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Mai 2000 Medien in Luxemburg 45

Interview mit -Direktor Alvin Sold Gesunde Finanzen? Die S.A. , Herausgeberin u.a. der zweitgrößten Luxemburger Tageszeitung tageblatt, reagiert auf die verschärfte Konkurrenz und die dynamische Entwicklung des Luxemburger Pressemarktes mit hohen Investitionen (Druckerei), neuen Produkten () und Zukäufen (Editions Revue). Im folgenden ein Interview mit Alvin Sold, Präsident des Verlegerverbandes und Direktor des tageblatt und der Editpress zum Thema „Finanzierung der Presse“. forum: Herr Sold, das tageblatt finanziert verschiedenen Aktivitäten sehen, man aus der Werbung 58 % und aus der Pres- sich aus Abonnenteneinnahmen, Kioskver- kann die ganze Gruppe betrachten, oder sehilfe etwa 9 %. kauf, Werbung und Pressehilfe. Wie sind man kann ein einzelnes Presseprodukt diese einzelnen Posten gewichtet? betrachten wie etwa das tageblatt. forum: Ist die Pressehilfe, wie oft gesagt wird, wirklich notwendig, um eine gewisse Alvin Sold: Ihre Frage kann ich eigent- Pressepluralität in Luxemburg zu garan- lich nur beantworten, wenn ich zuerst "Der Werbemarkt wächst tieren? erläutere, was das Mutterhaus Editpress durchschnittlich um 8 bis 10 % Sold: Für die Wahrung der Medien- alles sonst noch macht. Editpress gibt im Jahr. Am schnellsten wächst das tageblatt heraus und die Wochen- pluralität ist sie sicherlich notwendig. dabei aber der Anteil der zeitschrift Le Jeudi, das Unternehmen Ich könnte mir vorstellen, dass ein- druckt Fremdaufträge auf seiner Rota- audiovisuellen Medien, seitdem zelne Zeitungen nicht mehr finanzier- tionsmaschine und hat mit „Le Phare“ RTL-Fernsehen aufgrund des bar wären ohne Pressehilfe. Aber vom einen eigenen Buchverlag. Desweiteren neuen Konzessionsvertrages mehr tageblatt kann ich sagen, dass es auch ist Editpress S.A. die Mut- Werbung ausstrahlen darf." innerhalb des Editpress-Verlages über tergesellschaft von 5 hunderprozenti- die Runden käme, selbst wenn es keine gen Tochtergesellschaften und ist betei- Presseförderung gäbe. Übrigens mag ich ligt an acht weiteren Unternehmen, 1998 sah die Einnahmestruktur des tage- das Wort Pressehilfe nicht sonderlich, die direkt oder indirekt mit der Presse blatt folgendermaßen aus: Aus Abonne- treffender wäre die Bezeichnung ‚Pres- zu tun haben. Man kann also das ments schöpften wir 25,5 % unserer Ein- seförderung‘. Die Presseförderung ist Verlagshaus als solches mit seinen nahmen, aus dem Kioskverkauf 7,5%, dennoch wichtig auch für Titel, die an sich keine Verluste einfahren, denn sie dient der Qualitätsverbesserung unserer "Es wäre auch für die Qualität unseres Blattes hilfreich, wenn wir den in diesem Teil Europas üblichen Zeitungen. Die Frage stellt sich natür- Verkaufspreis fragen könnten." lich, ob die Pressehilfe jeweils richtig eingesetzt wird. Da sollte man viel- leicht einmal die Leser fragen, ob sie in den letzten zwei, drei Jahren - seit- dem die Pressehilfe aufgestockt wurde - merkliche Verbesserungen bei den ein- zelnen Titeln feststellen konnten? forum: Ist der Anteil der Presse am Wer- bemarkt eigentlich in den letzten Jahren zurückgegangen, wie das ja auch im Aus- land zu Gunsten der audiovisuellen Medien zu beobachten ist?

Sold: Die Werbeinvestitionen sind anteilsmäßig am Bruttoinlandsprodukt in Luxemburg sowieso relativ beschei- den. Luxemburg ist ein Land, in dem 46 Dossier forum 200

eigentlich wenig Werbung gemacht drei Titeln das gesamte Spektrum viel Graffiti passt hier sehr gut in unser wird. Das liegt zum Teil daran, dass besser abdecken. Wir haben eine Tages- Konzept. Damit sind wir jetzt in allen in Luxemburg der Werbeträger Fernse- zeitung, das tageblatt, das eine 1913 Sparten präsent. hen von den Nachbarländern Belgien, gegründete politische Tageszeitung ist, Frankreich und Deutschland mitabge- die ihren Auftrag hat, an dem sich - forum: Lässt sich dadurch in Zukunft deckt wird. Viele Werbeetats werden so hoffe ich - in den nächsten Jahren auch der Werbeverkauf Ihrer Gruppe ver- also nicht direkt in Luxemburg ausge- auch nichts ändern wird. Wir haben bessern? geben, sondern z.B. in Brüssel - wobei im Verlagshaus Editpress mit Le Jeudi Sold: Wir gehen grundsätzlich davon dann Luxemburg einkalkuliert wird. eine französisch-sprachige Wochenzei- aus. Die Werberegie (der Verkauf der Die Luxemburger lassen sich z.B. auch tung, die von Sprache und Inhalt her Werbung) der Revue liegt zur Zeit in über das deutsche Privatfernsehen zum als Nischenprodukt auf Leserschichten den Händen der IP, einer CLT-Toch- Teil werbemäßig mitabdecken. zielt, die über eine gute Bildung ver- ter. Mittelfristig zielen wir aber auf fügen und die sich stark für Politik, den Aufbau einer eigenständigen Regie, Davon abgesehen muß man aber fest- Kultur und Hintergrundinformationen einer Firma, die neben der Revue natür- stellen, dass der Werbekuchen in lich auch die anderen Produkte des Hau- Luxemburg ein korrektes Wachstum ses Editpress vermarkten könnte und - aufweist. Der Werbemarkt wächst warum nicht - auch für andere Zeitun- durchschnittlich um 8 bis 10 % im Jahr. "Vor einigen Jahren haben wir gen arbeiten könnte. Am schnellsten wächst dabei allerdings geprüft, ob in Luxemburg nicht tatsächlich der Anteil der audiovisu- ein einziges Druckzentrum für alle forum: Ist die Revue ein Unternehmen, ellen Medien, seitdem RTL-Fernsehen Tageszeitungen genügen würde. das schwarze Zahlen schreibt? aufgrund des neuen Konzessionsvertra- Wir haben uns dann aus Sold: Die Edition Revue kann eindrucks- ges mehr Werbung ausstrahlen darf. technischen und d.h. finanziellen Der Bedarf für Fernsehwerbung ist also volle Zahlen vorweisen. Erstens: es da, aber auch dieser Bedarf wird eines Gründen dagegen ausgesprochen." ist kein Verlustgeschäft; zweitens: es Tages an seine Grenzen stoßen. Dafür, bestehen rund 21.000 Abonnements und drittens: am Kiosk werden Woche dass die geschriebene Presse unter die- interessieren. Mit haben wir für Woche rund 6000 Zeitschriften ver- ser Entwicklung gelitten hätte, gibt es eine portugiesisch-sprachige Wochen- kauft. aber keine Anzeichen. zeitschrift, die von der 100% Tochter- forum: Sie haben neben dem tageblatt gesellschaft Polygraphic herausgegeben forum: Eine zweite wichtige unternehmeri- einige weitere Produkte des Hauses Edit- wird. Aus unserer Sicht war es dann sche Entscheidung war der vor zwei Jahren press genannt: die Wochenzeitungen Le nur logisch, dass die fehlende Zeitung beschlossene Kauf einer großen Rotations- Jeudi und Correio. Daneben sind Sie in diesem Sortiment, nämlich das Fami- presse (Druckmaschine), deren Inbetrieb- gemeinsam mit der belgischen Gruppe Ros- lien- und Fernsehmagazin, entweder nahme für Ende dieses Jahres geplant ist. sel, die u.a. Le Soir herausgibt, zu jeweils geschaffen oder hinzugekauft werden Was war die Überlegung hinter dieser mas- 50% Miteigentümer von Luxpost/Weekend, mußte. Auch das Automagazin und das siven Investition in die Produktionskapa- Sie sind im Radiobereich engagiert mit auf die Jugend ausgerichtete Magazin zitäten? einem 25% Anteil an Eldoradio, in den neuen Medien sind Sie mit dem Internet- "Der Kleinkrieg zwischen Verlegern, die sich eigentlich nur noch für die Geschäftskonten interessieren Anbieter Netline präsent. Hinzu kommen und nicht mehr für die Inhalte ihrer Zeitungen, und der Redaktion kann entschärft werden…" eine Reihe von Unternehmen der Kommu- (auf dem Photo: François Wagner / tageblatt) nikationsbranche, z.B. die Werbeagentur Comed und die Serviceanbieter Mediation und Luxdiffusion.

Sold: Und seit kurzem haben wir eine 100% Beteiligung an den Edition Revue S.A. forum: Auf diesen Neuerwerb wollte ich zu sprechen kommen. Standen hinter der Entscheidung zum Ankauf der Revue kom- merzielle Überlegungen? Sold: Zur Edition Revue S.A. gehören ja drei Titel: Revue, Auto-Revue und Graffiti. Als die Voreigentümer RTL und Cactus-Gruppe ihre Verkaufsab- sichten signalisierten, stellte sich für uns die Frage, ob ein Erwerb opportun sei. Tatsächlich können wir mit diesen Mai 2000 Medien in Luxemburg 47

Sold: Als Verleger steht man vor der ihre Lebensdauer überschritten hat und in den nächsten Jahren in diese Druckerei Wahl, den Druck auszulagern, d.h. bei in vielerlei Hinsicht nicht mehr befrie- gehen werden. Dritten in Auftrag zu geben, oder die- digend arbeitet. 1978 wurde z.B. sehr Sold: Im extremen Notfall könnte das so sen Teil der Produktion im Hause sel- wenig mit Farbe gearbeitet, heute sind gedacht sein. Wir sind aber realistisch- ber abzuwickeln. Vor einigen Jahren auch Tageszeitungen auf gute Farbqua- optimistisch in dieser Frage. Natürlich haben wir geprüft, ob in Luxemburg litäten angewiesen. können schon leichte Verschiebungen nicht ein einziges Druckzentrum für z.B. bei den Werbeeinnahmen für die alle Tageszeitungen genügen würde. forum: Das tageblatt hat von einer Bilanz des tageblatt bedeuten, dass aus Damals plante das , Investition von 430 Millionen Franken schwarzen Zahlen rote Zahlen wer- d.h. die Sankt Paulus Druckerei ihre geschrieben? den. Unsere Zeitungen sind ja in sehr neue Rotationsmaschine. Die Prüfung Sold: Ja, an der Ausfahrt Esch-Reme- hohem Masse von den Werbeeinnah- ergab aber für den gesamten Kreis der rich gegenüber dem nationalen Weiter- men abhängig. Beteiligten, dass dieser Weg keinen Sinn machen würde. Die Maschine wäre, Persönlich wäre es mir lieber, wenn wir wenn sie die verschiedenen Luxembur- "In unseren Nachbarländern stattdessen einen korrekteren, höheren ger Zeitungen mit ihren Spezifizitäten kostet eine Regionalzeitung etwa Preis für die Abonnements und im Ver- hätte herstellen müssen, so komplex 2000 Franken pro Quartal. kauf erzielen könnten. In Frankreich, und teuer geworden, dass sie sich finan- Bei uns wird der Preis praktisch Deutschland und Belgien kostet eine ziell nicht mehr gerechnet hätte. Ein- vom Luxemburger Wort Regionalzeitung etwa 2000 Franken pro zelne Maschinen sind unter den gege- Quartal. Bei uns wird dieser Preis prak- benen Bedingungen tatsächlich kosten- vorgegeben, das es sich leisten tisch vom Luxemburger Wort vorgege- günstiger. Die Frage stellte sich zum kann, seine Zeitung für etwa 1000 ben, das es sich leisten kann, seine Zei- Beispiel auch, ob eine einzige Maschine Franken pro Quartal anzubieten." tung für etwa 1000 Franken pro Quar- zwei Zeitungen – also etwa Luxembur- tal anzubieten. Die anderen Titel leiden ger Wort und tageblatt - simultan druc- bildungszentrum entsteht jetzt unsere darunter und müssen sich in gewisser ken kann, oder ob die eine Zeitung neue Zeitungsdruckerei, die aus Lager, Weise an diesem Preisniveau orientie- vor der anderen gedruckt werden muß. Druckmaschine und Versandraum ren. Allerdings hat sich das tageblatt vor Dahinter steht natürlich die Frage des bestehen wird. Dort können dann aus- einigen Jahren von diesem ‚Standard- Redaktionsschlusses, der für die eine schließlich Zeitungen gedruckt wer- preis‘ abgekoppelt und verlangt jetzt Zeitung dann merklich vorgezogen ist den, nicht jedoch Magazine wie etwa 1430 Franken pro Quartal. Dass unsere und bei der Aufbereitung der Nach- die Revue. Die von ihnen genannten Leser uns trotz dieses höheren Preises richten einen Nachteil bedeuten kann. 430 Millionen beinhalten die Gesam- die Treue halten, sehen wir als zusätz- Das wäre alles so schwerfällig gewor- tinvestition für das Druckzentrum, d.h. lichen Vertrauensbeweis. den, auch in vertraglicher Hinsicht, und das Gebäude, die Druckmaschine, die hätte kaum mehr im Verhältnis zu den Trotzdem wäre es auch für die Qualität Versandanlage und die übrige Technik. relativ bescheidenen Auflagen gestan- unseres Blattes hilfreich, wenn wir den Unsere Prepress-Einrichtungen (d.h. den, um die es hier ja eigentlich geht. in diesem Teil Europas üblichen Ver- Belichtung der Filme, Computer to kaufspreis fragen könnten. Wir haben forum: Diese Druckmaschine hätte einer plate usw.) sind auf hohem technischen die gleichen Papierkosten, die gleichen eigenständigen Firma gehört, an denen die Stand und brauchen keine zusätzli- Maschinen und Unterhaltskosten, zah- einzelnen Partner dann beteiligt gewesen chen Investitionen. Dieser Teil der Pro- len die gleichen Honorare für die Nach- wären? duktion bleibt hier in der Kanalstrasse richtenagenturen und zahlen korrekte in Esch. Auch die Redaktion und die Gehälter, die sich mit dem Lohnniveau Sold: Ja, so war das gedacht. Die Verwaltung werden im alten Gebäude in den Nachbarländern sehr wohl ver- Maschine hätte allerdings auf dem bleiben. gleichen lassen. Also gibt es eigentlich Standort des Luxemburger Wort, auf einer keinen Grund im Verkaufspreis unter Immobilie der Sankt Paulus Druckerei forum: Selbst wenn es bei der ursprüng- diesem regionalen Niveau zu bleiben. gestanden. lich geplanten Investitionssumme bliebe, ist Ihr Spielraum doch auf Jahre hinaus Es ist schon vermutet worden, dass hin- forum: Waren die politischen Berüh- eingeschränkt. Sind Sie nicht in Zukunft ter dem Verhalten des ‚Billiganbieters‘ rungsängste tatsächlich so gering, dass sehr abhängig etwa von Druckaufträgen Luxemburger Wort eine Dumpingstrate- dieses Projekt einer gemeinsam betriebe- aus dem Ausland? gie steht. nen Druckmaschine wirklich nur an tech- forum: Über Luxpost/Weekend sind sie nischen Gründen scheiterte? Sold: Den Spielraum müssen Sie aus dem Blickwinkel der gesamten Gruppe mit der Rossel-Gruppe aus Belgien (u.a. Sold: Es handelte sich objektiv um tech- betrachten. Es sind die Erträge der Le Soir) verbunden. Ist mittelfristig eine nische und das heißt finanzielle Gründe, Gruppe, die den Spielraum definieren. noch engere Zusammenarbeit geplant? warum wir diesen Weg nicht gegangen Ginge es nur um die Muttergesellschaft Sold: Im Internet-Bereich haben wir sind. Editpress, könnte sie sich diese Investi- gemeinsame Projekte. Auch im Print- tion sicherlich nicht leisten. Eine neue Maschine wurde für uns bereich gibt es eine Idee für ein neues trotzdem notwendig, weil unsere jet- forum: Das heißt, dass die Gewinne der gemeinsames Projekt, von dem ich aber zige Anlage aus dem Jahr 1978 stammt, verschiedenen Unternehmen Ihrer Gruppe heute noch nicht sprechen möchte. 48 Dossier forum 200

forum: In den meisten Presse- und Medien- man fähigen Leuten aus der Redaktion herstellen. Der Auftrag wird regelmä- häusern hat es sich mittlerweile durchge- erlaubt, ganz nach oben zu steigen, um ßig ausgeschrieben und kein Drucker setzt, dass der Chefredakteur nicht gleich- - natürlich im Team mit guten Fach- kann sich darauf verlassen, diesen Auf- zeitig für die finanziellen Fragen des Unter- kräften – das Unternehmen zu leiten. Es trag zu erhalten. Die Preise werden wie nehmens zuständig ist. Sie sind bei der hat fast Symbolcharakter, wenn an der alle Preise von der Abgeordnetenkam- Editpress sowohl Verwaltungsdirektor, also Spitze eines Presseprodukts ein Journa- mer kontrolliert. Zur Zeit wird der Auf- im weitesten Sinne für die tägliche Abwick- list steht. Denken sie etwa an Colom- trag von der Druckerei COPE wahrge- lung, die Geschäftsführung und für die biani von Le Monde. nommen. Finanzen zuständig, als auch Chefredak- forum: Davor war es Ihr Haus. Und wenn teur des tageblatt und damit für die redak- man das weiter in die Vergangenheit zurück tionelle Leitung der Zeitung verantwort- "Wenn man das Chamber-Bulletin betrachtet, kommt man zum Schluss, dass lich. Ist dieses ‚zentralistische‘ Manage- immer drucken würde, es sich um einen Turnus handelt. mentmodell noch zeitgemäss? wäre es ein noch interessanterer Auftrag. Sold: Sie können dieses Gefühl haben, Sold: Es war noch vor etwa einer Gene- aber dann hat der Zufall hier eine glück- ration zeitgemäß und scheint es heute Aber dann würde der Auftraggeber wahrscheinlich liche Hand gehabt. Wir würden das erneut wieder zu werden. Chamber-Bulletin liebend gerne immer bessere Bedingungen verlangen." forum: Und Sie haben diese Zeitspanne drucken und den anderen geht das glücklich überbrückt? sicherlich genauso. forum: Dem tageblatt liegt seit kurzem forum: Würden Sie es am liebsten immer Sold: Ja. Vor etwa 25 Jahren mußte einmal im Monat die deutsche Ausgabe drucken, weil es ein besonders interessan- sich die Printbranche technisch umstel- des Monde Diplomatique bei, für die das ter Auftrag ist? len von Bleisatz in Richtung Licht- tageblatt ja keine redaktionelle Mehrar- bzw. Photosatz und vom Hochdruck beit zu leisten hat, weil sie integral über- Sold: Wenn man es immer drucken zum Offset-Druck. Auf diese Umstel- nommen wird. Gedruckt wird aber im würde, wäre es ein noch interessanterer lungsphase und die hohen Investitionen Hause Editpress. Deckt die Pressehilfe die Auftrag. Aber dann würde der Auftrag- waren viele Unternehmen nicht vorbe- zusätzlichen Druckkosten ab? Ist diese Bei- geber wahrscheinlich bessere Bedingun- reitet. Niemand hatte erwartet, dass die lage also kostenneutral? gen verlangen. Das ist so üblich. Als Technik Gutenbergs eines Tages ausge- Pressehilfe würde ich dieses Geschäft dient haben würde. Viele Presseunter- Sold: Ich glaube nicht, dass diese Bei- jedenfalls nicht bezeichnen. nehmen gerieten in finanzielle Schwie- lage unter die Pressehilfe fällt. Es gab in rigkeiten und versuchten - auch auf der zuständigen Kommission darüber forum: Zum Abschluss noch eine Frage Druck der Banken hin - die Unterneh- auch Meinungsverschiedenheiten. Aber zur politischen Ausrichtung des tageblatt. mensleitung aus den Händen der Chef- sollten diese Seiten berücksichtigt wer- Sie weisen immer wieder auf die Unabhän- redakteure in die Hände von speziali- den, dann sicherlich nicht zum vollen gigkeit der Zeitung gegenüber den beiden sierten Leuten zu überführen. Für das Tarif. Doch ehrlich gesagt, weiß ich es Miteigentümern OGBL und LSAP hin. Ist Verlagsgeschäft nahm man dann z.B. nicht genau. Sie sehen, die Pressehilfe das tageblatt noch eine linke Zeitung? einen Volks- oder Betriebswirt, für den hat für mich nicht den Stellenwert, den Sold: Um diese Frage zu beantworten, Druckbereich suchte man einen Ingeni- Sie ihr vielleicht zumessen. müsste man zuerst definieren, was eur anstelle des Druckers, der sich hoch forum: Alle zwei Jahre vergibt die luxem- ‚links‘ heute bedeuten soll. Ich habe gearbeitet hatte, und für die Informa- burgische Abgeordnetenkammer einen sehr nichts dagegen, das tageblatt als ‚linke tik nahm man fertig ausgebildete Infor- interessanten Druckauftrag, nämlich den Zeitung‘ zu bezeichnen. Aber mein matiker. Auch für die Journalisten galt Druck des ‚Chamber-Bulletins‘, der an alle wirklicher Standpunkt ist das Streben plötzlich, dass junge Leute von der Uni Haushalte des Landes verteilt wird. Es nach Gerechtigkeit, d.h. Gleichheit vor gesucht waren, die eine gute Allgemein- scheint, dass dieser Druckauftrag im Tur- dem Gesetz und Chancengleichheit. bildung plus Fachwissen in einer nus an die vier möglichen Anbieter Edit- Und das führt uns dann sofort zur bestimmten Richtung aufwiesen - egal press (tageblatt), Imprimerie Saint Paul Gesellschaftspolitik, zur Bildungspo- ob sie dann schreiben konnten oder (LW), COPE (Zeitung) und Imprimerie litik und zur internationalen Politik, nicht. Man nahm an, dass sich das Centrale (Journal) vergeben wird. Kann denn Gerechtigkeit darf nicht an unse- Schreiben schon noch lernen ließe. Und man hier von einer versteckten Pressehilfe ren Grenzen aufhören. heute? In einem wieder veränderten sprechen? wirtschaftlichen Umfeld wird erneut forum: Wie steht es mit Gleichheit und nach Inhalten gefragt, und das setzt Sold: Die luxemburgische Abgeordne- Brüderlichkeit? voraus, dass die Redaktion über die tenkammer hat sich als einziges Parla- Sold: Brüderlichkeit ist eine moralische nötigen Mittel verfügt. Der Kleinkrieg ment Europas dazu entschieden, seine Kategorie, die ich als zivilisierter zwischen Verlegern, die sich eigentlich Debatten als Text integral der Bevöl- Mensch natürlich unterstütze. nur noch für die Geschäftskonten kerung zugänglich zu machen. Ob das interessieren und nicht mehr für die sinnvoll ist, darüber kann man disku- Inhalte ihrer Zeitungen, und der Redak- tieren. Jedenfalls können nur Zeitungs- Das Interview fand am 19. April 2000 statt. tion kann entschärft werden, wenn rotationsmaschinen dieses Produkt (JST)