Erfolglose Klage Wegen Zuerkennung Internationalen Schutzes
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VG Augsburg, Urteil v. 07.11.2016 – Au 2 K 16.31963 Titel: Erfolglose Klage wegen Zuerkennung internationalen Schutzes Normenkette: AsylG § 3 Abs. 1, Abs. 4, § 3c, § 3d Abs. 2, § 3e Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 1 Leitsätze: 1. Die Regierung der Region Puntland in Somalia ist grundsätzlich willens und in der Lage, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Zwar verfügt sie nur über vergleichsweise wenige Sicherheitskräfte; bisher hat sich deren Anzahl jedoch als ausreichend erwiesen, um die generellen Sicherheitsbedürfnisse zu erfüllen. (redaktioneller Leitsatz) 2. In Puntland besteht derzeit kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, der zur Zuerkennung subsidiären Schutzes führen könnte. (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte: Somalia, Puntland, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, innerstaatlicher bewaffneter Konflikt Fundstelle: BeckRS 2016, 54675 Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand 1 Die Klägerin gibt an, am …1982 in … (Somalia) geboren zu sein und dem Clan der Derod anzugehören. Sie sei am 19. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wo sie am 30. Juni 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag stellte. 2 Bei der Registrierung der persönlichen Daten am 16. Oktober 2015 sind als Geburtsort „…“ und als Ehemann …, geboren am …1970, eingetragen. 3 Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung durch die Bundespolizeiinspektion … am 16. Oktober 2015 gab die Klägerin als Geburtsort ebenfalls … an. Sie erklärte, Somalia vor vier Monaten verlassen zu haben und über Äthiopien, Sudan und Libyen vor sechs Tagen nach Italien gelangt zu sein. Sie sei verheiratet und habe fünf Kinder im Alter von zweieinhalb bis 12 Jahren, auf die ihre in Somalia lebende Schwester aufpasse. Ihr Reiseziel sei Deutschland gewesen. Sie sei zusammen mit anderen gereist. Sie wolle ihre Kinder und ihre ganze Familie nachholen. In Somalia habe sie viele Probleme. Ihr Mann sei verschollen und sei wegen des Bürgerkriegs geflohen. In Somalia habe sie vor den Milizen Al-Shabaabs ständig Angst gehabt. 4 Bei der Anhörung gemäß § 25 AsylG am 30. Juni 2016 erklärte die Klägerin, sich bis zur Ausreise in … aufgehalten und ihre Heimat im Juni 2015 verlassen zu haben. Zur Finanzierung ihrer Reise, welche ca. 2.000 US-Dollar gekostet habe, habe sie ihren Goldschmuck verkauft. Ihr Neffe lebe noch in Somalia und, soweit sie erfahren habe, seien ihre Kinder, ihre beiden Schwestern und ihre Nichte momentan in … in Äthiopien. Ihr Ehemann sei verschollen. 5 Zum Verfolgungsschicksal befragt führt die Klägerin aus, dass ihr Ehemann namens „…“ von 2005 bis 2009 für die Regierung an den Orten …, … und … tätig gewesen sei. Nach dem Sturz dieser Regierung seien sie gezwungen gewesen, nach … zurückzukehren. Seit 2009 bis 2014 sei ihr Ehemann für die Regierung „…“ als General tätig gewesen. Aufgrund dessen hätten sie sich Feinde geschaffen und seien ständig bedroht worden. Ihre Schwester, ihr Schwager, der Chauffeur ihres Mannes und die Bodyguards seien getötet worden. Ihr Haus sei von Al-Shabaab mit einer Bombe angegriffen worden, woraufhin sie alle geflüchtet seien. Es habe eine Explosion gegeben und jeder Familienangehörige sei in eine andere Richtung geflüchtet. Die Drohungen hätten begonnen, seitdem ihr Mann für die Regierung gearbeitet habe. Der letzte Mord an ihrem Schwager, einem Polizisten, sei am 15. Februar 2016 begangen worden. Der Angriff auf ihr Haus habe sich im März 2014 bzw. 2015 ereignet. Bis zur Ausreise im Juni 2015 habe sie sich in Somalia aufgehalten. Sie habe versucht, ihre Kinder ausfindig zu machen, was ihr aber nicht gelungen sei. Sie wisse auch nicht, ob sich ihr Ehemann bemüht habe, sie zu suchen. Sie habe in Somalia keine Probleme mit der Polizei oder den Behörden gehabt. 6 Mit Bescheid vom 13. September 2016 wurden der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffern 1 bis 3), jedoch festgestellt, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt (Ziffer 4). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben der Klägerin bezogen auf die fluchtauslösenden Gründe und dem weiteren zeitlichen Ablauf widersprüchlich seien und damit erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags bestünden. Die Schilderungen zum ausreisebegründenden Ereignis seien allenfalls als schlagwortartig und detailarm zu bezeichnen. Zudem spreche gegen die behauptete Verfolgungsfurcht auch der Zeitpunkt der Antragstellung. Einer tatsächlich verfolgten Person müsse es sich geradezu aufdrängen, den deutschen Behörden unmittelbar nach der Einreise ihr Gefährdungs- und Verfolgungsschicksal darzulegen. Zusammengefasst habe die Bedrohungssituation nicht substantiiert werden können. Die Äußerungen seien an der Oberfläche geblieben und vermittelten nicht den Eindruck des unmittelbar Erlebten. Die Ausführungen seien stereotyp; auffällig seien die Pauschalitäten und fehlende Präzision der Angaben hinsichtlich des Kerngeschehens. Hiervon ausgehend habe die Klägerin weder eine Vorverfolgung schlüssig, noch eine individuelle konfliktbedingte Gefahr darlegen können. Die Klägerin sei als Zivilperson nicht gefahrerhöhend von willkürlicher Gewalt im Rahmen eines in ihrem Herkunftsland bestehenden innerstaatlichen Konflikts betroffen. Da der Aufenthalt des Ehemannes derzeit unklar sei und aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen lägen gefahrerhöhende Umstände im Sinne des Art. 3 EMRK vor, so dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu bejahen sei. 7 Hiergegen ließ die Klägerin am 26. September 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben. Für sie ist zuletzt beantragt, 8 1. den Bescheid des Bundesamts vom 13. September 2016 in den Ziffern 1 und 3 aufzuheben und 9 2. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Flüchtlingsschutz, hilfsweise subsidiären Schutz zu gewähren. 10 Zur Begründung wurde am 13. Oktober 2016 und 2. November 2016 ausgeführt, dass die Klägerin ihr Heimatland aufgrund nachhaltiger Bedrohung für ihr Leben verlassen habe. Die Wohnung der Familie sei in die Luft gesprengt und die Mitglieder der Familie zerstreut worden. Bei der Suche nach ihren Familienangehörigen sei die Klägerin von Mitgliedern Al-Shabaabs geschlagen, beleidigt und mit dem Tode bedroht worden. In Konsequenz habe sie sich zur Flucht entschlossen. Die Klägerin sei verheiratet mit …, geboren 1968 in …, und habe fünf in den Jahren 2004, 2005, 2009, 2011 und 2013 jeweils in … geborene Kinder. 11 Der Ehemann sei in führender Position des somalischen Militärs für die Regierung tätig gewesen. Ab Ende 2014 habe Al-Shabaab begonnen, die Familie der Klägerin zu drangsalieren und zu bedrohen. Es könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht unvermittelt aus Somalia ausgereist sei, sondern zunächst versucht habe, ihre Familienmitglieder wieder zusammenzubringen. Erst als diese Bemühungen fehlgeschlagen seien und sie weiterhin nachhaltige Gefahr für ihr eigenes Leben zu gegenwärtigen gehabt habe, habe sie sich zur Flucht entschlossen. Da sie die Flucht, die administrativen Anforderungen in Deutschland, die Sprachbarriere habe bewältigen müssen, auf sich allein gestellt und erkrankt gewesen sei, könne ihr die zeitlich verzögerte Antragstellung nicht zur Last gelegt werden. Aufgrund ihrer Erkrankungen habe sich die Klägerin bei ihrer Anhörung in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befunden, was möglicherweise für Unstimmigkeiten mitverantwortlich sei. 12 Mit Beschluss vom 28. September 2016 wurde die Streitsache zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Mit weiterem Beschluss vom 17. Oktober 2016 wurde das Verfahren abgetrennt, unter dem Aktenzeichen Au 2 K 16.32138 fortgeführt und eingestellt, soweit ursprünglich auch beantragt gewesen war, Ziffer 4. des Bescheids des Bundesamts aufzuheben. 13 Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 28. September 2016 die dort geführten Akten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache und stellte auch keinen Antrag. 14 Mit Beschluss vom 4. November 2016 lehnte das Gericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. 15 Unter dem 7. November 2016 trug die Klägerin ergänzend und vertiefend vor. 16 Am 7. November 2016 fand mündliche Verhandlung statt. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom Verhandlungstag verwiesen. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogene Bundesamtsakte Bezug genommen. Entscheidungsgründe 17 Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte zu dem Termin nicht erschienen ist. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Ausbleibens eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Parteien sind form- und fristgerecht geladen worden. 18 Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. 19 Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 13. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, noch auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). 20 1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind nicht erfüllt. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist. Danach ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom