Einsicht 02 Bulletin Des Fritz Bauer Instituts
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Einsicht 02 Bulletin des Fritz Bauer Instituts Fritz Bauer Institut Der Prozess gegen Geschichte und John Demjanjuk in Jerusalem Wirkung des Holocaust vvonon TTomom SSegevegev Editorial NS-Prozesse bedeuten für die deutsche Öffentlichkeit weit mehr als juristische Verfahren zum Nachweis individuell zurechenbarer Straftaten. Sie sind so etwas wie ein „Gruppenexperiment“. 1955 hat Friedrich Pollock für das Frankfurter Institut für Sozialforschung einen Studienbericht unter diesem Titel herausgegeben. Grundla- ge bildeten zahlreiche Gruppendiskussionen, die durch einen prä- parierten Reiztext angeregt worden waren. In diesen Diskussionen wurde die ganze Spannbreite politischer Orientierungen und viel- fach geteilter moralischer Gefühle der deutschen Nachkriegsgesell- schaft zum Sprechen gebracht. Das Fritz Bauer Institut soll durch pädagogische und wissen- schaftliche Arbeit über den Holocaust aufklären. Nicht zufällig trägt es den Namen eines der großen jüdischen Staatsanwälte, der in Frankfurt am Main gegen erbitterte Widerstände den aufsehener- regenden Auschwitz-Prozess in Gang gebracht hatte. So haben wir Liebe Leserinnen und Leser, uns entschlossen, in der aktuellen Ausgabe unseres Bulletins den Prozess gegen John Demjanjuk ins Zentrum zu stellen. Wir freuen mit Einsicht 02 halten Sie die zweite uns, dass wir mit Tom Segev, Sara Berger und Angelika Benz drei Ausgabe des Bulletins des Fritz Bauer hervorragende Autorinnen und Autoren zu diesem Thema gewin- Instituts in Händen. Für die zahlreichen nen konnten. Ihre Beiträge fi nden Sie auf den Seiten 16, 24 und 32. positiven Reaktionen, die wir für un- Wenn ein Strafprozess Bestrafung, Schutz der Gesellschaft und sere neue Publikation von Ihnen erhal- Bestätigung der moralischen Grundnormen bezwecken soll, dann ten haben, möchte ich mich bedanken. scheinen mir solche Prozesse für jede Gesellschaft von entschei- Sie sind uns Bestätigung und zugleich dender Bedeutung. Von den ehemaligen Nazis mag für die Gesell- Ansporn, das Heft in Zukunft noch in- schaft kaum mehr eine aktive Gefahr ausgehen. Ob ein Greis heu- teressanter zu gestalten. Wir sind auch te noch verurteilt werden soll, scheint nicht so wichtig. Zentral ist weiterhin gespannt auf Ihre Resonanz. aber, dass eine Gesellschaft – und sei es zur Not erst über 60 Jahre Ich freue mich, dass wir in diesem Herbst mit der Unterstüt- nach dem Verbrechen – mit aller Deutlichkeit die Norm bestätigt, zung des Hessischen Kultusministeriums und der Stadt Frankfurt am dass sie solche Verbrechen nie ungesühnt lässt. Main ein neues Pädagogisches Zentrum eröffnen konnten. In die- sem werden pädagogische Programme entwickelt, die zum einen Prof. Dr. Raphael Gross die Themen des Fritz Bauer Instituts betreffen, genauso aber auch Frankfurt am Main, im September 2009 die Arbeit des Jüdischen Museums Frankfurt am Main. Wir halten es für wichtig, dass solche Programme sich sowohl mit deutsch-jü- discher Geschichte und Kultur wie auch mit dem Holocaust und 521 Seiten ` 35.- ISBN 978-3-86854-212-7 seinen Folgen bis in die Gegenwart hinein beschäftigen. Es ist da- her eine Chance, dass wir durch die enge Zusammenarbeit mit dem Zwischen Herbst 1942 und Frühjahr 1944 bewachten 28 SS-Aufseherinnen die im Konzentrationslager Majdanek Jüdischen Museum nun in der Lage sind, die pädagogische Arbeit des Fritz Bauer Instituts wesentlich zu verbreitern und institutio- inhaftierten Frauen. Ihre Motive, sich als SS-Aufseherin zu bewerben, und die von ihnen ausgeübte alltägliche »Gewalt nell zu verfestigen. Mehr über die Angebote des neuen Zentrums im Dienstalltag« untersucht Elissa Mailänder Koslov anhand von NS-Dokumenten, Zeugenaussagen, Filmen und lesen Sie auf Seite 10. Das Institut hat mit Dmitrij Belkin einen neuen Mitarbeiter ge- Erinnerungsliteratur. Ihre Studie nimmt die Machterfahrung und Selbstermächtigung, die zunehmende Brutalität wonnen. Er wird sich vor allem mit den Folgen des Holocaust für gegenüber den Häftlingen, aber auch die Binnenverhältnisse und Konflikte zwischen den Frauen, das Verhältnis zu die deutsch-jüdische Nachkriegsgeschichte beschäftigen und dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die russisch-jüdischen Einwan- den männlichen Kollegen und das Machtgefüge im Lager in den Blick. derer legen. Wir freuen uns sehr, ihn bei uns zu begrüßen. Eine kur- Die von den SS-Aufseherinnen ausgeübte physische Gewalt war nicht allein von »von oben« befohlen. Auf allen ze Vorstellung seiner Person fi nden Sie auf Seite 90. Dienstebenen verfügten sie über gewisse Handlungsspielräume und Möglichkeiten, die Anordnungen zu interpre- Foto: Helmut Fricke, Frankfurter Allgemeine Zeitung tieren: Und davon machten sie auch reichlich Gebrauch. Einsicht 02 Herbst 2009 www.Hamburger-Edition.de Inhalt Fritz Bauer Institut im Überblick Veranstaltungen 37 Wehrmachtsfeindliches Apriori? Kritische Anmerkungen Prof. Dr. Felix Semmelroth Halbjahresvorschau zu apologetischer Literatur über den militärischen (Dezernent für Kultur und Wissenschaft) Widerstand / Christian Streit Für den Förderverein 4 Workshop: Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen und 42 »Einen Schlussstrich unter die nationalsozialistische Fritz Bauer Institut e.V. die Öffentlichkeit in Deutschland 1945–1969 Vergangenheit ziehen«. Zur politischen Soziologie eines Brigitte Tilmann (Vorsitzende) Seminar: Entdecken und Verstehen. Bildungsarbeit mit historischen Deutungsmusters / Eike Hennig Herbert Mai (2. Vertreter des Fördervereins) Zeugnissen von Opfern des Nationalsozialismus Für die Johann Wolfgang Goethe- Tagung: Hannah Arendt und die Frankfurter Schule Universität Frankfurt am Main 5 Tagung: Lanzmann und Murmelstein. Erinnerungs- Prof. Dr. Werner Müller-Esterl dokumente im Film aus dem Ghetto Theresienstadt (Präsident der G oethe-Universität) Lehrveranstaltungen und sonstige Veranstaltungen Rezensionen N.N. (2. Vertreter der Universität) Buchkritiken Wissenschaftlicher Beirat 50 Rezensionsverzeichnis: Liste der besprochenen Bücher Prof. Dr. Joachim Rückert (Vorsitzender, Goethe-Universität ) Neuerscheinungen Mitarbeiter und Arbeitsbereiche Prof. Dr. Moritz Epple Aktuelle Publikationen des Instituts Prof. Dr. Raphael Gross (Direktor) (stellv. Vorsitzender, Goethe- Universität) Nachrichten und Berichte PD Dr. habil. Werner Konitzer Prof. Dr. Wolfgang Benz 7 Werner Konitzer, Raphael Gross (Hrsg.): Moralität des Information und Kommunikation (stellv. Direktor, Forschung) (Zentrum für Antisemitismusforschung, Bösen. Ethik und nationalsozialistische Verbrechen Dr. Jörg Osterloh Berlin) 8 Christoph Jahr: Antisemitismus vor Gericht. Debatten Aus dem Institut (Zeitgeschichtsforschung) Prof. Dr. Dan Diner über die juristische Ahndung judenfeindlicher Agitation in 89 Fritz Bauer Archiv / Neuer wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Dmitrij Belkin (Ideen-, Rechts- (Simon-Dubnow-Institut für Jüdische Deutschland 1879–1960 Aus dem Förderverein und Migrationsgeschichte) Geschichte und Kultur, Leipzig) 9 Marion Imperatori: Als die Kinder in Langen samstags zur 91 Bericht des Vereinsvorstands Werner Renz (Archiv und Bibliothek) Prof. Dr. Atina Grossmann Synagoge gingen. Eine Zeitreise in die Vergangenheit Aus Kultur und Wissenschaft Ronny Loewy (Cinematographie (Cooper Union University, New York) 92 Jüdische Pfl egegeschichte / Gedenkbuch für die Opfer des des Holocaust) Prof. Dr. Volkhard Knigge Nationalsozialismus / Online-Archiv zur Zwangsarbeit / Werner Lott (Digital- und Printmedien: (Stiftung Gedenkstätten Buchenwald Yad Vashem / Deutsch-israelischer Jugendaustausch / u. a. Information und Kommunikation) und Mittelbau-Dora) Manuela Ritzheim (Verwaltungs- Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber Pädagogisches Zentrum Haupteingang des IG Farben-Hauses auf dem Campus und Projektmanagement) (Sigmund Freud Institut, Frankfurt) Frankfurt am Main Westend der Goethe-Universität. Foto: Werner Lott Dr. Katharina Rauschenberger Prof. Dr. Gisela Miller-Kipp (Projekt koordination) (Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf) 10 Pädagogisches Zentrum eröffnet: Jüdische Geschichte und Ausstellungsangebote Das Fritz Bauer Institut ist eine interdis- Sarah Dellmann (Sekretariat) Krystyna Oleksy Gegenwart, Geschichte und Nachgeschichte des Holocaust Wanderausstellungen des Instituts ziplinär ausgerichtete, unabhängige For- (Museum Auschwitz- Birkenau) 12 Angebote und Beratung, Fortbildungen, Studientage zum schungs- und Bildungseinrichtung zur Mitarbeiter des Pädagogischen Zentrums Prof. Dr. Walter H. Pehle Auschwitz-Prozess und zum Norbert Wollheim Memorial 97 Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung Geschichte der nationalsozialistischen Mas- Gottfried Kößler (S. Fischer Verlag, Frankfurt) der Juden in Hessen 1933–1945 senverbrechen, insbesondere des Holocaust, (stellv. Direktor, Pädagogik) Prof. Dr. Peter Steinbach 98 Ein Leben aufs neu. Das Robinson-Album / Die IG Farben und ihren Folgen bis in die Gegenwart. Es Dr. Wolfgang Geiger (Universität Karlsruhe) und das Konzentrationslager Buna/Monowitz trägt den Namen des ehemaligen hessischen Monica Kingreen Prof. Dr. Michael Stolleis Generalstaatsanwalts Fritz Bauer. Manfred Levy (Goethe- Universität Frankfurt) Einsicht Am 11. Januar 1995 wurde das Institut vom Dr. Martin Liepach Forschung und Vermittlung Land Hessen, der Stadt Frankfurt am Main Rat der Überlebenden des Holocaust und dem Förderverein Fritz Bauer Institut e.V. Stiftungsrat Trude Simonsohn (Vorsitzende), 16 »Der Fall ist abgeschlossen, aber unvollendet«. Der Prozess Publikationen als Stiftung bürgerlichen Rechts ins Leben Für das Land Hessen Sigmund Freund, Inge und Dr. Heinz gegen John Demjanjuk in