmannschaft, in den doch auch ungewöhnlich für Fußballfans. ter Preis zu haben waren. Schöner Mist! nur Leute eingetreten sind, weil sie Kar- Hauser: Ich bin dazu gekommen, weil „Von der WM erwarte ich gar nichts!“ In Chicago haben wir damals noch Win- ten brauchen. Von den deutschen Alles- ich auch zum HSV Hamburg (Handball- nie Schäfer in der Disco getroffen. Der fahrern sind da doch die wenigsten drin. Sport-Verein Hamburg) gehe. Mittlerwei- Wieso ein langjähriger Nationalmannschaftsallesfahrer bei der WM baggerte wie blöde an der einheimischen Bei anderen Spielen mit Chancen auf le war ich bei der WM 2005 in Tunesien im eigenen Land nicht mit der deutschen Mannschaft reist. Damenwelt rum, hatte aber keinen Er- Karten könnte ich mir eventuell einen und bei der EM 2006 in der Schweiz. Dort folg. Besuch vorstellen, zum Beispiel bei Costa sind die Turniere längst nicht so vom Aus Italien sind mir noch die Krawalle Rica – Ecuador. Kommerz verseucht, wie es beim Fuß- Lutz Hauser, langjähriger Nationalmann- Hauser: Genau. Man sieht was von der war für mich das letzte, das noch Spaß von Mailand in Erinnerung. Ich hatte Stadionwelt: Und wenn du keinen Erfolg ball der Fall ist. Die Tickets sind weitaus schaftsfahrer, ist bei den Weltmeisterschaf- Welt, kommt mit anderen Kulturen in gemacht hat, aber es war eben auch der einen erhöhten „Aussichtsturm“ und hast? Besuchst du die Fanfeste oder die günstiger, man kommt nachmittags in die ten in Italien, den USA und Frankreich dabei Berührung. Ich  nde Gefallen daran, das Auslöser für die Kommerzialisierung des konnte beobachten, wie die Italiener Innenstädte? Halle und kann mehrere Spiele an einem gewesen. Nachdem er aufgrund der hohen alles zu erleben und in mich aufzusau- Fußballs in Europa. Dort haben die FIFA- kleine Grüppchen von Deutschen in die Hauser: Unter Umständen werde ich mal Tag sehen. Auch wird man nicht mit Wer- Kosten nicht nach Südkorea und Japan konn- gen. Die besondere Stimmung, die dabei Bosse gelernt, was alles möglich ist. Als Arme der Carabinieri trieben. Später, am in die Hamburger Innenstadt schauen. beartikeln belästigt, was natürlich daran te, wird er auch in Deutschland nicht der Na- in der Luft liegt. Mir hat das immer Spaß ich 1990 mit dem Hamburger Fanprojekt Stadion, stand die Polizei mit riesigen Wobei man neben Tschechien – Italien liegt, dass Handball nicht so sehr von der tionalmannschaft hinterherreisen – weil ihm gemacht. Und die Kontakte von den nach Italien gefahren bin, war das noch Aktenordnern voller Fahndungsfotos nur auf das Viertel nale in Hamburg Öffentlichkeit wahrgenommen wird wie das Turnier zu kommerziell geworden ist. Er Turnieren kreuz und quer durch die ver- ganz anders. Zum Vergleich: Ich habe in am Eingang und machte Gesichtskon- hoffen kann. Ansonsten sind die Mann- König Fußball. Beim Handball erlebt man erklärt, was für ihn den Reiz an der Weltmei- schiedenen Fanszenen p ege ich immer Italien auf dem Schwarzmarkt eine Fi- trollen. Eine nervige Prozedur. Und zeit- schaften vom Fanpotenzial her ja eher noch das Spiel und nicht das Event. sterschaft ausgemacht hat, und was ihn mitt- noch. nalkarte für damals 100 Mark ergattert. aufwändig. uninteressant. Umherreisen werde ich Stadionwelt: Eine interessante Meinung. lerweile stört. Stadionwelt: Auch in diesem Jahr in Nach 1994, bei der EM in England ging Trotzdem hätten wir gern noch die Er- Hauser packt ein: diese Zaunfahne ist mittlerweile bei Fußball-Länderspielen kaum noch zu sehen Deutschland? es mit den überteuerten Karten los. 1998 wartungen des Fußballfans Lutz Hau- Stadionwelt: Lutz, du bist einer der jeni- Hauser: Nein. Dieses Jahr nicht mehr. Zu- waren die Preise bereits richtig versaut. ser an die Weltmeisterschaft im eigenen gen, die seit 1990 alle Weltmeisterschaf- mindest nicht bei der Weltmeisterschaft. Da begannen die Schwarzmarktpreise Land. ten mitgenommen haben. Warum? Mittlerweile fahre ich nur noch zu Qua- bei 300 Mark Minimum. Das Viertel na- Hauser: Ich erwarte von der Weltmeister- Hauser: Alle stimmt nicht. Japan und li kationsspielen und Freundschaftsspie- le hat mich 350 Mark pro Karte gekostet. schaft überhaupt nichts. Besonders nicht Südkorea waren einfach zu teuer für len in Großbritannien und Irland. Da hat Für das Halb nale Brasilien – Holland von den deutschen Spielen, wo keine mich, da ich immer mit meiner Freundin man noch den Spaß, den man bei einer wollten Händler von mir dann 3.000 richtige Fanszene mehr existiert. Klar, die fahre. Und dann läppert sich das halt. Weltmeisterschaft oder einer Europamei- Mark pro Karte haben. Ich habe abge- Engländer werden wie immer den Ton Der Grund mitzufahren ist aber einfach: sterschaft einfach nicht mehr hat. lehnt und bin deprimiert nach Hamburg angeben, die Holländer werden mit ihrem Ich habe viele Leute bei den Länderspie- Stadionwelt: Wie meinst Du das? zurückgefahren. Ohne vorher noch beim Karnevalspublikum laut sein, aber keine len kennen gelernt, die eben auch die Hauser: Der Kommerz rund um die Tur- Finale mein Glück zu versuchen. Das wirkliche Fußballatmosphäre entfachen. Turniere gefahren sind. Man trifft sich niere hat Dimensionen angenommen, die war mein schlimmstes Erlebnis bei einer In Sachen Kommerz sieht man ja schon halt in den fremden Ländern, feiert zu- ich nicht mehr tolerieren will und kann. WM und auch gewissermaßen der erste jetzt, wie die FIFA versucht, das „Werbe- sammen das Wiedersehen, die Siege und Auch die Kartenpolitik sorgt dafür, dass Schritt dazu, dieser Abzocke den Rücken monopol“ ihrer Partner durchzusetzen. sich selbst. es keinen Spaß mehr macht. Seit der WM zu kehren. Andererseits waren aber auch Da werden sich die Fans zur WM wahr- Stadionwelt: Man spürt also das besonde- 1994 in den USA hat die Ausbeutung der Spiele wie Chile – Kamerun für 5 Mark zu scheinlich vor Werbeartikeln nicht mehr re Flair… Fans stetig zugenommen. Dieses Turnier schießen… retten können.���Philipp Markhardt

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s062-063_Fannews.indd 62 27.03.2006 00:02:10 s062-063_Fannews.indd 63 27.03.2006 00:02:28 WM 2006 Leben in Vier-Jahres-Abschnitten Warum sich Fußballabstinenzler zur Weltmeisterschaft bekehren lassen sollten

m Fußball kommt derzeit kaum jemand vorbei. Nur ein handverlesenes Häu ein entzieht sich kurz vor der AFußballweltmeisterschaft seiner Verzückung. An diese tapferen Widerständler richtet sich der folgende Text – aller- dings nicht, um sie zu bestärken, sondern um sie zu bekehren. Wie das? Fußball, so habe ich es erfahren,  ndet auf mehreren Ebenen statt. Die Resistenten erkennen meist nur die Ergebnise- bene. 2:1, 1:3 sogar 4:4, alles langweilig, zugegeben. Aber eben eine beschränkte Wahrnehmung. Denn die persönliche, die indi- viduelle, die empiristische Ebene dahinter, die sollte freilich auch Abstinenzler berücken. Manchmal nämlich verknüpfen sich gan- ze Biogra en mit Fußballerlebnissen. Weltmeisterschaften struk- turieren wie alle regelmäßigen Feste und Traditionen die Zeit. Deshalb sind sie – unabhängig vom Inhalt – bedeutsam. Finden sie nur alle vier Jahre statt, haften die Erinnerungen eines ganzen Menschenlebens an diesen wenigen Ereignissen wie Merkzettel an einem Kühlschrank. Man kann das belegen, zumindest wenn 1990: Deutschland ist Weltmeister, Schulte Afrikaner Foto: picture-alliance/dpa man 40 Jahre alt ist, so wie ich. Meine erste WM erlebte ich 1970. Mein großer Bruder trich- Auch die nächste WM tat weh. Ihr Stachel bohrt bis heute in terte mir nach dem Spiel um den dritten Platz ein, Deutschland meinem Fleisch. Hatte ich bis dahin geglaubt, die ganze Welt sei fast Weltmeister geworden. Ich erinnere mich zwar genau würde sich um eine Fußball-WM sortieren, wie die Gesindehäu- an die Szenerie – er steht mit knif ger Lederhose am Vorgar- ser ums Schloss, so brach es jetzt über mich herein, dass auch tenzaun –, doch die Essenz seiner Ausführungen begriff ich andere zentrale Bauwerke das Leben bestimmten. Die Schule nicht. Das Wörtchen „fast“ klang mir noch zu abstrakt. Ich ließ zum Beispiel. Ui, war ich schlecht. In Argentinien bei der WM es kurzerhand weg und erzählte den staunenden Nachbars- 1978 zeigte sich, dass Recken wie Maier und Vogts von ’74 inzwi- kindern meine Variante der Geschichte. Die war falsch. Aber schen zu alt geworden waren. So wie ich auch. In meiner neuen in meinen Ohren kreißte sie und gebar den Mythos „Deutsch- Klasse jedenfalls waren fast alle ein Jahr jünger als ich. Ich habe land“. Was immer dieses Deutschland auch sein mochte, es es der Deutschen Mannschaft damals nicht verziehen, dass sie musste etwas ganz Besonderes sein. Das bestätigte sich 1974, mich mit in den Abgrund zog. 1982 boykottierte ich deshalb so- als ich die WM schon etwas bewusster miterlebte, ihre Spiel- gar das Endspiel der Deutschen gegen die Italiener. Im Eltern- ausgänge und Torschützen geradezu in mein Gedächtnis täto- haus meiner Freundin, eine erblich belastete CDU-Jungwählerin, wierte. Der Deutsche Gerd Müller etwa erzielte auf dem Weg hatte niemand etwas für proletarischen Fußball übrig. Das Prin- zum WM-Sieg gegen Jugoslawien ein Tor im Liegen. Im  eb- zip Fankurve lebte die Familie dennoch aus: auf der Polstergar- rigen Deutschland-Wahn ahmte ich ihn nach, zigmal – märty- nitur. Als kurz nach der WM Helmut Schmidt den Reichsapfel rerhaft sogar auf der Spiel äche von Frechen 20, die leider nur an Helmut Kohl weiterreichen musste, beschmutzten die Eltern ein knüppelharter Aschenplatz war. Doch die Schmerzen der den unterlegenen politischen Gegner mit ihren zwei originellsten handtellergroßen Schürfwunden – im Fußballerjargon zucker- Vokabeln: Verbrecher und Arschloch. Dazu gebärdeten sie sich süß Pfannkuchen genannt – ertrug ich weltmeisterlich … und in Oliver-Kahn-Manier mit Schluffen auf dem Ledersofa und irgendwie auch gerne. vollführten, je nach Disse, einen anderen bedrohlichen Hip Hop- artigen Move. Trotz dieser gewöhnungsbedürftigen Verlagerung von Leidenschaften fühlte ich mich in ihrem Haus recht wohl. Als Deutschland mit 1:3 im Finale unterging, spielte ich dort mit meiner Gundula friedlich Backgammon. Mit der Deutschen Elf wurde ich auch 1986 noch nicht ganz warm. Mit meiner neuen Freundin schon. Ich höre noch genau das Elfmeterdrama zwischen Deutschland und Mexiko. Um das Radio nicht unnötig laut zu stellen, faltete ich mich und presste mein Ohr auf den einzigen Lautsprecher in der Mittelkonsole. Barbara schlief neben mir sanft auf dem Beifahrersitz. Da wir bei- de noch bei den Eltern wohnten, wohnten wir eigentlich in ihrem VW Golf. Jetzt standen wir auf irgendeinem Parkplatz und ver- brachten die Nacht miteinander. Kurz zuvor hatte uns noch ein Sitz genügt. Danach war sie eingeschlafen. Ich begrüßte das. So konnte ich rechtzeitig zum fußballerischen Showdown WDR 2 andrehen und ausnahmsweise einmal jemand anderen als sie an- himmeln. Der deutsche Elfmetertöter Toni Schumacher sah zum Glück nicht annähernd so attraktiv aus wie Barbara. Aber in jener Nacht erregte der Grobian bei mir ähnlich intensive Wallungen wie es ihre Weiblichkeit einige Augenblicke zuvor vermocht hat- 1974: Vogts köpft, Schulte holt sich Pfannkuchen Foto: picture-alliance/dpa te – wenngleich anderer Natur.

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Leben in Vier-Jahres-Abschnitten Off WM – Die Aktivitäten neben der Nebensache Offi ziell steht auf der Packung „Fußball-Welt- Regierung weiß die WM geradlinig für die ei- lich verschaukelt fühlen: Sie stammt aus Warum sich Fußballabstinenzler zur Weltmeisterschaft bekehren lassen sollten meisterschaft“. Drin ist was ganz anderes: genen populistischen Ziele einzuspannen. Holland. Guus Hiddink kann sie fehlerfrei nur ganz wenig Fußball, viel Kommerz und Die Abgaben auf Sekt und Champagner wer- sagen. „So geht man hier mit Fußball um“, m Fußball kommt derzeit kaum jemand vorbei. Nur jede Menge Brimborium. Fußball-Gedichte den dieses Jahr nicht angehoben. Offi zielle sagt Aussie-Amateurkicker Chris Goodman, ein handverlesenes Häu ein entzieht sich kurz vor der von Elfriede Jelinek auf Litfasssäulen zum Begründung des Finanzministers Gordon “mit Kultur wie in Deutschland bringt diesen AFußballweltmeisterschaft seiner Verzückung. An diese Beispiel. Oder die Wahl zur Miss WM, für Brown: Man wolle die Fans nicht über Ge- Sport hier niemand in Verbindung.“ tapferen Widerständler richtet sich der folgende Text – aller- die das OK eigens einen rüstigen Leiter bühr belasten, wenn sie die WM-Erfolge be- Da sind die Afrikaner anders. Im gha- dings nicht, um sie zu bestärken, sondern um sie zu bekehren. im Rentenalter installierte – Bewerbungs- gießen. Überhaupt zeigt sich die Britische naischen Kumasi basteln einige unverbes- Wie das? Fußball, so habe ich es erfahren,  ndet auf mehreren schluss 20. April, dies nur für alle, die sich Regierung gut vorbereitet. Für die Zeit der serliche Optimisten bereits jetzt an dem Ebenen statt. Die Resistenten erkennen meist nur die Ergebnise- Chancen ausrechnen. Eine Kölner Zeitung WM stockt sie ihre Botschaft in Deutsch- Museum für den Weltmeister 2006 – natür- bene. 2:1, 1:3 sogar 4:4, alles langweilig, zugegeben. Aber eben forderte zur WM sogar auf, die angolani- land um 20 Mitarbeiter auf. Schon jetzt hat lich Ghana. Was die Kulturschaffenden mit eine beschränkte Wahrnehmung. Denn die persönliche, die indi- schen Fans mit Samba-Trommeln zu be- sie als kleine Orientierungshilfe für die eng- der Mannschaft vorhaben, wenn sie in der viduelle, die empiristische Ebene dahinter, die sollte freilich auch grüßen. Die Afrikaner würden staunen. Die lischen Fans eine Fußball-Übersetzungshil- Vorrunde ausscheidet, ist zum Glück nicht Abstinenzler berücken. Manchmal nämlich verknüpfen sich gan- Samba stammt aus dem fernen Brasilien. fe ins Internet gestellt. (http://www.britis- überliefert. ze Biogra en mit Fußballerlebnissen. Weltmeisterschaften struk- Die WM gleitet ins Bizarre. Fußball-Thea- hembassyworldcup.com/football_glossary. Die vernünftigste Maßnahme im Vorfeld der turieren wie alle regelmäßigen Feste und Traditionen die Zeit. ter, Fußball-Ballett, Fußball-Symphonien für pdf ) Dort erhält Fan so wichtige Idiome wie WM ergriffen freilich Ärzte verschiedener Deshalb sind sie – unabhängig vom Inhalt – bedeutsam. Finden Blechmusik. Deutschland hat den Blick fürs „He was sick as a parrot“. „Er kotzte wie Nationen. Sie untersuchten vor geraumer sie nur alle vier Jahre statt, haften die Erinnerungen eines ganzen Wesentliche verloren. Im Ausland schaut ein Reiher“. Zeit das Herzinfarktrisiko der Zuschauer Menschenlebens an diesen wenigen Ereignissen wie Merkzettel man der WM gelassener entgegen. Für die Unverkrampft geht auch der australische bei wichtigen Fußballspielen. Das Ergeb- an einem Kühlschrank. Man kann das belegen, zumindest wenn 1990: Deutschland ist Weltmeister, Schulte Afrikaner Foto: picture-alliance/dpa deutschen Kapriolen fehlt einigen das Ver- Fernsehsender SBS mit der WM um. Er hat nis: Wenn das eigene Team verliert, ist die man 40 Jahre alt ist, so wie ich. ständnis. „Die Deutschen sollten sich auf kürzlich Stephanie Brantz zu seiner Haupt- Wahrscheinlichkeit eines Infarkts höher. Meine erste WM erlebte ich 1970. Mein großer Bruder trich- Auch die nächste WM tat weh. Ihr Stachel bohrt bis heute in den Fußball konzentrieren“, sagt Gordon berichterstatterin des Turniers ernannt. Lei- Gerade diesmal also gefährliche Zeiten für terte mir nach dem Spiel um den dritten Platz ein, Deutschland meinem Fleisch. Hatte ich bis dahin geglaubt, die ganze Welt Foote, Stammgast bei Coventry City, „wir der hat Miss Brantz erklärtermaßen von Fuß- Deutschland-Fans. Ob in San Marino ande- sei fast Weltmeister geworden. Ich erinnere mich zwar genau würde sich um eine Fußball-WM sortieren, wie die Gesindehäu- kommen einfach zu ihnen rüber und feiern ball keinen blassen Schimmer. Die „football re Todesarten als der Herzinfarkt überhaupt an die Szenerie – er steht mit knif ger Lederhose am Vorgar- ser ums Schloss, so brach es jetzt über mich herein, dass auch eine wilde Party. Mehr nicht. Alles andere mum“ arbeitete bislang als Naturheilkund- bekannt sind, darüber schweigt sich die tenzaun –, doch die Essenz seiner Ausführungen begriff ich andere zentrale Bauwerke das Leben bestimmten. Die Schule interessiert uns nicht.“ Auch die britische lerin. Trostpfl aster für alle, die sich fach- Studie der Ärzte übrigens aus. nicht. Das Wörtchen „fast“ klang mir noch zu abstrakt. Ich ließ zum Beispiel. Ui, war ich schlecht. In Argentinien bei der WM es kurzerhand weg und erzählte den staunenden Nachbars- 1978 zeigte sich, dass Recken wie Maier und Vogts von ’74 inzwi- kindern meine Variante der Geschichte. Die war falsch. Aber schen zu alt geworden waren. So wie ich auch. In meiner neuen 1990 begann meine Neuzeit in der Geschichte des Tur- Fahrradlenker und kurvte uns geschickt zur Partie Deutschland in meinen Ohren kreißte sie und gebar den Mythos „Deutsch- Klasse jedenfalls waren fast alle ein Jahr jünger als ich. Ich habe niers. Seither richte ich im WM-Studio Schulte für Freunde – Irland ins Büro, wo die Tekkies einen Beamer installiert hatten. land“. Was immer dieses Deutschland auch sein mochte, es es der Deutschen Mannschaft damals nicht verziehen, dass sie das Eröffnungsspiel aus. Als Kamerun damals Argentinien 90 Minuten brauchte ich mich nicht um Claas zu kümmern. Das musste etwas ganz Besonderes sein. Das bestätigte sich 1974, mich mit in den Abgrund zog. 1982 boykottierte ich deshalb so- ein blaues Auge verpasste, fackelten wir mit unseren Wun- erledigten gleich mehrere hormonverirrte Kolleginnen, aus denen als ich die WM schon etwas bewusster miterlebte, ihre Spiel- gar das Endspiel der Deutschen gegen die Italiener. Im Eltern- derkerzen vor lauter Übermut beinahe das Jagdzimmer un- der Mutterinstinkt hervorquoll. Ein hil oser Mensch, der kaum ausgänge und Torschützen geradezu in mein Gedächtnis täto- haus meiner Freundin, eine erblich belastete CDU-Jungwählerin, serer WG ab. Seit einigen Semestern studierte ich nämlich größer war als eine Katze, von dem konnten sie nicht lassen. wierte. Der Deutsche Gerd Müller etwa erzielte auf dem Weg hatte niemand etwas für proletarischen Fußball übrig. Das Prin- erfolglos Afrikanistik. Wenn schon ich nichts auf die Reihe Und diesmal, 2006? Ein neuer Sohn wird nicht mehr auftau- zum WM-Sieg gegen Jugoslawien ein Tor im Liegen. Im  eb- zip Fankurve lebte die Familie dennoch aus: auf der Polstergar- bekam, dann doch bitteschön Kameruns Kicker. Dass schließ- chen, das steht fest, eine neue Freundin ebenfalls nicht. Vielleicht rigen Deutschland-Wahn ahmte ich ihn nach, zigmal – märty- nitur. Als kurz nach der WM Helmut Schmidt den Reichsapfel lich die deutsche Mannschaft das Turnier gewann, deutete spreche ich später einmal von der WM, die vor der Haustür statt- rerhaft sogar auf der Spiel äche von Frechen 20, die leider nur an Helmut Kohl weiterreichen musste, beschmutzten die Eltern ich nicht als Menetekel. Zu spät erst brach ich die Uni ab. fand und die dennoch keine Tickets für uns übrig hatte. Oder von ein knüppelharter Aschenplatz war. Doch die Schmerzen der den unterlegenen politischen Gegner mit ihren zwei originellsten Viele meiner damaligen Freunde aus der Germanistik sind der, die so mit Geld voll gepfropft war, dass sogar ich ein paar handtellergroßen Schürfwunden – im Fußballerjargon zucker- Vokabeln: Verbrecher und Arschloch. Dazu gebärdeten sie sich heute sehr erfolgreich. Münzen Autorenhonorar von ihr abzwackte. Oder von der, die süß Pfannkuchen genannt – ertrug ich weltmeisterlich … und in Oliver-Kahn-Manier mit Schluffen auf dem Ledersofa und 1998 verdingte ich mich immer noch als gefühlter Student. meinen Söhnen den Fußball vergraulte, weil die MGs und Panzer irgendwie auch gerne. vollführten, je nach Disse, einen anderen bedrohlichen Hip Hop- Zum Eröffnungsspiel schenkte mir Jugendfreund Andreas ein der Bundeswehr bedrohlicher wirkten als alle sportlichen Gegner artigen Move. Trotz dieser gewöhnungsbedürftigen Verlagerung schneidiges Ronaldo-Shirt. Ich trage es noch heute. Inzwischen zusammen. Vielleicht schreiben sie es irgendwann für die aller- von Leidenschaften fühlte ich mich in ihrem Haus recht wohl. riecht es streng, deshalb klebt es nur noch beim Altherrensport letzten Fußball-Widerständler auf, meine Söhne. In knapp 40 Jah- Als Deutschland mit 1:3 im Finale unterging, spielte ich dort mit auf meinen Leib. Dennoch mag ich kaum ein Kleidungsstück ren wäre ein guter Zeitpunkt dafür.���Andreas Schulte meiner Gundula friedlich Backgammon. lieber. Dieses Shirt ist ein Meta-Shirt: Die WM markiert die Mit der Deutschen Elf wurde ich auch 1986 noch nicht ganz Zeit, das Shirt steht für die WM. So hilft es mir, mich in mei- Anzeige warm. Mit meiner neuen Freundin schon. Ich höre noch genau ner tristen persönlichen Zeitleiste zurechtzu nden. Denn wo das Elfmeterdrama zwischen Deutschland und Mexiko. Um das nichts ist, fällt Orientierung schwer. Die genaue Kenntnis um Radio nicht unnötig laut zu stellen, faltete ich mich und presste die eigene Vergangenheit aber gibt mir Sicherheit. Ronaldo mein Ohr auf den einzigen Lautsprecher in der Mittelkonsole. und ich werden deshalb so lange gemeinsam weiter stinken, Barbara schlief neben mir sanft auf dem Beifahrersitz. Da wir bei- bis entweder sein oder mein Gewebe zerbröselt. de noch bei den Eltern wohnten, wohnten wir eigentlich in ihrem Im Jahr 2002 sah ich mich urplötzlich mit einer zweifachen VW Golf. Jetzt standen wir auf irgendeinem Parkplatz und ver- Vaterschaft konfrontiert. Sohnemann zwei wollte die WM un- brachten die Nacht miteinander. Kurz zuvor hatte uns noch ein bedingt von Beginn an miterleben. Deshalb kroch er fast zwei Sitz genügt. Danach war sie eingeschlafen. Ich begrüßte das. So Monate zu früh aus seiner Mutter heraus. Windeln statt WM, konnte ich rechtzeitig zum fußballerischen Showdown WDR 2 das roch so gar nicht nach Fußballvergnügen. Aber Claas andrehen und ausnahmsweise einmal jemand anderen als sie an- machte mir die Sache leicht, denn er wog nicht viel. Weil er so himmeln. Der deutsche Elfmetertöter Toni Schumacher sah zum überstürzt aus der Gebärmutter ausgebrochen war, brachte er Glück nicht annähernd so attraktiv aus wie Barbara. Aber in jener kaum 2.000 Gramm auf die Waage, als die Ärzte ihn aus dem Nacht erregte der Grobian bei mir ähnlich intensive Wallungen Exil seines Brutkastens nach Hause schickten. Damit passte wie es ihre Weiblichkeit einige Augenblicke zuvor vermocht hat- der handliche Knirps exakt in meine alte Adidas-Sporttasche. 1974: Vogts köpft, Schulte holt sich Pfannkuchen Foto: picture-alliance/dpa te – wenngleich anderer Natur. Also hakte ich mein menschliche Handgepäck an meinen

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FIFA-Website einen Besuch abstatteten, dass man bei tausenden von Kartenüber- Schon seit eineinhalb Jahren wird über beseelt von der schwachen Hoffnung, in tragungen nicht jedes Mal Atteste und die Ticketbestimmungen verhandelt und der derzeit laufenden vierten Verkaufs- sonstige Dokumente einfordern oder diskutiert, doch erst jetzt zeichnet sich phase irgendwie doch noch auf of ziel- sich durch Familienstammbäume wüh- ab, dass der Verkauf und die Übertra- lem Weg eine der letzten frei verkäu i- len könne. gung von Tickets voraussichtlich nicht chen WM-Eintrittskarten zu erhaschen, Noch dicker könnte es für die WM-Or- zu verbieten sein wird. Die Verunsiche- waren die Bestellformulare  ächen- ganisatoren kommen, falls am 20. April rung hielt lange genug an, um einen ei- deckend rot eingefärbt: Halt, stop, hier das Amtsgericht Frankfurt den Verkauf nigermaßen geordneten Kartenverkauf geht’s nicht weiter. Kein Spiel verfügbar, zweier Eintrittskarten über eBay für durchführen zu können. Die meisten in keiner Kategorie oder Güteklasse. rechtens erklärt und damit einen Passus Fußballfans orientierten sich bei ihren All jene, die sich angesichts dieser der Allgemeinen Ticketing-Geschäftsbe- Bestellungen am Eigenbedarf, mit dem andauernden Erfolglosigkeit von Tor- dingungen kippt. Juristen halten diesen Hamstern begannen scheinbar nur we- schlusspanik gepackt nach anderen, we- Ausgang, der dem Schwarzhandel Tür nige. Hätte die Öffentlichkeit schon zu- niger of ziellen Möglichkeiten des Tik- und Tor öffnen würde, für wahrschein- vor gewusst, wie einfach und lukrativ keterwerbs umsehen wollten, versuchte lich. Dem OK droht vor Gericht eine wei- der Weiterverkauf von WM-Tickets sein OK-Vizepräsident Horst R. Schmidt per tere Niederlage. würde, wären in der ersten Bestellphase Pressemeldung auf den rechten Weg Doch Moment! Während das Bemü- nicht gut 10 Millionen Kartenwünsche zurückzuführen. Das Ticketportal, das hen des OK, die Kontrolle über den Tik- beim OK eingetrudelt, sondern alleine am 27. März freigeschaltet werde, biete ket-Handel zu behalten, auf den ersten aus Deutschland über 570 Millionen: die allen Fans eine zusätzliche Möglichkeit, Blick wie der Kampf Don Quichotes ge- maximal zulässigen sieben pro Bundes- auf reguläre Art und Weise Karten zu gen die Windmühlen wirkt, ist jede Nie- bürger nämlich. bekommen. Es gebe daher „nun über- derlage bei Und auch die Verschiebung des Tik- haupt keinen Grund mehr, Tickets über g e n a u e - ketportal-Starts könnte mit solchen andere Wege verkaufen oder erwerben r e r Erwägungen zusammenhängen: Ur- zu wollen“. Zudem setze man sich auf Betrach- sprünglich hätte die Tauschbörse schon dem Schwarzmarkt nicht nur der Gefahr t u n g am 20. März online gehen sollen, doch aus, betrogen zu werden, nein – selbst e i n genau für diese Zeit erwartete das mit echten, aber ohne FIFA-Genehmi- klei- OK zahlreiche neue Ticketangebote gung erworbenen Karten müsse man da- ner der vierten Verkaufsphase. Tatsäch- mit rechnen, wegen der Personalisierung lich kam am Abend des 22. März ein nicht ins Stadion zu gelangen. Zumal ganzer Schwung Rückläufer auf den eine Umschreibung nur in wenigen Aus- Markt, erstmals seit Wochen sahen die nahmefällen möglich sei, Schwarzhandel Besucher des Ticketshops gelb statt zähle nicht dazu. rot. Und obwohl Zehntausende poten- Nun hatten solche Ankündigun- zieller Interessenten just zu die- gen schon in der Vergangenheit sem Zeitpunkt ahnungslos im ähnlich geringe Halbwertzeiten Dortmunder Westfalenstadion wie Trainerposten bei afrika- oder dem Fernsehsessel saßen, nischen Fußballverbänden; um das Länderspiel gegen je näher die WM rückte, die USA zu verfolgen, hat- desto schneller änder- te der Ticket-Server einige ten sich die Sachver- Mühe mit der Vielzahl von halte. In diesem Fall Anfragen. Hätte die brei- sprachen rein prakti- te Öffentlichkeit schon an sche Erwägungen da- diesem Abend gewusst, gegen. Davon abgese- dass das Umschreiben der hen, dass der Abgleich Tickets weniger kompli- der Personalausweisda- ziert ausfallen könnte als ten am Stadiontor kaum angekündigt – die Gold- möglich sein wird, zeigt gräberstimmung hätte mögli- ein Blick auf das Ticketportal cherweise zu weitaus chaotischeren auch, wie unkompliziert eine Zuständen im Computerraum des Umschreibung der Karten in Ticket-Centers geführt. Und in den der Realität ablaufen wird. Sie- Webforen würden nicht glückliche Be- ben Gründe für ein Umschrei- steller vom „goldenen Mittwoch“ ben werden akzeptiert, neben schwärmen, sondern womög- den für deutsche Karteninhaber lich über die „FIFA-Chaostage“ relevanten Punkten „Übertragung in lamemtieren.���Matthias Ney

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Bundesligazuschauer keine Schönwetterfans Die meisten Fußball- Kleine Siege im Spiel auf Zeit Erstligisten pro Stadt Der „goldene Mittwoch“ bedeutete ein Zwischenhoch für Ticketjäger Verein Sommer: 1. – 8. Spieltag Winter: 18. – 25. Spieltag Berücksichtigt wurden nur die Top- Gesamt Schnitt Gesamt Schnitt 25-Länder der UEFA-Rangliste ie Fußballfans sahen rot, zu Tau- der Familie“ und „Krankheit“ kann auch Sieg. Ein sehr wichtiger Sieg obendrein, Borussia Dortmund 294.864 73.716 276.000 69.000 senden, über Wochen. Wenn im- ein „sonstiger Härtefall“ angegeben wer- denn die WM-Organisatoren haben auf Dmer sie dem Ticketshop auf der den. Und das OK hat bereits eingeräumt, diesem Weg eine Menge Zeit gewonnen. Bayern München 264.000 66.000 266.100 66.525 FIFA-Website einen Besuch abstatteten, dass man bei tausenden von Kartenüber- Schon seit eineinhalb Jahren wird über FC Schalke 04 244.355 61.089 245.301 61.325 beseelt von der schwachen Hoffnung, in tragungen nicht jedes Mal Atteste und die Ticketbestimmungen verhandelt und Hertha BSC 185.418 46.355 199.353 49.838 der derzeit laufenden vierten Verkaufs- sonstige Dokumente einfordern oder diskutiert, doch erst jetzt zeichnet sich phase irgendwie doch noch auf of ziel- sich durch Familienstammbäume wüh- ab, dass der Verkauf und die Übertra- 1. FC Köln 198.000 49.500 198.436 49.609 lem Weg eine der letzten frei verkäu i- len könne. gung von Tickets voraussichtlich nicht Hamburger SV 195.052 48.763 196.508 49.127 Athen chen WM-Eintrittskarten zu erhaschen, Noch dicker könnte es für die WM-Or- zu verbieten sein wird. Die Verunsiche- Panathinaikos FC, AEK Athen, Eintracht Frankfurt 182.000 45.500 195.000 48.750 waren die Bestellformulare  ächen- ganisatoren kommen, falls am 20. April rung hielt lange genug an, um einen ei- Panonios Athen, Aigaleo FC, Kal- Bor. M’gladbach 177.337 44.334 167.398 41.850 lithea FC, Akratitos FC, Atromitos deckend rot eingefärbt: Halt, stop, hier das Amtsgericht Frankfurt den Verkauf nigermaßen geordneten Kartenverkauf Halkidona geht’s nicht weiter. Kein Spiel verfügbar, zweier Eintrittskarten über eBay für durchführen zu können. Die meisten Werder Bremen 154.701 38.675 151.563 37.891 in keiner Kategorie oder Güteklasse. rechtens erklärt und damit einen Passus Fußballfans orientierten sich bei ihren VfB Stuttgart 152.000 38.000 134.000 33.500 All jene, die sich angesichts dieser der Allgemeinen Ticketing-Geschäftsbe- Bestellungen am Eigenbedarf, mit dem andauernden Erfolglosigkeit von Tor- dingungen kippt. Juristen halten diesen Hamstern begannen scheinbar nur we- 1. FC Kaiserslautern 136.860 34.215 129.500 32.375 schlusspanik gepackt nach anderen, we- Ausgang, der dem Schwarzhandel Tür nige. Hätte die Öffentlichkeit schon zu- 134.367 33.592 122.093 30.523 niger of ziellen Möglichkeiten des Tik- und Tor öffnen würde, für wahrschein- vor gewusst, wie einfach und lukrativ keterwerbs umsehen wollten, versuchte lich. Dem OK droht vor Gericht eine wei- der Weiterverkauf von WM-Tickets sein 1. FC Nürnberg 128.616 32.154 107.457 26.864 OK-Vizepräsident Horst R. Schmidt per tere Niederlage. würde, wären in der ersten Bestellphase MSV Duisburg 103.467 25.867 91.095 22.774 Belgrad Pressemeldung auf den rechten Weg Doch Moment! Während das Bemü- nicht gut 10 Millionen Kartenwünsche Roter Stern, Partizan, FK Obilic, Bayer Leverkusen 90.000 22.500 87.500 21.875 OFK Belgrad, FK Rad Belgrad, FK zurückzuführen. Das Ticketportal, das hen des OK, die Kontrolle über den Tik- beim OK eingetrudelt, sondern alleine Vozdovac am 27. März freigeschaltet werde, biete ket-Handel zu behalten, auf den ersten aus Deutschland über 570 Millionen: die 1. FSV Mainz 05 81.200 20.300 86.842 21.711 Budapest allen Fans eine zusätzliche Möglichkeit, Blick wie der Kampf Don Quichotes ge- maximal zulässigen sieben pro Bundes- Arminia Bielefeld 80.163 20.041 85.493 21.373 Ferencvaros, Ujpest, MTK, Honved, Vasas, Rakospalotai auf reguläre Art und Weise Karten zu gen die Windmühlen wirkt, ist jede Nie- bürger nämlich. VfL Wolfsburg 74.438 18.610 80.400 20.100 London bekommen. Es gebe daher „nun über- derlage bei Und auch die Verschiebung des Tik- Arsenal FC, Chelsea FC, Totten- haupt keinen Grund mehr, Tickets über g e n a u e - ketportal-Starts könnte mit solchen 2.876.838 39.956 2.820.039 39.167 ham Hotspur, West Ham United, Charlton Athletic, Fulham FC andere Wege verkaufen oder erwerben r e r Erwägungen zusammenhängen: Ur- Obwohl der Winter diese Saison besonders auch bei Regen, Schnee und Eis im Schnitt nur Moskau zu wollen“. Zudem setze man sich auf Betrach- sprünglich hätte die Tauschbörse schon Spartak Moskau, ZSKA Moskau, lang und kalt war, lässt sich kein signifi kanter 2 % weniger Besucher auf den Weg in die Erstli- dem Schwarzmarkt nicht nur der Gefahr t u n g am 20. März online gehen sollen, doch FK Dinamo, FK Lokomotiv, FK Einbruch bei den Zuschauerzahlen feststellen. gastadien – im Schnitt 39.167 pro Partie. Bliebe Torpedo, FK Moskau aus, betrogen zu werden, nein – selbst e i n genau für diese Zeit erwartete das Im Vergleich zu den Sommerspieltagen 1 bis 8, zu untersuchen, ob der ungebrochene Boom in mit echten, aber ohne FIFA-Genehmi- klei- OK zahlreiche neue Ticketangebote die bei freundlichem Wetter noch im Zeichen der der Attraktivität der Liga oder im gestiegenen gung erworbenen Karten müsse man da- ner der vierten Verkaufsphase. Tatsäch- Confed-Cup-Euphorie stattfanden, machten sich Komfort der Arenen begründet ist. mit rechnen, wegen der Personalisierung lich kam am Abend des 22. März ein nicht ins Stadion zu gelangen. Zumal ganzer Schwung Rückläufer auf den eine Umschreibung nur in wenigen Aus- Markt, erstmals seit Wochen sahen die WM 2006: So weit ist es vom Spiel zur Feier nahmefällen möglich sei, Schwarzhandel Besucher des Ticketshops gelb statt Bukarest zähle nicht dazu. rot. Und obwohl Zehntausende poten- Entfernung (km) Entfernung (km) Entfernung (km) Gesamt Steaua Bukarest, Dinamo Buka- Nun hatten solche Ankündigun- zieller Interessenten just zu die- Stadion – Bahnhof Stadion – Fanfest Fanfest – Bahnhof (km) rest, Rapid Bukarest, National Bukarest, Sportul Studentesc gen schon in der Vergangenheit sem Zeitpunkt ahnungslos im Kaiserslautern 0,6 1,0 1,2 2,8 ähnlich geringe Halbwertzeiten Dortmunder Westfalenstadion Hannover 2,0 0,9 1,4 4,3 wie Trainerposten bei afrika- oder dem Fernsehsessel saßen, nischen Fußballverbänden; um das Länderspiel gegen Leipzig 1,9 2,1 0,5 4,5 je näher die WM rückte, die USA zu verfolgen, hat- Dortmund 2,6 2,1 0,7 5,4 desto schneller änder- te der Ticket-Server einige Nürnberg 3,9 1,2 2,7 7,8 ten sich die Sachver- Mühe mit der Vielzahl von Stuttgart 3,8 4,0 0,6 8,4 Sofi a Levski Sofi a, ZSKA Sofi a, halte. In diesem Fall Anfragen. Hätte die brei- Frankfurt 4,5 5,3 1,7 11,5 Lokomotiv Sofi a, Slavia Sofi a sprachen rein prakti- te Öffentlichkeit schon an Gelsenkirchen 6,1 3,0 3,0 12,1 sche Erwägungen da- diesem Abend gewusst, Köln 5,9 6,2 0,9 13,0 3 Erstligisten gegen. Davon abgese- dass das Umschreiben der Ankara Hamburg 8,1 6,2 2,2 16,5 hen, dass der Abgleich Tickets weniger kompli- Genclerbirligi, MKE Ankaragücü, Berlin 8,4 9,0 1,2 18,6 Ankaraspor der Personalausweisda- ziert ausfallen könnte als Istanbul ten am Stadiontor kaum angekündigt – die Gold- München 10,0 7,5 3,6 21,1 Fenerbahce, Besiktas, Galatasaray möglich sein wird, zeigt gräberstimmung hätte mögli- Alle Angaben beziehen sich auf Luftlinienentfernungen. Lissabon Benfi ca, Sporting, Belenenses ein Blick auf das Ticketportal cherweise zu weitaus chaotischeren München: Tel Aviv auch, wie unkompliziert eine Zuständen im Computerraum des Weite Anfahrt Hapoel Tel Aviv, Maccabi Tel Aviv, Umschreibung der Karten in Ticket-Centers geführt. Und in den zum Stadion außer- Bnei Yehuda Tel Aviv halb der Stadt Thessaloniki der Realität ablaufen wird. Sie- Webforen würden nicht glückliche Be- Iraklis FC, PAOK Saloniki, Apollon ben Gründe für ein Umschrei- steller vom „goldenen Mittwoch“ Kalamaris FC Kaiserslautern: ben werden akzeptiert, neben schwärmen, sondern womög- Wien Kleinste WM-Stadt, den für deutsche Karteninhaber lich über die „FIFA-Chaostage“ SK Rapid, Austria Magna, Admira kürzeste Wege Wacker relevanten Punkten „Übertragung in lamemtieren.���Matthias Ney

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068_wm-tickets.indd 68 26.03.2006 21:34:00 069_statistik.indd 69 26.03.2006 22:16:45 Fan-News

Salzburg: Premiere verschoben Der 25. März hätte ein historischer Tag in der Geschichte der neuen Austria Salzburg werden können. Aus der ersten Begegnung des neuen alten Clubs gegen die SG Saalfelden wurde jedoch nichts, denn auch zu Beginn des Frühjahrs waren die Plätze der 1. Landesliga, Österreichs vierthöchster Klasse, noch nicht wieder bespielbar. Foto: Christian Hummer Unbeliebter „Kuhpferch“: Stehplätze am Tivoli in Innsbruck Foto: Hendrik Seis Es wäre genau genommen noch ein Match des Polizeisportvereins Innsbruck hungsmöglichkeiten für Fahnen Salzburg gewesen, dem avisierten und Transparente sowie Sitz- Fusionspartner der nach der Über- Mitgestaltung des Umbaus schalen in den grün-schwarzen nahme durch Red Bull von Fans Vereinsfarben. Ein praktikables In Innsbruck wiederholt sich Ge- größe von 30.000 Zuschauern Ticketsystem und eine zweite Vi- schichte. Bereits 2001, beim erweitert werden. Nach dem Tur- deowand stehen ebenso auf der Bau des Stadions „Tivoli“, mel- nier ist der Rückbau auf 20.000 Wunschliste. deten sich die Fans zu Wort. vorgesehen – den Bedürfnissen Nahezu 10.000 Anhänger haben Ihre damalige Forderung, kein der Liga und der Wacker-Fans sich bei der diesbezüglichen Un- reines Sitzplatzstadion zu bau- entsprechend. terschriftenaktion schon einge- en, wurde seinerzeit sogar zum „Für uns ist es sehr wichtig, in tragen – doppelt so viele wie bei Wahlkampfthema. 5.000 Unter- die nachhaltigen Planungen ein- der Errichtung des Tivoli. Ein er- schriften wurden gesammelt, bezogen zu sein“, sagt Chris stes Gespräch unter Beteiligung Der PSV-Platz an der Alpenstraße: die damit der Steh-Sektor entstehen Hummer von der „Faninitiative von Vereins- und Fanvertretern schneebedeckte neue Heimat von konnte. Dass dieser mit den bei Innsbruck“. Sie macht sich in und dem Stadionbetreiber, der Austria Salzburg Foto: Claudia Schmidt Fans unbeliebten Vario-Sitzen be- einer „Interessengemeinschaft“ Innsbrucker Sportanlagen Errich- stückt wurde, weshalb er hier im gemeinsam mit dem Verein tungs- und Verwertungs GmbH, neugegründeten “Austria Salz- Volksmund „Kuhpferch“ genannt Wacker Tirol dafür stark, bei den hat bereits stattgefunden. „Die burg“, doch der Zusammenschluss wird, war seither ein Kritikpunkt. Planungen berücksichtigt zu wer- Atmosphäre war freundlich, aber wurde noch nicht vollzogen. Mit der Entscheidung, im Tivoli den. es war auch nicht mehr als ein Dabei hatten die ehemaligen Fan- Spiele der Euro 2008 stattfi nden Die zentralen Punkte ihrer For- erstes Kennenlernen. Es wurde aktivisten und jetzigen Vereinsakti- zu lassen, wird erneut über das derungen sind dabei ein fan- uns aber versprochen, dass die visten sich eigens daran gemacht, Stadion diskutiert. Für 30 Mio. freundliches Stehplatzmodell für Machbarkeit und die Finanzie- den Platz vom Schnee zu befreien Euro soll es zunächst auf die von Heim- und Auswärtsfans, Räume rung unserer Wünsche geprüft und eine provisorische Holztribüne der UEFA geforderte Mindest- für ein Fan-Projekt, Aufbewa- wird“, sagt Hummer. für 500 Zuschauer zu errichten. Vi- zepräsident Moritz Grobovschek: „Wenn es endlich soweit ist, rech- ne ich mit 1.500 Fans.“ Österreich „Wir müssen noch mehr aufpassen“

Austria Wien: Rauswurf des Die Entwicklung mag vielen Image des Landes während der den Bengalen gestört, so lange Fanbeauftragten per E-Mail deutschen Fans bekannt vor- Euro aufgewertet werden solle, die nicht aufs Spielfeld gefl ogen Ein Transfer mit Nachwirkungen. kommen. Noch etwas mehr als und so den Sponsoren ein mög- sind, heute wird man schon ver- Als der Wechsel des Rapid-Spie- zwei Jahre sind es, bis Öster- lichst störungsfreies Werbeum- haftet, wenn man überhaupt nur lers Roman Wallner zum Stadt- reich und die Schweiz die kon- feld zu bieten. mit einem erwischt wird.“ rivalen Austria bekannt wurde, tinentale Fußballelite zur Euro „Natürlich bekommen wir das Was bleibt, sind Durchhalteparo- regte sich viel Unmut unter der empfangen, und die Behörden mit, in erster Linie von unseren len: „Wenn alle zusammenhalten, violetten Fanschar. haben begonnen, die Daumen- Freunden aus Nürnberg“, antwor- wird es nicht gelingen, die Fan- Zu viel, befand die Vereinsfüh- schrauben anzuziehen. Seit tet Rapid-Vorsänger Oliver Pohle kultur zu zerstören. Wenn ich mir rung. Sie gab bekannt: „Es kann Dezember gilt ein verschärftes auf die Frage, ob die Fanszenen aber vorstelle, dass sie bei Rapid nicht sein, dass sowohl das An- Sicherheitspolizeigesetz, des- Österreichs durch die zuvor in die 30 entscheidenden Leute sehen des Klubs, als auch des sen Kernstück eine so genannte Deutschland gemachten Erfah- nicht mehr ins Stadion lassen, wichtigsten Geldgebers, perma- Gefährderdatei ist. Viele Anhän- rungen sensibilisiert seien. „Viel- dann wäre das ein Rückschlag, nent von wenigen Anhängern ger befürchten nun, diese diene leicht sind wir deshalb auch ein von dem sich der Block West nicht und teilweise auch Funktionären dazu, unbequeme und kritische wenig paranoid. Aber vor drei Jah- mehr erholen würde. Wir müssen beschmutzt wird. Jetzt werden Fans auszusortieren, da das ren hat sich keiner an brennen- einfach noch mehr aufpassen.“ wir hart durchgreifen, wir wollen mit solchen Fans nichts zu tun haben.“ Somit wurde nicht alleine der ehemalige Generalmanager, die Austria-Legende Toni Polster, mit einem Hausverbot belegt, son- dern auch der Fanbeauftragte Thomas Fellinger, dem man of- fensichtlich Rädelsführerschaft vorwirft. Man setzte ihn per E- Mail und ohne Angabe von Grün- den vor die Tür. Fans von Rapid Wien (links) und SV Ried demonstrieren gegen neue Gesetze Foto: Tornados Rapid/Andi Dietrich

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s070-071_Fannews_Schweiz_Österreich.indd 70 26.03.2006 23:12:43 Fan-News Fan-News

Salzburg: Premiere verschoben Sankt Gallen Der 25. März hätte ein historischer Schweiz Tag in der Geschichte der neuen „In Sekunden war alles voller Rauch“ Austria Salzburg werden können. „Feigenblatt- Aus der ersten Begegnung des Das Bild des völlig abgebrannten neuen alten Clubs gegen die SG lösung“ Busses lässt Dramatisches ver- Saalfelden wurde jedoch nichts, Die Bemühungen der „Schwei- muten, doch keinem der 45 Fans denn auch zu Beginn des Frühjahrs zer Fussball Liga“ (SFL), des FC St. Gallen, die sich an waren die Plätze der 1. Landesliga, die Gewalt in den Stadien Bord befanden ist etwas Ernst- Österreichs vierthöchster Klasse, Foto: Ferox Aarau durch verschärfte Gesetze haftes passiert. noch nicht wieder bespielbar. Foto: Christian Hummer Unbeliebter „Kuhpferch“: Stehplätze am Tivoli in Innsbruck Foto: Hendrik Seis Aarau einzudämmen, haben einen Die Anhänger befanden sich auf Es wäre genau genommen noch Rückschlag erhalten. Der der Fahrt zum Spiel gegen Xamax ein Match des Polizeisportvereins Innsbruck hungsmöglichkeiten für Fahnen Neue Gruppe Ständerat, die Kammer des Neuchâtel in Lausanne, als ei- Salzburg gewesen, dem avisierten und Transparente sowie Sitz- Schweizer Parlaments, die nige Insassen Rauchgeruch be- Fusionspartner der nach der Über- Mitgestaltung des Umbaus schalen in den grün-schwarzen „Wir gehen auf die Leute zu, die sich aus den Vertretern der merkten. „Als der Fahrer dann die nahme durch Red Bull von Fans Vereinsfarben. Ein praktikables zu uns passen würden“, sagen Kantone zusammensetzt, hat Tür der Schlafkabine an der hinte- In Innsbruck wiederholt sich Ge- größe von 30.000 Zuschauern Ticketsystem und eine zweite Vi- die bislang zwölf Mitglieder von zwar die Gesetzesvorlage an- ren Treppe öffnete, schoss eine schichte. Bereits 2001, beim erweitert werden. Nach dem Tur- deowand stehen ebenso auf der „Ferox Aarau“. genommen, will die präventi- Stichfl amme heraus“, erklärt der Bau des Stadions „Tivoli“, mel- nier ist der Rückbau auf 20.000 Wunschliste. Seit dem 7. Januar existiert ven Maßnahmen aber nur bis FCSG-Fanbeauftragte Urs „Böm- Bericht über die „Feuerhölle“ deten sich die Fans zu Wort. vorgesehen – den Bedürfnissen Nahezu 10.000 Anhänger haben diese neue Fangruppe, die ih- 2009 (in diesen Zeitraum fal- mel“ Baumgartner. „Innerhalb Ihre damalige Forderung, kein der Liga und der Wacker-Fans sich bei der diesbezüglichen Un- ren Platz auf der Gegengerade len sowohl die Euro 2008 als von wenigen Sekunden war der Doch es gibt noch einen zwei- reines Sitzplatzstadion zu bau- entsprechend. terschriftenaktion schon einge- des Brügglifeld, der Heimat des auch die Eishockey-WM 2009 ganze Bus voll mit schwarzen ten Brandherd – im übertrage- en, wurde seinerzeit sogar zum „Für uns ist es sehr wichtig, in tragen – doppelt so viele wie bei Schweizer Erstligisten FCAarau, fallen) gelten lassen. Die SFL Rauch. Und weil sich die hintere nen Sinne. Ab 2008 werden die Wahlkampfthema. 5.000 Unter- die nachhaltigen Planungen ein- der Errichtung des Tivoli. Ein er- gefunden hat. spricht deshalb von einer Tür wegen des Brandes automa- Grün-Weißen ins neue Stadion schriften wurden gesammelt, bezogen zu sein“, sagt Chris stes Gespräch unter Beteiligung „Wir sind keine Kuttenträger“, „Feigenblattlösung“. Thomas tisch schloss, mussten alle vorne umziehen. Dessen Name ist Der PSV-Platz an der Alpenstraße: die damit der Steh-Sektor entstehen Hummer von der „Faninitiative von Vereins- und Fanvertretern sagen sie, legen aber auch Helbling, der Präsident der raus.“ Dies sei aber sehr diszipli- – eine Premiere in der Schweiz schneebedeckte neue Heimat von konnte. Dass dieser mit den bei Innsbruck“. Sie macht sich in und dem Stadionbetreiber, der Wert darauf, sich von Gewalt im Sicherheits- und Fankommis- niert, ohne Panik verlaufen. Rund – bereits vermarktet. Die Fans Austria Salzburg Foto: Claudia Schmidt Fans unbeliebten Vario-Sitzen be- einer „Interessengemeinschaft“ Innsbrucker Sportanlagen Errich- Umfeld des Fußballs zu distan- sion: „Mit der Befristung wird die Hälfe der Mitfahrer konnte befürchten nun, dass große Teile stückt wurde, weshalb er hier im gemeinsam mit dem Verein tungs- und Verwertungs GmbH, zieren. das Gesetz zur Alibiübung. die Fahrt zum Spiel im Ersatzbus der AFG-Arena in den Unterneh- neugegründeten “Austria Salz- Volksmund „Kuhpferch“ genannt Wacker Tirol dafür stark, bei den hat bereits stattgefunden. „Die Dass sie den Namen „Ferox“ Der Schweizer Sport braucht fortsetzen, die andere Hälfte fand mensfarben Blau und Weiß ge- burg“, doch der Zusammenschluss wird, war seither ein Kritikpunkt. Planungen berücksichtigt zu wer- Atmosphäre war freundlich, aber (lat.„wild“) gewählt haben drückt keine politischen Lösungen, sich mit Verdacht auf Rauchver- staltet werden und das Sitzmu- wurde noch nicht vollzogen. Mit der Entscheidung, im Tivoli den. es war auch nicht mehr als ein deshalb eher die Ausrichtung mit denen für prestigereiche giftung im Krankenhaus wieder. ster einen Sponsoren- statt den Dabei hatten die ehemaligen Fan- Spiele der Euro 2008 stattfi nden Die zentralen Punkte ihrer For- erstes Kennenlernen. Es wurde aus, „an einer geilen Stimmung Grossanlässe eine heile Welt Inzwischen wurde ein Störfall in Vereinsname ergibt: „AFG – Alles aktivisten und jetzigen Vereinsakti- zu lassen, wird erneut über das derungen sind dabei ein fan- uns aber versprochen, dass die und viel Bewegung auf den Rän- vorgegaukelt wird.“ der Bordelektronik als Brandursa- für Geld“ war auf einem Protest- visten sich eigens daran gemacht, Stadion diskutiert. Für 30 Mio. freundliches Stehplatzmodell für Machbarkeit und die Finanzie- gen interessiert zu sein“. che ausgemacht. spruchband zu lesen. den Platz vom Schnee zu befreien Euro soll es zunächst auf die von Heim- und Auswärtsfans, Räume rung unserer Wünsche geprüft und eine provisorische Holztribüne der UEFA geforderte Mindest- für ein Fan-Projekt, Aufbewa- wird“, sagt Hummer. Anzeige für 500 Zuschauer zu errichten. Vi- zepräsident Moritz Grobovschek: „Wenn es endlich soweit ist, rech- ne ich mit 1.500 Fans.“ Österreich „Wir müssen noch mehr aufpassen“

Austria Wien: Rauswurf des Die Entwicklung mag vielen Image des Landes während der den Bengalen gestört, so lange Fanbeauftragten per E-Mail deutschen Fans bekannt vor- Euro aufgewertet werden solle, die nicht aufs Spielfeld gefl ogen Ein Transfer mit Nachwirkungen. kommen. Noch etwas mehr als und so den Sponsoren ein mög- sind, heute wird man schon ver- Als der Wechsel des Rapid-Spie- zwei Jahre sind es, bis Öster- lichst störungsfreies Werbeum- haftet, wenn man überhaupt nur lers Roman Wallner zum Stadt- reich und die Schweiz die kon- feld zu bieten. mit einem erwischt wird.“ rivalen Austria bekannt wurde, tinentale Fußballelite zur Euro „Natürlich bekommen wir das Was bleibt, sind Durchhalteparo- regte sich viel Unmut unter der empfangen, und die Behörden mit, in erster Linie von unseren len: „Wenn alle zusammenhalten, violetten Fanschar. haben begonnen, die Daumen- Freunden aus Nürnberg“, antwor- wird es nicht gelingen, die Fan- Zu viel, befand die Vereinsfüh- schrauben anzuziehen. Seit tet Rapid-Vorsänger Oliver Pohle kultur zu zerstören. Wenn ich mir rung. Sie gab bekannt: „Es kann Dezember gilt ein verschärftes auf die Frage, ob die Fanszenen aber vorstelle, dass sie bei Rapid nicht sein, dass sowohl das An- Sicherheitspolizeigesetz, des- Österreichs durch die zuvor in die 30 entscheidenden Leute sehen des Klubs, als auch des sen Kernstück eine so genannte Deutschland gemachten Erfah- nicht mehr ins Stadion lassen, wichtigsten Geldgebers, perma- Gefährderdatei ist. Viele Anhän- rungen sensibilisiert seien. „Viel- dann wäre das ein Rückschlag, nent von wenigen Anhängern ger befürchten nun, diese diene leicht sind wir deshalb auch ein von dem sich der Block West nicht und teilweise auch Funktionären dazu, unbequeme und kritische wenig paranoid. Aber vor drei Jah- mehr erholen würde. Wir müssen beschmutzt wird. Jetzt werden Fans auszusortieren, da das ren hat sich keiner an brennen- einfach noch mehr aufpassen.“ wir hart durchgreifen, wir wollen mit solchen Fans nichts zu tun haben.“ Somit wurde nicht alleine der ehemalige Generalmanager, die Austria-Legende Toni Polster, mit einem Hausverbot belegt, son- dern auch der Fanbeauftragte Thomas Fellinger, dem man of- fensichtlich Rädelsführerschaft vorwirft. Man setzte ihn per E- Mail und ohne Angabe von Grün- den vor die Tür. Fans von Rapid Wien (links) und SV Ried demonstrieren gegen neue Gesetze Foto: Tornados Rapid/Andi Dietrich

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Abschied und Neubeginn: Letztes Spiel im Oosterpark am 22. Dezember 2005 und Premiere im Euroborg im Januar: Gemeinsame Choreo der Z-Side, Groningen Fanatics und Supporters Vereniging unter dem Motto „Gemeinsam eine goldene Zukunft für unseren Club bauen“ Fotos: Groningen Fanatics Das Gesicht des Nordens Stadt Groningen seit 1040, FC Groningen seit 1971, Choreos in Groningen seit 2001: Die Groningen Fanatics haben eine neue Tradition eingeführt.

er niederländische Erstligist FC Zu den Neuerungen beim FC Gronin- gewohnten Material nicht wirklich etwas Groningen zählt derzeit zur er- gen gehört neben den sportlichen und anfangen konnten. Dweiterten Kandidaten-Gruppe wirtschaftlichen Perspektiven, dass die Aber die damals unter dem Namen für die UEFA-Cup-Quali kation. Auch, jüngeren, ultraorientierten Fans deut- „Ultimate Fan Team“ (UFT) agierende wenn dies noch kein Grund für allzu licher in Erscheinung treten als in den Gruppe gab nicht auf, und während der überschwängliche Euphorie ist, be ndet Vorjahren. Optisches Indiz sind auf- Saison 2003/04 gelang so etwas wie ein sich der Club aus Westfriesland doch ge- wändig gestaltete und einwandfrei in- Durchbruch – und dass die Groninger genüber den Vorjahren, in denen er eher szenierte Choreogra en. Maßgebliche mittlerweile Top-Choreografen sind, ist zum unteren Mittelfeld zählte, im Auf- Urheber dieser Aktivitäten der grün- offensichtlich. schwung. Der Umzug vom 12.500 Zu- weißen Fankurve sind die Groningen Stadionwelt sprach mit Ronald Dijk- schauer fassenden Oosterparkstadion ins Fanatics. stra (22) von der seit 2004 in „Groningen neu gebaute Stadion Euroborg im Januar Die Ursprünge der Gruppe gehen Fanatics“ umbenannten Gruppierung 2006 ist ohne Zweifel einer der Gründe zurück auf das Jahr 2001, in dem man über den Stellenwert dieser Inszenie- für diesen Trend. meinte, es sei an der Zeit, auch hier Leute rungen und die Entwicklungen in der Darüber hinaus hat der Neubau, dem zusammenzuführen, die -Aktionen Szene. viele Fußballfans unter anderem wegen nach italienischem Vorbild auf die Beine seiner umfangreichen Mantelbebauung stellen. Dazu, dass die erste Aktion beim Stadionwelt: Eure Choreos sind von ho- mit einiger Skepsis entgegenblickten, Spiel gegen Ajax alles andere als ein Er- her Qualität – wer ist dafür zuständig? auch für die Fanszene, die jetzt auf einer folg war, steht man: Die grünen und Dijkstra: Wir sind eine Gruppe von 15 Tribüne des meist ausverkauften 20.000er weißen Pappen seien zu klein gewesen, Leuten, die die Choreogra en ausarbei- All-Seaters geschlossen auftreten kann, auch habe man nicht bedacht, dass die tet. An den Spieltagen kommen aber um Positives bewirkt. Zuschauer auf der Tribüne mit dem un- die 30 zum Aufbauen zusammen.

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sind alle unter einem Dach zusammen- gerückt und werden auf einer Tribüne zu einer echten Einheit. Es ist in den Niederlanden eigentlich nicht üblich, 90 Minuten zu singen, aber da verändern wir allmählich unseren Stil, und die Stimmung hat sich schon ganz gut entwickelt. Stadionwelt: Du bist 22 – be ndest du dich damit im Durchschnittsalter der Leute, die den neuen Stil in den Nieder- landen vertreten? Auch auswärts optische Unterstützung: ob bei Twente… Dijkstra: Ja, das trifft ziemlich genau zu. …oder in Heerenveen Aber wir werden ja auch älter, und wenn Stadionwelt: Kann eure Gruppe allein denn ich 30 bin, werde ich immer noch das ma- sieht sich vielleicht auch mal Spiele in Ham- diesen Materialaufwand  nanzieren? chen, was ich jetzt mache. burg oder Bremen an, das aber einfach nur, Dijkstra: Nein, die Groningen Fanatics sind Stadionwelt: Versucht Ihr auch im Bereich weil es nicht allzu weit weg ist. ja Teil der „Supporters Vereniging“. Von des akustischen Supports Neuerungen, Stadionwelt: Und welche Vereine sind dieser Seite bekommen wir 2.000 Euro pro oder beschränkt sich das auf die Einfüh- eure ärgsten Gegner? Jahr. Außerdem betreiben wir unser eige- rung von Choreos? Dijkstra: Das sind in erster Linie Twente, nes Merchandising, und wir führen auch Dijkstra: Wir singen natürlich alle die Heerenveen und Ajax. Choreo-Sammlungen durch. Vereinshymne; darüber hinaus haben Stadionwelt: Wie sieht bei euch es aktuell Stadionwelt: Wie ist die Akzeptanz für wir bei den Gesängen mittlerweile einen aus mit einem übergreifenden Fan-Netz- eure Aktionen und den Ultra-Style in der Mix aus italienisch angehauchten Lie- werk? gesamten Fanszene? dern, klassischen englischen und ganz ei- Dijkstra: Seit dem einen Treffen im letz- Dijkstra: Am Anfang hatten wir schon genen Sachen. Manche Lieder sind auch ten Jahr, wobei wir aber nicht involviert Probleme mit den anderen Fans. Wir ha- auf „Groniges“, das ist der Dialekt unse- waren, ist es sehr ruhig geworden. Diese ben als „Ultimate Fan Team“ mit ein paar rer Region. ganze Kultur ist bei uns noch nicht sehr Sachen begonnen, aber dann passierte Stadionwelt: Gruppen, die sich optisch alt, da ist in dieser Hinsicht also auch zwei Jahre lang erst mal nichts mehr. gut präsentieren, geraten leicht in den noch nichts organisiert. Vielleicht ändert 2003 ging es weiter – und jetzt im neuen Ruf, sehr darauf  xiert und reine Cho- sich das noch, wenn die Gruppen mal Stadion entwickelt es sich richtig gut. reo-Trupps zu sein. Das ist bei euch also größer geworden sind. Stadionwelt: Mit dem neuen Stadion Eu- nicht der Fall? Stadionwelt: Und die WM? Bekanntlich roborg seid Ihr also zufrieden? Dijkstra: Für mich persönlich sind die sind die Oranje-Fans ja eine Welt für sich, Dijkstra: Ja, wir sind hier sehr zufrieden, Aktionen auf den Tribünen schon sehr die mit der anderen Fankultur wenig ge- aber das alte Stadion Oosterpark vermis- wichtig – aber der Rest auch. Für uns mein hat. sen wir trotzdem sehr. Dort sind wir nun bedeutet es alles, unser Team zu sup- Dijkstra: Mit diesen Clowns, die mit Ka- einmal aufgewachsen. porten.Und dabei wollen wir einfach alle rotten und Perücken auf dem Kopf rum- Stadionwelt: Eure optischen Aktionen Möglichkeiten voll ausschöpfen. Es geht laufen, kann ich gar nichts anfangen, die kommen gut rüber, das ist die eine Seite. insofern nicht um die Selbstdarstellung, haben ja auch wirklich nichts mit der Sze- Wie würdest du aber die Qualität eures sondern nur um den Club. ne der Club-Fans zu tun. Ich weiß nicht, Supports beschreiben? Stadionwelt: P egt Ihr denn Freundschaf- wie es anderen geht – aber ich persönlich Dijkstra: Der Umzug ins neue Stadion hat ten auf nationaler oder internationaler kann mich auch mit der Nationalmann- sich als sehr vorteilhaft für die Szene er- Ebene? schaft nicht identi zieren. Es wäre für wiesen. Zuvor waren wir auf zwei Tribü- Dijkstra: Es gibt persönliche Kontakte, aber mich undenkbar, dort Spieler von Ver- nen verteilt, da war die Stimmung nicht als Gruppe – nein. Einige fahren öfters mal einen, die sonst meine Gegner sind, zu besonders in den letzten Jahren. Jetzt rüber nach England zu Yeovil Town, man unterstützen.���Ingo Partecke

FC Groningen – Ajax Amsterdam: „Seit 1040 [erste urkundliche Erwähnung der Stadt Groningen] das Gesicht des Nordens“. Die Blockfahne zeigt die Stadt um 1750.

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Amsterdam: 5 Jahre Ultras Vak 410

Ajax Amsterdam – FC Utrecht: Ihren 5. Geburtstag feierten die Ajax-Ultras von Vak 410 mit einer Konfetti-Choreo und einer Blockfahne. Fotos: Vak 410

FC Twente Enschede

Beim Spiel Twente gegen Ajax trafen auch zwei der größten und aktivsten niederländischen Ultragrup- pen aufeinander. Auf der Blockfahne stehen die römischen Soldaten, deren Hauptmann gerade den Angriff befi ehlt, stellvertretend für die Ajax-Ultras von Vak 410. Obelix, den sich die Twente-Ultras von Vak P zum Maskottchen auserkoren haben, erwidert im Twenter Dialekt „Verpisst euch!“ bzw. auf dem Spruchband: „Die spinnen, die Amsterdamer!“

FC Twente Enschede – Ajax Amsterdam Fotos: Vak P

Paris Saint-Germain – AS Saint-Étienne: „Mehr als eine echte Leidenschaft, Paris, eine ewige Liebe!“ Foto: Philippe Bardant

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s074-078_atmo international.indd 74 26.03.2006 16:50:42 Atmosphäre Atmosphäre

Amsterdam: 5 Jahre Ultras Vak 410

Olympique Marseille – OGC Nizza: links Virage DP, rechts Virage Sud Fotos: curva-massilia.com Lens Ajax Amsterdam – FC Utrecht: Ihren 5. Geburtstag feierten die Ajax-Ultras von Vak 410 mit einer Konfetti-Choreo und einer Blockfahne. Fotos: Vak 410 Mit der Choreo im Spiel gegen Ajaccio gedachten die Tigers der 1.664 Bergleute, die 100 Jah- FC Twente Enschede re zuvor beim größten Gruben- unglück der französischen Berg- Beim Spiel Twente gegen Ajax trafen auch zwei der baugeschichte in Courrières bei größten und aktivsten niederländischen Ultragrup- Lens ums Leben gekommen wa- pen aufeinander. Auf der Blockfahne stehen die ren. In der Nähe des Unglücks- römischen Soldaten, deren Hauptmann gerade den ortes fanden sich kurze Zeit Angriff befi ehlt, stellvertretend für die Ajax-Ultras später einige Studenten zum von Vak 410. Obelix, den sich die Twente-Ultras von Fußballspielen zusammen, und Vak P zum Maskottchen auserkoren haben, erwidert wenige Monate später wurde der im Twenter Dialekt „Verpisst euch!“ bzw. auf dem RC Lens gegründet. Den 100. Spruchband: „Die spinnen, die Amsterdamer!“ Geburtstag des Clubs würdigten die Tigers mit einer Drei-Tribünen- Choreo im Spiel gegen .

FC Twente Enschede – Ajax Amsterdam Fotos: Vak P

Racing Lens – AC Ajaccio (oben), Racing Lens – Olympique Lyon (unten) Fotos: Planète Lens

Paris Saint-Germain – AS Saint-Étienne: „Mehr als eine echte Leidenschaft, Paris, eine ewige Liebe!“ Foto: Philippe Bardant OGC Nizza – Paris Saint-Germain Foto: Almut Schmoll

74 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 75

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FC Luzern

Schweiz: FC Luzern – FC Lausanne-Sport Fotos: fcl.schesl.ch

Aarau Lucky Luke kommt aus Aarau. Den Schweizer Pokal hat er un- term Arm, die bereits erledigten Kontrahenten vor Augen. Von rechts nach links: die Daltons in den Farben des SR Delémont, FC Baulmes und FC Schaffhausen sowie ganz rechts Averell Dalton im Dress des Viertelfi nalgegners Schweiz: FC Aarau – FC Zürich Foto: Stefan Beck FC Zürich.

Schweiz: FC Basel – FC Zürich Fotos: fcbworld.ch

Argentinien: Club Olímpico – Boca Juniors Foto: Attila / Mentalita Fanzine

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FC Luzern

Schweiz: FC Luzern – FC Lausanne-Sport Fotos: fcl.schesl.ch

Aarau Lucky Luke kommt aus Aarau. Den Schweizer Pokal hat er un- term Arm, die bereits erledigten Italien: AS Rom – Lazio Rom Foto: Harza Kontrahenten vor Augen. Von rechts nach links: die Daltons in den Farben des SR Delémont, FC Baulmes und FC Schaffhausen sowie ganz rechts Averell Dalton im Dress des Viertelfi nalgegners Schweiz: FC Aarau – FC Zürich Foto: Stefan Beck FC Zürich.

Schweiz: FC Basel – FC Zürich Fotos: fcbworld.ch

Portugal: Sporting Braga – aaa ––––Sporting Lissabon Foto: Adeptos

Argentinien: Club Olímpico – Boca Juniors Foto: Attila / Mentalita Fanzine Griechenland: Olympiakos Piräus – aaa ––––AEK Athen Foto: ultras.gr Portugal: Benfi ca Lissabon – aaa ––––Sporting Lissabon Foto: Joãomiguel

76 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 77

s074-078_atmo international.indd 76 27.03.2006 00:10:52 s074-078_atmo international.indd 77 26.03.2006 16:52:42 Atmosphäre

Dänemark: Bröndby Kopenhagen – aaa ––––FC Kopenhagen: „Auf der Jagd nach der Meisterschaft kann uns keiner stoppen“ Foto: Marcel Delfs

Österreich: Rapid Wien – Austria Wien Foto: Tornados Rapid

Polen: Pogon Stettin – Amica Wronki Foto: Ballspanner unterwegs

Polen: Jagiellonia Bialystok – Piast Gliwice Foto: Volfi d

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s074-078_atmo international.indd 78 26.03.2006 16:53:01 Atmosphäre JEDER HAT EINE ZWEITE CHANCE VERDIENT! Stadionwelt-Ausgabe verpasst? Jetzt nachbestellen! Eile geboten, teilweise nur noch wenige Restexemplare!

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Pay-TV, Stadionverbote, WM 2006 Quadratur der Kurve Nr.14 DER FANBLOCK Nr.16 DIE FAN-UMFRAGE Die Bundesliga-Stadien im Vergleich Trends · Stimmen · Meinungen Titel: Rangliste: Heim- und Gästeblöcke Nr.15 Titel: Die Fanumfrage Titel: WM-CHECK Fans: Der Fanblock Fans: Fanszene Hannover Fans: Fanszene Nürnberg Fanszene Florenz Fanszene Braunschweig Fanszene AC Mailand Serie WM-Stadien Serie WM-Stadien POLITIK UND PARTY Fanszene Celtic WESTFALENSTADION ALLIANZ ARENA Fanszene Glasgow WM-Stadt Dortmund Stadien: WM-Stadt München Stadien: 13 Seiten mit Poster Westfalenstadion 13 Seiten mit Poster Stadien: Gottlieb-Daimler-Satdion Serie WM-Stadien Fanszene Nürnberg Bernabéu-Stadion Fanszene AC Milan GOTTLIEB-DAIMLER-STADION Polen: Pogon Stettin – Amica Wronki Foto: Ballspanner unterwegs Stade de Allianz Arena WM-Stadt Stuttgart Estadio Santiago Fanszene Hannover Stadien Schweden Fan-News und Fotos Fanszene Florenz Szene Braunschweig Stadion Parma Fan-News und -Fotos Stadien Ukraine SAP Arena 14 Seiten mit Poster DERBYZEIT AM RHEIN · SPIELBERICHT FCN – FCB · FENWAY PARK · COLORLINE-ARENA · FANNEWS EISHOCKEY Fenway Park STADION-NEWS · SPIELBERICHTE · POST AUS EUROPA · FAN-NEWS EISHOCKEY · STADIONWELTEN CHILE · STATISTIK Trierer Moselstadion OLYMPISCHE WINTERSPIELE · POST AUS EUROPA · OSTSEEHALLE KIEL · SPECIAL: HANDBALL-WM · STATISTIK Bernabéu

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Catania: Ultras stoppen Züge Als den Ultras aus Catania klar wurde, dass sie es aufgrund der mehrstündigen Zugverspätung nicht mehr zum Auswärtsspiel ihrer Mannschaft am 14.1. in Brescia schaffen würden und da- her die am Vorabend begonnene Reise umsonst angetreten hat- ten, entschieden sie sich zu einer radikalen Protestform: Die etwa 300 mitgereisten Sizilianer blok- Trotz der teuren Eintrittspreise noch Geld für eine Choroeo: In der Mitte der Teufel, das Symbol der AC Milan-Fans, dazu das kierten bei Parma die Gleise und Spruchband: „Du Armer, wie leid du uns tust…“ Foto: Guido Stutz sorgten so für ein Verkehrschaos auf der vielbefahrenen Strecke Bo- Juve – Milan hingegen „Preisnachlässe“: Un- logna – Mailand. Die Folge waren ter 18-Jährige sollten 40 Euro Zugverspätungen von bis zu 100 Ein teures Vergnügen ihres Taschengeldes aufbringen, Minuten. und die unter 16-Jährigen mus- Dass die hohen Eintrittspreise Karten (jeweils in den weit vom sten gar „nur“ die Hälfte des ein Hauptgrund für den Besu- Spielfeld entfernten Kurven) 50 Preises für den dritten Rang der cherrückgang in Italiens Stadien Euro. Entsprechend hoch ging Westtribüne zahlen – 75 Euro. sind, ist ein offenes Geheimnis, die weitere Staffelung der Kar- Ein Familienvater mit Sohn hätte auch wenn mancher Funktionär tenpreise: Einen Platz im zugi- also 225 Euro für das Sporter- trotz rückläufi ger Zahlen die gen vierten Rang der Osttribüne eignis bezahlt. Zum Vergleich: Schuld immer noch bei gewalttä- gab es für 65 Euro, für die im Im Pay-TV war das Spitzenspiel tigen Fans sucht. Vergleich dazu größere Nähe für 3 Euro zu sehen. Die Ticketpreise für das Schla- zum Spielfeld im dritten Rang Ob es wohl an der Angst vor gerspiel der am 12. wurden dem Fan gar 90 Euro Ausschreitungen gewalttätiger Foto: Almut Schmoll März zwischen Juventus und abverlangt. Über Tribünenpreise Fangruppen und mangelndem dem AC Mailand im Turiner Sta- von 115, 125 und 150 Euro war Komfort im Stadion lag, dass Pescara: Landesweites Geden- dion „Delle Alpi“ markierten schließlich das Ende der Fah- nur 16.019 zahlende Zuschauer ken für verstorbenenen Capo einen vorläufi gen Höhepunkt nenstange bei 250 Euro für ei- außer den 23.000 Abonnenten Von Genua über Ternana und Rom der Entwicklung: Der Rekordmei- nen Haupttribünenplatz erreicht. den Weg ins „Delle Alpi“ fan- bis nach Messina: In den vergan- ster forderte für die „billigsten“ Für Minderjährige gewährte Juve den? genen Wochen gedachten Ultras der verschiedensten Gruppierun- gen mit Spruchbändern Marco Bubus, des legendären Capos der Führungsriege ihrer Ansicht nach Pescara Rangers, der im Januar nicht würdig sei, die Brigate zu nach kurzer aber schwerer Krank- leiten, gaben die Venezianer kei- heit verstarb. Die landesweite ne Gründe an; ausschlaggebend Trauer in den Kurven zeigt das Be- dürften jedoch kurveninterne wusstsein der Ultraszene, eine der Konfl ikte gewesen sein. wahrhaft großen Führungsfi guren Auch in den Aufl ösungsbekannt- der 70er Jahre verloren zu haben, machungen der Gruppen in Sie- die durch ihr Handeln und ihre Er- na, Udine und Turin ist von sze- scheinung ein positives Beispiel neinternen Differenzen zu lesen; gelebter Ultramentalität gaben. weiterhin weisen sowohl Robur Seine Gruppe ehrte Marco mit der Alcool, als auch Nord Kaos auf Umbenennung der Heimkurve in den jeweils ausbleibenden Ge- „Curva Nord Marco Mazza“. nerationswechsel hin. Wie verschieden die einzelnen Aufgelöst: Udines Gruppe „Nord Kaos“ Foto: almtraumpaderborn.de Vorkommnisse bei jeder Gruppe Brescia: Ultra-Mahnmarsch für auch sein mögen –, die Grup- Polizeiopfer Paolo Zeit der großen Ultra-Gruppen beendet? penaufl ösungen sind ein kurve- Hunderte Ultras aus dem ganzen nübergreifendes Phänomen. Die Land zogen am 18. Februar fried- Aufl ösungserscheinungen Zeit der großen Gruppen scheint lich durch die Straßen Brescias zu Ende zu gehen; sicherlich um für Paolo, den von der Polizei „Wir sind zu der bitteren aber Bergamo aufgelöst, und in den nicht nur Schuld der wachsen- in Verona ins Koma geschlagenen stolzen Entscheidung gelangt, vergangenen Wochen folgten den Repression, sondern auch Fan zu demonstrieren. Obwohl die uns aufzulösen und das Aben- weitere: In Modena und Venedig einer neuen Ultrageneration, Gruppe Brescia 1911 nur die Ve- teuer der Fossa dei Leoni zu lösten sich mit den Brigate Gi- die das Spiegelbild einer immer roneser offi ziell eingeladen hatte, beenden.“ Mit diesen Worten alloblù Modena und den Ultras egozentrierteren Gesellschaft kamen Ultras selbst aus so weit endete im November 2005 Unione Venezia Mestre die bei- ist, folglich ihre Individualität entfernten Orten wie Cava de’ die Geschichte der legendären den bekanntesten Gruppen mit gnadenlos auslebt und ande- Tirreni, Monopoli und Potenza zu- Ultragruppe des AC Mailand. jahrzehntelanger Geschichte rerseits immer wieder Elemente sammen, um ihre Solidarität zu Zwar waren die Vorfälle in der auf; desweiteren stellten auch in die Kurven einführt, die mit bekunden. „Wir wollen keine Ra- Mailänder Südkurve die spek- die Gruppen Robur Alcool (Sie- Fußball und Fankultur nicht das che, sondern Gerechtigkeit und takulärsten, doch ging die Fos- na), Nord Kaos (Udinese) und Geringste zu tun haben. Aber Wahrheit“, erklärten die Brescia sa ihren schmerzhaften Weg Noi Soli (Juve) ihre Aktivitäten wie schrieben die BGB Mode- 1911, die erfolgreich zum gewalt- diese Saison keinesfalls allein. ein. Während in Modena die na? „Niemand wird je 30 Jahre und politikfreien Mahnmarsch auf- Bereits zuvor hatten sich die Gruppengründer die Aufl ösung ehrenvolle Geschichte löschen gerufen hatten. Brigate Nerazzure Atalanta aus gefordert hatten, da die jetzige können.“

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Catania: Ultras stoppen Züge Als den Ultras aus Catania klar wurde, dass sie es aufgrund der mehrstündigen Zugverspätung nicht mehr zum Auswärtsspiel ihrer Mannschaft am 14.1. in Brescia schaffen würden und da- her die am Vorabend begonnene Reise umsonst angetreten hat- ten, entschieden sie sich zu einer radikalen Protestform: Die etwa 300 mitgereisten Sizilianer blok- Trotz der teuren Eintrittspreise noch Geld für eine Choroeo: In der Mitte der Teufel, das Symbol der AC Milan-Fans, dazu das kierten bei Parma die Gleise und Spruchband: „Du Armer, wie leid du uns tust…“ Foto: Guido Stutz sorgten so für ein Verkehrschaos auf der vielbefahrenen Strecke Bo- Juve – Milan hingegen „Preisnachlässe“: Un- Nur Stein des Anstoßes? Livorno-Fans in Genua Foto: Mazzarella logna – Mailand. Die Folge waren ter 18-Jährige sollten 40 Euro Zugverspätungen von bis zu 100 Ein teures Vergnügen ihres Taschengeldes aufbringen, Interview mit Carlo Balestri von „Progetto Ultra“ Minuten. und die unter 16-Jährigen mus- Dass die hohen Eintrittspreise Karten (jeweils in den weit vom sten gar „nur“ die Hälfte des „Politik ist oft nur Staffage“ ein Hauptgrund für den Besu- Spielfeld entfernten Kurven) 50 Preises für den dritten Rang der cherrückgang in Italiens Stadien Euro. Entsprechend hoch ging Westtribüne zahlen – 75 Euro. In letzter Zeit waren in den italieni- lich radikales Gedankengut dahin- sind, ist ein offenes Geheimnis, die weitere Staffelung der Kar- Ein Familienvater mit Sohn hätte schen Stadien wiederholt Fahnen tersteht? auch wenn mancher Funktionär tenpreise: Einen Platz im zugi- also 225 Euro für das Sporter- und Transparente mit politischem Carlo: Ja, viele kümmern sich nach trotz rückläufi ger Zahlen die gen vierten Rang der Osttribüne eignis bezahlt. Zum Vergleich: Inhalt zu sehen. Stadionwelt dem Spiel überhaupt nicht um Po- Schuld immer noch bei gewalttä- gab es für 65 Euro, für die im Im Pay-TV war das Spitzenspiel sprach mit Carlo Balestri vom litik. Sie übernehmen vielleicht tigen Fans sucht. Vergleich dazu größere Nähe für 3 Euro zu sehen. „Progetto Ultra“, Organisator der die Symbolik, aber sie praktizie- Die Ticketpreise für das Schla- zum Spielfeld im dritten Rang Ob es wohl an der Angst vor jährlich stattfi ndenden Mondiali ren die politischen Ideale nicht im gerspiel der Serie A am 12. wurden dem Fan gar 90 Euro Ausschreitungen gewalttätiger Antirazzisti, über die aktuelle Ent- Leben. Auch bei der Roma: Viele Foto: Almut Schmoll März zwischen Juventus und abverlangt. Über Tribünenpreise Fangruppen und mangelndem wicklung. preisen im Stadion den Duce, und dem AC Mailand im Turiner Sta- von 115, 125 und 150 Euro war Komfort im Stadion lag, dass dann kiffen sie sich eine… Die Pescara: Landesweites Geden- dion „Delle Alpi“ markierten schließlich das Ende der Fah- nur 16.019 zahlende Zuschauer Stadionwelt: Immer öfter ma- Irriducibili von Lazio sind schon ken für verstorbenenen Capo einen vorläufi gen Höhepunkt nenstange bei 250 Euro für ei- außer den 23.000 Abonnenten chen Italiens Kurven Schlagzei- deutlich rechtsextrem, aber sie Von Genua über Ternana und Rom der Entwicklung: Der Rekordmei- nen Haupttribünenplatz erreicht. den Weg ins „Delle Alpi“ fan- len aufgrund politisch extremer hängen auch keiner Partei an, die bis nach Messina: In den vergan- ster forderte für die „billigsten“ Für Minderjährige gewährte Juve den? Symbole. Wie ist diese gegen- politische Linie ist die der Irriduci- genen Wochen gedachten Ultras wärtige Situation zu beurteilen? bili Lazio als Gruppe. der verschiedensten Gruppierun- Gibt es immer mehr Politik in ita- Stadionwelt: Welchen konkreten gen mit Spruchbändern Marco lienischen Kurven? Nutzen haben politische Bezie- Bubus, des legendären Capos der Führungsriege ihrer Ansicht nach Carlo: Nein. Die Tendenz ist nicht hungen für eine Gruppe? Pescara Rangers, der im Januar nicht würdig sei, die Brigate zu steigend; es ist nur so, dass seit Carlo: Eigentlich keinen. Politiker nach kurzer aber schwerer Krank- leiten, gaben die Venezianer kei- dem Aufstieg Livornos in die Se- können natürlich versprechen, heit verstarb. Die landesweite ne Gründe an; ausschlaggebend rie A viele eher rechtsgerichtete Gesetze für die Ultras zu machen, Trauer in den Kurven zeigt das Be- dürften jedoch kurveninterne Kurven, darunter eben Roma oder aber das hängt ja dann vom ein- wusstsein der Ultraszene, eine der Konfl ikte gewesen sein. Lazio, von den Begegnungen pro- zelnen Politiker ab. wahrhaft großen Führungsfi guren Auch in den Aufl ösungsbekannt- fi tieren, um ihre ideologische Ge- Stadionwelt: Welche Probleme der 70er Jahre verloren zu haben, machungen der Gruppen in Sie- genposition als Antwort auf den entstehen durch die Politik für die durch ihr Handeln und ihre Er- na, Udine und Turin ist von sze- Linksextremismus der Livornesen eine Kurve? scheinung ein positives Beispiel neinternen Differenzen zu lesen; kundzutun. Politische Symbolik, Carlo: Ich möchte auf keinen Fall gelebter Ultramentalität gaben. weiterhin weisen sowohl Robur gerade von rechts, gab es in der den Lehrmeister spielen; jede Seine Gruppe ehrte Marco mit der Alcool, als auch Nord Kaos auf zweiten Hälfte der 90er Jahre viel Kurve muss selbst entscheiden, Umbenennung der Heimkurve in den jeweils ausbleibenden Ge- häufi ger, das war aber auch mehr welche Linie sie vertritt. Klar ist „Curva Nord Marco Mazza“. nerationswechsel hin. eine Modeerscheinung. natürlich, dass sich ein linker Wie verschieden die einzelnen Stadionwelt: Wie viele der Ultras Fan in Ascoli, oder ein rechter in Aufgelöst: Udines Gruppe „Nord Kaos“ Foto: almtraumpaderborn.de Vorkommnisse bei jeder Gruppe in den politisierteren Kurven sind Livorno, wenig von der Kurve re- Brescia: Ultra-Mahnmarsch für auch sein mögen –, die Grup- auch wirklich politisch aktiv und präsentiert fühlt. Dabei sollte die Polizeiopfer Paolo Zeit der großen Ultra-Gruppen beendet? penaufl ösungen sind ein kurve- wie viele sind nur Mitläufer? Kurve eigentlich vereinen. Zum Hunderte Ultras aus dem ganzen nübergreifendes Phänomen. Die Carlo: Es wird immer gesagt, Beispiel bei Sampdoria: Da ha- Land zogen am 18. Februar fried- Aufl ösungserscheinungen Zeit der großen Gruppen scheint dass die Forza Nuova die Kurven ben sich immer alle zusammen- lich durch die Straßen Brescias zu Ende zu gehen; sicherlich durchdringt. Wenn die FN damit gefunden; es gibt keine politische um für Paolo, den von der Polizei „Wir sind zu der bitteren aber Bergamo aufgelöst, und in den nicht nur Schuld der wachsen- wirklich Erfolg hätte, wären bei Ausrichtung; die Kurvenpolitik ist in Verona ins Koma geschlagenen stolzen Entscheidung gelangt, vergangenen Wochen folgten den Repression, sondern auch ihren Demonstration mehrere das, was gelebt wird: die Unter- Fan zu demonstrieren. Obwohl die uns aufzulösen und das Aben- weitere: In Modena und Venedig einer neuen Ultrageneration, Tausend Personen auf der Straße stützung der Sampdoria. Gruppe Brescia 1911 nur die Ve- teuer der Fossa dei Leoni zu lösten sich mit den Brigate Gi- die das Spiegelbild einer immer – tatsächlich sind es nur 50 oder Stadionwelt: Wie siehst Du die roneser offi ziell eingeladen hatte, beenden.“ Mit diesen Worten alloblù Modena und den Ultras egozentrierteren Gesellschaft 100. Bei der Roma etwa gibt es zukünftige Entwicklung? kamen Ultras selbst aus so weit endete im November 2005 Unione Venezia Mestre die bei- ist, folglich ihre Individualität außer den Fedayn und den Boys Carlo: Was Politik in der Kurve entfernten Orten wie Cava de’ die Geschichte der legendären den bekanntesten Gruppen mit gnadenlos auslebt und ande- eigentlich nur noch kleinere Grup- anbelangt, wird sich nicht viel Tirreni, Monopoli und Potenza zu- Ultragruppe des AC Mailand. jahrzehntelanger Geschichte rerseits immer wieder Elemente pen, Freundeskreise, die ins Sta- ändern; nur der Staat wird die sammen, um ihre Solidarität zu Zwar waren die Vorfälle in der auf; desweiteren stellten auch in die Kurven einführt, die mit dion gehen. Darunter etwa auch Repressionen weiter verschär- bekunden. „Wir wollen keine Ra- Mailänder Südkurve die spek- die Gruppen Robur Alcool (Sie- Fußball und Fankultur nicht das die tradizione e distinzione, die fen. Aber das einzige was dabei che, sondern Gerechtigkeit und takulärsten, doch ging die Fos- na), Nord Kaos (Udinese) und Geringste zu tun haben. Aber wirklich rechtsradikal ausgerichtet herauskommt, sind immer mehr Wahrheit“, erklärten die Brescia sa ihren schmerzhaften Weg Noi Soli (Juve) ihre Aktivitäten wie schrieben die BGB Mode- sind – aber lass das überhaupt Jugendliche, die die Institutionen 1911, die erfolgreich zum gewalt- diese Saison keinesfalls allein. ein. Während in Modena die na? „Niemand wird je 30 Jahre mal 20 Personen sein… hassen. Die Zukunft sieht nicht und politikfreien Mahnmarsch auf- Bereits zuvor hatten sich die Gruppengründer die Aufl ösung ehrenvolle Geschichte löschen Stadionwelt: Ist die Politik also rosig aus, aber irgendwie wird’s gerufen hatten. Brigate Nerazzure Atalanta aus gefordert hatten, da die jetzige können.“ öfter nur Staffage, als dass wirk- schon weitergehen.

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Panathinaikos Athen – AEK Athen (Saison 2005/2006) Foto: Stadionwelt 40 Jahre für Panathinaikos Gate 13 gehört zu den bekanntesten und ältesten aktiven Fangruppen in Europa. Ein Blick hinter die Kulissen der Athener Fanszene.

s ist gerade erst Anfang März, doch rund um das Stadion – Erinnerungen des alten Stadions. Die höhere Zahl der die Sonne scheint an diesem Sonn- an eine große Fußballzeit. Noch heute Tickets ist wirklich der einzig positive Etagvormittag bereits mit wärmen- schwärmen die Panathinaikos-Fans von Aspekt“, erklärt Jannis, einer der Capos der Kraft auf Griechenlands Hauptstadt. der Stimmung im eng gebauten Aposto- von Gate 13. In den Straßen von Athen herrscht nur los Nikolaidis. Zwar ist der Zuschauerschnitt etwas wenig Verkehr, ein Bild, das man in der Hier hat der Verein seine Erfolge ge- gestiegen, doch die neue Spielstätte ist Metropole, in deren Großraum mehr als 6 feiert, hierhin sind die Fans jahrzehnte- alles andere als ideal. Mit 16.200 Plätzen Millionen Menschen leben, wirklich nur lang zum Fußball gegangen. Und hier war das Apostolos Nikolaidis zwar zu am Wochenende zu sehen bekommt. Im wurde vor ziemlich genau 40 Jahren klein, das Olympiastadion aber ist mit Stadtteil Ambelokipi an der Hauptstraße eine der ältesten in Europa noch akti- 66.132 viel zu groß. Gerade mal 17.456 Leoforos Alexandras liegt zwischen den ven Fangruppen gegründet. Unter dem besuchen im Schnitt die Spiele. So ist engen Wohnblöcken das Stadion Apo- Namen Gate 13, benannt nach dem Ein- die riesige Schüssel oft leer und unper- stolos Nikolaidis, die traditionsreiche gang zu ihrem Fanblock, schlossen sich sönlich, der Charme des Stadions im Heimat von Panathinaikos Athen. Panathinaikos-Anhänger zusammen. Stadtteil, in dem die Menschen fast aus- Es sind kaum Menschen unterwegs, Die Gruppe wuchs und wuchs und nahmslos zum Verein halten, ging ver- und die Zugänge des Stadions sind ver- wurde zum alles bestimmenden Fak- loren. „Das alte Stadion war für uns wie schlossen. Autos parken vor den Toren. tor in der Fanszene. Heute hat Gate 13 ein Zuhause. Wir waren bereits Stunden Dabei ist Derby-Tag, und Ortsrivale AEK allein in Athen rund 7.000 Mitglieder, vor dem Spiel vor Ort, haben Freunde ist am Abend bei Panathinaikos zu Gast. die in 40 Fanclubs zusammengeschlos- getroffen und in den Pubs Bier getrun- Doch das Geschehen hat sich verlagert, sen sind. Hinzu kommen noch einmal ken. Das Olympiastadion liegt zu weit denn im Apostolos Nikolaidis wird seit etwa 50 Fanclubs aus anderen Städten außerhalb. Da geht man vor dem Spiel Beginn der Saison kein Fußball mehr in Griechenland. Und die meisten von hin und direkt danach wieder weg“, er- gespielt. Der Club ist umgezogen, weg ihnen haben erst seit dieser Saison die klärt Dimitris, ein weiteres Mitglied von vom Zentrum ins modernisierte Olym- Möglichkeit, regelmäßig zu den Spielen Gate 13. Somit überwiegt die Wehmut, piastadion am Rande der Stadt. Lediglich zu kommen. „Im kleinen Stadion fasste dass das Spiel an diesem Tag nicht in der Fanshop be ndet sich noch unter der der Fanblock etwa 5.000 Leute, viele der alten Heimat statt nden kann. Haupttribüne der alten Spielstätte, und haben daher keine Karten bekommen, Weniger bedauern dies indes die Po- aus einem kleinen Fenster auf der Gegen- die 50 Fanclubs von außerhalb konn- lizei und die Fans der Gastmannschaf- seite des Stadions werden Karten für das ten praktisch nie Spiele sehen. Wir sind ten. Denn die Gegend ums alte Stadion große Match am Abend verkauft. froh, dass jetzt endlich alle organisier- war gefürchtet. Auf die schmale Straße Doch auch ohne Spiel ist Panathinai- ten Mitglieder live dabei sein können zwischen Gate 13 und den anliegenden kos hier noch allgegenwärtig. Fan-Graf- – aber traurig wegen der Geschichte, Kneipen trauten sich keine Gästefans,  tis zieren  ächendeckend die Straßen der Atmosphäre und der Umgebung und auch die Polizei schritt hier nur un-

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Panathinaikos Athen – AEK Athen (Saison 2005/2006) Foto: Stadionwelt Panathinaikos Athen – Olympiakos Piräus (Saison 2002/2003) Foto: Gate 13

gern ein. Häu g kam es hier zu Ausein- beispielsweise beim , den die Deutschland zu vergleichen. So treffen 40 Jahre für Panathinaikos andersetzungen die bisweilen in heftige Fans der Athener Clubs ebenfalls zahl- sich die Gruppen von Gate 13 bei Spie- Gate 13 gehört zu den bekanntesten und ältesten aktiven Fangruppen in Europa. Straßenschlachten ausarteten. reich besuchen, schon seit geraumer Zeit len im Großraum Athen an einem zen- Gewalt ist jedoch auch an diesem Tag bei Derbys keine Karten mehr für Gäste- tralen Treffpunkt, um dann geschlossen Ein Blick hinter die Kulissen der Athener Fanszene. ein Thema. Bereits früh ist die Polizei in fans, es sein denn es handelt sich um Po- anzureisen. Bei Auswärtsfahrten in an- den Straßen rund ums Olympistadion kal- oder Playoff-Spiele. dere Städte wird in der Regel auf Busse s ist gerade erst Anfang März, doch rund um das Stadion – Erinnerungen des alten Stadions. Die höhere Zahl der präsent, und das in massiver Anzahl. zurückgegriffen, da die Anreise mit dem die Sonne scheint an diesem Sonn- an eine große Fußballzeit. Noch heute Tickets ist wirklich der einzig positive Aufgrund von Ausschreitungen fanden Auswärtsfahrten sind kein Auto zu gefährlich ist und die PKW weit Etagvormittag bereits mit wärmen- schwärmen die Panathinaikos-Fans von Aspekt“, erklärt Jannis, einer der Capos Derbys in den letzten Jahren immer wie- Spaziergang außerhalb geparkt werden müssen, um der Kraft auf Griechenlands Hauptstadt. der Stimmung im eng gebauten Aposto- von Gate 13. der ohne Fans der Gastmannschaft statt. nicht anhand der Kennzeichen dem Geg- In den Straßen von Athen herrscht nur los Nikolaidis. Zwar ist der Zuschauerschnitt etwas Doch heute Abend sind im gut gefüllten, Doch trotz aller Bemühung seitens ner zugeordnet zu werden. Doch auch wenig Verkehr, ein Bild, das man in der Hier hat der Verein seine Erfolge ge- gestiegen, doch die neue Spielstätte ist aber nicht ausverkauften Stadion unter der Polizei ist die Gewalt nur schwer zu die Busfahrten sind problematisch, da Metropole, in deren Großraum mehr als 6 feiert, hierhin sind die Fans jahrzehnte- alles andere als ideal. Mit 16.200 Plätzen den 47.000 Zuschauern auch rund 2.000 verhindern. Auch an diesem Tag „schep- sich nach zahlreichen Zwischenfällen Millionen Menschen leben, wirklich nur lang zum Fußball gegangen. Und hier war das Apostolos Nikolaidis zwar zu AEK-Fans. Mehr Karten gab es nicht, und pert“ es rund ums Stadion, weil sich ein nur noch wenige Busunternehmen bereit am Wochenende zu sehen bekommt. Im wurde vor ziemlich genau 40 Jahren klein, das Olympiastadion aber ist mit selbst das ist schon viel. Um Ausschrei- Teil der AEK-Fans absetzen konnte und erklären, die Fans überhaupt zu fahren. Stadtteil Ambelokipi an der Hauptstraße eine der ältesten in Europa noch akti- 66.132 viel zu groß. Gerade mal 17.456 tungen zu verhindern, werden die 2.000 durch eine Gruppe von Gate 13 attackiert Und wenn doch, dann oftmals nur in al- Leoforos Alexandras liegt zwischen den ven Fangruppen gegründet. Unter dem besuchen im Schnitt die Spiele. So ist Gäste bereits mehr als zwei Stunden vor wurde. Sechs AEK-Fans werden verletzt. ten Bussen, die immer wieder auf halber engen Wohnblöcken das Stadion Apo- Namen Gate 13, benannt nach dem Ein- die riesige Schüssel oft leer und unper- dem Spiel geschlossen ins Stadion ge- Es folgten zudem Auseinandersetzungen Strecke liegen bleiben. Zudem ist es den stolos Nikolaidis, die traditionsreiche gang zu ihrem Fanblock, schlossen sich sönlich, der Charme des Stadions im bracht. Als die ersten das Stadion betre- von beiden Fanseiten mit den Spezialein- Fanbussen untersagt, auf Rastplätzen Heimat von Panathinaikos Athen. Panathinaikos-Anhänger zusammen. Stadtteil, in dem die Menschen fast aus- ten ertönen P ffe und Schmährufe von heiten der Polizei. zu halten, da diese in der Vergangen- Es sind kaum Menschen unterwegs, Die Gruppe wuchs und wuchs und nahmslos zum Verein halten, ging ver- den Pao-Fans, die gerade die Choreogra- Die Sitten sind rauer geworden im heit immer wieder zum Schauplatz von und die Zugänge des Stadions sind ver- wurde zum alles bestimmenden Fak- loren. „Das alte Stadion war für uns wie  e vorbereiten. Trotzdem sind sie insge- griechischen Fußball. Und gerade Aus- Auseinandersetzungen wurden. Vie- schlossen. Autos parken vor den Toren. tor in der Fanszene. Heute hat Gate 13 ein Zuhause. Wir waren bereits Stunden heim froh, dass diesmal Gäste zugelassen wärtsfahrten sind nicht mit der doch le Gruppen werden sogar die gesamte Dabei ist Derby-Tag, und Ortsrivale AEK allein in Athen rund 7.000 Mitglieder, vor dem Spiel vor Ort, haben Freunde sind. „Ein Derby ohne gegnerische Fans meistens recht gemütlichen Anreise in Strecke von der Polizei begleitet. „Es ist ist am Abend bei Panathinaikos zu Gast. die in 40 Fanclubs zusammengeschlos- getroffen und in den Pubs Bier getrun- ist kein Derby – da fehlt einfach nicht so, dass die Gewaltbereit- Doch das Geschehen hat sich verlagert, sen sind. Hinzu kommen noch einmal ken. Das Olympiastadion liegt zu weit was“, ist aus den Reihen der Pana- schaft bei den Fans gestiegen ist“, denn im Apostolos Nikolaidis wird seit etwa 50 Fanclubs aus anderen Städten außerhalb. Da geht man vor dem Spiel thinaikos-Fans zu vernehmen. erklärt Jannis, „denn geknallt hat Beginn der Saison kein Fußball mehr in Griechenland. Und die meisten von hin und direkt danach wieder weg“, er- Die letzten drei Jahre haben sie es auch schon vor vielen Jahren. gespielt. Der Club ist umgezogen, weg ihnen haben erst seit dieser Saison die klärt Dimitris, ein weiteres Mitglied von selbst keine Tickets mehr für Aus- Jedoch ist es heute gefährlicher, da vom Zentrum ins modernisierte Olym- Möglichkeit, regelmäßig zu den Spielen Gate 13. Somit überwiegt die Wehmut, wärtsspiele beim Rivalen Olympia- Aggressivität und Brutalität in den piastadion am Rande der Stadt. Lediglich zu kommen. „Im kleinen Stadion fasste dass das Spiel an diesem Tag nicht in kos erhalten. Beim ersten Mal hatte Auseinandersetzungen eine neue der Fanshop be ndet sich noch unter der der Fanblock etwa 5.000 Leute, viele der alten Heimat statt nden kann. die Stadt es wegen vorangegange- Qualität erreicht haben. Eine ähn- Haupttribüne der alten Spielstätte, und haben daher keine Karten bekommen, Weniger bedauern dies indes die Po- ner Ausschreitungen verboten, da- liche Entwicklung gibt es ja derzeit aus einem kleinen Fenster auf der Gegen- die 50 Fanclubs von außerhalb konn- lizei und die Fans der Gastmannschaf- nach wurde die Entscheidung an in Osteuropa.“ Während sich die seite des Stadions werden Karten für das ten praktisch nie Spiele sehen. Wir sind ten. Denn die Gegend ums alte Stadion die Club-Präsidenten der Vereine Form der Auseinandersetzungen große Match am Abend verkauft. froh, dass jetzt endlich alle organisier- war gefürchtet. Auf die schmale Straße übergeben, die sich jedoch gegen verschärft, nimmt die Quantität ab. Doch auch ohne Spiel ist Panathinai- ten Mitglieder live dabei sein können zwischen Gate 13 und den anliegenden eine Ticketvergabe aussprachen. „Früher war es für die beteiligten kos hier noch allgegenwärtig. Fan-Graf- – aber traurig wegen der Geschichte, Kneipen trauten sich keine Gästefans, Ein Problem, das sich nicht nur auf Gruppen viel einfacher, einen Geg-  tis zieren  ächendeckend die Straßen der Atmosphäre und der Umgebung und auch die Polizei schritt hier nur un- den Fußball beschränkt. So gibt es Support beim Derby gegen AEK Foto: Stadionwelt ner zu  nden, weil die Polizei �

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einfach nichts auf die Reihe bekommen hat. Spätestens seit den Olympischen Spielen ist sie jedoch viel besser organi- siert. Hinzu kommt, dass im Stadionum- feld mittlerweile viele Flächen von Ka- meras überwacht werden“, so Jannis.

Meldeaufl agen und Haftstrafen

Ob durch Prügeleien untereinander oder Attacken gegen die Polizei, die Fans bekommen mehr und mehr die Folgen ihres Handelns zu spüren. Es gibt Stadionverbote, allerdings nur we- nige, und die gängige Praxis ist nicht mit der Situation in Deutschland zu ver- gleichen. Die Clubs sind in erster Linie daran interessiert, dass es im Stadion ruhig bleibt. Um die Situation in den Straßen kümmert sich die Polizei. Und Basketball auswärts bei Olympiakos Foto: Gate 13 die reagiert verstärkt mit Meldeau a- gen für auffällig gewordene Fans; auch Mehr als nur Fußball vor Gericht mussten sich in den letzten Panathinaikos ist ein Großverein mit 28 Sportarten. Er errang bereits 112 nationale Monaten zahlreiche Anhänger verant- Meistertitel, darunter 27 im Fechten und einmal im Wasserski. Die Fans leben ihren Club worten. „Drei Jahre auf Bewährung gibt sieben Tage die Woche, unterstützen neben der Fußballmannschaft im besonderen Maße es oft“, so Jannis, „aber zuletzt mussten das Basketball-Team, aber auch die Herren- und Damenteams im Volleyball sowie die auch vermehrt Leute ins Gefängnis. Al- Wasserballmannschaft. Dies mitunter mit mehreren tausend Fans, sowohl zu Hause als leine aus unser Szene sind derzeit drei auch auswärts. Dabei geht es ähnlich heiß zu wie im Fußballstadion. im Knast.“ Das Basketball-Team ist in Griechenland die unangefochtene Nummer 1. Panathinaikos Die Zunahme repressiver Maßnahmen ist nicht nur Rekordmeister, sondern stand zudem mehrfach im Champions League-Fina- seitens der Polizei führt dazu, dass sich le, das der Club dreimal für sich entscheiden konnte. sogar die sonst so verfeindeten griechi- schen Fangruppen gemeinsam an einen Tisch setzen. Zwar gibt es kein Fannetz- werk wie etwa ProFans in Deutschland, jedoch haben sich im letzten Jahr in Thessaloniki und dieses Jahr in Athen verschiedene Gruppen getroffen, um in einer Versammlung über aktuelle Fan- probleme zu sprechen. Und auch beim Derby zwischen Panathinaikos und AEK gibt es an diesem Abend ein Solidari- Volleyball unter Polizeischutz Foto: Gate 13 Foto: Gate 13 tätstransparent von Gate 13 für einen Fan von PAOK Thessaloniki, der am Vortag zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Doch die meisten Transparente be- schäftigen sich mit dem Gegner. Die Pao-Fans haben eine riesige Blockfahne gemalt, auf der ein Panathinaikos-Fan ei- nen AEK-Anhänger mit Pinocio-Nase am Hals packt. „Ihr seid Lügner und Karnik- kel“ steht dort zu lesen. Rechts daneben eine Au istung von diversen Stadtteilen in Athen, in denen Gate 13 Auseinander- setzungen für sich entscheiden konnte.

Verein geht vor Nationalelf

Aufgrund der großen Rivalität der griechischen Vereine haben die organi- sierten Fanclubs auch kein besonderes Verhältnis zur griechischen National- mannschaft. „Je nachdem, wo das Spiel statt ndet, werden die Spieler des ver- Choreo beim Volleyball Foto: Gate 13 hassten Rivalen ausgep ffen. Zu den Spielen gehen hauptsächlich Nor- �

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Blick ins Stadion aus dem Block, in dem früher die Mitglieder von Gate 13 standen Foto: Stadionwelt

Der Heimblock mit dem Vereinswappen. Der linke Eingang ist Gate 13. Foto: Stadionwelt Mitten im Wohngebiet gelegen Foto: Gate 13 Die Heimat: Stadion Apostolos Nikolaidis Auch aus Sicht der Fans ist das alte Stadion nicht mehr wettbewerbs- fernten Stadtteil Goudi scheiterten, weil sich Politiker und der Stadt- fähig. Ihr Wunsch, es zu sanieren und durch einen zweiten Rang aus- bezirk dagegen aussprachen. Nun befürwortet der Präsident des zubauen, scheiterte jedoch aus Kostengründen, weil ein Umbau sich Clubs einen Neubau mit 50.000 Plätzen im Stadtteil Votaniko. Fakt an dieser Stelle mitten in der Stadt als äußerst schwierig gestaltet ist: Das Olympiastadion ist nur eine Übergangslösung, und eine neue hätte. Neubaupläne für ein 35.000er-Stadion im einen Kilometer ent- Spielstätte wird gebaut. Unklar ist derzeit nur, wann...

Heimspiel-Atmosphäre im Apostolos Nikolaidis Foto: Gate 13 Gate 13 – der Eingang zum Fanblock Foto: Stadionwelt

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malos, organisierte Gruppen halten entstanden. Mitglieder der Ultras Rapid sich meistens fern. Etwas anders war es und Gate 13 besuchen sich gegenseitig, Freunde und Feinde beim EM-Gewinn in Portugal, da waren fahren gemeinsam in den Urlaub und Olympiakos Piräus kleine Gruppen von fast alle Vereinen, tauschen sich regelmäßig aus. An der Die Rot-Weißen sind Gegner Nummer 1 die ein Auge zugedrückt haben, um diesjährigen Gruppenfahrt von Wien der Panathinaikos-Fans. Oft kommt es die EM-Feiern nicht zu stören. Bereits nach Athen nahmen 26 Mitglieder der zu schweren Krawallen zwischen beiden beim ersten Quali kationsspiel für die Ultras Rapid teil. Der Ruf der Rapid- Fanlagern. Seit mittlerweile drei Jahren WM gab es jedoch wieder Kon ikte“, Fans ist daher bei Gate 13 ausgezeichnet, haben die Panathinaikos-Fans keine beschreibt Jannis die Situation im Som- was auf Gegenseitigkeit beruht. Immer Karten mehr für Spiele bei Olympiakos mer 2004. wieder reisen auch kleine Gruppen von bekommen. Rapid-Fans zu den Spielen, um die be- Gate 13 und Ultras Rapid – mehr eindruckende Stimmung zu erleben, die AEK als eine Freundschaft auch an diesem Abend über 90 Minuten Ebenfalls kein gutes Verhältnis pfl egen das Spiel begleitet. Eine Stimmung, die die Pao-Fans zum Stadtrivalen AEK. Beim Es git also durchaus Unterschiede wohl fast alles, was je in einem deut- letzten Derby kam es trotz großen Polizei- zwischen den Mitgliedern von Gate 13 schen Stadion stattgefunden haben mag, aufgebots zu Auseinandersetzungen vor und den vielen anderen griechischen verblassen lässt. Und das in einem Sta- dem Stadion. Fußballfans. „Das fällt besonders dann dion mit Laufbahn und großem Abstand auf, wenn wir im Europacup auswärts zwischen Spielfeld und Rängen. spielen. Da haben wir dann oft Grie- Am Ende gewinnt Panathinaikos das chen aus dem jeweiligen Land bei uns Spiel mit 1:0. Balsam auf die Seelen der im Block, die uns unterstützen, weil wir Anhänger, denn die ersten drei Der- ein griechischer Verein sind. Die wür- bys der Saison gingen verloren. Zudem Rund um das Stadion Apostolos Nikolaidis den genau so gut AEK unterstützen“, schob man sich durch diesen wichtigen gibt es kaum noch eine freie Fläche, die beklagt Jannis. „Die Stimmung ist daher Sieg vorbei am Rivalen AEK auf Platz Brennende AEK-Fahnen beim Derby nicht mit Graffi tis von Panathinaikos-Fans nicht vergleichbar mit dem, was hier zu 2, der zur Teilnahme an der Champions Foto: Stadionwelt belegt ist. Meist sind es die Symbole der erleben ist.“ Doch Unterstützung erhält League berechtigt. Fanclubs und Schmähungen gegen den Panathinaikos bei den Spielen in Mit- Kritische Stimmen jedoch kommen Außerhalb von Athen werden lediglich Nachbarn Olympiakos. teleuropa nicht nur von dort lebenden trotz des Sieges aus den Reihen der ei- PAOK Thessaloniki und Aris Thessaloni- Aber auch in anderen Teilen Athens fi nden Griechen. Oftmals sind auch Anhän- genen Fans. „Viele wollen nicht Zweiter ki als echte Rivalen angesehen sich überall gesprayte Statements, die die ger von Rapid Wien vor Ort. Seit dem werden. Lieber im UEFA-Cup, als un- 13 beinhalten. Champions League-Spiel bei Sturm ehrenhaft in der Champions League“, Neben der engen Freundschaft zu Ra- Alle Fotos: Stadionwelt Graz im Jahr 2000 verbindet die Anhän- heißt es aus Reihen von G13-Leuten. pid Wien gibt es sehr gute Kontakte zur ger beider Clubs eine enge Freundschaft, Zum Spiel hatten sie ein Transparent mit Gruppe Orgullo Vikingo von Real Madrid, die mittlerweile von beiden Seiten als der Aufschrift „Erster oder gar nichts, den Shamrock Rovers Ultras und zu den „Bruderschaft“ bezeichnet wird. Inzwi- der zweite Platz ist ein Versagen“ Barabajare von Hammarby IF. schen sind daraus viele enge Kontakte entrollt. ���Stefan Diener

Historie Panathinaikos Athen war der erste griechi- weiligen Stadtteils benutzten. In den ersten und 1991 der Zografou Fanclub. 1993 grün- sche Verein mit einer organisierten Fangrup- Jahren von Gate 13 war das Geschehen in den diese beiden Gruppen gemeinsam mit pe. Genau vor 40 Jahren, 1966, gründete Griechenland eher ruhig, man ging ins Sta- einigen anderen die Athens Fans. eine Gruppe junger Panathinaikos-Fans den dion um Fußball zu sehen. Ausschreitungen Von diesem Jahr bis zum heutigen Zeit- ersten Fanclub Griechenlands – die Gate- waren damals selten im Vergleich zu heute. punkt gab es drei wichtige Ereignisse in der 13. Hierfür gab es zwei Gründe: Man wollte Das änderte sich Ende der 70er Jahre, als Fanszene von Panathinaikos: Die Abspal- leichter an Tickets für Spiele im kleinen Sta- die Gewaltbereitschaft in Griechenlands Fan- tung der Mad Boys von den Athens Fans dion bekommen und Fans anderer Vereine szenen drastisch stieg. Nun kam es immer im Jahr 1995, die Gründung des Clubs Un- daran hindern, sich unter sie zu mischen. öfter zu Ausschreitungen, die Saison 78/79 derground und etwas später das Entstehen Der Name Gate 13 entspricht dem Sektor ging als eine der brutalsten in die Geschichte der Greens. des alten Stadions, in dem bis zum Um- ein. Die Polizei setzte Undercover-Beamte in Die Saison 97/98 war wieder gekenn- zug ins Olympiastadion die organisierten den Fansektoren ein. Allein die Ermittlungen zeichnet von heftigen Krawallen. Erneut und heißblütigen Fans beheimatet waren. in der Gate 13 dauerten mehr als zwei Jahre. beschloss der Vereinspräsident alle Grup- Der Fanclub war bestens strukturiert und Mitte der 80er entschied der damalige Pana- pen und Fanclubs zu verbieten und nur die entwickelte sich in den frühen 70er Jah- thinaikos-Präsident, die verschiedenen Grup- PA.LE.FI.P als einzige Gruppierung beste- ren immer weiter, vor allem in der Saison, pierungen der Gate 13 aufzulösen und zu ver- hen zu lassen, da diese ihn in allen seinen in der Panathinaikos im Europacupfi nale in bieten. So entstand mit PA.LE.FI.P der einzige Entscheidungen unterstützte und niemals Wembley gegen Ajax stand. Die Begeiste- vom Präsidenten anerkannte und erlaubte rebellierte. Sie gehörte auch nie zum Kern rung, die Organisation und die großen Be- Fanclub. Es dauerte jedoch nicht lange, bis der Gate 13 und verfolgte nicht deren Ideo- mühungen, die die Gate 13 für Panathinai- sich 1986 ein Teil der Mitglieder entschloss, logie. Doch trotz mehrfacher Verbotsver- kos aufbrachte, nahmen sich Fans anderer wieder unter dem Namen Gate 13 zu agieren. suche seitens des Präsidenten existierte griechischer Vereine zum Vorbild. Zu dieser Der Green Club wurde gegründet und kurz Gate 13 immer weiter und beherrscht Zeit existierten auch weitere Fanclubs von darauf in Green Cockneys Club umbenannt. noch heute die Kurve – und zwar stärker Panathinaikos, die den Namen ihres je- Zwei Jahre später bildeten sich die Mad Boys denn je. ��Dimitris A./Jannis C.

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malos, organisierte Gruppen halten entstanden. Mitglieder der Ultras Rapid sich meistens fern. Etwas anders war es und Gate 13 besuchen sich gegenseitig, Freunde und Feinde beim EM-Gewinn in Portugal, da waren fahren gemeinsam in den Urlaub und Olympiakos Piräus kleine Gruppen von fast alle Vereinen, tauschen sich regelmäßig aus. An der Die Rot-Weißen sind Gegner Nummer 1 die ein Auge zugedrückt haben, um diesjährigen Gruppenfahrt von Wien der Panathinaikos-Fans. Oft kommt es die EM-Feiern nicht zu stören. Bereits nach Athen nahmen 26 Mitglieder der zu schweren Krawallen zwischen beiden beim ersten Quali kationsspiel für die Ultras Rapid teil. Der Ruf der Rapid- Fanlagern. Seit mittlerweile drei Jahren WM gab es jedoch wieder Kon ikte“, Fans ist daher bei Gate 13 ausgezeichnet, haben die Panathinaikos-Fans keine beschreibt Jannis die Situation im Som- was auf Gegenseitigkeit beruht. Immer Karten mehr für Spiele bei Olympiakos mer 2004. wieder reisen auch kleine Gruppen von bekommen. Rapid-Fans zu den Spielen, um die be- Gate 13 und Ultras Rapid – mehr eindruckende Stimmung zu erleben, die AEK als eine Freundschaft auch an diesem Abend über 90 Minuten Ebenfalls kein gutes Verhältnis pfl egen das Spiel begleitet. Eine Stimmung, die die Pao-Fans zum Stadtrivalen AEK. Beim Es git also durchaus Unterschiede wohl fast alles, was je in einem deut- letzten Derby kam es trotz großen Polizei- zwischen den Mitgliedern von Gate 13 schen Stadion stattgefunden haben mag, aufgebots zu Auseinandersetzungen vor und den vielen anderen griechischen verblassen lässt. Und das in einem Sta- dem Stadion. Fußballfans. „Das fällt besonders dann dion mit Laufbahn und großem Abstand auf, wenn wir im Europacup auswärts zwischen Spielfeld und Rängen. spielen. Da haben wir dann oft Grie- Am Ende gewinnt Panathinaikos das chen aus dem jeweiligen Land bei uns Spiel mit 1:0. Balsam auf die Seelen der im Block, die uns unterstützen, weil wir Anhänger, denn die ersten drei Der- ein griechischer Verein sind. Die wür- bys der Saison gingen verloren. Zudem Rund um das Stadion Apostolos Nikolaidis den genau so gut AEK unterstützen“, schob man sich durch diesen wichtigen gibt es kaum noch eine freie Fläche, die beklagt Jannis. „Die Stimmung ist daher Sieg vorbei am Rivalen AEK auf Platz Brennende AEK-Fahnen beim Derby nicht mit Graffi tis von Panathinaikos-Fans nicht vergleichbar mit dem, was hier zu 2, der zur Teilnahme an der Champions Foto: Stadionwelt belegt ist. Meist sind es die Symbole der erleben ist.“ Doch Unterstützung erhält League berechtigt. Fanclubs und Schmähungen gegen den Panathinaikos bei den Spielen in Mit- Kritische Stimmen jedoch kommen Außerhalb von Athen werden lediglich Nachbarn Olympiakos. teleuropa nicht nur von dort lebenden trotz des Sieges aus den Reihen der ei- PAOK Thessaloniki und Aris Thessaloni- Aber auch in anderen Teilen Athens fi nden Griechen. Oftmals sind auch Anhän- genen Fans. „Viele wollen nicht Zweiter ki als echte Rivalen angesehen sich überall gesprayte Statements, die die ger von Rapid Wien vor Ort. Seit dem werden. Lieber im UEFA-Cup, als un- 13 beinhalten. Champions League-Spiel bei Sturm ehrenhaft in der Champions League“, Neben der engen Freundschaft zu Ra- Alle Fotos: Stadionwelt Graz im Jahr 2000 verbindet die Anhän- heißt es aus Reihen von G13-Leuten. pid Wien gibt es sehr gute Kontakte zur ger beider Clubs eine enge Freundschaft, Zum Spiel hatten sie ein Transparent mit Gruppe Orgullo Vikingo von Real Madrid, die mittlerweile von beiden Seiten als der Aufschrift „Erster oder gar nichts, den Shamrock Rovers Ultras und zu den „Bruderschaft“ bezeichnet wird. Inzwi- der zweite Platz ist ein Versagen“ Barabajare von Hammarby IF. schen sind daraus viele enge Kontakte entrollt. ���Stefan Diener

Historie Panathinaikos Athen war der erste griechi- weiligen Stadtteils benutzten. In den ersten und 1991 der Zografou Fanclub. 1993 grün- sche Verein mit einer organisierten Fangrup- Jahren von Gate 13 war das Geschehen in den diese beiden Gruppen gemeinsam mit pe. Genau vor 40 Jahren, 1966, gründete Griechenland eher ruhig, man ging ins Sta- einigen anderen die Athens Fans. eine Gruppe junger Panathinaikos-Fans den dion um Fußball zu sehen. Ausschreitungen Von diesem Jahr bis zum heutigen Zeit- ersten Fanclub Griechenlands – die Gate- waren damals selten im Vergleich zu heute. punkt gab es drei wichtige Ereignisse in der 13. Hierfür gab es zwei Gründe: Man wollte Das änderte sich Ende der 70er Jahre, als Fanszene von Panathinaikos: Die Abspal- leichter an Tickets für Spiele im kleinen Sta- die Gewaltbereitschaft in Griechenlands Fan- tung der Mad Boys von den Athens Fans dion bekommen und Fans anderer Vereine szenen drastisch stieg. Nun kam es immer im Jahr 1995, die Gründung des Clubs Un- daran hindern, sich unter sie zu mischen. öfter zu Ausschreitungen, die Saison 78/79 derground und etwas später das Entstehen Der Name Gate 13 entspricht dem Sektor ging als eine der brutalsten in die Geschichte der Greens. des alten Stadions, in dem bis zum Um- ein. Die Polizei setzte Undercover-Beamte in Die Saison 97/98 war wieder gekenn- zug ins Olympiastadion die organisierten den Fansektoren ein. Allein die Ermittlungen zeichnet von heftigen Krawallen. Erneut und heißblütigen Fans beheimatet waren. in der Gate 13 dauerten mehr als zwei Jahre. beschloss der Vereinspräsident alle Grup- Der Fanclub war bestens strukturiert und Mitte der 80er entschied der damalige Pana- pen und Fanclubs zu verbieten und nur die entwickelte sich in den frühen 70er Jah- thinaikos-Präsident, die verschiedenen Grup- PA.LE.FI.P als einzige Gruppierung beste- ren immer weiter, vor allem in der Saison, pierungen der Gate 13 aufzulösen und zu ver- hen zu lassen, da diese ihn in allen seinen in der Panathinaikos im Europacupfi nale in bieten. So entstand mit PA.LE.FI.P der einzige Entscheidungen unterstützte und niemals Wembley gegen Ajax stand. Die Begeiste- vom Präsidenten anerkannte und erlaubte rebellierte. Sie gehörte auch nie zum Kern rung, die Organisation und die großen Be- Fanclub. Es dauerte jedoch nicht lange, bis der Gate 13 und verfolgte nicht deren Ideo- mühungen, die die Gate 13 für Panathinai- sich 1986 ein Teil der Mitglieder entschloss, logie. Doch trotz mehrfacher Verbotsver- kos aufbrachte, nahmen sich Fans anderer wieder unter dem Namen Gate 13 zu agieren. suche seitens des Präsidenten existierte griechischer Vereine zum Vorbild. Zu dieser Der Green Club wurde gegründet und kurz Gate 13 immer weiter und beherrscht Zeit existierten auch weitere Fanclubs von darauf in Green Cockneys Club umbenannt. noch heute die Kurve – und zwar stärker Panathinaikos, die den Namen ihres je- Zwei Jahre später bildeten sich die Mad Boys denn je. ��Dimitris A./Jannis C.

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Lieblingslieder Panathinaikos-Hymne Ton PAO mou ton Agapo Eine Mannschaft so groß wie dich gibt es nicht Mein PAO, meinen PAO, den liebe ich Es gibt keine andere so dynamische Und ich lasse niemals zu, Und tausende von Anhängern, sobald sie Niemals lasse ich zu, das Kleeblatt sehen, Dass er ohne Fans spielen wird, Jubeln, es lebe Panathinaikos! Dass er ohne Fans spielen wird. Panathinaikos, Panathinaikos, Panthinaikos Und wo er auch spielt, Du großer und ruhmreicher, werde ich ihn immer begleiten, Foto: Stadionwelt Panathinaikos, Panathinaikos, Und wo er auch spielt, ewiger Meister aller Sportarten werde ich ihn immer begleiten, Interview Es haben dich deine bekannten Stars Um ihn siegen zu sehen, geehrt, Um ihn siegen zu sehen, Stadionwelt sprach mit Jannis (34), einem Die alle Helden sind mit großen Herzen Mein Panathinaikos, Mein Panathinaikos, der führenden Köpfe von Gate 13, über Es freut sich ganz Griechenland, Mein PAO, Mein PAO, Entwicklungen in der Fanszene und das so einen Verein zu haben, Den liebe ich! Verhältnis der Fans zur Vereinsführung. Der immer die Schlüssel zum Sieg besitzt! Panathinaikos, Panathinaikos, Panthinaikos Auf jedes Lied folgt der Schlachtruf Stadionwelt: Wie hat sich eure Fanszene Du großer und ruhmreicher, „Pao – Thryskeia – Thyra 13“, was soviel in den letzten Jahren entwickelt? Welche Panathinaikos, Panathinaikos, bedeutet wie „Pao – Religion – Gate 13“ Veränderungen hat es gegeben, und wo ewiger Meister aller Sportarten liegen die Probleme? Jannis: In den letzten Jahren hat sich Gate Weiter Lieder 13 geteilt. Das kam daher, dass sich in Se Agapao Se akolothao www.gate13.gr der Saison 2003/04 ein Kern gegen die Opou kai an paizeis mazi sou Pao Auf der Internetseite der Panathinaikos-Fans überteuerten Ticketpreise bei den Cham- Kerdizeis xaneis tha Tragoudao fi ndet sich ein riesiges Bild- und Videoarchiv pions League-Spielen gewehrt hat. Hierzu Trifi llara mou se agapao aus mehreren Jahrzehnten. Ob Choreo, Stim- muss man wissen, dass ein Großteil des Ich liebe dich, ich folge dir mung oder Pyro, von Fußballspielen bis hin Kartenverkaufs über die Fanclubs läuft. Wo du auch spielst, ich gehe mit dir zum Wasserball; außerdem sind dort jede Am Tag des Spiels gegen die Glasgow Ran- Verlierst du, gewinnst du, ich werde singen Menge Tätowierungen zu sehen. gers haben einige Fanclubs ihre Tickets Mein Kleeblatt ich liebe dich!!! unverkauft zurück gebracht. Der Präsident des Clubs hat daraufhin ein Jahr keine Tik- kets mehr an diese Gruppen ausgegeben. Nach Ablauf der Zeit haben die Leute zwar wieder Karten bekommen, aber für einen anderen Block. Somit besteht Gate 13 der- zeit aus zwei Teilen, und das ist derzeit das Hauptproblem in unserer Fanszene. Wir ar- beiten jedch in vielen Punkten zusammen, und beide Seiten wollen sich wieder zu- sammenschließen für eine vereinigte Gate 13. Für den Präsidenten ist es jedoch gut, dass G13 gespalten ist, und er steuert das noch immer über die Ticketvergabe. Stadionwelt: Wie ist denn davon abgese- hen das Verhältnis zur Vereinsführung? Jannis: Man kann nicht unbedingt von einem guten Verhältnis zum Verein spre- chen. Ein Austausch fi ndet statt, aber nur so viel wie gerade nötig. Manchmal ist es auch schlecht, und es gibt Konfl ikte. Das trifft jedoch nur auf den Fußballpräsiden- ten zu. Zu den anderen Abteilungen wie Vorbereitung für das Heimspiel gegen AEK Foto: Stadionwelt Basket- oder Volleyball ist unser Verhältnis hervorragend. Choreovorbereitung Stadionwelt: Gate 13 besteht aus 7.000 Personen. Seid Ihr auch Mitglieder im Ver- Gate 13 nutzt für die Vorbereitung von Choreografi en Sportplätze, Schulhöfe sowie bei ein, um dort Interessen durchzusetzen? schlechtem Wetter Hallen. Dabei sind viele Fans anwesend, die mithelfen, zuschauen oder Jannis: Nein, als Vereinsmitglieder wären einfach nur als Schutz dienen, falls Fans vom Lokalrivalen mal vorbei kommen. Die Fanclubs wir zu sehr an den Präsidenten gebunden. besprechen untereinander, welche Aktionen umgesetzt werden und beteiligen sich an der Unsere Vereinspolitik fi ndet auf den Rän- Finanzierung. gen des Stadions statt, und zwar mit Trans- Seit dem Umzug ins Olympiastadion sind gute Aktionen schwieriger geworden als im Apo- parenten und Schlachtrufen. stolos Nikolaidis, das mit seinen steilen Rängen paradiesische Zustände bot. Auch beim Basket- und beim Volleyball werden hin und wieder Choreografi en organisiert.

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082-089_panathinaikos_neu.indd 88 27.03.2006 01:36:11 Fan-Szene Fan-Szene

Lieblingslieder Panathinaikos-Hymne Ton PAO mou ton Agapo Eine Mannschaft so groß wie dich gibt es nicht Mein PAO, meinen PAO, den liebe ich Es gibt keine andere so dynamische Und ich lasse niemals zu, Und tausende von Anhängern, sobald sie Niemals lasse ich zu, das Kleeblatt sehen, Dass er ohne Fans spielen wird, Jubeln, es lebe Panathinaikos! Dass er ohne Fans spielen wird. Panathinaikos, Panathinaikos, Panthinaikos Und wo er auch spielt, Du großer und ruhmreicher, werde ich ihn immer begleiten, Foto: Stadionwelt Panathinaikos, Panathinaikos, Und wo er auch spielt, ewiger Meister aller Sportarten werde ich ihn immer begleiten, Interview Es haben dich deine bekannten Stars Um ihn siegen zu sehen, geehrt, Um ihn siegen zu sehen, Stadionwelt sprach mit Jannis (34), einem Die alle Helden sind mit großen Herzen Mein Panathinaikos, Mein Panathinaikos, der führenden Köpfe von Gate 13, über Es freut sich ganz Griechenland, Mein PAO, Mein PAO, Entwicklungen in der Fanszene und das so einen Verein zu haben, Den liebe ich! Verhältnis der Fans zur Vereinsführung. Der immer die Schlüssel zum Sieg besitzt! Panathinaikos, Panathinaikos, Panthinaikos Auf jedes Lied folgt der Schlachtruf Stadionwelt: Wie hat sich eure Fanszene Du großer und ruhmreicher, „Pao – Thryskeia – Thyra 13“, was soviel in den letzten Jahren entwickelt? Welche Panathinaikos, Panathinaikos, bedeutet wie „Pao – Religion – Gate 13“ Veränderungen hat es gegeben, und wo ewiger Meister aller Sportarten liegen die Probleme? Jannis: In den letzten Jahren hat sich Gate Weiter Lieder 13 geteilt. Das kam daher, dass sich in Se Agapao Se akolothao www.gate13.gr der Saison 2003/04 ein Kern gegen die Opou kai an paizeis mazi sou Pao Auf der Internetseite der Panathinaikos-Fans überteuerten Ticketpreise bei den Cham- Kerdizeis xaneis tha Tragoudao fi ndet sich ein riesiges Bild- und Videoarchiv pions League-Spielen gewehrt hat. Hierzu Trifi llara mou se agapao aus mehreren Jahrzehnten. Ob Choreo, Stim- muss man wissen, dass ein Großteil des Ich liebe dich, ich folge dir mung oder Pyro, von Fußballspielen bis hin Kartenverkaufs über die Fanclubs läuft. Wo du auch spielst, ich gehe mit dir zum Wasserball; außerdem sind dort jede Am Tag des Spiels gegen die Glasgow Ran- Verlierst du, gewinnst du, ich werde singen Menge Tätowierungen zu sehen. gers haben einige Fanclubs ihre Tickets Mein Kleeblatt ich liebe dich!!! unverkauft zurück gebracht. Der Präsident des Clubs hat daraufhin ein Jahr keine Tik- kets mehr an diese Gruppen ausgegeben. Nach Ablauf der Zeit haben die Leute zwar wieder Karten bekommen, aber für einen Panathinaikos – AEK, Panathinaikos – FC Barcelona, Panathinaikos – Olympiakos Piräus, Fenerbahce Istanbul – Panathinaikos Fotos: Gate 13 anderen Block. Somit besteht Gate 13 der- zeit aus zwei Teilen, und das ist derzeit das Hauptproblem in unserer Fanszene. Wir ar- Fanclubs beiten jedch in vielen Punkten zusammen, Rund 40 Panathinaikos-Fanclubs gibt es al- und beide Seiten wollen sich wieder zu- lein in Athen, die Mitgliederzahlen schwan- sammenschließen für eine vereinigte Gate ken zwischen 60 und 700. 13. Für den Präsidenten ist es jedoch gut, Die meisten Clubs verfügen über eigene dass G13 gespalten ist, und er steuert Räumlichkeiten, die jeden Tag geöffnet ha- das noch immer über die Ticketvergabe. ben. Die Mitglieder kommen in der Regel aus Stadionwelt: Wie ist denn davon abgese- dem Stadtteil, in dem sich der Club befi ndet. hen das Verhältnis zur Vereinsführung? Er ist somit Treffpunkt für alle Pao-Fans, die Jannis: Man kann nicht unbedingt von dort aufwachsen. einem guten Verhältnis zum Verein spre- Finanziert werden die bunt dekorierten Räu- chen. Ein Austausch fi ndet statt, aber nur Die Treffpunkte von Mad Boys, ... Foto: Stadionwelt me durch Mitgliedsbeiträge, die etwa 50 bis so viel wie gerade nötig. Manchmal ist es 60 Euro pro Jahr betragen sowie durch den auch schlecht, und es gibt Konfl ikte. Das Verkauf von Merchandise-Artikeln. trifft jedoch nur auf den Fußballpräsiden- ten zu. Zu den anderen Abteilungen wie Vorbereitung für das Heimspiel gegen AEK Foto: Stadionwelt Basket- oder Volleyball ist unser Verhältnis hervorragend. Choreovorbereitung Stadionwelt: Gate 13 besteht aus 7.000 Personen. Seid Ihr auch Mitglieder im Ver- Gate 13 nutzt für die Vorbereitung von Choreografi en Sportplätze, Schulhöfe sowie bei ein, um dort Interessen durchzusetzen? schlechtem Wetter Hallen. Dabei sind viele Fans anwesend, die mithelfen, zuschauen oder Jannis: Nein, als Vereinsmitglieder wären einfach nur als Schutz dienen, falls Fans vom Lokalrivalen mal vorbei kommen. Die Fanclubs wir zu sehr an den Präsidenten gebunden. besprechen untereinander, welche Aktionen umgesetzt werden und beteiligen sich an der Unsere Vereinspolitik fi ndet auf den Rän- Finanzierung. gen des Stadions statt, und zwar mit Trans- Seit dem Umzug ins Olympiastadion sind gute Aktionen schwieriger geworden als im Apo- parenten und Schlachtrufen. stolos Nikolaidis, das mit seinen steilen Rängen paradiesische Zustände bot. Auch beim ...East End, Foto: Stadionwelt ...Athens Fans, Foto: Stadionwelt ...und Voreia Proasteia Foto: Stadionwelt Basket- und beim Volleyball werden hin und wieder Choreografi en organisiert.

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082-089_panathinaikos_neu.indd 88 27.03.2006 01:36:11 082-089_panathinaikos_neu.indd 89 27.03.2006 01:36:57 Fan-News

Amsterdam / Den Haag Ultras aus ganz Rumänien bekun- Auswärtsverbot deten in der Folge gemeinsam mit Am Abend des 10. Februar 2006, den Leuten von Dinamos Südkur- zwei Tage vor dem Spiel den Haag ve ihre Solidarität. Der erste Pro- gegen Ajax, stürmten rund 70 Ajax- test am 7. Dezember 2005 fand Hooligans das Fanhaus der Den vor dem Dinamo-Stadion statt, Haag Supporters. Hier hielten sich wo sich die Ultras der Bucarester zu diesem Zeitpunkt acht ADO- Clubs (Steaua, Dinamo, Rapid Fans auf. Einer von ihnen musste und National), aber auch die aus ins Krankenhaus gebracht werden. Craiova und Ploiesti versammel- Auf dem Rückweg nach Amsterdam ten und gegen die Vorgehenswei- wurden einige Ajax-Fans festgenom- se in Bulgarien demonstrierten. men. Man vermutet, dass es sich Sogar als die Fans des Erzrivalen um eine eine Racheaktion handel- Steaua erschienen, gab es Ap- te, da im Januar 2005 das Ajax-Fan- plaus von allen Anwesenden – für haus niedergebrannt worden war. das Banner „Divided By Colors, Die Täter wurden nie gefasst, aber „5 Rumänen verhaftet, 0 Bulgaren schuldig!“ Foto: privat United By Values“. in Amsterdam vermutete man, Der zweite Protest, am 10. Dezem- dass es Fans des verhassten Geg- Rumänien ber 2005 vor dem rumänischen ners Den Haag waren. Danach be- Außenministerium von 1.000 Teil- schlossen ADO Den Haag und Ajax Vereinsübergreifende Solidarität nehmern vorgetragen, prangerte Amsterdam, dass in den nächsten den mangelnden Einsatz der Be- beiden Jahren bei den Begegnun- Der Gedanke einer gemeinsamen mit nach Bulgarien gefahren. hörden bei der Unterstützung der gen beider Teams keine Auswärts- Protestaktion wegen verschiede- Nach Kämpfen mit der Bevölke- Rumänen im Ausland an. Wieder fans mehr zugelassen werden ner Probleme war unter den Grup- rung eines Dorfes auf dem Weg waren die vier Bucarester Sze- sollen. Das Vereinshaus der Ajax- pen der rumänischen Ultra-Szene beklagten sie sich über schwere nen anwesend sowie die weite- Fans wurde auf Anweisung des lange diskutiert worden ohne, Misshandlungen: Es gab Schläge rer Clubs aus dem ganzen Land. Bürgermeisters vorübergehend ge- dass jedoch ein erster organisa- von der Polizei und zertrümmerte Besondere Anerkennung ernteten schlossen. Am 20. März gab die- torischer Schritt unternommen Busfenster. Fünf Ultras gingen Fans aus Timisoara und Arad, die ser jedoch bekannt, dass es unter worden wäre. in den Knast und wurden, so für die Aktion 600 Kilometer an- Aufl agen wieder öffnen dürfe. Ein unrühmlicher Anlass hier- der Hauptkritikpunkt, unschuldig gereist waren. Letzendlich sind für ergab sich dann anhand der angeklagt. Einem warf man vor, die fünf Verhafteten wohlbehalten Vorfälle bei einem Auswärtsspiel einen Polizisten geschlagen zu wieder in der Heimat angekom- von Dinamo Bucarest bei Levski haben. Das von ihm vorgelegte men – alle schuldig gesprochen Sofi a. 200 Mitglieder der P.C.H., Video mit dem Unschuldsbeweis und zu Haftstrafen auf Bewäh- London: Dinamos führender Ultra-Grup- wurde jedoch vom Gericht nicht rung zwischen drei Monaten und „Sportspages“ geschlossen pe, und 75 weitere Fans waren anerkannt. einem Jahr verurteilt. Wer sich für internationalen Fußball interessiert, den führt der Weg frü- her oder später unweigerlich nach London. Dort steuerten viele Fans Wrexham aus allen Ländern gerne die Charing Cross Road an, jene Straße, in der Der Supporters Trust als Retter sich etwas abseits des Verkehrs, beinahe versteckt, „Sportspages“ „Das Stadion gehört jetzt wieder Vereins Wrexham FC, engagiert in die roten Zahlen rutschte. Der befand. dem Verein. Das war ein Sieg für sich im „Wrexham Supporters Konkurs des Vereins war hierbei Diese Zeiten sind vorbei, denn der die Fans. Keiner darf uns so ein- Trust“. Dieser gründete sich, um durchaus beabsichtigt, da dieser Laden ist pleite – am 20. Januar fach unseren Club wegnehmen“, dem achtmaligen Europacup-Teil- es Hamilton ermöglichen würde, fand der Räumungsverkauf statt. triumphiert Bruce Coapten. Der nehmer (jeweils als walisischer das Stadion abzureißen und mit Bereits im vorangegangenen Okto- Fan des walisischen, aber in der Pokalsieger), der unter der alten dem begehrten Grundstück spe- ber musste die Filiale in Manche- englischen 4. Liga spielenden Führung zum reinen Spekulati- kulieren zu können. ster die Türen schließen. Heute onsobjekt verkom- Der Ausweg bestand darin, dass hängt ein Zettel im Schaufenster: men war, das Über- der Käufer des Vereins und des „Thanks to all our customers.“ leben zu sichern. Stadions nur jemand mit Interes- Seit 1985 bestand die Kultstätte, Mit Erfolg. se am Erhalt der „Red Dragons“ deren Konzept es war, ein mög- Zuvor war der Club sein konnte – beispielsweise der- lichst komplettes Sortiment an vom Grundstücks- Supporters Trust. Der setzte alles Sportbüchern zu führen. „Die Ver- makler Alex Hamil- daran, durch Internetversteige- einschronik der Wycombe Wande- ton erworben wor- rungen, Spenden oder Anleihen rers? Linker Gang, linkes Regal, den. Dieser nutze Geld aufzutreiben, um damit ganz unten!“ Das Angebot an inter- seine Position Anteile des Clubs zu erwerben. essanter Literatur überschritt bei dazu, den verein- 22 Prozent nennt der WST heute nahezu jedem Besuch das Budget seigenen, 15.850 sein Eigen. des Kunden. Zuschauer fassen- „Der Verein wird im Moment von Verdienste um die Fankultur mach- den „Racecourse der FA verwaltet“, berichtet Coap- te sich Sportspages, indem es na- Ground“ an eine ten von dem in England üblichen hezu jedes ihm angebotene Fanzine ebenfalls ihm ge- System, mit dem bankrotte Clubs vertrieb und weit mehr als 100 Ti- hörende Firma zu weiterhin die Teilnahme am Spiel- teln half, sich in der Öffentlichkeit verkaufen, die fort- betrieb gesichert wird, „deshalb zu präsentieren. Ironie des Schick- an horrende Miet- nutzen uns die Anteile im Mo- sals: Manches dieser Fanzines forderungen an den ment nichts. Unser Ziel ist es sieht wegen der offenen Rechnun- Verein stellte, mit aber, schon bald den Club kom- gen nun seine Existenz bedroht. Wrexham-Supporters Foto: WST denen der WFC tief plett zu übernehmen.“

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Leerer Gästeblock in Paris Foto: Philippe Bardant Würdigung für die „Kleinen“ beim Spiel gegen Zenit Foto: curva-massilia.com Paris – Marseille Derby ohne Gästefans – aber mit B-Mannschaft

Das Rückrundenspiel 05/06 zwi- Die ersten Reihen des Oberrangs Hauptstadtklub hintergangen und ten jedoch weder die Polizei noch schen Paris und Marseille erwies sollten aber leer bleiben und die Sicherheit der eigenen Fans die Sicherheitsdienste beider sich als außergewöhnlich. Nach- durch Stewards gesichert werden, gefährdet. OM-Präsident Pape Vereine Sicherheitsbedenken. Ihr dem OM wie üblich die 1.000 Gä- denn bei vorherigen Begegnun- Diouf beklagte zudem Angrif- Sündenbock ist Diouf, was auch stekarten bei PSG bestellt hatte, gen waren häufi g Gegenstände fe auf seinen Mannschaftsbus auf Spruchbändern während des waren diese in Marseille bald ver- aus dem Ober- in den Unterrang beim letzten Aufeinandertreffen Spiels deutlich wurde. griffen. Um die Nachbestellung und umgekehrt herum geworfen in Paris. Zuvor hatte man das Die Marseiller B-Mannschaft, weiterer Karten entfachte sich worden, wenn Pariser Fans über Spiel aus Sicherheitsgründen von die eigentlich in der fünften Liga dann ein Streit zwischen den bei- dem Gästeblock platziert waren. 21:00 Uhr auf 17:00 Uhr vorver- spielt, konnte mit einem 0:0 einen den Clubs. Marseille behauptet, Bei der Begegnung 2003/04 legt. Marseille hatte genug. Ver- überraschenden Erfolg erringen. die Karten früh genug bestellt hatte man den Oberrang über ein und Fans beschlossen, nicht Beim folgenden UEFA-Cup-Spiel zu haben, was die Hauptstädter dem Gästeblock sogar ganz leer zum Spiel in den Prinzenpark zu gegen Zenit St. Peters- aber bestreiten. Also hat man die gelassen, im folgenden Jahr reisen. Man schickte kurzerhand burg wurde die Nachwuchsmann- Karten im Oberrang über dem Gä- die Karten aber wieder an PSG- die Reservemannschaft. Laut schaft auf etlichen Transparenten steblock an PSG-Fans verkauft. Fans verkauft. OM sah sich vom Aussagen einiger PSG-Fans hat- entsprechend gefeiert.

Anzeige Paris Riss in der Szene

Nach einem PSG-Auswärtsspiel nicht mehr auf die Tribüne, son- lieferten sich die Ultra-orientier- dern bleiben im Eingangsbereich te Gruppe Tigris Mystic und die des Prinzenparks. Sie verzichten Hools der Independants eine auch auf ihre Zaunfahne und Ak- Schlägerei. Mehrere Beteiligte tionen. Wegen des anhaltenden wurden verletzt und vier Inde- Konfl ikts hat sich sogar Innenmi- pendants-Autos zerstört, es kam nister Sarkozy eingeschaltet. Er auch zu einigen Festnahmen. Der bat Vertreter des Vereins sowie Konfl ikt entstand vor einigen Mo- aller großen Fangruppen des PSG naten und hält seitdem an. Tigris an einen Tisch (nur die Boulogne strebt in der Pariser Szene nach Boys kamen nicht). Auch wurde mehr Macht – ein Affront für die wegen dieses Konfl ikts vor eini- gegenüberliegende Kurve, da der ger Zeit ein neues Gesetz verab- Kop of Boulogne über mehr Tradi- schiedet; in Frankreich fällt Fuß- tion verfügt. Mittlerweile ist auch ballgewalt nun unter das Gesetz die unterschiedliche politische zur Terrorismusbekämpfung. Jetzt Einstellung ein Problem gewor- können Stadionverbote auch prä- den. Die Tigris gehen nun aber ventiv ausgesprochen werden.

Choreo nur noch im Oberrang Foto: Philippe Bardant

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Derby gegen Erzrivalen Maccabi Tel Aviv (2004/05): „Arbeiter aller Länder, vereinigt Euch!“ Alle Fotos: Ultras Hapoel Workers of the World – Unite! Auch in Israel fi ndet durchaus europäisch geprägte Fankultur statt. Eine der größten und aktivsten Gruppen sind die „Ultras Hapoel“ von Hapoel Tel Aviv. Neben dem Fuß- ball-Support haben sie sich politische Aktivitäten auf die Fahnen geschrieben.

er Verein wurde 1923 vom Ge- dion folgte dann jedoch mit einem 2:0 für ballteams ist auch heute noch ein wich- werkschaftsverband „Histadrut“ Milan das Aus. tiger Bestandteil der Aktivitäten. Nach Dgegründet, „Hapoel“ bedeutet im Aber diese Begegnung mit den italieni- kurzer Unterbrechung wurde die Gruppe Hebräischen dann auch schlicht Arbeiter. schen Fangruppen bedeutete den endgül- 2001 wiederbelebt, damals unter dem Na- Diesem historischen linkspolitischen Hin- tigen Beginn der Ultra-Kultur bei Hapoel. men „Red Militia“, dies in Anlehnung an tergrund fühlen sich die Fans heutzutage Ein Meilenstein war schon das Erstrun- die italienischen „Roten Brigaden“, bevor noch immer verp ichtet. Hapoel zählt zu denspiel in Gaziantep gewesen, denn von sich dann in der besagten Europacup-Sai- den erfolgreichsten Vereinen des Landes, der Reise in die Türkei brachten die Aus- son der Name „Ultras Hapoel“ durchsetz- hat bislang 13 Meisterschaften und zehn wärtsfahrer sechs große Trommeln mit, te. Ihr Logo bildet in Anlehnung an das Pokalsiege errungen, zudem 1969 die asia- die seitdem den Sound der Kurve prägen. Vereinsemblem ein roter Teufel mit Ham- tische Clubmeisterschaft. Bereits zuvor waren im Stadion Instru- mer und Sichel, der als Tattoo die Haut Nun gehört Israel aber zur UEFA, und mente erklungen, da bei hatte es sich aller- vieler Mitglieder ziert. die bewegendste Saison im Europapokal dings zumeist um eine arabische Darbuka Die weiteren nennenswerten Ultra- erlebten Fans und Verein in der Saison gehandelt. Gruppen in Israel sind „12 player 2000“ 2001/02, als Hapoel bis ins Viertel nale Das Gründungsjahr der „Ultras Hapo- von Maccabi Tel Aviv und die „Green des UEFA-Cups gelangte. Auf dem Weg el“ ist of ziell 1999, denn da begann das Apes 02“ von Maccabi Haifa. Größter dorthin wurden unter anderem Gaziantep- Ganze – unter dem Namen Hayezurim Gegner von Hapoel ist der Stadtrivale spor, FC Chelsea, Lok Moskau und der AC („The Creatures“). Damals aus Protest Maccabi, einerseits wegen der rechten Parma besiegt. Dann kam der AC Mailand, gegen die Zustände in der Führung der politischen Einstellung der Fans (die sich den Hapoel im „Heimspiel“ auf Zypern, Hapoel-Basketballabteilung, die 1935 ge- zu allererst gegen Araber richtet), aber wohin die UEFA die Partie aufgrund der gründet wurde und ebenfalls zu den Titel- auch aufgrund dessen Status als Verein unruhigen Lage in Israel unter Protest ver- sammlern im Lande gehört. Die optische der Oberschicht und Liebling des ganzen legt hatte, mit 1:0 besiegte. Im Meazza-Sta- und akustische Unterstützung des Basket- Landes. Die politische Ausrichtung der

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Fans von Beitar Jerusalem ist den Anhän- gern von Hapoel ebenfalls alles andere als genehm. Bei den Duellen gegen diese Rivalen kann es dann auch schon mal zu Gewalttätigkeiten kommen, eine Hooli- gan-Szene im engeren Sinne gibt es hier jedoch nicht. Nicht umsonst haben die „Ultras Ha- poel“ ihre bisher größte Aktion gegen Rassismus im Stadion bei einer Begeg- nung mit Beitar Jerusalem gestartet. Sie spannten zehn „Nein zu Rassismus“- Transparente in zehn verschiedenen Sprachen auf. Diese Aktionen haben auch Zeigen im Spiel gegen Beitar Jerusalem Flagge: die Ultras Hapoel dazu geführt, das eine Gruppe Hapoel- Fans der „Red Workers“ im vergangenen Jahr zum antirassistischen Fanturnier des „Fanladen St. Pauli“ eingeladen wurden – wie auch in diesem Jahr wieder, und sie wollen nach den überaus positiven Erfahrungen des Vorjahres nun mit einer größeren Ultra-Gruppe anreisen. Weitere Verbindungen zu anderen Fangruppen in Europa gibt es zu Fortuna Düsseldorf, ebenfalls geknüpft beim Tur- nier auf St. Pauli, sowie zu Panathinaikos Athen. Innerhalb Israels ist keine Rede von Freundschaften, mit den „Green Apes 02“ von Maccabi Haifa lief aller- dings schon eine gemeinsame Protestak- tion gegen Polizeigewalt. Derby gegen Erzrivalen Maccabi Tel Aviv (2004/05): „Arbeiter aller Länder, vereinigt Euch!“ Alle Fotos: Ultras Hapoel Denn auch dieses hierzulande wohl- bekannte Problem haben die Hapoel- Ultras. Auslöser war der regelmäßige Einsatz von auch in Israels Stadien streng verbotener Pyrotechnik. Seit der Saison Workers of the World – Unite! 2002/03 griff die Polizei dagegen durch, installierte als erste Maßnahme Kame- Auch in Israel fi ndet durchaus europäisch geprägte Fankultur statt. Eine der größten ras in allen Stadien des Landes. Später und aktivsten Gruppen sind die „Ultras Hapoel“ von Hapoel Tel Aviv. Neben dem Fuß- Saison 2004/2005: Im Abstiegsendspiel gegen Hapoel Beer-Sheva gelingt durch einen 3:0-Sieg gerade noch der wurden dann Fans auf brutale Weise Klassenerhalt. Die Choreo forderte: „Kämpfe, Hapoel! – dies ist die Zeit, dies ist die Stunde!“ festgenommen, meist sogar völlig Un- ball-Support haben sie sich politische Aktivitäten auf die Fahnen geschrieben. schuldige, die mit dem Abbrennen der bengalischen Feuer gar nichts zu tun er Verein wurde 1923 vom Ge- dion folgte dann jedoch mit einem 2:0 für ballteams ist auch heute noch ein wich- hatten. In den vergangenen zwei Jahren werkschaftsverband „Histadrut“ Milan das Aus. tiger Bestandteil der Aktivitäten. Nach wurde dann aufgrund dieser Vorfälle auf Dgegründet, „Hapoel“ bedeutet im Aber diese Begegnung mit den italieni- kurzer Unterbrechung wurde die Gruppe Pyros verzichtet, der Protest gegen die Hebräischen dann auch schlicht Arbeiter. schen Fangruppen bedeutete den endgül- 2001 wiederbelebt, damals unter dem Na- Polizeimaßnahmen ist allerdings noch Diesem historischen linkspolitischen Hin- tigen Beginn der Ultra-Kultur bei Hapoel. men „Red Militia“, dies in Anlehnung an immer lebendig. tergrund fühlen sich die Fans heutzutage Ein Meilenstein war schon das Erstrun- die italienischen „Roten Brigaden“, bevor Neben der Website www.ultrasha- noch immer verp ichtet. Hapoel zählt zu denspiel in Gaziantep gewesen, denn von sich dann in der besagten Europacup-Sai- poel.com gibt es auch ein Fanzine. Nach den erfolgreichsten Vereinen des Landes, der Reise in die Türkei brachten die Aus- son der Name „Ultras Hapoel“ durchsetz- dem Vorbild der Ultras von Maccabi Ne- hat bislang 13 Meisterschaften und zehn wärtsfahrer sechs große Trommeln mit, te. Ihr Logo bildet in Anlehnung an das tanya, die hier die Vorreiter waren, geben Pokalsiege errungen, zudem 1969 die asia- die seitdem den Sound der Kurve prägen. Vereinsemblem ein roter Teufel mit Ham- die „Ultras Hapoel“ das Magazin „Basa“ tische Clubmeisterschaft. Bereits zuvor waren im Stadion Instru- mer und Sichel, der als Tattoo die Haut heraus. Das ist nicht nur das hebräische Nun gehört Israel aber zur UEFA, und mente erklungen, da bei hatte es sich aller- vieler Mitglieder ziert. Wort für Enttäuschung (alleine das Bas- die bewegendste Saison im Europapokal dings zumeist um eine arabische Darbuka Die weiteren nennenswerten Ultra- ketballteam kommt auf 20 Vize-Meister- erlebten Fans und Verein in der Saison gehandelt. Gruppen in Israel sind „12 player 2000“ schaften bei nur fünf Titeln), auch ist dies 2001/02, als Hapoel bis ins Viertel nale Das Gründungsjahr der „Ultras Hapo- von Maccabi Tel Aviv und die „Green der Name des ursprünglichen Stadions des UEFA-Cups gelangte. Auf dem Weg el“ ist of ziell 1999, denn da begann das Apes 02“ von Maccabi Haifa. Größter des Clubs, in diesem Fall dann unter der dorthin wurden unter anderem Gaziantep- Ganze – unter dem Namen Hayezurim Gegner von Hapoel ist der Stadtrivale Bezeichnung „Bassa“, dem arabischen spor, FC Chelsea, Lok Moskau und der AC („The Creatures“). Damals aus Protest Maccabi, einerseits wegen der rechten Namen für Sumpf. Parma besiegt. Dann kam der AC Mailand, gegen die Zustände in der Führung der politischen Einstellung der Fans (die sich In einem solchen wird die Fanszene den Hapoel im „Heimspiel“ auf Zypern, Hapoel-Basketballabteilung, die 1935 ge- zu allererst gegen Araber richtet), aber von Hapoel sicher nicht stecken bleiben. wohin die UEFA die Partie aufgrund der gründet wurde und ebenfalls zu den Titel- auch aufgrund dessen Status als Verein Dafür sind die hiesigen Ultras einfach zu unruhigen Lage in Israel unter Protest ver- sammlern im Lande gehört. Die optische der Oberschicht und Liebling des ganzen aktiv. ��Thomas Glöy legt hatte, mit 1:0 besiegte. Im Meazza-Sta- und akustische Unterstützung des Basket- Landes. Die politische Ausrichtung der Saisonauftakt 2005/2006 gegen Bney Yehuda

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092-093_fanszene hapoel tel aviv.indd 92 27.03.2006 00:15:40 092-093_fanszene hapoel tel aviv.indd 93 27.03.2006 00:04:35 Basketball

Basketball in der Kölnarena: Maximaler geht’s nicht in Europa. Foto: Kölnarena Run auf die Riesen Die „NBA Europe Live Tour“ bringt Weltklasse-Basketball nach Deutschland, das abschließende Turnier in der Kölnarena ist eines der Sport-Highlights des Jahres.

er Basketballfan ist und in gerade einmal rund 3.000 Zuschauer wünscht sich zu Weihnachten ein Trikot Deutschland lebt, kommt in der kommen, damit die Veranstalter „aus- von Real Madrid. WRegel nur mitten in der Nacht verkauft“ melden können. ALBA Berlin Wenn es einem Deutschen gelingt, in und per TV-Übertragung in den Genuss als deutscher Zuschauerkrösus erreicht die höchste Sphäre des Star-Seins vor- der Spitzenevents dieses Sports. Dann einen Schnitt von gut 6.600 Zuschauern, zudringen, spielt er ganz bestimmt nicht nämlich, wenn „NBA Live“ auf dem füllt dabei die Max-Schmeling-Halle aber mehr in Deutschland. Wie etwa Basket- Programm steht. Zwar läuft die Basket- nur zu 75 Prozent. ballikone Dirk Nowitzki. Der hat es in ball-Bundesliga (BBL) auch im deutschen Ganz gewiss erzielt der Basketball an der NBA ganz nach oben geschafft – und Pay-TV, doch der große Durchbruch ist sich Imagewerte, die in keinem Verhält- damit Lorbeeren in einer Liga errungen, der BBL noch nicht gelungen. Für die nis zu den nackten Zahlen der deutschen die weltweit als das Nonplusultra gilt, ambitionierteren Teams, also damit auch Liga stehen. Basketball ist mehr als ein ja als Synonym für sportliche Elite. Das die, die bereit und in der Lage sind, die Begriff, auf den Straßen tummeln sich verstrahlt Glamour, und so ist der sanfte  nanziellen Mittel für eine hochkarätige Kinder und Jugendliche mit dem Spiel- Riese, wenngleich nur als Aushängeschild Besetzung aufzubringen, ist der Liga- gerät, und auch die entsprechenden Kla- der deutschen Nationalmannschaft, sogar wettbewerb in Deutschland im Grunde motten sind alles andere als Ladenhüter. hierzulande im Werbefernsehen präsent. nur eine P ichtaufgabe mit dem Ziel der Aber der Fall liegt ähnlich wie mittler- Mit den Dallas Mavericks spielt No- Quali kation für die Euroleague. weile auch beim deutschen Fußball: Der witzki im American Airlines Center vor Die BBL hat ihre Fans, kein Zweifel. Sport braucht seine Stars, mit Mittelkasse durchschnittlich 20.000 Zuschauern; um Immerhin erreichen sechs von sechzehn lässt sich keine Begeisterung wecken. So die Dimensionen der NBA zu beschrei- Bundesligisten eine 100-prozentige oder hat als einziger deutscher Fußballer nur ben, reicht der Faktor „mal sechs“ gegen- nahezu vollständige Auslastung ihrer Michael Ballack annähernd echtes Ver- über Deutschland aber bei weitem nicht. Hallen. Nur müssen, wie im Falle der marktungspotenzial. Wer Ronaldo oder Die Euroleague immerhin erreicht in Artland Dragons oder der Giessen 46ers, Beckham auf dem Rücken tragen will, den Spitzen durchaus ansehnliches For-

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094-095_nba-kölnarena.indd 94 26.03.2006 22:23:40 Basketball Basketball

mat. In der Finalrunde 2004 etwa füllten 18.000 Zuschauer die Athener OAKA- „Die NBA schätzt tadellose Organisation“ Arena – und entfachten eine wahre Gän- Vier Fragen an Kölnarena-Chef Ralf Bernd Assenmacher sehautstimmung. Stadionwelt: Herr Assenmacher, wie ist allen Dingen auch unsere tadellose Leis- Großer Sport in großen Arenen Ihre Kooperation mit der NBA zustande tung in puncto Organisation und Service. gekommen? Davon, dass der Basketball bei uns gut Wenn also die NBA im Rahmen von Assenmacher: Diese Zusammenarbeit aufgehoben ist, hat sich ja zudem schon „NBA Europa Live“ auf Europa-Tournee geht zurück auf das Jahr 2001, in dem bei die US-Nationalmannschaft während der geht und sich mit den besten Teams der uns zwei NBA-Auftritte stattfi nden sollten, Olympia-Vorbereitung im Sommer 2004 Eurolague misst, dann wünscht man sich die auch im Vorfeld schon ausverkauft wa- überzeugen können. auch eine standesgemäße Kulisse. Diese ren. Leider kamen die Ereignisse des 11. Stadionwelt: Wird das NBA-Gastspiel in kann man 2006 gewährleisten – mit der September dazwischen, und wir mussten der Kölnarena zu einer ständigen Einrich- Kölnarena, wo auch sonst. Dort werden die Veranstaltungen absagen. Seitdem ha- tung? im Oktober Meister und Vize-Meister der ben wir aber exzellente Kontakte zur NBA, Assenmacher: Es ist auf jeden Fall ange- Euroleague die NBA-Teams Philadelphia die wir beiderseitig ständig pfl egen. dacht, die Sache in den nächsten Jahren 76ers und Phoenix Sun in einem zweitä- Stadionwelt: Welchen Einfl uss hatte der weiter zu führen. gigen Turnier herausfordern. Nachdem Status der Kölnarena im Kreis von Euro- Stadionwelt: Was erwartet die Zuschauer sich die US-Nationalmannschaft bereits pas großen Hallen darauf, dass die NBA im Oktober 2006 bei Ihnen? im Sommer 2004 an selber Stelle auf hier Station macht? Assenmacher: In der Kölnarena werden Olympia vorbereitet hatte und mit dem Assenmacher: Nach Ansicht der NBA ist die besten Basketballspiele zu sehen Erfolg hoch zufrieden war, treten nun die Kölnarena nicht alleine wegen ihrer sein, die es auf Vereinsebene je in Europa erstmals die amerikanischen NBA-Stars Zuschauerkapazität und Ausstattung die gab. Das wird ein absolutes Sport-High- gegen Euopas Eliteteams an. „Wir freu- Top-Arena in Europa, NBA-Präsident David light nach der Fußball-WM 2006 und vor en uns sehr, dass die Kölnarena die Ver- Stern und seine Mitarbeiter schätzen vor der Handball-WM 2007. anstaltungen der NBA Europe live aus- tragen wird“, so NBA-Präsident David Stern, „diese erstklassigen Mannschaften werden die Liga in den bisher spektaku- lärsten Spielen und Turnieren in der Ge- schichte der NBA vertreten.“ Insgesamt werden sich im Herbst vier NBA-Teams während der Tour durch Eu- ropa auf ihre Saison vorbereiten und „das Basketball in der Kölnarena: Maximaler geht’s nicht in Europa. Foto: Kölnarena weltbeste Spielniveau“, so David Stern, „zu den Basketball-Fans in Deutschland bringen.“ Neben den Teams aus Phoenix und Philadelphia sind dies die Los Ange- Run auf die Riesen les Clippers und der NBA 2005-Meister Die „NBA Europe Live Tour“ bringt Weltklasse-Basketball nach Deutschland, San Antonio Spurs. Welche Europäer an dem Showdown in Köln teilnehmen, das abschließende Turnier in der Kölnarena ist eines der Sport-Highlights des Jahres. steht bald erst fest; das Finale der Euro- league  ndet vom 28. bis 30. April in der er Basketballfan ist und in gerade einmal rund 3.000 Zuschauer wünscht sich zu Weihnachten ein Trikot Prager Sazka Arena statt, deren Kapazi- Deutschland lebt, kommt in der kommen, damit die Veranstalter „aus- von Real Madrid. tät ebenfalls bei 18.000 liegt. WRegel nur mitten in der Nacht verkauft“ melden können. ALBA Berlin Wenn es einem Deutschen gelingt, in Den Sprung ins Playoff-Viertel nale und per TV-Übertragung in den Genuss als deutscher Zuschauerkrösus erreicht die höchste Sphäre des Star-Seins vor- hat der deutsche Vetreter Bamberg leider der Spitzenevents dieses Sports. Dann einen Schnitt von gut 6.600 Zuschauern, zudringen, spielt er ganz bestimmt nicht verpasst. Dafür stehen aber zum Beispiel nämlich, wenn „NBA Live“ auf dem füllt dabei die Max-Schmeling-Halle aber mehr in Deutschland. Wie etwa Basket- Winterthur, ZSKA Moskau und Olimpia- Programm steht. Zwar läuft die Basket- nur zu 75 Prozent. ballikone Dirk Nowitzki. Der hat es in kos Piräus in aussichtsreicher Position, ball-Bundesliga (BBL) auch im deutschen Ganz gewiss erzielt der Basketball an der NBA ganz nach oben geschafft – und in der Kölnarena gegen die US-Giganten Ralf Bernd Assenmacher (links) und David Stern beim Allstar-Game in den USA Foto: Kölnarena Pay-TV, doch der große Durchbruch ist sich Imagewerte, die in keinem Verhält- damit Lorbeeren in einer Liga errungen, antreten zu dürfen. Wie auch Real Ma- der BBL noch nicht gelungen. Für die nis zu den nackten Zahlen der deutschen die weltweit als das Nonplusultra gilt, drid. In diesem Fall indes ist der Spiel- ambitionierteren Teams, also damit auch Liga stehen. Basketball ist mehr als ein ja als Synonym für sportliche Elite. Das macher nicht Engländer und heißt Beck- Termine, Tickets & Teams die, die bereit und in der Lage sind, die Begriff, auf den Straßen tummeln sich verstrahlt Glamour, und so ist der sanfte ham, sondern Serbe und heißt Rakocevic.  nanziellen Mittel für eine hochkarätige Kinder und Jugendliche mit dem Spiel- Riese, wenngleich nur als Aushängeschild Macht aber nichts. Denn wenn klang- 10. Oktober: Tickets: Besetzung aufzubringen, ist der Liga- gerät, und auch die entsprechenden Kla- der deutschen Nationalmannschaft, sogar volle Namen wie die Philadelphia 76ers PHILADELPHIA 76ers – PHOENIX SUNS 39,00 bis 229,00 EUR wettbewerb in Deutschland im Grunde motten sind alles andere als Ladenhüter. hierzulande im Werbefernsehen präsent. und Allen Iverson erstmals überhaupt in und Spiel des Gewinners der Euroleague Verkauf: nur eine P ichtaufgabe mit dem Ziel der Aber der Fall liegt ähnlich wie mittler- Mit den Dallas Mavericks spielt No- europäischen Programmübersichten er- Basketball Meisterschaft 2005/2006 www.koelnarena.de, koelnticket.de und Quali kation für die Euroleague. weile auch beim deutschen Fußball: Der witzki im American Airlines Center vor scheinen, werden die Plätze selbst in der gegen den Zweiten. Hotline 0221/2801 (0,12 EUR/Min.) Die BBL hat ihre Fans, kein Zweifel. Sport braucht seine Stars, mit Mittelkasse durchschnittlich 20.000 Zuschauern; um geräumigen Kölnarena innerhalb kürzes- Der Vorverkauf läuft. Immerhin erreichen sechs von sechzehn lässt sich keine Begeisterung wecken. So die Dimensionen der NBA zu beschrei- ter Zeit knapp. 11. Oktober 2006: Bundesligisten eine 100-prozentige oder hat als einziger deutscher Fußballer nur ben, reicht der Faktor „mal sechs“ gegen- So wird der Basketball vielleicht sogar Die Zweiten dieser Begegnungen sowie Weitere Infos: nahezu vollständige Auslastung ihrer Michael Ballack annähernd echtes Ver- über Deutschland aber bei weitem nicht. in jenen Fankreisen interessant, für die die Gewinner des Vortages spielen jeweils www.nba.com Hallen. Nur müssen, wie im Falle der marktungspotenzial. Wer Ronaldo oder Die Euroleague immerhin erreicht in Korbball ansonsten einfach nur „mit Fuß- gegeneinander. www.euroleague.net Artland Dragons oder der Giessen 46ers, Beckham auf dem Rücken tragen will, den Spitzen durchaus ansehnliches For- ball nichts zu tun“ hat.���Ingo Partecke

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094-095_nba-kölnarena.indd 94 26.03.2006 22:23:40 094-095_nba-kölnarena.indd 95 26.03.2006 22:24:10 Eishockey

Ingolstadt / Augsburg

ERC – Augsburger Panther Fotos: Kay Blickhan

Nachdem die Ingolstädter im Hinspiel das „Spieglein an der Wand“ regiert das Land.“ Die rot-grün-weiße Papptafelchoreo umrahmte befragten, wer die Nr. 1 im Lande sei, konterte Augsburg 98 im eine Blockfahne, auf der ein rot-grün-weißer König in einem Spiegel Rückspiel: „Der Spiegel in EURER Hand zeigt’s: Rot-Grün-Weiß zu sehen ist, der von einem blauen Springkasper bewundert wird.

Augsburer Pantherg – ERC Ingolstadt Foto: Augsburg 98

Mannheim

Kurz vor Ende der Saison waren die Playoffs in ungewohnt weite Ferne gerückt. Trotz aller Proble- me in dieser und den drei ver- gangenen Saisons wollten Mann- heims Fans jedoch zeigen, dass sie hinter dem Verein stehen. Das Motto an diesem Tag hieß „Still Mannheim’s fi nest!“ und war die fünfte Choreografi e in dieser Sai- son. Sie bestand aus 4.000 blau- en, weißen und roten Papptafeln, die auf den Sitzplätzen und im Oberrang verteilt wurden sowie einer 40 x 20 m-Folie, die über den Unterrang gezogen wurde. Ca. 6.000 Eishockeyfans zeigten so dem Tabellenersten, dass man wenigstens choreomäßig noch immer die Nummer 1 in Eishok- Adler Mannheim – ERC Ingolstadt Foto: Supporters Crew Mannheim key Deutschland ist.

Iserlohn Roosters – Augsburger Panther Foto: Ultra Crew Iserlohn

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s096-097_eishockey.indd 96 26.03.2006 22:29:28 Eishockey Eishockey

Ingolstadt / Augsburg

ERC Ingolstadt – Augsburger Panther Fotos: Kay Blickhan

Nachdem die Ingolstädter im Hinspiel das „Spieglein an der Wand“ regiert das Land.“ Die rot-grün-weiße Papptafelchoreo umrahmte befragten, wer die Nr. 1 im Lande sei, konterte Augsburg 98 im eine Blockfahne, auf der ein rot-grün-weißer König in einem Spiegel Rückspiel: „Der Spiegel in EURER Hand zeigt’s: Rot-Grün-Weiß zu sehen ist, der von einem blauen Springkasper bewundert wird. Protest in Düsseldorf Fotos: pro-aufstieg.de Geschlossene Gesellschaft Eishockeyfans gegen Planungssicherheit. Trotz massiver Proteste zog die DEL die Abschaffung von Auf- und Abstieg durch.

mmerhin hatten sie einem unliebsa- Produkt zerstören. Das Wesen des Sports ist die Initiative mit Zahlen entkräften. „Der men Gast in den eigenen vier Wänden Wettbewerb“, argumentierte Initiator Dirk Schnitt ging in Wolfsburg, Freiburg und Inoch mal ordentlich die Meinung ge- Bersch. Spruchbänder wie „Euer Koopera- Kassel klar nach oben“, hat Bersch ausge- geigt. November letzten Jahres war zum tionsvertrag stinkt“ waren von Augsburg rechnet. „Aufstieg, Abstieg, Meisterschaft Pokalviertel nale des Zweitligisten Bie- bis Dresden und Düsseldorf zu sehen, bei – das elektrisiert die Leute“. Die DEL habe Augsburer Pantherg – ERC Ingolstadt Foto: Augsburg 98 tigheim Steelers gegen Adler Mannheim der Partie Schwenningen gegen Freiburg versucht, mit falschen Angaben Meinung DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke er- gab es 36 Meter Text am Stück. Ihrlich: „Al- zu machen. Für die Funktionäre unan- schienen. Und genau sein Konterfei hielt lerdings haben einige DEL-Klubfans wie genehme Fragen stellte die Fan-Ini auch Mannheim die Steelers-Fanseite in einer groß ange- Ingolstadt kaum was gemacht. Schade, da- hinsichtlich einer so genannten „Lizenz- legten Choreogra e in die Höhe. „Auch bei pro tierten ihre Vereine selbst vor ein vergütung“. 800.000 Euro sollen bei einer Kurz vor Ende der Saison waren unserem Verein gegenüber haben wir die paar Jahren vom Aufstieg.“ DEL-Aufnahme fällig werden. „Wie sind die Playoffs in ungewohnt weite Vorbereitungen besser geheimgehalten“, Das Hauptargument der DEL, die sie auf die Zahl gekommen und wofür wir Ferne gerückt. Trotz aller Proble- erzählte Patrick Ihrlich vom SCB-Fan- mit dem deutschen Eishockeybund und das Geld verwendet?“, fragte Bersch. me in dieser und den drei ver- klub „Ice-Hawks“. Mit der nachfolgenden den Betreibern der 2. Liga und Oberliga Der Kampf „Pro Aufstieg“ allerdings ist gangenen Saisons wollten Mann- Breitseite, „Nein Danke“-Zetteln, zeigte (ESBG) die Bestimmungen festzurrten, für die Initiatoren (erst einmal?) verloren. heims Fans jedoch zeigen, dass die Anhängerschar dem Liga-Boss, was sind die Spielstätten. Immer mehr der Dabei ist es im Eishockey nicht das erste sie hinter dem Verein stehen. Das sie von den neuen, von oben aufgedrück- neuen Mulifunktionsarenen seien eben Mal, dass die Oberen alles umkrempeln. Motto an diesem Tag hieß „Still ten Plänen im Eishockey hielt. in Hand privater Investoren – und die Schon ab der DEL-Gründung 1994 begab Mannheim’s fi nest!“ und war die „Es wurde einiges auf die Beine ge- brauchten Planungssicherheit, so DEL- sich die Managerriege auf dünnes Eis, fünfte Choreografi e in dieser Sai- stellt“, so Ihrlich. Gekippt hätten die Fans Mann Tripcke. Nach nordamerikanischem Zuschauerschwund war eine Folge aus son. Sie bestand aus 4.000 blau- den Kooperationsvertrag damit nicht. Vorbild will man dazu die 2. Liga zur ständig wechselnden Ligamodi, Regelän- en, weißen und roten Papptafeln, „Der ist nun durch.“ Zum Jahreswechsel „Ausbildungsliga“ machen. Zudem be- derungen, zu vielen Spielen und dauernd die auf den Sitzplätzen und im schon gab es – besonders hart gegen die hauptete der Funktionär, die Attraktivität modi zierten Ausländerbeschränkungen. Oberrang verteilt wurden sowie aktiven Anhänger aus der 2. Bundesli- und das Zuschaueraufkommen sei in den „Es könnte sein, dass die normalen Be- einer 40 x 20 m-Folie, die über den ga – den Cross-Check: Auf Drängen der „Play-Down-Runden“ klar unterdurch- sucher sich jetzt das Geld sparen, wenn’s Unterrang gezogen wurde. Ca. DEL-Spitze wird die höchste Klasse zu schnittlich gewesen. Doch das konnte nur um die goldene Ananas geht“, be- 6.000 Eishockeyfans zeigten so einem geschlossenen System. Der Auf- fürchtet Patrick Ihrlich. In Regensburg dem Tabellenersten, dass man und Abstieg ist ab der Spielzeit 2006/07 ließen die Supporter kürzlich eine Tri- wenigstens choreomäßig noch abgeschafft. Dazu erläuterte Ihrlich: „Nur büne leer und texteten: „Wir Fans haben immer die Nummer 1 in Eishok- bei Insolvenz oder Rückzug soll es Nach- euch gewarnt.“ Aus dem Slogan „Pro Adler Mannheim – ERC Ingolstadt Foto: Supporters Crew Mannheim key Deutschland ist. rücker geben. Aber die werden an einem Aufstieg“ wird „Pro Ausstieg“ – Boykott Punktesystem aus wirtschaftlichen Krite- also? Ganz so weit möchte der Bietighei- Iserlohn Roosters – Augsburger Panther Foto: Ultra Crew Iserlohn rien, Hallengröße, vorhandenen VIP-Be- mer Ihrlich nicht gehen: „Die Leute, die reich usw. gemessen.“ das richtig leben, werden bleiben, auch Dagegen machte allen voran das Bünd- wenn der Reiz fehlt. Für den harten Kern nis „Pro Aufstieg“ (www.pro-aufstieg.de) ist das ein Lebensmittelpunkt, die kom- mobil. „Die Funktionäre müssen sich dar- men auch bei Testspielen.“���Christian über im Klaren sein, dass sie ihr und unser Protestpost vergeblich Fotos: pro-aufstieg.de Meister

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s096-097_eishockey.indd 96 26.03.2006 22:29:28 s096-097_eishockey.indd 97 26.03.2006 22:30:04 Statistik Zuschauer Top 100 – die Vereine und ihre Fans

Borussia Dortmund hat es be- Marke werden in dieser Saison München auf Platz 8. Die Köl- Handballverein mit den meisten reits wieder geschafft und die auch noch der FC Bayern Mün- ner Haie als erster Verein einer Zuschauern den 33. Platz. Alba Schallmauer von 1.000.000 Zu- chen und Schalke 04 überbieten. anderen Sportart belegen Platz Berlin auf Platz 45 führt die Rie- schauern durchbrochen. Diese Bester Zweitligist bleibt 1860 28, der VfL Gummersbach als ge der Basketballvereine an.

Heim- Heim- Verein Sportart Liga Schnitt Gesamt Verein Sportart Liga Schnitt Gesamt spiele spiele

1. � Borussia Dortmund Fußball 1 72.140 14 1.009.964 51. � SC Magdeburg Handball 1 6.069 13 78.900 2. � Bayern München Fußball 1 67.154 13 873.000 52. � Hannover Scorpions Eishockey 1 5.921 28 165.792 3. � FC Schalke 04 Fußball 1 61.313 12 735.752 53. � TBV Lemgo Handball 1 5.677 11 62.443 4. � Hamburger SV Fußball 1 51.363 13 667.713 54. � Nürnberg Ice Tigers Eishockey 1 5.092 28 142.562 5. � 1. FC Köln Fußball 1 49.417 12 593.000 55. � SV Darmstadt 98 Fußball 3 4.860 11 53.465 6. � Borussia M´gladbach Fußball 1 46.849 14 655.892 56. � LR Ahlen Fußball 2 4.746 12 56.957 7. � Hertha BSC Fußball 1 42.786 13 556.217 57. � Wacker Burghausen Fußball 2 4.745 12 56.944 8. � 1860 München Fußball 2 39.726 13 516.440 58. � Krefeld Pinguine Eishockey 1 4.684 28 131.144 9. � Eintracht Frankfurt Fußball 1 39.546 13 514.100 59. � GHP Bamberg Basketball 1 4.658 13 60.550 10. � VfB Stuttgart Fußball 1 39.231 13 510.000 60. � Carl Zeiss Jena Fußball 3 4.436 13 57.665 11. � Werder Bremen Fußball 1 38.794 13 504.328 61. � Dt. Bank Skyliners Basketball 1 4.381 13 56.947 12. � Hannover 96 Fußball 1 37.976 13 493.684 62. � Eisbären Berlin Eishockey 1 4.291 28 120.150 13. � 1. FC Kaiserslautern Fußball 1 31.120 13 404.555 63. � Kassel Huskies Eishockey 1 4.253 28 119.080 14. � 1. FC Nürnberg Fußball 1 28.781 13 374.151 64. � TuS Koblenz Fußball 3 4.219 11 46.409 15. � MSV Duisburg Fußball 1 23.895 12 286.739 65. � RheinEnergie Köln Basketball 1 4.201 13 54.611 16. � Arminia Bielefeld Fußball 1 22.455 13 291.911 66. � Wuppertaler SV Bor. Fußball 3 4.188 12 50.259 17. � Bayer Leverkusen Fußball 1 22.214 14 311.000 67. � Holstein Kiel Fußball 3 4.163 12 49.955 18. � VfL Wolfsburg Fußball 1 21.183 13 275.385 68. � ERC Ingolstadt Eishockey 1 4.159 28 116.453 19. � 1. FSV Mainz 05 Fußball 1 20.123 13 261.600 69. � TBB Trier Basketball 1 4.015 13 52.190 20. � Alemannia Aachen Fußball 2 18.480 13 240.245 70. � Rot-Weiß Erfurt Fußball 3 3.913 11 43.045 21. � Eintr. Braunschweig Fußball 2 18.117 12 217.400 71. � HSG Wetzlar Handball 1 3.761 12 45.130 22. � VfL Bochum Fußball 2 17.416 14 243.829 72. � SpVgg Unterhaching Fußball 2 3.742 13 48.650 23. � FC St. Pauli Fußball 3 17.142 11 188.560 73. � FA Göppingen Handball 1 3.736 12 44.828 24. � Karlsruher SC Fußball 2 16.077 13 209.000 74. � Augsburger Panther Eishockey 1 3.727 26 96.895 25. � Hansa Rostock Fußball 2 15.958 12 191.500 75. � Preußen Münster Fußball 3 3.596 12 43.155 26. � Dynamo Dresden Fußball 2 15.109 13 196.422 76. � Iserlohn Roosters Eishockey 1 3.475 26 90.354 27. � SC Freiburg Fußball 2 13.708 13 178.200 77. � TV Großwallstadt Handball 1 3.450 12 41.400 28. � Kölner Haie Eishockey 1 12.487 28 349.634 78. � Sachsen Leipzig Fußball 4 3.393 11 37.326 29. � Adler Mannheim Eishockey 1 11.057 26 287.469 79. � BG Karlsruhe Basketball 1 3.369 13 43.800 30. � Rot-Weiss Essen Fußball 3 11.017 14 154.244 80. � Telekom Baskets Bonn Basketball 1 3.319 13 43.150 31. � Hamburg Freezers Eishockey 1 10.791 28 302.142 81. � Eintracht Trier Fußball 3 3.303 12 39.638 32. � FC Erzgebirge Aue Fußball 2 10.658 13 138.550 82. � Eisbären Regensburg Eishockey 2 3.286 29 95.304 33. � VfL Gummersbach Handball 1 10.267 12 123.200 83. � Kickers Emden Fußball 3 3.194 13 41.519 34. � THW Kiel Handball 1 10.250 10 102.500 84. � EC Hannover Indians Eishockey 3 3.187 25 79.670 35. � Sportfreunde Siegen Fußball 2 10.093 13 131.215 85. � Giessen 46ers Basketball 1 3.150 13 40.950 36. � Fußball 2 9.772 12 117.258 86. � EWE BASKETS Oldenburg Basketball 1 3.117 13 40.517 37. � FC Energie Cottbus Fußball 2 9.664 12 115.965 87. � FC Augsburg Fußball 3 3.112 10 31.116 38. � Fortuna Düsseldorf Fußball 3 7.912 13 102.856 88. � 1. FC Magdeburg Fußball 4 3.013 9 27.120 39. � SG Kronau/Östringen Handball 1 7.711 13 100.243 89. � Artland Dragons Basketball 1 3.000 13 39.000 40. � VfL Osnabrück Fußball 3 7.538 13 98.000 90. � Eisbären Bremerhaven Basketball 1 2.988 13 38.850 41. � 1. FC Saarbrücken Fußball 2 7.167 12 86.000 91. � Walter Tigers Tübingen Basketball 1 2.975 12 35.696 42. � Greuther Fürth Fußball 2 6.923 13 90.000 92. � Chemnitzer FC Fußball 3 2.964 10 29.638 43. � VfB Lübeck Fußball 3 6.825 12 81.900 93. � Rot-Weiß Oberhausen Fußball 3 2.866 13 37.255 44. � HSV Hamburg Handball 1 6.666 12 79.989 94. � ERC Schwennigen Eishockey 2 2.859 29 82.916 45. � ALBA Berlin Basketball 1 6.647 12 79.764 95. � BS Energy Braunschw. Basketball 1 2.765 11 30.420 46. � DEG Metro Stars Eishockey 1 6.638 28 185.865 96. � EV Ravensburg Eishockey 3 2.624 25 65.603 47. � Union Berlin Fußball 4 6.407 7 44.847 97. � ETC Crimmitschau Eishockey 3 2.616 25 65.399 48. � Frankfurt Lions Eishockey 1 6.319 26 164.306 98. � Landshut Cannibals Eishockey 2 2.615 29 75.821 49. � SC Paderborn 07 Fußball 2 6.276 14 87.867 99. � SV Babelsberg Fußball 4 2.609 8 20.875 50. � SG Flensburg-H. Handball 1 6.254 12 75.050 100. � HSG Nordhorn Handball 1 2.545 12 30.544 Stand: 23.03.2006 98 Stadionwelt April/Mai 2006

s098_TOP_100.indd 98 26.03.2006 21:37:16 Statistik Stadion-Porträt Zuschauer Top 100 – die Vereine und ihre Fans

Borussia Dortmund hat es be- Marke werden in dieser Saison München auf Platz 8. Die Köl- Handballverein mit den meisten reits wieder geschafft und die auch noch der FC Bayern Mün- ner Haie als erster Verein einer Zuschauern den 33. Platz. Alba Schallmauer von 1.000.000 Zu- chen und Schalke 04 überbieten. anderen Sportart belegen Platz Berlin auf Platz 45 führt die Rie- schauern durchbrochen. Diese Bester Zweitligist bleibt 1860 28, der VfL Gummersbach als ge der Basketballvereine an.

Heim- Heim- Verein Sportart Liga Schnitt Gesamt Verein Sportart Liga Schnitt Gesamt spiele spiele

1. � Borussia Dortmund Fußball 1 72.140 14 1.009.964 51. � SC Magdeburg Handball 1 6.069 13 78.900 2. � Bayern München Fußball 1 67.154 13 873.000 52. � Hannover Scorpions Eishockey 1 5.921 28 165.792 3. � FC Schalke 04 Fußball 1 61.313 12 735.752 53. � TBV Lemgo Handball 1 5.677 11 62.443 4. � Hamburger SV Fußball 1 51.363 13 667.713 54. � Nürnberg Ice Tigers Eishockey 1 5.092 28 142.562 5. � 1. FC Köln Fußball 1 49.417 12 593.000 55. � SV Darmstadt 98 Fußball 3 4.860 11 53.465 6. � Borussia M´gladbach Fußball 1 46.849 14 655.892 56. � LR Ahlen Fußball 2 4.746 12 56.957 7. � Hertha BSC Fußball 1 42.786 13 556.217 57. � Wacker Burghausen Fußball 2 4.745 12 56.944 8. � 1860 München Fußball 2 39.726 13 516.440 58. � Krefeld Pinguine Eishockey 1 4.684 28 131.144 9. � Eintracht Frankfurt Fußball 1 39.546 13 514.100 59. � GHP Bamberg Basketball 1 4.658 13 60.550 10. � VfB Stuttgart Fußball 1 39.231 13 510.000 60. � Carl Zeiss Jena Fußball 3 4.436 13 57.665 11. � Werder Bremen Fußball 1 38.794 13 504.328 61. � Dt. Bank Skyliners Basketball 1 4.381 13 56.947 12. � Hannover 96 Fußball 1 37.976 13 493.684 62. � Eisbären Berlin Eishockey 1 4.291 28 120.150 13. � 1. FC Kaiserslautern Fußball 1 31.120 13 404.555 63. � Kassel Huskies Eishockey 1 4.253 28 119.080 14. � 1. FC Nürnberg Fußball 1 28.781 13 374.151 64. � TuS Koblenz Fußball 3 4.219 11 46.409 15. � MSV Duisburg Fußball 1 23.895 12 286.739 65. � RheinEnergie Köln Basketball 1 4.201 13 54.611 16. � Arminia Bielefeld Fußball 1 22.455 13 291.911 66. � Wuppertaler SV Bor. Fußball 3 4.188 12 50.259 Im Süden der AWD-Arena. Ins Auge springt vor allem das Kräftespiel der Dachkonstruktion. Foto: Stadionwelt 17. � Bayer Leverkusen Fußball 1 22.214 14 311.000 67. � Holstein Kiel Fußball 3 4.163 12 49.955 18. � VfL Wolfsburg Fußball 1 21.183 13 275.385 68. � ERC Ingolstadt Eishockey 1 4.159 28 116.453 19. � 1. FSV Mainz 05 Fußball 1 20.123 13 261.600 69. � TBB Trier Basketball 1 4.015 13 52.190 Tribünen auf Zeitreise 20. � Alemannia Aachen Fußball 2 18.480 13 240.245 70. � Rot-Weiß Erfurt Fußball 3 3.913 11 43.045 21. � Eintr. Braunschweig Fußball 2 18.117 12 217.400 71. � HSG Wetzlar Handball 1 3.761 12 45.130 Auf ihrem Weg von Westen nach Osten durchwandern die Tribünen der AWD-Arena mehrere 22. � VfL Bochum Fußball 2 17.416 14 243.829 72. � SpVgg Unterhaching Fußball 2 3.742 13 48.650 Epochen der Stadionarchitektur. So vereint das Stadion 50 Jahre Baugeschichte. 23. � FC St. Pauli Fußball 3 17.142 11 188.560 73. � FA Göppingen Handball 1 3.736 12 44.828 24. � Karlsruher SC Fußball 2 16.077 13 209.000 74. � Augsburger Panther Eishockey 1 3.727 26 96.895 25. � Hansa Rostock Fußball 2 15.958 12 191.500 75. � Preußen Münster Fußball 3 3.596 12 43.155 ine gute Hundertschaft großer, mo- rung an eine Arena lautet, möglichst viele 26. � Dynamo Dresden Fußball 2 15.109 13 196.422 76. � Iserlohn Roosters Eishockey 1 3.475 26 90.354 Serie WM-Stadien derner Fußballstadien gibt es welt- Besucher bei möglichst guter Perspektive weit, und wenn sich der Betrachter möglichst nah am Spielfeld unterzubrin- 27. � SC Freiburg Fußball 2 13.708 13 178.200 77. � TV Großwallstadt Handball 1 3.450 12 41.400 E AWD-Arena nicht von der Farbe der Stühle und an- gen, sind die gestalterischen Spielräume 28. � Kölner Haie Eishockey 1 12.487 28 349.634 78. � Sachsen Leipzig Fußball 4 3.393 11 37.326 derer optischer Tricks ablenken lässt, so schnell ausgereizt. Das Prinzip Fußball- 29. � Adler Mannheim Eishockey 1 11.057 26 287.469 79. � BG Karlsruhe Basketball 1 3.369 13 43.800 � Tribünen auf Zeitreise entdeckt er immer wieder die selben Ge- stadion wurde bereits auf ein Niveau 30. � Rot-Weiss Essen Fußball 3 11.017 14 154.244 80. � Telekom Baskets Bonn Basketball 1 3.319 13 43.150 Die AWD-Arena im Porträt . . . . . 101 staltungsmerkmale. Die Ausrichtung der nahe der Perfektion gehievt, zu spät also, 31. � Hamburg Freezers Eishockey 1 10.791 28 302.142 81. � Eintracht Trier Fußball 3 3.303 12 39.638 Tribünen nach dem Lauf der Sonne, das um es noch einmal neu zu er nden. 32. � FC Erzgebirge Aue Fußball 2 10.658 13 138.550 82. � Eisbären Regensburg Eishockey 2 3.286 29 95.304 Verhältnis und die Lage der Ränge zu- Was jedoch, wenn Teile eines alten � Daten & Fakten ...... 104 33. � VfL Gummersbach Handball 1 10.267 12 123.200 83. � Kickers Emden Fußball 3 3.194 13 41.519 einander, die Linie, in der sich die vorde- Stadions in den Neubau integriert wer- 34. � THW Kiel Handball 1 10.250 10 102.500 84. � EC Hannover Indians Eishockey 3 3.187 25 79.670 re Tribünenkante um das Spielfeld zieht, den müssen, wenn die Gegebenheiten 35. � Sportfreunde Siegen Fußball 2 10.093 13 131.215 85. � Giessen 46ers Basketball 1 3.150 13 40.950 � Erfolgreiche Einfl ussnahmen die Dachkonstruktion, die Neigungswin- den Bauherren dazu zwingen, von vorge- Zur Geschichte der AWD-Arena . 106 36. � Kickers Offenbach Fußball 2 9.772 12 117.258 86. � EWE BASKETS Oldenburg Basketball 1 3.117 13 40.517 kel... Alles wurde bei den Stadionneu- gebenen Pfaden abzuweichen, zu impro- 37. � FC Energie Cottbus Fußball 2 9.664 12 115.965 87. � FC Augsburg Fußball 3 3.112 10 31.116 bauten der letzten Jahrzehnte hinterfragt, visieren, das Stadion doch noch einmal � optimiert, und wenn es sich irgendwo be- – zumindest teilweise – neu zu er nden? 38. � Fortuna Düsseldorf Fußball 3 7.912 13 102.856 88. � 1. FC Magdeburg Fußball 4 3.013 9 27.120 „Das Bauen im Bestand hat viele Dinge kompliziert.“ währt hatte, bei neuen Projekten kopiert. Dann vereinigen sich die verschiedenen 39. � SG Kronau/Östringen Handball 1 7.711 13 100.243 89. � Artland Dragons Basketball 1 3.000 13 39.000 Interview mit Marc Schulitz . . . 108 Damit sind sich die Stadien der neuesten Baustile der verschiedenen Epochen zu 40. � VfL Osnabrück Fußball 3 7.538 13 98.000 90. � Eisbären Bremerhaven Basketball 1 2.988 13 38.850 Generation immer ähnlicher geworden, einzigartigen Bauwerken, zu Raritäten 41. � 1. FC Saarbrücken Fußball 2 7.167 12 86.000 91. � Walter Tigers Tübingen Basketball 1 2.975 12 35.696 � Feiern in der City die meisten Neubauten sind die Kombi- wie dem Estadio Santiago Bernabéu in 42. � Greuther Fürth Fußball 2 6.923 13 90.000 92. � Chemnitzer FC Fußball 3 2.964 10 29.638 Der WM-Standort Hannover . . . 109 nation einer einschlägigen Tribünenform Madrid, dem Ibrox Park von Glasgow 43. � VfB Lübeck Fußball 3 6.825 12 81.900 93. � Rot-Weiß Oberhausen Fußball 3 2.866 13 37.255 mit einer bereits bewährten Ranganord- oder dem Kaiserslauterer Fritz-Walter- 44. � HSV Hamburg Handball 1 6.666 12 79.989 94. � ERC Schwennigen Eishockey 2 2.859 29 82.916 nung, überspannt von einer vielfach er- Stadion. Zu Stadien, die vielleicht nicht � Poster ...... 66/67 45. � ALBA Berlin Basketball 1 6.647 12 79.764 95. � BS Energy Braunschw. Basketball 1 2.765 11 30.420 probten Dachkonstruktion. Kein Vorwurf optimal sind, dafür aber original. 46. � DEG Metro Stars Eishockey 1 6.638 28 185.865 96. � EV Ravensburg Eishockey 3 2.624 25 65.603 an die Architekten, zu viele Bedingungen In diesen Katalog fügt sich auch die � Stimmen zur AWD-Arena 47. � Union Berlin Fußball 4 6.407 7 44.847 97. � ETC Crimmitschau Eishockey 3 2.616 25 65.399 und Anforderungen müssen sie berück- AWD-Arena. Durchschritte man sie mit Drei Fans im Gespräch ...... 110 sichtigen, zu häu g gingen verspielte Wasserwaage, Maßband und Kompass, 48. � Frankfurt Lions Eishockey 1 6.319 26 164.306 98. � Landshut Cannibals Eishockey 2 2.615 29 75.821 Details auf Kosten der Funktionalität, der käme heraus, dass sie in vielen Details 49. � SC Paderborn 07 Fußball 2 6.276 14 87.867 99. � SV Babelsberg Fußball 4 2.609 8 20.875 ��Matthias Ney, Felix Guth Bezahlbarkeit oder der Sicht der Fans auf nicht dem Ideal heutiger Arenen ent- 50. � SG Flensburg-H. Handball 1 6.254 12 75.050 100. � HSG Nordhorn Handball 1 2.545 12 30.544 das Spielfeld. Wenn die Hauptanforde- spricht. So weit wie in Hannover ist � Stand: 23.03.2006 98 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 99

s098_TOP_100.indd 98 26.03.2006 21:37:16 099-109_niedersachsenstadion.indd 99 26.03.2006 20:18:44 Stadion-Porträt

die erste Reihe in keinem anderen reinen 2000 in Hannover durchgeführten Welt- Fußballstadion der WM vom Spielfeld ausstellung EXPO gründlich und für entfernt; der Hannoveraner Unterrang ist viel Geld saniert worden. Daher kam deutlich  acher als die meisten Tribünen ein Abriss nicht in Frage, aber auch die modernen Zuschnitts. Und die Haupt- Aufwertung zur Haupttribüne war nicht tribüne, an sich ein überaus gelungener möglich, weil sie auf einem Erdwall ruhte Neubau mit hohem Komfort und opti- und der Einbau von VIP-, Technik- und maler Sicht von allen Plätzen, liegt im Medienräumen in ihrem Bauch damit Osten und damit auf der falschen Seite ausgeschlossen war. des Stadions. Bei gutem Wetter knallt die Die einzig logische Entscheidung Nachmittagssonne erbarmungslos auf – darin waren sich alle Beteiligten einig den Unterrang mit den Business-Seats gewesen – würde also der Erhalt der und treibt den Besserverdienenden den Westkurve und ihre Integration in das Schweiß auf die Stirn. Und je später es neue Stadion sein. Für die Architekten wird, desto angenehmer werden zwar die des Braunschweiger Büros Schulitz + Temperaturen, desto störender blendet Partner allerdings bedeutete diese Not- jedoch die untergehende Sonne die Eh- wendigkeit eine gewaltige Herausforde- rengäste, Journalisten und TV-Kameras, rung. Nicht weniger als die Quadratur die ebenfalls auf der Haupttribünenseite des Kreises wurde von ihnen verlangt: ihre Position beziehen. Noch unangeneh- das möglichst enge Anschmiegen einer mer jedoch kann es werden, wenn der runden, weit geschwungenen, für ein Westwind Regen unter das Dach dieser Leichtathletik-Stadion konzipierten Tri- Tribüne treibt. büne an das Rasenrechteck. Zudem muss- ten die verbleibenden drei Viertel des Geburt der Vernunft Stadions als enge Fußballarena wieder auferstehen, ohne sich optisch oder ar- Doch die Planer hatten keine Wahl: chitektonisch zu deutlich von der West- Eine „Geburt der Vernunft“ hatten sie kurve abzusetzen. Unkonventionelle Lö- zur Welt zu bringen, wie es Dr. Christian sungen wurden also eingefordert vom Schliephake, ehemaliger Geschäftsführer Architektenteam. der Arena KG, rückblickend bezeichnet: Heute verrät in der AWD-Arena le- „Wir denken, das Optimale aus dem ge- diglich ein etwa einen Meter hoher Ab- macht zu haben, was wir unter einem satz, wo die Westkurve von 1954 endet verfügbaren  nanziellen Rahmen ma- und die Hintertortribünen des Jahres chen konnten.“ 2004 beginnen. Ansonsten gehen Altbe- Es war ein Spagat zwischen kühnen stand und Neubau nahtlos ineinander Träumen und kühlen Kalkulationen, über. Dort, wo die neuen Tribünen die schließlich spielte Hannover 96 zu der 50 Jahre ältere Bausubstanz berühren, Zeit, da die Umbauten beschlossen und übernehmen sie die Form und Stei- die Verträge unterzeichnet wurden, nur gung historischen Runds. Nicht lange in der Zweiten Bundesliga. Zudem war allerdings: in kleinen Schritten, auf den die gewaltige Gegentribüne, die „West- ersten Blick kaum wahrzunehmen, ge- kurve“, erst kurz zuvor im Vorfeld der winnen die Tribünen an Steilheit und

Zugang über einen Wall aus Kriegsschutt

rücken immer näher an das Spielfeld heran. Gute siebzig Meter benötigen die Oberränge der Nord- und Südkurve für ihre Zeitreise vom 50er-Jahre-Sta- dion zur modernen Arena. An ihrem westlichen Rand liegen die Nord- und Südkurve auf dem Erdwall auf, sind ein bisschen zu  ach, und der Oberrang be- ginnt erst etliche Meter hinter dem Un- terrang. Zwischen den Rängen verläuft der „Avus“, ein breiter Weg, der die ge- samte Westkurve durchzieht und ihren Unterrang erschließt. Doch je weiter sich die Hintertortribünen in Richtung Osten ziehen, desto moderner wird ihr Zu- schnitt. Meter um Meter rückt der Ober- rang nach vorne, kurz vor Erreichen der Haupttribüne gelingt es ihm schließlich, sich über den Unterrang zu schieben –

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099-109_niedersachsenstadion.indd 100 26.03.2006 20:19:32 Stadion-Porträt Stadion-Porträt die erste Reihe in keinem anderen reinen 2000 in Hannover durchgeführten Welt- Fußballstadion der WM vom Spielfeld ausstellung EXPO gründlich und für entfernt; der Hannoveraner Unterrang ist viel Geld saniert worden. Daher kam deutlich  acher als die meisten Tribünen ein Abriss nicht in Frage, aber auch die modernen Zuschnitts. Und die Haupt- Aufwertung zur Haupttribüne war nicht tribüne, an sich ein überaus gelungener möglich, weil sie auf einem Erdwall ruhte Neubau mit hohem Komfort und opti- und der Einbau von VIP-, Technik- und maler Sicht von allen Plätzen, liegt im Medienräumen in ihrem Bauch damit Osten und damit auf der falschen Seite ausgeschlossen war. des Stadions. Bei gutem Wetter knallt die Die einzig logische Entscheidung Nachmittagssonne erbarmungslos auf – darin waren sich alle Beteiligten einig den Unterrang mit den Business-Seats gewesen – würde also der Erhalt der und treibt den Besserverdienenden den Westkurve und ihre Integration in das Schweiß auf die Stirn. Und je später es neue Stadion sein. Für die Architekten wird, desto angenehmer werden zwar die des Braunschweiger Büros Schulitz + Temperaturen, desto störender blendet Partner allerdings bedeutete diese Not- jedoch die untergehende Sonne die Eh- wendigkeit eine gewaltige Herausforde- rengäste, Journalisten und TV-Kameras, rung. Nicht weniger als die Quadratur die ebenfalls auf der Haupttribünenseite des Kreises wurde von ihnen verlangt: ihre Position beziehen. Noch unangeneh- das möglichst enge Anschmiegen einer mer jedoch kann es werden, wenn der runden, weit geschwungenen, für ein Westwind Regen unter das Dach dieser Leichtathletik-Stadion konzipierten Tri- Tribüne treibt. büne an das Rasenrechteck. Zudem muss- ten die verbleibenden drei Viertel des Geburt der Vernunft Stadions als enge Fußballarena wieder auferstehen, ohne sich optisch oder ar- Doch die Planer hatten keine Wahl: chitektonisch zu deutlich von der West- Eine „Geburt der Vernunft“ hatten sie kurve abzusetzen. Unkonventionelle Lö- zur Welt zu bringen, wie es Dr. Christian sungen wurden also eingefordert vom Schliephake, ehemaliger Geschäftsführer Architektenteam. der Arena KG, rückblickend bezeichnet: Heute verrät in der AWD-Arena le- „Wir denken, das Optimale aus dem ge- diglich ein etwa einen Meter hoher Ab- macht zu haben, was wir unter einem satz, wo die Westkurve von 1954 endet verfügbaren  nanziellen Rahmen ma- und die Hintertortribünen des Jahres chen konnten.“ 2004 beginnen. Ansonsten gehen Altbe- Es war ein Spagat zwischen kühnen stand und Neubau nahtlos ineinander Träumen und kühlen Kalkulationen, über. Dort, wo die neuen Tribünen die schließlich spielte Hannover 96 zu der 50 Jahre ältere Bausubstanz berühren, Zeit, da die Umbauten beschlossen und übernehmen sie die Form und Stei- die Verträge unterzeichnet wurden, nur gung historischen Runds. Nicht lange in der Zweiten Bundesliga. Zudem war allerdings: in kleinen Schritten, auf den die gewaltige Gegentribüne, die „West- ersten Blick kaum wahrzunehmen, ge- kurve“, erst kurz zuvor im Vorfeld der winnen die Tribünen an Steilheit und

Zugang über einen Wall aus Kriegsschutt

Blick aus der weitläufi gen Westkurve auf die steile Haupttribüne im Osten Fotos: Stadionwelt rücken immer näher an das Spielfeld willkommen in der Moderne. Und auch Spielfeld zieht, rücken auf der Haupt- Der Einsatz der ETFE-Folie – übrigens heran. Gute siebzig Meter benötigen die Steigung der oberen Etage nimmt in tribüne Ober- und Unterrang dicht an- das gleiche Material, das auch bei den die Oberränge der Nord- und Südkurve kleinen Sprüngen zu. Mehrfach ändert einander. Das hat natürlich Ein uss auf Rautenkissen der Münchener Allianz für ihre Zeitreise vom 50er-Jahre-Sta- sich der Neigungswinkel um wenige die zu überspannende Fläche: Im Osten Arena Verwendung fand – im vorderen dion zur modernen Arena. An ihrem Prozent, durchziehen Absätze die Tribü- ist die Spannweite des Daches deutlich Bereich des Daches dient der besseren westlichen Rand liegen die Nord- und ne. Im Osten dieser Sprünge sitzen die kleiner als auf der gegenüberliegenden Belichtung des Rasens. Mit Erfolg. Denn Südkurve auf dem Erdwall auf, sind ein Gäste jeweils ein kleines bisschen steiler Seite. Vor allem auf Luftbildern wird tatsächlich ist die AWD-Arena eines der bisschen zu  ach, und der Oberrang be- hinter- und übereinander als in ihrem diese ausgeprägte Asymmetrie deutlich; wenigen neuen deutschen Stadien, die ginnt erst etliche Meter hinter dem Un- Westen, erst in der Summe ergeben die- während der im vorderen Bereich der nicht aufgrund katastrophaler Platzver- terrang. Zwischen den Rängen verläuft se Veränderungen einen deutlich spür- Dachkonstruktion be ndliche Streifen hältnisse regelmäßig Negativschlagzei- der „Avus“, ein breiter Weg, der die ge- baren Effekt: Im Osten, wo die Kurven aus ETFE-Folie mit einer konstanten len schreiben. Dies allerdings liegt nicht samte Westkurve durchzieht und ihren auf die Haupttribüne treffen, ist aus den Breite von etwa 15 Metern das Spielfeld ausschließlich an der Transparenz des Unterrang erschließt. Doch je weiter sich zunächst  achen Oberrängen eine rich- umzieht, ist die Ausdehnung des da- Daches. Auch der etwas größere Ab- die Hintertortribünen in Richtung Osten tig steile Konstruktion geworden. hinter liegenden Wellblechdaches sehr stand zwischen Tribünen und Spielfeld ziehen, desto moderner wird ihr Zu- Aber auch auf die Dachkonstrukti- unterschiedlich: Über der Haupttribüne und die daraus resultierende größere schnitt. Meter um Meter rückt der Ober- on hatte die sukzessive Veränderung bildet das Metalldach nur einen schma- Dachöffnung kommt selbstverständlich rang nach vorne, kurz vor Erreichen der der Tribünenform einen enormen Ein- len Streifen, oberhalb der Westkurve dem Rasenwachstum zugute. Und noch Haupttribüne gelingt es ihm schließlich,  uss. Denn während sich die Westkur- hingegen stellt es den Großteil der Ge- einen Vorteil hat das Dach: Es ist einfach sich über den Unterrang zu schieben – ve  ach, weit und ausladend um das samt äche. nur schön, vielseitig –, und kann bei �

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099-109_niedersachsenstadion.indd 100 26.03.2006 20:19:32 099-109_niedersachsenstadion.indd 101 26.03.2006 20:20:06 Stadion-Porträt

weniger aufregenden Fußballspielen als Blickfang herhalten. Jedoch macht nicht allein die Ver- wendung zweier unterschiedlicher Ma- terialien den Reiz des Daches aus, es ist vor allem seine für jeden erkennbare Komplexität. Das Konstruktionsprinzip an sich ist nichts Neues: Das Dach hängt an Stahlseilen, die an einem in einiger Höhe rund um das Stadion gezogenen Druckring angeknüpft werden. Ein der- WM-tauglicher Einlass Geschäftsstelle von H96 Foto: Schulitz + Partner artiges „hängendes Speichenrad“, so der Fachbegriff, wurde schon mehrfach im Stadionbau eingesetzt, erstmals bei der Modernisierung des Stuttgarter Gott- lieb-Daimler-Stadions zwischen 1991 und 1993. Ungewöhnlich ist in Hanno- ver allerdings die Positionierung eines Teils der statischen Elemente unterhalb der Dachkonstruktion: Ein Ge echt aus Stahlseilen und Stangen umläuft am vorderen Dachrand das Spielfeld und gewährt so einen detaillierteren Blick auf Verköstigung im VIP-Restaurant … … oder an der frischen Luft die komplexe Aufhängung. Neben diesen Lösungen im großen Stil weist das Stadion aber auch Raf nesse im Daten & Fakten Detail auf. So wurde etwa die Bestuhlung AWD-Arena (während der Weltmeister- Kapazität: zwar in blau gehalten, weil diese Farbe schaft „FIFA WM-Stadion Hannover“) Ligabetrieb: 49.854 Plätze nachweislich am licht- und witterungs- (42.664 Sitz- und 7.190 Stehplätze) beständigsten ist; die Vereinswappen im Besitzer: Stadt Hannover Internationale Spiele: 44.879 Sitzplätze Oberrang der Nord- und Südkurve aller- Betreiber: Hannover 96 Arena WM-Kapazität: dings umgeben rote Stühle. Dies sehr zur GmbH & Co KG 39.297 Sitzplätze (nach Abzug von Freude der Fans, schließlich wird auch Eröffnung: 26. September 1954 Sicherheitsreserven und sichtbehinderten auf den Trikots der Kicker das grün- WM-gerechter Ausbau: Plätzen) schwarz-weiße Logo in der Regel von Februar 2003 bis Januar 2005 Business-Seats: 1.242 rotem Stoff umgeben. Und auch die Busi- Architekten: Schulitz + Partner Logen: 29 Logen mit 310 Plätzen ness-Seats der Haupttribüne leuchten in Baukosten: 67 Mio. Euro Rollstuhlplätze: 70 einem kräftigen Rot. Um jedoch den Kon- Maße des Stadions: 236 x 210 m Anzeigetafeln: 2 à 41 m² trast zwischen den blauen und den roten Höhe: 48 m Flutlicht: 160 Leuchten, 1.500 Lux Sitzen möglichst dezent zu gestalten, Höchste Tribüne: 26 m Lautsprecheranlage: wurde ein  ießender Übergang zwischen Dachfl äche: 32.000 m² 66 Lautsprecher, 50 kW den beiden Farben verwirklicht. Und bei der Bestuhlung der Westkurve hat man vorausgedacht: Weil der Schriftzug des Namenssponsors zur WM aus dem Sta- dioninnenraum verschwinden muss, wird im Sommer 2006 nach Abschluss der Bundesligasaison ein Stühlerücken einsetzen. Doch es wird weniger auf- wändig ausfallen als etwa in Köln, wo es den Schriftzug „RheinEnergieStadi- on“ zu neutralisieren gilt. In Hannover müssen nur wenige Stühle ausgetauscht werden, dann wird die Gegengerade die Empfangsbereich Presseraum Zuschauer aus aller Welt nicht mehr in der „AWD arena“ begrüßen, sondern in der „WM arena“. Es ist die Summe all dieser Details und Besonderheiten, die laut Ilja Kaenzig, Manager von Hannover 96, „der AWD- Arena einen ganz eigenen Charakter gibt. Dieses Stadion sticht heraus aus der sonstigen Stadionlandschaft.“ Dies tut es wenn auch nicht auf den ersten, dann aber spätestens auf den zweiten oder dritten Blick. ��Matthias Ney Stahlseile sorgen für Stabilität Mannschaftskabine

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099-109_niedersachsenstadion.indd 102 26.03.2006 20:20:56 Stadion-Porträt Stadion-Porträt weniger aufregenden Fußballspielen als Blickfang herhalten. Jedoch macht nicht allein die Ver- wendung zweier unterschiedlicher Ma- terialien den Reiz des Daches aus, es ist vor allem seine für jeden erkennbare Komplexität. Das Konstruktionsprinzip an sich ist nichts Neues: Das Dach hängt an Stahlseilen, die an einem in einiger Höhe rund um das Stadion gezogenen Druckring angeknüpft werden. Ein der- WM-tauglicher Einlass Geschäftsstelle von H96 Foto: Schulitz + Partner artiges „hängendes Speichenrad“, so der Fachbegriff, wurde schon mehrfach im Stadionbau eingesetzt, erstmals bei der Modernisierung des Stuttgarter Gott- lieb-Daimler-Stadions zwischen 1991 und 1993. Ungewöhnlich ist in Hanno- Oberrang der Haupttribüne Auswechselbänke ver allerdings die Positionierung eines Teils der statischen Elemente unterhalb der Dachkonstruktion: Ein Ge echt aus Stahlseilen und Stangen umläuft am vorderen Dachrand das Spielfeld und gewährt so einen detaillierteren Blick auf Verköstigung im VIP-Restaurant … … oder an der frischen Luft die komplexe Aufhängung. Neben diesen Lösungen im großen Stil weist das Stadion aber auch Raf nesse im Daten & Fakten Detail auf. So wurde etwa die Bestuhlung AWD-Arena (während der Weltmeister- Kapazität: zwar in blau gehalten, weil diese Farbe schaft „FIFA WM-Stadion Hannover“) Ligabetrieb: 49.854 Plätze nachweislich am licht- und witterungs- (42.664 Sitz- und 7.190 Stehplätze) beständigsten ist; die Vereinswappen im Besitzer: Stadt Hannover Internationale Spiele: 44.879 Sitzplätze Oberrang der Nord- und Südkurve aller- Betreiber: Hannover 96 Arena WM-Kapazität: dings umgeben rote Stühle. Dies sehr zur GmbH & Co KG 39.297 Sitzplätze (nach Abzug von Freude der Fans, schließlich wird auch Eröffnung: 26. September 1954 Sicherheitsreserven und sichtbehinderten auf den Trikots der Kicker das grün- WM-gerechter Ausbau: Plätzen) schwarz-weiße Logo in der Regel von Februar 2003 bis Januar 2005 Business-Seats: 1.242 rotem Stoff umgeben. Und auch die Busi- Architekten: Schulitz + Partner Logen: 29 Logen mit 310 Plätzen ness-Seats der Haupttribüne leuchten in Baukosten: 67 Mio. Euro Rollstuhlplätze: 70 einem kräftigen Rot. Um jedoch den Kon- Maße des Stadions: 236 x 210 m Anzeigetafeln: 2 à 41 m² trast zwischen den blauen und den roten Höhe: 48 m Flutlicht: 160 Leuchten, 1.500 Lux Sitzen möglichst dezent zu gestalten, Höchste Tribüne: 26 m Lautsprecheranlage: wurde ein  ießender Übergang zwischen Dachfl äche: 32.000 m² 66 Lautsprecher, 50 kW den beiden Farben verwirklicht. Und bei der Bestuhlung der Westkurve hat man vorausgedacht: Weil der Schriftzug des Namenssponsors zur WM aus dem Sta- dioninnenraum verschwinden muss, wird im Sommer 2006 nach Abschluss der Bundesligasaison ein Stühlerücken einsetzen. Doch es wird weniger auf- Die Business-Seats im Unterrang der Haupttribüne wären ohne Plastikplanen dem Wetter ausgeliefert. wändig ausfallen als etwa in Köln, wo es den Schriftzug „RheinEnergieStadi- on“ zu neutralisieren gilt. In Hannover müssen nur wenige Stühle ausgetauscht werden, dann wird die Gegengerade die Empfangsbereich Presseraum Zuschauer aus aller Welt nicht mehr in der „AWD arena“ begrüßen, sondern in der „WM arena“. Es ist die Summe all dieser Details und Besonderheiten, die laut Ilja Kaenzig, Manager von Hannover 96, „der AWD- Arena einen ganz eigenen Charakter gibt. Dieses Stadion sticht heraus aus der sonstigen Stadionlandschaft.“ Dies tut es wenn auch nicht auf den ersten, dann aber spätestens auf den zweiten oder dritten Blick. ��Matthias Ney Stahlseile sorgen für Stabilität Mannschaftskabine Gästeblock mit Vario-Seats in der „zweiten Etage“ Die Heimkurve im Norden Fotos: Stadionwelt

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099-109_niedersachsenstadion.indd 102 26.03.2006 20:20:56 099-109_niedersachsenstadion.indd 103 26.03.2006 18:25:29 Stadion-Porträt

Betagtes Stadion zwischen jungen Bäumen: Um 1980 war im Osten des Stadions gerade erst aufgeforstet worden… Foto: Historisches Museum Hannover Erfolgreiche Einfl ussnahmen Gleich mehrfach mussten „Entscheidungshilfen“ von Außenstehenden die hannover- schen Verantwortlichen beim Umbau des Stadions von großen Lösungen überzeugen.

ie Finanzierung eines Stadionneu- einem Investor, der bereit wäre, sich an nun sogar einen weitaus höheren Betrag oder -umbaus ist in Hannover nie den Kosten zu beteiligen. Wäre diese Su- in den Umbau stecken wollten. Dohne Hindernisse möglich gewe- che erfolgreich gewesen, dann stünde in Langjährige Beobachter der Sta- sen. Diese Erfahrung, die schon mehrere Hannover heute ein modernes Leichtath- diongeschichte Hannovers dürften dar- Generationen von Politikern und Vereins- letik-Stadion. Vielleicht aber wäre dann an über geschmunzelt haben, dass die Stadt repräsentanten machen mussten, blieb dieser Stelle über ein Bremer WM-Stadion erst auf Druck von außen für einem auf- auch den Planern des Umbaus im Hinblick zu berichten. Denn schon lange hatte sich wändigeren Umbau zu gewinnen war. auf die WM 2006 nicht erspart. abgezeichnet, dass nur eine der beiden Schon wieder! Denn im Vorfeld der WM Schon seit Mitte der 90er Jahre waren Städte den Zuschlag erhalten würde. 1974 war die Konstellation ähnlich ge- verschiedenste Neu- und Umbauvarian- Auch vor diesem Hintergrund riefen wesen. Nachdem sich im April 1970 die ten diskutiert und verworfen worden. die städtischen Planungen in Hannover Stadträte energisch gegen eine umfas- Ambitionierten Plänen – so hatte ein Sta- keine echte Begeisterung hervor. Einziges sende Modernisierung des Niedersach- dionplaner die Errichtung einer multi- Glanzlicht des Umbaus wäre wohl das senstadions ausgesprochen hatten, ließ funktionalen Arena nach Arnheimer Vor- spektakuläre Dach gewesen, gemeinsam der Norddeutsche Fußballverband am bild vorgeschlagen – fehlte regelmäßig die entworfen vom Braunschweiger Archi- darauf folgenden Bundesligaspieltag  nanzielle Rückendeckung. Entsprechend tekturbüro Schulitz + Partner und den Flugblätter mit den privaten Telefon- unspektakulär war auch das Konzept, mit Stuttgarter Tragwerksplanern RFR. „Die nummern der umbaukritischen SPD- dem Hannover letztlich Eingang in das Pläne der Stadt sind eine Investition in die Abgeordneten verteilen, verbunden mit Bewerbungsdossier des DFB für die WM Vergangenheit“, kritisierte Martin Kind, der Aufforderung, die Politiker „auf den 2006 fand. Der Erhalt der Laufbahn und Präsident von Hannover 96, und auch die richtigen Kurs zu trimmen“. Ob sich die nur kleinere Ausbauten wurden ange- Wirtschaft winkte ab. Obwohl ein Großteil Stadträte von den Anrufern bekehrt oder kündigt, einzig die unterdimensionierte der Kosten durch die öffentliche Hand ab- terrorisiert fühlten, ist nicht bekannt; Haupttribüne im Osten sollte abgerissen gedeckt war, wollte sich partout kein In- wohl aber, dass der Fußballverband sein und durch einen zweirangigen Neubau vestor für die verbleibenden etwa 17 Mil- Ziel erreichte: Nur wenige Tage später ersetzt werden. Und auch, als das Turnier lionen Euro  nden. Dies änderte sich, als stimmten sie dem Bau eines Daches über dann Deutschland zugesprochen war, sah die Stadt im Dezember 2000 nachgab und der Westkurve und der Umwandlung die Stadt als geplante Trägerin des Um- einen Umbau in ein reines Fußballstadion tausender Stehplätze in Sitzplätze zu. baus zunächst noch keine Veranlassung, forcierte. Schnell waren gleich mehrere Damit konnten bis zu 60.355 Zuschauer an dieser Konzeption zu zweifeln. Statt- Investoren zur Stelle, die angesichts der im Niedersachsenstadion die vier Spiele dessen begab sie sich auf die Suche nach verbesserten Vermarktungsmöglichkeiten der WM 1974 verfolgen.

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099-109_niedersachsenstadion.indd 104 26.03.2006 20:22:43 Stadion-Porträt Stadion-Porträt

Betagtes Stadion zwischen jungen Bäumen: Um 1980 war im Osten des Stadions gerade erst aufgeforstet worden… Foto: Historisches Museum Hannover … 2005 ist das neue Stadion von dichten Baumbeständen umgeben. Foto: euroluftbild.de

Nur einmal hatte lagerübergreifend Ei- Wunder, dass über 500.000 Kartenvorbe- 1955 und 1963 fanden hier vier der neun nigkeit geherrscht in Hannover: 1950, als stellungen beim DFB eingingen, als die Endspiele um die Deutsche Meisterschaft Erfolgreiche Einfl ussnahmen Prof. Richard Konwiarz von der städtischen frisch gebackenen Weltmeister zu ihrem statt. Gleich mehrfach mussten „Entscheidungshilfen“ von Außenstehenden die hannover- Bauverwaltung für einen Stadion-Neubau ersten Länderspiel nach dem Wunder von Für Hannover 96 allerdings war das am Maschsee und damit in unmittelbarer Bern ausgerechnet in das soeben fertig ge- Stadion in den Anfangsjahren deutlich zu schen Verantwortlichen beim Umbau des Stadions von großen Lösungen überzeugen. Nähe der Innenstadt plädiert hatte, statt stellte Niedersachsenstadion luden. Letzt- groß. Erst mit dem Aufstieg in die Bundes- das bereits bestehende Eilenriedestadion lich fanden „nur“ 86.656 Zuschauer in der liga 1964 wechselte der Verein endgültig ie Finanzierung eines Stadionneu- einem Investor, der bereit wäre, sich an nun sogar einen weitaus höheren Betrag auszubauen. Zwei Argumente sprachen zweitgrößten deutschen Sportstätte Platz, in die riesige Sportstätte und konnte in oder -umbaus ist in Hannover nie den Kosten zu beteiligen. Wäre diese Su- in den Umbau stecken wollten. gegen den Ausbau der bereits bestehen- davon 44.016 auf Sitzplätzen. Zwar hatte den ersten beiden Jahren prompt jeweils Dohne Hindernisse möglich gewe- che erfolgreich gewesen, dann stünde in Langjährige Beobachter der Sta- den Sportstätte. Zum einen ihre Umge- das Stuttgarter Neckarstadion – nicht zu- die meisten Zuschauer der Liga begrüßen. sen. Diese Erfahrung, die schon mehrere Hannover heute ein modernes Leichtath- diongeschichte Hannovers dürften dar- bung, die eine Erweiterung auf 80.000 letzt dank mobiler Zusatztribünen – eine Der Bundesliga-Rekord von durchschnitt- Generationen von Politikern und Vereins- letik-Stadion. Vielleicht aber wäre dann an über geschmunzelt haben, dass die Stadt Plätze nicht zugelassen hätte. Zum ande- höhere Kapazität, konnte jedoch nur we- lich 43.267 Fans pro Partie, aufgestellt in repräsentanten machen mussten, blieb dieser Stelle über ein Bremer WM-Stadion erst auf Druck von außen für einem auf- ren die Entfernung zur Innenstadt, die den nige Sitzplätze anbieten. So war einzig das der Saison 1964/65, hielt immerhin fünf auch den Planern des Umbaus im Hinblick zu berichten. Denn schon lange hatte sich wändigeren Umbau zu gewinnen war. Transport von Kriegsschutt zu umständ- Berliner Olympiastadion noch einmal grö- Jahre. In der Folgezeit jedoch gingen die auf die WM 2006 nicht erspart. abgezeichnet, dass nur eine der beiden Schon wieder! Denn im Vorfeld der WM lich gemacht hätte. Denn eines hatte von ßer. Weil der DFB aufgrund der politisch Zuschauerzahlen stetig zurück, sodass Schon seit Mitte der 90er Jahre waren Städte den Zuschlag erhalten würde. 1974 war die Konstellation ähnlich ge- vornherein außer Frage gestanden: Einen brisanten Situation allerdings kaum Spiele sich eine Idee von Professor Konwiarz verschiedenste Neu- und Umbauvarian- Auch vor diesem Hintergrund riefen wesen. Nachdem sich im April 1970 die derart großen Stadionneubau so kurz nach nach Berlin vergab, entwickelte sich das hervorragend bewährte, nämlich die Ein- ten diskutiert und verworfen worden. die städtischen Planungen in Hannover Stadträte energisch gegen eine umfas- dem Krieg würde man nur durchführen Niedersachsenstadion zum bevorzugten teilung der Westkurve in zwei hinterein- Ambitionierten Plänen – so hatte ein Sta- keine echte Begeisterung hervor. Einziges sende Modernisierung des Niedersach- können, wenn auf diesem Wege gleichzei- Spielort des Fußballverbands. Zwischen ander liegende Sektoren. Das „äußere dionplaner die Errichtung einer multi- Glanzlicht des Umbaus wäre wohl das senstadions ausgesprochen hatten, ließ tig einige zehntausend Kubik- Stadion“, der gigantische Steh- funktionalen Arena nach Arnheimer Vor- spektakuläre Dach gewesen, gemeinsam der Norddeutsche Fußballverband am meter der Kriegstrümmer der platzbereich im Oberrang der bild vorgeschlagen – fehlte regelmäßig die entworfen vom Braunschweiger Archi- darauf folgenden Bundesligaspieltag Stadt Verwendung fänden. Westkurve, konnte bei gerin-  nanzielle Rückendeckung. Entsprechend tekturbüro Schulitz + Partner und den Flugblätter mit den privaten Telefon- Binnen weniger Monate gerem Zuschaueraufkommen unspektakulär war auch das Konzept, mit Stuttgarter Tragwerksplanern RFR. „Die nummern der umbaukritischen SPD- wurden die Wälle des ange- einfach geschlossen bleiben. dem Hannover letztlich Eingang in das Pläne der Stadt sind eine Investition in die Abgeordneten verteilen, verbunden mit henden Stadions aufgeschüt- Die Zuschauer verteilten sich Bewerbungsdossier des DFB für die WM Vergangenheit“, kritisierte Martin Kind, der Aufforderung, die Politiker „auf den tet, anschließend jedoch ließ auf den Unterrang, die Hin- 2006 fand. Der Erhalt der Laufbahn und Präsident von Hannover 96, und auch die richtigen Kurs zu trimmen“. Ob sich die man sich mehr Zeit; noch gab tertorbereiche und die kleine nur kleinere Ausbauten wurden ange- Wirtschaft winkte ab. Obwohl ein Großteil Stadträte von den Anrufern bekehrt oder es im Nachkriegsdeutschland Haupttribüne im Osten. Hier kündigt, einzig die unterdimensionierte der Kosten durch die öffentliche Hand ab- terrorisiert fühlten, ist nicht bekannt; drängendere Probleme als die waren 3.000 Sitzplätze von ei- Haupttribüne im Osten sollte abgerissen gedeckt war, wollte sich partout kein In- wohl aber, dass der Fußballverband sein Errichtung von Großstadien. nem kleinen, aber ausgespro- und durch einen zweirangigen Neubau vestor für die verbleibenden etwa 17 Mil- Ziel erreichte: Nur wenige Tage später Zwischen der Fertigstellung chen haltbaren Betonschalen- ersetzt werden. Und auch, als das Turnier lionen Euro  nden. Dies änderte sich, als stimmten sie dem Bau eines Daches über des Rohbaus und der Eröff- Dach vor Regen geschützt. Vor dann Deutschland zugesprochen war, sah die Stadt im Dezember 2000 nachgab und der Westkurve und der Umwandlung nung des Stadions im Sep- allem hier zeigte sich die Qua- die Stadt als geplante Trägerin des Um- einen Umbau in ein reines Fußballstadion tausender Stehplätze in Sitzplätze zu. tember 1954 lagen 23 Monate lität des Stadionbaus. Denn die baus zunächst noch keine Veranlassung, forcierte. Schnell waren gleich mehrere Damit konnten bis zu 60.355 Zuschauer – und eine sensationelle Rück- Haupttribüne überstand die an dieser Konzeption zu zweifeln. Statt- Investoren zur Stelle, die angesichts der im Niedersachsenstadion die vier Spiele kehr Deutschlands in die Welt 49 Jahre ihres Bestehens fast dessen begab sie sich auf die Suche nach verbesserten Vermarktungsmöglichkeiten der WM 1974 verfolgen. des Fußballs. So war es kein Die provisorische VIP-Tribüne wurde mehrfach auf- und abgebaut. Foto: Stadionwelt unverändert. ��Matthias Ney

104 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 105

099-109_niedersachsenstadion.indd 104 26.03.2006 20:22:43 099-109_niedersachsenstadion.indd 105 26.03.2006 20:23:05 Stadion-Porträt

„Das Bauen im Bestand hat viele Dinge kompliziert.“ Interview mit Marc Schulitz (32), „Projektleiter Architektenteam“ beim Umbau der AWD-Arena

gleichen Fundamente absetzen, weil man Noch ein dritter Punkt kommt hinzu: Ur- die Kräfte, die durch das Auskragen ent- sprünglich hatten wir mal mit einem einfa- stehen, innerhalb des Speichenradsystems chen Speichenrad geplant, bei dem sämt- „kurzschließen“ kann. Das Dach stabilisiert liche Spannseile oberhalb der Dachfl äche sich damit selbst. In der alten Konstruktion verlaufen wären. Doch hierfür hätte man mussten diese Kräfte über Rückspannung in den oberen Druckring im Westen wegen den Boden abgeleitet werden. der großen Spannweite des Daches noch Stadionwelt: Beim neuen Dach fällt vor al- einmal um etwa 20 Meter nach oben ver- Marc Schulitz lem die Asymmetrie auf. Hat dies Ihre Pla- schieben müssen. Momentan schwebt nungen deutlich kompliziert? das Dach über den Bäumen, fügt sich aber Stadionwelt: In Hannover entstand ein Schulitz: Ja, absolut. Bei größeren Spann- gut in die Landschaft ein. Ein Druckring auf fast vollständig neues Stadion – für nur 67 weiten steigen die Zugkräfte im Quadrat an 70 Metern über Spielfeldniveau hingegen Millionen Euro. Wie war ein solch günstiger – eine Verdoppelung der Dachfl äche erhöht hätte die gesamte Umgebung dominiert. Preis möglich? die Belastung um das Vierfache. Im Westen, Stadionwelt: Empfi nden Sie rückblickend Marc Schulitz: Zunächst konnten wir beim wo das Dach weit auskragt, sind die Kräfte die Vorgaben beim Umbau als Bereiche- Tribünenbau Verschalungen und Fertigteil- also ungleich größer als im Osten. Das kann rung oder als Belastung ihrer Arbeit? systeme verwenden, die bereits auf Schal- man auch gut am oberen Druckring erken- Schulitz: Das Bauen im Bestand hat für uns ke und in Rostock im Einsatz waren. Üb- nen, der oberhalb der Westkurve deutlich sicherlich viele Dinge kompliziert und eine licherweise müssen die Formen hierfür höher aufragt als im Osten. Menge zusätzlichen planerischen Aufwand zunächst aufwändig gebaut werden, in Stadionwelt: Im Gegensatz zu vielen ande- bedeutet. Wir mussten auch auf manche Hannover hingegen wurde die Planung so ren Dächern, die nach dem Speichenradprin- Idee verzichten, die wir auf der grünen Wie- abgestimmt, dass man sie wiederverwen- zip aufgebaut sind, liegt in Hannover ein Teil se mühelos hätten verwirklichen können. den konnte. Zudem hat der Umgang mit der tragenden Konstruktion unterhalb der Doch die Herausforderung, eine historische dem Bestand geholfen, die Kosten zu sen- Dachfl äche. Hatte das eher technische oder Stätte neu gestalten zu können, hat diese ken. Und ganz allgemein ist es uns als Pla- ästhetische Gründe? Nachteile mehr als wettgemacht. nern gelungen, für viele Probleme günstige Schulitz: Sowohl als auch. Eigentlich haben Stadionwelt: Und wie kompliziert war für Sie Lösungen zu fi nden. Auch im Stadionbau wir in Hannover ein doppeltes Speichenrad der Umbau bei laufendem Spielbetrieb? kann man eine Menge Geld zum Fenster verwirklicht. Das äußere Dach hängt wie ge- Schulitz: Als Architekten planen wir ja in herausschmeißen. wohnt am Druckring und die Abspannungen erster Linie einen Endzustand, damit war Stadionwelt: Wie sehr hat der Erhalt der verlaufen oberhalb des Daches. Doch wir das weniger für uns ein Problem als für die Westkurve den Umbau verbilligt? wollten auch ein zweites, lichtdurchlässiges, Baufi rma Wayss & Freytag. Aber ich hatte Schulitz: Weniger, als man glauben mag. inneres Dach realisieren. Nicht nur wegen immer den Eindruck, dass dort die logisti- Sicherlich mussten wir dadurch nur drei des Rasenwachstums, sondern auch aus schen Herausforderungen sehr kreativ ge- statt vier Seiten neu bauen, aber das gestalterischen Aspekten. Denn wir wollten meistert wurden. Etwa mit einer überdach- Übernehmen einer alten Tribüne hat uns so die traditionelle Unterteilung des Stadi- ten kleinen, provisorischen VIP-Tribüne, auch viele komplizierte Lösungen aufge- ons in Ober- und Unterrang auch im Dach die man bei längeren Spielpausen einfach zwungen. Etwa bei den Steigungswinkeln darstellen. Der Zugring dieses inneren Da- abbauen und damit zusätzlichen Platz auf der anderen Tribünen, die wir in vielen ches liegt unterhalb der Dachfl äche. der Baustelle schaffen konnte. kleinen Schritten anpassen mussten, oder beim Dach, das durch seine Asymmetrie weitaus komplizierter zu berechnen war. Gerade die riesige Dachfl äche im Westen hat uns zu deutlich teureren Lösungen ge- zwungen. Stadionwelt: Was sprach dann für den Er- halt der Westkurve? Schulitz: Die Kriegstrümmer in ihrem Un- tergrund. Niemand konnte uns sagen, was wir bei Grabungen im Westen fi nden wür- den, aber wir haben dort kontaminierten Boden vermutet, der zu einer Kostenexplo- sion hätten führen können. Daher haben wir auch eine Dachkonstruktion gewählt, die im Westen auf bestehenden Funda- menten des alten Daches gegründet wer- den konnte. Stadionwelt: Haben die alten Fundamente denn ausgereicht, um ein weitaus größe- res Dach zu tragen? Schulitz: Ja, das war gut möglich. Wir konnten die doppelte Spannweite auf die Die komplexe Dachkonstruktion zwang zur Improvisation. Foto: Stadionwelt

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099-109_niedersachsenstadion.indd 106 26.03.2006 20:24:05 Stadion-Porträt Feiern in der City In Hannover erwartet die WM-Gäste ein Fußballfest der kurzen Wege.

nd the winner is ... Deutschland!” Es waren nur ein kleiner Zettel Ain einem Briefumschlag und ein knapper Satz des FIFA-Präsidenten Sepp Blatter, doch sie waren Auslöser eines gewaltigen, ganz Deutschland erfassen- den Konjunktur- und Infrastrukturpro- gramms. An jenem 6. Juni 2000 stand Deutschland plötzlich vor der Mammut- aufgabe, ein ganzes Land und insbesonde- re zwölf Städte  t zu machen für die Fuß- ballweltmeisterschaft 2006 – tatsächlich zwölf Städte? Nein, denn während der Sommer 2000 für den Großteil der Repu- blik den Startschuss für Modernisierungen und Strukturverbesserungen bedeutete, hatte eine Kommune bereits die Ziellinie passiert. Im Vorfeld der Weltausstellung hatte die EXPO-Stadt Hannover näm- lich – quasi nebenbei – bereits sämtliche Probe beim Confed-Cup: mexikanischer Trubel zwischen Waterlooplatz und Stadion Foto: Stadionwelt Hausaufgaben einer WM-Stadt erledigt. „Die Infrastruktur, insbesondere der öf- and-ride-Systeme Deutschlands in die der WM-Beauftragte der Landeshaupt- fentliche Personennahverkehr, war schon City karren zu lassen. stadt, Klaus Timaeus, sicher. Um diese zur Weltausstellung so gut wie perfekt“, Dort erwartet sie ein internationales positive Stimmung nicht durch Randa- erläutert Hannovers Pressesprecher Ralf Fußballfest der kurzen Wege. Denn im Ge- le gefährden zu lassen, wird das Fanfest Sonnenberg. „In diesem Bereich muss- gensatz zu den WM-Meilen anderer Aus- auf dem Waterlooplatz durch eine Um- ten wir im Hinblick auf die Fußball-WM tragungsstädte darf der Begriff „Meile“ in zäunung gesichert, damit bei Bedarf Per- kaum etwas unternehmen.“ Hannover durchaus wörtlich genommen sonenkontrollen und Leibesvisitationen Denn die Investitionen im Rahmen werden. Nicht einmal zwei Kilometer be- möglich sind. Doch auch dieses im ersten der EXPO hatten längst nicht nur deren trägt die Distanz zwischen Hauptbahnhof Moment nicht gerade verlockend klingen- eigentliches Gelände umfasst: „Ein gro- und Stadion. Zu Fuß dauert der Weg gut 20 de Detail soll ästhetisch gelöst werden: ßer Teil der Investitionen wurde schon Minuten – sofern man den Verlockungen „Alle Außen ächen werden mit Bannern damals in die Innenstadt gesteckt“, so von „Global Village“, „Gourmet Festival“ überzogen, auf denen Fußballmotive zu Sonnenberg. Stadtbahn und S-Bahn habe und „FIFA Fan Fest“ widersteht. Die Fuß- sehen sind“, so Timaeus. Zudem erfül- man aufgewertet, und seit 1999 stehe in gängerzonen in der Bahnhofs- und Kar- le die Umbauung noch einen weiteren Hannover „mehreren Tests zufolge einer marschstraße sollen durch Schaufenster- Zweck: „Auf einer Länge von rund 70 der schönsten Bahnhöfe Europas“. Auch dekorationen, exotische Aktionen in den Metern sind in dem beeindruckenden die Autobahnen rund um die niedersäch- Kneipen und zahlreiche Mitmachaktio- Zaun neben Sanitäreinrichtungen Logen sische Landeshauptstadt erwiesen sich be- nen der örtlichen Sportvereine WM-Flair integriert, die wir in den kommenden reits größerer Anstürme gewachsen – hier versprühen. Das Global Village zwischen Wochen vermarkten werden.“ So könn- war, ebenfalls für die Weltausstellung, altem Rathaus und Marktkirche bietet bis te zumindest ein Teil der geschätzten 1,6 viel Geld und Beton in neue Ein- und Aus- zu 2.500 Besuchern ein internationales Millionen Euro re nanziert werden, der fahrten ge ossen. Bühnenprogramm, wobei der Schwer- für die Ausrichtung des Fan Fests insge- Während die Welt allerdings im Som- punkt auf Musikern aus den in Hannover samt anfallen werden. mer 2000 vor den Toren der Stadt ausge- spielenden Ländern liegen wird. Auch Für die meisten der bis zu 20.000 Be- stellt wurde, ist sie im Sommer 2006 fast nebenan, beim Gourmet Festival auf dem sucher des Fanfests ist der Blick auf die ausschließlich in der Innenstadt zu Gast. Platz am Ballhof, lässt sich bei angolani- 60 Quadratmeter große Leinwand vor „Zwar steht auf dem Weltausstellungsge- schen, mexikanischen oder koreanischen der Waterloosäule hingegen kostenlos. lände noch immer ein Teil der Infrastruk- Spezialitäten eventuell aufkommendes Auch für die Benutzung des Fan-Parks tur, doch wir haben uns bewusst dagegen Heimweh vertreiben. Und WM-Touristen mit seinen Plätzen für Beach-Volleyball entschieden, diese bei der Fußball-WM zu aus Italien oder Polen werden sich in der und -Soccer wird keine Gebühr verlangt. nutzen“, erklärt Sonnenberg. Den Vorteil, Stadt ohnehin nicht einsam fühlen. Dafür Sei es drum, die WM-Touristen aus aller ein Stadion in unmittelbarer Nähe zur In- sorgen schon die insgesamt 2.703 italieni- Welt werden auch so genügend Geld in nenstadt zu haben, dürfe man nicht durch schen und die 4.415 polnischen Staatsbür- die Kassen der heimischen Wirtschaft Fan-Partys in der Peripherie verschenken. ger, die in Hannover gemeldet sind. Die spülen. Hinzu kommt für Hannover ein Und so werden zwar die WM-Besucher 18 hier lebenden Costa Ricaner hingegen unbezahlbarer Imagegewinn. Angesichts von den Autobahnen direkt zur ehema- dürften im internationalen Gewusel kaum der vergleichsweise geringen Infrastruk- ligen Weltausstellung gelotst – aber nur, auffallen. turkosten dürfte die EXPO-Stadt zu den um dort ihr Auto abzustellen und sich „Die hannoversche Innenstadt wird größten Gewinnern der WM-Vergabe von einem der leistungsfähigsten Park- WM-Begeisterung atmen“, ist sich auch zählen. ��Matthias Ney

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Der Fanblock auf Unter- und Oberrang der Nordkurve Foto: red-northstar.de Das Positive überwiegt Die Fans von Hannover 96 sind mit ihrer neuen Spielstätte zufrieden. Nur Teilbereiche stoßen auf Kritik, so zum Beispiel der Stadionname. Die Heimfans in der Kurve standen sind jetzt über das schieden geholt –, aber die Freundschaft Stadion verteilt. Aber sie machen auch von macht einiges wieder wett. „Wir sind mit unserem Stadion insgesamt außerhalb gut mit. Der Gäste-Block ist traditionsgemäß im zufrieden. Es ist kein 08/15-Kasten wie Der Stadionname war natürlich damals Oberrang geblieben, und auch der alte Weg in Wolfsburg oder Köln. Der Grund da- ein großes Thema. Leider haben viele neue durch den großen Umlauf ist beibehalten für ist, dass die alte Westkurve in ihren Leute den Namen sehr schnell aufgenom- worden. Wir sind in der Regel mit 5.000 bis Grundzügen stehen geblieben ist. Dadurch men. Hinter der Kurve wird demnächst ein 7.000 Leuten in Hannover, da besetzen wir bekommt das Stadion eine spezielle Form großer AWD-Turm stehen. Da haben wir die ganze Kurve und noch einige anliegen- und einen besonderen Charakter. Bau- sehr darum gekämpft, dass neben dem Fir- de Plätze auf Haupt- und Gegentribüne. technisch ist also alles zufrieden stellend. menlogo auch das 96-Wappen abgebildet Die Ordner erlauben einem dort eine große Einzig die Wellenbrecher durch Sitze auf wird.“ Bewegungsfreiheit. Die Akustik unter dem den Stehplätzen stören. Durch sie kommt Dach ist erstklassig. So können wir uns als im Unterrang nur schlecht Stimmung auf. Robin Krakau, Gäste dort gut verkaufen. Was die Geneh- Kritikwürdig ist außerdem die Einlasssi- Vorsitzender der „Roten Kurve“ migung von Fahnen, Doppelhaltern und tuation, das Stadion hat einfach zu wenige Ähnlichem angeht haben wir keine Proble- Eingänge. Ebenfalls nicht gut ist, dass der me. Mir ist da auch aus anderen Fanszenen Gäste-Block im Oberrang geblieben ist. Da Die Gästefans nichts bekannt. kann jeder Stimmung machen. Das war „Als Fans des schwarz-rot-blauen HSV Eine glatte Note sechs gibt es für die auch ein Grund, warum wir selbst den werden wir in Hannover immer positiv Arena-Karte und das riesengroße Matsch- ebenfalls im Oberrang gelegenden Rote- empfangen. Die guten Kontakte der Fans loch vor dem Gästeblock. Da versaut man Kurve-Block ins Leben gerufen haben. Die untereinander gehen auch über die Ultra- sich alles, schon vor dem Spiel. Karten sind dort bis zu 50 Euro günstiger, Szene hinaus. Viele der alten Kutten und Hannover gehört insgesamt zu den Hö- und es kann gestanden werden. auch jüngere Fans leben die gute Bezie- hepunkten bei den Auswärtsfahrten. Viele In den letzten Wochen hätte die Stimmung hung. Im Stadion schlägt sich das dann in Fans gehen vor und nach dem Spiel ge- zwar besser sein können, aber über die gegenseitigen Wechselgesängen nieder. meinsam feiern, die Stimmung im Stadion gesamte Saison gesehen war sie positiv. Sportlich waren die letzten Besuche zwar ist fast immer positiv.“ In guten Momenten geht hier das ganze weniger positiv – wir haben in den letzten Bastian Reschke, Fan des Hamburger SV Stadion mit. Viele Leute, die früher aktiv vier Jahren da gerade einmal ein Unent- und Macher das Fanzines „Klönschnack“

108 Stadionwelt April/Mai 2006

099-109_niedersachsenstadion.indd 108 26.03.2006 20:36:46 Stadion-Porträt Stadion-Porträt

„Eine hundertprozentige Verbesserung“ Interview mit Bastian Kramer, dem Fanbeauftragten von Hannover 96

Nordtribüne ein Kern gebildet, doch die Ab- Berlin. Ein besonderes Highlight war das stimmung im ganzen Stadion fehlt noch. Es Pokal-Halbfi nale gegen Bremen 1992, das ist aber eine hundertprozentige Verbesse- wir im Elfmeterschießen gewonnen haben. rung gegenüber dem Niedersachsenstadion. Das wird einer ganzen Generation von Fans Man ist viel näher am Geschehen. Durch die immer in Erinnerung bleiben. Dachkonstruktion wandert der Schall nicht Stadionwelt: Im neuen Stadion fehlen sol- aus dem Stadion hinaus. Wechselgesänge che Erlebnisse noch. Gab es schon Erin- Bastian Kramer sind so besser möglich. nernswertes? Foto: Stadionwelt Stadionwelt: Welche Bedeutung hat das Kramer: Nein, die großen Momente fehlen alte Niedersachsenstadion noch für die Fan- noch. Es gab mal ein Pokalspiel gegen Dort- Stadionwelt: Was macht den besonderen szene? mund, da war die Stimmung schon großar- Reiz der AWD-Arena aus? Kramer: Die Leute werden es nie verges- tig ... oder die Spiele gegen die Bayern. Aber Kramer: Es ist eine gelungene Mischung sen. Vom Bau her ist es natürlich kein Ver- das kann ja alles noch werden. aus traditionellen und neuen Bereichen. Es gleich, aber es hatte seinen Charme. Vor Stadionwelt: Was sind eure Erwartungen ist eben kein reiner Neubau. Deshalb wird allem die „Zahnbürsten“, so wurden die an das Stadion in der Zukunft? das Stadion auch in der gesamten Fansze- alten Flutlichtmasten genannt, vermissen Kramer: Viele Leute beschweren sich über ne sehr gut angenommen. Ein großer Vor- doch Einige. das Stadion-Umfeld, wo vieles noch nicht teil ist, dass man von allen Plätzen sehr gut Stadionwelt: Welche Höhepunkte bleiben fertig ist. Aber das kommt jetzt nach und sehen kann. aus dem Niedersachsenstadion in Erinne- nach, die Arena wird WM-tauglich gemacht. Stadionwelt: Trotzdem ist es noch nicht un- rung? Für die Fans wird sich aber durch die WM bedingt ein Punktegarant. Was muss pas- Kramer: Es gab natürliche einige Spiele, nichts ändern. Natürlich ist der Werbeeffekt sieren, damit es zu einer „Festung“ wird? die unvergessen sind. Vor allem die Derbys für das Stadion groß. Vielleicht bekommen Kramer: Stimmungstechnisch sind wir noch gegen Braunschweig oder unsere Aufstiegs- wir ja mal ein Europacup-Endspiel in Han- in der Findungsphase. Zwar hat sich auf der spiele gegen Cottbus und Tennis Borussia nover.

Der Fanblock auf Unter- und Oberrang der Nordkurve Foto: red-northstar.de Das Positive überwiegt Die Fans von Hannover 96 sind mit ihrer neuen Spielstätte zufrieden. Nur Teilbereiche stoßen auf Kritik, so zum Beispiel der Stadionname. Die Heimfans in der Kurve standen sind jetzt über das schieden geholt –, aber die Freundschaft Stadion verteilt. Aber sie machen auch von macht einiges wieder wett. „Wir sind mit unserem Stadion insgesamt außerhalb gut mit. Der Gäste-Block ist traditionsgemäß im zufrieden. Es ist kein 08/15-Kasten wie Der Stadionname war natürlich damals Oberrang geblieben, und auch der alte Weg in Wolfsburg oder Köln. Der Grund da- ein großes Thema. Leider haben viele neue durch den großen Umlauf ist beibehalten für ist, dass die alte Westkurve in ihren Leute den Namen sehr schnell aufgenom- worden. Wir sind in der Regel mit 5.000 bis Grundzügen stehen geblieben ist. Dadurch men. Hinter der Kurve wird demnächst ein 7.000 Leuten in Hannover, da besetzen wir bekommt das Stadion eine spezielle Form großer AWD-Turm stehen. Da haben wir die ganze Kurve und noch einige anliegen- und einen besonderen Charakter. Bau- sehr darum gekämpft, dass neben dem Fir- de Plätze auf Haupt- und Gegentribüne. technisch ist also alles zufrieden stellend. menlogo auch das 96-Wappen abgebildet Die Ordner erlauben einem dort eine große Einzig die Wellenbrecher durch Sitze auf wird.“ Bewegungsfreiheit. Die Akustik unter dem den Stehplätzen stören. Durch sie kommt Dach ist erstklassig. So können wir uns als im Unterrang nur schlecht Stimmung auf. Robin Krakau, Gäste dort gut verkaufen. Was die Geneh- Kritikwürdig ist außerdem die Einlasssi- Vorsitzender der „Roten Kurve“ migung von Fahnen, Doppelhaltern und tuation, das Stadion hat einfach zu wenige Ähnlichem angeht haben wir keine Proble- Eingänge. Ebenfalls nicht gut ist, dass der me. Mir ist da auch aus anderen Fanszenen Gäste-Block im Oberrang geblieben ist. Da Die Gästefans nichts bekannt. kann jeder Stimmung machen. Das war „Als Fans des schwarz-rot-blauen HSV Eine glatte Note sechs gibt es für die auch ein Grund, warum wir selbst den werden wir in Hannover immer positiv Arena-Karte und das riesengroße Matsch- ebenfalls im Oberrang gelegenden Rote- empfangen. Die guten Kontakte der Fans loch vor dem Gästeblock. Da versaut man Kurve-Block ins Leben gerufen haben. Die untereinander gehen auch über die Ultra- sich alles, schon vor dem Spiel. Karten sind dort bis zu 50 Euro günstiger, Szene hinaus. Viele der alten Kutten und Hannover gehört insgesamt zu den Hö- und es kann gestanden werden. auch jüngere Fans leben die gute Bezie- hepunkten bei den Auswärtsfahrten. Viele In den letzten Wochen hätte die Stimmung hung. Im Stadion schlägt sich das dann in Fans gehen vor und nach dem Spiel ge- zwar besser sein können, aber über die gegenseitigen Wechselgesängen nieder. meinsam feiern, die Stimmung im Stadion gesamte Saison gesehen war sie positiv. Sportlich waren die letzten Besuche zwar ist fast immer positiv.“ In guten Momenten geht hier das ganze weniger positiv – wir haben in den letzten Bastian Reschke, Fan des Hamburger SV Stadion mit. Viele Leute, die früher aktiv vier Jahren da gerade einmal ein Unent- und Macher das Fanzines „Klönschnack“ Die Hamburger zu Gast in Hannover Foto: red-northstar.de

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099-109_niedersachsenstadion.indd 108 26.03.2006 20:36:46 099-109_niedersachsenstadion.indd 109 26.03.2006 20:25:37 Jetzt neu: Das große Stadionwelt-Buch über die Stadien der Fußball-WM

Der Zuschlag zur Fußball-WM 2006 hat die deutsche Stadionlandschaft komplett verändert. Es entstanden neue Stadien, die durch ihre mo- derne Architektur begeistern und Zuschauer magisch anziehen. In diesem Buch werden erstmals alle zwölf Spielstätten umfassend ������������������������ porträtiert. Mit vielen unveröff ent- �������������� lichten Fotos sowie faszinierenden �������������������������������� Luftbildern ermöglicht es eine Rei- se durch die Fußball-Tempel, auf die sich im kommenden Jahr die Augen der Welt richten werden. Doch Faszination Stadion 2006 beschränkt sich nicht allein auf die WM-Spielorte. Der Baumboom der letzten Jahre wird umfassend Faszination Stadion 2006 analysiert, die Spielstätten der EM Die WM-Stadien 2008 und der WM 2010 werden vor- Geschichte – Porträts – Ausblick gestellt. Und wir blicken zurück auf die Spielorte früherer Turniere so- 240 Seiten, ca. 400 Fotos Preis: 24,90 Euro / Abonnenten: 19,90 Euro wie die Entstehungsgeschichte der zzgl. Versandkosten von 3 Euro heutigen Stadien.

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s110-111_Werbung_WM-Buch.indd 110 26.03.2006 14:58:34 Jetzt neu: Das große Stadionwelt-Buch �� ������ ������ �� ��� ������� ������� ��� ��� ���� ���� ��� über die Stadien der Fußball-WM

Der Zuschlag zur Fußball-WM 2006 hat die deutsche Stadionlandschaft komplett verändert. Es entstanden Mit doppelseitigen Luftbildern und Innenraum-Panoramen neue Stadien, die durch ihre mo- ��� �������� �������� ��� ����������������������� ����������������������������������������������������� �������������������������������������������������� derne Architektur begeistern und ��������������������������������������������������� ������������������������������������������������������ �������������������������������������������������������� ������ ������������ ���� ��������� ���������� ����� ���������������������������������������������������� �������������������������������������������������������� ���� ���� ���� ����������������������� ���� ���������������� ����������� ����������� ������� ���� �������� ��� ������� �������������������������������������� ���� ����� ���� ��������������� ������������ ��������� ���� ���������������������������������������������������� ������������������������������������������������� Zuschauer magisch anziehen. ������������������������������������������������������� ������������������������������������������������������ ��������������������������������������������������������� ������������������������������������������������������ ������������������������������������������������������� ����� ���� ������� ����������� ������� ���� ������������ ������������������������������������������������������� ������� ����������������� ������� ���� ������ ����������� ������������������������������������������������������� �������������������������������������������������� ������������ ������� ��������� �� �������� �������� ������ ����������������������������������������� In diesem Buch werden erstmals ����������������������������������� ����������������������������������� ���� ���������� ������� ������������� ���� ���� ��� ����� ��������������������������������������������������������� ��������������������������������������������������������� �������������������������������������������������������� ��������� ������� ����� ���������������� ���������������� �������� ���� ���������� ���� ������� ��������� ������ ����� ����������������������������������������������������� ������� �������� ����� ���� ������������� ���� ����������� ��������������������������������������������������� ������ ����� ��������� ������ ����� ���� ����������������� ������������������������������������������������� �������������������������������������������� ����������������������������������������������������� �������� ������������ ����� ���� ���������� ���� ���� ����� ������������������������������������� ������������������������������������������������������ ����������� ������� ���� ������������������ �� ��� ���� ���� ������� �������� ���������� ������� ��������� ���� ������� ��������� ���� ��������� ���������������������� ���� ����������������������������������������������������� ����������������������������������������������������� ��������������������������������������������������� alle zwölf Spielstätten umfassend �������������������������������������������������� ������������������������������������������������������� ����������������������������������������������������� ������ ����� �������� ��������� �������� ����� ���� ��� �������������������������������������������������������� ����������� �������� ���� ���� ������� ������� ������������� ����������������������������������������������������� ������������������������������������������������������ ������������������������������������������������������� ������������������������������������������������������� ������������������������������������������������������� ���������������������������������������������������� ������������������������������������������������������� ����������������������������������������������� ����������������� ��� ���� ��������������������� ���� ��������� ���� ��� ������������������������ ��������������������� �������� ���� ������ ��������� ���� �������������������������� ���� ��������� ��� ��� ������ ���������������������������������������������������� �������������������������������������������������������� ����������������������������������������������������� ����� ������ ��������� ������� ������ ������������ ����� porträtiert. 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Alle Magazin-Abonnenten erhalten die WM-Spielorte. Der Baumboom Zu jeder Spielstätte bietet das Buch beein- das Buch zum Vorzugspreis von 19,90 Euro. der letzten Jahre wird umfassend druckende Fotos, umfangreiche Daten und Faszination Stadion 2006 analysiert, die Spielstätten der EM Fakten sowie einen Blick zurück bis weit in Jetzt bestellen unter www.stadionwelt.de die Geschichte, aber auch auf die Zeit der oder bei: Stadionwelt, Schlossstraße 23, Die WM-Stadien 2008 und der WM 2010 werden vor- Geschichte – Porträts – Ausblick Entstehung in den letzten Jahren. Die Neu- 50321 Brühl, Tel.: (0 22 32) 57 72-0, Fax: gestellt. Und wir blicken zurück auf und Umbaufotos erinnern daran, wie mehr (0 22 32) 57 72-11 die Spielorte früherer Turniere so- 240 Seiten, ca. 400 Fotos Preis: 24,90 Euro / Abonnenten: 19,90 Euro wie die Entstehungsgeschichte der zzgl. Versandkosten von 3 Euro heutigen Stadien. www.stadionwelt.de

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s110-111_Werbung_WM-Buch.indd 110 26.03.2006 14:58:34 s110-111_Werbung_WM-Buch.indd 111 26.03.2006 14:59:21 Stadion-Porträt

Unverwechselbar: Das Stadion am Zoo ist ein über Jahrzehnte gewachsenes Gebilde mit alter Radrennbahn und einer modernen Tribüne aus den 1990er Jahren Neubeginn mit 82 Das Wuppertaler Stadion am Zoo zählt zu den interessantesten Sportanlagen Deutschlands. Nun wartet es auf den Umbau zum reinen Fußballstadion.

m 19. Jahrhundert wurde die Fläche, Doch nach dem 2. Weltkrieg nahm das vierungsarbeiten konnten wegen  nan- auf der sich heute das Wuppertaler Interesse an den Steherrennen ab, und zieller Probleme der Stadt nicht mehr IStadion be ndet, von der Farbenin- die alte Radrennbahn ver el zusehends. durchgeführt werden. Folglich musste dustrie im Tal als Müllkippe genutzt. Um sogar die Haupttribüne geschlossen wer- die Jahrhundertwende entstand dann auf Vom Radsport zum Fußball den. Eine provisorische Nottribüne für der Deponie ein einfacher Sportplatz, der 500 Zuschauer auf der Gegengeraden vom Sport- und Spielverein 04 Wupper- Anfang der 50er Jahre wurde der reichte schließlich auch für Drittligafuß- tal und später vom SC Sonnborn genutzt Fußball populärer, und der 1954 aus ei- ball in dieser Zeit. wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg emp- ner Fusion von SSV Wuppertal und der Inzwischen hatte die ehemals schnells- fahl das „Reichsspielplatzgesetz“ eine TSG Vohwinkel gegründete Wupperta- te Zementbahn Europas zwar ihren histo- Sport äche von drei Quadratmetern pro ler SV vermochte nun in der ersten Liga rischen Tiefpunkt erreicht, dafür aber war Einwohner. Die Stadt Elberfeld, heute (Oberliga West) bis zu 38.000 Zuschauer sie nun unter Denkmalschutz gestellt. Die der größte Stadtteil von Wuppertal, wies ins Stadion am Zoo zu locken. Zu die- Verantwortlichen spekulierten offensicht- aber nur zwei Quadratmeter auf, und ser Zeit wohnten Spieler, die neu zum lich auf Zahlungen aus dem Topf für den man handelte. Der Stadtbaurat Friedrich WSV wechselten, in den Zimmern über Denkmalschutz, doch für den geplanten Roth besorgte aus privaten Spenden rund der Stadiongaststätte beim damaligen Bau einer neuen 5.000 Zuschauer fassen- eine Million Mark, um eine praktikable Inhaber Kremer. So auch der spätere Na- den Haupttribüne entstanden hierdurch Lösung zu  nden. Den Vorentwurf eines tionalspieler und Italienlegionär Horst Probleme. Die Schildwand der maroden neuen Stadions entwickelten die Kölner Szymaniak. In den Bundesligajahren des Tribüne musste bei einem Umbau erhal- Architekten Wilkens und Nußbaum, er WSV von 1972 bis 1975 kamen zu den ten bleiben, so forderte es der Denkmal- konnte für eine Gesamtsumme von zwei Spitzenspielen regelmäßig über 30.000 schutz. Olaf Allstedt von den Architek- Millionen Mark umgesetzt werden. Im Zuschauer ins Stadion. Der damalige ten Schuster aus Düsseldorf erinnert sich: Oktober 1924 war das Stadion nach sechs Erfolgstrainer Horst Buhtz erinnert sich: „Der Erhalt der Schildwand und die alte Monaten Bauzeit fertig. Die Bauweise „Der Nachteil für meine Mannschaft war, Müllkippe stellten uns vor erheblichen mit integrierter Radrennbahn war im dass die Unterstützung von den Rängen Aufwand. Die alte Schildwand musste hohen lokalen Interesse am Rennsport aus fast einhundert Metern Entfernung zunächst aufwändig gestützt werden begründet, der sich insbesondere in kam.“ Mit dem Abstieg der Rot-Blauen und anschließend noch neue Fundamen- weiten Teilen der Arbeiterschaft großer aus der Bundesliga setzte auch der Ver- te drunter gezogen bekommen.“ Für of- Beliebtheit erfreute. Die Stadiongaststät- fall des Stadions ein. 1978 überlegte der  ziell 31,05 Millionen DM wurde sie in te, über einer der Kurven mit Blick auf Wuppertaler Stadtrat dann, aus dem den Jahren 1991 bis 1993 saniert und in die Rennbahn und den Rasen thronend, weitläu gen Stadion eine reine Fußballa- ein neu geschaffenes Haupttribünenge- war sicherlich eine der ersten „VIP-Tri- rena zu bauen. Der Fall des Wuppertaler bäude integriert. 5.000 überdachte Sitz- bünen“ in Deutschland. Elberfeld durf- SV in die Drittklassigkeit setzte dem Pro- plätze konnten somit geschaffen werden, te sich zu jener Zeit über die schnellste jekt aber ein Ende. In den achtziger Jahren inklusive eines VIP-Raumes für etwa 300 Zementbahn Europas, wenn nicht sogar erlebte das Stadion am Zoo seine bitters- Gäste. Schade nur, dass der Wupperta- der ganzen Welt, freuen. Besucherzahlen te Epoche. Die Zuschauerzahlen waren ler SV mit der Fertigstellung der neuen von bis zu 40.000 waren keine Seltenheit. ohnehin nicht der Rede wert, und Reno- Haupttribüne nach zwei Jahren Zweitli-

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Unverwechselbar: Das Stadion am Zoo ist ein über Jahrzehnte gewachsenes Gebilde mit alter Radrennbahn und einer modernen Tribüne aus den 1990er Jahren Foto: Stefan Rittershaus Intakte Radrennbahn um 1930 Foto: Sport- und Bäderamt Wuppertal

gazugehörigkeit wieder in die dritte Liga Radrennbahn würde als Basis dienen, abstieg. Leider ver el auch im Laufe der außerdem könnte man umweltverträgli- Jahre die Stadiongaststätte immer mehr, chen Bauschutt verwenden. Den Plänen Neubeginn mit 82 sodass sie Ende der 90er Jahre ganz ge- zu Folge soll das Spielfeld in Richtung Das Wuppertaler Stadion am Zoo zählt zu den interessantesten Sportanlagen schlossen wurde. Derzeit läuft hier ein Haupttribüne um vier Meter verbreitert Sanierungsprojekt, anhand dessen ar- werden, sodass das Publikum immerhin Deutschlands. Nun wartet es auf den Umbau zum reinen Fußballstadion. beitslose Jugendliche beru iche Quali- auf drei Seiten direkt am Spielfeldrand  kationen erlangen. Im Sommer 2006 wäre. „Die Leistungen der aktuellen möchte das Sport- und Bäderamt in das Mannschaft wird mit dem umgebauten m 19. Jahrhundert wurde die Fläche, Doch nach dem 2. Weltkrieg nahm das vierungsarbeiten konnten wegen  nan- Obergeschoss der Stadiongaststätte ein- Stadion steigen“, ist sich Horst Buhtz auf der sich heute das Wuppertaler Interesse an den Steherrennen ab, und zieller Probleme der Stadt nicht mehr ziehen, da sich trotz langer Suche kein sicher. Eine Spielfeldabsenkung kommt IStadion be ndet, von der Farbenin- die alte Radrennbahn ver el zusehends. durchgeführt werden. Folglich musste Gaststättenpächter  nden ließ. nicht in Frage, denn „wenn wir mehr als dustrie im Tal als Müllkippe genutzt. Um sogar die Haupttribüne geschlossen wer- einen Meter tief graben, kommen wir in die Jahrhundertwende entstand dann auf Vom Radsport zum Fußball den. Eine provisorische Nottribüne für Umbau als neue Chance den kontaminierten Bereich“, wie Peter der Deponie ein einfacher Sportplatz, der 500 Zuschauer auf der Gegengeraden Stehkurve weit über dem Spielfeld Foto: S. Rittershaus Keller, Leiter des Stadtbetriebes Sport vom Sport- und Spielverein 04 Wupper- Anfang der 50er Jahre wurde der reichte schließlich auch für Drittligafuß- Architektonisch interessant ist das & Bäder, erläutert. Die Kosten für diese tal und später vom SC Sonnborn genutzt Fußball populärer, und der 1954 aus ei- ball in dieser Zeit. Zoo-Stadion gewiss. Doch für Fans, die Baumaßnahmen werden sich auf rund wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg emp- ner Fusion von SSV Wuppertal und der Inzwischen hatte die ehemals schnells- Wert auf gute Stimmung legen oder zu- eine Million Euro belaufen, die bereits fahl das „Reichsspielplatzgesetz“ eine TSG Vohwinkel gegründete Wupperta- te Zementbahn Europas zwar ihren histo- mindest nah am Spielfeld sein möchten, gesichert sind. Unter diesen Voraus- Sport äche von drei Quadratmetern pro ler SV vermochte nun in der ersten Liga rischen Tiefpunkt erreicht, dafür aber war zählt die Wuppertaler Sportstätte beilei- setzungen konnten Stadtrat, Sportaus- Einwohner. Die Stadt Elberfeld, heute (Oberliga West) bis zu 38.000 Zuschauer sie nun unter Denkmalschutz gestellt. Die be nicht zu den Top-Adressen. Von den schuss und Denkmalbehörde kein Veto der größte Stadtteil von Wuppertal, wies ins Stadion am Zoo zu locken. Zu die- Verantwortlichen spekulierten offensicht- jenseits der Lauf- und Radbahn gelege- einlegen, und so wird im Laufe des Jah- aber nur zwei Quadratmeter auf, und ser Zeit wohnten Spieler, die neu zum lich auf Zahlungen aus dem Topf für den nen unüberdachten Stehplatzkurven aus res 2006 aus dem alten Stadion am Zoo man handelte. Der Stadtbaurat Friedrich WSV wechselten, in den Zimmern über Denkmalschutz, doch für den geplanten erreichen Fangesänge nur bei günstigem ein fast reines Fußballstadion entstehen. Roth besorgte aus privaten Spenden rund der Stadiongaststätte beim damaligen Bau einer neuen 5.000 Zuschauer fassen- Wind das Spielfeld. Darunter leidet die In einem zweiten Bauabschnitt könn- eine Million Mark, um eine praktikable Inhaber Kremer. So auch der spätere Na- den Haupttribüne entstanden hierdurch Atmosphäre. So probierten die WSV- te anschließend für eine weitere Million Lösung zu  nden. Den Vorentwurf eines tionalspieler und Italienlegionär Horst Probleme. Die Schildwand der maroden Anhänger im Laufe der Jahre sämtliche auch noch die Gegengerade ausgebaut neuen Stadions entwickelten die Kölner Szymaniak. In den Bundesligajahren des Tribüne musste bei einem Umbau erhal- Kurven sowie die oberen Blöcke der werden. Im Gespräch ist außerdem eine Architekten Wilkens und Nußbaum, er WSV von 1972 bis 1975 kamen zu den ten bleiben, so forderte es der Denkmal- Haupttribüne und derzeit wieder den Überdachung des zukünftigen WSV-Fan- konnte für eine Gesamtsumme von zwei Spitzenspielen regelmäßig über 30.000 schutz. Olaf Allstedt von den Architek- Die Stadiongaststätte Foto: Stefan Rittershaus Stehplatzbereich auf der Gegengeraden blocks hinter dem Tor. Gemeinsam mit Millionen Mark umgesetzt werden. Im Zuschauer ins Stadion. Der damalige ten Schuster aus Düsseldorf erinnert sich: als Fankurve aus – aber kein Bereich er- der Stadt will der Wuppertaler SV nun Oktober 1924 war das Stadion nach sechs Erfolgstrainer Horst Buhtz erinnert sich: „Der Erhalt der Schildwand und die alte wies sich je als zufriedenstellend. auf die Suche nach weiteren Investoren Monaten Bauzeit fertig. Die Bauweise „Der Nachteil für meine Mannschaft war, Müllkippe stellten uns vor erheblichen Für den entscheidenden Impuls zur gehen, um aus der alten Radrennbahn mit integrierter Radrennbahn war im dass die Unterstützung von den Rängen Aufwand. Die alte Schildwand musste Weiterentwicklung des Stadions sorgte möglichst kostengünstig endgültig ein hohen lokalen Interesse am Rennsport aus fast einhundert Metern Entfernung zunächst aufwändig gestützt werden jüngst der marode Zustand der Gäste- stimmungsvolles Schmuckkästchen ent- begründet, der sich insbesondere in kam.“ Mit dem Abstieg der Rot-Blauen und anschließend noch neue Fundamen- kurve. Die dortigen Stehplätze müssten stehen zu lassen. „Vielleicht vermarktet weiten Teilen der Arbeiterschaft großer aus der Bundesliga setzte auch der Ver- te drunter gezogen bekommen.“ Für of- zur Saison 2006/07 für 600.000 Euro aus der WSV auch einzelne Tribünenblöcke Beliebtheit erfreute. Die Stadiongaststät- fall des Stadions ein. 1978 überlegte der  ziell 31,05 Millionen DM wurde sie in städtischen Mitteln saniert werden. Ein an Sponsoren, die Namensrechte für die- te, über einer der Kurven mit Blick auf Wuppertaler Stadtrat dann, aus dem den Jahren 1991 bis 1993 saniert und in  nanzieller Aufwand, der keine Auf- se Blöcke erwerben“, regt Peter Keller an. die Rennbahn und den Rasen thronend, weitläu gen Stadion eine reine Fußballa- ein neu geschaffenes Haupttribünenge- wertung des Stadions zur Folge hätte. Dem Wunsch der Fans nach Stehplätzen war sicherlich eine der ersten „VIP-Tri- rena zu bauen. Der Fall des Wuppertaler bäude integriert. 5.000 überdachte Sitz- Das Gebäudemanagement der Stadt jedenfalls kommt man allein schon aus bünen“ in Deutschland. Elberfeld durf- SV in die Drittklassigkeit setzte dem Pro- plätze konnten somit geschaffen werden, Wuppertal um Dr. Hans-Uwe Flunkert Kostengründen gerne nach. te sich zu jener Zeit über die schnellste jekt aber ein Ende. In den achtziger Jahren inklusive eines VIP-Raumes für etwa 300 regte daraufhin an, direkt hinter beiden Die Vorfreude auf die neue Saison und Zementbahn Europas, wenn nicht sogar erlebte das Stadion am Zoo seine bitters- Gäste. Schade nur, dass der Wupperta- Toren in einem ersten Bauabschnitt zwei das modernisierte Stadion ist in Wupper- der ganzen Welt, freuen. Besucherzahlen te Epoche. Die Zuschauerzahlen waren ler SV mit der Fertigstellung der neuen neue jeweils 6.700 Zuschauer fassende tal jetzt schon riesig.���Karsten Werksnies/ von bis zu 40.000 waren keine Seltenheit. ohnehin nicht der Rede wert, und Reno- Haupttribüne nach zwei Jahren Zweitli- Fassade unter Denkmalschutz Foto: Kieler Kumpelz Stehplatztribünen zu errichten. Die alte Stefan Remscheid

112 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 113

s112-113_Stadion-Wuppertal.indd 112 26.03.2006 18:34:16 s112-113_Stadion-Wuppertal.indd 113 26.03.2006 18:34:37 Stadion-News

Foto: Claude Rapp Arena-Allianz in Nöten Das Stadionbündnis mit den Bayern gerät durch Finanzsorgen des TSV 1860 in Gefahr.

ass das Amt, das der Löwen- nicht nur, dass den Verein Schulden und Bayern-Manager Uli Hoeneß gelobte gar, präsident Karl Auer von seinem Verp ichtungen aus Wildmosers Ägide für den Aufstieg der Löwen „täglich eine DVorgänger Karl-Heinz Wildmo- in unbekannter Höhe belasten, auch die Kerze anzünden“ zu wollen. Denn die ser übernommen hatte, kein angenehmes Vermarktung der Business-Seats erwies Schicksale der beiden so unterschiedli- sein würde, hatte sich schon länger ab- sich bislang als Fiasko und Minusge- chen Vereine sind auf äußerst ungesunde gezeichnet. Selbst Uli Hoeneß, Manager schäft in Millionenhöhe. Art und Weise miteinander ver ochten. des Stadionpartners FC Bayern, ortete Hintergrund ist eine noch unter Wild- Bislang, so Hoeneß, pro tiere der FC die Wurzel des Löwen-Übels in der Ver- moser getätigte Zusage: Unabhängig von Bayern von der gemeinsam  nanzierten gangenheit: Auer sei ein seriöser, korrek- der Ligazugehörigkeit werde der Verein Allianz Arena. Sollte der Juniorpartner ter Geschäftsmann, doch „Altlasten“ aus für die teuren Sitze jährlich eine Garan- jedoch wegen Liquiditätsproblemen aus- der „Wildmoser-Ära“ machten ihm das tiesumme in Höhe von 3 Millionen Euro fallen, werde sich das umkehren. Dann Leben schwer. Wie schwer, zeigte sich an die Allianz Arena GmbH überweisen. wäre das Superstadion ein millionen- Mitte März, als Auer wegen Herzpro- Da die Prognosen für diese Saison jedoch schwerer Klotz am Bein. blemen als Löwen-Präsident zurücktrat: nur Einnahmen von geschätzten 500.000 So weit dürfe es nicht kommen, zur Die Ärzte hatten ihm unbedingt weniger Euro erwarten lassen, wird der TSV rund Not, räumt der Bayern-Manager ein, Aufregung verordnet – für einen Löwen- 2,5 Millionen anderweitig auftreiben müsse sein Verein den Löwen wirtschaft- Präsidenten dieser Tage ein unerfüllbarer müssen. lich unter die Arme greifen. Denkbar wä- Vorsatz. Unklar ist, inwieweit den Vermarkter ren neben neuen Krediten auch Nachver- Dass die  nanzielle Situation des Ver- IMG, der sich um den Absatz der teuren handlungen, mit denen die Fixkosten des eins aber schon vor Ablauf der ersten Sai- Tickets kümmert, eine Teilschuld trifft. TSV 1860 gesenkt werden könnten. Das son in der neuen Allianz Arena für Tur- Für Christian Pirzer, Geschäftsführer von allerdings würde entweder die Abzah- bulenzen und öffentliche Diskussionen IMG Deutschland, liegt der Fehler beim lung des Stadions verzögern – oder die sorgen würde, war nicht zu erwarten: Verein. Neben der von vornherein un- Bayern müssten die Finanzierungslöcher Als „Goldgrube“ für die Löwen war das realistischen Kalkulation stelle auch die ihrerseits durch eine umfangreichere Til- neue Stadion dargestellt worden, in der großzügige Freikartenpraxis des TSV ein gung stopfen. Praxis sorgt es für einen Schuldenberg. Problem dar. Durchschnittlich etwa 400 Und hierin sehen viele Anhänger der Obwohl der Verein bislang mit über Karten für den noblen Business-Club soll Löwen die größte Gefahr. Denn wenn- 40.000 Zuschauern pro Partie (Stand: 22. der Verein pro Spiel verschenkt haben, gleich Uli Hoeneß immer wieder betont, März) den höchsten Schnitt seiner Ge- damit sei ein Drittel der Gäste in diesem dass die Stadiongemeinschaft nur bei schichte verzeichnen kann, wird er die Bereich kostenlos im Stadion. Wie, so die einer 50:50 Aufteilung der Besitzverhält- Saison voraussichtlich mit einem die Exis- IMG-Argumentation, solle man da die nisse funktioniere, fürchten viele Sechz- tenz bedrohenden Minus abschließen. anderen zwei Drittel zum Kartenkauf ger, dass der FC Bayern sukzessive Sta- Schon jetzt ist der TSV mit Zahlungen an motivieren? dionanteile des TSV übernehmen könnte die Allianz Arena GmbH im Rückstand, Die klammen Löwen stellen auch die – und am Ende die Löwen möglicherwei- und bei einer weiteren Zweitligasaison Zweckgemeinschaft mit dem ehemaligen se gar als Mieter im Bayern-Stadion auf- kann er kaum auf Besserung hoffen. Denn Rivalen FC Bayern auf eine harte Probe: laufen müssten.���Matthias Ney

114 Stadionwelt April/Mai 2006

114_AllianzArena.indd 114 26.03.2006 18:54:28 Stadion-News Stadion-News

Mönchengladbach, 7. März 2006 Foto: gone-but-not-forgotten.de Modell der neuen Haupttribüne Grafi k: Arminia Bielefeld Mönchengladbach Bielefeld Bökelberg blieb standhaft Neue Haupttribüne vorgestellt

Das berühmte Mönchengladba- lich nicht ausgereicht, um sie zu Eine letzte Hürde steht dem ter hohen Lärmschutzwand wäre. cher Bökelberg-Stadion ist end- Fall zu bringen und auf das ehe- Endausbau der Bielefelder Schü- Innerhalb von fünf Monaten soll gültig Geschichte. malige Spielfeld sacken zu las- coArena auf 28.344 Plätze (der- für etwa 11 Millionen Euro ein Am 7. März zündete eine Spreng- sen. Auch die Dachkonstruktion, zeit 26.601) noch im Weg. Doch zweirangige Tribüne mit 6.700 fi rma aus Magdeburg insgesamt die über Stahlseile an den Ma- sofern die Arminia in den nächs- Sitzplätzen entstehen. Nicht nur rund 80 Kilogramm Sprengstoff, sten fi xiert war, hing noch trotzig ten Wochen mit den Anwohnern durch das verbesserte Angebot Foto: Claude Rapp die sie zuvor auf 125 eigens in über den Resten der Tribüne. im Osten des Areals Einigkeit an komfortablen Sitzplätzen und die Fundamente gebohrte Lö- Erst durch den Einsatz eines erzielt, kann bereits in der Som- VIP-Bereichen möchte die Arminia cher verteilt hatte. Pressluftbaggers gelang es, die merpause 2006 mit dem Ausbau die Kosten amortisieren, bis zu elf Arena-Allianz in Nöten Während die Haupttribüne nach Masten und die Dachkonstrukti- der bisherigen Gegengerade zur Firmen können zusätzlich Bürofl ä- der Explosion wie geplant in on zu Fall zu bringen. neuen Haupttribüne begonnen chen direkt im Stadion erwerben. Das Stadionbündnis mit den Bayern gerät durch Finanzsorgen des TSV 1860 in Gefahr. Trümmern lag, hinterließen die Nach Abschluss der Aufräum- werden. Den Gesprächen mit den Der Clou: „SKY Offi ces“ direkt un- Flutlichtmasten zu ihren Seiten arbeiten wird an der Stelle des Nachbarn blickt der Verein optimis- ter dem Dach mit Fensterfronten ass das Amt, das der Löwen- nicht nur, dass den Verein Schulden und Bayern-Manager Uli Hoeneß gelobte gar, einen „bleibenden Eindruck“: ehemaligen Stadions ein Wohn- tisch entgegen, da die einzige sowohl in Richtung Spielfeld als präsident Karl Auer von seinem Verp ichtungen aus Wildmosers Ägide für den Aufstieg der Löwen „täglich eine Die Sprengladungen offensicht- gebiet entstehen. Alternative der Bau einer 22 Me- auch zur Stadt. DVorgänger Karl-Heinz Wildmo- in unbekannter Höhe belasten, auch die Kerze anzünden“ zu wollen. Denn die Anzeige ser übernommen hatte, kein angenehmes Vermarktung der Business-Seats erwies Schicksale der beiden so unterschiedli- Karlsruhe sein würde, hatte sich schon länger ab- sich bislang als Fiasko und Minusge- chen Vereine sind auf äußerst ungesunde Heidelberg gezeichnet. Selbst Uli Hoeneß, Manager schäft in Millionenhöhe. Art und Weise miteinander ver ochten. Wildparkstadion Grundstück des Stadionpartners FC Bayern, ortete Hintergrund ist eine noch unter Wild- Bislang, so Hoeneß, pro tiere der FC wird runderneuert die Wurzel des Löwen-Übels in der Ver- moser getätigte Zusage: Unabhängig von Bayern von der gemeinsam  nanzierten gefunden gangenheit: Auer sei ein seriöser, korrek- der Ligazugehörigkeit werde der Verein Allianz Arena. Sollte der Juniorpartner ter Geschäftsmann, doch „Altlasten“ aus für die teuren Sitze jährlich eine Garan- jedoch wegen Liquiditätsproblemen aus- Die Stadt Karlsruhe hat ihre Das Stadion des noch zu grün- der „Wildmoser-Ära“ machten ihm das tiesumme in Höhe von 3 Millionen Euro fallen, werde sich das umkehren. Dann Bereitschaft zum Umbau des denden Fusionsvereins FCH Leben schwer. Wie schwer, zeigte sich an die Allianz Arena GmbH überweisen. wäre das Superstadion ein millionen- Wildpark-Stadions in eine reine Heidelberg 06 soll auf einem Fußballarena erklärt. Nach der Areal in der Nähe der Autobahn- Mitte März, als Auer wegen Herzpro- Da die Prognosen für diese Saison jedoch schwerer Klotz am Bein. Überprüfung von insgesamt sie- ausfahrt Heidelberg-Schwetzin- Everything you wanted to know about venue blemen als Löwen-Präsident zurücktrat: nur Einnahmen von geschätzten 500.000 So weit dürfe es nicht kommen, zur ben Standorten hat man sich für gen entstehen. operations, design and management Die Ärzte hatten ihm unbedingt weniger Euro erwarten lassen, wird der TSV rund Not, räumt der Bayern-Manager ein, den Verbleib im Wildpark und den Mit diesem von der Stadt Hei- Aufregung verordnet – für einen Löwen- 2,5 Millionen anderweitig auftreiben müsse sein Verein den Löwen wirtschaft- Umbau des bisherigen Stadions delberg und dem Multimilliardär ...and the people to ask Präsidenten dieser Tage ein unerfüllbarer müssen. lich unter die Arme greifen. Denkbar wä- entschieden. Für etwa 55 bis 60 und Sportmäzen Dietmar Hopp Vorsatz. Unklar ist, inwieweit den Vermarkter ren neben neuen Krediten auch Nachver- Millionen Euro – fi nanziert durch gemeinsam gefassten Be- Dass die  nanzielle Situation des Ver- IMG, der sich um den Absatz der teuren handlungen, mit denen die Fixkosten des einen Bankkredit – sollen drei schluss endet die Monate wäh- eins aber schon vor Ablauf der ersten Sai- Tickets kümmert, eine Teilschuld trifft. TSV 1860 gesenkt werden könnten. Das Viertel des Stadions abgerissen rende Suche nach einem ge- und direkt am Spielfeld neu auf- eigneten Grundstück im engen Jay Cross President, New York Jets, USA • Ray Anderson Chairman, Interface, Inc. • Sean Colbert National Technical son in der neuen Allianz Arena für Tur- Für Christian Pirzer, Geschäftsführer von allerdings würde entweder die Abzah- Manager,Technical Surfaces, UK • Dr Andree-Anne Couillard Global Turf Technical Manager, Syngenta Crop Protection gebaut werden. Nur die erst 1993 und dicht bebauten Neckartal. bulenzen und öffentliche Diskussionen IMG Deutschland, liegt der Fehler beim lung des Stadions verzögern – oder die AG, Switzerland • Steve Duckworth AMI Consulting, Belgium • Sean Goodwin Co-Director, Talbot Sports Turf errichtete Haupttribüne soll wei- Als Vorbild des neuen Stadions Installation, UK • Chris Hague Head of Grounds, Parken National Stadium, Denmark • Frans Harmeling R&D Director, sorgen würde, war nicht zu erwarten: Verein. Neben der von vornherein un- Bayern müssten die Finanzierungslöcher Bonar Grass Yarns, UK • Jeroen van Meel, Magnum Projects, The • Kolbjørn Sæther, Chairman of terhin erhalten bleiben. Anfang gilt das Rostocker Ostseestadi- the Board/Inventor, Mobile Lighting Rig AS, Norway • Hugo de Vries Director, GreenFields, The Netherlands • Tomas Als „Goldgrube“ für die Löwen war das realistischen Kalkulation stelle auch die ihrerseits durch eine umfangreichere Til- 2007 kann mit dem vermutlich on. Auch in Nordbaden sollen Vydra, Sales Manager (Eastern Europe), Domo Sport and Leisure Grass, Czech Republic • Dr.-Ing. Volker Benz Project neue Stadion dargestellt worden, in der großzügige Freikartenpraxis des TSV ein gung stopfen. etwa zwei Jahre dauernden Um- etwa 30.000 Zuschauer in ei- Engineer, Bayer Sheet Europe GmbH, • Ignacio Canfrán, Consulting Services Manager, Ungerboeck Systems International, Germany • William J Caruso, FFCSI, ISHC President, William Caruso & Associates, Inc, USA • Daniel Praxis sorgt es für einen Schuldenberg. Problem dar. Durchschnittlich etwa 400 Und hierin sehen viele Anhänger der bau bei laufendem Spielbetrieb nem einrangigen Geviert Platz Cordey, Managing Director, NüssliGroup, Switzerland • Jim Fisher President of IdeaStar Inc. USA • Phillip Harris, Obwohl der Verein bislang mit über Karten für den noblen Business-Club soll Löwen die größte Gefahr. Denn wenn- begonnen werden. fi nden. General Manager, Deko, UK - and Paradiso Usberti, Project Manager, Deko, Italy • Richard Harpum Chief Executive, 40.000 Zuschauern pro Partie (Stand: 22. der Verein pro Spiel verschenkt haben, gleich Uli Hoeneß immer wieder betont, Hopp will nicht nur die 40 Millio- Inditherm plc, UK • Robert Heimbach, Gala Systems, Canada • Hannu Helkiö Director Sports and Venues, Evata Finland Oy, Finland • Geoff Huckstep Chief Executive, National Ice Centre & Nottingham Arena, UK • Mark Mansfield März) den höchsten Schnitt seiner Ge- damit sei ein Drittel der Gäste in diesem dass die Stadiongemeinschaft nur bei nen Euro Baukosten überneh- Corsair Display Systems, USA • Lee W. Slade, P.E. Senior Principal, Walter P. Moore & Associates, USA • Tim Stollznow schichte verzeichnen kann, wird er die Bereich kostenlos im Stadion. Wie, so die einer 50:50 Aufteilung der Besitzverhält- men, sondern sich auch an der General Manager, Quest Retail Technology, • Professor Architect Tomás Taveira Principal, Tomás Taveira Finanzierung der städtischen Associates, Portugal • Andrew Williams Managing Director, Franklin + Andrews, UK • Steve Williams National Saison voraussichtlich mit einem die Exis- IMG-Argumentation, solle man da die nisse funktioniere, fürchten viele Sechz- Facilities Manager, The English Football Association, UK • Mario Zambas Head of IT, Norwich City FC, UK • George Infrastrukturmaßnahmen betei- tenz bedrohenden Minus abschließen. anderen zwei Drittel zum Kartenkauf ger, dass der FC Bayern sukzessive Sta- Cullen Managing Director, Stadiacard and Frank Roebuck Business Development Manager, Stadiacard, UK • Steve ligen. Schon Ende 2006 könnte Cameron, Correspondent/Contributing Editor, Stadia magazine, UK • Michael Siebold, Founding Partner, Arnecke Schon jetzt ist der TSV mit Zahlungen an motivieren? dionanteile des TSV übernehmen könnte der Spatenstich erfolgen, damit Siebold, Germany • Oliver Butler, Sport+Markt, UK • Ian Nuttall, Founder/Managing Editor, Stadia/Auditoria, UK • die Allianz Arena GmbH im Rückstand, Die klammen Löwen stellen auch die – und am Ende die Löwen möglicherwei- wäre das Stadion im Sommer John F Willmott Chairman, The Willmott Boddington Partnership, UK und bei einer weiteren Zweitligasaison Zweckgemeinschaft mit dem ehemaligen se gar als Mieter im Bayern-Stadion auf- 2008 bezugsfertig. STADIUM AND ARENA DESIGN • TICKETING • OPERATION SYSTEMS • REVENUE GENERATION • kann er kaum auf Besserung hoffen. Denn Rivalen FC Bayern auf eine harte Probe: laufen müssten.���Matthias Ney Die Haupttribüne Foto: Stadionwelt MARKETING • ROOFING • THEATRE SYSTEMS • SEATING • TURF MAINTAINENCE • ARTIFICIAL TURF • FOOD & BEVERAGE • RETAIL SYSTEMS • FINANCIAL PLANNING • 114 Stadionwelt April/Mai 2006 Stadionwelt April/Mai 2006 TO HEAR ALL THESE SPEAKERS AND MORE115 REGISTER FREE AT www.venueexpo.com

114_AllianzArena.indd 114 26.03.2006 18:54:28 s115_Stadionnews.indd 115 26.03.2006 23:52:54 Stadionwelten Afrika-Cup 2006

ALEXANDRIA PORT SAID Die Stadien ISMAILIA KAIRO Das Land Der Afrika-Cup Ägypten erstreckt sich über eine Fläche Mit dem Triumph beim 25. Africa Cup of Na- von knapp über einer Mio. Quadratkilome- tions 2006 feierte Gastgeber Ägypten den ter, der Anteil der Wüste beläuft sich auf fünften kontinentalen Titelgewinn, ist somit gut 95 %. Ein Viertel der mehr als 61 Mio. alleiniger Rekord-Champion. Der CAN wurde Einwohner lebt in der Hauptstadt Kairo. erstmalig 1957 im Sudan ausgespielt und In der ersten Liga spielen 14 Vereine. seit 1968 alle zwei Jahre ausgetragen.

� Cairo International Stadium, Kairo Verein: Nationalstadion Kapazität: 74.100 Plätze Eröffnung: 1960 Vorrundenspiele: Ägypten – Libyen (3:0) Marokko – Elfenbeinküste (0:1) Libyen – Elfenbeinküste (1:2) Ägypten – Marokko (0:0) Ägypten – Elfenbeinküste (3:1) Angola – Togo (3:2) Viertelfi nale: Markus Linke (6), Henryk Hoschkara (1), Sören Clauß (1), www.egypt2006.com (1) www.egypt2006.com Clauß (1), HenrykSören Markus Linke (6), Hoschkara (1), Karte: • Fotos: www.lib.utexas.edu/maps Ägypten – Kongo (4:1) Halbfi nale: Senegal – Ägypten (1:2)

Finale: Elfenbeinküste – Ägypten (2:4 n.E.)

Eröffnungs- und Abschlussfeier � Military Academy Stadium, Kairo Verein: Al-Jaish Kapazität: 28.500 Plätze · Eröffnung: 1989 Vorrundenspiele: Kamerun – Angola (3:0), Togo – Kongo (0:2), Angola – Kongo (0:0), Kamerun – Togo (2:0), Libyen – Marokko (0:0), Kamerun – Kongo (2:0) · Viertelfi nale: Kame- run – Elfenbeinküste (12:13 n.E.) Spiel um Platz 3: Nigeria – Senegal (1:0)

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116-117_afrika-cup.indd 116 26.03.2006 18:45:11 Stadionwelten Stadionwelten

� Afrika-Cup 2006 Port Said Stadium, Port Said Verein: Al-Masry Kapazität: 24.060 Plätze · Eröffnung: 1954 ALEXANDRIA PORT SAID Vorrundenspiele: Nigeria – Ghana (1:0), Die Stadien ISMAILIA KAIRO Simbabwe – Senegal (0:2), Ghana – Senegal (1:0), Nigeria – Simbabwe (2:0), Das Land Der Afrika-Cup Nigeria – Senegal (2:1) Ägypten erstreckt sich über eine Fläche Mit dem Triumph beim 25. Africa Cup of Na- Viertelfi nale: Nigeria – Tunesien (7:6 n.E.) von knapp über einer Mio. Quadratkilome- tions 2006 feierte Gastgeber Ägypten den ter, der Anteil der Wüste beläuft sich auf fünften kontinentalen Titelgewinn, ist somit gut 95 %. Ein Viertel der mehr als 61 Mio. alleiniger Rekord-Champion. Der CAN wurde Einwohner lebt in der Hauptstadt Kairo. erstmalig 1957 im Sudan ausgespielt und In der ersten Liga spielen 14 Vereine. seit 1968 alle zwei Jahre ausgetragen.

� Cairo International Stadium, Kairo � Ismailia Stadium, Ismailia Verein: Nationalstadion Verein: Ismaili Club · Kapazität: 16.606 Plätze · Vorrundenspiel: Ghana – Simbabwe (1:2) Kapazität: 74.100 Plätze Eröffnung: 1960 Vorrundenspiele: Ägypten – Libyen (3:0) Marokko – Elfenbeinküste (0:1) Libyen – Elfenbeinküste (1:2) Ägypten – Marokko (0:0) Ägypten – Elfenbeinküste (3:1) Angola – Togo (3:2) Viertelfi nale: Markus Linke (6), Henryk Hoschkara (1), Sören Clauß (1), www.egypt2006.com (1) www.egypt2006.com Clauß (1), HenrykSören Markus Linke (6), Hoschkara (1), Karte: • Fotos: www.lib.utexas.edu/maps Ägypten – Kongo (4:1) Halbfi nale: Senegal – Ägypten (1:2)

Finale: Elfenbeinküste – Ägypten (2:4 n.E.)

Eröffnungs- und Abschlussfeier � Alexandria Stadium, Alexandria � Vereine: Al-Itihad Al-Sakandary; Korum Co · Kapazität: 19.676 Plätze · Eröffnung: 1929 · Vorrundenspiel: Sambia – Südafrika (1:0) Military Academy Stadium, Kairo Verein: Al-Jaish Kapazität: 28.500 Plätze · Eröffnung: 1989 Vorrundenspiele: Kamerun – Angola (3:0), Togo – Kongo (0:2), Angola – Kongo (0:0), Kamerun – Togo (2:0), Libyen – Marokko (0:0), Kamerun – Kongo (2:0) · Viertelfi nale: Kame- run – Elfenbeinküste (12:13 n.E.) Spiel um Platz 3: Nigeria – Senegal (1:0)

� Haras El-Hedoud/Border Guard Stadium, Alexandria Verein: Sawahel Haras El-Hedoud · Kapazität: 22.000 Plätze Vorrundenspiele: Tunesien – Sambia (4:1), Südafrika – Guinea (0:2), Sambia – Guinea (1:2), Tunesien – Südafrika (2:0), Tunesien – Guinea (0:3) · Viertelfi nale: Guinea – Senegal (2:3) · Halbfi nale: Nigeria – Elfenbeinküste (0:1)

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116-117_afrika-cup.indd 116 26.03.2006 18:45:11 116-117_afrika-cup.indd 117 26.03.2006 18:45:59 Südafrika – Neuseeland: Beim Rugby-Klassiker bleiben im Absa Stadium keine Plätze frei. Steiles Stadion am Strand Am Absa Stadium in Durban, Südafrika, geht die WM 2010 vorbei.

ährend in Deutschland die letz- wachsenden Städte und  nden sich jetzt in die östliche Flanke wurde betoniert, sodass ten Vorbereitungen für die WM deren Zentren wieder, wie die in Johannes- hier 5.000 Menschen Platz fanden. 1955 Wim Sommer laufen, werden in burg (Ellis Park), Cape Town (Newlands) wurde die Haupttribüne im Westen fertig Südafrika jetzt die Umbauarbeiten an den – und eben hier in Durban. gestellt, sie reichte über zwei Drittel der Stadien, in denen das WM-Turnier im Jah- Der Sportbezirk Kings Park bietet eine Seitenlinie und bot 3.500 Sitzplätze. 1958 re 2010 – dem ersten, das auf dem afrikani- beeindruckende Bandbreite an Einrich- weihte Danie Craven, damals Präsident schen Kontinent statt ndet –, in die Wege tungen mit jeweils eigenen Stadien für des South African Rugby Board, das Sta- geleitet. In der von Südafrika ursprünglich Fußball, Rugby, und Leichtath- dion vor 12.000 Anwesenden ein. Noch im bei der FIFA eingereichten Bewerbung letik sowie ferner ein Schwimmzentrum, selben Jahr begannen die Arbeiten an der wurde das Absa Stadium in Durban als ein Radstadion, ein Reitsportzentrum und Erweiterung des östlichen Damms rund Spielort für die Halb nals empfohlen. Als eine Golfbahn. Während der Großteil die- um das Stadion und damit dessen Kapazi- Heimstatt des Rugby-Union-Teams Natal ser Sportstätten immer noch bei der Kom- tät um über das Doppelte auf 25.000. Sharks bildet das Stadion das Kernstück mune von eThekwini in öffentlicher Hand Aber die Anlage war trotz dieser Maß- des Sportkomplexes Kings Park. liegt, ist das Absa Stadium an die Natal nahmen nach wie vor regelmäßig über- Die „Sports Precincts“, ganze Bezirke, Sharks verpachtet, die es auch betreiben. füllt. So begann 1960 eine neue Phase der größere Versionen von Sportparks, die Nur einen Kilometer von den Stränden Ausbauten mit Rängen im Norden, Süden einige der großen deutschen Stadien um- des Indischen Ozens entfernt, dominieren und Osten. Für große internationale Test- geben, sind in den Metropolen Südafrikas die sich hoch auftürmenden Tribünen des spiele installierte man zusätzlich tempo- ein geläu ges Konzept. Staatlich  nan- vom Club über die Jahre erheblich ausge- räre Tribünen neben der großen Westtri- ziert, entstanden sie während der 1950er bauten Stadions die Skyline der Stadt. büne, womit sich die Kapazität auf 44.000 Jahre, als ein Sport- und Erholungsboom Das Bauland, ursprünglich eine land- erhöhte. 1984 begannen nach dem Abriss zum Bau vieler neuer Einrichtungen in wirtschaftliche Ausstellungs äche, erwarb der alten die Arbeiten am Bau der riesigen, den Vororten führte. Im Laufe der Jahre die Natal im Jahr 1953. Um freitragenden neuen Westtribüne. In diese gerieten viele von ihnen in den Griff der das Spielfeld schüttete man Erdwälle auf; wurden neue Büros für die Verwaltung,

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lenge Cups wurden hier ausgetragen – die Orlando Pirates aus Johannesburg schlu- gen ihre Nachbarn, die Kaizer Chiefs, vor einer aufgewühlten Zuschauerkulisse.

Durban will mehr

Weil Durban für ein Halb nale bei der WM 2010 avisiert war, hätten eigent- lich bald Arbeiten starten sollen, um die Kapazität des Absa auf über 60.000 zu bringen. Aber am 13. Febru- ar 2006 gab der Stadtrat von eThekwini überraschend bekannt, dass das alte Sta- dion aus der Agenda gestrichen worden sei und stattdessen ein brandneues Stadi- on gegenüber auf dem Gelände des der- zeitigen Kings Park Soccer and Athletics Stadiums entstehen solle. Der Rat ist der Ansicht, dass, um Durban auf den Weg für eine mögliche Olympiabewerbung in der Zukunft zu bringen, mit dem Sta- dion ein Zeichen gesetzt werden muss. Mit einem Neubau, der sowohl für die Leichtathletik wie auch die Fußball-WM geeignet ist, soll der Kings Park dann auch zum führenden Sportkomplex des Landes aufgerüstet werden. In der derzeitigen Projektphase geht man von einer Stätte mit 70.000er Kapa- zität aus, die aus zwei Elementen besteht: einem Stadion, das permanent 45.000 Sitze bietet, zuzüglich eines temporä- ren Oberranges mit 25.000 Plätzen, der Foto: Giles Ridley nach dem Turnier zurückgebaut werden kann. Für die Fußballnutzung werden Umkleiden, Medieneinrichtungen und Logen, deren Gesamtzahl damit auf sage Teleskop-Tribünen ähnlich denen im die ersten Suiten des Stadions integriert: und schreibe 350 stieg. Auch errichtete Stade de Frande installiert, und bei einer insgesamt 84 auf zwei Ebenen mit – stim- man einen Großbildschirm über der Nord- erfolgreichen Olympiabewerbung soll es mungsfördernden – Sitzreihen auf der Tri- tribüne. Dieser kann übrigens auch für auf eine Kapazität von 100.000 erweiter- büne. Diese Neuerung erwies sich als Rie- das angrenzende Cricket-Stadion genutzt bar sein. Die endgültigen Pläne will man senerfolg, also wurde 1989 ein Block mit werden. im Mai bekannt geben, während der Bau- Logen in der Ecke Süd-West hinzugefügt, Der Umbau des Absa Stadiums über beginn für November vorgesehen ist. Im ein Jahr später gefolgt von einem weiteren die Jahre wurde ausschließlich über vom Dezember 2008 wäre das rund 212 Mil- in der Ecke Nord-West. Rugby-Club generierte Einnahmen  - lionen Euro teure Stadion fertig. Obwohl jetzt 125 Suiten zur Verfügung nanziert – unter Mithilfe des Stadtrates, Im bestehenden, gegenüber dem Absa standen, überstieg die Nachfrage das An- der seit 1960 für alle Darlehen bürgte. Stadium gelegenen Soccer and Athletics gebot. Also begannen im Dezember 1992 Diese Entwicklung brachte mit sich, dass Stadium spielt der Fußball-Erstligist Gol- die Arbeiten an zusätzlichen Logen auf al- die Stadionchefs steigenden Umsatz aus den Arrows. Die hinter der Laufbahn weit len vier Seiten des Stadions. Der Oberrang neuen Quellen verzeichnen konnten, und vom Spielfeld entfernten Tribünen, drei der immer noch neuen Westtribüne bekam 1999 wurde die Vergabe des Stadionna- von ihnen sind überdacht, bieten 18.000 45, während in den gänzlich neu eingefüg- mens über fünf Jahre an Absa, Südafrikas Zuschauern Platz. Die vier hohen, giraf- ten Unterrängen der anderen Tribünen größte Bank, verkündet. Dieser Deal gilt fenartigen Flutlichtmasten sind bei � 170 Logen auf zwei Ebenen entstanden. nur für das Hauptstadion und be ndet Weg auf den Oberrang Foto: Paul Haines Sie erwiesen sich vom Start weg als außer- sich derzeit in wiederum fünf Jahre wäh- ordentlich beliebt; nur wenige Meter vom render Verlängerung. Platz entfernt, boten sie eine Nähe zum Auch hat das Stadionmanagement das Spielgeschehen, die ihresgleichen suchte. Spektrum an Veranstaltungen erweitert, 1995 war Südafrika Gastgeber der Fi- wobei Fußball immer mehr zur Geltung nals des , und das Stadi- kommt. Im Kings Park fand 1992 der al- on im Kings Park als Halb nalschauplatz lererste internationale Auftritt der „Bafa- erfuhr einige weitere Verbesserungen. Die na Bafana“ (so nennt man hier die Natio- größte Änderung bedeutete hierbei ein nalmannschaft) statt, Südafrika besiegte neuer überdachter Oberrang der Osttri- Kamerun 1:0. Seitdem gab es acht weitere büne, der die Kapazität auf 52.000 erhöh- Länderspiele im Stadion. Auch die Finals te. Unter diesem entstanden wiederum des heimischen African Vodacom Chal-

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Die Tribünen im Osten und Westen des Stadions erheben sich eindrucksvoll über ihre Umgebung. Foto: Ansgar Spiertz

weitem das auffälligste Merkmal des Sta- übernehmen. Da sich Durban über das eigener Art hervorbringt. In der Tat  ndet dions – wenngleich selbst diese neben dem ganze Jahr eines warmen Klimas erfreut, man im ganzen Stadion keine Anzeichen dominanten Nachbarbau zwergenhaft er- genießt die Mehrzahl der Fans dann auch von Zäunen oder Trennvorrichtungen, scheinen. bis in den Abend große Barbecue-Feste. und die Fans können aktuell Tickets für Ob man sich dem Absa Stadium von jeden beliebigen Bereich kaufen. Nur bei dort, vom Strand oder von den Bahn- Kurve für Kinder Fußballspielen, wen wundert es, unterliegt trassen zur Stadt aus nähert – man muss diese Regelung der Überprüfung. einfach beeindruckt sein von den schieren Im Innenraum, auf Spielfeldhöhe, mu- Auf dem Weg zur neueren Osttribüne Dimensionen und der Höhe der Ost- und tet das Absa Stadium zunächst an wie bieten die Zugangsrampen einen perfek- West-Tribüne. Umso mehr dem Gebilde jedes größere Stadion in Europa – groß, ten Blick auf den Strand. Arbeitet man ein Anstrich fehlt, lässt der kahle Beton komplett bestuhlt und relativ modern. sich ganz nach oben auf Ebene sechs und die nackte, reine Struktur des Fertigteil- Auf den zweiten Blick offenbaren sich betritt den Oberrang, präsentiert sich das baus hervortreten. Sechs spiralartig ge- aber Feinheiten, die es unterscheiden. Am Stadion mit einem Mal als einförmiges wundene Zugangsrampen tragen ihren auffälligsten ist die Anzahl der Logen in Meer blassgrüner Sitze. Hier spürt man Teil zur Kurven- und Winkel-Orgie der allen Tribünen. Die meisten verstecken die Schwindel erregende Höhe der Osttri- Außenansicht bei. sich in den hinteren Tribünenbereichen, büne und ihre unglaubliche Steilheit; die Schaut man sich um, sollte man mei- aber neben der Haupttribüne im Westen Geländer, die die Zuschauer daran hin- nen, das Absa Stadium leide an chroni- be nden sich die zwei merkwürdigen ku- dern, vornüber zu fallen, sind spätestens scher Parkplatznot. Aber an Spieltagen chenstückartig eingefügten Eckbereiche beim Torjubel ganz bestimmt unverzicht- zeigen sich die Vorteile dieser Art von mit Suiten. Jeder hat vier Ebenen – unter bar. Der Blick zur Linken ist frei auf das Sportarealen. Neun der um das Stadion einem kleinen Dach, das im Vergleich zu Fußballstadion, das demnächst dem neu- gelegenen Trainingsplätze dienen dann denen der großen Tribünen einigermaßen en WM-Stadion weicht. als Stell ächen; insgesamt sind es zu- unbeholfen wirkt. Bei genauerem Hinschauen fällt der züglich der zu den anderen Sportstät- In den meisten Stadien bringt man die Blick im Absa Stadium schnell auf ver- ten gehörenden Parkplätze 7.000. Die Hintertortribünen mit dem harten Kern blasste Sitzschalen, rostende Metalltei- Sportplätze hinter der Osttribüne, ge- der Heim- und Auswärtsfans in Verbin- le und bröckelndes Zement, während nannt „Outer eld Area“, wandeln sich dung. Aber im Absa Stadium trifft genau verstaubte, brachliegende Logen neuer nach den Spielen zur Party-Zone. Auf das Gegenteil zu. Hinter jedem Tor be n- Kunden harren. Da ein nagelneues Sta- einer Bühne („The Shark Tank“) gibt es det sich ein  acher betonierter Bereich mit dion nur ein paar Meter entfernt auf sei- Interview-Runden mit Spielern, die an- sieben Reihen von Holzbänken, bekannt nen Auftritt wartet, dürften die Tage des schließend signierte Bälle in die Menge als „Dugout“, der für Schulkinder von 4 bis Absa Stadiums als führende Sportstätte schießen, bevor Live-Bands die Bühne 18 reserviert ist und eine Atmosphäre ganz in Durban gezählt sein.���Paul Haines

Kings Park Soccer Stadium: Diese Anlage wird dem neuen WM-Stadion weichen. Fotos: Paul Haines

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Logenturm in der Südwestecke Foto: Paul Haines Die Osttribüne: atemberaubend steil und hoch Foto: Paul Haines

gbskjfhsfkgkshgkj sfhs sdfsfh Foto: Natal Sharks (Pty) Ltd Absa Stadium, Kings Park, Durban Betreiber: Natal Sharks (pty) Ltd Erwerb des Grundstücks: 1953 Hinter den Toren: Holzbänke im „Dugout“ (Bild unten) Foto: Paul Haines Eröffnung: 1958 Kapazität: 52.000 Sitzplätze Besucherrekord: 52.000 (diverse Rugby-Länderspiele) Logen: 350 (davon z. Z. 310 vermietet) Logenmiete: 9.000 – 18.000 Euro pro Saison plus 9 % jährliche Mietsteigerung

Die Westtribüne Foto: Paul Haines

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118-121_stadionporträt kings park.indd 121 26.03.2006 19:01:03 Groundhopping Wo Ajax nicht Amsterdam heißt Eindrücke einer Gruppe deutscher Fußball-Touristen, die vier Jahre vor der WM 2010 den Süden Afrikas bereiste.

s sind etwas gemischte Gefühle, mit denen man an ei- nem kalten Februar-Mittwoch zum Flughafen aufbricht: EEs soll auf Groundhopping-Reise in den Sommer gehen, ins Land der Fußballweltmeisterschaft 2010, aber auch in ein Land, zu dem es beim Auswärtigen Amt in den Sicherheits- hinweisen heißt: „Südafrika verzeichnet eine hohe Kriminali- tätsrate einschließlich hoher Gewaltkriminalität, vor allem in Großstädten.“ Nach einer Zwischenlandung in London und weiteren zehn Flugstunden Richtung Süden ist ein Ziel erreicht, das sich auf den ersten Blick nicht besonders exotisch präsentiert: Die Flora erinnert mit Laub- und Nadelbäumen an zu Hause, auch die wenigen sichtbaren Tiere wirken kaum anders als gewohnt, obwohl ein paar kleine schwarze Vögel über auffällig lange Schwanzfedern verfügen. Die Einreise gestaltet sich sehr un- kompliziert; die persönlichen Daten werden aufgenommen, es gibt einen Aufkleber mit einem Balkencode und einen Stem- Botswana: Nationalstadion, Garborone Alle Fotos: Ansgar Spiertz pel in den Reisepass, der einen Aufenhalt von sechs Monaten gewährt – und es kann ins Land gehen, wo zunächst der für Am kommenden Tag soll es ins Nachbarland Botswana gehen, die Fortbewegung vor Ort angemietete Leihwagen der Klasse dessen Fußballverband leider entsprechende Anfragen ignoriert Kleinwagen mit Klimaanlage in Empfang genommen wird. hat, sodass gepokert werden muss. Man hofft, dass entweder ein Der erste Spielbesuch führt auf das Gelände der Wits Univer- Erstligaspiel statt nden wird, oder dass das für das Wochenende sity Johannesburg, wo die BidVest Wits, wie der Wits Univer- angesetzte Champions League-Spiel Police XI gegen die nigeria- sity FC seit Saisonbeginn sponsorenbedingt heißt, im Spitzen- nischen Enugu Rangers für heute angesetzt ist. Letzteres erweist spiel der 2. Liga „Mvela Golden League“ auf Vasco Da Gama sich als zutreffend, um 15:00 Uhr soll die Partie im Nationalstadi- aus dem gut 1.600 Kilometer entfernten Kapstadt treffen. Um on ausgetragen werden. Die Resonanz ist mit ca. 4.000 Zuschauern zum Stadion zu kommen, ist erst mal die Schranke an der Kon- eher enttäuschend, positv überrascht allerdings, dass auch eine trolle der Universität zu passieren, wo dann am Straßenrand kleine Gruppe von Fans aus Nigeria gekommen ist. Die Partie geparkt wird. Der Ticketerwerb gestaltet sich unkompliziert, könnte leicht mit einem Debakel für die Rangers enden, am Ende und so ist die Anlage schnell betreten. Die Wits bieten in der schaffen sie den glücklichen Ausgleich kurz vor Schluss, und ein ersten Halbzeit wenig, während ihre Fans mit Plastiktröten und Treffer der Hausherren in der Nachspielzeit wird nicht mehr ge- ein paar Fanutensilien auf der Haupttribüne Platz gefunden ha- geben, was wohl kaum jemand im Stadion mitbekommt. Die Fans ben und mit ständigem Getröte – das sich bald als typisch für erweisen sich als begeisterungsfähig und friedlich, es gibt zwar den Support der Region erweisen soll –, aber auch gelegentli- nur selten Sprechchöre, aber die Tore werden entsprechend ge- chen Sprechchören und einmal sogar gospelartigem Gesang auf feiert, wobei man auch schon mal durchaus etwas provokativ vor sich aufmerksam machen. Bei Rückstand von 1:2 ergibt sich zur den gegnerischen Fans jubelt, was aber keinerlei Gegenreaktionen Pause ein bemerkenswerter Dialog zwischen Stadionsprecher zur Folge hat. und Fans: „Do you enjoy the game?“ „Nooo!“ „I promise it will Champions League ist auch für den folgenden Tag angesagt, an be better in the second half!“, womit der Sprecher auch Recht dem in einer Art Derby die südafrikanischen Orlando Pirates bei behält: Am Ende heißt es eher schmeichelhaft für Vasco 3:2 zu- den Mbabane Swallows aus Swaziland anzutreten haben. Gute gunsten der Hausherren. 10.000 Zuschauer haben sich im Nationalstadion des kleinen Staa- tes zwischen Südafrika und Mozambique eingefunden, darunter viele aus dem etwa 600 Kilometer entfernten Johannesburg. Die Atmosphäre bleibt während der ganzen Partie freundlich, obwohl die Swallows erwartungsgemäß böse unter die Räder kommen und mit 0:5 unterliegen. Unsere kleine Reisegruppe ist die einzige Ansammlung von Weißen und erregt eine gewisse Aufmerksam- keit – aber wir werden von allen anderen Zuschauern freundlich behandelt und immer wieder gegrüßt. Da stellt sich durchaus die Frage, ob das die drei einzigen Schwarzen in einem deutschen Sta- dion auch immer in dieser Form zu berichten hätten … Die Fußballpause vom Sonntag bis zum Mittwoch kann mit dem Besuch eines Wildparks (schon mal mit Nashörnern und Elefanten die (Schotter-)Straße geteilt?) und der Besichtigung des Kaps der guten Hoffnung sinnvoll verbracht werden. Dann geht es ins Athlone Stadion von Cape Town, wo Ajax Cape Town, eine Filiale des bekannten Mutterkonzerns zu Amsterdam, in der Pre- mier League um die Playoffteilnahme kämpft. Heute muss sie Südafrika: BidVest Stadium, Johannesburg gegen die Tembisa Classic antreten, die eigentlich von Tembisa

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122-123_groundhopping südafrika.indd 122 26.03.2006 19:14:56 Groundhopping Groundhopping

nach Pietermaritzburg umgezogen sind, aber unter dem alten Namen die Saison zu Ende bringen werden. Beim nachmittägli- Wo Ajax nicht Amsterdam heißt chen Besuch am Stadion zeigt sich, dass es nicht in der allerbes- Eindrücke einer Gruppe deutscher Fußball-Touristen, die vier Jahre vor der ten Wohngegend liegt. Und die Frau an der Schranke der Anlage warnt dann auch, dass man auf sich achten solle, in dieser Gegend WM 2010 den Süden Afrikas bereiste. seien selten Weiße unterwegs und schon gar nicht zu Fuß. Pro- bleme gibt es dann aber keine – weder am Nachmittag noch bei s sind etwas gemischte Gefühle, mit denen man an ei- der Partie selbst, in der Ajax eine gute zweite Halbzeit spielt, die nem kalten Februar-Mittwoch zum Flughafen aufbricht: reicht, um Tembisa mit 3:1 zu schlagen. Der Besuch ist schwach, EEs soll auf Groundhopping-Reise in den Sommer gehen, und die eine dominante Gruppe sind Kinder, die immer mal wie- ins Land der Fußballweltmeisterschaft 2010, aber auch in ein der über den Unterrang stürmen, den Block verlassen und wie- Land, zu dem es beim Auswärtigen Amt in den Sicherheits- der reinkommen, also mehr mit sich beschäftigt sind als mit dem hinweisen heißt: „Südafrika verzeichnet eine hohe Kriminali- Spiel. Die andere dominante Gruppe sind die Erwachsenen, die tätsrate einschließlich hoher Gewaltkriminalität, vor allem in sich zu einem großen Teil unter das Dach zurückgezogen haben, Großstädten.“ wo aromatisch riechende Qualmwolken produziert werden. Da- Nach einer Zwischenlandung in London und weiteren zehn bei steht doch auf dem Ticket, dass der „use of illegal substances“ Swaziland: Somhlolo National Stadium Flugstunden Richtung Süden ist ein Ziel erreicht, das sich auf verboten sei … den ersten Blick nicht besonders exotisch präsentiert: Die Flora Zwei Tage später steht ein weiterer Spielbesuch an: Die Durban der zweiten Hälfte an. Heute gibt es auch richtig Support, wobei erinnert mit Laub- und Nadelbäumen an zu Hause, auch die Stars spielen im Kings Park gegen die BidVest Wits. Erste kleine auf Seiten der Pirates vor allem ein paar skurril verkleidete Fans wenigen sichtbaren Tiere wirken kaum anders als gewohnt, Enttäuschung: Es wird nicht im großen Absa Stadium gespielt, auffallen, während Supersport zwischendurch immer mal wieder obwohl ein paar kleine schwarze Vögel über auffällig lange sondern im benachbarten Soccer Stadium. Zweite Enttäuschung: per Getrommel und Tanzen unterstützt wird, Sprechchöre  nden Schwanzfedern verfügen. Die Einreise gestaltet sich sehr un- Das Spiel ist erbärmlich schlecht. Aber es gibt auch eine positive dagegen nicht statt. kompliziert; die persönlichen Daten werden aufgenommen, es Überraschung, denn es sind tatsächlich Fans aus Johannesburg Und schon heißt es Fazit ziehen: Eine sehr lohnenswerte Reise gibt einen Aufkleber mit einem Balkencode und einen Stem- Botswana: Nationalstadion, Garborone Alle Fotos: Ansgar Spiertz gekommen, die auch für etwas Support sorgen, während von den geht zu Ende, und man ist überall freundlich empfangen worden. pel in den Reisepass, der einen Aufenhalt von sechs Monaten Heimfans nichts zu hören oder sehen ist. Der hohen Kriminalitätsrate des Landes ist man nur in der Zeitung gewährt – und es kann ins Land gehen, wo zunächst der für Am kommenden Tag soll es ins Nachbarland Botswana gehen, Tags darauf ist frühes Aufstehen angesagt, denn es soll zum begegnet, und so stellt sich die Frage, ob die südafrikanischen Me- die Fortbewegung vor Ort angemietete Leihwagen der Klasse dessen Fußballverband leider entsprechende Anfragen ignoriert letzten Mal in ein Nachbarland gehen. Ein Premier-League-Spiel dien nicht vielleicht sogar dazu neigen, das Problem mit der Art Kleinwagen mit Klimaanlage in Empfang genommen wird. hat, sodass gepokert werden muss. Man hofft, dass entweder ein im komplett von Südafrika umschlossenen Lesotho ist das Ziel. ihrer Berichterstattung ein wenig zu dramatisieren. Der erste Spielbesuch führt auf das Gelände der Wits Univer- Erstligaspiel statt nden wird, oder dass das für das Wochenende In der Hauptstadt Lesothos, Maseru, angekommen, zeigt sich bei Eine andere Frage ist die nach dem Stellenwert des Fußballs in sity Johannesburg, wo die BidVest Wits, wie der Wits Univer- angesetzte Champions League-Spiel Police XI gegen die nigeria- Dauerregen der Hauptexportschlager des Landes, das zu einem Südafrika. Es ist wohl keine Übertreibung, zu sagen, dass Fußball sity FC seit Saisonbeginn sponsorenbedingt heißt, im Spitzen- nischen Enugu Rangers für heute angesetzt ist. Letzteres erweist die Sportart Nummer eins im Land ist, aber das gilt in dieser Form spiel der 2. Liga „Mvela Golden League“ auf Vasco Da Gama sich als zutreffend, um 15:00 Uhr soll die Partie im Nationalstadi- nur für die schwarze Bevölkerungsmehrheit von knapp 85 Pro- aus dem gut 1.600 Kilometer entfernten Kapstadt treffen. Um on ausgetragen werden. Die Resonanz ist mit ca. 4.000 Zuschauern zent. Die meisten Weißen bevorzugen Cricket oder Rugby, was zum Stadion zu kommen, ist erst mal die Schranke an der Kon- eher enttäuschend, positv überrascht allerdings, dass auch eine wiederum nicht heißt, dass keine Weißen zum Fußball gingen. trolle der Universität zu passieren, wo dann am Straßenrand kleine Gruppe von Fans aus Nigeria gekommen ist. Die Partie Deren Anteil liegt hier spürbar niedriger als der an der südafri- geparkt wird. Der Ticketerwerb gestaltet sich unkompliziert, könnte leicht mit einem Debakel für die Rangers enden, am Ende kanischen Gesamtbevölkerung, andererseits sieht man im Stadion und so ist die Anlage schnell betreten. Die Wits bieten in der schaffen sie den glücklichen Ausgleich kurz vor Schluss, und ein häu ger als sonst gemischte Gruppen. Das meiste scheint sich in ersten Halbzeit wenig, während ihre Fans mit Plastiktröten und Treffer der Hausherren in der Nachspielzeit wird nicht mehr ge- Südafrika doch nach Hautfarben getrennt abzuspielen. Eher sel- ein paar Fanutensilien auf der Haupttribüne Platz gefunden ha- geben, was wohl kaum jemand im Stadion mitbekommt. Die Fans ten sieht man Schwarze und Weiße gemeinsam auf der Straße ben und mit ständigem Getröte – das sich bald als typisch für erweisen sich als begeisterungsfähig und friedlich, es gibt zwar oder am Restauranttisch. Somit kann dem Fußball anscheinend den Support der Region erweisen soll –, aber auch gelegentli- nur selten Sprechchöre, aber die Tore werden entsprechend ge- eine durchaus verbindende Funktion zugeschrieben werden. Und chen Sprechchören und einmal sogar gospelartigem Gesang auf feiert, wobei man auch schon mal durchaus etwas provokativ vor Lesotho: Setsoto National Stadium, Maseru vielleicht trägt die Ausrichtung der Fußball-WM ja sogar zur Stär- sich aufmerksam machen. Bei Rückstand von 1:2 ergibt sich zur den gegnerischen Fans jubelt, was aber keinerlei Gegenreaktionen kung dieser integrativen Funktion bei. Das wird aber sicher auch Pause ein bemerkenswerter Dialog zwischen Stadionsprecher zur Folge hat. guten Teil davon lebt, Wasser an Südafrika zu verkaufen. Das von den Ticketpreisen abhängen, denn es ist weiterhin südafrika- und Fans: „Do you enjoy the game?“ „Nooo!“ „I promise it will Champions League ist auch für den folgenden Tag angesagt, an Nationalstadion Lesotho ist mit einer großen Haupttribüne, dem nische Realität, dass die Weißen im Schnitt wesentlich mehr Geld be better in the second half!“, womit der Sprecher auch Recht dem in einer Art Derby die südafrikanischen Orlando Pirates bei „Royal Stand“, einer noch größeren Gegenseite und Stahlrohrkon- zur Verfügung haben als die Schwarzen. Und so könnte die Preis- behält: Am Ende heißt es eher schmeichelhaft für Vasco 3:2 zu- den Mbabane Swallows aus Swaziland anzutreten haben. Gute struktionen in den Kurven gar nicht so schlecht. Wenig überzeu- gestaltung der FIFA leicht dafür sorgen, dass die eigentlichen Fans gunsten der Hausherren. 10.000 Zuschauer haben sich im Nationalstadion des kleinen Staa- gend ist dafür mit etwa 1.000 Zuschauern der Besuch der beiden von den WM-Spielen ausgeschlossen werden.���Ansgar Spiertz tes zwischen Südafrika und Mozambique eingefunden, darunter Partien – es stellt sich heraus, dass zwei hintereinander statt n- viele aus dem etwa 600 Kilometer entfernten Johannesburg. Die den –, und auch die sportliche Qualität ist nicht der Rede wert. Atmosphäre bleibt während der ganzen Partie freundlich, obwohl In der deutschen Oberliga würden die Spitzenteams des Landes, die Swallows erwartungsgemäß böse unter die Räder kommen die auf Namen wie LDF (Lesotho Defence Forces), LMPF (Lesotho und mit 0:5 unterliegen. Unsere kleine Reisegruppe ist die einzige Mounted Police Forces), School Boys und Matlama hören, wohl Ansammlung von Weißen und erregt eine gewisse Aufmerksam- nicht mitspielen können. Immerhin bauen sich beim zweiten Spiel keit – aber wir werden von allen anderen Zuschauern freundlich ein paar Fans auf einer der Stahlrohrtribünen auf und sorgen dort behandelt und immer wieder gegrüßt. Da stellt sich durchaus die für hörbaren Support für das Team der Verteidigungskräfte. Frage, ob das die drei einzigen Schwarzen in einem deutschen Sta- So neigt sich die Reise bereits dem Ende zu, aber ein Höhe- dion auch immer in dieser Form zu berichten hätten … punkt soll am Abreisetag noch folgen. Im Loftus Versfeld Stadion Die Fußballpause vom Sonntag bis zum Mittwoch kann mit von Pretoria, einer beeindruckenden Anlage, die Spielort bei der dem Besuch eines Wildparks (schon mal mit Nashörnern und WM 2010 sein wird, steht die Partie Supersport United gegen Or- Elefanten die (Schotter-)Straße geteilt?) und der Besichtigung des lando Pirates auf dem Programm, bei der die Piraten mit einem Kaps der guten Hoffnung sinnvoll verbracht werden. Dann geht Sieg zur Tabellenspitze aufschließen können. Eine Rechnung hat es ins Athlone Stadion von Cape Town, wo Ajax Cape Town, eine man mit dem Gegner nach einer 4:3-Niederlage aus dem Vorjahr Filiale des bekannten Mutterkonzerns zu Amsterdam, in der Pre- auch noch offen. Insgesamt etwa 18.000 Zuschauer verfolgen den mier League um die Playoffteilnahme kämpft. Heute muss sie 3:1-Sieg der Gäste, wobei das Publikum es nicht allzu eilig hat. Südafrika: BidVest Stadium, Johannesburg gegen die Tembisa Classic antreten, die eigentlich von Tembisa Die Hälfte kommt in einem ständigen Strom bis kurz vor Anp ff Südafrika: Securitor Loftus Stadium, Pretoria

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122-123_groundhopping südafrika.indd 122 26.03.2006 19:14:56 122-123_groundhopping südafrika.indd 123 26.03.2006 19:16:07 Stadion-News � � � � � � � �� � �� �������� ���������������� Barcelona: verspricht das Präsidium von ����� ���� ������� Neues Stadion für Espanyol Atlético seinen Fans. Doch die- ������������ ���� Nach zehnjährigem „Exil“ im Esta- se Zahl erscheint aus mehreren ���� ���� ���� �� dio Olimpico möchte Espanyol Gründen unglaubwürdig: Zum Barcelona rechtzeitig zur Saison einen hat sich der Zuschau- 2007/08 wieder in die Heimat zu- erschnitt im Vicente Calderón rückkehren – in den Stadtteil Sarria (54.851 Plätze) in den letz- im Westen der Stadt. Daher laufen ten Spielzeiten regelmäßig bei seit November 2005 die Arbeiten 42.000 bis 45.000 Fans pro für eine zweirangige, zunächst Spiel eingependelt. Schwer vor- 40.000 Zuschauer fassende reine stellbar, dass sich diese Zahl in Fußballarena. Mit dieser Kapazität einem weit außerhalb gelegenen möchte man sicherstellen, Aufnah- Stadion mehr als verdoppeln lie- me in die Liste der 4-Sterne-Stadi- ße. Zum anderen kalkuliert der en der UEFA zu fi nden. Ein späterer Verein mit Baukosten von gerade Ausbau auf 42.000 Plätze durch einmal 120 Millionen Euro – das den Einbau zusätzlicher Reihen un- Estadio Vicente Calderon Foto: Ansgar Spiertz entspricht in etwa dem Betrag, ter dem Dach wäre möglich. den der Umbau des 46.000 Sitz- Atlético Madrid plätze fassenden Kölner Rhein- EnergieStadions kostete. Selbst, London: Wembley-Eröffnung Geldmaschine Stadion? wenn man in Madrid auf teure Ex- erneut verschoben tras wie eine Überdachung oder Die letzte Partie im alten Wembley- Der Spanische Erstligist Atlético fi nanzieren soll. Das Estadio Vi- feudale VIP-Bereiche verzichten Stadion endete mit einer Niederla- Madrid möchte das traditions- cente Calderón liegt auf einem würde, ist die Rechnung mehr als ge der englischen Nationalmann- reiche Estadio Vicente Calderón „Filetstück“ der spanischen unrealistisch, zumal Baukosten

schaft – ein Schicksal, das sich bei verlassen und in Alcorcón, elf Hauptstadt direkt am Ufer des bei höher aufragenden Tribünen ������������ der Länderspiel-Premiere im „New Kilometer südwestlich der spa- Flusses Manzanares, nur etwa unverhältnismäßig in die Höhe Wembley“ nicht wiederholen dürf- nischen Hauptstadt, einen Neu- 500 Meter vom historischen schießen. Die Ankündigung des te. Denn nachdem die Eröffnung bau errichten. Eine der wichtigs- Stadtkern entfernt und mit direk- größten Stadions Europas dürfte ����������������� zuletzt mehrfach verschoben wer- ten Voraussetzungen ist bereits tem Anschluss an die Stadtau- also eher ein politisches Manö- den musste, ist nun die Partie am erfüllt: Die Stadt Madrid hat ihr tobahn. Daher erwartet der bei- ver sein, um die Fans über den 2. September gegen Andorra die Einverständnis erteilt. Dies ist nahe hoffnungslos verschuldete Verlust des beliebten Vicente erste internationale Begegnung im vor allem deshalb unverzichtbar, Verein einen Verkaufserlös von Calderón hinwegzutrösten – und ������ neuen Nationalstadion. weil sich der Umzug in erster etwa 250 Millionen Euro. scheinbar zwingende Argumente Die nationale Premiere könnte Linie durch den Verkauf des bis- Vor den Toren der Stadt soll das für einen Umzug vorweisen zu ����������� ���� allerdings bereits am 6. August herigen Stadions an einen Inves- größte Fußballstadion Europas können, der in Wirklichkeit vor al- stattfi nden; für die Buchmacher zu- tor aus der Immobilienbranche entstehen. 110.000 Sitzplätze lem der Entschuldung dient. mindest ist derzeit mit einer Quo- te von 1:1,3 der „Charity Shield“, die Partie des Meisters gegen den Pokalsieger, Topfavorit für die erste Manchester ���������������������� Veranstaltung im neuen Wembley- Heerenveen: Stadion. Eckausbau im „Abe Lenstra“ wächst Seit Sommer 2003 wird das Das „Theater der Träume“ Plätze soll vor allem das VIP- und 1994 mit 14.500 Zuschauer- �������������������������������������� Kapstadt: („Theatre Of Dreams“) Old Traf- Business-Portfolio verbessert plätzen eröffnete Abe Lenstra Ein Dome für die WM 2010 ford, schon jetzt mit 68.400 werden. Während eine Logenrei- Stadion in Heerenveen Tribüne Die Stadt Kapstadt und das Orga- Plätzen das mit Abstand größte he zwischen dem bestehenden für Tribüne erweitert. Nachdem nisationskomitee SAFOC haben ihre Stadion der englischen Premier Unter- und dem neuen Oberrang zunächst die Gegentribüne im ��������������������� Pläne für die WM 2010 noch einmal League, wächst stetig weiter. Blick auf das Spielfeld bietet, Osten ausgebaut und zur neu- nachgebessert: Statt das traditio- Seit Juni 2005 erhalten die beinhalten die komplett vergla- en Haupttribüne umfunktioniert nelle, aber nur gut 40.000 Zuschau- Ecktribünen zu beiden Seiten sten neuen Ecktribünen gleich worden war, wurde anschlie- er fassende zu der im Norden gelegenen Ge- auf vier Etagen Platz für VIP-Re- ßend die Südkurve aufgestockt, ��������������������������������� nutzen, möchte die Stadt nur einen gentribüne einen zweiten Rang. staurants und Bars. sodass das Stadion seit Fe- Kilometer vom Stadtzentrum ent- Der Abschluss der Arbeiten ist Diese Angebote sollen die Refi - bruar 2005 21.600 Zuschauer fernt einen Dome mit verschließba- für August 2006 geplant, doch nanzierung des auf 65 Millionen fasst. Seit wenigen Monaten rem Dach und 68.000 Sitzplätzen schon Ende März konnten erste Euro veranschlagten Projekts er- ist nun der Norden des Stadi- errichten. Der Neubau nach dem Sitzplätze freigegeben werden. leichtern: So kostet die teuerste ons eine Baustelle. Momentan Vorbild des Millennium Stadiums Neben der Erhöhung der Sta- Loge für 16 Personen 295.000 beschränken sich die Arbeiten in Cardiff soll am Ort des derzeiti- dionkapazität auf etwa 76.000 Euro pro Saison. noch auf den Bereich hinter und ������� gen 18.000 Zuschauer fassenden unter der Tribüne, dennoch soll Greenpoint Stadiums entstehen. der Ausbau schon zu Beginn der ����������������� Dieser Name ist Programm: Die neuen Saison abgeschlossen ����������������������������������� schmale Ebene zwischen dem Oze- sein. Dann haben 26.800 Fans an und Ausläufern des Tafelbergs im Stadion Platz. gilt als das idyllischste Fleckchen von Kapstadt. Daher soll das Sta- dion, dem gute Chancen auf das �� �������� ����������������������� Eröffnungsspiel und ein Halbfi nale eingeräumt werden, nicht nur die modernste Sportstätte Südafrikas ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ werden, sondern „das Gesicht von Foto: www.dreamfl ights.nl Südafrika 2010“. Die Nord-West-Ecke Anfang März. Foto: WeasteDevil

Arbeiter-Samariter-Bund 124 Stadionwelt April/Mai 2006 Deutschland e.V.

s124-Stadionnews_International.indd 124 26.03.2006 19:23:37 63.06.xxx Anz. allgem 210x280mm 4c.indd 1 05.01.2006 10:38:50 Uhr � � � � � � � �� � �� �������� ���������������� ����� ���� ������� ������������ ���� ���� ���� ���� ��

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Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V.

63.06.xxx Anz. allgem 210x280mm 4c.indd 1 05.01.2006 10:38:50 Uhr Stadionwelten Henryk Hoschkara, Benjamin Voigtländer, Rupert Bogensperger, Stadionwelt Rupert Bogensperger, Voigtländer, HenrykBenjamin Fotos: Hoschkara, Liga der Kontraste: Spröder Charme des Ostblocks in Stettin, Warschau (Polonia) und Chorzow, moderne Tribüne bei Wisla Krakau Viel Neues im Osten Die polnische Stadionlandschaft steht vor großen Veränderungen

n Zeiten, in denen die polnische Natio- 5.230 Zuschauer pro Spiel zu den Erstli- ril wie viele Neubauten im Westen. Einfa- nalmannschaft nur einen Punkt hinter ga-Partien (Rang 19 in Europa). Kein ein- che „Schüsseln“ ohne markante Merkmale IEngand ihre WM-Quali kationsgrup- ziger Verein erreichte einen Schnitt von (wie das größte Ligastadion in Lubin oder pe abschließt und sich direkt für das Tur- 10.000 Besuchern, auch wenn Pogon Stet- das Stadion in Zabrze) sind in der ersten nier quali ziert, steht der Ligafußball des tin und Wisla Krakau diesen nur knapp und zweiten Liga selten anzutreffen, auch Landes im Schatten dieses Erfolges. Seit verfehlten. Dennoch: Es scheint sich ein wenn die früher obligatorische Laufbahn acht langen Jahren konnte sich kein polni- Aufwärtstrend abzuzeichnen. Lag man in immer noch exakt die Hälfte der Spielstät- scher Meister mehr für die Gruppenphase den 90er Jahren durchweg um die 4.000, ten beider Spielklassen kennzeichnet. In der Champions League quali zieren. Und konnte in den letzten drei Spielzeiten die weiteren fünf Arenen der Ekstraklasa und im UEFA-Cup verbuchte im letzten Jahr- 5.000er-Schwelle durchbrochen werden. deren sechs in der „II. Liga“ ist nach wie zehnt einzig Wisla Krakau 2002/2003 mit Versucht man, die polnische Stadion- vor zu erkennen, dass die Aschenbahn ein- dem Einzug ins Achtel nale einen nen- landschaft mit einem Wort zu beschrei- mal bestand – auch wenn inzwischen Gras nenswerten Erfolg. ben, ist „interessant“ der wohl tref- darüber gewachsen ist. Echte, reine Fuß- Die polnischen „Kibice“ (polnisch für fendste Begriff. Viele Spielstätten sind ballstadien be nden sich somit heute noch „Fans“) hingegen haben deutlich mehr betagt und in mäßigem Zustand. Hinzu in der klaren Minderheit. zu bieten. Sehr lautstarke und ausdau- kommen oft spartanische Einrichtungen Um der Entwicklung des modernen ernde Anfeuerung ist in den Stadien zu in Bezug auf Funktionsräume, sanitäre Fußballs Rechnung zu tragen und in Euro- vernehmen. Auch auf Gegengerade und Anlagen und Versorgung der Zuschau- pa wieder wettbewerbsfähiger zu werden, Haupttribüne sind sich die Zuschauer oft er sowie der kaum vorhandene Wetter- erkennt man heute auch in Polen, dass die nicht zu schade, ihr Team zu unterstüt- schutz der Ränge. Auch VIP-Logen im Stadien attraktiver werden müssen. An zen. Kehrseite der Medaille sind häu ge modernen Sinne gibt es bisher nur in Projekten mangelt es seit kurzem wahrlich gewaltsame Zusammenstöße zwischen den Stadien von Wisla Krakau und Wis- nicht, vor deren Umsetzung stehen aller- den verschiedenen Fanlagern, weswe- la Plock. Anderswo werden Privilegierte dings vielerorts Fragezeichen. Für einen gen bei einer beträchtlichen Anzahl von entweder auf klassischen Ehrengastplät- Teil der Vorhaben wird auch die Vergabe Spielen Gästesperren bestehen. Letzteres zen in der Mitte der Haupttribüne oder der EURO 2012, Polen bewirbt sich zu- sowie das eher bescheidene Niveau des wie in Lubin oder Posen auf einem Bal- sammen mit dem Nachbarland Ukraine, Ekstraklasa-Fußballs sind wohl entschei- kon untergebracht. entscheidend sein. Sechs Städte, aus denen dende Ursachen für den niedrigen Zu- Aber die polnischen Arenen atmen im Falle des Zuschlags vier als endgültige schauerzuspruch: 2004/2005 kamen nur spürbar den Fußball, sie wirken nicht ste- Spielorte ausgewählt werden, be nden

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sich in der engeren Auswahl: Chorzow, gen und die Hintertortribünen direkt am Posen, Krakau, Breslau, Danzig und War- Rande der Rasen äche neu errichtet. Stadionprojekte schau. Bereits laufende Um- oder Neu- Der zweite Zuschauermagnet der Liga, bauten sind in der Ekstraklasa zurzeit in Pogon Stettin, wird dagegen wohl noch Chorzów – Stadion Slaski drei Städten zu verzeichnen: Krakau, Po- eine Weile mit seiner nach der lebenden Modernisierung 2006 – 2008 sen und Kielce. Stettiner Fußballlegende Florian Krygier Kapazität: 60.000 Sitzplätze Das Stadion von Zuschauerkrösus Wis- benannten Arena in Hufeisenform leben Kosten: 94 Mio. € la Krakau bot bis vor drei Jahren lediglich müssen – von einem Neubauprojekt ist einen unüberdachten Ausbau beider Gera- derzeit nichts bekannt. Auch wenn im ers- den und eine provisorische Stahlrohrtribü- ten polnischen Stadion, das komplett mit ne zur Unterbringung der Gäste hinter ei- Plastiksitzen ausgestattet wurde, die Lauf- nem der Tore. Unabhängig von der EURO bahn inzwischen mit Gras überwachsen 2012 wird hier bis 2009 ein modernes Stadi- ist, sieht man ihm das Baujahr 1948 doch on mit vier einzeln stehenden und jeweils an. Eine moderne Ausstattung ist ebenso von einer transluzenten Dachkonstruktion wenig vorhanden wie eine nennenswerte gedeckten Tribünen für 34.500 Zuschauer Überdachung der Ränge. Wenigstens die entstehen. Schon 2004/2005 vollzog man mittleren Blöcke der Haupttribüne (1.020 die erste Etappe, eine neue Hintertortri- Plätze) haben vor kurzem ein Dach erhal- büne für die Heimfans. Nun werden die ten, das im weiten Rund allerdings verlo- Bild: Zaklad Projektowania i Wdrozen TB sp. z.o.o. gegenüberliegende Tribüne und anschlie- ren wirkt und bei etwas Wind kaum mehr ßend die Renovierung und Überdachung Schutz bietet. Danzig – Arena Baltycka sowohl der Gegengeraden als auch der Ein weiteres unüberdachtes Stadion in Neubau 2007 – 2010 Haupttribüne folgen. Letztere wird dabei Hufeisenform steht in Posen – oder besser Kapazität: 44.000 Sitzplätze als einzige einen Oberrang erhalten, die gesagt: stand bis 2003. Denn das Miejski Kosten: 80 Mio. € Flutlichtmasten bleiben übrigens entgegen Stadion, Heimstätte des WKP Lech, erhielt dem allgemeinen Trend bestehen. als ersten Ausbauschritt zwischen Juni Beim Stadtrivalen Cracovia benannte 2003 und März 2004 eine zweirangige Hin- man das Stadion Cracovii im letzten Jahr tertortribüne auf der offenen Seite, die im nach dessen bekanntestem Fan, Johannes Gegensatz zum Gegenstück in der anderen Paul II. 2004 hatte man außerdem auf der Kurve direkt an das Spielfeld anschließt. Haupttribüne eine relativ einfache Pavil- Seit Oktober 2005 ist nun auch deren Dach- lon-Überdachung aufgebaut, die leider mit konstruktion in Arbeit. Ebenso wird die Bild: Miasto Gdansk ihren Stützen die Sicht einschränkt. Kurio- alte Kurve abgerissen, um Platz für die sität in diesem Rund: die Reste der ehe- zweite neue Tribüne zu schaffen. Bis 2010 Posen – Stadion Miejski maligen Radrennbahn in den Kurven, die sollen auch die beiden Seitentribünen er- Schrittweiser Komplettumbau zu Werbe ächen umfunktioniert wurden. neuert sein, die dann auf drei Rängen (eine 2003 – 2010 Auch bei Cracovia gibt es ein Projekt; bis Premiere in Polen) Zuschauer unterbringen Kapazität: 40.000/46.500 Sitzplätze 2008 soll das Stadion ein reines Fußballsta- können. Zu diesem Zeitpunkt werden auch Kosten: 60 Mio. € dion mit einer elegant bogenförmig über- die beeindruckend geneigten Flutlichtma- dachten Haupttribüne und einer erweiter- sten ihren Platz geräumt haben. Noch un- ten Kapazität von 15.059 Plätzen sein. Für klar ist hingegen, ob das Stadion im End- 21 Millionen Euro wird zudem die Gegen- zustand 40.000 oder 46.500 Plätze erhalten gerade näher an das Spielfeld herangezo- wird, sowie die Anzahl der VIP-Lo- � Die Stadien der Ekstraklasa (1. Liga) Verein Stadion Kapazität Zaglebie Lubin Stadion Zaglebia 34.000 Lech Posen Stadion Miejski 26.481 Bild: WKP Lech Poznan Pogon Stettin Stadion im. Floriana Krygeria 17.783 Gornik Zabrze Stadion im. Ernesta Pohla 17.722 Krakau – Stadion Wisły Wisla Krakau Stadion Wisly 16.072 Schrittweiser Ausbau 2004 – 2009 Korona Kielce Stadion Pilkarski 15.500 Kapazität: 34.500 Sitzplätze Legia Warschau Stadion Wojska Polskiego 13.662 Kosten: unbekannt Wisla Plock Stadion im. Kazimierza Gorskiego 12.290 Cracovia Krakau Stadion im. Jana Pawla II 11.076 Arka Gdingen Stadion Miejski GOSiR 11.000 Gornik Leczna Stadion Gornika 7.200 Polonia Warschau Stadion Polonii 7.081 GKS Belchatow Stadion GKS-u 6.870 Odra Wodzislaw Stadion Odry 6.607 Groclin Grodzisk Stadion Groclinu 5.383 Amica Wronki Stadion Glowny Bazy Sportowy KS Amiki 5.296 Bild: TS Wisła Kraków

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Posen: Demnächst dreirangige Tribünen statt imposanter Flutlichtmasten Foto: Lukas Die letzten Vorbereitungen im neuen Stadion in Kielce Foto: stadionkorony.prv.pl

gen. Die Vergabe der EURO 2012 wird das einfache Rund mit seinem von zwei da die Beleuchtung in die Dachkonstruk- hier entscheidend sein, da für ein etwa- Reihen Stützen getragenem Haupttribü- tion integriert wird. Bereits heute sind iges Halb nale 40.000 Nettoplätze benö- nendach sicherlich eine Sensation. Erst im die VIP-Bereiche mit 800 Sitzen zwischen tigt werden. Interessantes Detail: In Posen letzten Jahr aber wurden auf Haupttribü- Ober- und Unterrang der 2002 renovierten kann man hinter der neuen Tribüne das ne und Gegengerade Sitzschalen instal- Haupttribüne auf in Polen einzigartigem erste und bisher einzige elektronische Kar- liert, den Rest des Ovals zieren nach wie Niveau. Des Weiteren wird angestrebt, teneinlasssystem Polens bestaunen. vor in den Vereinsfarben gelb-grün-weiß die Zuschauerkapazität von derzeit 47.246 Beim Erstligaaufsteiger MKS Korona gestaltete Holzbänke. Nächstes Jahr soll auf 60.000 Plätze auszubauen und die An- aus der 200.000-Einwohner-Stadt Kielce der Spatenstich für die Arena Ba�tycka er- zahl der Parkplätze um das Stadion auf wird am 4. April mit dem Spiel gegen Po- folgen. Das deutsche Projektbüro Rhode – 10.000 zu erhöhen. gon die Einweihung des neuen Stadions Kellermann – Wawrowsky aus Düsseldorf Die Modernisierung des Slaski wird nicht statt nden. Ein kleiner aber feiner, enger (Referenz u. a. AWD-Arena Hannover) von ungefähr vorangetrieben, denn in War- Bau mit 15.500 Plätzen steht hier kurz vor zeichnet für die Entwürfe des 44.000 Plät- schau will man das Nationalstadion wieder der Vollendung. Nach gut zwei Jahren ze bietenden Stadions verantwortlich. Eine in die Hauptstadt zurückholen. Zuerst gab Bauzeit und Kosten von 12,5 Millionen spektakuläre, von zahllosen Stahlträgern es im Zuge der EURO 2012-Bewerbung den Euro kann endlich das antiquierte und mit getragene transparente Hülle umgibt ein Plan, das Stadion von Legia in eine moder- einer provisorischen Haupttribüne aus- reines Fußballstadion mit zwei Rängen. ne 35.000er-Arena umzuwandeln. Am 14. gestattete Stadion MKS-u verlassen wer- Der Unterrang umläuft das gesamte Spiel- März gab man aber bekannt, dass an Stelle den. Die von der Stadt  nanzierte Arena feld, der Oberrang ist auf den vier Seiten des seit geraumer Zeit nicht mehr benutz- wird erst als zweite des Landes komplett nahezu eigenständig und wie etwa beim ten gewaltigen Stadion Dziesi�ciolecia eine überdacht sein (nach dem 8.500 Zuschau- Dragão-Stadion in Porto stark abgerundet. Arena ohne Laufbahn mit 55.000 über- er fassenden Stadion KSZO in der Dritt- Auf der Haupttribüne ist eine zweistöckige dachten Plätzen errichtet wird – dies aber ligastadt Ostrowiec �wi�tokrzyski). Des Logeneinheit geplant. Nicht nur der Fuß- unabhängig vom EURO 2012-Zuschlag. Weiteren besitzt das Stadion zwei Ränge, ball wird hier zu Hause sein; ein integrier- Zwei Entwürfe wurden bereits vorbereitet, und das 1.411 Lux starke Flutlicht ist an tes Konferenzzentrum soll zur Re nanzie- jedoch nur einer der beiden bisher veröf- kleinen nach innen geneigten Masten auf rung der Kosten in Höhe von 80 Millionen fentlicht: Er zeigt ein dreirangiges Stadion, dem Dach montiert. Auch eine Rasenhei- Euro beitragen. das verdächtig der Münchener Allianz Are- zung fehlt nicht. Der allgegegenwärtigen Pünktlich zu dessen 50. Geburtstag na ähnelt. Das Budget für das Stadion selbst In ation an VIP-Bereichen wird allerdings werden noch dieses Jahr Bauarbeiten im liegt bei unglaublichen 400 Millionen Euro, nicht Sorge getragen. Lediglich in der Mit- seit 1993 als Nationalstadion fungieren- weitere 420 Millionen Euro fallen für eine te der Haupttribüne sind sechs Logen ein- den Stadion Slaski (deutsch: Schlesisches angegliederte Struktur aus Hotel und Kon- gerichtet. Dagegen werden Gastronomie Stadion) in Chorzow beginnen. Es wird ferenzzentrum an. An der vorgesehenen und Geschäfte in den Sportkomplex inte- für 24 Millionen Euro eine Überdachung Betreiber-AG soll die Stadt Warschau 35 % griert. In puncto Sicherheit soll das Stadi- erhalten, die sehr stark an die des Gott- halten, während die restlichen 65 % für pri- on neue Maßstäbe in Polen setzen, unter lieb-Daimler-Stadions erinnert. Ein Tex- vate Investoren vorgesehen sind. Ende 2006 anderem werden Überwachungskameras tildach, das an einer das Stadionrund sollen die Bauarbeiten beginnen und Ende installiert. umlaufenden Konstruktion von zwei auf 2010 abgeschlossen sein. Ehrgeizige Pläne gibt es aus Danzig, verschiedenen Höhen angebrachten Ten- Planungen zu einer handvoll weiteren der Heimat des Zweitligisten Lechia, zu sionsringen befestigt wird, soll das derzeit Projekten sind in Arbeit. Kein anderes vermelden. Der Traditionsverein musste modernste aber auch sehr weitläu ge und Land in Osteuropa wird in den nächsten nach Insolvenz einen Neuanfang in der mit einer Laufbahn ausgestattete Stadion Jahren in gleichem Ausmaß seine Stadion- 6. Liga starten und marschiert nun nach auf hohen Standard bringen. Kurios: Der landschaft modernisieren. Ob in dieser drei Aufstiegen in Folge wieder nach oben. markante 40 Meter hohe Büroturm, der in Entwicklung ein Zuschaueraufschwung Das alte, idyllisch in einem Park gelegene die Gegengerade integriert ist, wird durch und eine höhere Wettbewerbsfähigkeit Stadion Lechia be ndet sich noch nahezu die Dachkonstruktion nach oben heraus- des polnischen Vereinsfußballs resultieren, im Originalzustand von 1935. Damals war ragen. Die Flutlichtmasten verschwinden, wird die Zukunft zeigen.���Gunther Lades

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Polen Ekstraklasa

Die Erstligastadien im Überblick Wisla Plock Pogon Stettin Arka Gdingen Lech Posen Stadion im. Stadion im. Floriana Krygiera Miejski GOSiR (Stadion Baltyk) Stadion Miejski Kazimierza Gorskiego www.pogonszczecin.pl www.arka.gdynia.pl www.lech.poznan.pl www.wisla.plock.pl

Polonia Warschau Stadion Polonii www.ksppolonia.pl GDINGEN Posen: Demnächst dreirangige Tribünen statt imposanter Flutlichtmasten Foto: Lukas Die letzten Vorbereitungen im neuen Stadion in Kielce Foto: stadionkorony.prv.pl Amica Wronki Stadion Glowny gen. Die Vergabe der EURO 2012 wird das einfache Rund mit seinem von zwei da die Beleuchtung in die Dachkonstruk- www.amicasport.pl hier entscheidend sein, da für ein etwa- Reihen Stützen getragenem Haupttribü- tion integriert wird. Bereits heute sind iges Halb nale 40.000 Nettoplätze benö- nendach sicherlich eine Sensation. Erst im die VIP-Bereiche mit 800 Sitzen zwischen tigt werden. Interessantes Detail: In Posen letzten Jahr aber wurden auf Haupttribü- Ober- und Unterrang der 2002 renovierten STETTIN kann man hinter der neuen Tribüne das ne und Gegengerade Sitzschalen instal- Haupttribüne auf in Polen einzigartigem Zaglebie Lubin Legia Warschau erste und bisher einzige elektronische Kar- liert, den Rest des Ovals zieren nach wie Niveau. Des Weiteren wird angestrebt, Stadion Zaglebia Stadion Wojska Polskiego teneinlasssystem Polens bestaunen. vor in den Vereinsfarben gelb-grün-weiß die Zuschauerkapazität von derzeit 47.246 www.zaglebie-lubin.pl www.legia.pl Beim Erstligaaufsteiger MKS Korona gestaltete Holzbänke. Nächstes Jahr soll auf 60.000 Plätze auszubauen und die An- POLEN aus der 200.000-Einwohner-Stadt Kielce der Spatenstich für die Arena Ba�tycka er- zahl der Parkplätze um das Stadion auf wird am 4. April mit dem Spiel gegen Po- folgen. Das deutsche Projektbüro Rhode – 10.000 zu erhöhen. WRONKI gon die Einweihung des neuen Stadions Kellermann – Wawrowsky aus Düsseldorf Die Modernisierung des Slaski wird nicht PLOCK statt nden. Ein kleiner aber feiner, enger (Referenz u. a. AWD-Arena Hannover) von ungefähr vorangetrieben, denn in War- POSEN Bau mit 15.500 Plätzen steht hier kurz vor zeichnet für die Entwürfe des 44.000 Plät- schau will man das Nationalstadion wieder WARSCHAU der Vollendung. Nach gut zwei Jahren ze bietenden Stadions verantwortlich. Eine in die Hauptstadt zurückholen. Zuerst gab LUBIN Bauzeit und Kosten von 12,5 Millionen spektakuläre, von zahllosen Stahlträgern es im Zuge der EURO 2012-Bewerbung den Euro kann endlich das antiquierte und mit getragene transparente Hülle umgibt ein Plan, das Stadion von Legia in eine moder- Groclin Grodzisk Gornik Leczna Stadion Groclinu Stadion Górnika einer provisorischen Haupttribüne aus- reines Fußballstadion mit zwei Rängen. ne 35.000er-Arena umzuwandeln. Am 14. www.dyskobolia.com.pl www.gornik.leczna.com gestattete Stadion MKS-u verlassen wer- Der Unterrang umläuft das gesamte Spiel- März gab man aber bekannt, dass an Stelle den. Die von der Stadt  nanzierte Arena feld, der Oberrang ist auf den vier Seiten des seit geraumer Zeit nicht mehr benutz- GRODZISK WIELKOPOLSKI LECZNA wird erst als zweite des Landes komplett nahezu eigenständig und wie etwa beim ten gewaltigen Stadion Dziesi�ciolecia eine BELCHATOW überdacht sein (nach dem 8.500 Zuschau- Dragão-Stadion in Porto stark abgerundet. Arena ohne Laufbahn mit 55.000 über- er fassenden Stadion KSZO in der Dritt- Auf der Haupttribüne ist eine zweistöckige dachten Plätzen errichtet wird – dies aber LECCE ligastadt Ostrowiec �wi�tokrzyski). Des Logeneinheit geplant. Nicht nur der Fuß- unabhängig vom EURO 2012-Zuschlag. KIELCE Weiteren besitzt das Stadion zwei Ränge, ball wird hier zu Hause sein; ein integrier- Zwei Entwürfe wurden bereits vorbereitet, und das 1.411 Lux starke Flutlicht ist an tes Konferenzzentrum soll zur Re nanzie- jedoch nur einer der beiden bisher veröf- kleinen nach innen geneigten Masten auf rung der Kosten in Höhe von 80 Millionen fentlicht: Er zeigt ein dreirangiges Stadion, Gornik Zabrze Korona Kielce dem Dach montiert. Auch eine Rasenhei- Euro beitragen. das verdächtig der Münchener Allianz Are- Stadion im. Ernesta Pohla Nowy Stadion www.gornikzabrze.pl www.korona-kielce.pl zung fehlt nicht. Der allgegegenwärtigen Pünktlich zu dessen 50. Geburtstag na ähnelt. Das Budget für das Stadion selbst ZABRZE In ation an VIP-Bereichen wird allerdings werden noch dieses Jahr Bauarbeiten im liegt bei unglaublichen 400 Millionen Euro, WODZISLAW SLASKI KRAKAU nicht Sorge getragen. Lediglich in der Mit- seit 1993 als Nationalstadion fungieren- weitere 420 Millionen Euro fallen für eine te der Haupttribüne sind sechs Logen ein- den Stadion Slaski (deutsch: Schlesisches angegliederte Struktur aus Hotel und Kon- gerichtet. Dagegen werden Gastronomie Stadion) in Chorzow beginnen. Es wird ferenzzentrum an. An der vorgesehenen und Geschäfte in den Sportkomplex inte- für 24 Millionen Euro eine Überdachung Betreiber-AG soll die Stadt Warschau 35 % griert. In puncto Sicherheit soll das Stadi- erhalten, die sehr stark an die des Gott- halten, während die restlichen 65 % für pri- on neue Maßstäbe in Polen setzen, unter lieb-Daimler-Stadions erinnert. Ein Tex- vate Investoren vorgesehen sind. Ende 2006 anderem werden Überwachungskameras tildach, das an einer das Stadionrund sollen die Bauarbeiten beginnen und Ende installiert. umlaufenden Konstruktion von zwei auf 2010 abgeschlossen sein. Ehrgeizige Pläne gibt es aus Danzig, verschiedenen Höhen angebrachten Ten- Planungen zu einer handvoll weiteren der Heimat des Zweitligisten Lechia, zu sionsringen befestigt wird, soll das derzeit Projekten sind in Arbeit. Kein anderes vermelden. Der Traditionsverein musste modernste aber auch sehr weitläu ge und Land in Osteuropa wird in den nächsten nach Insolvenz einen Neuanfang in der mit einer Laufbahn ausgestattete Stadion Jahren in gleichem Ausmaß seine Stadion- 6. Liga starten und marschiert nun nach auf hohen Standard bringen. Kurios: Der landschaft modernisieren. Ob in dieser Odra Wodzislaw Slaski Wisla Krakau Cracovia Krakau GKS Belchatow drei Aufstiegen in Folge wieder nach oben. markante 40 Meter hohe Büroturm, der in Entwicklung ein Zuschaueraufschwung Stadion Odry Stadion Wisly Stadion Cracovii im. Jana Pawla II Stadion GKS-u Das alte, idyllisch in einem Park gelegene die Gegengerade integriert ist, wird durch und eine höhere Wettbewerbsfähigkeit www.odra.wodzislaw.pl www.wisla.krakow.pl www.cracovia.krakow.pl www.gksbelchatow.pl Stadion Lechia be ndet sich noch nahezu die Dachkonstruktion nach oben heraus- des polnischen Vereinsfußballs resultieren, im Originalzustand von 1935. Damals war ragen. Die Flutlichtmasten verschwinden, wird die Zukunft zeigen.���Gunther Lades Fotos: Lukas, Gerhard Rudolf, Arivald, Mad Butcher, Rupert Bogensperger, Stadionwelt, stadionkorony.prv.pl, Tomasz Luszczynski

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Rätsel April / Mai 2006 Impressum Schicken Sie uns das Lösungswort und gewinnen Sie 2. Jahrgang 3 x 1 Exemplar „Faszination Fankurve 2“ oder Redaktionsanschrift: Stadionwelt, Schlossstraße 23, 50321 Brühl 3 x 1 „Orakel von Deli“-Fanpaket E-Mail: [email protected] Telefon: (0 22 32) 57 72-0 1 2 3 Fax: (0 22 32) 57 72-12

Stadionwelt im Internet: www.stadionwelt.de

Herausgeber: Thomas Krämer

Redaktionsleitung: Stefan Diener (V.i.S.d.P.) ([email protected]) Ingo Partecke ([email protected])

Im April-Rätsel suchen wir eine deutsche Fußballmannschaft, die bereits Weltmeister ist. Redaktion: Wo waren unsere Fotografen unterwegs? Aus dem ersten Buchstaben der Stadt, in der Pascal Göllner ([email protected]) das Stadion aus Bild 1 steht, den Buchstaben 2 und 3 der Stadt aus Bild 2 und den Matthias Ney ([email protected]) letzten beiden Buchstaben der Stadt aus Bild 3 ergibt sich das Lösungswort. Johannes Schäfer ([email protected]) Maik Thesing ([email protected]) Unter den Einsendungen mit richtigem Lösungswort werden drei Bücher „Faszination Fankurve. Band 2 – Bilder und Themen des Mitarbeiter dieser Ausgabe (Text & Foto): Jahres 2005“ und drei Fanpakete „Orakel von Deli“ (www.deli- Matthias Bürgel, Thomas Glöy, Erik Eggers, reform.de) verlost. Martin Endemann, René Galuba, Felix Guth, Paul Haines, Carsten Koslowski, Johannes Mäling, Einsendeschluss: 10. Mai 2006 Jörg Mardo, Philipp Markhardt, Christian Meister, Jens Presche, Mike Redmann, Stefan Rem- Einsendungen an: Stadionwelt, Stichwort: scheid, Andy Sanders, Markus Schmalz, Almut Rätsel, Schlossstraße 23, D-50321 Brühl Schmoll, Andreas Schulte, Michael Seiss, Ro- land Solich, Ansgar Spiertz, Gerrit Starczewski, oder per E-Mail (Betreff: „Rätsel“) Thomas Starke, Jennifer Töpperwein, Carsten mit Angabe der Postadresse an Werksnies, Helga Wolf, Stefan Zwing [email protected] Titelgestaltung & Layout: Die Auflösung erfolgt im Juni-Heft. Der Helga Wolf, Kilian Schlang Rechtsweg ist ausgeschlossen. Es nehmen nur ausreichend frankierte Karten teil. Titelfotos: Stadionwelt, Gate 13, Randolf Pfeil, Lösung Februar / März 2006 Paul Haines, Gerrit Starczewski Aus dem ersten und dritten Buchstaben der Stadt, in der das Stadion aus Bild 1 steht, Bildbearbeitung: Michael Friebe (x-tm.de) (GELSENKIRCHEN), dem Buchstaben 2 der Stadt aus Bild 2 (NÜRNBERG) und den Buch- staben 1 und 11 des neuen Stadionnamens aus Bild 3 (COMMERZBANK-ARENA) ergab Nachrichtendienste: dpa sich das Lösungswort GLÜCK. Anzeigenleitung: 1 2 3 Thomas Krämer, Tel.: (0 22 32) 57 72-23

Vermarkter: TripleDoubleU (Hamburg) Telefon: (040) 89 06 69-0 E-Mail: [email protected] Internet: www.vermarkter.de

Druck: Media-Print Am Busbahnhof 1, 24784 Westerrönfeld Je ein Exemplar „Faszination Fankurve 2“ haben gewonnen: Einzelpreis in Deutschland: Susi Baloun, 01139 Dresden · Bernd Fuhrmann, 97422 Schweinfurt 3,50 Euro inkl. 7 % MwSt Dirk Tietzmann, 39245 Gommern Jahres-Abonnementpreis in Deutschland: 32,50 Euro (inkl. Zustellgebühren und Das Stadionwelt-Magazin erhalten Sie im Bahnhofsbuchhandel oder 7 % MwSt) im Stadion. Alle Vertriebsstellen oder Online-Kauf … Jahres-Abonnementpreis in Europa: im Internet bei 45,00 Euro (inkl. Zustellgebühren und … www.stadionwelt.de 7 % MwSt)

Abo-Bestellung: Internet: www.stadionwelt.de Heft 18 erscheint am 1. Juni 2006 Telefonisch: (0 22 32) 57 72-20 Die Redaktion übernimmt keine Haftung für ��Fanszenenporträts ��Statistik unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Sämtliche Texte und Fotos ��Fan- und Stadionnews ��Atmo-Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher ��Stadionporträts ��… und vieles mehr! Genehmigung.

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Rätsel

Rätsel April / Mai 2006 Impressum Schicken Sie uns das Lösungswort und gewinnen Sie 2. Jahrgang 3 x 1 Exemplar „Faszination Fankurve 2“ oder Redaktionsanschrift: Stadionwelt, Schlossstraße 23, 50321 Brühl 3 x 1 „Orakel von Deli“-Fanpaket E-Mail: [email protected] Telefon: (0 22 32) 57 72-0 1 2 3 Fax: (0 22 32) 57 72-12

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Im April-Rätsel suchen wir eine deutsche Fußballmannschaft, die bereits Weltmeister ist. Redaktion: Wo waren unsere Fotografen unterwegs? Aus dem ersten Buchstaben der Stadt, in der Pascal Göllner ([email protected]) das Stadion aus Bild 1 steht, den Buchstaben 2 und 3 der Stadt aus Bild 2 und den Matthias Ney ([email protected]) letzten beiden Buchstaben der Stadt aus Bild 3 ergibt sich das Lösungswort. Johannes Schäfer ([email protected]) Maik Thesing ([email protected]) Unter den Einsendungen mit richtigem Lösungswort werden drei Bücher „Faszination Fankurve. Band 2 – Bilder und Themen des Mitarbeiter dieser Ausgabe (Text & Foto): Jahres 2005“ und drei Fanpakete „Orakel von Deli“ (www.deli- Matthias Bürgel, Thomas Glöy, Erik Eggers, reform.de) verlost. Martin Endemann, René Galuba, Felix Guth, Paul Haines, Carsten Koslowski, Johannes Mäling, Einsendeschluss: 10. Mai 2006 Jörg Mardo, Philipp Markhardt, Christian Meister, Jens Presche, Mike Redmann, Stefan Rem- Einsendungen an: Stadionwelt, Stichwort: scheid, Andy Sanders, Markus Schmalz, Almut Rätsel, Schlossstraße 23, D-50321 Brühl Schmoll, Andreas Schulte, Michael Seiss, Ro- land Solich, Ansgar Spiertz, Gerrit Starczewski, oder per E-Mail (Betreff: „Rätsel“) Thomas Starke, Jennifer Töpperwein, Carsten mit Angabe der Postadresse an Werksnies, Helga Wolf, Stefan Zwing [email protected] Titelgestaltung & Layout: Die Auflösung erfolgt im Juni-Heft. Der Helga Wolf, Kilian Schlang Rechtsweg ist ausgeschlossen. Es nehmen nur ausreichend frankierte Karten teil. Titelfotos: Stadionwelt, Gate 13, Randolf Pfeil, Lösung Februar / März 2006 Paul Haines, Gerrit Starczewski Aus dem ersten und dritten Buchstaben der Stadt, in der das Stadion aus Bild 1 steht, Bildbearbeitung: Michael Friebe (x-tm.de) (GELSENKIRCHEN), dem Buchstaben 2 der Stadt aus Bild 2 (NÜRNBERG) und den Buch- staben 1 und 11 des neuen Stadionnamens aus Bild 3 (COMMERZBANK-ARENA) ergab Nachrichtendienste: dpa sich das Lösungswort GLÜCK. Anzeigenleitung: 1 2 3 Thomas Krämer, Tel.: (0 22 32) 57 72-23

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130 Stadionwelt April / Mai 2006

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