Nr 107 2014 EDITORIAL

Alles so schön bunt hier

„Luxemburg ist ein Zeitungsland. Für eine halbe Million in Hülle und Fülle aus dem „Wort“ und dem „“, Einwohner erscheint augenblicklich ein halbes Dutzend die Rotationsmaschinen liefen auf Hochtouren, es kamen Tageszeitungen. Für die zweieinhalb Millionen Lothringer neue und noch buntere Presseprodukte hinzu, und die oder die eine Million Saarländer gibt es dagegen jeweils Chefredakteure und Werbeagenturen frohlockten. nur noch eine Tageszeitung. Als das Internet dann seine Netze über den Erdball Diese Vielfalt der Luxemburger Presse erklärt sich mit spannte, dämmerte es einigen freien Geistern, dass die ihrer doppelten und dreifachen Funktion, die bisher eine neue Zeit wohl doch mittel- und langfristig Bäume schützen wirtschaftliche Konzentration wie in den Nachbar­ würde, weil man vielleicht in Bälde kaum mehr Papier regionen verhinderte: Durch die geringen Dimensionen benötigen würde in der flimmernden digitalen Welt. des Landes sind die Tageszeitungen zugleich nationale Heute machen wir uns schon ganz laut Gedanken über Zeitungen, Lokalblätter und Parteiorgane. Nach den „nivellement vers le bas“, Zeitungssterben, Verflachung Kriterien des wirtschaftlichen Gewinns würde wohl auch der Medien, Vermischung von Lobbyismus und Journalismus hierzulande ein einziges Monopolblatt, wie der Républicain und über ähnlich beunruhigende Phänomene. Lorrain oder die Saarbrücker Zeitung, genügen. Was Sie, liebe Leserin, lieber Leser, hier in Händen halten, Den Pressepluralismus gewährleistet der politische ist eine Zeitschrift, deren Herstellung viel Arbeit gekostet Gewinn, welchen, neben anderen Funktionen, hat. Die Redaktion hat gute Mitarbeiter ausgewählt, insbesondere die Tageszeitungen den ihnen nahe die Texte und Reportagen wurden sorgfältig redigiert stehenden Parteien erbringen sollen.“ und illustriert, und der Grafiker gab sein Bestes, um das So beschreibt Romain Hilgert, der Chefredakteur Layout so übersichtlich und ästhetisch wie möglich zu von D’Lëtzebuerger Land, in dieser ons stad-Nummer gestalten. Und last but not least wurde sehr viel Korrektur die Situation der geschriebenen Presse in Luxemburg. gelesen, damit keine unschönen Fehler stehen blieben. In den achtziger und neunziger Jahren schien es, als habe ons stad ist übrigens keine Gratiszeitung, die von der Einzug der Computertechnologie nach den grauen Werbung finanziert wird, sondern eine Publikation, Zeiten des Bleisatzes eine qualitative und quantitative die über ein eigenes Budget der Stadt Luxemburg verfügt Revolution eingeläutet. Der hiesige Blätterwald wurde und sich als journalistische, historische und kulturelle immer bunter und schöner, die Reklame- und TV-Beilagen Dienstleistung für alle Bürger begreift. purzelten allmorgendlich zur Freude der Abonnenten Sie erscheint seit 1979 und hat bisher dem Zeitgeist die Stirn geboten.

Titelbild: © Saint-Paul r.cl. SOMMAIRE

4 38 52 60 Von der Clef du cabinet Ceci est un journal Zeitungsredakteurin mit SIP, Presserat, zum Internet Le Lëtzebuerger Land, Migrationshintergrund Journalistenverbände In drei Jahrhunderten hebdomadaire indépendant Allein der journalistische Luc Caregari über die Funda- erschienen hierzulande et critique, vient de fêter Blick zählt mente eines Berufsstandes über 400 Zeitungen ses soixante ans. Et résiste dans un contexte de crise Uli Botzler über deutsch- Luxemburg ist ein Zeitungsland. luxemburgische Beziehungen 66 Für eine halbe Million Einwohner Par Josée Hansen Ohne Drucker keine Zeitung erscheint augenblicklich ein halbes Die turbulente Geschichte Dutzend Tageszeitungen. Für die 40 54 Luxemburger zweieinhalb Millionen Lothringer „...Ihr habt ja schon Protestations, intimidations, Zeitungsdrucker oder die eine Million Saarländer procès et censure wieder Feierabend!“ Ein Beitrag von Stadtarchivarin gibt es dagegen jeweils nur noch L’Allemagne nazie face à la presse eine Tageszeitung. Der Journalistenberuf aus der Evamarie Bange Sicht eines Anfängers - in drei luxembourgeoiseau cours des années Ein historischer Exkurs Sequenzen. 1930 von Romain Hilgert Persönliches von David Angel Par Paul Lesch 8 Le journal d’un siècle Du «Escher Tageblatt» au «Tageblatt» Le premier numéro du «Escher Tageblatt » parut le 30 juin 1913 à Esch/Alzette avec le sous-titre «organe démocratique pour les intérêts du canton d’Esch » («Demo- kratisches Organ für die Interessen des Kantons Esch »). Si la référence géographique a été rayée dans le titre du journal en 1947, celui-ci reste jusqu’aujourd’hui solidement implanté dans ce canton. 68 Par Ben Fayot La collection luxembourgeoise 42 57 du Musée National 16 Une rétrospective Fast so alt wie Les dernières nouvelles d’Histoire et d’Art sur le magazine Revue, du papier Wil Lofy der Luxemburger Staat à la veille de son Das „“ erlebte 70e anniversaire Par Anne Schmitt Par Nathalie Becker und reflektierte die guten und die Par Christian Mosar schlechten Zeiten unseres Landes. 58 71 Von Léon Zeches „Eng Lëtzebuerger Was bedeuten 44 Journalistekarriär“ die Straßennamen „Lëtzebuerger Journal“ der Stadt? 24 Freigeist und Pluralismus Eng Short-Story Heft, Illustrierte, Magazin, seit 1948 vum Nico Helminger Eine Serie von Simone Beck Revue, Klatschblatt, Postille, Journal, Fachblatt, Von Nic. Dicken 72 Jahreschrift, Monatsschrift, Théâtres de la Ville Vierteljahresschrift… 46 Comment vous raconter Zeitgeist in Zeitschriften „Die ‚Zeitung‘ versteht sich la saison? als Interessenvertretung Ein Rückblick Par Simone Beck von Jean-Marie Reding der arbeitenden Menschen“ Von Henri Fischbach 75 30 Aktuelles aus der Web statt Papier 48 Cité-Bibliothek Das Zeitungswesen Version .lu de Feierkrop So alt wird keine Kuh Eine Reportage von Christiane Grün Jacques Drescher über Luxemburgs 78 dienstältestes Satireblatt Cercle-Cité 34 Calendrier culturel Chefredakteur Zirfeld 50 und Korrektor Frick Die „“: Journalismus gestern Ein Projekt, das es und heute eigentlich nicht geben sollte René Clesse über alte Richard Graf über Durchhaltever- und neue Trends und Tendenzen mögen im einheimischen Pressewald

ons stad N° 107 Décembre 2014

Recherche internet: onsstad.vdl.lu Supervision: Patricia Rix Périodique édité par Rédaction et coordination: René Clesse l’administration communale Layout: Stéphane Cognioul, de la Ville de Maison Moderne, Luxembourg paraissant trois fois par an Photos: Vic Fischbach, Guy Hoffmann, Fondé en 1979 par Henri Beck † Photothèque de la Ville de Luxembourg Tirage: 54 000 exemplaires Dessins: Pit Weyer Distribution à tous les ménages Imprimé sur les presses de de la Ville de Luxembourg I’lmprimerie St-Paul S.A., Luxembourg Von der Clef du cabinet zum Internet

In drei Jahrhunderten erschienen hierzulande über 400 Zeitungen

Luxemburg ist ein Zeitungsland. iese Vielfalt der Luxemburger Presse erklärt sich mit ihrer doppelten und Für eine halbe Million Einwohner Ddreifachen Funktion, die bisher eine wirtschaftliche Konzentration wie in erscheint augenblicklich ein halbes den Nachbarregionen verhinderte: Durch die geringen Dimensionen des Lan- Dutzend Tageszeitungen. Für die des sind die Tageszeitungen zugleich nationale Zeitungen, Lokalblätter und Parteiorgane. Nach den Kriterien des wirtschaftlichen Gewinns würde wohl zweieinhalb Millionen Lothringer auch hierzulande ein einziges Monopolblatt, wie der Républicain Lorrain oder die eine Million Saarländer oder die Saarbrücker Zeitung, genügen. Den Pressepluralismus gewährleistet gibt es dagegen jeweils nur noch der politische Gewinn, welchen, neben anderen Funktionen, insbesondere eine Tageszeitung. die Tageszeitungen den ihnen nahe stehenden Parteien erbringen sollen.

4 Im Juli 1704 erschien – Die große Pressevielfalt in einem klei- noch anonym - die ersten nen Land ist nicht neu. Zeidonken, Zeitung in Luxemburg Zeddéngen, Gazetten, Handelsblieder, Witzblieder und Petit-beurren gibt es seit mehr als 300 Jahren in Luxemburg, und im Laufe der Zeit erschienen weit mehr als 400 Titel. Hinzu kommen noch Hunderte von Vereins-, Fach- und Kulturzeitschrif- ten. Die genau Zahl lässt sich nicht mehr ermitteln, weil von manchen Zeitungen keine Exemplare mehr überliefert sind: Nachdem sie im Haushalt oder dem Gast- haus durch viele Hände gegangen waren, endeten die meisten Zeitungen als Verpa- ckungsmaterial oder Klopapier. Nach der Erfindung der Zeitung um 1600 dauerte es ein Jahrhundert, bis die erste Zeitung im Juli 1704 in Luxemburg erschien, La Clef du cabinets des princes de l’Europe ou recuëil historique & politique sur les matieres du tems – im 18. Jahrhun- dert waren eher ausführliche Zeitungstitel beliebt. Ihr Geschäftsmodell nahm dasjenige von RTL zwei Jahrhunderte später vorweg: Im Format eines modernen Taschenbuchs bediente sie 90 Jahre lang zuerst jeden Monat, dann alle 14 Tage aus einer Souve- ränitätsnische heraus eine Leserschaft fran- zösischer Adeliger und Bürger, die sich nicht mit der staatlich kontrollierten Presse in ihrem Land zufrieden geben wollte. Trotz- dem blieb es im Jahrhundert der Aufklärung ein antiaufklärerisches Blatt. Die erste lokale Oppositionszeitung war 1799 das Echo des Forêts et des départements circonvoisins, das die fran- zösische Verwaltung des Départements des Forêts von einem linken, neojakobinis- tischen Standpunkt aus kritisierte. Das Ein Verbindungsblatt ging nur wenige Monate lang gut. von 1821 für die Offiziere und Spießbürger in der In dem neu geschaffenen Großherzog- engen Festung tum war dann 1821 das biedermeierlich beschränkte Luxemburger Wochenblatt die erste deutschsprachige Zeitung hierzu- lande. Sie richtete sich vor allem an die preußischen Offiziere und das Bürgertum in der Festung. Mit dem 1826 gegründeten Journal de la ville et du grand-duché de Luxem- bourg, dem 1844 der Courrier du grand- duché de Luxembourg und schließlich 1868 die Luxemburger Zeitung folgten, entstand eine der großen, die Interessen des Industriekapitals und der städtischen Notabeln vertretenden Zeitungsfamilien der Luxemburger Geschichte, die, poli- tisch diskreditiert, erst im Zweiten Welt- krieg unterging. 1845 erschien ein halbes Jahr lang die erste Tageszeitung in Luxemburg, das für den Export nach Preußen bestimmte katholische Kulturkampfblatt Luxemburger Zeitung. Unter Berufung auf die in der Revolution von 1848 erstrittene Pressefrei- heit gründeten dann Kleriker und katholi-

Vic Fischbach Vic sche Bürger das konservative Luxemburger Kleinanzeigen im Luxemburger Wochenblatt Wort, das sich im Laufe der Jahrzehnte suchten nach Pudeln und Regenschirmen gegen die liberale Presse durchsetzte und

5 Von der Clef du cabinet zum Internet im zwanzigsten Jahrhundert die mit 1826 begann die Tradition Abstand auflagenstärkste Zeitung wurde. der mehr als ein Jahrhundert dominierenden liberalen Presse Kurz vor der Revolution von 1848 kam in Echternach eine frühsozialistische Zeitung heraus, Der Grenzbote. Sie wurde allerdings nur sieben Monate alt. Ihre Tradition nahm erst 1895 wieder der Escher Courrier auf, der für die ersten sozialdemokratischen Politiker warb. Ihm folgten das Escher Volksblatt, das Escher Journal und schließ- lich das Escher Tageblatt, das noch heute erscheint. Nach dem reaktionären Staats- streich von 1856 erfand die Regierung die politische Kommunikation und ließ ihr hörige „Ministerblätter“ gründen. Heute mag es überraschen, dass Zei- tungen nicht nur in der Hauptstadt und Esch-Alzette erschienen. Doch während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts kamen auch in rund 20 anderen Ortschaf- ten Regional-, Lokal- und sogar Stadtteil- zeitungen heraus: vom Diekircher Wochenblatt 1837 und Echternacher Anzeiger über die Obermosel-Zeitung 1881 und die Ettelbrücker Zeitung 1894 bis zur Limpertsberger und Neuen Rüme- linger Zeitung 1909. In einer Zeit ohne Radio, Fernsehen und Internet erschienen manche davon jahrzehntelang, andere waren kurzlebige Blätter mit Auflagen von einigen hundert Exemplaren. Drucker Ende des gaben sie heraus, um ihre Druckpressen 19. Jahrhunderts auszulasten oder Anzeigen zu sammeln, war der seltene die Beiträge waren nicht selten aus auslän- Fotodruck in den Zeitungen noch dischen Zeitungen geklaut. Denn neben schwierig und teuer Zeitungen, die politische Standpunkte ver- traten, gab es immer auch Zeitungen, die reines Geschäft waren. Selbst Gratiszeitun- gen sind keine neue Erfindung: Die erste Gratiszeitung kam bereits 1857 heraus, Le Gratis luxembourgeois. Lange Zeit waren Zeitungen teuer und bis 1848 sogar noch mit einer zusätzlichen Stempelsteuer belegt, damit den besitzlosen Klassen keine politischen Nachrichten zu Augen kamen. Das Goldene Zeitalter der Zeitungen setzte gegen Ende des 19. Jahr- hunderts ein und dauerte bis zum Zweiten Weltkrieg: Die allgemeine Schulpflicht hatte den Analphabetismus überwunden, das liberalere Pressegesetz von 1869 und der wirtschaftliche Aufschwung begünstigten die Presse, die Einnahmen aus den Anzei- genseiten für neue Industrieprodukte mach- ten die Zeitungen auch für das Volk erschwinglich. So erreichten die Zeitungen unter den Arbeitern, Bauern, Angestellten und Frauen neue Leserkreise und wurden Massenmedien. Gleichzeitig beschleunigten die ersten Setz- und Walzen-Rotationsma- schinen die Herstellung der Blätter. Telegraf und Telefon vereinfachten die Nachrichten- übermittlung, drucktechnische Verbesserun- gen brachten nach und nach erst Strichzeichnungen, dann Schwarzweißfotos in die Blätter. Die wichtigsten Zeitungen In 20 Ortschaften erschienen täglich, die Luxemburger Zeitung erschienen Lokal- von 1902 bis 1940 sogar zweimal täglich. und Regionalzeitungen

6 Ab 1902 erschien Während des Ersten Weltkriegs konn- die Luxemburger ten die Zeitungen, wenn auch unter Mili- Zeitung zweimal täglich, in einer tärzensur, weiter erscheinen. Der Morgenausgabe… Kulturkampf, das Entstehen der organisier- ten Arbeiterbewegung, die revolutionäre Stimmung am Kriegsende und die Einfüh- rung des allgemeinen Wahlrechts steiger- ten die Nachfrage nach Zeitungen. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Zeitungen dagegen eingestellt oder nach und nach von den Besatzern über- nommen und von Kollaborateuren und deutschen Journalisten fortgeführt. Gleichzeitig gelang es einzelnen Wider- standsgruppen unter Lebensgefahr, mit Wachsschablonen vervielfältigte Unter- grundzeitungen herzustellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Lokalblätter und unparteiischen Tages- zeitungen verschwunden, für Jahrzehnte etablierte sich eine strenge Ordnung: Jeder der vier traditionell im Parlament vertrete- nen Parteien stand eine Tageszeitung und eine dazu gehörende Druckerei nahe: der CSV das Luxemburger Wort, der LSAP das Tageblatt, der DP das Lëtzebuerger Jour- nal und der KPL die Zeitung vum Lëtzebu- erger Vollek. Zur Meinungsvielfalt tragen zudem die Lokalausgabe des Républicain Lorrain, heute , und vier Wochenzeitungen, d’Lëtzebuerger Land, … und in einer Abendausgabe , Woxx und , sowie zwei Wochenmagazine, Lëtzebuerger Revue und Télécran bei. Um eine Monopolsitua- tion auf dem kleinen Pressemarkt zu ver- hindern, wurde 1976, wie in vielen anderen europäischen Ländern, eine staatliche Pressehilfe eingeführt. Trotzdem befindet sich die Presse der- zeit wieder in einer Umbruchsituation: Neue Lesergenerationen sind nicht mehr bereit, für Tageszeitungen zu zahlen, wenn

Vic Fischbach Vic sie kostenlose Nachrichten im Internet fin- den. Politisches Einheitsdenken und wirt- schaftliche Schwierigkeiten verringern die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Zeitungen, die zusätzliche Leser jenseits der Anhängerschaft der ihnen nahestehen- den Parteien gewinnen wollen. So sinken die Auflagen der meisten Blätter, die Anzeigenkunden sparen an der Werbung in der gedruckten Presse, der Staat spart an der direkten und indirekten Pressehilfe, Verlage beschließen Sparmaßnahmen und Sozialpläne. Mit musste 2011 erstmals eine mit staatlicher Pressehilfe bezuschusste Tageszeitung ein- gestellt werden, seit 2013 ist die Zahl der vom Presserat anerkannten Journalisten rückläufig. Die meisten Zeitungen versu- chen deshalb, ihre Beiträge über Internet, Tabletts und Handys anzubieten, ohne bis- her aber über ein gewinnversprechendes Geschäftsmodell zu verfügen. Die Bürger- und Beamtenzeitung war auch Lokalanzeiger für Hollerich und das Bahnhofsviertel Romain Hilgert

7 Le journal d’un siècle

Du Escher Tageblatt

au Tageblatt

Le premier numéro du Escher Tageblatt parut le 30 juin 1913 à Esch/Alzette avec le sous-titre «organe démocratique pour les intérêts du canton d’Esch» («Demokratisches Organ für die Interessen des Kantons Esch»). Si la référence géographique a été rayée dans le titre du journal en 1947, celui-ci reste jusqu’ aujourd’hui solidement implanté dans ce canton. 8 La gauche dans le canton d’Esch Le fondateur de ce nouveau journal Historiquement, le Escher Tageblatt se était Paul Schroell (1879-1939), voulut un instrument de la lutte politique issu d’une famille d’imprimeurs, pour le bloc des gauches qui dominait la de libraires et d’éditeurs­ installés politique luxembourgeoise de 1908 à 1916. Ce bloc était composé de démocra- surtout à Echternach et à Diekirch tes et de jeunes libéraux, moins conserva- teurs que les libéraux qui avaient dominé la vie politique du Grand-Duché pendant tout le 19e siècle. Les démocrates s’appe­ laient aussi sociaux-démocrates depuis la fondation du parti social-démocrate en 1903 autour du Dr Michel Welter (1856- 1924). La majorité que le bloc détenait depuis 1908 à la Chambre était formée par D.g.a.d.: Paul Schroell, Gust. van Werveke (rédacteur en chef du Escher Tageblatt les députés des cantons d’Esch, de Luxem­ de 1924 à 1935), Gaby Schroell (fille de Paul Schroell), le professeur Nicolas Ries (Philinte) et Jeanne Schroell (épouse de Paul Schroell) bourg ville et de Luxembourg campagne, donc des principaux cantons industrialisés comprenant les localités les plus importan- tes du pays. Les élections pour la Chambre se fai- saient selon le système majoritaire à deux tours jusqu’en 1919. Les circonscriptions étaient les cantons. Les candidats se pré- sentaient individuellement, mais dans les cantons les plus peuplés des alliances pou- vaient se faire dès le premier tour, mais presque toujours au second tour. Le canton d’Esch était le plus peuplé et avait droit à 15 députés (sur 51) en 1914. Le groupe qui arrivait à emporter le canton d’Esch avait une force politique certaine à la Chambre. C’est pour arriver à cette fin et s’y maintenir que le Escher Tageblatt fut fondé en 1913. Le bloc des gauches perdit cependant

sa majorité au profit du parti de la droite © Archives Tageblatt en 1917. En 1919, un nouveau système proportionnel avec des listes politiques fut introduit, avec quatre circonscriptions (sud, D’une histoire de famille politique et intellectuelle du pays. La pre- centre, nord, est). Celle du sud formée par à l’histoire politique mière étape va de 1913 à 1927, la seconde les cantons d’Esch et de Capellen est tou- de 1927 à aujourd’hui. C’est en effet en jours depuis lors la plus peuplée et a droit Le fondateur de ce nouveau journal 1927 que les syndicats libres et le parti au plus grand nombre de députés. Le était Paul Schroell (1879-1939), issu d’une ouvrier rachetaient le journal et l’impri­ au Escher Tageblatt pouvait donc continuer à famille d’imprimeurs, de libraires et d’édi­ merie appartenant à Paul Schroell pour la fonctionner avec son titre «régional» tout teurs installés surtout à Echternach et à somme de 1 million de francs luxembour- en faisant des efforts pour se rapprocher Diekirch1. Son cousin Emile Schroell (1863- geois de l’époque, avec un loyer de 48 000 des lecteurs du centre par des agences 1934) était le propriétaire de la Luxemburger francs par an pour les locaux administratifs dans la capitale, d’abord rue Chimay, puis Zeitung, journal libéral modéré (1868-1941) dans un immeuble de la rue de l’Alzette à Tageblatt rue de la Reine au n° 6. créé par Théophile Schroell (1829-1893) Esch et l’obligation, imposée par le ven- Le 2 mai 1947 il se transforma en dans la capitale. Il avait repoussé en 1911 deur, de garder le personnel employé jus- Tageblatt, gardant le sous-titre en français l’offre de Paul Schroell, par ailleurs éditeur que là. de «journal d’Esch» qu’il portait depuis du Landwirt paraissant à Diekirch, d’as­ En 1913 «le Escher Tageblatt» tirait à 1918. Ce sous-titre disparut le 2 janvier socier leurs imprimeries. En créant le Escher peu près à 2 000 exemplaires. C’était donc 1973 alors que les particularités régionales Tageblatt, Paul Schroell fonda donc une un journal de diffusion plus modeste que les s’estompaient. Le sud n’était bientôt plus entreprise concurrente dans le canton deux grands journaux, le Luxemburger (après la crise de la sidérurgie en 1975) d’Esch, siège de l’industrie sidérurgique et Wort (8 000 exemplaires) et la Luxem­ exclusivement industriel, le nord et l’est centre économique du pays. Nettement burger Zeitung (6 000). Dès 1927, son non plus exclusivement agricoles ou viti- plus combatif que le vénérable quotidien tirage augmentait grâce aux militants syndi- coles. La mobilité aidant, les conditions de libéral d’Emile Schroell, le journal d’Esch eut caux et politiques des nouveaux proprié- vie se ressemblaient de plus en plus d’une dès le départ un ton plus polémique et plus taires. Les syndicats libres (la fédération des circonscription à l’autre. vif dans le débat politique. mineurs et ouvriers de la sidérurgie BMIAV L’histoire du Tageblatt est constituée - Berg- und Metallindustriearbei­terverband de deux étapes, distinctes à certains points et la Fédération des cheminots, appelée de vue, mais qui ne manquent pas de con- Landesverband), princi­ paux­ actionnaires,­­ et tinuité, incarnée par le projet du fondateur le parti ouvrier avaient désormais à leur dis- de réunir les composantes de la gauche position un quotidien de portée nationale.

9 Le journal d’un siècle Du Escher Tageblatt au Tageblatt

Les débuts difficiles Les directeurs du Tageblatt de 1913 à aujourd’hui d’un journal régional (1913 à 1918)

Les débuts du Escher Tageblatt ne laissaient pas présager son développe- ment et sa pérennité jusqu’à nos jours. C’était d’abord un petit journal régional voire local. Le rédacteur en chef était Nic Wolff, instituteur à Bonnevoie, qui avait été contacté dès 1911 par Paul Schroell. Wolff, né à Esch de même que sa femme, devait sonder le terrain dans sa ville natale. Wolff avait déjà collaboré au Landwirt de Schroell à Diekirch. Il réunit de l’argent et fournit la moitié de la somme nécessaire avec l’aide de sa femme et de sa belle-mère alors que Schroell mit des actions dans l’affaire2. Wolff se mit au travail, très engagé puisqu’il avait parti- cipé au capital et était donc intéressé à voir fleurir l’entreprise. On peut penser qu’il voulait gagner de l’argent avec une feuille classique de pure information et des annonces puisqu’en 1914 il aban- donna le journal qui était proche des mili- eux de gauche, ce qui ne lui plaisait pas3, et retrouva son poste d’instituteur à Bonnevoie, laissant sa succession à Frantz Clément qui venait d’abandonner 1 Paul Schroell (1913-1927) l’enseignement à son tour. Le personnel 2 Hubert Clement technique venait en grande partie du (1927-1953) Landwirt de Diekirch. On retrouva égale- 3 Jängi Fohrmann (1953-1964) ment Jean Gusenburger («Masque de 4 Jacques F. Poos fer») à côté de Frantz Clément. En tout à (1964-1976) peine une douzaine de personnes, mais 5 Alvin Sold (1976-2011) peu à peu de nombreux collaborateurs 6 Danièle Fonck occasionnels issus des milieux politiques et (2011-...) intellectuels de l’époque4 renforcèrent la faible structure professionnelle. Le Escher Tageblatt faillit capoter dès le Clément et des collaborateurs de gauche, voulut pas la grande industrie. Avant et début de la Première Guerre mondiale, avec libéraux et socialistes mêlés7. Le 2 janvier pendant cette coalition, le Escher Tageblatt l’interdiction du journal par les autorités mili- 1919, le journal d’Esch souhaita à ses lecteurs tenta de fédérer les socialistes et les taires allemandes le 11 août 1914 quand le en français: «Bonne année! Meilleurs vœux! libéraux de gauche ainsi que les syndicats journal avait relaté «la résistance héroïque» Vive le Luxembourg uni à la France!» contre le parti de la droite. de la Belgique contre l’envahisseur alle- En novembre 1924 le libéral Frantz mand5. Paul Schroell et Frantz Clément 1927, rupture et continuité Clément (1882-1942) quitta la direction furent arrêtés le 14 août 1914, emprisonnés du quotidien d’Esch et fut remplacé par en Allemagne jusqu’au 16 septembre 1914. L’entre-deux-guerres fut une période Gust van Werveke (1896-1976) qui en fut Le Escher Tageblatt ne reparut que le 21 capitale pour l’évolution du Escher le rédacteur en chef jusqu’au début des novembre 1914 et vécut difficilement Tageblatt. Après la période révolutionnaire années trente. Gast Mannes a tracé un l’occupation. Schroell, sous la menace d’une 1918-1919, le pays se retrouvait avec un portrait intéressant de cet homme de nouvelle arrestation, quitta le pays le 17 fév- parti de la droite dominant, à partir de gauche qui avait vécu comme étudiant les rier 1915 et via la Suisse se rendit à en 1919, formant une coalition à partir de troubles révolutionnaires de l’après- août 1915. Sa femme Jeanne Schroell- 1921 avec les libéraux conservateurs. guerre à et qui allait opérer la Schmit reprit la direction du quotidien, dans En 1924, une convention ferroviaire transition d’un journal libéral de gauche à des conditions politiques et financières dif- avait été négociée avec la Belgique par le un journal socialiste appartenant aux ficiles6. Le Dr Michel Welter fut nommé gouvernement d’Emile Reuter. Elle fut syndicats libres8. directeur politique de novembre 1915 à fév- combattue farouchement par la Fédération Ce fut aussi l’ère du fascisme italien, rier 1916. des cheminots, le parti ouvrier et le Escher l’arrivée au pouvoir des nazis en 1933, les Les recherches récentes de Denis Scuto Tageblatt qui accusaient le gouvernement dérives autoritaires en Europe. La loi ont révélé que la passe difficile de fin 1916 de vouloir vendre les chemins de fer lux- d’ordre au Luxembourg élaborée entre put être surmontée probablement grâce au embourgeois au capital belge. Des élec- 1934-1937 devait interdire le parti com- directeur d’ARBED Emile Mayrisch. tions générales eurent lieu en 1925 qui muniste. Dans l’histoire des années trente Après le retour de Schroell de son exil affaiblissaient le parti de la droite. Une à Luxembourg, Denis Scuto a revisité la parisien à la fin de la guerre, le Escher coalition hétéroclite de centre gauche genèse du «Maulkuerf» et le rôle du minis- Tageblatt repartait de plus belle, avec des porta le gouvernement de Pierre Prüm au tre d’Etat Joseph Bech, tenté par une légis- positions très francophiles et anti-alleman- pouvoir en 1925 qui tomba cependant dès lation d’exception9. des, avec le rédacteur en chef Frantz juin 1926 sur une avancée sociale dont ne

10 Dès le début des années trente, la dans le journal d’Esch même après 1927 Guerre et paix montée du parti national socialiste en quand il était devenu le journal de la classe Allemagne se fit sentir aussi au Luxem­ ouvrière10. Ainsi Frantz Clément, l’intel­ Le 10 mai 1940, jour de l’invasion alle- bourg. L’opposition de gauche dénonça la lectuel libéral de gauche, qui était passé à mande, parut le dernier numéro du Escher montée en puissance des nazis en la Luxemburger Zeitung en 1924, confia au Tageblatt libre. Pendant la Deuxième Allemagne tandis que le gouvernement Escher Tageblatt ses billets signés Erasme11 Guerre mondiale, il devint, comme le dit Bech défendait sa politique de neutralité. jusqu’en 1940. Il faut citer aussi le journa- Vincent Artuso16, «le porte-parole du nati- L’arrivée d’émigrés juifs, de sociaux-démo- liste et poète Nic Molling (1901-1964)12, onal-socialisme à Luxembourg» auprès de crates, de communistes et de syndicalistes Albert Hoefler (1899-1950) qui anima la la classe ouvrière du Grand-Duché à partir chassés par Hitler après janvier 1933 con- page de littérature du Escher Tageblatt (le du 19 octobre 1940 avec le sous-titre: fronta le pays à la réalité de l’immigration «Feuilleton») depuis décembre 1929 «Tageszeitung für das luxemburgische et au travail de sape des nazis à jusqu’en 193513, Emil Marx (1899-1964), Industriegebiet». Le dernier numéro du Luxembourg. Le Escher Tageblatt prit libraire dans la capitale et intellectuel de Escher Tageblatt sous direction nazie parut vigoureusement parti pour la défense de la gauche, antifasciste virulent dès le début le 31 août 1944, le premier du Luxembourg démocratie et de l’indépendance du pays. des années trente14, polémiste redoutable libre le 13 septembre 1944. Par ailleurs, de nombreux auteurs qui qui croisait le fer avec Frantz Clément, mais Devenu Tageblatt en 1947, il resta le ont marqué la vie intellectuelle du pays, aussi avec Albert Hoefler. Joseph-Emile journal des syndicats libres et du parti ouv- souvent de gauche sans être toujours emb- Müller(1911-1999) publia ses premières cri- rier (devenu parti ouvrier socialiste luxem- rigadés dans un parti, continuèrent d’écrire tiques d’art au Escher Tageblatt dès 193515. bourgeois en 194617). Cette symbiose s’exprima, après le décès du premier directeur Hubert Clément en 1953, par un nouveau directeur, socialiste et syndica- liste, Jean Fohrmann (1904-1973) de 1953 à 1964. Yves Steichen18 a décrit en détail les relations étroites entre les syndicats et le journal et son importance pour la gau- che intellectuelle dans les années cin- quante et soixante, avec la parution du Phare à partir de 1962. En 1964, Jacques F. Poos (*1935) prit la succession de Fohrmann à la direction du Tageblatt. Il fit renouveler la maquette et engagea un long processus de moderni- sation technique et journalistique du jour- nal, continué par Alvin Sold (*1943), journaliste au Républicain Lorrain depuis

© Norbert Ketter 1963, nommé rédacteur en chef en 1974, directeur en 1976, directeur général du La rédaction du «Tageblatt» en 1976, de g. à dr.: Mars di Bartolomeo, Danièle Fonck, groupe en 2003. A sa retraite en Roby Raus, Romain Durlet, Jos Durlet, Josy Braun, Alvin Sold, Fernand Weides, Odette 2011 il a été remplacé par Danièle Fonck Waldbillig, Petz Lahure et Jos Hanck comme directrice générale et rédactrice en chef, elle-même venue au Tageblatt comme journaliste en 1976. Le Républicain Lorrain avait créé une édition pour le Luxembourg en septembre 1961. Il paraissait aussi le dimanche et était souvent en avance avec ses informations par rapport aux journaux traditionnels, attirait les lecteurs par sa maquette vivante avec de nombreuses photos et un journalisme plus objectif que les journaux luxembourgeois inféodés aux partis. C’était une concurrence sérieuse pour les journaux établis. Au Tageblatt, l’idée progressa de sépa- rer plus clairement le journalisme de la politique partisane. Aujourd’hui, les princi- paux médias du pays continuent certes de défendre des principes et des valeurs, mais sont de moins en moins instrumentalisés à des fins partisanes. Sur le plan culturel, après la disparition de la tribune des intellectuels de gauche Phare dans les années soixante-dix, l’année La rédaction du «Tageblatt» et du tageblatt.lu en 2014, de g. à dr.: Herbert Becker, Kim Hermes, Philippe Hammelmann, David Thinnes, Finn Overdick (avant), Fabrizio culturelle 1995 vit réapparaître un cahier Pizzolante (arrière), Robert Schneider, Claude Clemens (avant), Damien Valvasori (arrière), hebdomadaire voué à la culture intitulé Michèle Vallenthini (au fond), Claude Wolff, Philip Michel (avant), Wiebke Trapp (arrière), «Kulturissimo» qui est aujourd’hui un jour- Luc Laboulle, Francis Wagner (au fond), Guido Romaschewsky, Christian Muller, Daisy Schengen (arrière), Claude Molinaro, Lucien Montebrusco, Olivier Nassimbeni (avant), nal de quarante pages paraissant dix fois Sascha Bremer (arrière) et Sascha Seil. par an et inséré dans le Tageblatt.

11 Le journal d’un siècle Du Escher Tageblatt au Tageblatt

Ces dernières décennies des journaux ont connu la crise voire ont disparu, de nou- veaux se sont créés pour répondre aux mutations de la société. Le Tageblatt a lui aussi connu des passes difficiles et a dû faire appel à plusieurs reprises à ses lecteurs pour le soutenir en entrant dans son capital.

D’un seul journal à un groupe de presse diversifié

Parallèlement, les responsables ont adapté l’outil de presse en se réorganisant et en se diversifiant, pour tenir compte de l’évolution de la population et de la concur- rence accrue en matière de recettes publici- taires. S’y ajoute celle entre les médias traditionnels sur papier et les nouveaux médias électroniques. Des partenaires étrangers ont été approchés pour créer des synergies et de nouveaux produits de presse. En 1981 l’Imprimerie coopérative à laquelle appartenait le Tageblatt depuis 1927, a été remplacée par la société «Editpress». Pour répondre à l’augmentation de la population étrangère Le Jeudi a été lancé en 1997. Ce journal hebdomadaire en fran- çais s’adresse surtout à des résidents fran- cophones. S’y ajoute en 1999 «», bi-mensuel destiné à la population rési- dente portugaise. Le Quotidien a été fondé en 2001 sur la base d’un accord entre Editpress et le groupe français Le Républicain Lorrain. Il s’adresse à une clientèle de frontaliers et de résidents, francophones ou non. Comme les autres médias le Tageblatt a depuis quelques années un site Internet Tageblatt online, car l’information est con- tinue, et rares sont les lecteurs qui atten- dent le journal qu’ils ont abonné et qui est déposé à un moment précis de la journée dans leur boîte aux lettres pour s’informer. En 2007 a été lancé le journal gratuit en français L’essentiel, co-édité avec le groupe de presse suisse Tamedia à Differdange, qui cible une population active de navetteurs résidents et de frontaliers. Le groupe Editpress comprend encore l’hebdomadaire «Revue», qui se recom- 1 Mersch, Jules, Les Imprimeurs Schroell, Biographie 8 Radioscopie 2013, Gast Mannes, Gust. Van Werveke, mande comme le magazine familial du Nationale, XVIe fascicule (1968). Denis Scuto, Paul politischer Leiter und Chefredakteur des Escher Schroell, le fondateur du Escher Tageblatt, Radioscopie Tageblatt (1896-1976); Luxembourg. Lux-Post, journal publicitaire d’un journal, Tageblatt 1913-2013, sous la direction de 9 Radioscopie 2013, Denis Scuto, Les années trente du gratuit, est co-édité par Editpress et le Denis Scuto, Yves Steichen et Paul Lesch, Editions Le Escher Tageblatt; Phare, 2013, p.26-37; 10 Radioscopie, 2013, Ben Fayot, La jeunesse d’un groupe belge Rossel. 2 “Ende 1911 waren die erforderlichen Gelder vorhanden. centenaire (1913-1927), p.17-25; Les récents sondages d’opinion révè- Ich gab die Hälfte in barer Münze mit Hilfe meiner Frau 11 Radioscopie 2013, Robert Thill, Chefredakteur und und meiner Schwiegermutter. Paul Schroell gab Wert­ Feuilletonist, Frantz Clément (1882-1942): Ein lent19 que si le Luxemburger Wort reste le papiere.“ Tageblatt und Genossenschaftsdruckerei, 25 engagierter Schriftsteller und Journalist im Tageblatt, principal quotidien payant au Grand- Jahre, als Manuskript gedruckt bei Luxemburger p.38-48; Genossenschaftsdruckerei in Esch/Alzette, ohne Datum 12 Radioscopie 2013, Henri Wehenkel, Nic Molling, destin Duché avec 39% (178 400 lecteurs) contre (1952 oder 1953), p.9; d’un homme libre (1902-1964); 9,3% (42 700 lecteurs) pour le Tageblatt, 3 “(..) wir steuerten meiner Ansicht mit so (?) einer 13 Radioscopie 2013, Jeff Schmitz, Albert Hoefler und das gewissen Anhängigkeit zu bestimmten Kreisen, was mir Feuilleton Literatur und Kunst; la diversification entreprise par le groupe nicht mehr zusagte, da ich mir unsere Zeitung als rein 14 Radioscopie 2013, Henri Wehenkel, Emil Marx, der informatorisches Organ gedacht hatte (...).“ op.cit, p.11; Drachentöter (1899-1964); Editpress a porté ses fruits. 4 Voir à ce sujet l’article de Denis Scuto, Paul Schroell, le 15 Radioscopie 2013, Christian Mosar, Joseph-Emile Le petit journal politique de 1913 qui a fondateur du Escher Tageblatt, p.29, dans Radiosscopie Müller, l’intransigeant; d’un journal, Tageblatt 1913-2013, sous la direction de 16 Radioscopie 2013, Vincent Artuso, Un journal marqué l’histoire du pays pendant un siècle Denis Scuto, Yves Steichen et Paul Lesch, Editions Le antifasciste au service du nazisme; est aujourd’hui un acteur incontournable phare, 2013, ci-après Radiosscopie 2013; 17 SAPL (Sozialistische Arbeiterpartei Luxemburgs); 5 “Belgiens heldenhafter Widerstand”, ET 11 août 1914; 18 Radioscopie 2013, Yves Steichen, Die Ausrichtung und du monde de la communication du 6 Radioscopie 2013, Denis Scuto, p.33; Entwicklung des Tageblatt in der Nachkriegszeit (1953- Grand-Duché. 7 Radioscopie 2013, Denis Scuto p.35: cite Hubert 1989); Clément, Mathias Esch, Emile Mark, Nic Braunshausen, 19 Etude TNS ILRES Plurimedia Luxembourg 2013/2014 Nicolas Ries, Michel Lucius, Nic Molling, Paul Muller, du 21 août 2014. Ben Fayot Gust van Werveke, rédacteur en chef à partir de 1924;

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Le communisme en Europe de l’Est

Le 25 février 1948 les communistes prennent le pouvoir en Tchécoslovaquie par le coup de Prague. Le rédacteur en chef du Escher Tageblatt Michel Rasquin dénonce le 26 février 1948 («Geburt einer Volksdemokratie») le totalitarisme com- muniste qui met fin à la démocratie parlementaire. Le 4 novembre 1956 les chars sovié- tiques entrent dans la Hongrie en révolte contre l’impérialisme soviétique. Le Tageblatt © Archives Tageblatt condamne énergiquement cette intervention brutale le 3 novembre 1956 dans un article Le 19 mai 1979, il commente l’abolition Le 12 septembre, le Tageblatt écrit à la intitulé «Ein Volk stirbt». de la peine de mort la veille à la Chambre: une: «Dieser Terror geht jeden an» et s’at- Le 22 août 1968, quand les chars sovié- «Es ist vollbracht!». tache à donner une information approfon- tiques entrent à Prague, Robert Goebbels die sur huit pages. dénonce l’agression par un article «Mit dem Un scoop du Tageblatt: Segen Stalins». la «Gëlle Fra» retrouvée! L’OPA sur Arcelor Le décès de la En 1981 le journaliste du Tageblatt Josy Le 28 et 29 janvier 2006 le Tageblatt Grande-Duchesse Charlotte Braun retrouve la «Gëlle Fra», ce monument répond à l’offre d’achat du magnat indien du sculpteur Cito érigé après la Première Mittal sur Arcelor par un titre clair: «It’s NO, Le 11 novembre 1964 le Tageblatt Guerre mondiale au cœur de la capitale et Mr Mittal!» et répercute ainsi l’inquiétude annonce le décès de la Grande-Duchesse arraché de son socle par les nazis le 20 face à cette reprise, pour beaucoup syno- Charlotte. L’ancien rédacteur en chef Paul octobre 1940. nyme d’une globalisation agressive et de Müller intitule son article en première page Le Tageblatt du 22 juin 1981: «Dank démantèlement social. «Merci, Madame» et le journal décrit la car- unserer Recherchen kommt sie wieder ans rière de la défunte dans une contribution Tageslicht: „D’Gëlle Fra“ 40 Jahre versteckt La crise financière de 2007-2008 historique élogieuse intitulée «Aus dem gehalten! Warum?“ Ce monument se trou- Leben einer grossen Frau». vait enfoui sous les tribunes du stade Josy Le mardi 30 septembre 2008 le Rappelons que le 2 janvier 1919, le Barthel route d’Arlon à Luxembourg, ce Tageblatt titre: «In dieser Krise steht Escher Tageblatt demandait la république dont très peu de gens étaient au courant. Le Luxemburg zur Fortis» alors que l’Etat luxembourgeoise sous le protectorat de la journaliste Josy Braun se demande pourquoi luxembourgeois a décidé pendant le wee- France! la statue de Cito n’avait plus été remise à sa kend précédent de prendre une participa- place depuis la fin de la guerre. tion de 2,5 milliards d’euros dans le capital Mai 1968 et les répercussions Josy Braun, journaliste critique et écri- de cette banque. Le journal explique large- à Luxembourg vain, crée la rubrique «Fiischen» en 1980 à ment de quoi il s’agit, par un entretien avec la page de la capitale. Dans cette rubrique le directeur Carlo Thill («Ich schlafe jetzt Fin des années soixante, la jeunesse fait critique et satirique inspirée du «Renert» de besser») et même par une page pour souffler un vent de contestation en Europe Michel Rodange, plusieurs journalistes du enfants sur les banques («Kinderseite»). et aussi au Luxembourg qui secoue non Tageblatt (Josy Braun lui-même, Josiane seulement les lycées et les universités, mais Kartheiser, Mars di Bartolomeo, Romain Le nouveau gouvernement aussi la politique. Durlet et Jos Telen) publient des commen- de coalition de 2013 Le 22 avril 1971 le journaliste du taires sur l’actualité pendant les années Tageblatt Robert Goebbels décrit la grève quatre-vingts jusqu’en 19912. Les élections législatives du 20 octobre des élèves du Lycée classique de Diekirch: 2013 ont donné lieu à une coalition inédite «Der Diekircher Schülerstreik entspringt dem «D’Fangeren ewech vum Index» entre le DP, le LSAP et les Verts (dite Unbehagen über veraltete Lehrmethoden». «Gambie»). Le nouveau gouvernement a Le 10 octobre 1973 le Tageblatt Une grève générale a lieu le 5 avril été assermenté le 4 décembre 2013. Dans le imprime en gros caractères en première 1982 contre l’abolition par le gouverne- Tageblatt du même jour la rédactrice en page: «32 000 demonstrierten gegen die ment de l’index après la dévaluation du chef Danièle Fonck intitule son article en Regierung» à l’appel du LAV. Cette manifes- franc belge le 20 février 1982. Le 3 avril première page: «Un vent nouveau». tation a lieu en même temps qu’une grève 1982 le rédacteur en chef Alvin Sold envoie Tageblatt online annonce le même jour à dans la sidérurgie et dans des entreprises un avertissement au gouvernement: «Eine 16:18 heures: «Gambia wurde vereidigt». moyennes. letzte Warnung!» Le 27 mai 1974 annonce en première La loi du 24 décembre 1984 rétablit le B.F. page: «LSAP und DP die grossen Gewinner» mécanisme de l’adaptation automatique lors des élections législatives du dimanche des salaires et traitements. 1 Il est impossible dans le cadre de cette présentation de 26 mai 1974 qui ouvrent la voie à une coali- faire justice du rôle politique, culturel et social d’un journal plus que centenaire aux différentes époques. Nous avons tion de centre gauche de 1974-79. «Nine eleven» choisi de rappeler par quelques instantanés certains Le 13 octobre 1977 le journaliste épisodes et événements particulièrement importants de notre passé récent grâce au volume publié pour le Romain Durlet («Eine Justizpolitik für den Le 11 septembre 2001, les tours du centenaire du Tageblatt intitulé «Voyage à travers le Bürger, mit dem Bürger») s’entretient avec World Trade Center de New York sont atta- Siècle du Tageblatt 1913-2013»; 2 Radioscopie 2013, Claude D. Conter, «tageblatt ass le ministre de la Justice Robert Krieps sur quées par des avions kamikazes détournés houfreg op säin Josy Braun!», Josy Braun und das l’exécution des peines. par des terroristes islamistes. Tageblatt (1973-1991). Le caricaturiste Albert Simon

n ne peut pas parler du Escher OTageblatt sans rappeler le caricaturiste attitré de ce journal entre 1931 et 1956: Albert Simon (1901-1956). Pour le centième anniversaire du Tageblatt l’historien des médias Paul Lesch a fourni une analyse approfondie autant qu’amusante de la vie et de l’œuvre du dessinateur de Sanem1. Il a non seulement établi un inventaire à peu près complet de ses dessins – tâche difficile, car il y en a environ 13 000! et si l’on connaît les jour- naux auxquels il a collaboré (outre le Tageblatt il faut citer De Gukuk 1923-1931, l’illustré A-Z 1934-1940, le journal sati- rique De Péckvillchen 1945-1956 qu’il a fondé lui-même), on ne connaît pas tous les dessins qu’il a produits pour une cause ou une autre. Ainsi, il n’a pas hésité à faire un dessin pour un repas ou bien il a com- posé une brochure publicitaire pour le directeur Hubert Clément en 1948 quand celui-ci a essayé de se faire élire député dans la circonscription de l’est. Le livre de Paul Lesch est intéressant à plusieurs égards. Il rassemble d’abord tout ce qui est connu sur la vie et la personna- lité d’Albert Simon, sur l’évaluation et l’analyse de ses dessins par ses contempo- rains comme par les historiens, sur l’utilisa- tion de son œuvre après sa mort – il est rapidement tombé dans le domaine public Le caricaturiste Albert Simon avec son directeur Hubert Clement, et on l’a pillé allègrement, mais, comme candidat aux élections législatives de 1948 dans la circonscription de l’Est relève Paul Lesch, la majeure partie de ses dessins reste peu connue! Il présente ensuite l’œuvre en la beaucoup moins évident pour d’autres messages du mouvement auquel le journal découpant en 20 grands thèmes, précisant politiques, tombés dans l’oubli. Or Paul appartenait tout comme le faisaient par pour chacun le contexte historique et réu- Lesch, par de nombreux recoupements et d’autres moyens les journalistes. Ce n’était nissant ensuite un certain nombre de des- un véritable travail de fourmi, les reconnaît pas un artiste indépendant, détaché de la sins autour du thème. Tout y passe, de la et peut les nommer tous. Il peut aussi dater réalité politique du moment; il gagnait son politique intérieure à la politique étrangère les dessins, en expliquer le contexte et ainsi pain quotidien en dessinant, et sa vision particulièrement inquiétante dans les tirer les informations que véhiculent les politique était celle du mouvement ouvrier années trente, avec l’émergence des fas- images pour le lecteur d’aujourd’hui. Cette de l’époque. cistes et des nazis. L’Eglise et les cléricaux approche est essentielle pour comprendre Au-delà de la politique, surtout à tra- étaient un sujet de prédilection, mais aussi des décennies plus tard ce que la satire vers les pages de l’A-Z que Simon produi- les adversaires politiques libéraux, commu- voulait exprimer et comment elle interve- sait chaque semaine, il a véhiculé l’image nistes, nationalistes… nait dans le débat politique. d’un pays encore rustique peuplé de per- Les dessins s’expliquent par eux- A cet égard, on s’étonne que certains sonnages mi-rusés mi-simplets, d’agents mêmes ou sont accompagnés de commen- historiens aient mis en question le rôle de police, de cantonniers (qu’il aimait par- taires explicatifs. Un des très grands politique de Simon. Selon P.Lesch, le ticulièrement épingler), de pompiers, de mérites de Paul Lesch est non seulement Escher Tageblatt a publié entre 1930 et gardes-champêtres, ou encore de grosses de bien connaître l’histoire politique, mais 1940 3 220 dessins de Simon dont 750 bonnes femmes coiffées de leurs écharpes aussi de mettre des noms sur les person- n’avaient rien à voir avec la politique ou ou de leurs chapeaux hilarants. nages qui apparaissent dans les dessins. l’actualité (portraits, publicités, illustra- Alors que les lecteurs du journal com- tions). Mais la plus grande partie des des- B.F. prenaient facilement l’intention du dessi- sins étaient politiques! Car ce journal était 1 Paul Lesch, Albert Simon, caricaturiste du Escher Tageblatt, nateur, ce n’est plus le cas aujourd’hui, et si dans les années trente un journal de com- Un regard humoristique, insolent et politique sur les années 1930, 270 p., Editions Le Phare, 2014. Ce livre fait on peut déceler Joseph Bech ou Pierre bat. Simon, employé de ce journal, contri- partie d’un coffret de 5 volumes sur l’histoire du Tageblatt Dupong dans une caricature, c’est buait à imposer dans l’opinion publique les mais est aussi disponible séparément dans les librairies.

14 Les journalistes luxembourgeois (dont Robert Thill, à droite) avec Mme Perle Mesta

une époque où la distance entre Esch Il continua au Escher Tageblatt ce qu’il commenta largement. Cet homme jovial, Aet la capitale était réelle et la commu- avait aimé faire à la Luxemburger Zeitung. souvent accompagné de sa femme Titine nication moins aisée qu’aujourd’hui, les Il couvrait le théâtre et le cinéma, amusait qui faisait des apparitions dans ses papiers, journalistes du Tageblatt étaient installés les lecteurs avec des contributions légères, était connu de tous dans la capitale et soit au journal à Esch soit à Luxembourg. parfois ironiques sur tout ce qui se passait au-delà. Ils couvraient des régions différentes. Le dans le pays et surtout dans la capitale, des En 1948, l’éditeur Tony Jungblut publia journaliste Robert Thill (1904-1981), tout reportages à l’étranger au cours de voya- ses «bulles de savon» qui réunissaient ses en commençant sa carrière à Esch, était un ges organisés et surtout sa rubrique «Aus textes dont certains sur la littérature, ou sur des rédacteurs les plus connus dans la capi- einer kleinen Residenz»2. des voyages (Joyce à Dublin), des soirées tale, tout comme son collègue Jos Hanck Cette rubrique lui permettait de parler (sur Auguste Liesch), des souvenirs profes- ou encore Nic Molling (1902-1964). librement de tout ce qui se passait autour sionnels (sur Pucki Formann et le Gukuk), Avant de travailler au Escher Tageblatt, de lui et de tout ce qu’il était forcé de cou- des instantanés (p.ex. Escher Frühzug, le Thill avait vécu à Francfort où il collabora à vrir. J’ai relevé pour décembre 1950 21 train des travailleurs). En 1969 Raymon la «Frankfurter Zeitung» et comme corres- articles de sa plume pour couvrir les repré- Mehlen édita Spotlights qui contenait des pondant pour la Luxemburger Zeitung. sentations du Théâtre municipal, une fête reportages et articles du journaliste qui par Rentré à Luxembourg en 1928, il fut de Saint-Nicolas, un concert de la Croix ailleurs fit de ses nombreux reportages des rédacteur du journal libéral qui disparaiss- Rouge à Ettelbrück, une soirée de gymnas- tirés à part. ait le 29 septembre 1941. Il rejoignit le tes, un calendrier des forgerons, la nostal- Escher Tageblatt le 1er octobre 1941 (sous gie des vendeurs de marrons chauds, un B.F. direction allemande) et y resta après une film de Walt Disney, les salons de beauté, brève interruption en 1944 jusqu’à sa un film de Philippe Schneider, etc. Fin des 1 Radioscopie 2013, Yves Steichen, Robert Thill (1904- retraite en 19691. années quarante on commença à voyager 1981), Chronist und Weltenbummler aus der luxemburgischen „Provinz“ en avion, et Robert Thill inaugura tous les 2 On appelait la ville de Luxembourg «Haupt- und vols de Luxembourg vers l’Europe qu’il Residenzstadt», où résidait le souverain.

15 Fast so alt wie der Luxemburger Staat Das „Luxemburger Wort“ erlebte und reflektierte die guten und die schlechten Zeiten unseres Landes Seit 166 Jahren ein Stadtluxemburger Medienhaus

ons stad hat nicht viele „Traditions- häuser“, die von der ersten Hälfte des 19. bis zur ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts ununterbrochen vom lebendigen Unter- nehmertum unserer Hauptstadt zeugen. Das Markenzeichen Luxemburger Wort hat mit seinen heute 166 Jahren im haupt- städtischen Geschäftsleben eine Brücke 1887 wurde das über zwei Jahrhundertwechsel hinweg „Luxemburger Wort“ geschlagen. zum ersten Mal in seiner eigenen Druckerei Es war von Anfang an das Ziel der hergestellt. In jenem Jahr Gründer der am 23. März 1848 zum ersten wurde die Sankt-Paulus- Mal veröffentlichten neuen Zeitung, das Druckerei in der Großstraße auf Nr. 53 gegründet. gesamte Luxemburger Volk zu erreichen (Haus mit farblich und nicht nur ein Stadtluxemburger Blatt hervorgehobener Fassade) Batty Fischer © Photothèque de la Ville de Luxembourg zu machen; doch dessen Geschichte for- dert es nahezu, gerade in der Publikation ons stad einen historischen Abriss der Doyenne unserer Tageszeitungen mit © LW-Archiv© deren kontinuierlichen Präsenz in der Stadt Luxemburg zu beginnen. Das „Wort“ ist „onser Stad“ stets treu geblieben. Dafür sprechen nicht zuletzt die vielen Stadtvier- tel und Standorte, an denen die Zeitung konzipiert, geschrieben, verantwortet und gedruckt wurde, von 1848 bis heute… Während die Gründerredaktion1 auf Nr.105 in der Großstraße ihre journalisti- sche Arbeit aufnahm, wurde die neue Zei- tung in der Lantergässel (rue Génistre In diesem 2 Medien- und 243), nach Recherchen von J.-P- Koltz im Druckereikomplex­ linken Gebäudeteil des „alten Cercle“, also in Luxem­burg- in der direkten Nachbarschaft der späteren Gasperich entsteht das Verwaltung des Bistums und Hauptaktio- „Luxemburger närs aus der Taufe gehoben, und zwar in Wort“ seit 1978. der Buch- und Steindruckerei von M. Beh- rens Sohn (Cercle Littéraire) im Auftrag des damaligen Herausgebers Gaspard innerhalb des Verlags neben dem „Luxem- Druckerei von Joh. Hary in der Casino­ Rodenborn. Im selben Haus wurde knapp burger Wort“ ein Konkurrenzblatt, die straße (rue de la Côte d’Eich) gedruckt und zwei Jahre später vom „Wort“-Verleger „Luxemburger Nationalzeitung“ lancierte, herausgegeben. Behrens das Konkurrenzblatt „Der Patriot“ wechselte das „Luxemburger Wort“ zum Aus den Erfahrungen mit vielen Dru- hergestellt. dritten Mal den Drucker und Verleger und ckern und Herausgebern schlau gewor- Dieser „Seitensprung“ von Verleger erschien in der Paschtoueschgaass (Pastor- den, aber mehr noch aus dem Bestreben Behrens hatte zur Folge, dass sich das straße) auf Nummer 3 bei J.F. Schmit- heraus, sich in schwierigen politischen Zei- „Wort“ nach nicht einmal zwei Jahren Brück, der aber noch im selben Jahre starb. ten ein starkes Rückgrat zu geben, einen neuen Drucker und Verleger suchen Der Druck der mittlerweile im hauptstädti- beschlossen die für die Zeitung verant- musste. Ab dem 1. Januar 1850 war das schen Geschäftsleben verankerten Zeitung wortlichen Katholiken eine rechtliche und Blatt auf der Nummer 263 am Krautmarkt wurde von dem angesehenen Buchhändler finanzielle Stabilisierung durch die Grün- zu Hause, wo es von dem Buchhändler und Drucker Peter M. Brück übernommen, dung einer eigenen Gesellschaft und Dru- Franz Rehm gedruckt und verlegt wurde. der das Blatt zuerst in seinen Ateliers auf ckerei. Am 14. Februar 1887 gingen alle Wegen böser Erfahrungen mit den damali- Nr.19 in der Großstraße herstellte, seine Rechte an den neu gegründeten Verlag gen Gerichten in Sachen Pressepolemik Druckerei später in die Mamergasse (obe- der anonymen „Sankt Paulus-Gesellschaft wandte sich Rehm aber schnell von seiner rer Teil der Pastorstraße zwischen Kraut- zur Verbreitung der katholischen Presse“. undankbaren Verantwortung im katholi- markt und Grabenstraße) verlegte, wo er Gesell­schafter waren der Drucker Joh. schen Blatt ab, gründete eine eigene Zei- das „Luxemburger Wort“ bis 1884 druckte. Hary, der Geschäftsmann Henri Nepper, tung und überließ seine Stelle im „Wort“ Ein Streit zwischen Peter Brück und der Eigentümer Nicolas Ensch, der Redak- seinem Vorarbeiter F. Schömann. der Redaktion führte zu einer richterlich teur André Welter, der Architekt Pierre Das „Wort“ suchte sich eine neue erwirkten Herausgabe der Druckerrechte Kemp, der Industrielle Victor Thibeau, Adresse im Stadtzentrum. Innerhalb von von Brück an den Buchdrucker Schamber- der Bistumskanzler Louis Held und der fünf Jahren zog es also von der Lantergäs- ger, der ab 1884 die Herstellung des Diözesanpriester Jean-Baptiste Fallize, die sel über den Krautmarkt in die Großstraße katholischen Blattes in der Krautmarkt- damals überragende Persönlichkeit, die Nr. 144 (Roude Pëtz) um, wo es ab dem 1. straße Nr. 5 (späteres Geschäftshaus Ber- maßgeblich an dieser Operation beteiligt Januar 1854 von dem Drucker und Buch- togne) interimistisch übernahm. war3. Hary und Held (Stiefsohn von Hary) binder Johann Hugo Florian hergestellt Ab dem 1. Januar 1885 wurde das brachten den Betriebsfonds der Druckerei wurde. Als Florian noch im selben Jahr „Luxemburger Wort“ in der Sankt-Paulus- Hary und eine von der Großstraße bis zum

17 Fast so alt wie der Luxemburger Staat

Theaterplatz reichende Immobilie in die neu gegründete Gesellschaft ein. Die ersten Schriftleiter: Im Jahre 1905 wurden die Druckerei und die Geschäftsstelle, diesmal zuerst Edouard Michelis (1848-1854) wegen Platzmangels, vom Theaterplatz in Nicolas Breisdorff (1854-1885) das neue Stadtviertel auf dem Plateau Jean-Baptiste Fallize (1884-1887) Bourbon verlegt, und zwar in die Siegfried- Andreas Welter (1887-1889) straße, die später nach „Wort“- Direktor Jean Origer umbenannt wurde. Ab 1905: Fortan wechselten die Adressen von Zeitung und Druckerei nur noch aus Platz- Kollegium: Jean Origer gründen. Wachsende Auflagen der Zei- Emil Hentgen tung und vermehrte Aufträge an die neue Karl Lessel Druckerei bedingten entsprechend mehr Jean Origer (1924-1940)

Personal und leistungsstarke Maschinen LW-Archiv© und den dafür notwendigen Platz. Nach- Nazi-Herrschaft (1940-1944) dem das Gebäude in der Origerstraße zu eng geworden war, wurde ein großer Neu- bau in der Bourbonstraße geplant, der ab 1965 dem blühenden Unternehmen für eine längere Zukunft Platz bieten sollte. Doch schon in den siebziger Jahren sah sich das „Luxemburger Wort“ gezwun- gen, mit seiner Druckerei aus der Enge des verkehrsreichen Stadtzentrums hinaus „auf die Wiese“ zu ziehen. Seit 1978 lau- tet die Adresse: 2, rue Christophe Plantin, Luxembourg-Gasperich. 1 Edouard Michelis leitete von1848 bis 1854 die erste Redaktion Kind der Pressefreiheit, 2 Jean Origer prägte gebranntes Kind des Kulturkampfes LW-Archiv© die Zeitung von 1905 bis 1940

Die an den Anfang dieses Beitrages gesetzte kleine Geschichte der geschäftli- einen Dienst an der Gesellschaft zu leisten. „Nur das Gefühl der Pflicht, in dieser chen Standorte von „Luxemburger Wort“ Erstens wollte die Redaktion objektiv über bewegten Zeit für das wahre Wohl des und Sankt-Paulus-Druckerei in der Stadt das Geschehen im eigenen Land und in der Luxemburger Landes nach Kräften mitzu- Luxemburg könnte zur Annahme verleiten, ganzen Welt informieren, zweitens durch wirken, hat uns bewogen, eine Zeitung das Zeitungsunternehmen habe von Anfang ein Angebot an Ideen, Orientierungen und erscheinen zu lassen. Das Wohl des Lan- an primär lukrative Ziele verfolgt. Jedoch Lösungsvorschlägen ein legitimer Mitspieler des liegt uns am Herzen, und für dieses war es die erklärte Absicht der Gründer die- in der gesellschaftlichen und politischen wollen wir frei unsere Stimme erheben. ser Zeitung und ihrer Nachfolger, vor allem Auseinandersetzung sein. Aber wir sind fern von der Meinung, als Die europäischen Revolutionen des wüssten wir allein, oder als wüssten wir Jahres 1848, die auch in Luxemburg einen am besten, was zum wahren Wohle des fruchtbaren Boden fanden, bewirkten die Landes gereicht. Darum will die neue Zei- Abschaffung der staatlichen Zensur durch tung durchaus nicht irgend ein Richteramt König-Großherzog Wilhelm II. Auf die am in dieser Hinsicht ausüben, sondern sie 20.März 1848 proklamierte Pressefreiheit will die Angelegenheiten des Landes nur hatten viele lange gewartet; auch die zur allgemeinen Besprechung bringen, In der ersten Nummer des Luxemburger Gründer des „Luxemburger Wort“4 muss- damit das mündig gewordene Publikum Wort erschien diese geschichtlich wie ten sich schon eine Weile darauf vorberei- selbst entscheide.“ soziologisch aufschlussreiche Anzeige. Dort wurde jenen, die sich in Amerika tet haben, ansonsten sie nicht drei Tage Das waren edle Vorsätze, die in 166 eine bessere Existenz erhofften, Hilfe danach, am 23. März, die erste Ausgabe – Jahren bisweilen hart auf die Probe gestellt und Aufklärung bei der Organisation eine Probenummer – ihres Blattes hätten wurden. Säkularismus und Kulturkampf ihrer Reise und Niederlassung angeboten. vorlegen können. wurden auch für die katholischen Zei- Darin druckten die Zeitungsmacher tungsmacher zur öffentlichen Kampfarena. ein Acht-Punkte-Programm ab, das sich in Die Verteidigung des apostolischen Vikars der Regel wie ein roter Faden durch die Theodor Laurent gegen die Regierung Geschichte der Zeitung hindurch ziehen brachte dem jungen Blatt schon im Grün- sollte. Einige bemerkenswerte Auszüge: dungsjahr nicht nur eine erste Hausdurch- „Die neue Zeitung will kein Parthei- suchung ein, sondern dem Herausgeber blatt sein. Sie will nicht ein Blatt sein für die und Redaktionsleiter Eduard Michelis auch Regierung, nicht für den Clerus, nicht für einen Prozess und eine Verurteilung zu irgend einen besonders bevorzugten sechs Monaten Gefängnis und einer Geld- Stand; sondern sie wird sich bemühen, strafe von 2000 Franken (zum Vergleich: nach bestem Wissen und Können die Ein Jahresabonnement der Zeitung kostete Wahrheit für Alle zu reden, für die Regie- damals 20 Franken). Prozesse gehörten rung, den Clerus, den Bürger, den Hand- fast zur Tagesordnung. Die Existenz des werksmann und den Bauern.“ Blattes war bedroht5 Das wurde nicht

18 politischer Thinktank, der über eine umfas- Kleine Entwicklungsgeschichte. sende Staats- und Gesellschaftsreform nachdachte und wesentlich an der Vorbe- reitung einer auf dem Subsidiaritätsprinzip 1848: Erste Anzeige in Pierre Grégoire „Die Warte“ fußenden solidarischen Arbeits- und Sozial- der ersten „Wort“-Nummer 1950: Schaffung der religiösen gesetzgebung zusammen arbeitete. Das 1861: Feuilleton wird feste Rubrik Seite „Weltkirche“ familienpolitische Projekt des erst nach dem 1877: Erster Fortsetzungsroman 1952: Erste wöchentliche Filmseite Zweiten Weltkrieg eingeführten Kinder- 1880: Wochenbeilage für land- 1961: Einführung der Seite geldgesetzes stammte noch von Jean Ori- und volkswirtschaftliche Fragen „La vie économique et sociale“ ger. Die gemeinsame positive Einstellung 1889: Erste größere Strichbilder 1972: Start der Extraseite von Partei und Zeitung gegenüber dem 1903: Samstagsbeilage „La Voix du Luxembourg“ umstrittenen „Ordnungsgesetz“ („Maul- „Soziale Streiflichter“ 1973: Erste umfassende wöchentliche korbgesetz“) zeigte der geballten Kraft von 1904: Rubrik „Stimmen Fernsehbeilage Rechtspartei und „Wort“ ihre Grenzen auf.7 aus der Leserwelt“ 1974: Erstes „CSV-Profil“ Es gehören auch weit weniger erbauli- 1909: Eröffnung einer Redaktion unter Verantwortung der CSV che Kapitel zur katholischen Pressege- in Esch-Alzette 1977: Beilage „Pour la vie naissante“ schichte jener Zeit, wie der schon im 19. 1910: Schaffung des „Escher 1978: Erste vierfarbige Anzeige Jahrhundert im „Wort“ angeklungene Anti­ Anzeiger“, Beilage für Minette-Bezirk semitismus und vor allem die gefährliche 1989: „Wochenzeitung für Europäer“ 1912: Erstmals Farbe in der Zeitung Blauäugigkeit des Redakteurs Esch gegen- 1992: Redaktionsaußenstelle 1919: Schaffung der Beilage über dem Nationalsozialismus, den er als „Die Luxemburger Frau“ in Ettelbrück Garant gegen die Diktatur des Bolschewis- 1921: Erste Photos im „Wort“ 1995: „Wort“ und „Télécran“ mus einschätzte.8 Wenn ab 1934 in der (Tour de France-Sieger Nic Frantz) im Internet Siegfriedstraße der Irrtum eingesehen 1933: J.-B. Esch gründet die kulturelle 2001: „La Voix du Luxembourg“ wurde und das Hitlerregime fortan nicht Beilage „Die Rundschau“ 2005: Einrichtung des Newsdesk mehr geschont wurde, dann bezahlte das 1946: Erste regelmäßige Sportseite 2005: „Wort“ auch als E-Paper „Wort“ für den Mut zur besseren Einsicht 1946: Einführung 2007: Gratiszeitung „Point 24“ einen hohen Preis. Origer starb im KZ der „Landeschronik“ 2013: Verschmelzung der digitalen Dachau, Esch wurde in Hartheim vergast. 1948: Aus „Die Rundschau“ macht und der Printmedien im Newsroom Nach beiden wurden später Straßen benannt. Grégoire entkam dem Vernich- tungslager Mauthausen und leistete in Lite- ratur, Journalismus und Politik Bedeutendes. besser mit der Verfassung von 1868 und Bis über die Jahrhundertwende hinaus Fischbach kehrte heil aus dem KZ Hinzert dem strengen Pressegesetz von 1869. Im war das „Luxemburger Wort“ quasi ein zurück. Beide konnten ihre Arbeit im Gegenteil: Der Kulturkampf verstärkte sich Surrogat für eine fehlende christliche politi- „Wort“ wieder aufnehmen. mit der Absicht einer regierenden antikleri- sche Struktur gewesen. Deshalb stand es Während der Naziherrschaft in unserem kalen Front, jeden Schritt der Kirche 1914 nicht von ungefähr mit an der Wiege Land (1940-44) wurde das „Luxemburger gesetzlich regeln zu wollen. Das fanden die der Rechtspartei (nach dem Zweiten Welt- Wort“ beschlagnahmt und „gleichgeschal- Katholiken jener Zeit umso unerhörter, als krieg Christlich-Soziale Volkspartei), jedoch tet“. Es diente mit seiner hohen Auflage von die Kirche einem damals noch ausgepräg- ohne eine rechtliche bzw. finanzielle Bin- über 50.000 Exemplaren dem Feind als teren Machtdenken in der Gesellschaft dung einzugehen. Was nicht verhinderte, bequemes Propagandaorgan, doch ging die verhaftet war. dass sich immer wieder Redakteure der Auflage verständlicherweise rasch zurück… Das „Luxemburger Wort“ konnte sich christlichen Zeitung in der christlichen Par- bis nach der Befreiung, als sie auf nahezu wohl nur deshalb ins 20. Jahrhundert hin­ teipolitik engagierten6. 60.000 empor schnellte. überretten, weil es sich 1887 solide rechtli- Der prominenteste unter den politisch In den Nachkriegsjahren musste die che Strukturen gegeben hatte, beharrlich tätigen LW-Redakteuren war Mgr. Jean Ori- Zeitung sich neu organisieren. Ab 1945 lei- auf Qualitätsjournalismus setzte und der ger, Direktor des „Luxemburger Wort“ und teten Jean Bernard (Redaktion) und vermutlich größte Teil des katholischen Abgeordneter (Fraktionschef) der damali- Camille Kasel (Druckerei) das „Luxembur- Volkes hinter ihm stand. gen Rechtspartei. Origer läutete ab 1908 ger Wort“. zusammen mit Charles Lessel und Emile Die Ära Origer Hentgen eine neue Ära in der katholischen Die Ära Heiderscheid Presse des Landes ein. Das Gewicht dieses Zwar hatte die heute älteste Zeitung intellektuellen Triumvirats im öffentlichen Nach Krieg und Aufbaujahren begann des Landes als einzige unter den Töchtern Leben zeigte sich im Kampf mit dem seit auch für die Luxemburger Presse eine der 1848er Pressefreiheit die Jahrhundert- 1908 bestehenden Linksblock von Liberalen neue, resolut zukunftsorientierte Epoche: wende glimpflich überlebt. Aber die Zei- und Sozialisten, ab 1912 bei der Auseinan- Europäische Friedensperspektiven waren tungsmacher hatten aus den Gefahren des dersetzung über das Schulgesetz, beim Kon- das allgemeine Credo und Ziel. Redakteur 19. und des anfänglichen 20. Jahrhunderts flikt um Großherzogin Marie-Adelheid, nach Prosper Schroeder wechselte vom „Wort“ gelernt. Vor allem durch den heftigen Kul- dem Krieg beim Referendum über die Mon- „nach Europa“. Auch diesbezüglich arbei- turkampf und die ungleichen politisch- archie, bei der Forderung des Wahlrechts für teten „Wort“ und CSV Hand in Hand. ideologischen Machtverhältnisse im Staat die Frauen… Auf Lessel und Hentgen folg- Doch das „Parteikind“, zu Beginn umhegt war die Einsicht gewachsen, dass das ten unter Jean Origer angesehene Redak- und gepflegt von seinem starken medialen christliche Blatt seinen gesellschaftlichen teure wie Mathias Guillaume, Leo Muller, „Paten“, war längst erwachsen geworden, Vorstellungen niemals an der aktiven Poli- Nic. Majerus, Pierre Cariers, Jean-Baptiste und in den folgenden Jahrzehnten locker- tik vorbei zur Umsetzung verhelfen konnte. Esch, Pierre Grégoire, Marcel Fischbach… ten sich die Beziehungen. Dazu brauchte es einer im Parlament ver- Zwischen den beiden Weltkriegen bil- Der beliebte Direktor, Journalist und tretenen Partei. deten christliche Zeitung und Partei eine Art OCIC-Präsident Jean Bernard, über dessen

19 Fast so alt wie der Luxemburger Staat

Leidensgeschichte im KZ Dachau Volker Schlöndorff den Film „Der neunte Tag“ LW-Chefredakteure gedreht hat, wurde 1958 von Alphonse Tur- nach dem Zweiten Weltkrieg pel abgelöst, der im Gegensatz zu Bernard die Nähe zur CSV aktiv förderte. André Hei- Jean Bernard* (1945-1958) derscheid und Léon Zeches bevorzugten bei Alphonse Turpel* (1958-1967) aller Freundschaft zur weltanschaulich ver- André Heiderscheid (1967-1986) wandten Partei eine zunehmend konstruk- Léon Zeches (1986-2009) tiv-kritische Distanz. Für sie waren weniger Parteiräson, Elektoralpragmatismus und Marc Glesener (2010-2012) gesellschaftliche Modetrends ausschlagge- Jean-Lou Siweck (2013-) bend als vielmehr eine gradlinige universale * Die LW-Direktoren Jean Bernard und Alphonse Ethik, katholische Moral und journalistische Turpel trugen zwar nicht den Titel Deontologie. Chefredakteur, leiteten aber die Redaktion.

Zu dem anfänglich noch zaghaften LW-Archiv© Aggiornamento trugen nicht unwesentlich die Luxemburger Diözesansynode und die Nachkriegsgeneration junger Journalisten bei, vor allem aber die soziologisch-politi- sche und journalistisch-unternehmerische Weitsicht des langjährigen Chefredakteurs und Direktors André Heiderscheid, der aus Gründen der politischen Transparenz und klaren Unterscheidung die getrennten Sei- ten eines „CSV-Profil“ anregte. Wenn man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im „Luxemburger Wort“ von einer „Ära Origer“ sprechen kann, dann ist 1 Jean Bernard leitete das die zweite Hälfte als „Ära Heiderscheid“ „Wort“ von 1945 bis 1958 2 André Heiderscheid, zu bezeichnen. Obwohl er, zum Ärgernis Chefredakteur von 1967 bis 1986, mancher Zeitgenossen, konsequent einen LW-Archiv© Direktor bis 1994 bestimmten Werte-Konservatismus vertei- digte, setzte er im Zeitungswesen resolut auf die Moderne. Er plante schon früh Branche, trug mit der portugiesischen Zei- Mit diesem nicht spezifisch luxembur- das große Multimedia-Unternehmen in tung „Contacto“ und der französischen gischen Problem einer fundamentalen Gasperich, passte die Technik schnell an „Wort“-Beilage „La Voix du Luxembourg“ medialen Zeitenwende zu kämpfen hatten die neuesten Evolutionen an (Photosatz, (spätere frankophone Tageszeitung „La vor allem die Präsidenten Mathias Schiltz Digitali­sierung), hatte trotz eines quasi Voix“ unter Chefredakteur Laurent Moyse) (1987-2012) und Erny Gillen (seit 2012) prohibitiven neuen Rundfunkgesetzes den zur besseren Ausländerintegrierung bei, sowie die Generaldirektoren Paul Zimmer, Mut, Radio DNR zu lancieren, machte die wagte das Experiment mit der „Wochen- Charles Ruppert, Léon Zeches, Paul Lenert Familien- und Fernsehzeitschrift Télécran zeitung für Europäer“, schuf die Kulturzeit- und, seit 2013, Paul Peckels zusammen mit in kürzester Zeit zum Überflieger dieser schrift „Nos Cahiers“, baute die Éditions LW-Direktor Jean-Lou Siweck. Nach einer Saint-Paul weiter aus, stieg in die Filmpro- landesweit mit gemischten Gefühlen auf- duktion ein, knüpfte ein Netz von Drucke- genommenen „Gesundschrumpfung“ des reien und Buchhandlungen und beteiligte katholischen Hauses im menschlich-perso- das Medienhaus an mehreren Unterneh- nellen wie im infrastrukturell-materiellen men im In- und Ausland… Bereich sieht das modernisierte Medienun- Unter André Heiderscheid erreichte ternehmen heute nicht zu Unrecht mit vor- das „Luxemburger Wort“ die höchsten sichtigem Optimismus in die Zukunft. Auflagen seiner Geschichte und figurierte Neben der digitalisierten Komplett- das Unternehmen zeitweilig unter den „top ausgabe der Zeitung informiert und kom- ten“ der luxemburgischen Wirtschafts­ mentiert das laufend aktualisierte „wort. akteure. Heiderscheids Nachfolger als lu“ (www.wort.lu) täglich in vier Sprachen „Wort“-Direktor und Chefredakteur, Léon (deutsch, französisch, portugiesisch und Zeches, wurde noch 2006 von Paperjam englisch) 87.000 LeserInnen (TNS Plurime- nach einer Vorauswahl unter 1000 Leuten dia 2013/2014). an 23. Stelle der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Luxemburger Wirt- Eine eminente gesellschaftliche Rolle schaftslebens gewählt. Das konnte aber die damals bereits einsetzende Krise im natio- Die Rolle, die das „Luxemburger nalen wie im internationalen Zeitungswe- Wort“ im Lauf der Jahrzehnte seit seiner sen nicht übertünchen, die fortan auch Gründung mit wechselnder Intensität dem „Luxemburger Wort“ schwer zu spielte, spiegelt sich in den wachsenden schaffen machte. Seit der Jahrtausend- Auflagenzahlen wider (siehe Kasten). wende ist die Auflage rückgängig, ohne Nach den für die Zeit und Gesellschaft des dass das Internet, in das auch diese Zeitung 19. Jahrhunderts üblichen bescheidenen Hoffnungen setzt, diesen Trend bisher Anfängen griffen immer mehr Luxem­ kompensieren konnte. burger zu diesem Informations- und

20 Der heutige Newsroom ist die zentrale Schaltstelle des „Luxem­burger Wort“. Dort treffen sich drei Mal täglich die Chefredaktion und die Rubrikenchefs, um gemeinsam die Inhalte für die Print- wie für die Online-Ausgabe auszuwählen. Gleichzeitig werden im Newsroom auch alle anderen Sprachausgaben des Online- Angebots von speziali­sierten Online- Redakteuren erarbeitet.

Spiegelbild von Erfolgen und Krisen Gesamtüberblick: Rekordjahre (CIM-Kontrolle): Die Auflagen des „Luxemburger Wort“ 1848: Auflage unbekannt 1997: 87.777 Druckauflage 1856: 173 Abonnements 1994: 82.951 Gesamtverbreitung Die Auflagenzahlen des „Luxembur- 1858: 222 ger Wort“ spiegeln Erfolge und Krisen (Verkauf + Gratis-Abos) 1862: 800 1995: 80.355 verkaufte Auflage wider. Dabei spielten auch politische, wirt- 1868: 1.500 (Abos + Einzelverkauf) schaftliche und demographische Einflüsse 1870: 3.000 eine Rolle, wie teure Prozesse, interne Aus- 1871-80: 1.900-2.500 1995: 73.859 Abonnements einandersetzungen, Konkurrenz, Papier- 1885: 1.500-1.800 1990: 6.570 Einzelverkauf knappheit, wechselndes Interesse des 1905: 8.000 Volkes an besonders wichtigen Ereignissen 1921: 27.000 Erreichte Personen wie der deutsch-französische Krieg von 1933-39: 40.000-50.000 (TNS- resp. TNS-Plurimédia-Umfrage): 1870-71, der 1. und der 2. Weltkrieg, die 1945: 59.212 verkaufte Auflage Befreiung Luxemburgs oder neuerdings der 1955: 61.092 2000: 178.600 1965: 6 7.6 42 Rückgang der gedruckten Zeitungen (print + e-paper) 1975: 71.998 zugunsten der neuen Medien. Da während 2005: 171.300 1985: 75.757 2010: 170.000 des 2. Weltkrieges das archivierte Material 1995: 80.355 2013/14: 180.800 weitgehend verloren ging, liegen uns nur 2000: 79.432 wenige, zum Teil ungenaue oder wider­ 2005: 73.397 sprüchliche Zahlen über die Höhe der Auf- 2010: 67.729 lagen vor der Zäsur von 1940-44 vor. 2013: 64.641

Meinungs­blatt. Im Gründungsjahr 1848 Fazit: Für die Leserinnen und Leser zählt die 1 Dr. Ed. Michelis (Hauptschriftleiter), Nic. Wies, Bernard Weber, Joh. Weirens, Heinrich Weber; erschien die neue Zeitung anfangs nur Qualität der Zeitung offenbar mehr als 2 J.-P. Koltz: Luxemburger Marienkalender 1973, S. 31 ff; zweimal wöchentlich, nach Abschaffung deren legitime weltanschauliche und politi- siehe auch: Emile van der Vekene: „Dictionnaire illustré des relieurs“, Ed. Saint-Paul 2002; der Zeitungsstempelsteuer im August des- sche Tendenz (vergl. auch Frankfurter All- 3 Edouard Molitor: „Monseigneur Dr. Johann Olav selben Jahres dreimal in der Woche. Die gemeine, Süddeutsche Zeitung, Le Monde, Fallize. Ein Kämpfer für das Reich Christi“, St. Paulus- Druckerei 1969, S. 31 ff; damalige Auflage ist uns nicht bekannt. Le Figaro...). 4 Georges Hellinghausen: „Selbstverständnis und Identität einer Zeitung“, St.Paulus-Druckerei 1998: Zwischen der ersten uns aus dem LW- Die Entstehung des „Luxemburger „Am Ursprung der Zeitung stehen: Obergerichtsrat Archiv bekannten Abonnentenzahl von Wort“ in turbulenten Zeiten eines europa- Charles-Gérard Eyschen, Gemeinderatsmitglied Jean- Philippe-Christophe Würth, Anwalt Dr. Michel Jonas 282 (11. April 1858) bis zur höchsten bis weiten Umbruchs ist keine Parthenoge- sowie Dechant Bernard Ambrosy; erster Herausgeber dato erreichten Verkaufszahl von 80.355 nese. So gesehen war diese Zeitung immer wurde Gaspard Rodenborn.“ 5 Als Nachfolger von Ed. Michelis leitete ab 1854 Abbé Nicolas (1995) liegen viele Höhen und Tiefen, je auch zum Teil ein Spiegelbild der Gesell- Breisdorff die Redaktion. Er führte vor allem heftige Auseinandersetzungen mit dem liberalen „Courrier“. Er nach gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, schaft, und umgekehrt hat die Zeitung wurde 1884 von Joh. Bapt. Fallize abgelöst; Fallize führte ideologischer und politischer Konjunktur. sicher auch auf die Gesellschaft eingewirkt. neben dem „Wort“ seine eigene Zeitung „Luxemburger Volksblatt“, gründete 1877 den „Luxemburger Bisweilen wurde räsoniert, die Zeitung Das „Wort“ (*1848), das nur neun Jahre Marienkalender“ und machte aus dem „Sonntagsblättchen“ gefährde sich selbst durch ihre Nähe zur Kir- nach Entstehung des neuen, kleinen, unab- von 1877 das „Sonntagsblatt“, das als „Lëtzebuerger Sonndesblad“ 1949 eine wöchentliche Auflage von über che und ihre Freundschaft zur CSV. Dage- hängigen Staates (*1839) geboren wurde, 10 000 Exemplaren hatte, 1990 immerhin noch mit 7 510 Stück in den Statistiken figurierte. Fallize, der in der Person gen spricht, dass in der Zweiten Hälfte des hat also fast von Anfang an dieses Land in von Andreas Welter den ersten Laien-Redakteur einstellte, 20. Jahrhunderts die sog. kirchliche Praxis allen guten und schlechten Tagen beglei- war eine herausragende Figur nicht nur in der Zeitungs­ geschi­chte, sondern auch in der Politik und in der Theologie. unter den Luxemburgern kontinuierlich tet. Das bindet. Gleichzeitig mit dem Volk Prof. Dr. Fallize wurde unter Papst Leo XIII. 1887 Apostolischer zurückging, während gleich­zeitig die Auf- eines neuen Staates aufzuwachsen, ist für Präfekt und 1892 Apostolischer Vikar von Norwegen; 6 Nach dem 2. Weltkrieg engagierten sich eine Reihe lage der kircheneigenen Zeitung bis in eine Zeitung ein seltenes Privileg. Manche „Wort”-Redakteure in der nationalen Politik: Pierre Grégoire, Marcel Fischbach, Pierre Rumé, Jean Wolter, ungeahnte Höhen anstieg; und Tatsache ist sagen, deshalb sei das „Luxemburger Emile Burggraff, Fernand Rau, Viviane Reding, Laurent auch, dass im Vergleichszeitraum die Wort“ zu einer „Institution“ geworden. Zeimet; 7 Siehe u.a. Emile Schaus: „Ursprung und Leistung einer Erfolgskurve der CSV global nach unten Partei“, St. Paulus-Druckerei 1974; tendierte, während das CSV-nahe „Wort“ 8 Siehe u.a. Carole Mersch: „Le national-socialisme et la presse luxembourgeoise de 1933 à 1940“, Imprimerie immer mehr Zuspruch erhielt. Mögliches Léon Zeches Saint-Paul 1977.

21 Die Erfolgsstory

ie Idee und den Mut zum Wagnis, in DLuxemburg eine neue Zeitschrift zu gründen, hatten die früheren „Revue“- Mitarbeiter René Bamberg, Sylvie Braconnier-Thoss, Jean Georges und Romain Hilbert. In ihrem Verlag Éditions Plus erschien am 21. Januar 1978 die erste Nummer der Fernsehzeitschrift „Télécran“, die damals die Programme von neun TV-Sendern in extenso vorstellte. Gedruckt wurde das Magazin in der Sankt-Paulus- Druckerei, die bereits mit einem Fünftel am Verlag beteiligt war und noch im Oktober desselben Jahres die neue Publikation ganz übernahm. Damit war nicht nur das Projekt abgesichert; vielmehr erlebte „Télécran“ mit dem Sukkurs des großen Medienhauses schnell einen im Luxemburger Pressewesen wohl nie gekannten Steilflug. Nach einem Verkaufsstart mit 8.456 Exemplaren lag die Auflage zwei Jahre danach schon bei 14.174, ein Jahr später bei 17.079… um 1983 mit 22.544 verkauften Heften die für Luxemburger Maßstäbe magische Marke von 20.000 weit zu überschreiten. 1986 kauften 28.977 Leser(innen) die Zeitschrift, und vier Jahre später, 1990, war die 40.000-Marke erreicht. Zu dem unerwarteten Erfolg trugen neben begeisterten Journalisten und einem hätten sie eigentlich deutsche, französische Layout­anpassungen. Im Programmteil Unternehmer mit dem richtigen „Riecher“, und belgische Fernsehzeitschriften kaufen werden wöchentlich 73 TV-Sender berück- ISP-Chef André Heiderscheid, die besonde- müssen. „Télécran“ erfüllte diese Aufgabe sichtigt, zu den Reportagen und Lifestyle- ren luxemburgischen Verhältnisse bei. Dank durch die Veröffentlichung in einem einzigen Berichten sind Neuigkeiten aus Luxemburg der Übersichtlichkeit seines Territoriums war Magazin sämtlicher Programme, die in unse- und der deutschen Grenzregion hinzuge- Luxemburg zu einer Fernsehnation erster rer Region zu empfangen waren und lieferte kommen (Télécran ist vorwiegend in deut- Ordnung geworden, konnten die Menschen gleichzeitig Luxemburger Aktualitäten und scher Sprache und entspricht weitgehend doch alle sich hier überlappenden Radio- Reportagen sowie Kurzweil und praktische auch den Sehgewohnheiten über Luxem- und TV-Programme der Nachbarländer Informationen dazu, und so waren die burgs Grenzen hinaus). Dass dem Kino und empfangen und von ihren Sprachkenntnis- Erwartungen der Fernsehzuschauer erfüllt den Filmrezensionen ein besonderer sen her auch verstehen. Es gab nur ein klei- und war eine Marktlücke geschlossen. Schwerpunkt zufällt, versteht sich in einer nes Problem: Um sich über sämtliche Diese Erfolgsstory setzt sich bis Fernsehzeitschrift von selbst. Programme eingehend zu informieren, heute fort. Mit zeitgemäßen Inhalts- und Jüngsten Erhebungen zufolge erreicht Télécran mit einer Verbreitung von 30.166 Exemplaren wöchentlich 113.500 Leser­ (innen). Das sind 26% der Bevölkerung. Aus diesen Zahlen ergibt sich aber auch, dass sich das Magazin dem rückläufigen Trend aller Printmedien nicht entziehen kann. Trotzdem bleibt es in seinem Bereich mit Abstand Marktführer in Luxemburg. Verantwortet wird die Publikation heute von Jean-Lou Siweck und Fernand Mor- bach. Erster Vertreter in der ersten TC- Redaktion war LW-Redakteur Henri Leyder, bevor Rémy Franck von 1978 bis 1990 ers- ter Chefredakteur wurde und an der einma- ligen Erfolgsgeschichte einen wesent­lichen Anteil hatte, gefolgt von seinen Kollegen Carl Scheltgen (bis 1995), Fernand Mor- bach (bis 2004), Roland Arens (bis 2008), Claude François (bis 2013) und heute wie- derum Fernand Morbach.

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22 Der Brückenbauer Zeitung für portugiesisch sprechende Mitbürger

ie „Asbl Amitiés Portugal-Luxembourg“ gab seit 1970 eine kleine Zeitung von Dvier Seiten in portugiesischer Sprache heraus, um den zugewanderten Menschen aus Portugal das Leben in Luxemburg zu erleichtern. Das Blatt wurde in einer Auflage von 500 Exemplaren in Portugal gedruckt und erschien zehnmal im Jahr. Die dort behandelten Sozialthemen bewogen die Gewerkschaft LCGB nach kurzer Zeit, in administrativen Fragen und mit redaktionel- len Beiträgen behilflich zu sein, so dass „Contacto“ bald die Auflage von 1.500 Exemplaren erreichte. Pionier war Lucien Huss aus Esch-Alzette, der sich an die Sankt-Paulus-Druckerei wandte mit der Anregung, die Publikation zu übernehmen. Bistum und „Wort“ sahen in dieser Aufgabe einen Dienst an den portugiesi- schen Mitbürgern und übernahmen 1987 die Herausgabe und den Druck dieser Zei- tung, die von den Interessenten über kos- tenloses Abonnement bezogen werden konnte. Das Blatt funktionierte etliche Jahre dank der unentgeltlichen Arbeit vor allem portugiesischer Intellektueller, die in Luxem- burg lebten. Unverzichtbare Kraft und „Spi- ritus rector“ war P. Belmiro Narino. Nach der Einstellung des Redakteurs José Luis Correia erschien „Contacto“ ab 1997 zweimal monatlich mit einer Auflage von 15.000 Exemplaren. Die Funktion eines Chefredakteurs übte seit 1987 der beigeordnete LW-Chefredakteur Emile Rossler aus, bevor 1998 Gaston Roderes Chefredakteur des „Contacto“ wurde, dessen Redaktion nun mit zusätzlichem Personal verstärkt wurde. Auf Roderes folgten als Verantwortliche Armand Thill und Marc Willière. 2007 wurde José Cor- reia zum Chefredakteur ernannt. Die professionell gut gemachte,

zwischen 16 und 32 Seiten zählende Zei- © Archives LW tung, in der die portugiesischsprachigen Das Redaktionskomitee der Zeitung Contacto: Leser(innen) Informationen, Hintergrund- Henrique de Burgo, Pedro Selas, Paula Telo Alves, berichte und Kommentare sowohl über Álvaro Cruz, Domingos Martins et José Luís Correia luxemburgische als auch portugiesische Aktualitäten finden, hat eine im Lauf der Jahre wenig schwankende Auflage von zur Zeit 25.025 Exemplaren (CIM 2013) und erreicht der TNS-Medienumfrage zufolge 75,5 Prozent (15 +) der in Luxem- burg lebenden portugiesisch sprechenden Bevölkerung.

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23 Zeitgeist in Zeitschriften

Heft, Illustrierte, ie lesen gerade ons stad. Also lesen sie zu finden und öfters benutzt, wäre das eine Zeitschrift, keine Zeitung. Die jährlich erscheinende Telefonbuch. Dies Magazin, Revue, SAufmachung, das Glanzpapier, soviel mag irreführend erscheinen und ist es auch Klatschblatt, Postille, Farbe, die Heftung. Dann formal und oft. Zum Beispiel erschien das Periodikum inhaltlich: die nicht alltägliche oder „Zoom 1511, d‘Studentenzäitschrëft“, laut Journal, Fachblatt, wöchentliche Erscheinungsweise, ein Untertitel also eine Zeitschrift, von 1994 Jahreschrift, Monatsschrift, Thema pro Ausgabe, ein ausführliches bis 2000 im Zeitungsformat. Umgekehrt Vierteljahresschrift… Inhaltsverzeichnis, populärwissenschaftli- erschien die „Diddelénger Schachzeitung“ che Artikel von mehreren Autoren, jedoch immer in einer Zeitschriftenaufmachung. mit Quellen und Urheberangaben, selbst Eine leichtere Definition wäre vielleicht bei Fotos, mit Endnoten. Und schließlich folgende: Auf der Zeitung werden Kartof- der Herausgeber: eine Stadt als feln geschält, auf der Zeitschrift nicht. Es Körperschaft. Alles deutet auf eine ist Zeitschriften anzusehen, dass sie auf- Zeitschrift hin, auf französisch „revue“ wändiger hergestellt werden. Der Duden oder „magazine“, auf englisch „magazine“ meint, dass eine Zeitschrift eine „meist oder „journal“ genannt. Eine andere regelmäßig (wöchentlich bis mehrmals Monarchy sells! Großherzogin Charlotte Zeitschrift, weniger farbig, dünneres jährlich) erscheinende, geheftete, bro- (A-Z, Cover, 24.01.1937) Papier, doch in fast jedem Haushalt schierte o.ä. Druckschrift mit verschiede-

24 nen Beiträgen, Artikeln usw. [über ein bestimmtes Stoffgebiet]“ ist. Neben dem Drucker sind also bei Zeitschriften auch Buchbinder mit im Spiel. Synonyme für Zeitschrift sind übrigens laut Duden: Heft, Illustrierte, Magazin, Revue, Klatschblatt, Postille, Journal, Fachblatt, Jahreschrift, Monatsschrift, Vierteljahresschrift. Der Oberbegriff von Zeitung und Zeit- schrift heißt übrigens Periodikum (Frz.: „périodique“ / Engl.: „serial“).1 Grenzen zwischen verschiedenen Periodika zu zie- hen ist nicht einfach. Nicht umsonst ist Forschungsliteratur über Zeitschriften so selten. Die Zeitschrift, im Gegensatz zur täglich oder wöchentlich erscheinenden Zeitung, generiert immer wieder Definiti- onsprobleme.2 Denn ein französisches „journal“ (eigentlich korrekterweise: Katzenfotos: „quotidien“) kann im deutschen Sprach- Die erste Katze auf einem A-Z-Cover raum eine Zeitschrift sein, jedoch keines- (14.10.1934) falls ein englisches „journal“. Denn dieses Kinderfotos: beinhaltet wahre Forschungsartikel. So Zwei Mädchen sich küssend spezialisiert sind nur wenige luxemburgi- (A-Z, Cover, sche Zeitschriften. 07.06.1936) Fischbach Vic

Arten und Beurteilung

Verschiedene Arten von Zeitschriften sind, laut dem Bericht über den deutschen einfach „Club Senior“ zu nennen, klingt ben luxemburgische Tierbezeichnungen als Zeitschriftenmarkt 2012, in folgender doch „De Schaukelstull“ viel origineller. Zeitschriftentitel. Rangfolge: aktuelle Zeitschriften und Oder statt „De Jongdemokrat“ lieber „Vit- Auch die Jugend mischt bei der luxem- Magazine weit vorne (Bsp.: „Télécran“, amin Blo“. „Carrière“ hörte sich als Frau- burgischen Zeitschriftentitelförderung mit: „Revue“), dann Frauen-, Programmzeit- enzeitschrift besser an als „Femmes maga- „De Schnuddler“ oder „Schléckenhäi- schriften, Motorpresse, Sport-, Wohn- und zine“. Oder warum keine Zahlen als Titel schen“. Grundschüler („De Cluni“) und Gartenzeitschriften, Wirtschaftspresse, wie „352“ oder „123,50“? Schön kurz Gymnasialschüler („Troater“, „De Känky“, Telekommunikations-, Lifestyle-, Stadt- sind diese außerdem auch. War es früher „De Fadsert“, „De Poto am Haff“, „Egal und Veranstaltungszeitschriften, Wissens- besser? Nein. Das „Bulletin“ gab es schon wat!“) sind sehr aktiv. Während Studenten magazine, Eltern-, Ess-, Kino-, Video-, immer. Allerdings, durch eine reduzierte Titel, welche identisch mit dem Vereinsna- Audio-, Fotozeitschriften, dann Jugend-, Erscheinungsweise gezwungen, wurden im men sind, wie „UNEL-News“, bevorzugen. Reise- und Kinderzeitschriften. Es folgen 19. Jh. und Anfang des 20. Jh.s insbeson- Ein Ausnahmebeispiel: „Psycho-Lo? Déi „Sonstige“ und andere. dere „Kalender“, „Almanach“, „Annuaire eenzeg Zeitung, déi en Eck ewech huet!“. Wie können Zeitschriften beurteilt / Jahrbuch“, und „Annales / Annalen“ Je nach Epoche gebar die Einbildungs- werden? Folgende Kriterien sind möglich: inflationär benutzt, sowie ebensokraft sprachliche Kreationen wie „Morgen- Material (Papierqualität), Nachhaltigkeit „Monatsblätter“ (-zeitschrift, -revue). Alle glocken“, „Pädagogischer Sprechsaal“, der Information (Aktualitätscharakter), Titel mit „Luxemburger“, „Letzeburger“ „Der Hinkende Bote“ oder „Christkönigs- Redundanz (Bsp. gleichzeitige Publikation oder „Lëtzebuerger“ erfreuen sich weiter- ruf“. Beliebt waren im Vorkriegs-Luxem- von offiziell autorisierten Fotos des groß- hin großer Beliebtheit. Titel mit dem burg auch „Volksfreund“, „Familien- herzoglichen Hofes), Benutzung (Inhalts- Adjektiv „Moselländischer“ sind allerdings freund“, „Lehrerfreund“, „Bauernfreund“, verzeichnisse, Index, etc.), Preis und seit 1945 nicht mehr erwünscht. Deren „Obst- und Gartenbaufreund“, … Die Erscheinungshäufigkeit. Jedoch auch deren Zielgruppe auch nicht. Welt vor 1940 muss eine freundliche Universalität (Publikums-, Konfessions- Nationale Identifikation spiegelt sich in gewesen sein. oder Fachzeitschrift), Erscheinungsweise/- Zeitschriften wider. Gesellschaftliche Grup- Jede Zeitschrift besitzt in der Regel häufigkeit3 und Zielgruppen. pen bedienen sich gerne des Luxemburgi- eine Zielgruppe und ein Profil. Lesen Die Erscheinungsweise einer luxem- schen: „De Lëtzebuerger“ … Pompjee, Jéer, „D‘Stëmm vun der Strooss“-Leser etwa burgischen4 Zeitschrift (ca. 70-80% in Klengdéierenziichtler, Bäcker, Ex-Militär, auch die Zeitschrift „Ferrari-Club Luxem- Luxemburg) war und ist häufig nicht fest- Sportfëscher, usw. Die Leser von „Eis bourg“? Berichte von Gemeinderatssitzun- gelegt. Sie ist oft mehrsprachig, besitzt Sprooch“ würde dies freuen. Eine kleine gen z-B. richten sich an alle Einwohner eine sehr überschaubare Redaktion. Jahr- Auswahl: „Fir dech an däi Land“, „D‘Ûcht“, einer Kommune, unabhängig der politi- gangsangaben fehlen meistens, doch ist „Queesch“, „Hemecht“, „D‘Handwierk“, schen Ausrichtung, Religion, sozialem Sta- dies ist ebenfalls bei Zeitungen der Fall. „De Minettsdapp“, „De Knipsert“, „Den tus, usw. Und wenn sie nicht lieblos „Sit- Zonkebutz“, „Päiperlék“, „De Wäschbuer“, zungsbericht“ oder „Analytischer Bericht“ Titel und Zielgruppen „De Kluew“, „Den Ausgriewer“, „Den heißen, sind es „De Buet“, „D‘Bliedchen“, Hueleforscher“, sowie großformatig „Pane- „D‘Gemeeneblat“, „Informatiounsblat“ Die wohl austauschbarsten Titel hei- wippchen“, „D‘Flou am Ouer“, „Dajee“, („-blad“) oder „D‘Gemengeklack“. Viele ßen „Bulletin“, „-Info“ oder „News“. Sie „Fréd a Liewen“, „D‘Suebelmouk“, „De beinhalten eine lokale Note und/oder mögen neutral sein, doch wo bleibt da die Fiederfuuss“, „D‘Bëschzeck“, „De Kéisé- indem sie im örtlichen Dialekt geschrieben Fantasie? Statt eine Senioren-Zeitschrift cker“, etc. Insbesondere Naturfreunde lie- werden: „Echternoacher Gemäneblad“,

25 Zeitgeist in Zeitschriften

„De Beforter“, „De Buurschter“, „De Rei- der“, „D‘Ëlwenter Gemengebleedchen“, „De Kropemann“, „Den Deiwelselter“, etc. Ebenfalls für die lokale Bevölkerung, jedoch eher für Geschichtsinteressierte: „Stengeforter Almanach“, „De Feelser Babbeler“, „Les cahiers de Bourscheid“, „Ous der Veiner Geschicht“, „De Viichter Geschichtsfrënd“ oder „D‘Hobitz“. „De Cliärrwer Kanton“ oder „Korspronk“ wen- den sich an einen Kanton oder eine Region. Ebenfalls keine Floskelsprachenberichte, sondern Infotainment bietend sind Stadt- magazine wie „Eist Miersch“, „Déiffer- dang Magazin“, „De Louschlëssel“, u.a. Für welche Leserschaft die „Annalen für Ackerbau und Viehzucht“ oder Jahresbe- richte von Banken gedacht waren, muss wohl nicht erläutert werden. Im Bereich der Konfessionen veröffentlichen natürlich in Luxemburg vor allem die katholische Kirche und ihre Nebenorganisationen eine Fülle an Zeitschriften. Hier nur eine kleine Auswahl, aktive und tote zusammengewürfelt: „Fas- ten-Hirtenbrief für das Jahr des Heils …“, „Kirchlicher Anzeiger für die Diözese Eine Geschmackssache, in zweierlei Hinsicht: Klein-Rita isst Schokolade (A-Z. 11.11.1934, S. 16-17) Luxemburg“, „Direktorium für Offizium und Messfeier in der Erzdiözese Luxemburg für das Kirchenjahr ...“, „Heimat und Mission“, „Volksmissionar“, „Marienland“, „Marien- Inhalt Auswirkungen eines Tornados, welcher die ritter“, „Militia Mariae“, „L‘aumônier“, Häuser auf Bireler Barrière am 25.09.1894 „Pfarrbote“, „Parblad“, „Trei am Glaw“, Die Luxemburger Welt scheint heute zerstört hatte. Und neben „Preisräthseln, „Kapuziner News“, „Caritas-Jahrbuch“, auf den ersten Blick nicht mehr in konser- Illustrationen, Erzählungen, Belehrungen, „JEXplosiv“, „Fro‘ Stonnen“, „Das Jesus- vativ-rechts und links-liberal, schwarz und Adressen, Jahrmärkten von Luxemburg und Kind“, … Andere Glaubensgemeinschaften weiß, eingeteilt zu sein. Wie sonst wäre es den Grenzländern“ findet man dort neben- besitzen auch ihre Printmedien: „Monats- möglich, als vor kurzem, am 22.10.2014, bei auch eine Rubrik mit alten Luxemburger blätter der protestantischen Kirche“, „Evan- zwei landbekannte Magazine, „Télécran“ Sprichwörtern wie „Aus èngem Kuolesâk gelischer Glaubensbote“, „Kadima“, „Al- und „Revue“, ihre Titelblätter und kann ê kê weisst Miél huelen“. Qualam“, „Diwan“, usw. -geschichten netterweise ausgetauscht „Was ihr den Geist der Zeiten heißt, Für ein Fachpublikum gedacht, bzw. hatten?5 das ist im Grund der Herren eigener Geist. auf ein Thema fokussiert, wären folgende Seien wir ehrlich: Zeitschriftenunterti- In dem die Zeiten sich bespiegeln.“ (J.W. Titel im Bereich des Rechts: „Memorial“, teladjektive wie „onofhängeg“, „onpartei- von Goethe) - Alte Zeit-Schriften sind dem „Pasicrisie luxembourgeoise“, „Bulletin du esch“ oder „neutral“ sind fürs Geschäft jeweiligen Zeit-Geist angepasst und Cercle François Laurent“, „Feuille de liai- meistens suboptimal. Abgesehen von sehr erscheinen uns heute unangenehm, fremd, son de la Conférence St-Yves“ und „Anna- wenigen Ausnahmen schaffen auf politi- politisch unkorrekt. les du droit luxembourgeois“. sche Neutralität pochende Redaktionen es Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Zu den ältesten (älter als 30 Jahre), auf Dauer im Luxemburger Lande nicht. Artikel mit dem Einverständnis einer Redak- informationsreichen und noch immer regel- Richtige Partei-Zeitschriften, auch wenn tion, bzw. eines Chefredakteurs veröffent- mäßig erscheinenden Zeitschriften unseres sie eher Flugblätter und Zeitungen ähneln, licht wurden. Selten, überaus selten, kann Landes zählen in folgender Reihenfolge: liegen oft unaufgefordert in ihrem Brief- es vorkommen, dass die Druckerei sich „Bulletin de la Société des sciences médi- kasten oder werden Ihnen während eines gegen eine Publikation oder einen bestimm- cales“, „Revue technique luxembour- Braderie-Besuchs in die Hand gedrückt. ten Artikel wehrt, jedoch aus vertraglichen geoise“, „Bulletin de docu­mentation et Und obschon diese griffige, in der Luxem- Gründen gezwungen ist, die Zeitschrift zu d’information“, „Bulletin du Statec“, „Lët- burger Sprache verfasste Titel haben, lan- drucken. So geschehen in der historischen zebuerger Merkur“ und „Bulletin de la den sie doch mehrheitlich im nächsten Zeitschrift „Hémecht“ N°4, 2006.6 société préhistorique luxembourgeoise“. Mülleimer. Bemerken wir in diesem Zusam- Zählen wir die national bekannten menhang, dass das Adjektiv „roud“ insbe- Magazine Zeitschriften auf, welche sich durch einen sondere bei linksgerichteten Parteien und hohen dokumentarischen und intellektuel- Gruppierungen in Luxemburg eine jahr- Das Magazin ist ein Periodikum von all- len Wert auszeichnen, für eine allgemeine zehntelange Tradition hat. gemeinem Interesse, mit diversen Themen Leserschaft (Geschichte, Kultur und Aktua- Zeitschriften gehören zum nationalen und vielen Autoren, in einem nicht-akademi- lität) bestimmt sind, deren Format DIN A4 Kulturerbe. Insbesondere im Luxemburger schen Stil geschrieben, reich bebildert, Wer- nicht überschreitet und regelmäßig erschei- Ländle, wo die Bücherproduktion nicht so bung beinhaltend, gedruckt auf Hochglanz- nen: „Forum“, „Galerie“, „Hémecht“, „Nos hoch ist, spielen Periodika eine wichtige papier, mit meist kurzen Artikeln (weniger als cahiers“ - und wir wagen „ons stad“ dazu Rolle im Bereich historisches Archiv der fünf Seiten), oft ohne Urheberangabe und zu gesellen. Die „Cahiers luxembourgeois“ Nation. So befinden sich beispielsweise im Quellenverzeichnis, mehrheitlich wöchent- existiert leider nicht mehr. „Luxemburger Haus- und Handkalender lich oder monatlich erscheinend.7 Die popu- auf das Jahr 1895“ seltene Fotos zu den lärsten, bzw. meist verkauften Magazine

26 Welche Artikel-Klassiker verkauften sich immer und halfen die Auflage zu stei- gern? An erster Stelle stand und steht noch heute die großherzogliche Familie. Gäbe es keine Monarchie in Luxemburg, so müsste man sie gründen. Und wenn doch nicht, würden auch Luxemburger Magazine sich auf die ausländischen Herrscherhäuser stür- zen. Mit der Präsenz der Großherzogin zusammenhängend gab es häufig Report- gagen über Staatsbesuche, neue Botschaf- ter und Botschaftsempfänge, Armee (Kom- mandowechsel), Viertel-Jahrhundertfeiern (25, 50, 75, 100, etc. Jahresfeiern), neue Regierungen, patriotische Manifestationen allgemein, Grundsteinlegungen und Eröff- nungen. Süße Tierartikel gab es ebenfalls bereits: Hundedressur, Hundeausstellung des Hubertus-Club, „Der beste Freund des Menschen“, zu Besuch bei Kleintierzüch- tern. Es existierte eine Frauen- und Kinder- moderubrik, wobei keine Fotos, sondern Zeichnungen abgebildet wurden. Erst ab dem 05.12.1937 wurden erste Damenfotos abgelichtet, bei Kindern ab dem 02.01.1938. Heute tabu: Klein-Rita und die Tabakpfeife (A-Z, 30.12.1934, S. 16-17) Die meisten leicht bekleideten Damen waren nur auf zwei Seiten „L‘été à Holly- wood“ (30.07.1939) zu finden. Neben den Fahrradrennen (Cyclo- Luxemburgs sind die seit dem 01.09.1945 die heutigen Magazine noch gemacht wer- Cross), Fußball, Turnfesten, Boxturnieren erscheinende „Revue“ und das seit dem den. „D‘Revue“, nur sechs Monate beste- und Schwimmmeisterschaften begeister- 21.01.1978 erscheinende „Télécran“. hend, zum gleichen Preis wie die A-Z (2 ten Auto- und Motoradrennen die Mas- Diese Magazine hatten vor 1940 Vor- Franken) zu erhalten, erschien samstags. sen. Selbst die Zigarettenwerbung zeigte gänger, wenn auch nicht im redaktionellen Die A-Z änderte vielleicht daraufhin 1940 sich sportlich: „L‘Africaine, la cigarette du Sinne, so jedoch im Aufbau. Da wäre ers- ihren wöchentlichen Erscheinungstermin. sportif“ stand auf den Plakaten zu lesen. tens die „Luxemburger Illustrierte“, wel- Trotzdem fällt auf, dass „D‘Revue“ fotore- che vom 24.10.1924 bis 1927 wöchentlich, portagenmäßig fast immer eine Woche dann alle 14 Tage bis zum 10.11.1931 Vorsprung vor der A-Z hatte. Beide Maga- erschien. Sehr textlastig, höchstens eine zine boten mehr als nur Artikel über die Seitenaufspaltung in zwei Teile (aber nicht Herstellung von Korkenziehern oder über zu oft), mit genauen Urheberangaben ver- Salatgurkenkultur. sehen, mit Inhaltsverzeichnis aller im Jahr oder über mehrere Jahre publizierten Arti- Jahresrhythmus und Klassiker kel. Das ist eine sehr wissenschaftliche Herangehensweise, gleichbedeutend mit Die A-Z orientierte sich im Jahres- langweilig für Mann und Frau der Straße. rhythmus an hierzulande üblichen, insbe- Dieses erste Magazin musste 1931 einge- sondere christlichen Festen und den Wet- stellt werden. Professioneller wurde es mit terauswirkungen: Was bringt das neue der am 24.12.1933 erscheinenden „A-Z, Jahr (Astrologie und „Nachruf“), National- Luxemburger illustrierte Wochenschrift“, feiertag (damals im Januar, mit Feuer- herausgegeben von Frantz Stoltz bis zum werk), Tauwetter/Schneeschmelze („Röser 15.07.1934, dann ab dem 29.07.1934 bis am See“, Bilder vom Hochwasser im zum Schluss am 01.05.1940 durch Hubert „Röserbann“ (29.01.1939)), Fastnachts- Clément - und in diesem Zeitraum umzüge, Burgbrennen, Aprilscherz9, Oster- gedruckt durch die Imprimerie Coopéra- bräuche und Ostereier, „Bilder von der tive Luxembourgeoise. Emeischen“, Klibberjungen, Handels- und Konkurrenz bekam die A-Z erst Ende Gewerbeausstellung, Maifeier, Oktave und 1939. Vom 09.12.1939 bis 01.07.1940 Schlussprozession, Echternacher Spring- erschien in der Bourg-Bourger Druckerei prozession, Muttertag, Tour de Luxem- „D‘Revue“. Obschon bei Bourg-Bourger bourg, Weinmärkte, Braderie, Erntezeit, gedruckt, wird dieses Magazin nicht als Schobermesse, regelmäßiger Luxemburger Vorgängerin der Nachkriegs-“Revue“8 Tag auf der Ausstellung in Metz, Schulan- betrachtet,. Die berühmte, mittlerweile fang, Traubenmarkt an der Mosel, Winzer- digitalisierte A-Z wird ebenfalls oft als Vor- umzug, Allerheiligenfeier, Winterstimmung gänger der heutigen Revue gehandelt. an Mosel und Sauer, bzw. Winterland- Dies ist genauso falsch. schaften (Eisbahnen im überschwemmten Fischbach Vic Heute nicht mehr lustig: Die A-Z bestand nur fast sieben Jahre Röserbann (24.02.1935 / 24.01.1937)), Die Bierprobe aufs Exempel und doch enthält sie den Stoff, aus dem Nikolaustag, Barbarafeier und Weihnachten. (D‘Revue, 14/1940, S. 11)

27 Zeitgeist in Zeitschriften

Pfadfinderveranstaltungen mit Pow-wow (FNEL) und Thinking day (AGGL) waren populär. Die Vorstellung von Ortschaften und Regionen à la „Das malerische …“ kam und kommt bis heute gut an. Ebenso Luftfotos (Luxemburg aus der Vogel- schau), Preisausschreiben, Hochwasser, Luxemburger Persönlichkeiten, „Auslands- luxemburger“ (Luxemburger in Amerika), Firmenvorstellungen, Starinterviews, Re­zepte, silberne, goldene und Diaman- thochzeitsfeiern, Comics10, Tourismusför- derung und Gymnastik.

Aktualität

Die Rubriken „Bilder der Woche“, bzw. „A-Z Aktualitäten“ boten alles Mögliche: tödliche Verkehrsunfälle, internationale Kongresse in Luxemburg, Ausstellungen des Cercle artistique oder von einzelnen Künst- lern, die Echternacher Friseurmannschaft, usw. Interessant ist der Fakt, dass Erinne- rungsveranstaltungen an den Weltkrieg, später der Erste genannt, regelmäßig statt- fanden und über diese berichtet wurde. 1939 - Der Krieg naht: der erste A-Z-Artikel zum Thema „Training mit Gasmasken“ Sogar ab Anfang der A-Z an.11 (26.03.1939, S. 16-17) Nationale Persönlichkeiten oder berühmte Personen, die aus Luxemburg stammten oder hier kurz verweilten, gehö- Juliette Faber, Pier & Mett Clemens, u.a. Rubriken ren noch heute zum Repertoire der Maga- mehr. Die Event-Kultur gab es auch schon zine. Es wurde vorgestellt, interviewt, früher und zog viele Leute an. Auch Jour- Neben den klassischen Rubriken besucht, an sie erinnert: Batty Weber, nalisten und Fotografen. Doch manche Humor (Albert Simon), Bilder der Woche, Dicks, Victor Hugo, Klaus Cito, Jean journalistische Vorlieben spielten eine Rolle. „Unser Interview“, Radio-Luxemburg-Pro- Schaack, Eugen Mousset, René Leclère, Dieser Verdacht ist berechtigt, wenn bei- gramm, Rätsel, etc., wie sie noch heute in spielsweise so viele Kajak- und Kanufahrten Magazinen zu finden sind, waren folgende in einem Magazin der 1930er Jahre abgebil- Spalten vor 1940 erfolgreich: det sind. War Paddeln in Luxemburg etwa - „Toten der Woche“: anfangs nur zwei, ein wahrer Volkssport? Wohl kaum. Neben dann ab dem 25.10.1936 eine ganze einem Tretroller-Rennen (09.08.1936) und Seite umfassend, mit bis zu 12 Erdbeerfest in Steinsel (05.07.1936) war Abbildungen ab dem 09.05.1937. Eine aus heutiger Sicht die Eröffnung der Flugli- ähnliche „Opfer der Arbeit“-Spalte nie London-Esch/Alzette (10.04.1938) ein (18.02.1934) fand nicht denselben Höhepunkt. Vandalismus gab es übrigens Anklang. auch schon vor 1940: Abt Berthold auf der - „Der Amateurphotograph. Wo liegt Echternacherbrücke wurde doch glatt der Fehler? Wie schaffe ich Abhilfe?“ geköpft! (19.03.1939) Amateurfotos konnten an die A-Z A-Z-Leser wurden natürlich ebenfalls geschickt werden, wurden abgedruckt über die internationale Aktualität infor- und von einem Berufsfotograf beur- miert. Neben Weltausstellungen (mit lux. teilt (ab dem 05.04.1936). Es existier- Präsenz) war Palästina bereits ein Thema ten auch Fotowettwerbe (Bsp. „Das (06.11.1938). Mussolini tauchte erstmals in beste Herbstbild“). Der „Kursleiter“ einem 16seitigen Bericht über den „Krieg brachte den Nutzen dieser Rubrik für ohne Kriegserklärung“ zwischen Italien ein Magazin auf den Punkt: „Ihr alle und Abessinien auf (27.10.1935), Hitler im interessiert euch für die Gegenwart in Artikel „Deutschland stellt Europa vor Bildern, das bekundet eure einen neuen Gewaltstreich“ (Kündigung Zugehörigkeit zur Lesergemeinde der des Locarno-Vertrags - Besetzung des A-Z.“ (02.10.1938) Rheinlandes - 22.03.1936). Der Tod eines - „A-Z-Leser grüssen mit Bildern“ exis- Papstes (Pius XI.) und die Wahl eines tierte von Anfang an bis Ende 1938, neuen füllte, mit allen Nachfolger-Spekula- nach einer kurzen Pause bis September tionen, viele Seiten in vielen Heften 1939. Dort „posteten“ treue Leser ihre (26.02.1939 bis 26.03.1939). Fotos mit lustigen Beschriftungen: „Bopa und Klein-Renée aus Kayl“, „Der Sparverein „Hemlech Mo‘k“ von Petingen auf dem Ausflug“, „D‘Giedel Aufbau der „Schuster-Linie“: Luxemburgs passive Grenzschutzmaßnahmen von Ce‘sseng“, „Die Kaktus-Königin (Revue 9/1940, S. 16) von Manternach“, „Lustige Düdelinger

28 Zeitgeist… Einige Beispiele aus der Vorkriegszeit:

1 Veraltete Terminologie:

- Ein luxemburgischer Erbgroßher- zog besucht mit zwei seiner Schwestern 1929 das „Neger- dorf“ auf der Schueberfouer. (Das Füllhorn, Monatskalender auf das Jahr 1930). - Der Groupement des élèves/étu- diants indépendants hat sich ein besonderes Tanzveranstaltungs- thema (Jazz-Abend) einfallen lassen: „Soirée nègre du G.E.I. Vic Fischbach Vic au Pôle Nord, le samedi, 22 fév- Es gab noch Humor in Kriegszeiten: der erste wahre Aprilscherz rier 1936“. Mit „Bar nègre“. auf einem Luxemburger Magazin-Cover (D‘Revue 13/1940). (G.E.I.-Revue, N°1 & 2, 1936)

2 Politisch unkorrekt, grüssen aus Wiltz“. Man braucht wohl Anliegen nicht zu präzisieren, dass Kinder mit früher und heute: Katzen ein häufiges Motiv darstellten. Nach diesem schnellen und kurzen - Bei den Leichtathletik-Europa- - Bilder/Fotos zum Ausschneiden/ Überblick über Zeitschriften in Luxemburg meisterschaften in Turin vom Aufhängen, als DIN-A4-Mini-Poster, möchte der Verfasser eine Bitte insbeson- 07.-09.09.1934 macht die jeweils sogar zweimal in einem Heft. dere an die hiesigen Magazine der Gegen- luxemburgische Mannschaft den Themen waren: Tal der Schlinder wart richten. Die „A-Z“ und „D‘Revue“ olympischen Gruß. Wirklich? (Rotationsdruck), Bilder von Künstlern gaben sich doch etwas Mühe, luxemburgi- Zweifel sind angebracht. (A-Z (Harry Rabinger z.B.), Fotos z.B. von sche Texte in Form von Gedichten, Liedern Lux.-Stadt, Filmstars („Marlène und Artikel abzudrucken. Es wäre doch Illustrierte, 23.09.1934) rêveuse“ (14.06.1936)), usw. heute absolut möglich - und eine wahre - „Die Luxemburger Mannschaft Durch Gesellschaftsveränderung wur- Bereicherung der Magazinkultur in Luxem- grüsst mit dem Olympischen den u.a. folgende Ereignisse, welche früher burg -, ähnlich der „Buch am Zuch“-Initia- Gruss.“, beim Handball-Länder- auch in Magazinen zahlreich zu finden tive, gelegentlich oder regelmäßig Auszüge spiel Deutschland-Luxemburg in waren, im Laufe der Zeit gänzlich von den aus luxemburgischer Literatur zu Saarbrücken am 02.02.1936. Die Zeitungen übernommen: Kinderkostüm- veröffentlichen. Fotos lügen nicht und es handelt feste, Fahnenweihen, Stiftungsfeste, Leh- sich eindeutig um einen Hitler- rerjubiläen, Meisterprüfungen / Diplom- gruß. (A-Z Illustrierte, 16.02.1936) überreichungen, Ferienkolonien, Lotterie- ziehungen, Erntedankfeste, Jagdtrophäen- 3 Schlechter Geschmack: fotos, Tiersegnungen, Primizfeiern, Pfar- rerjubiläen, Priesterweihen und Firmungen. Jean-Marie Reding - Über den Geschmack des A-Z- “Kriminalreporters“ Tony Jung- blut lässt sich wahrhaft streiten. 1 Jede Unterscheidung zwischen „journal“ und Luxembourg. Réflexions sur une cohabitation difficile“. „périodique“, wie sie manchmal anzutreffen ist, ist „Hémecht“, 58. Jg., N°4 / 2006, S. 499; Manche seiner Reportagen bein- falsch; 7 Reitz, Joan M.: Dictionary for library and information halten Fotoalben, wie „Das 2 Beispielsweise waren die „Publications de la Section science, 2004; historique“ (PSH) des großherzoglichen Instituts über 8 Der Beweis: Die Nachkriegs-“Revue“ trägt Gesicht des Verbrechers“ (21. ein Jahrhundert lang eine Zeitschrift. Bis nur noch ein selbstbewusst eine Jahrgangsangabe (1. Jg.); April 1935) oder „Das Gesicht Autor und ein Betrag ein ganzes Heft füllten und somit 9 Die A-Z versuchte es eher mit Ironie: Fotos einer zwischenzeitlich aus der Zeitschrift eine Monografie- Luxemburger doppelköpfigen Rinderrasse und des Blinden“ (8. Januar 1939). Reihe wurde; tollwütigen Ziegen aus Zolver (02.04.1939). „D‘Revue“ 3 Die luxemburgische Zeitschrift mit der wohl längsten war mit ihren Fotomontagen zum 01.04.1940 Die am meisten schockierende regelmäßigsten Erscheinungsweise war das „Bulletin wesentlich origineller; Seite der luxemburgischen Maga­ triennal de la Société de l‘art à l‘école“ (alle drei Jahre); 10 Jempis Abenteuer ab dem 18.02.1934), Flix und Fox, 4 Im Sinne von: in Großherzogtum Luxemburg Detektiv Schniffler und Bobby (ab dem 12.12.1937, zinkultur­ befindet sich in der A-Z herausgegeben und gedruckte Zeitschriften. Somit sind gelegentlich farbig), Die Todesstrahlen (ab 13.03.1938), Illustrierten vom 19. April 1936, z.B. das „Bundeswehr-Sportmagazin“ und der Abenteuer von Charlie Chan (ab dem 23.12.1939) und „Bundeswehr-Report“, einige wenige Nummern die Abenteuer von Jempie und Jäng (ab dem Seite 13. Es zeigt einen Adop­ gedruckt bei Saint-Paul, nicht mit inbegriffen; 29.01.1940); tionskatalog für Kinder degene- 5 Das Coverfoto von „Télécran“ zeigte Xavier Bettel 11 Erinnerung an den [1.] Krieg, November 1918 (Regierung, liberal) und das der „Revue“ Claude (25.11.1934), Waffenstillstandsfeier in Luxemburg rierter Eltern („Rettet das [!] Wiseler (Opposition, CSV). Verkehrte Welt; (21.11.1937), Frontkämpfer in Ostende (24.07.1938), 6 Dies geschah beim Artikel von Denis Scuto, „Mémoire „Zwanzig Jahre - Tote des Weltkriegs warnen“ Kind und die Jugend...“). Die et histoire de la Seconde Guerre mondiale au (09.10.1938). Bildzeilen sind abstoßend. Das Magazin A-Z finden Sie in digitalisierter Form unter: www.eluxemburgensia.lu

29 Web statt Papier Das Zeitungswesen Version .lu

Guy Hoffmann

Ob wichtige politische ie ersten Luxemburger Online-Zeitun- Trotzdem ist eine Online-Zeitung Entscheidungen, spannende Dgen erschienen 1995. Oder war es keine von Freiwilligen erstellte Plattform. Sportevents oder unerwartete schon 1994? Oder erst 1996? So genau „Wir legen Wert darauf, die Glaubwürdig- Katastrophen – die Online- weiß das niemand mehr. Bei der Fülle an keit und das Vertrauen in unsere journalis- Informationen, die tagtäglich über die tische Arbeit zu erhalten“, formuliert es der Zeitungen informieren stets Bildschirme jagen, ist die einzig wichtige Chefredaktor von rtl.lu. in Echtzeit. Doch wer steckt hinter Zeiteinheit die Sekunde. den virtuellen Informationen auf Ein unspektakulärer Arbeitsplatz unseren Bildschirmen? Nur die Sekunde zählt Ein Online-Redakteur arbeitet fast So etwa ist der Brückeneinsturz in ausschließlich vor seinem Rechner. Ein Bettemburg heute schon Geschichte. Besuch an seinem Arbeitsplatz mutet dem- Damals aber, am 10. Juli 2014, liefen in nach eher unspektakulär an. den Online-Redaktionen die Drähte heiß: Im Gebäude der editpress in Esch- wer schaltet das erste Foto der Katastro- Alzette sitzen an diesem Montag, 8. Sep- phe auf seine Webseite? Wer liefert als tember lediglich zwei Personen in der Erster die beruhigende Nachricht, dass es Online-Redaktion des Tageblatt: Chefre- keine Opfer zu beklagen gibt? dakteur Lucien Montebrusco und sein Mit- Oft sind es Augenzeugen, die mit arbeiter Finn Overdick – neben ihm eine ihrem Smartphone erste Fotos schießen Kollegin vom quotidien.lu. Beide sitzen und einer Online-Redaktion zusenden. Montebrusco gegenüber, dazwischen sind „Diese Fotos sehen nicht unbedingt gut vier weitere Arbeitsplätze, zwei und zwei aus, aber das ist gerade ihr Vorteil: sie sind vis-à-vis. Heute sind sie leer: Die Ange­ authentisch“, sagt Luc Marteling, Chefre- stellten haben frei oder sind im Urlaub – daktor von rtl.lu. in der Luxemburger Aktualität ist noch Die sogenannten mobilen Reporter Sommerloch. erhalten kein Geld für ihr Bildmaterial. Finn Overdick trägt Kopfhörer, er ist „Das funktioniert in etwa wie Wikipe- vertieft in seine Arbeit. Sein Blick heftet dia“, erklärt Marteling. „Lediglich der am Bildschirm – er hat sich regelrecht aus- (Oben) Von Bildschirm zu Bildschirm: Online Nachrichten ereichen Name des Fotografen kann auf Wunsch geklinkt aus der realen Welt. den Leser in Sekundenschnelle. hinzugefügt werden.“

30 „Hier ist alles virtuell – außer den Mit- arbeitern und den Computern!“, sagt Montebrusco. Damit verneint er nicht etwa alles andere Reale im Raum – die beiden Fens- terreihen, die das Büro in freundliches Tageslicht tauchen, die Bilder an den Wän- den und die cremeweiß gestrichenen Metallschränke. Vielmehr fasst der Journa- list grob zusammen, wie eine Online-Zei- tung entsteht – am Bildschirm. „Die Informationen werden uns von den Kollegen der Print Redaktion geliefert, Bei der Redaktionskonferenz im Luxemburger Wort fungiert der Bildschirm als stiller Mit­ sowie von den Nachrichtenagenturen dpa arbeiter. Sein Zahlenmaterial gibt Aufschluss über das Leserinteresse beim Online Medium. und afp. Darüber hinaus erhalten wir Pres- semitteilungen von den Verwaltungen und den privaten Unternehmen“, erklärt Mon- tebrusco. „Wenn nötig fragen die Journa- listen telefonisch nach zusätzlichen Details – etwa bei der Polizei oder der Feuerwehr.“ Die Online-Redaktion ist, wie ander- wärtig auch, täglich von 6.00 bis 22.00 Uhr besetzt, bei besonderen Ereignissen – etwa bei Wahlen, kann es auch später wer- den. Die Journalisten haben ebenfalls die Möglichkeit, Text- und Bildmaterial von zuhause aus online zu schalten, dank einer benutzerfreundlichen Software. Allerdings wird durch Schichtarbeit versucht, die Mit- arbeiter in ihrer Freizeit zu schonen. „Die Selbstausbeutung der Online- Journalisten ist oft größer als das, was wir von ihnen verlangen!“, sagt Montebrusco. Guy Hoffmann Guy Eine akkurate Planung Webjournalistin Christelle Ranieri beantwortet Leserkommentare bei wort.lu.

Recht geschäftig geht es am Freitag vor dem Schulanfang im Newsdesk des Leser interessierten sich derweil für die ist der Überblick aller Artikel, die gerade Luxemburger Wort in Gasperich zu. Das Reportage über Luxemburger, die ins deut- online sind, im französisch-, englisch- und Newsdesk ist ein Großraumbüro, das prob- sche Grenzgebiet gezogen sind – ein deutschsprachigen wort.lu sowie auf der lemlos ein Tennisfeld fassen könnte. Die Thema, das 1 100 Mal kommentiert wurde. Sportseite. Christelle Ranieri verfolgt in Mitarbeiter der Online- und Print- Redakti- „Wir hatten gestern 62 000 Besucher Real Time alle Aktivitäten der Leser und onen sitzen hier an wabenförmig angeord- online!“ freut sich der stellvertretende Pla- Wort-Journalisten auf Facebook und Twit- neten Tischgruppen. Der Raum ist optisch nungschef Marc Thill. ter. Sie reagiert auf Anregungen und Kom- zweigeteilt, mittels eines breiten Durch- „Heute morgen interessierten sich mentare, gibt erstere an die betroffenen gangs, der zum Redaktionstisch führt. unsere Leser vor allem für die Nachricht Redaktionen weiter, beantwortet letztere. „Jedes Medium hat seine eigene bezüglich der 30 Luxemburger Weine und Außerdem entfernt sie etwaige Beleidigun- Logik, um gemeinsame Inhalte kanalge- Crémants im Guide Hachette“, stellt Chef- gen oder Anstiftungen zu Rassismus und recht zu verbreiten“, sagt Planungschef redaktor Jean-Lou Siweck fest. Xenophobie. Christophe Langenbrink. Er hat dafür zu Alsdann erfolgt eine kritische Analyse „Als Online-Medium ist man nicht sorgen, dass die Zusammenarbeit beider der heutigen Papierausgabe des Wort. glaubhaft, wenn man die sozialen Medien Medien bestens funktioniert. Es gehe nicht Weiter geht es mit der Planung der ignoriert“, kommentiert Ranieri ihre nur darum, auf Themen zu reagieren, die Wochenendausgaben im Print und Online. Arbeit. von der Aktualität vorgegeben sind. Paral- An der Tischgruppe gleich daneben lel arbeite das Luxemburger Wort sein Soziale Medien sitzt Romain Schanck. Er kümmert sich um eigenes Profil aus, mit Schwerpunktthe- mywort.lu – die Zeitung, in der Leser gratis men, die auf einen längeren Zeitraum Nicht weit von Siweck entfernt sitzt Beiträge veröffentlichen dürfen. Schanck geplant werden. Christelle Ranieri. Die junge Webjournalis- füttert auch die Facebook Seite von wort. Es ist halb zehn, als sich zwölf Journa- tin und Redakteurin für soziale Netzwerke lu mit ansprechenden Informationshap- listen der beiden Abteilungen Print und verlässt ihren Arbeitsplatz während der pen. Näheres zu diesen Kurznachrichten, Online zur alltäglichen Redaktionskonfe- Pressekonferenz nicht. Sie kümmert sich die in ihrer Timeline zu lesen sind, erfahren renz zusammenfinden. An einem großen um die Interaktivität mit der Leserschaft Facebook Nutzer, wenn sie zur Facebook Bildschirm, gleich neben dem Redaktions- und den externen Mitarbeitern. Ihr Blick Seite von wort.lu wechseln. Von dort bis tisch, stehen Zahlen, genannt „Traffik“. Es schweift unentwegt zwischen zwei Bild- nach mywort.lu oder wort.lu ist der Weg ist die Hitliste der Artikel, die am Vortag schirmen hin- und her: links die Facebook nicht weit – und jeder Besucher ist online waren. So gab es 4 400 Klicks für Seite von wort.lu, rechts eine mit roten, willkommen! die Nachricht, die Großherzogin hätte sich gelben, blauen und schwarzen „W-Logos“ einer Knieoperation unterzogen. 4 300 übersäte, in Kolonnen unterteilte Seite. Es

31 Anders als bei der Konkurrenz ist die Zeitungssprache bei rtl.lu luxemburgisch. Der schriftliche Umgang mit unserer Spra- che war auch für die Journalisten vorerst neu und gewöhnungsbedürftig. Luc Marteling beispielsweise hat in München Kommunikationswissenschaften und Philo­ sophie studiert. Dort, wie auch später im Beruf, war Deutsch seine Schriftsprache. 2008 ist er dann vom Wochenmagazin Télécran zu rtl.lu gewechselt. Nun war nicht nur das Medium für ihn neu, sondern tageblatt.lu: Chefredaktor Lucien Montebrusco bedauert das manchmal auch die Sprache. „Die neuen Medien oberflächliche Interesse des Online-Zeitungslesers. haben das Luxemburgische als Schriftspra- che populärer gemacht“, sagt Marteling heute. Immer mehr verlören die Einheimi- schen ihre Hemmungen vor dem schriftli- chen Umgang mit ihrer Sprache. Diese sei zu einem gemeinsamen Nenner geworden für alle, die ihrer mächtig sind. So auch für die Online-Redakteure Oli- vier, Sandra und Kim, die um einen gemein- samen Tisch sitzen, jeder an seinem Computer. Ihr Büro – ein länglicher Raum, der an einen Flur erinnert – teilen sie mit den Kollegen vom Radio. Der Informations- fluss zwischen beiden Medien ist sozusagen geographisch begünstigt. Meistens fließen die News vom Radio zum Online-Medium, heute aber war es Sandra, die als Erste eine interessante Nachricht hatte: „Netflix kommt nach Luxemburg!“ Sie hatte als pri- vate Interessentin eine diesbezügliche Mail

Guy Hoffmann Guy vom Internetanbieter erhalten. rtl.lu: Chefredatkteur Luc Marteling ist sich der Grenzen des Online Mediums bewusst. Design und Technik Richtig oder falsch? hat das nicht bestätigt!“ Daraufhin gab Etwas länger hingegen ist der Weg der tageblatt.lu eine neue Nachricht heraus und Online-Redakteure zur Technik – zumin- Online-Zeitungen1 sind in der Tat für entschuldigte sich bei seinen Lesern. Eine dest in realen Schritten ausgedrückt. ihre Leser kostenlos. Zahlen tut lediglich andere Möglichkeit sei es, so Montebrusco, Treppab, über einen Binnenhof am derzei- die Werbebranche, und zwar umso lieber, die unvollständige Nachricht mit dem Ban- tigen Baustellenlärm auf dem CLT-Gelände wenn eine Webseite viel besucht wird. Wie ner „update folgt“ zu versehen. vorbei, zu einem Nachbargebäude und groß ist da der Druck, eine Nachricht unge- Auch rtl.lu-Chefredaktor Luc Mar- dort wieder treppauf. Hier ist das Büro des prüft online zu schalten? teling ist sich des Risikos bewusst, dass Station-Managers Tom Weber. Nur eine Tageblatt.lu-Chefredaktor Lucien Mon- eine Meldung einer Nachrichtenagentur mit einer Jalousie versehene Glasscheibe tebrusco spricht in dem Zusammenhang sich später als falsch erweisen kann. „In trennt ihn von seinen Mitarbeitern, den von einem Wahrheitsgehalt um die 80 %, dem Fall ändern wir den Titel und das Foto fünf Technikern. bevor eine Meldung frei geschaltet wird. – im Vorfeld haben wir sowieso die betref- „Sie sind allesamt Vollblutinformati- Rtl.lu Chefredaktor Luc Marteling kann fende Agentur als Quelle genannt.“ ker!“, erklärt Chefredaktor Marteling. „Die sich mit seiner Aussage identifizieren, fügt Natürlich bleibt auch die falsche Nach- einen haben Informatik studiert, die ande- aber an: „Wenn etwas noch nicht sicher ist richt im Archiv – rtl.lu zählt gegebenenfalls ren haben ihren Job in der alltäglichen Pra- oder unvollständig, kann man die Nachricht auf die Umsicht der Leser. xis erlernt!“ Einer der Informatiker sei publizieren, muss sie aber als unsicher oder ebenfalls als Designer tätig, manchmal inkomplett kennzeichnen, etwa mit einem Eine neue Sprache arbeite er auch mit dem Graphiker des Konjunktiv oder der Ankündigung „ersten in einem neuen Medium Fernsehkanals zusammen. Meldungen zufolge“. Fremde Journalisten scheinen nicht Bei Inlandnachrichten sei alles über- Die User scheinen tatsächlich sehr unbedingt als Besucher im Hochsicher- prüfbar, für Meldungen aus dem Ausland zufrieden mit der Online-Zeitung des heitslabor der Technik willkommen zu sein müsse man sich auf die Nachrichtenagen- Radio- und Fernsehsenders zu sein: Am – mehr als einen Blick durch die verdun- turen verlassen. gestrigen Donnerstag, den 18. September kelte Scheibe ist da nicht zu erhaschen ... „Da kann auch mal was schiefgehen“, hatte rtl.lu 91 666 Besucher. Letztere sind Doch auch beim Konkurrenten wort.lu sagt Montebrusco und zitiert eine ältere durchschnittlich 6’21’’ geblieben und haben verlassen die ‚Entwickler’, wie sie hier Blitzmeldung der afp: „Es wurde ein Waf- 157 000 Dateien aufgerufen. Diese Mes- genannt werden, ihr Büro, um etwaige Fra- fenstillstand in der Ukraine vereinbart.“ sungen stellen nicht etwa ausnahmebe- gen auswärtiger Besucher zu beantworten. Etwas später folgte dann die Richtigstellung dingte Höchstwerte dar – sie entsprechen Jean-Christophe Denis und Alain Rouen seitens der afp: „Die Separatisten sprachen vielmehr der durchschnittlichen Quote. sind gelernte Bauingenieure. Zusammen von einem Waffenstillstand, die Regierung mit den Kollegen der Redaktion arbeiten

32 sie neue Produkte aus. Das rezenteste Bei- spiel ist die aktuelle Version von mywort.lu – am 14. Mai 2014 online geschaltet. Denis und Rouen kümmern sich ebenfalls um das Layout und die Graphik der Webseite wort.lu, aber auch um deren Ergonomie: Der Weg zur gewünschten Information muss für den Leser deutlich erkennbar sein und darf nur wenige Mausklicks erfordern. Letztendlich arbeiten die Entwickler das responsive design aus, das heißt, sie bauen die Webseite so auf, dass sie sich allen Bild- schirmgrößen anpassen kann. wort.lu: Webentwickler Alain Rouen und Jean-Christophe Denis „Die Webseite ist ein Produkt, das wir lassen sich bei ihrer Arbeit nicht über die Schulter schauen. tagtäglich weiterentwickeln“, sagt Alain Rouen, „es gibt einen Anfang, aber kein Ende!“ Dieses Zitat beschreibt genau das, was ständig auf den Webseiten der Online- Zei- tungen passiert, nämlich Umbauarbeiten. Manchmal entstehen dadurch Baustellen im Netz, die für den User unangenehm sind. So etwa hatte paperjam, ein Business- magazin mit zwei Kanälen – der Monats- zeitschrift auf Glanzpapier und der Online-Tageszeitung – seine Webseite am Wochenende des 20. Septembers vorüber- gehend geschlossen. Am Montag darauf erschien sie dann in neuem Look – aber lei- der nicht auf den Bildschirmen aller Internetsurfer. „Der Start war etwas langwierig“, umschreibt Chefredakteur Jean-Michel

Gaudron das Problem. Über den stress­ Hoffmann Guy bedingten Umgangston im Büro der Tech- paparjam.lu: Chefredaktor Jean-Michel Gaudron spricht ohne Punkt und Komma, nik kann man nur Vermutungen anstellen. sosehr drängt die Zeit, kurz vor dem Versand der zweiten täglichen Newsletter. Ein Mitarbeiter witzelt: „Es ist hier wie zuhause!“ Nun aber kommt doch etwas Hektik „Man kann Online-Journalismus mit Das (zweite) Zuhause ist ein Raum, in auf. Online-Redakteur Thierry Iochem ist besserem Gewissen machen, wenn man dem acht Personen an einem großzügigen, eben dabei, eine Nachricht über eine kürzlich weiß, dass man Kollegen beim Radio und gemeinsamen Tisch arbeiten – jeder an sei- umbenannte Treuhandgesellschaft startklar Fernsehen hat. Sie haben die Möglichkeit, nem Computer. Berührungsängste mit für die Newsletter zu machen. Text auswäh- mehr zu reflektieren!“, sagtrtl.lu -Chefre- auswärtigen Besuchern haben die Techni- len, kopieren, einsetzen – das Gleiche noch- daktor Luc Marteling. ker nicht, lassen sich aber ansonsten nicht mals mit dem Foto. Auf dem Bildschirm „Einen großen, sorgfältig recherchier- in ihre Karten schauen. flammt eine rote Fehlerbotschaft auf. Iochem ten Beitrag online zu schalten, wo er kaum wiederholt alle Arbeitsschritte, schaut kurz bis zum Schluss gelesen wird, ist frustrie- Newsletters auf die Armbanduhr – die Zeit drängt. Das rend!“ bedauert tageblatt.lu-Redakteur verrät ihm ebenfalls das Display auf seinem Lucien Montebrusco. Im Büro nebenan geht es sehr viel offe- Festnetztelefon, zu dem er kurz hinüber- „Die Komplementarität beider Kanäle, ner zu. Hier sitzen die Online-Journalisten schielt. Nun aber! Haupt- und Untertitel ein- Online und Print, schafft einen Mehrwert für von paperjam in Reih und Glied nebenein- setzen, Rubrik wählen: „es ist gesendet!“, den Leser“, so die Überzeugung von Christo- ander, jeweils an ihren Rechnern, mit den ruft er erleichtert. Jetzt hat Jean-Michel phe Langenbrink, Planungschef bei wort.lu. Gesichtern zur Wand. Dreieckige, mit Gaudron den Beitrag auf seinem Bildschirm. „Das Web ist das Medium der Unmit- grauem Stoff bezogene Trennelemente Er überliest ihn in Windeseile nach etwaigen telbarkeit. Das Print ergänzt dessen Reakti- schotten die Bildschirme voneinander ab. An Fehlern, setzt hier ein Komma, da ein Accent vität, indem es zusätzliche Gesprächspartner diesem 29. September, kurz nach halb vier, Aigu. Den letzten Test vor dem Versand an einschaltet“, erklärt Pierre Sorlut, der bis vor wirken alle Mitarbeiter noch recht ent- die Empfänger macht Alain Ducat. Er hat nun ein paar Tagen Chefredakteur bei paper­ spannt, trotz des bevorstehenden „Redakti- die ganze Newsletter auf seinem Bildschirm jam.lu war. onsschlusses“ für die Newsletter – zweimal – Texte und Fotos, durchsetzt mit Werbe- Sehr interessant ist auch folgende Aus- täglich wird sie verschickt. Die erste erhalten bannern. Alles ok? Sendung erfolgt. sage von Luc Marteling: „Ich wäre nicht die rund 16 000 Abonnenten um 8.00 Uhr, froh, wenn wir eine Zukunft ohne Papier- „wenn sie an ihrem Arbeitsplatz ankommen Zukunftsaussichten medien hätten!“ und ihre Mails lesen“, sagt Chefredaktor Er soll hier das letzte Wort haben! Jean-Michel Gaudron. Die zweite folgt dann Newsletter, Online-Zeitung und Co – „vor Büroschluss“ um 16.00 Uhr. Die Emp- sind das unsere Medien der Zukunft? Christiane Grün fänger – es handelt sich überwiegend um Schnelle, manchmal nur halbgegarte Infor- Akteure aus der Wirtschaft – öffnen durch- mationshappen, für den Wissenshunger 1 Das e-paper, also die elektronische Ausgabe einer schnittlich 30% dieser Mails. zwischendurch? Zeitung, ist hingegen kostenpflichtig.

33 Chefredakteur Zirfeld und Korrektor Frick © Saint-Paul

inen Chefredakteur Zirfeld oder Korrek- Journalismus gestern und heute Etoren wie die Herren Hering und Frick – der immer in die Redaktion stürzte, um mal kurz nachzufragen, ob Chicago mit einem „langen“ oder mit einem „kurzen“ Sch bzw. Ch geschrieben würde – derart schräge Typen trieben sich anfangs der sie- bziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zwar nur im westdeutschen Satireblatt Pardon (ab 1979 und bis heute: Titanic) herum, doch in der real existierenden Luxembur- ger Zeitungswelt gab es damals durchaus Figuren – Maschinensetzer, Redakteure und auch Korrektoren – die als Vorlage für die satirische WimS-Intim-Kolumne hätten dienen können. So etwa im Tageblatt auf Nummer 44 in der Escher Kanalstraße, wo Direktor und Chefredakteur Jacques F. Poos zusam- men mit hartgesottenen Journalisten wie z.B. Robert Goebbels 1969 – im Jahr der Mondlandung und des legendären Pop­ festivals in einem US-Kaff namens Wood­ stock – heroische Reportagen über „weiße Bikinis“, „nackte Mannsbilder am Stausee“ und ähnliche Pikanterien durch die Rotations­ „Welt im Spiegel“ (WimS), Satirezeitschrift „Pardon“, 1971 maschine jagte, die locker jahrelang die Jus- tiz in Atem hielten, wohl weil es seinerzeit noch keinen „Bommeleeër“ gab. „Du brauchst nicht mehr zu wissen noch zu denken, Der Korrektor hieß zwar weder Hering Ein Tagblatt denkt für dich nach deiner Wahl. noch Frick, doch flößte er den braven Maschinen­setzern einen derartigen Res- Die Weisheit statt zu kaufen steht zu schenken, pekt ein, dass sie ihn ehrfurchtsvoll Zu kaufen brauchst du nichts als das Journal.“ „Komma­s­wichsert“ getauft hatten. Denn Franz Grillparzer siehe: Eine Zeitung zu machen, das war damals noch eine richtige Arbeit. Der Jour- aus dem „Internationalen Preßkongreß“ nalist hämmerte seinen Text in eine alte 34 © Saint-Paul Mitte der siebziger Jahre: Maschinensetzer im „Luxemburger Wort“ Satire von Henry Gelhausen klapprige Schreibmaschine oder schrieb ihn auch schon mal – je nach Lage der Dinge – gegenüber im Café „Bei der Micky Maus“ auf einen speckigen Bierdeckel, danach ward das Werk auf der „Linotype“ zeilenweise in Blei gegossen und anschlie- ßend noch vom Korrektor unter die Lupe genommen, ehe es dann in die „Mettage“ gelangte und dort zusammen mit anderen Leidensge­nossen mit Pinzette und ähnlich skurrilem grafischen Handwerks­zeug zu einer Tageblatt-Seite aufgebaut wurde. Ein Artikel war noch ein Artikel und Werbung hieß Reklame und nicht „Püb“. Eine Publi-Reportage gab es auch schon mal, aber nur einmal im Jahr, wenn Redak-

teur JODU in seine Heimatstadt Fischbach Vic

Düdelingen zur Braderie pilgerte, Anzeigen sammelte und die Puppen, die Thüringer vom Grill und die Humpen tanzen ließ. „Tageblatt“ war übrigens überall: Auch beim „Luxemburger Wort“ und den anderen Tageszeitungen „Répu“ (der zwar in Metz gedruckt wurde, aber über eine eigene Luxemburger Redaktion verfügte), beim liberalen „Journal“ oder bei der „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek“, die noch allesamt intra muros arbeiteten, mit Stammlokal und alledem, ehe mit der gro- ßen Computer-Revolution die bleierne Zeit Ende der siebziger Jahre zu Ende ging und die Zeitungen sich in sterilen Industrie­ zonen ansiedelten.

35 Chefredakteur Zirfeld und Korrektor Frick Guy Hoffmann Guy

- Welt im Spiegel (WimS) war 1964 bis 1976 Alles so schön bunt hier Was Sie, liebe Leserin, lieber Leser, eine doppelseitige als Provinzzeitung aufge- hier in Händen halten, ist eine Zeitschrift, machte Kolumne in der satirischen Monatszeit- schrift pardon, erschienen im Frankfurter Ver- Anfangs, also in den achtziger und deren Herstellung viel Arbeit gekostet hat. lag Bärmeier & Nikel. neunziger Jahren, schien es tatsächlich, als Die Redaktion hat gute Mitarbeiter ausge- Hier veröffentlichten unter verschiedenen Pseu- donymen vor allem ihre drei Erfinder, die Lyriker, habe der Einzug der Computertechnologie wählt, die Texte und Reportagen wurden Autoren und Zeichner Robert Gernhardt, F. W. eine qualitative und quantitative Revolu- sorgfältig redigiert und illustriert, und der Bernstein und F. K. Waechter kurze Texte, in tion eingeläutet. Der hiesige Blätterwald Grafiker gab sein Bestes, um das Layout so denen sie mit vielen journalistischen und literari- schen Gattungen von der einfachen Meldung wurde immer bunter und schöner, die übersichtlich und ästhetisch wie möglich über den Kommentar bis zum Feuilleton und Reklame- und TV-Beilagen purzelten all- zu gestalten. Und last but not least wurde Gedicht spielten. Außerdem zeichnete sich WimS durch zahlreiche Cartoons (z. B. Jochen von F. K. morgendlich zur Freude der Abonnenten in sehr viel Korrektur gelesen, damit keine Waechter) und Comic Strips (z. B. Schnuffis Hülle und Fülle aus dem „Wort“ und dem unschönen Fehler stehen blieben. Abenteuer von R. Gernhardt) oder (verfremdete) Fotos aus. Im Kopfteil von WimS erschien das „Tageblatt“, die Rotationsmaschinen liefen ons stad ist übrigens keine Gratiszei- lateinische Motto: „PRO BONO – CONTRA auf Hochtouren, es kamen neue und noch tung, die von Werbung finanziert wird, son- MALUM“ (Für das Gute, gegen das Böse). buntere Presseprodukte hinzu, und die dern eine Publikation, die über ein eigenes WimS gilt als Vorläufer des Nonsens, einer Form des deutschen Humors, die später durch Chefredakteure und Werbeagenturen Budget der Stadt Luxemburg verfügt und Otto Waalkes u.a. populär wurde und sich frohlockten. sich als journalistische, historische und kultu- dadurch auszeichnet, dass die Form selbst zum Gegenstand der Satire wird, etwa indem der Als das Internet dann seine Netze über relle Dienstleistung für alle Bürger begreift. Provinzialismus einer Zeitungsmeldung heraus- den Erdball spannte, dämmerte es einigen Sie erscheint seit 1979 und hat bisher gekehrt wird. Ähnlich wie die englische Fern- sehserie Monty Python's Flying Circus in Bezug freien Geistern, dass die neue Zeit wohl dem Zeitgeist die Stirn geboten. auf das Medium Fernsehen, griff WimS aktuel- doch mittel- und langfristig Bäume schüt- le Formen und Klischees der Zeitungslandschaft auf. Dabei setzten die Autoren bei ihren Lesern zen würde, weil man vielleicht in Bälde René Clesse sowohl eine umfassende Allgemeinbildung als kaum mehr Papier benötigen würde in der auch geistige Beweglichkeit und nicht zuletzt flimmernden digitalen Welt. Literatur eine gewisse Toleranz gegenüber bisher in der - Robert Gernhardt, F. W. Bernstein, F. K. Waechter: deutschsprachigen Literatur seit Dichtern wie Heute machen wir uns schon ganz laut Welt im Spiegel. WimS 1964–1976 (Mit Beiträgen Morgenstern, Ringelnatz oder Eugen Roth Gedanken über „nivellement vers le bas“, zur Vor- und Wirkungsgeschichte von WimS); nicht gewagten Kalauern voraus. - Alle Ausgaben von WimS sind als Reprint in Frankfurt/ Der redaktionsintern gebrauchte Ausdruck Zeitungssterben, Verflachung der Medien, Main bei Zweitausendeins, 1979 und in weiteren WimS Auflagen erschienen; „ver en“ bezeichnete die Umsetzung von Vermischung von Lobbyismus und Journa- - Welt im Spiegel: Die unabhängige Zeitung für eine realen Personen, Ereignissen, Meldungen und lismus und über ähnlich beunruhigende sauberere Welt / Redaktions-Team: F. W. Bernstein Meinungen auf die Ebene eines „höheren Blöd- [u.a.] Beitr. u. Fotos von Peter Amend [u.a.], Faksimile- sinns“, der wiederum den alltäglichen Wahn- Phänomene. Druck, Frankfurt/M.: Bärmeier u. Nikel 1969. sinn offenbarte.

36 Während der täglich stattfindenden Redaktionskonferenz: „Zeitung“- Chefredakteur François Hoffmann (Mitte) mit den Redakteuren (v.l.n.r.) Romain Hilgert, Jacques Drescher, Jo Muttergé, Ali Ruckert und Léon Steffen (1984) © ZLV

„Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht den Journalisten.“

Karl Kraus (1874 - 1936), österreichischer Schriftsteller, Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker und Dramatiker

Quelle: „Pro domo et mundo“, Leipzig: Verlag der Schriften von Karl Kraus (Kurt Wolff), 1912 Guy Hoffmann Guy

Satire von Henry Gelhausen

Herr Keuner und die Zeitungen Herr Keuner begegnete Herrn Wirr, dem Kämpfer gegen die Zeitungen. „Ich bin ein großer Gegner der Zeitungen“, sagte Herr Wirr, „ich will keine Zeitungen.“ Herr Keuner sagte: „Ich bin ein größerer Gegner der Zeitungen: ich will andere Zeitungen.“ „Schreiben Sie mir auf einen Zettel“, sagte Herr Keuner zu Herrn Wirr, „was Sie verlangen, damit Zeitungen erscheinen können. Denn Zeitungen werden erscheinen. Verlangen Sie aber ein Minimum. Wenn Sie zum Beispiel Bestechliche zuließen, sie zu verfertigen, so wäre es mir lieber, als daß Sie Unbestechliche verlangten, denn ich würde sie dann einfach bestechen, damit sie die Zeitungen verbesserten. Aber selbst wenn Sie Unbestechliche ver- langten, so wollen wir doch anfangen, solche zu suchen, und wenn wir keine finden, so wollen wir doch anfangen, welche zu erzeugen. Schreiben Sie auf einen Zettel, wie die Zeitungen sein sollen, und wenn wir eine Ameise finden, die den Zettel billigt, so wollen wir gleich anfangen. Die Ameise wird uns mehr helfen, die Zeitungen zu verbessern, als ein allgemeines Geschrei über die Unverbesserlichkeit der Zeitungen. Eher nämlich wird ein Gebirge durch eine ein zige Ameise beseitigt als durch das Gerücht, es sei nicht zu beseitigen.“ Wenn die Zeitungen ein Mittel zur Unordnung sind, so sind sie auch ein Mittel zur Ordnung. Gerade Leute wie Herr Wirr bewiesen durch ihre Unzufriedenheit den Wert der Zeitungen. Herr Wirr meint, der heutige Unwert der Zeitungen beschäftige ihn, aber in Wirklichkeit ist es der morgige Wert. Herr Wirr hielt den Menschen für hoch und die Zeitungen für unverbes- serbar, Herr Keuner hingegen hielt den Menschen für niedrig und die Zeitungen für verbesserbar. „Alles kann besser werden“, sagte Herr Keuner, „außer dem Menschen.“ Bertolt Brecht

37 Ceci est un journal

Le Lëtzebuerger ous les vendredis matins, la même Tcuriosité, le même brin de nervosité en Land, hebdomadaire­ ouvrant les paquets du Land imprimé livrés à la rédaction: Est-ce qu’il est beau? Est-ce indépendant et que les photos sortent bien? Est-ce que l’image de Une claque en Grand format critique, vient de (56,5 fois 40,5 centimètres)? Est-ce que la dramaturgie imaginée sur ordinateur fonc- fêter ses 60 ans. tionne, entre le sujet de la semaine en pages 2-3, les analyses politiques, les pages Et résiste dans économiques, puis le cahier opinion, la culture et le style, plus léger, en dernière un contexte de couverture? Y a-t-il des coquilles (tou- jours), ou, pire, une faute en 100 points de crise. dans un titre, le truc qui fait mal aux yeux (exceptionnellement)? Au-delà d’être un métier, faire un jour- nal est une passion. Et une profession de foi: qu’il est noble de contribuer chaque semaine à rendre le monde qui nous entoure un peu plus compréhensible, d’interroger le sto- rytelling politique officiel et d’offrir des ana- lyses et des clés de lecture pour une communication virtuelle qui s’accélère telle- (En haut) ment qu’elle ne fait plus que bégayer. Léo Kinsch, premier directeur du «Land» de 1958 à 1983 (cadre photo) et Dans un univers, celui de la presse Le fondateur du «Land» Romain Hilgert, gérant et rédacteur en chef écrite, qui traverse une crise existentielle, Carlo Hemmer

38 fusion Arcelor-Mittal ou les affaires poli- tico-économiques du centre commercial de Wickrange-Livange, son indépendance politique. Le journal ne travaille pas pour l’un ou l’autre parti, mais les accompagne tous de manière critique – la majorité DP-LSAP-Verts a bien dû s’en rendre compte depuis son entrée en fonction après les élections anticipées d’octobre 2013. Quelle est donc l’idéologie défendue par ces quadras «modernes» qui règnent désormais sur le Luxembourg, quelle la politique se cachant derrière un écran de fumée fait de communication et de gad- gets informatiques? L’ambition des journa- listes du Land est de ne pas tomber dans le panneau, mais d’interroger, de recouper,

Patrick Galbats / Land de mettre en perspective leurs faits et Rosch Krieps (à gauche) et Pe’l Schlechter à la fête du soixantième gestes. Il ouvre ses pages Opinion aux anniversaire du Land, en décembre 2013 intellectuels progressistes qui cherchent un support indépendant qui valorise leurs compétences et leurs analyses. En soixante ans, le journal a aussi fon- cièrement changé dans sa forme, une mue qui s’est accélérée ces vingt dernières années: la maquette et le format ont été plusieurs fois adaptés, la dernière refonte radicale remontant à 2012, lorsque, en changeant d’imprimerie (quittant l’Impri- merie Centrale pour Saint-Paul), le Land a aussi adapté sa maquette, pour paraître désormais en broadsheet. Ceux qui se plaignent des pages trop grandes peuvent toujours se replier sur iPad, où le journal est accessible dès la nuit du jeudi au ven- dredi. La photo a pris une place de plus en plus grande, contribuant fondamentale-

Guy Hoffmann Guy ment à l’identité visuelle du journal. Conférence de rédaction au Land (d. g. à d.): Ines Kurschat, Peter Feist, Régulièrement, des artistes sont invités à Bernard Thomas, Romain Hilgert, Michèle Sinner et Josée Hansen) intervenir sur une page du Land, disposant alors d’une carte blanche en toute liberté. entre coupes dans les budgets des annon- une voix aux industriels et aux milieux éco- La numérisation de toutes les éditions ceurs, publics et privés, chute vertigineuse nomiques libéraux, en contrepoids à un parues depuis 1954 par la Bibliothèque du lectorat de la presse quotidienne et paysage médiatique et idéologique dominé nationale3 rend accessible par mots-clés concurrence du tout gratuit, que ce soit en par les deux grands groupes de presse de une archive essentielle de l’histoire récente. format imprimé ou sur Internet, le Land droite – le Luxemburger Wort appartenant Depuis 1990, l’indépendance éditoriale du résiste, affichant un lectorat stable depuis à l’archevêché – et de gauche – le Tageblatt journal est assurée par son propriétaire, des années1. Peut-être parce que, bien que appartenant à l’OGBL – s’est émancipé et une fondation éponyme contrôlant cent se déclinant désormais aussi sur iPad et professionnalisé. Si, durant les premières pour cent de son capital. d’Lëtzebuerger étant également présent sur Internet et les décennies, on l’appela «Arbedszeitung» à Land a le snobisme de se dire indépendant réseaux sociaux comme Twitter et cause de sa proximité idéologique et finan- et l’hybris de défendre ce capital, sa crédi- Facebook, il n’a jamais voulu être autre cière avec le sidérurgiste historique, que bilité, chaque semaine. chose qu’un journal, fait par des profes- par la suite, les milieux paysans y virent le sionnels2, qui offre une information fiable diable à cause de la lutte du journal contre Josée Hansen et recherchée, des analyses originales et le monopole paternaliste de la Centrale intelligentes et des photos de qualité dans Paysanne sur le Luxembourg rural, et qu’on L’auteure est journaliste et rédactrice au Lëtzebuerger Land depuis 1996. une mise en page élégante et affirmative. le dit parrain du gouvernement libéral de Même soixante ans après sa création, Gaston Thorn (DP) en 1974, l’ancien même dans un monde qui change, même Premier ministre Jean-Claude Juncker face à ce qui se fait ailleurs, d’Land n’est (CSV) aimait à définir leLand comme «le pas une émission de télévision, ni un ser- journal neutre anti-CSV». vice club, ni une communauté d’amis vir- Aujourd’hui, le Land a dépassé cette 1 17 200 lecteurs hebdomadaires, ou 3,8 % tuels qui s’affichent en un clic avec des mythologie un peu poussiéreuse et a su de taux d’audience, selon la dernière étude Plurimedia coups de pouce ou des petits cœurs. affirmer, grâce entre autres par ses TNS/Ilres 2013/2014; 2 Le Land emploie six rédacteurs: Peter Feist, Ce qui ne veut pas dire que le journal enquêtes autour du scandale des écoutes Josée Hansen, Romain Hilgert (rédacteur en chef), n’a pas évolué. Au contraire: en soixante du Service de renseignement, dont le jour- Ines Kurschat, Michèle Sinner et Bernard Thomas, un photographe, Patrick Galbats, et une responsable ans, l’hebdomadaire paraissant le vendredi nal a publié le verbatim en novembre administrative, Zoubida Belgacem; créé par le libéral Carlo Hemmer pour offrir 2012, de celles sur la vente de Cargolux, la 3 www.eluxemburgensia.lu.

39 „...Ihr habt ja schon

ibt es noch Fragen?“ Ich schaue um stammele ich. Mein Blick fällt in den Der Journalistenberuf „G mich. Links von mir vertieft sich ein Ausschnitt einer Journalistin, die mir gegen­ Journalist betont konzentriert in seine über sitzt. „Ich glaube, es gibt keine Fragen aus der Sicht Notizen. Rechts von mir nippt eine Kollegin mehr“ presst der Assistent mit hoch­ verträumt an einer Tasse Kaffee. Neben ihr angestrengtem Kopf hervor. Der Minister - eines Anfängers - spielt einer mit seinem Kugelschreiber: den hatte ich die ganze Zeit überhaupt „Klick, Klick - Klick, Klick“. „ Das macht nicht beachtet - steht auf und grinst mich in drei Sequenzen. der schon seit zwanzig Minuten, denke ich dabei freundlich an. und merke, dass ich Lust auf eine Zigarette Es klingelt. Puh, endlich. Seit zwei habe. „Hat noch jemand Fragen an den Stunden versuche ich, eine Verwaltung zu Herrn Minister?“ fragt der Assistent und erreichen. Ohne Erfolg - „Alle unsere Lei- räuspert sich. Ich strecke die Hand aus. Er tungen sind im Moment besetzt!“ erklärt schaut mich leicht genervt an. „Ja bitte?“ mir eine freundliche Frauenstimme, bevor „Ich...ich hätte noch eine Frage...“ „Ja Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ dudeln. Eine bitte?“ wiederholt er, jetzt wieder in Auskunft brauche ich, oder mehrere, aber freundlichem Ton. „Ich...äh...also...“ Alle ich würde mich jetzt auch mit einer zufrie- Köpfe drehen sich in meine Richtung. Ich den geben. „Guten Tag“ sagt ein unfreund- spüre, wie das Blut in meinen Kopf steigt. licher Herr am anderen Ende der Leitung. Die Lippen des Assistenten verziehen sich „Guten Tag, ich bin Journalist für...“ - zu einem verächtlichen Lächeln. Ich denke „Dafür bin ich nicht zuständig, ich leite Sie nach, aber die Frage fällt mir nicht mehr weiter“ sagt der Typ, und schon klingelt’s ein. Verdammt, warum habe ich sie mir wieder. „Guten Tag“ sagt ein unfreundli- nicht aufgeschrieben? Der Assistent zieht cher...Moment, das hatten wir doch schon. jetzt die Augenbrauen zusammen, seine Ach, ich bin wieder am Startpunkt ange- Lippen werden schmaler. Alle Augen har- langt. „Ja, ich bin Journalist und bräuchte ren auf mir. Die Kollegin mit dem Kaffee eine Auskunft...“ - „Ich leite Sie weiter“ - hat ihre Tasse abgestellt. Sie schaut mich „Da geht aber niemand ran!“ Der Herr mitleidig an. Der Heini klickt ja immer noch räuspert sich: „Was wollen Sie denn?“ Ich auf seinem Kugelschreiber rum, geht mir versuche, freundlich zu sein. „Ich bräuchte durch den Kopf, warum verdammt noch jemanden, der mir ein paar Fragen zum mal klickt der immer noch auf seinem Kindergeld beantwortet, für einen Artikel. Kugelschreiber rum? „Äh...ich glaube...“ „Dafür bin ich nicht zuständig“ sagt mein

40 wieder Feierabend!“

Gesprächspartner mit Nachdruck. „Ich leite Sie weiter.“ Na gut, versuchen wir’s halt noch einmal. Es klingelt wieder. „Guten Tag“ sagt eine Frauenstimme. Endlich, ich habe es geschafft! „Guten Tag“ sage ich mit freundlichster Stimme. „Ich bin Journa- list und hätte ein paar Fragen zu...“ - „Dafür bin ich leider nicht zuständig“ fällt mir die Frau ins Wort. „Einen Moment bitte, ich leite Sie weiter.“ Irgendwie wird’ ich das Gefühl nicht los, mich knutscht ein Elch. Es klingelt wieder. „Der gewünschte Gesprächspartner ist zur Zeit nicht zu errei- chen“ säuselt eine nette Frau ins Telefon. „Guten Tag“ sagt wieder der unfreundliche Herr. „Ja, ich hatte Sie jetzt schon zweimal am Telefon“ entgegne ich leicht gereizt, „Sie leiten mich weiter, aber es geht keiner ran.“ „Dafür kann ICH doch nicht!“ stellt der Mann gekränkt fest. „Können Sie mir nicht einfach mal Ihren Vorgesetzten geben?“ frage ich und werde so langsam sauer. „Nein“, sagt der Herr, „Und wenn Sie jetzt nicht aufhören, mich zu belästigen, dann rufe ich die Polizei.“ Ein verregneter Nachmittag, kurz vor Redaktionsschluss. „Ist dein Artikel schon in der Korrektur?“ - „Ja, ist er, also so gut wie“. „So gut wie“ heißt eigentlich „Nein,

und fertig ist er auch noch nicht“, aber Aus- Hoffmann Guy sagen dieser Art sorgen zwei Stunden vor dem Abgabetermin nur für unnötige Aufre- gung. „Hast du die Bilder schon hochgela- den?“ - „Klar, so gut wie“. Himmel, Bilder Suche nach einer zufriedenstellenden Ant- gerade meinen Mülleimer durchwühlt! müssen noch her, und zwar schnell! Wo wort auf die Osttimor-Frage ist. Was soll‘s, „Hau ab da, du Scheißköter!“ rufe ich und kriegt man eigentlich so auf die Schnelle erst mal runter, Kippe rauchen - Verdammt, verpass‘ ihm einen Fußtritt. Winselnd zieht gute, copyright-freie Fotos her? „Du denkst es regnet in Strömen! - Kaffee kochen, und es ab, das Vieh, zurück zu seiner Meisterin ja an den Online-Teaser?“ - Was zum Teu- weiter geht‘s. Endlich, fünf Minuten Ruhe, im Büro nebenan. Los jetzt, Artikel schrei- fel war noch mal ein Online-Teaser? „Ist so für die Zeit einer Zigarette. „Müssen Sie Ihre ben! Das Telefon klingelt. „Ich wollte nur gut wie geschrieben“. „So gut wie“ heißt in Stängel eigentlich immer vor unsere Tür mal nachfragen, wie es mit deinem Beitrag dem Falle...ach, Sie verstehen schon! schmeißen?“ fragt der Immobilienmakler zur städtischen Müllabfuhr aussieht?“ Erst mal der Reihe nach: Der Artikel von nebenan. „Du schmieriges Arschloch, fragt der Mensch am anderen Ende, und muss jetzt abgeschlossen werden. Da war musst du mir eigentlich immer auf den Sack bevor ich antworten kann, redet er weiter. doch noch ein wichtiger Punkt, der unbe- gehen?“ denke ich, und brumme: „‚tschul- Ohne Pause, ohne Unterbrechung, Krieg in dingt rein musste...nur welcher? Es klopft an digung!“, während ich die Tür hinter mir Palästina, verdammte Linke, - ihr arbeitet der Tür. „Was denkst du eigentlich über den schließe. Entgeistert schüttelt der Makler auch nie was, da bei euch!“ Ich lege den Konflikt in Osttimor?“ will der Kollege nur den Kopf. Auf dem Weg zur Kaffeemaschine Hörer auf den Schreibtisch und lass‘ ihn mal eben wissen. Osttimor? Osttimor? läuft mir wieder der Kollege mit dem Ost­ labern. Der Osttimoaner ist wieder da - Warum zur Hölle sollte man sich um die timor-Problem über den Weg. „Hast du die „da ist übrigens ein ganz interessanter Uhrzeit Gedanken über Osttimor machen? Artikel bekommen, die ich dir geschickt Artikel im Guardian dazu“ -, der Hund „Osttimor...also...ääh...ich lehne bewaffnete habe?“ fragt er, während ich mir Kaffee ein- wuselt durchs Büro, der Gesprächspartner Konflikte eigentlich grundsätzlich ab“. „Ich gieße, und in mir steigen Mordgelüste hoch. am anderen Ende des Telefons quasselt finde, du stellst das sehr vereinfacht dar...ich „Du weißt ja, dass wir um fünf noch ein immer noch ohne Unterbrechung - Israel, meine, neben der Gewaltfrage...“ - „Ent- Briefing haben?“ keift eine Kollegin. Brie- westliche Intervention, „ihr habt ja wahr- schuldige bitte, aber ich muss jetzt noch...“ fing? Was denn, schon wieder so ein scheinlich schon wieder Feierabend“-, „Ihr - „Ich schick dir mal ein paar gute Artikel zur Quatsch? Wir hatten doch erst gestern ein denkt ja an das Briefing nachher“ ruft die Situation in Osttimor!“ Sichtlich unbefrie- Briefing! „Klar denk‘ ich dran!“ erwidere Kollegin, draußen regnet‘s in Strömen und digt zieht der Kollege von dannen. So, jetzt ich, und latsche zurück ins Büro. Also, Artikel ich sehe durchs Fenster den Immobilien- aber: Artikel fertigstellen, in die Korrektur fertig schreiben, Online-Teaser suchen, makler, der den Bürgersteig vor seiner Tür geben, Fotos aussuchen und hochladen - in Fotos, Bildzeilen...Nein, wie war das noch- fegt und sich dabei lauthals aufregt...Ich welchen Ordner kommen die eigentlich? -, mal? Wie soll ich das bloß bis Redaktions- schreibe, endlich, ich schreibe, ich schreibe Online-Dings schreiben - wie viele Zeichen schluss alles schaffen? mir die Fingerspitzen wund und den Frust waren es nochmal? - und dann winkt auch Es raschelt unter meinem Schreibtisch. vom Leibe. Uff. schon das Feierabendbier. Nebenan höre Ein Hund! Ein Hund? Ja, ein Hund, ein ich, dass der Kollege immer noch auf der gottverdammter, stinkender Köter, der... David Angel

41 Une rétrospective sur le magazine Revue,

son évolution graphique et esthétique est étroitement liée aux modernisations tech- niques marquant l’histoire de l’entreprise familiale Bourg-Bourger. La première édition de la Revue d’après-guerre paraît en 1945. Le papier est encore rationné et les premiers 2 000 exemplaires sont produits avec des stocks de l’armée américaine. La qualité du papier de l’époque ne correspond pas vraiment à celui d’un hebdomadaire illustré puisqu’il est originellement destiné à l’impression d’un journal de front. De plus, les trois pre- miers numéros vont être de petit format et non en DinA4, comme le seront les numé- ros ultérieurs. C’est Emile Probst qui a relancé le magazine illustré d’avant-guerre. Il s’est notamment inspiré du modèle amé- ricain du Time magazine. Le deuxième départ de la Revue dans les premiers mois après l’Occupation tombe à pic dans une période marquée par un besoin énorme de nouvelles publica- tions: journaux, livres d’école et brochures de toutes sortes et en grandes quantités – le renouveau de l’imprimé est partout! L’imprimerie Bourg-Bourger imprime en ces semaines de l’après libération le quoti- dien L’U’nion et l’hebdomadaire Ons Jongen, qui, à lui seul, atteint alors les 20 000 exemplaires. Le public luxembour- geois semble vraiment avide de nouvelles publications nationales! Cependant cet effet s’amenuise et les ventes baissent sensiblement pour atteindre un point bas de 1 800 exemplaires, lorsqu’Emile Probst vend sa Revue à son imprimeur le 1er avril 1946. Par la suite, les

Source: CNL ventes vont sensiblement s’améliorer, mais en 1948 la Revue traverse la première grande crise de son histoire – une crise qui röm eng nei Wocheschröft!» – toute la famille, tout en évitant les sujets est due à des problèmes de distribution. c’est sans aucun faste que le nou- politiques: «Mir hu keng He’ch Präten­ Cependant l’éditeur réussit à résoudre le «Eveau magazine illustré «d’Revue» se pré- tiounen. Mir wéllen Iech eng letzeburgesch problème en moins de deux mois. Il met sur senta pour la première fois à ses lecteurs le Sâch bréngen, Hausmâcherkascht fir de pied un réseau de distribution très efficace, samedi 9 décembre 1939. Une photo en Familliendösch; national an o’hni d’Politik.» basé sur des représentants locaux. En 1955, noir et blanc du Prince Felix et de son Fils D’où la photo des Princes du Luxembourg à pour le 10e anniversaire de la Revue, le Jean, tous deux se promenant dans les rues New York: elle fait allusion au Centenaire de réseau de distribution comporte 283 repré- de New York, faisait la une. l’Indépendance du Luxem­bourg, représenté sentants locaux, en 1970, il y en aura 325. Les princes étaient accompagnés du par sa Dynastie, et elle met la famille Grand- Le démarchage intensif auprès des candidat à l’élection présidentielle améri- Ducale dans le contexte d’un événement foyers privés et surtout l’assurance acci- caine, Al Smith, mais leur visite avait un d’actualité, notam­ment l’exposition univer- dent et décès offerte gratuitement à l’achat caractère plutôt privé. Habillés «en civil», selle de 1939. d’un abonnement, avec en surplus la les illustres voyageurs s’intéressaient à l’ex- 19 numéros aux couleurs soit violettes «Gléckspolice» mis en jeu lors d’une loterie position universelle de 1939, à laquelle le soit vertes vont être éditées, le 19e est mensuelle, font monter les chiffres de Luxembourg participait avec un pavillon. prévu pour le samedi 11 mai 1940, un jour vente en flèche: une quinzaine de nou- La coordination entre les différents acteurs après le début de l’Occupation, mais il ne veaux abonnements vont se rajouter impliqués était assurée par le président sort pas. Cependant un numéro 20 va chaque semaine. d’antan du Cercle Artistique de Luxem­ paraître le 1er juillet 1940. Il va être le der- À la fin des années cinquante, 90 % bourg, Michel Stoffel et c’était lui aussi le nier à être distribué avant longtemps. des exemplaires imprimés vont aux abon- responsable de l’exécution des travaux Les vingt numéros du magazine nés. À cette époque, plus précisément en visant la réalisation du pavillon. «d’Revue» ont été produits par une équipe mars 1949, Katrin C. Martin reprend en La première couverture de l’hebdoma- de dix personnes dirigée par Pierre Kellner. mains l’édition de la Revue. Elle en trans- daire «d’Revue» annonce déjà la ligne édito- Ils ont été imprimés chez Francis Bourg- forme le contenu et réorganise l’équipe riale d’une publication qui se veut proche de Bourger. L’histoire de cette imprimerie de rédactionnelle. Le professionnalisme de son lectorat luxembourgeois. Les éditeurs tradition est étroitement liée à celle de la cette ancienne institutrice d’Arsdorf va être affirment ne pas avoir de hautes prétentions, Revue. En effet, le hebdomadaire luxem- qualifié par son successeur Lucien Thiel de et ils font part de leur souhait de s’adresser à bourgeois en devient le produit phare et «One Woman Show». Quoi qu’il en soit, la

42 à la veille de son 70e anniversaire rédactrice en chef a créé une revue illustrée En 1970, Lucien Thiel, qui a succédé à de racheter l’hebdomadaire qui vient de qui trouve son équilibre en 68 pages d’ac- Léon Nilles, retrace l’histoire des 25 années fêter ses 40 ans. Le paysage médiatique tualités locales et de conseils pratiques pour d’existence de son hebdomadaire. Dans le luxembouregeois pourrait se résumer à la vie quotidienne. Katrin C. Martin quitte même numéro d’anniversaire, Rolph Ketter deux groupes importants: RTL et le la nouvelle équipe après seulement vingt donne une vision toute personnelle dans Luxemburger Wort. Mais Lucien Thiel mois pour diriger le quotidien La Meuse. son reportage de proximité sur l’un des réussit à contrecarrer cette reprise en s’as- La Revue des années 50 est entre jeunes distributeurs de la Revue. Son frère sociant l’IPL (plus tard la CLT), les éditions autres celle de Benn Faber, Alphonse Pütz, Norbert réalise par ailleurs un essai photo- du «Lëtzebuerger Land» et le groupe Paul Leuck, Gab Weis, Théo Mey, Pol graphique d’une qualité exceptionnelle sur «Cactus» pour sauvegarder l’indépen- Aschman et Lex Weyer. Elle donne le reflet les enfants de la région du Minette. dance de la Revue. d’un Luxembourg qui modernise ses infras- Pendant les années 70, la Revue déve- Après quatre décennies, l’imprimerie tructures et commence timidement à s’in- loppe ses reportages photographiques au Bourg-Bourger cède ses parts, et la Revue ternationaliser. Elle transmet par ailleurs un point d’en récolter un véritable succès renaît, sous des conditions difficiles, avec sens des traditions et des coutumes locales. populaire. L’un des photographes les plus son nouveau rédacteur en chef Fred Mais avant tout, la Revue revendique son appréciés est Jochen Herling. Il est l’auteur Medernach. Georges Hausemer s’occupe caractère familial. de toute une série d’images et de portraits des pages culturelles. Mais ce nouveau Les années 60 sont d’abord marquées publiés dans la Revue. Le magazine s’asso- style, plus proche du Forum que de la ligne par les nouvelles techniques d’impression. cie par ailleurs des journalistes comme col- traditionnelle de la Revue, ne séduit pas. Le procédé offset et la quadrichromie per- laborateurs libres, dont René Clesse et En 1988 Yolande Kieffer reprend la rédac- mettent notamment d’imprimer un Jacques Drescher entre 1978 et 1982. tion de l’hebdomadaire, mais la situation nombre grandissant d’annonces publici- La décision d’éviter les sujets politiques reste difficile. Mme Kieffer sera relayée en taires. En 1963, la Revue imprime son pre- paraît moins évidente dans les années 1970 1999 par Claude Wolf. mier programme de télévision. La qu’en 1939. En effet, en 1975, dans un La fin des années 80 voit apparaître modernisation des techniques d’impression article intitulé «Was lesen die Luxemburger», dans les pages de la Revue le Superjhemp, trouve son point culminant en la produc- le journaliste Jos Telen revient sur le carac- une bande–dessinée qui va prendre l’am- tion intégrale, en 1966, du numéro 1 000 tère apolitique de son hebdomadaire. pleur d’un véritable phénomène de société par les nouvelles rotatives offset. Cependant, une semaine plus tard Lucien pendant les années 90. Les différents pas- Avec l’arrivée de Lucien Thiel, la Revue Thiel va insinuer dans les pages de son heb- tiches de super héros se lisent comme une produit un de ses premiers grands repor- domadaire le risque de la faillite de l’État chronique amusante de la politique des tages à l’étranger en couvrant le mariage luxembourgeois. La crise de 1974 a en effet deux dernières décennies. du Shah Reza Pahlavi en octobre 1967. changé la donne, et la Revue constate que Alors que pendant les années 90 l’ac- Avec l’aide du photographe Jean Weyrich, les crises peuvent toucher et transformer la tionnariat de la revue s’est équilibré entre Thiel réussit à devancer tous les autres société luxembourgeoise. L’illustré se politise le groupe Cactus et la CLT, le nouveau mil- illustrés européens en faisant publier dans et en porte les conséquences lorsqu’on lui lénaire annonce la reprise par le groupe la Revue un reportage en couleurs, seule- reproche une direction trop libérale, voire Editpress de l’illustré luxembourgeois. ment trois jours après l’évènement. Cette même de gauche. Aujourd’hui Laurent Graaff, rédacteur fin des années 60 et le début des années L’année 1978 est celle de l’arrivée du en chef, revendique le passé de la Revue 70 sont marqués par de grands reportages Télécran dans les kiosques luxembourgeois. tout en mettant l’emphase sur l’accéléra- réalisés pendant la guerre de six jours, au C’est le point de départ d’une nouvelle crise tion qui caractérise les médias contempo- Biafra et au Vietnam. C’est Léon Nilles qui pour la Revue, qui aurait bien pu marquer rains. La Revue veut rester un transforme le caractère local de la Revue sa fin. Télécran et Revue vont mener un hebdomadaire illustré pour toute la famille en lui donnant une ouverture sur le monde combat sans merci sur le petit marché des en favorisant des sujets luxembourgeois, contemporain et ses conflits. Nilles sera le annonceurs publicitaires locaux. Nic Jakob mais en gardant la flexibilité nécessaire rédacteur en chef qui aura été le plus long- est le rédacteur en chef à cette époque que pour traiter des sujets en profondeur. temps aux commandes de l’illustré luxem- Lucien Thiel décrit comme critique. bourgeois. Il est soutenu entre autres par En 1986 la situation se détériore, alors Evy Friedrich et Michel Raus. que l’imprimerie Saint-Paul est en mesure Christian Mosar Guy Hoffmann Guy

De gauche à droite: Hubert Morang (rédacteur en chef adjoint), Laurent Graaff (rédacteur en chef), Liette Peters (administration), Philippe Reuter (journaliste), Ute Metzger (photographe), Gabrielle Seil (journaliste), Stefan Kunzmann (journaliste), Renée Ries (journaliste) et Danielle Petry (journaliste). Manquent sur la photo: Gaston Zangerlé (directeur), Tina Noroschadt (journaliste), Chrëscht Beneké (journaliste) et Heike Bucher (journaliste).

43 „Lëtzebuerger Journal“

Freigeist und Pluralismus seit 1948

Guy Hoffmann

Dass man auch ohne massiven Geld- und Personalaufwand, Dem Liberalismus verpflichtet dafür aber mit viel Engagement, Einsatz und echtem „Herz- blut“ eine Tageszeitung über Jahrzehnte am Leben halten, Eine von den patriotischen Gefühlen ausbauen und immer wieder verändern kann, das zeigt der der direkten Nachkriegszeit beeinflusste Werdegang des am 5. April 1948 erstmals erscheinenden Ausrichtung auf nationale Werte und ein zutiefst demokratisches Gesellschaftsmo- „Lëtzebuerger Journal“. Das von Beginn an liberal ausge- dell prägte die Anfangsjahre des „Lëtzebu- richtete Blatt entstand seinerzeit aus dem Zusammenschluss erger Journal“. Die neue Tageszeitung der seit 1881 in Grevenmacher bei der „Imprimerie de l’Est“ konnte neben den Lesern der beiden fusio- erscheinenden „Obermoselzeitung“ und des offiziellen nierten Blätter vor allem auch auf die Kli- Organs der luxemburgischen Resistenzorganisationen entel der Mitglieder des „Groupement „d’Unio’n“, das seinerzeit von der heute nicht mehr beste- Patriotique et Démocratique“ zählen, aus henden Druckerei Bourg-Bourger, langjährige Herausgeberin dem 1955 per Kongressbeschluss die „Demokratesch Partei“ (DP) hervorging, der „Revue“, hergestellt wurde. der sich das „Journal“ seither in besonde- rer Weise verpflichtet fühlte. Eines der Leitbilder, dem sich die libe- rale Tageszeitung bis zum heutigen Tag verpflichtet fühlt, stand übrigens als klare Aussage im Leitartikel der ersten Ausgabe zu lesen: „Wir hassen jeden extremen Oben (v. l. n. r.): Fanatismus.“ Dokumentarischen Zeugnis- Jacqueline Kimmer (Lokalredaktion), Sarah Sweers (Grafik), sen aus jener Zeit kann man entnehmen, Nico Pleimling (Lokales), Catherine Kurzawa (Wirtschaft a Finanzen), dass die politischen Gegensätze damals Claude Karger (Chefredakteur), Annette Duschinger (Politik), Pascal Steinwachs (Politik), Simone Molitor (Politik), deutlich heftiger ausgetragen wurden als Christian Block (Politik) und Sven Wohl (Web) heute, was sicher auch auf die zu jenem

44 Zeitpunkt noch unverdauten Geschehnisse während der deutschen Besatzungszeit und die damit verbundene Spaltung der Bevölkerung zurück zu führen war. Diese verlief übrigens nicht nur zwischen den Parteien, sondern reichte auch weit in die Gruppierungen selbst hinein. Das liest sich in der ersten Ausgabe des „Journal“ denn auch folgendermaßen: „Wir werden wohl in Detailfragen nicht immer das volle Ver- ständnis jedes einzelnen Lesers finden, da eine vieltausendköpfige Menge denkender Geschöpfe kaum auf einen Nenner zu brin- gen ist.“

Schwierige Jahre

In seinem 1995 im Verlag der Imprime- rie Centrale erschienenen Buch „Aus Liebe zur Freiheit“ erinnert der langjährige, vor knapp zwei Jahren unerwartet verstorbene „Journal“-Chefredakteur Rob Roemen an „eine schwierige, sehr abwechslungsreiche

Zeit für dieses neue Presseprodukt, das Journal-Archiv© anfangs von einem zwöllfköpfigen Mitar- „Journal“-Chefredakteur Rob Roemen im Interview mit dem liberalen deutschen beiterstab hergestellt wurde“. Daran sollte Außenminister Hans Dietrich Genscher (Mitte der achtziger Jahre) sich auch über Jahrzehnte hinweg grund- sätzlich nichts ändern. Die Existenzfrage war ein ständiger Wegbegleiter der libera- len Tageszeitung, die sich stets im Schatten Seine wohl schwierigste Zeit kannte das war einerseits die Entscheidung der Demo- der beiden „Großen“ bewegte, deren politi- „Journal“ in den frühen sechziger Jahren kratischen Partei, das „Journal“ nicht mehr sches Gewicht ndes weit über die nackte des vergangenen Jahrhunderts, als die Zei- als Parteizeitung zu betrachten, anderer- Auflagenzahl hinausragte. Dennoch musste tung, aufgrund einer desaströsen finanziel- seits der Einstieg in die Editpress-Gruppe Rob Roemen in seinem Buch fast schon len Situation, sogar über einen ganzen (Tageblatt, Le Jeudi…) in der die „Editions resigniert feststellen: „Die Liberalen behan- Monat hinweg gar nicht erscheinen konnte. Lëtzebuerger Journal“ derzeit acht Prozent delten – als einzige politische Kraft – „ihre“ Nur dem engagierten Einsatz des damaligen der Anteile hält. Dieser Schritt ermöglichte Zeitung immer stiefmütterlich, ein in der Redakteurs und späteren Direktors Jos. die technische Zusammenarbeit zwischen Politik recht seltenes und wohl auch unver- Anen war es zu verdanken, dass das „Jour- beiden Verlagshäusern. Die beträchtliche ständliches Phänomen.“ nal“, unter Mitwirkung des Direktors der Aufstockung des Redaktionsteams erlaubte „Imprimerie Centrale“, Jos. Dernoeden, eine angestrebte thematische Erweiterung, weiter veröffentlicht wurde. Erst die unter die bei der Leserschaft große Zustimmung der Regierung Thorn-Vouel Ende der 70er fand und auch neue Kundschaft anziehen Jahre eingeführte staatliche Pressehilfe für konnte. Unter der Leitung von Direktor und Printmedien verschaffte eine bis heute wäh- Chefredakteur Claude Karger geht das rende finanzielle Entlastung. „Lëtzebuerger Journal“ neuen Herausfor- derungen entgegen, die den vergangenen Neue Akzente… wohl in nichts nachstehen werden. Aber im „Journal“ machten sich auch ... und ein Schmunzeln zum Schluss für die gesamte Branche bahnbrechende Entwicklungen als erste bemerkbar: In den Eine kleine Anekdote am Ende: Ein siebziger Jahren erschien die liberale Zeitung „Makel“, der dem „Lëtzebuerger Journal“ als erste im Offset-Druckverfahren, wäh- bis heute anhaftet, ist die Tatsache, dass rend weitaus größere Verlagshäuser erst das Attentat vom 22. November 1963 auf Jahre später auf die neue Drucktechnik den amerikanischen Präsidenten John F. umsteigen sollten und damit die Abkehr Kennedy als Meldung dort nie zu lesen vom Bleisatz vollzogen. Viele Änderungen stand. Die dünne Personaldecke der kannte die Zeitung auch hinsichtlich ihrer damaligen Zeit hatte ihren wohl nachhal- Gestaltung: Alle paar Jahre änderte in den tigsten Tribut gefordert. achtzger und neunziger Jahren der Zeitungs- titel. Aufgrund von technischen Zwängen hielt der heute unverzichtbare Farbdruck nur Nic. Dicken langsam seinen Einzug in die Journal-Seiten. Eine völlig neue grafische und inhaltli- che Ausrichtung erhielt die Zeitung in den letzten drei Jahren in enger Kooperation Von 1948 bis 1984 war Jos. Anen mit einem spezialisierten deutschen Bera- Bibliographie: dem Journal zutiefst verpflichtet tungsunternehmen. Voraussetzung dafür Rob Roemen: Aus Liebe zur Freiheit (1995)

45 „Die ‚Zeitung‘ versteht sich als Interessenvertretung

der arbeitenden Menschen“ © ZLV 46 Chefredakteur und KP-Parteichef Ali Ruckert

ie Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek definiert sich als Interessenvertre- „Dtung der arbeitenden Menschen. Wir ver- suchen, die gewerkschaftlichen Aktionen in den Betrieben so weit wie möglich jour- nalistisch abzudecken und auf nationaler

und internationaler Ebene über die Hinter- Hoffmann Guy gründe der wirtschaftlichen und sozialen Blick in die Redaktionsstube Realität zu berichten.“, betont Ali Ruckert, Chefredakteur der in der Escher Zénon- Bernard-Straße ansässigen Zeitung vum Zeitung besteht fast siebzig Jahre Die Zukunft der Zeitung Lëtzebuerger Vollek. Ali Ruckert ist sich bewusst, dass es kein leichtes Unterfangen Die Zeitung existiert seit dem 1. Juni Welche Herausforderungen sieht Ali ist, in einem nach kapitalistischen Prinzi- 1946 als Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek Ruckert für die Zukunft? Zum einen stellt pien funktionierenden Land wie Luxem- und erscheint seit 1990 von dienstags bis der Chefredakteur der Zeitung vum Lëtze- burg eine Zeitung heraus zu geben, die samstags. Vor dem Zweiten Weltkrieg trug buerger Vollek fest, dass viele Menschen gegen den Strom schwimmt. „Man trifft die kommunistische Tageszeitung den zunehmend auf online-Informationen selten auf offene Türen und viele Leute tun Namen Volksstimme, während des Zweiten zurückgreifen, die zwar schneller und meist sich schwer, mit einer kommunistischen Weltkrieges erschien sie im Untergrund gratis zu erwerben sind, jedoch außer Tageszeitung zu kommunizieren. Was die unter dem Namen Die Wahrheit. Mitte der einem reißerischen Titel meist oberfläch- Privatanzeigen betrifft, so besteht eine Art fünfziger Jahre erschien die Zeitung kurze lich und sehr kurz gefasst sind. Es gilt, dem Boykott der Zeitung. Im Klartext: Wenn die Zeit als Wochenzeitung, da kein Geld mehr entgegen zu wirken, indem die Zeitung Zeitung darüber berichtet, welche Unge- vorhanden war, um die Zeitung tagtäglich ihre Leser mit Hintergrundinformation rechtigkeiten Auszubildende in einem gro- herauszubringen. Bis in die neunziger Jahre beliefert, wie das beispielsweise in der ßen Betrieb erleiden müssen, darf sie sich waren die Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek Berichterstattung über den Ukraine-Kon- von demselben Betrieb keine Anzeigen und die kommunistische Druckerei COPE flikt oder über die Politik der US-amerika- mehr erwarten. Sehr wohl gibt es staatli- ein und dasselbe in Form einer Kooperative. nischen Regierung allgemein der Fall ist. cherseits Pressehilfe, die rund ein Drittel 1995 haben beide sich getrennt und aus der „Wir haben auch ganz andere Informa­ des Einkommens der Zeitung ausmacht, Zeitung wurde eine Aktiengesellschaft. tionsquellen und geben nicht kritiklos die allerdings ist die Zukunft der Pressehilfe Zurzeit beschäftigt die Zeitung elf fest Beiträge der westlichen Nachrichtenagen- ungewiss, da die Europäische Kommission Angestellte, darunter sieben Journalisten mit turen wieder“, so Ali Ruckert. Druck auf die luxemburgische Regierung einem Vollzeitkontrakt. Dazu kommen eine Zum anderen gilt es für Ali Ruckert, macht, um die Pressehilfe wesentlich ein- ganze Reihe freie Mitarbeiter, die fast aus- die finanzielle Zukunft des Blattes abzusi- zuschränken oder gar ganz abzuschaffen.“ nahmslos unentgeltlich arbeiten. Gedruckt chern. Dazu gehöre es, den Leserkreis zu wird die Zeitung in der Imprimerie Centrale, erweitern, eventuell auch die arbeitenden und den größten Teil der verkauften Exem­ Menschen anzusprechen, die der deut- plare machen die Abonnenten aus. schen Sprache nicht mächtig sind, und den Ali Ruckert unterstreicht, dass die Zei- Anzeigenanteil auszubauen, ohne sich aber tung nicht von Lobbys abhängig ist und dafür an die Privatwirtschaft zu verkaufen. demnach in ihren Kommentaren keinerlei Dass es nicht nur die Aufgabe der Zei- Rücksicht auf diese oder jene Interessen- tung ist, Ungleichheiten in der Privatwirt- vertretung nehmen muss. schaft aufzudecken, sondern auch die Die Zeitung orientiere sich an dem Regierungspolitik kritisch unter die Lupe zu Gesamtbelangen der schaffenden Men- nehmen, unterstreicht Ali Ruckert mit dem schen und nicht an den Partikularinteressen Beispiel der Steuerpolitik der Regierung. „Ein einzelner oder bestimmter Organisationen. Junggeselle, der den Mindestlohn verdient, Ein wichtiges Anliegen sei die Kritik an den bezahlt hierzulande proportional mehr Steu- aktuellen Aufrüstungsbestrebungen in ern als eine Investitions­gesellschaft.“ Luxemburg. „Wir informieren unsere Leser Wer die Zeitung probeweise lesen will, darüber, dass es einen Zusammenhang zwi- findet einzelne Beiträge auch auf Internet schen dem Militärbudget und der Sozialpoli- unter www.zlv. tik der aktuellen Regierung gibt und dass die Aufstockung des NATO-Beitrags in krassem Widerspruch zu den Einsparungen im Sozial- bereich steht.“, so der Chefredakteur. Henri Fischbach

47 So alt wird keine Kuh „Wenn jemand einen Pudel hat, in den er unsterblich verliebt ist, dann ist das seine Sache und geht die Satiriker nichts an. Wenn dagegen Ady Jung mit zwei pissenden Kötern eine ganze Gemeindeverwaltung lahmlegt, ist das eine öffentliche Sache, weil der Mann Schöffe in Esch ist und seine Hunde sich schrecklich undemokratisch verhalten haben.“

Jean-Michel Treinen in „Guter Humor ist nie nett“ – Gespräch mit dem Gréngespoun (26.12.1997) Zeichnung Romain LenertzZeichnung

m 14. November 2014 erschien die Vollek vom 16. März 1984 bis 23. Juli ratismus der etablierten Medien auf die A1000. Ausgabe der satirischen 1993 veröffentlichten wöchentlichen Sati- Schippe zu nehmen. Wochenzeitung de Feierkrop. Eigentlich reseite De Feierkrop. Es handelte sich um In aller Bescheidenheit kann festge- war es ja die 1001. Ausgabe, denn die eine späte Wiederaufnahme des Titels der stellt werden, dass de Feierkrop einen Erstausgabe, die am 8. Oktober 1993 als schon in der unmittelbaren Nachkriegszeit, Rekord gebrochen hat. Er ist die langle- zwei Tage vor den in Anlehnung an das Lied De Feierwôn, bigste Satirezeitung in der über 300-jähri- damaligen Gemeindewahlen erschien, war zwischen 1948 und 1950 in unregelmäßi- gen Pressegeschichte Luxemburgs und eine „Nullnummer“ ohne wirklich eine gem Abstand herausgegebenen Satirebei- übertrifft damit die erste satirische Zei- solche zu sein, da es sich um eine verkaufte lage der KPL-Zeitung. tung, D‘Wäschfra (1868-1884), die es und veröffentlichte Ausgabe handelte. immerhin auf stolze 16 Jahre brachte. In der mit bezahlten Anzeigen von DP, Älter als die Wäschfra Damit ist schon angedeutet, dass de Déi Gréng GLEI-GAP und den Gaststätten Feierkrop möglicherweise nicht ewig Café beim Malou, Café Diva und Café Den neie Feierkrop, der heute wieder erscheinen wird, dass jedoch ein Experi- Jhang versehenen Erstausgabe meldete de Feierkrop heißt, gehört inzwischen ment geglückt ist, an dem eine Reihe Kon- sich der damalige Den neie Feierkrop mit wider Willen zum journalistischen Estab- kurrenten in den unfreiwillig satirischen Viviane Muppeschnëss „zurück von den lishment, das er aber weiterhin gering- Tageszeitungen von Anfang an zweifelten. Guadeluppen“. Die mit dem verballhorn- schätzig als „Doofpresse“ bezeichnen darf, Es handle sich um ein abenteuerliches ten Namen der Escher CSV-Politikerin und da er ja keinerlei staatliche Pressehilfe Unterfangen, das zum Scheitern verurteilt späteren EU-Kommissarin unterzeichnete erhält. Eine solche Entwicklung in einer sei, lautete 1993 ein vorschnelles Urteil aus Rubrik gab es bereits in den achtziger Jah- nunmehr 21jährigen Geschichte ist die nor- unberufenem Munde. Ein Experiment ist es ren des vorigen Jahrhunderts als „Unter- malste Sache der Welt und eigentlich insofern, als de Feierkrop in einem Genos- haus-Revue“ im Ländchen, der inzwischen unvermeidlich. senschaftsverlag veröffentlicht wird und eingestellten satirischen Beilage des Lëtze- Trotz alledem bleibt de Feierkrop aus- den Autoren und Karikaturisten gehört, die buerger Land, und später regelmäßig auf gesprochen pressekritisch und wird seit ihn herstellen. Das gewährleistet immerhin der in der Zeitung vum Lëtzebuerger seinem Bestehen nicht müde, den Korpo- ein gewisses Maß an Unabhängigkeit in

48 den Grenzen dessen, was erlaubt ist. Dank Presse in Luxemburg dar. Diese Figur steht Die Bedeutung der Karikaturen einer Reihe Presseprozesse, bei denen es nicht in der geistigen Nachfolge eines vornehmlich um die Verballhornung von Arlequin, Gukuk, Mitock oder Peckvill- Ganz banal gesagt ist de Feierkrop Namen ging, und die de Feierkrop meis- chen. Wer unbedingt eine geistige Ver- heute eine Wochenzeitung, die keine Witz- tenteils gewann, ist hierzulande inzwischen wandtschaft sucht, findet sie eher in der chen über Eisenbahner oder Beamte der für eine wetterfeste Jurisprudenz in Sachen Wäschfra. Diese ordinäre, etwas grobe zone bleue macht, sondern bemüht ist, die Satire gesorgt. Frau aus dem Vorstadtmilieu, ausgerüstet politische Aktualität auf satirische Weise Sehen wir uns einmal an, was die mit gesundem Menschenverstand, wirft abzudecken und Artikel zu veröffentlichen, Experten sagen: „Binnen kurzer Zeit sollte ihren spöttisch-boshaften Blick auf die die in der übrigen Presse fehlen: „L‘orien­ sie [die Satirezeitung Den neie Feierkrop – Welt. Die Art der Identifikation, die der tation politique et surtout idéologique du d. Verf.] sich mit einer Mischung aus Feierkrop anstrebt, ist nicht die der oben- Den Neie Feierkrop est ouvertement de Klatsch, politischer Satire und Enthüllungs- genannten Figuren. Er ist keineswegs der gauche. Mais l’hebdomadaire est indépen- journalismus in Text und Karikaturen als nette Kerl von nebenan.“2 dant de tout parti, quel qu’il soit.“4 eine der erfolgreichsten Presseneugrün- Ob dieses Kompliment noch ange- Das Erscheinungsbild der Zeitung prä- dungen der letzten Jahrzehnte erweisen.“1 bracht ist, oder ob de Feierkrop heute even- gen die Zeichner Romain Lenertz, Guy W. tuell manierlicher geworden ist, darüber Stoos und Moe Skifati. Ihre Karikaturen „Nicht in der geistigen Nachfolge scheiden sich die Geister, und es soll hier und Comic-Strips sind ausgesprochen poli- eines Arlequin, Gukuk, Mitock nicht erörtert werden. Bestimmt hat sich tisch und beschränken sich oftmals nicht oder Peckvillchen“ de Feierkrop im Lauf der Zeit verändert. Er auf die Illustration der Zeitungsartikel, son- ist nicht mehr neu, und was nicht mehr dern können eigenständig existieren. Im Eine weitere Beschreibung: „Eine kriti- neu ist, schockiert auch nicht mehr in glei- Laufe der Zeit ergeben sie für sich genom- sche Auseinandersetzung mit dem Feier- chem Maße wie am Anfang. men eine Chronik der politischen Ereig- krop kommt an der Frage nicht vorbei, wie Am besten macht sich das wohl an der nisse in Luxemburg. Satire gehandhabt wird. An der Figur des Behandlung fest, welche die Monarchie Einer der beliebtesten Vorwürfe an die Feierkrop lässt sich eine solche Analyse erfährt. Als de Feierkrop am 4. Juni 2002 Adresse des Feierkrop war stets, dass er es am ehesten festmachen, da die Textbei- exklusiv darüber berichtete, wie die Groß- mit den wirklich großen Satirezeitungen à träge zu uneinheitlich in ihrer Ausrichtung herzogin sich vor den im Palais versammel- la Canard enchaîné nicht aufnehmen sind. Der Zeichner begnügt sich nicht ten Chefredakteuren der Hofpresse über könne. Diese Feststellung ist selbstver- damit, einen entzauberten Blick auf eine ihre Schwiegermutter beklagte, war das ständlich zutreffend, aber unehrlich und unzulängliche Welt zu werfen. An jedem noch eine Schlagzeile, nach der man in stammt in der Regel von Kulturschaffen- Freitag tritt uns der kleine, boshafte Teufel anderen Presseorganen vergeblich suchte.3 den oder Rechtsgelehrten, die – genau wie mit seinem aggressiven Blick entgegen. In den achtziger und Anfang der neun- die am allgemeinen Mittelmaß sich erfreu- Mit unverhohlen zur Schau gestellter ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts enden Kroperten – in der Provinz hängen Schadenfreude gießt er Öl aufs schwe- beschränkte sich die Berichterstattung über geblieben sind und es nicht bis nach Paris lende Feuer. Schamlos, zynisch, rotzfrech den großherzoglichen Hof in den Medien geschafft oder versucht haben. und eingestandenermaßen unfair stöbert auf wohlgefällige Beiträge in Wort und Bild. Und was den Canard enchaîné betrifft, er mit seinem ekligen Stachel in den Ange- De Feierkrop hat wohl dazu beigetragen, so mag folgende Beschreibung lehrreich legenheiten anderer Leute herum. In die- dass das heute nicht mehr so ist, wobei das sein: „Mais, dans le cas du Canard sem Sinne stellt der Feierkrop eine radikale natürlich weder für die heutzutage von enchainé, la déformation est accentuée par Zäsur in der Geschichte der satirischen allen Seiten rüpelhaft angegangene Monar- le point de vue adopté, qui est celui du chie, noch für die Satirezeitung gut ist. satiriste. Ce n’est pas l’histoire diploma- Denn nicht nur, dass de Feierkrop dadurch, tique et politique, celle des grands hommes dass er nicht mehr als einzige Zeitung des- et des pensées de haute élévation, qui pektierlich daherkommt, damit eine Markt- apparaît dans le Canard; c’est son envers, nische verloren hat: es haben sich ja auch sa face cachée et triviale, ses coulisses. (…) die Zeiten geändert, und will man als Satiri- On en a fait le reproche à l’hebdomadaire ker nicht mit den Wölfen heulen, muss man satirique. C’est oublier sa nature et sa rai- den Hof bisweilen gegen all die Anwürfe in son d’être, qui sont précisément de dénon- Schutz nehmen, die ihm von den Papier- cer, railler, tourner tout en dérision.“5 händlern zugemutet werden. In Zeiten der Vielleicht trifft das ja auch auf den Globalisierung ist der Hochadel im Grunde Feierkrop zu. genommen eine subversive Veranstaltung, die es aber selbstverständlich weiterhin ver- Jacques Drescher dient, satirisch ernst genommen zu werden. De Feierkrop war von Beginn an auch eine antiklerikale Zeitung, ist aber auch kri- tisch gegenüber professionellen Pfaffen- fressern. Beim Durchblättern der 21 Jahrgänge der Satirezeitung würde man möglicherweise feststellen, dass auch die Behandlung von Themen, die mit Religion 1 Romain Hilgert. Zeitungen in Luxemburg 1704-2004, SIP 2004; oder Kirche zu tun haben, heute etwas 2 Marc Thiel in Lëtzebuerger Almanach vum Joerhonnert. Editions Guy Binsfeld 1999; weniger grobschlächtiger ausfällt als zu 3 Der Streit im Hause Nassau, Großherzogin von böser Pionierzeiten. Aber auch das hätte dann Schwiegermutter gemobbt. Den neie Feierkrop Nr. 419, 04.06.2002. weniger mit einem Gesinnungswandel der 4 Jean-Claude Olivier. Den neie Feierkrop - La nouveauté diensttuenden Satiriker zu tun, als vielmehr de la presse luxembourgeoise. 1995-1996; 5 Laurent Martin. Le Canard enchaîné ou les Fortunes de mit dem reellen Macht- und Einflussverlust la vertu – Histoire d’un journal satirque 1915-2000.

Zeichnung Guy Stoos W. von Mutter Kirche. Paris, 2001.

49 Die „woxx“: Listen antreten, recht glimpflich aus. Geeint hätten sie mit der erreichten Stimmenzahl zwar fünf Mandate und damit den Fraktions­ status errungen, doch immerhin reicht es für Ein Projekt, eine Verdoppelung auf zweimal zwei Abge­ ordnete. Das machte es der GAP möglich, dem „GréngeSpoun“ einen dritten Halb­ tagsposten zu finanzieren und die nächste das es eigentlich Phase des Projektes einzuleiten: Umstieg auf den Wochenrhythmus und Schaffung von drei Redakteursposten. Anfang 1991 wird eine Kooperative nicht geben sollte gegründet, die die Herausgabe der Zeit­ schrift von der gleichnamigen asbl über­ nimmt. Ab dem 1. März erscheint der „Spoun“ wöchentlich. Durch Abos, Spen­ denaufrufe und den Verkauf von Anteilen der Kooperative kommt genug Geld zusam­ men, um die drei vom Gesetz geforderten Anlaufjahre zu überbrücken. Zwischendurch wird allerdings das Pressehilfegesetz „großzügig“ reformiert: Statt drei sollen jetzt fünf hauptamtliche JournalistInnen Bedingung sein – dafür wird die Mindesterscheinungsdauer auf ein Jahr verkürzt. Das bedeutet zwar mehr Geld für die etablierte Presse, doch das inzwischen vollkommen autonome Projekt, dessen „Business“-Plan auf drei Gehältern beruht, muss jetzt fünf Leute einstellen – was 1992 auch geschieht. Auf dem Papier sind die Bedingungen somit erfüllt … Doch dass die alternative Zeitung sich zu einem Wochenblatt mit dem charakteris­ tischen, voll ausgestatteten Kulturkalender entwickelt hat, ist nicht nach dem Gusto der etablierten Konkurrenz. Die fünf Mitarbeite­ rInnen werden nur widerstrebend durch den Presserat als JournalistInnen anerkannt. Ausgerechnet der einzig studierten Journa­ listin, wird der Status verweigert. Da also nur Aller Anfang ist schwer: Redaktionskonferenz vier JournalistInnen beschäftigt sind, lehnt in der Dachkammer 1989. V.l.n.r.: Jean Huss, Abbes Jacoby, Romain Roden, der Staatsminister die Zahlung der Pres­ Viviane Thill, Heng Breier, Richard Graf, Renée Wagener und Fränz Bausch sehilfe ab – dem Projekt droht das Aus, weil eine Finanzierung von fünf MitarbeiterInnen über ein Jahr hinaus nicht vorgesehen war. lles begann in einer Dachkammer eines Anfangs monatlich von einer unbezahl­ Die Zeitung klagt vor dem Streitsa­ Aalten Wohnhauses in der Avenue Emile ten Kernredaktion – allesamt Mitglieder der chen-Ausschuss des Staatsrats – dem Reuter: Als 1988 nach langen und zähen GAP – gestaltet, sollte die Zeitung „fir eng damaligen Verwaltungsgericht – und geht, Diskussionen die „Gréng Alternativ“, kurz ekologesch a sozial Alternativ“ etappen­ allerdings erst 1994 und nach einem Ein­ GAP, sich dazu entschlossen hatte, die Vor­ weise in den Wochenrhythmus überführt spruch des Präsidiums des Presserats, sieg­ finanzierung eines unabhängigen „alterna­ werden, mit dem klaren Ziel, nach drei Jah­ reich aus dem Verfahren hervor. Doch die tiven“ Zeitungsprojektes zu gewährleisten, ren die damals geltenden Bedingungen zum 1996 rückwirkend, aber nicht in voller ratterte irgendwann ab September nächte­ Erhalt der staatlichen Pressehilfe zu erfüllen. Höhe, erstattete Pressehilfe erlaubt es lang der günstig erstandene NEC P6-Nadel­ Die sah neben dem wöchentlichen Erschei­ nicht, die inzwischen angehäuften Schul­ drucker mit automatischer Papierführung. nen unter anderem auch die Verpflichtung den ganz abzubauen. Zwar erfährt der Datiert auf Oktober 1988 entstand die von mindestens drei hauptamtlichen Journa­ GréngeSpoun in dieser kritischen Phase Nullnummer des „GréngeSpoun“, dessen listinnen vor. Ab Januar 1989 erschien die zahlreiche Solidaritätsbekundungen und Name Programm sein sollte – wie es im ers­ Zeitung alle zwei Wochen, und es wurden kann auch einiges an Spendengeldern ein­ ten Editorial hieß. Sie wurde, wie damals zwei Halbtagsposten geschaffen – doch die fahren, doch die Finanzierung der Gehälter üblich, von Hand als Papierlayout gefertigt „journalistische“ Kernarbeit leisteten immer ist vor allem durch private Kredite und vor­ und dann in der Druckerei abgelichtet und noch GAP-Mitglieder. Die (partei-)politische übergehenden Lohnverzicht von Teilen der im Offset-Verfahren gedruckt. Laserdrucker Presse sah in dem Ganzen nur eine „Wahl­ Belegschaft gesichert. Die Hausbank sieht waren zu dieser Zeit noch sündhaft teuer, kampfpostille“, die, wie ähnliche Erzeug­ sich außerstande, Geld vorzustrecken – sie weshalb die Textspalten auf Endlospapier nisse zuvor, nach den nächsten Wahlen traut den staatlichen Stellen noch weniger gedruckt wurden, um dann mit der Schere sang- und klanglos verschwinden würde. als der GréngeSpoun. Erst 2009 kann die auf das vorgegebene Seitenformat gestutzt Die Wahlen im Juni 1989 gehen für die letzte Schuldverschreibung ordnungsge­ zu werden. Grünen, obwohl sie mit zwei getrennten mäss abbezahlt werden.

50 Der lange Atem hat sich gelohnt: Inzwi­ schen sind neue, junge JournalistInnen zum Projekt gestoßen, die redaktionelle Vielfalt hat sich erweitert, und mit der Gewährung der Pressehilfe ist auch die Abnabelung von den inzwischen wiedervereinten Grünen abgeschlossen. Nach überstandenen Über­ lebensängsten mischt der GréngeSpoun jetzt auch an der publizistischen Front kräf­ tig mit: Es finden öffentliche Veranstaltun­ gen zu diversen Themen statt. Legendär sind die „Sträitkultur“-Gespräche, an denen auch schon mal ein Premierminister teil­ nimmt. Doch auch „Lifestyle“ und Kultur werden umfangreich bedient: Bestand 1988 der Kulturkalender gerade mal aus zwei Sei­ ten, so beansprucht er nun gut die Hälfte des Heftumfangs. Im Jahre 2000 wird die neue Unabhän­

gigkeit mit der Umbenennung in „woxx“ Hoffmann Guy auch nach außen hin sichtbar – eine umstrit­ Ein Teil der woxx-Redaktion Ende 2014: Nicht nur die Tische sind die gleichen wie vor 25 tene Entscheidung, die erst im zweiten Jahren. V.l.n.r. Richard Graf, Luc Caregari, David Angel, Raymond Klein und Anina Valle Thiele Anlauf von den mehr als 150 Kooperative- Mitgliedern gutgeheißen wird. Ebenfalls in Vorderseite. Es eröffnet sich einem der staatliche Unterstützung - ohne die die Pres­ diesem Jahr beginnt auch eine weitere Auf­ umfangreiche Agenda-Teil. sevielfalt in Luxemburg nicht hätte aufrecht­ bauphase: Ein neues Layout entsteht und Doch trotz des schönen Erscheinungs­ erhalten oder gar ausgebaut werden können die Technik wird modernisiert, der Kreis der bilds bleibt die finanzielle Basis der woxx die - wurde Ende der 1990er Jahre strukturell freien MitarbeiterInnen vergrößert sich, und ganze Zeit über ziemlich prekär. Wegen der umgewandelt: Die kleinen Blätter haben seit­ das Internet-Abenteuer von woxx.lu geht für ein alternatives Medium typischen einge­ dem gegenüber den beiden großen Verlags­ an den Start. Es folgen einige „fette“ Jahre schränkten Reichweite hat sich das private häusern erheblich an Gewicht verloren. – gekennzeichnet durch einen größeren Anzeigengeschäft nie zu einem richtigen Durch die Aufhebung der Deckelung pro Heftumfang, aber auch durch größeren eigenen Standbein entwickelt. Zudem ani­ Medium hat sich der Ausgabenposten im redaktionellen Aufwand. Zahlreiche Kolle­ miert ein Blatt, das sich ständig kritisch mit Budget mit 7,42 Millionen Euro seit 1996 gInnen und PraktikantInnen nutzen ihre der allgegenwärtigen Konsumwelt auseinan­ zwar mehr als verdreifacht, doch gerade die woxx-Jahre als Sprungbrett für ihre journa­ dersetzt, weder Industrie noch Handel noch weniger umfangreichen Wochenzeitungen listische Karrieren in anderen Medien. Finanzwirtschaft dazu, Gefälligkeitsanzeigen profitieren davon nicht. Erhielt die woxx noch 2007 erfolgt ein Formatwechsel, der zu schalten. Die so bewahrte Unabhängig­ 5,8 Prozent der 1996 ausgezahlten Pres­ die Nutzung der Zeitung handlicher macht. keit hat eben doch ihren Preis. sehilfe, waren es 2010 nur mehr 3,3 Prozent. Das Eigenleben des Kulturkalenders wird So lebt ein Projekt wie die woxx in der Internet-Angebote und die inzwischen dadurch hervor gestrichen, dass die woxx Hauptsache von den staatlich gewährten an jeder Straßenecke verfügbare „Gratis“- zwei Deckelseiten hat: Von vorne präsen­ Zuschüssen und dem, was die LeserInnen Presse stellen zudem die Bereitschaft der tiert sich der politische Teil. Dreht man das über Abos und Spenden bereit sind beizutra­ LeserInnen, für redaktionellen Inhalt zu zah­ Heft um 180 Grad, wird die Rückseite zur gen. Die seit 1976 der Presse gewährte len, stark auf die Probe. Inzwischen wächst eine Generation heran, die es nicht mehr als normal empfindet, wenigstens eine Zeitung zu abonnieren oder regelmäßig am Kiosk zu erstehen. Die seit 2008 grassierende Wirt­ schaftskrise hat zudem auch in Luxemburg das ihre dazu getan, dass das materielle Gedeihen der journalistisch ausgerichteten Printmedien in Gefahr gerät. Seit Jahren sinkt die Zahl der anerkannten Journalistin­ nen – bedingt durch Entlassungen aber auch durch mehr oder weniger freiwilliges Wech­ seln in andere Berufe. Die jetzt angekündigten staatlichen Sparmaßnahmen - Abbestellen von Abos und Stornierung der staatlichen Anzeigen - werden diesen Schrumpfungsprozess noch beschleunigen. Die woxx wird sich wohl oder übel an die Erfahrungen aus ihren kargen Ursprüngen erinnern müssen. Bleibt nur zu hoffen, dass am Ende der Austeritätsspirale nicht doch die Presse- und damit die Meinungsvielfalt auf der Strecke bleibt.

Richard Graf

51 Doch dieser Text hier verlangt von mir, Zeitungsredakteurin mit Migrationshintergrund mich selbst unter die Lupe zu nehmen. Soll er doch von meinem deutschen Pass han- deln, dem ich 2009 einen luxemburgischen hinzugefügt habe, von den etwaigen Aus- wirkungen dieser Einwanderung und Dop- Allein der journalistische pelstaatsbürgerschaft auf meine Arbeit. Folglich frage ich mich all dies im Auftrag von ons stad, denn selbst hatte ich noch nie darüber nachgedacht: Ändert die Blick zählt eigene geographische Herkunft den Blick auf den Menschen gegenüber? Schreibt eine Deutsche in Luxemburg anders als ihre einheimischen Kollegen? Falls ja, hat sich durch meine Einbürgerung 2009 wie- derum etwas geändert? Am besten fange ich mit zwei Erinne- rungen an meine Anfangsjahre an. Die eine betrifft eben jenen längeren Beitrag in der Wochenzeitung D’Lëtzebuerger Land über die Zollreform und den genervten Sieger. Denn der Artikel hat eine interes- sante Vorgeschichte. Über vierzig Minuten wartete ich damals als junge Journalistin, noch recht neu im Land, auf das Interview, das ich erst nach hartnäckigem Nachfra- gen gewährt bekommen hatte. Es sollte mein erstes Zusammentreffen mit Jean- Claude Juncker sein. Letztendlich durfte ich ins Büro eintre- ten, sah einen Mann in den Vierzigern auf und ab gehen, sagte „Bonjour“ und war- tete. Er hielt nicht inne. Stumm setzte ich mich. Da fragte er mich über dem Gehen: „Welche Frage haben Sie denn?“ Ich stellte meine erste Frage. Er: „Was für eine dumme Frage.“ Ich: „Herr Minister, wenn Ihre Antwort darauf auch dumm ausfällt, können wir das Interview gleich bleiben lassen.“ Daraufhin blieb Herr Juncker mit- ten im Raum stehen, drehte sich zu mir und sagte: „Sie sind nicht von hier.“ Ich: „Nein, aus Bayern.“ Das Interview fand dann im besten Einvernehmen statt. Was lehrt die Geschichte? Dass ein Journalist sich nicht gleich den Schneid abkaufen lassen darf. Die Tatsache, dass ich aus einem anderen Land stammte, war nebensächlich bei die- sem Wortduell. In der Hauptsache ging es darum, dieses nur unwillig gewährte Inter- view führen zu dürfen. Die Tatsache, einen deutschen Pass zu besitzen, hat mich nie bei der Arbeit gestört. Fragen habe ich mir keine gestellt, auch sonst niemand. In einem Land mit so „Die Schlacht ist geschlagen, der Sieger genervt.“ So begann am hoher Einwanderungsquote ist mein Fall ja 20. November 1992 mein Artikel über die Zollreform, für deren auch nichts Besonderes. Dass ich eine Jour- Umsetzung der damalige Finanzminister Jean-Claude Juncker nalistin mit Zuwanderungsgeschichte bin, über Monate mühsam in Koalition und Parlament kämpfen musste. hat mich von Anfang an zudem nicht davon abgehalten, über wichtige Luxemburger Ich hatte darüber ein Interview mit Herrn Juncker geführt. Das ist mein Themen wie Arbeitslosigkeit, Wahlen, Lan- Job. Seit über zwanzig Jahren berichte ich als Journalistin in Luxemburg desplanung, Schule und Steuerpolitik zu über Menschen, Ereignisse, Politik,gesellschaftliche Entwicklungen. berichten oder Debatten im Parlament zu kommentieren. Den Lesern ist es sowieso egal, wer schreibt, sie interessiert zu Recht, Oben: Der erste Presseausweis in Deutschland hat für die Journalistin was ich wie schreibe. Beim Journalismus heute Souvenircharakter. geht es um die Kunst des Beobachtens,

52 Verstehens und geschickten Verpackens in Wort und Bild. Rückblickend fällt mir aus meiner Zeit als Ausländerin nur ein einziger Nachteil auf: Es kommt in diesem Beruf sehr stark auf Beziehungen, Seilschaften und Kontakte an. Da stellt sich allen ausländischen Journalis- ten, die nicht in Luxemburg groß geworden sind, das gleiche Problem. Denn sie stehen alle anfangs mit leeren Händen da. Man ist eben mit keinem in der Schule gewesen, bei den Messdienern oder bei den Pfadfindern, niemand kennt die Eltern, man ist ein unbe- schriebenes Blatt. Da helfen nur Kommuni- kationstalent, Hartnäckigkeit, um an die richtigen Leute heranzukommen für seine Recherchen, und Gewissenhaftigkeit, um sich einen guten Namen zu machen. Dazu gesellt sich in meinem Fall als „Mitbringsel“ aus Deutschland eine sehr solide handwerk-

liche Ausbildung zur Redakteurin, gefolgt © Reiner Fröhlich von einem Kommunikationsstudium. Reportereinsatz in einer Bundeswehrkaserne in Amberg Ende der 1980er: Ich habe mich auch nie als „Deutsche In Deutschland hat Uli Botzler ihren Beruf von der Pike auf gelernt, vom Dienst“ verstanden, als Fachfrau für analog fotografieren und Abzüge entwickeln inklusive. Integrationsfragen. Ich überlasse auch Grenzregionthemen lieber einem Luxembur- Mein Ass im Ärmel war eh der Satz nun einmal nicht so viel Geld und hat übri- ger Kollegen, der seit zehn Jahren jenseits „Ech si kee Preiss, ech sinn e Bayer.“ Damit gens keinen hohen Status. Wie sagte der Mosel lebt, weil er viel mehr aus aktuel- brach ich schnell das Eis, denn mit Bayern Krimi-Lady Agatha Christie es doch einmal len Erfahrungen schöpfen kann als ich nach verbinden so viele Menschen schöne Bilder so schön: „Ich habe Journalisten nie über zwanzig Jahren in der neuen Heimat. von einem gemütlichen München, span- gemocht. Ich habe sie alle in meinen Und nun zum zweiten Erlebnis: Nur ein nenden Fußball und süffigem Bier, dass die Büchern sterben lassen.“ einziges Mal versuchte ein Interviewpartner, erste Hürde bei der Kontaktaufnahme Hoffen wir, dass die Journalisten als – mal wieder beim hartnäckigen Nachhaken schnell gemeistert war. Berufsgattung nicht so leicht aussterben zu einem heiklen Thema – mich mit der Klar sahen mich die Leute in Luxem- werden. Bemerkung aus der Fassung zu bringen, burg als Deutsche, sprach ich doch anfangs Aber die Presse muss aufpassen, dass meine Landsleute hätten seinen Vater ins KZ beruflich nur meine Muttersprache und sie nicht ihre Leser verliert. Wenn man sich gebracht. Ich brach – wofür ich mich nicht übte heimlich die Landessprache. Nach ein Gedanken machen sollte über Printjourna- wirklich schäme – in einen Sturzbach von paar Monaten wurde ich aber so kühn, listen und ihre Herkunft, dann über die Tränen aus, schneuzte in sein eilig mir auch Interviews auf Luxemburgisch zu füh- Tatsache, dass die meisten aus der Mittel- gereichtes blütenweißes Stofftaschentuch ren, was durchwegs besser funktionierte, schicht stammen, dass ohne Studium kaum und setzte ungerührt mein Interview bei der wie ich erwartet hatte. Meine Luxemburger einer mehr in eine Redaktion aufgenom- Frage weiter, bei der er mir ausgewichen Gesprächspartner wussten es zu schätzen, men wird, was zu einseitiger Weltsicht füh- war. Mehr Nazi-Ressentiments bekam ich dass ich mich in die schwierigere Rolle ren kann. Damit geht etwas Wichtiges nie zu spüren, was ich meinem toleranten begab, um es ihnen angenehmer zu verloren: Der Blick auf andere Milieus, Gastgeberland hoch anrechne. machen. Da nahmen sie ein paar Schnitzer andere Welten – im Journalismus gilt wie bei der Aussprache gelassen hin. Ich denke, in der Politik: schlecht wird es, wenn die heute gelte ich eh nur noch als halbe Deut- Handelnden mehr mit ihrer eigenen sche und eben als halbe Luxemburgerin mit Lebenswelt zu tun haben als mit der Wirk- einem drollig gerollten „R“ beim Sprechen. lichkeit der Nation. Zurück zum Thema Migrationshinter- Die besten Geschichten über ein Land grund. Ich bin in meiner Branche, den macht man, wenn man mit staunenden Printmedien, wie gesagt, nicht alleine Augen darauf blickt. Diesen neugierigen damit. Speziell unter den französisch Blick konnte ich mir vielleicht so gut schreibenden Kollegen sind viele Auslän- bewahren, weil ich eben eine alte und eine der, ein Großteil Grenzgänger. Kein einfa- neue Heimat habe, die ich nicht miteinan- cher Stand, denn wer über Land und Leute der vergleiche, sondern Luxemburg in sei- schreiben soll, ohne selbige richtig aus dem ner Einmaligkeit wahrnehme. Ich decke als erlebten Alltag zu kennen, verharrt mitun- Redakteurin beim Wochenmagazin „Télé- ter in einer Sicht- und Denkweise, die der cran“ von Politik, Kultur, Wirtschaft bis von Auslandsreportern ähnelt. Sport eine breite Palette ab. Das macht mir Ich habe dem vorgebeugt, in dem ich enorm Spaß, und ich freue mich als Luxem- mich trotz horrender Mietpreise sofort burgerin Woche für Woche, wie vielfältig mitten in der Hauptstadt angesiedelt habe. unser Land mit seiner gut einer halben Mil- Das hat sich in punkto schnelle Integration lion Einwohner ist. voll ausgezahlt. Finanziell gesehen ist meine Vorliebe für das Leben in dieser wunderbaren Hauptstadt aber ein teures

Guy Hoffmann Guy Vergnügen. Als Journalist verdient man Uli Botzler

53 Protestations, intimidations, procès et censure

L’Allemagne nazie face à la presse luxembourgeoise «Escher Tageblatt» 15 septembre au cours des années 1930 1938

Une Légation allemande très active werde, und er die «neuerleichen Entgleisun- gerichtete Artikel alles übertrifft, was an gen» des Escher Tageblatt sehr bedauere, schamloser Hetze geboten werden kann. Dès 1933, la Légation allemande réa- doch fügte er sofort hinzu, er besitze «keine (...) Ich hatte die berechtigte Hoffnung, git fermement contre des articles à carac- Handhabe», um gegen das Escher Tageblatt dass das Organ der sozialistischen Partei, tère antiallemand et antinazi publiés dans einzuschreiten. Die Freiheiten der luxembur- nach dem Eintritt der beiden sozialistischen plusieurs quotidiens luxembourgeois et gischen Verfassung und das geltende Pres- Minister in die Regierung, sich mehr Reser- plus particulièrement dans le Escher Tage- serecht, die sowohl für die inländische als veauflegen würde als bisher, muß aber lei- blatt. Dans la majorité des cas, l’effet de auch für die ausländische Presse im Grosshe- der feststellen, dass Ton und Haltung des ces interventions reste plutôt limité. L’his- rzogtum Geltung hätten, liessen der Regie- Blattes sich eher verschärft als gemildert torien Emile Krier résume les réactions de rung keine Befugnisse gegen die Presse haben.»2 La diplomatie allemande inter- Joseph Bech aux protestations allemandes: vorzugehen, allein die Gerichte könnten vient également en mars 1938 contre un «Am 19.8.1933 versicherte (Bech) dem Pressedelikte ahnden.»1 article du Luxemburger Wort intitulé «Ein deutschen Gesandten, der Luxemburger Ce sont surtout le Tageblatt et le Opfer der Vergewaltigung» et consacré à Regierung sei sehr viel an guten Bezie­ Luxemburger Wort (d’ailleurs interdits de l’annexion de l’Autriche.3 A chaque fois, hungen zu Deutschland gelegen. Er habe vente en Allemagne nazie dès 1933, res- Joseph Bech s’excuse officiellement auprès auf die deutsche Intervention hin «die pectivement 1936), qui sont dans le colli- du ministre plénipotentiaire allemand et Zeitungsredaktion ermahnt, sich ihrer mateur de la Légation allemande. Au début demande - avec un succès plus que mitigé Verant­wortung bewusst zu sein und sich de l’année 1938, le ministre plénipoten- - aux deux journaux de mesurer désormais Rechen­schaft zu geben über den Widerhall tiaire Otto von Radowitz proteste énergi- leurs propos à l’égard de l’Allemagne.4 En ihrer Äusserungen und deren Rückwirkun- quement auprès du ministre des Affaires 1939, la Légation allemande intervient gen aus die Interessen des Landes.» étrangères Joseph Bech, suite à plusieurs régulièrement (et sans succès durable) Er habe die Redak­teure ferner darauf textes très critiques à l’égard de l’Allemagne auprès du gouvernement contre les articles aufmerksam gemacht, dass die grosse Frei- dans la presse luxembourgeoise. A propos de Jean-Baptiste Esch, publiés dans les heit und Unabhängig­keit deren sich die d’une série d’articles publiés dans le Tage- rubriques ‘Internationale Lage’ et ‘Briefe luxemburgische Presse erfreuen, «ihr (der blatt sous le titre «Die Meister der Lüge aus Brüssel’ du quotidien catholique.5 Presse) die Verpflich­tung auferlegt, sich aller von Gagliostro bis Goebbels», le ministre A plusieurs reprises, des protestations Uebertreibungen, namentlich auch aller plénipotentiaire allemand écrit: «Ich glaube de la Légation allemande entraînent toute- Beleidigungen, zu enthalten, die dem Lande nicht weiter ausführen zu brauchen, dass fois des suites judiciaires. A chaque fois, il Schaden bringen könnten». Dem Gesandten dieser in der Hauptsache gegen den s’agit d’une prétendue offense envers la versicherte Bech, dass er sich bei jeder Gele- Reichsminister Dr. Goebbels, daneben aber personne d’un chef d’Etat. L’article 5 de la genheit für diese Grundsätze einsetzen auch gegen den Führer und Reichskanzler loi du 20 juillet 1869 prévoit en effet une

54 amende de 100 francs à 2000 francs et un deutsche Volk und belügst die Welt. Die Tat- L’affaire Cabrol: emprisonnement d’un mois à un an pour sachen sind anders als Du es am Radio sagst, Une caricature qui fâche quiconque «se sera rendu coupable d’of- Du brichst Verträge. Du willst die Welt gott- fensive envers la personne des souverains los machen. Du bist der Bruder Stalins, nur Le 15 septembre 1938, le Tageblatt ou chefs de Gouvernement étrangers, ou noch viel verschlagener. Du beweisest es ja publie en plein milieu de la 5e page, une aura méchamment attaqué leur autorité.»6 damit, dass du die Kirchen wohl nicht caricature d’une taille importante d’Adolf Une première affaire remonte à 1935, abbrennen aber leer machen willst. Du ver- Hitler.10 Il s’agit en fait d’un dessin qui avait lorsque Hubert Clément est inculpé à cause nichtest das Volk, das Du angibst zu lieben. déjà été publié plusieurs fois dans diverses d’un article datant de janvier de la même Du hast Dir den Stempel der Lüge mit all publications françaises, belges et suisses. année, consacré aux «moralwidrigen Zus- Deinen Reden, die nicht im Einklang stehen L’auteur de la caricature est le dessinateur tände» dans la HJ et le BDM, qui aux yeux mit deinen Taten, selbst auf die Stirne Raoul Cabrol (1895-1956), qui est à cette de la Légation allemande contenait «schwere gedrückt.»8 Le Parquet estime que l’«article époque une des signatures les plus presti- Beleidigungen des Führers und Reichs- paraissant dans le journal Ardenner Zeitung gieuses dans le monde du dessin de presse kanzlers.»7 Suite à une protestation orale de n’est pas appelé à faire beaucoup de bruit, français. Entre 1924 et 1939, il est le dessi- la légation auprès du gouvernement luxem- surtout qu’il ne dépasse guère le cercle de nateur politique attitré du quotidien com- bourgeois, celui-ci assigne le Parquet de lan- ses abonnés, qui doit être très restreint» et muniste français L’Humanité, mais il n’est cer des poursuites contre le directeur du propose de «passer sous silence l’inconve- pas un militant inconditionnel et exclusif journal, le député Hubert Clément. Le pro- nance commise par l’auteur de l’article incri- du parti. Tout en défendant des idéaux de cès est finalement ajourné siné die. En 1938, miné, sans la considérer comme offensante à gauche, Cabrol, jaloux de son indépen- l’Ardenner Zeitung, journal conservateur l’égard d’une personne trop haut placée dance, publie également dans de nom- (catholique) du nord du pays, est poursuivi pour être atteinte». Le Procureur Général breuses publications non communistes. Ses par la justice pour avoir publié un article sur d’Etat par contre, ne voit les choses d’un dessins dans des titres aussi prestigieux la «Vergewaltigung Österreichs durch die même oeil. Dans une lettre au ministre de la que le The New York Times, Vanity Fair ou Nationalsozialisten». Le passage incriminé se Justice socialiste René Blum, il souligne «qu’il Life lui valent une notoriété et une recon- lit comme suit: «Adolf Hitler, hörs du’s! Gib faudra poursuivre ce journal comme tous les naissance qui dépassent largement les acht, dass nicht über kurz oder lang Millio- journaux (...) qui par les temps périlleux qui frontières de l’Hexagone. Raoul Cabrol est nen dich so oft verfluchen, wie sie dir heute courent tombent sous le coup de la loi par un antifasciste engagé qui s’en prend régu- Heil zurufen müssen, magst du dich noch so rapport au trouble de l’ordre national et lièrement aux dirigeants fascistes et nazis. abgöttisch feiern lassen, und magst du noch international.»9 Le ministre Blum partage cet Ses dessins, d’une très grande qualité gra- so überzeugt sein von deiner ‘Sendung’. Die avis et par jugement contradictoire du tribu- phique, sont tellement expressifs qu’ils ne Welt glaubt dir nicht mehr, denn Du lügst, nal correctionnel de Diekirch, l’imprimeur du nécessitent pas de légendes. Le dessin Deine Hörigen lügen. Deine Sender lügen, journal l’Ardenner Zeitung» est condamné à publié dans le Tageblatt est une oeuvre Deine Zeitungen lügen. Du belügst das une amende de 500 francs.. particulièrement réussie de Cabrol. Suite à la publication dudit dessin dans l’édition du Tageblatt du 15 septembre 1938, le ministre plénipotentiaire allemand «Escher Tageblatt» 12 novembre 1935 Otto von Radowitz, accrédité au Luxem- bourg depuis décembre 1936, se rend chez le ministre des Affaires étrangères Joseph Bech, pour protester officiellement au nom de l’Allemagne contre la caricature publiée dans le quotidien socialiste. Le diplomate allemand lui fait savoir que le dessin de Cabrol constitue une «Verunglimpfung des Staatsoberhauptes des Deutschen Reiches (die) den Tatbestand völlig (erfüllt), den das Luxemburger Pressegesetz für ein Eingrei- fen der Regierung von Amtswegen (vor- sieht)».11 Le 10 octobre, Radowitz adresse une lettre à Joseph Bech qu’il qualifie d’ail- leurs faussement de «Staatsminister», dans laquelle il réitère ses reproches à l’égard du quotidien d’Esch. Il est intéressant de noter que même si «Escher Tageblatt» 1er mars 1938 Radowitz cite plus particulièrement le des- sin de Cabrol, il s’excite plus généralement contre toute une «série» de caricatures «insultantes» envers le «Führer und Reichs- kanzler» allemand, publiées régulièrement dans le Tageblatt. En effet, depuis le début des années 1930, Albert Simon, le carica- turiste attitré du Tageblatt, qualifié par le journal nazi de Nationalblatt (Trèves) de «Leib- und Magenzeichner»12 de Hubert Clément, s’en prend fréquemment à l’Alle- magne nazie, dénonçant e.a. le danger que cette dernière représente pour l’indépen- dance du pays. Parmi les nombreux dessins

55 Protestations, intimidations, procès et censure

Un retentissement international: wir, allein... Wir können hinwiederum in la profession se mobilise der gleichen Nummer nun feststellen, daß sie von verlogenen Hetzereien gegen L’affaire de la caricature dépasse rapide- Deutschland wimmelt (...) und daß imme- ment les frontières du pays. Ainsi plusieurs rhin erst vier Seiten hinter dieser Erklärung organisations professionnelles françaises et von dem gleichen französischen Hetz- anglaises se solidarisent avec Cabrol et le zeichner eine Karikatur gebracht wird, die Tageblatt. Même le très célèbre magazine allen ‘Eingeweihten’ sagt: Na, wie haben américain Life s’intéresse à l’affaire. Sous le wir den Dreh wieder gemacht.»14 titre Defamation, le magazine écrit: «In the L’attitude prudente de la part des auto- tiny principality of Luxembourg, wedged rités politiques luxembourgeoises face à between Germany and France, a caricature l’Allemagne nazie s’explique e.a. par la of Adolf Hitler drawn by cartoonist Cabrol situation diplomatique du Grand-Duché qui appeared in the newspaper of Hubert Clé- n’est guère reluisante dans les années ment, deputy-mayor of the town of Esch. d’avant-guerre. A un moment où la menace On Hitler’s complaint, Clément was brought d’une guerre pèse lourdement sur l’Europe to trial for ‘knowingly defaming the Head of et où la politique d’expansion pangerma- a friendly State’.»13 En guise de solidarité niste de Hitler devient de plus en plus agres- avec les confrères luxembourgeois, Life sive et menaçante, le statut international du reproduit la caricature de Cabrol. Le reten- Grand-Duché est loin d’être réglé. Aucune tissement de l’affaire au-delà des frontières des grandes puissances européennes n’est du Grand-Duché s’explique donc non seule- prête à garantir, ni la neutralité, ni l’inviola- ment par la notoriété internationale du des- bilité territoriale du Luxembourg. Dans un sinateur et de sa «victime», mais également tel contexte politique international, il n’est par l’attachement de la presse internatio- donc guère surprenant que le gouverne- nale à la liberté de presse, question d’une ment luxembourgeois, craignant de se voir actualité brûlante à cette époque. On sou- reprocher par les Allemands le non-respect ligne que ce «Präzedenzfall» risque de faire de sa neutralité, est extrêmement vigilant tâche d’huile. dans sa politique extérieure. La ligne de L’affaire se termine par un compromis conduite politique prudente du gouverne- «Escher Tageblatt» visant à limiter les dégâts pour le Grand- ment luxembourgeois à l’égard de l’Alle- 30 décembre 1938 Duché qui, du fait de son statut de neutra- magne est déterminée également par des lité, se trouve dans une situation considérations commerciales et écono- diplomatique compliquée et incertaine. miques. A la Chambre des Députés, Blum Après la publication d’une «Erklärung» dans déclare en mai 1938, qu’on ne veut pas consacrés par Simon à l’Allemagne nazie, laquelle la direction du Tageblatt explique «compromettre la bonne marche et la réus- beaucoup contiennent des caricatures de qu’il n’a pas été dans son intention d’injurier site de négociations internationales de toute Hitler, qui ne sont pas nécessairement Hitler, les charges contre Clément sont première importance, en pleine évolution, moins «injurieuses» que celle de Cabrol. abandonnées. La «Erklärung» est le résultat au sujet de la stabilisation définitive de Dans sa représentation du dictateur alle- de négociations secrètes entre le Tageblatt notre statut international et de nos relations mand, Simon a régulièrement recours à un et la Légation allemande. Le texte finale- commerciales extérieures.»15 procédé traditionnel de la caricature, celui ment publié le 30 décembre 1938 est placé de l’analogie animale. Le fait que von plutôt discrètement à la quatrième page. Il Paul Lesch Radowitz ait choisi le dessin de Cabrol, un se singularise ni par sa taille ni par sa mise en caricaturiste de renommée internationale page, de manière qu’il risque facilement de et non ceux de Simon dont la réputation – passer inaperçu. en dépit de la qualité des dessins - n’a 1 Emile Krier, Deutsche Kultur- und Volkstumspolitik von jamais dépassé les frontières du pays, pour Le combat du Tageblatt continue 1933-1940 in Luxemburg, Inaugural-Dissertation zur exiger qu’on fasse un procès au Tageblatt, Erlangung der Doktorwürde, Bonn 1978, p. 525; 2 ANLux: AE 3725, p. 141. Cité dans Serge Hoffmann, suggère que le diplomate spécule à ce Si d’un côté, Hubert Clément accepte «Les relations germano-luxembourgeoises à la veille de moment sur un éventuel retentissement de prendre l’initiative d’un arrangement à la seconde guerre mondiale et leur incidence sur les festivités du Centenaire de 1939», Galerie, 7 (1989), no. international de l’affaire. On peut raison- l’amiable avec les autorités allemandes afin 1, p. 79; nablement supposer que von Radowitz d’éviter que le procès prenne des dimen- 3 ANLux: AE 3725, p. 176; 4 Voir à ce sujet Serge Hoffmann, op. cit., p. 79-80 et vise en effet à utiliser le dessin du Tage- sions incontrôlables et surtout préjudi- Emile Krier, op. cit; blatt pour créer un précédent juridique ciables pour le pays, le Tageblatt ne se 5 Emile Krier, op. cit., p. 526; 6 Cité dans Alphonse Spielman, Liberté d’expression ou international, en matière de dessins poli- laisse pourtant finalement pas trop intimi- censure?, Luxembourg, 1982, p. 144; tiques à caractère anti-nazi. der par l’affaire. Le jour même de la publi- 7 Cité dans Emile Krier, op. cit. p. 529; 8 Ardenner Zeitung, 18 mars 1938; Joseph Bech transmet la protestation cation de la déclaration officielle en 9 Cité dans Alphonse Spielman, op. cit. p. 186; des autorités allemandes au ministre de la relation avec la caricature de Cabrol, le 10 Pour plus d’informations, voir: Paul Lesch, «Cabrol, Hitler und das Escher Tageblatt», in: Robert Krantz, Die Justice socialiste René Blum. Ce dernier est journal socialiste va même jusqu’à illustrer politische Satire gegen das Naziregime. Witz, Spott, Humor und Karikatur in Luxemburg, Editions Kremer- non seulement un camarade de parti de une brève consacrée au tournage du film Muller, Esch-surAlzette, 2010, p. 133-170; Hubert Clément, le directeur du journal The Great Dictator, par un dessin de 11 Politisches Archiv des Auswärtigen Amts (Berlin) (PA), Deutsche Gesandtschaft, Presse ‘Escher Tageblatt». incriminé, mais également un des membres Cabrol!: Charlie Chaplin déguisé en Hitler. Sonderband: Presseprozess des «Escher Tageblatt», A III fondateurs de l’Imprimerie Coopérative qui Ce bras d’honneur à peine déguisé, ne 3a: Lettre du 21 novembre 1938; 12 Carl W. Gilfert, «Blick um uns», Nationalblatt, 13 a acheté le Tageblatt en 1927. Blum trans- passe pas inaperçu. Le Nationalblatt de décembre 1938; met la plainte au Parquet avec la mention Trèves constate que rien n’a vraiment 13 Life, 9 janvier 1939, p. 12; 14 Carl W. Gilfert, «Das ‘Escher Tageblatt’ erklärt...», «à telles fin que de droit». Le Parquet changé dans l’attitude anti-allemande du Nationalblatt, 3 janvier 1939; décide d’entamer des poursuites. Tageblatt: «Hm, hm! Die Botschaft hören 15 Chambre des députés, 18 mai 1938.

56 Les dernières nouvelles du papier Guy Hoffmann Guy

lutôt que de nourrir la toile, avant, on des portraits, des entretiens, des récits de littéraire d’un Murakami «wir liebten uns Pnourrissait une boîte aux lettres. Une voyage eût imposé un langage plus utili- vier oder fünf mal, bis mir buchstäblich feuille de papier, tapée à la machine, glis- taire. Le poème suicidaire ne convenait pas der Saft ausging» et que la littérature sée dans une fente, dont le contenu ressur- aux partenaires sociaux. débute là où finissent les pages culturelles, gissait dans un autre papier – dans une Une pige pour la radio, d’ailleurs la admettons que l’écrit ne soit plus mise en page parmi d’autres comptes-ren- radio est filmée, passe tout de même par privilégié. dus, parfois méconnaissable, reformulé et l’écrit. Et si le geste d’aller acheter le journal Sauf pour la liste des courses. à rebours aussi de ce qu’on aurait voulu en même temps que les croissants, se raré- Avant de savoir lire, nous avions pour dire. La plupart du temps il s’agissait de fie, les formules sont nouvelles, l’adaptation gentils compagnons les essentiels dessins compte rendu de spectacles, d’expo­ dure à avaler. Les premiers bonheurs du jour de Kiraz, (la Parisienne dans Jour de sitions… Rosemarie Kieffer disait: ne faites que sont les vendeurs de journaux, moel- France) de Jacques Faizant (la vieille dame pas de littérature, comme Colette avait dit leux passeurs du chaud du lit aux feuilles de dans Figaro) Max l’explorateur dans le Soir à Georges Simenon, quand il traitait un fait chou, avec lesquels on s’entretient des hor- ou tous les dessins réunis sur le papier vert divers, Il l’aimait trop, il l’a tuée. S’en tenir reurs, des guerres, du temps ou des frasques du Hérisson. donc aux faits. des pipel, tous recyclés? Comme l’ont fait La modification des usages signifie la La danse, plus résolument incarnée les créateurs de magazines cultes Actuel, disparition de 150 journaux aux Usa, 129 que la musique, dont l’interprétation oui, S.L.C. 100idées ou Pif le chien? Le monde journalistes licenciés chez El Paìs, plus près, mais autant, si possible, l’intention choré- n’est-il plus en textes? Voire: La vérification la presse française la Tribune, France-Soir graphique, avait ses codes, des enchaîne- de l’information demeure, si en route nous (100% tablette), la Voix du Nord, disparus ments et des constructions comme des perdons le délire narcissique des scribouil- ou acculés au crowdfunding comme Nice strophes, des durées que les contemporains lards, le bruit du papier imprimé, celui qui Matin, quant à Libération de 250 postes, avaient repris aux sources américaines, à noircit les doigts, le papier qu’on lit et celui 93 seront supprimés, les journalistes au l’Ausdruckstanz et s’étaient fait un plaisir qu’on jette, ce papier reste néanmoins un nombre de 180 vont baisser à 130, mesu- de chambouler, comme l’art plastique s’y extrême ami: res inévitables afin de sauver le journal, employa un cheveu plus tard. On y avait Pour les épluchures des fruits et légu- lequel, tout en ayant lancé une radio, quit- vu, alors qu’il s’agissait d’une très petite mes, pour faire un bateau ou un chapeau, tera ses salles de rédaction du centre pari- articulation, juste avant l’asphyxie, comme pour les fish and chips, pour sécher sien pour s’établir en banlieue. La preuve une leçon d’indépendance. La vie d’une l’intérieur des souliers trempés, pour proté- que les plus prestigieux quotidiens avan- rédaction resta un mystère, à peine a-t-on ger le sol de la peinture, pour isoler du cent vers le muséal? Un film, sur le point capté les visages derrière les signatures et chaud ou du froid. Du réel d’hier à celui de sortir, qui évoque la vie des salles de leur fascination pour le personnel politique. d’aujourd’hui, le collaborateur de la rédaction, le poids du gothique «Les gens A cet exercice rédacteur l’œil se for- gazette, aux cinquante nuances d’aigris, est du Monde». La presse numérique peine à mait, retenait les formes, les déjà-vus, lui aussi polyvalent, un cerveau dans une trouver les nouveaux modèles, c’est un l’histoire des matières. On s’y délectait, il cuve, de l’acidité dans le regard, complai- tournant qui dure et qui a du mal à se réin- faut le dire, comblait ses lacunes, rafraîchiss- sant, sachant rire aux plaisanteries du venter. Peut-être que d’un rire mental sou- ait ses souvenirs, ses opinions, voyait avec bureau, d’un despotisme pédant, arrogant, dainement extériorisé, tel le papier, le infiniment de plaisir comment les classiques méticuleux, n’importe quel méchant que numérique tombera. Qui sait si des stimu- étaient démontés ou repris de vitesse. Le personne ne lit. A force de voir leur joli nom lations transcrâniennes n’infuseront la même plaisir à remonter aux sources pour imprimé, les chroniqueurs (sportifs, paraît-il chaîne d’informations continue par des enjamber, sans trainer, les poncifs fut utilisé les pires) iraient jusqu’à payer pour le voir ondes de courant? Des chercheurs norvé- pour d’autres objets avec des emporte- figurer à côté de leur champion préféré. giens et nobilisés ont bien détecté un GPS ments, peut-être malvenus, mais ne lésinant De Michel Onfray, philosophe, qui biologique. Voyez les dernières nouvelles, sur aucune délicatesse. Si pour la danse un souvent dit vrai «Elle ne l’a pas écrit, elle elles sont sensationnelles! vocabulaire qui dit les choses sans les dire, ne l’a sans doute pas lu» à Sigrid Loeffler, puisait dans le poétique, le descriptif pour critique littéraire, qui évoquait le fastfood Anne Schmitt

57 Eng Lëtzebuerger Journalistekarriär

Datt et kloer ass: Boltze Menn war ni zoustänneg a koum vill an der Stad nung, awer sécher och keng Komple- mäi Frënd. Wéi ech gefrot gouf, iwwer erëm, huet masseg Leit kennegelé- xer. De Schnitterchersjournalissem, hien ze schreiwen, hunn ech d’éischt iert, a well e keng eege Meenung hat, dien hie bis dohi gedriwwen hat mat nee gesot. Wéi de Renato, dien den war hien och sou zimlech iwwerall be- Leit vum Geschäftsverband an anere Artikel wollt hunn, du sot, all anere léift (allerdéngs net bei deenen, déi Poretteclippercher huet sech vu lo géif sécher nach méi béis iwwer de hie besser kannt hunn). Hien huet iw- un e puer Stäck méi héich ofgespillt, Menn schreiwe wéi ech, hunn ech wer Muppen, Kanéinercher a Fräsche an de Menn war méi wéi houfreg, mech erweeche gelooss, wuel well geschriwwen, iwwer nei Geschäfter unzestousse mat Theater- a Musées- ech a mengem onverbesserlechen an aalt Gemaiers, iwwer d’Police an direkteren a Staren a Stärercher aus Optimismus der Meenung sinn, datt d’Pompjeeën, iwwer d’Heeschesäck der Filmbranche. U sengem Schreif- och deen dommsten, nidderträch- an der Foussgängerzon an iwwer stil – souwäit en een hat – huet dat tegsten a béisaartegste Mënsch sou ugestousse Foussgänger op der Stro- allerdéngs näischt geännert, an eng eppes wéi en Häerz kann hunn an e oss, näischt woufir hie seng Fieder ganz Rei senger Artikelen goungen Minimum un Uechtung verdingt… net hierginn hätt, dat allerdings an als oniwwertrefflech Meeschterwier- De Menn hunn ech kennegel- engem Stil, dee jiddereen de Kapp ker an d’Zeitungsgeschicht an, sou éiert, laang ir hie Journalist war. D’Joer rësele gedon huet, dien och nëm- beispillsweis deen iwwer eng Opfé- virum Passage-Examen – dee gouf et men eng klitzekleng Ahnung hat vun irung vum Dürrenmatt senge Physi- deemols nach – koume mer beiene- deem, wat een sou allgemeng Sazbau ker, aus deem dës Sätz zitéiert siefen: en an d’Klass; hie war duerchgefall an nennt. Säi Monni soll eng Kéier gefrot ‘Dörrenmatts (sou stoung den Numm ass fir d’zweet ugetrueden. Dës Kéier hunn, keng Schicht méi brauchen ze packs d’ët, muss hie sech gesot hunn, maachen, wann Artikele vum Menn ze mat alle Mëttel! Hie gouf Klassende- korrigéiere waren. Dem Menn awer legéierten an huet dat ausgenotzt, fir huet dat näischt ausgemaach; hie sech bei dem engen oder anere Proff goung duerch d’Groussgaass, wéi bäizeschmieren; domat huet hie sech wann hien en direkten Nokomme vum natierlech keng Frënn gemaach, awer Marcel Proust wier. ‘Hien dopt sech allgemeng ware se an der Klass ze feig, mat sech selwer’, sot säi Monni. Dat hien ofzewielen. D’Joer drop, wéi mer war net nëmmen eng Ëmschreiwung tëscht Relioun a Morale laïque wie- vum Menn sengem Ego, dee gewal- le konnten, gounge mer op Relioun, teg gewuess war, zënter hien an déi well allgemeng gesot gouf, do krit ee Zeitung duerft schreiwen, mee och méi liicht Punkten. Et war dann och an eng Uspillung op dat, wat soss sou am deem Fach, wou Boltze Menn ëmmer Betrib lass war: Do hunn déi meescht deen Éischte war, obwuel hien, wéi sech nämlech mat ganz anere Saache e sot, weder u Gott géing gleewen, gedopt wéi mat sech selwer. Eleng an nach eppes vun de Pafe géing halen. deem Joer, wou de Menn do ugefaang ‘Duebel Strategie’ huet hien dat spé- huet, goungen dräi Mataarbechter an ider gedeeft, anerer hunn et einfach eng Entzéiungskur wéinst Alkoholpro- ‘Verlugenheet’ genannt. Mat sengem blemer, e véierte wéinst Medikamen- schläimege Wiesen huet hie sech bis temëssbrauch, an en aneren ass un de Première duerchgewuerschtelt, huet Folge vun enger Zyrrhos gestuerwen. den Examen allerdéngs net gepackt Kee gutt Aarbechtsklima, gouf gesot. an ass och do eng zweete Kéier uge- Awer de Menn wousst sech eben un- tratt. Well en och d’Septième duebel zeleeën. Bis en du – nodeems e Ma- gemaach hat, hat hien am Ganzen taarbechter, dee wuel d’Gefor erkannt 3 Joer Retard; spéider huet hien, fir hat an nët wollt am Soff ennegen, säi Curriculum méi glat ausgesinn ze gekënnegt huet –, gebiede gouf, an loosssen, behaapt, hien hätt 3 Joer d’Kultur ze wiesselen. ‘Eise Menn an Journalissem studéiert. A Wierklech- der Kultur, soll säi Monni gesot hunn, keet goung hien direkt no Première dat ass wéi wann s d’ en analphabete- bei eng Zeitung, wou e Monni vun sche Schwéngshiert aus den Abruzzen him als Korrekter geschafft huet (an zum Poopst géings maachen’, eng dee wuel och e gutt Wuert fir hien Bemierkung, déi vläicht politesch net ageluecht hat). Hien huet sech och korrekt war, awer d’Situatioun eine- gläich déi Parteikaart zougeluecht, germoosse richteg erëmginn huet. déi bei d’Zeitung gepasst huet, a vun De Menn awer ass nach emol e Kapp do u goung et biergop fir hien, lues méi grouss ginn an op säi Kulturtroun zwar, awer sécher. Hie war fir Lokales geklomm; hien hat vläicht keng Ah-

58 an der Zeitung) Stärke ist zugleich béisaarteger Kolumn ugefaang, déi zen ënnerstëtzt (och wann dien net seine Schwäche: das Stück. Der Au- hien ënner dem Pseudonym Peeping wousst, wien de Machiavelli war). Du- tor, dessen Werk Biedermann und Butz geschriwwen huet, dat heescht erch si huet de Menn dunn och an der die Brandstifter letztes Jahr zu sehen geschriwwen huet hien net selwer, Partei méi a méi Gewiicht kritt an huet war, versucht sozusagen sprachlich sou domm war hien net; hie wousst gedëlleg säi Wee gemaach, sou wéi der physikalischen Wirklichkeit als schonn, datt seng kromm a bocklech et sengem Charakter entsprach huet, politische Realität gerecht zu werden, Sätz direkt erëm ze erkenne wieren. tëscht Bauchpinselen an Erwiergen. indem er absichtlich verrückt stellt, Also huet hie schreiwe gelooss. Hien E klenge Réckschlag a senger Zei- und fordert so die Zuschauer zur Fra- huet d’Iddië geliwwert – souwäit et tungskarriär gouf et, wie hie laang a ge auf, inwiefern oder welche Mög- dann Iddië waren, meeschtens gouf breet iwwer déi staark Bühnepräsenz lichkeit einfühlsam zu zeigen, wer just denunzéiert – a seng Frëndin (er- vun engem Schauspiller geschriwwen wer ist.’ Bei sou engem Geschreifs staunlech genuch, datt en iwwerhaapt hat, dien deen Owend wéinst Krank- blouf et net aus, datt e Kabarettist eng hat) huet den Text verfaasst. Si heet ausgefall war. De Menn war – sech dem Menn senger ugeholl huet huet fir d’Partei geschafft (déi, déi bei wéi scho méi dacks – guer net an der a regelméisseg gehéireg de Geck d’Zeitung gepasst huet) a war frou, Virstellung gewiescht, iwwer déi hie mat him gemaach huet. Awer dat geleeëntlech deen een oder anere geschriwwen huet. Awer och dat war huet de Menn nëmmen nach méi be- Géigner kënnen esou aus hirer Stopp séier vergiess; souwisou interesséie- kannt a beléift bei de Leit gemaach. eraus ze vermiwwelen, huet och hirem re sech déi wéinegst Lëtzebuerger fir Déi Zäit huet hien och mat senger Frënd seng machiavellistesch Tenden- Theater a Kultur, sou datt dem Menn seng Onwëssenheet op deem Plang och keen Handicap war, wie hie kan- didéiert huet fir an de Gemengerot, an duerno fir an d’Chamber. D’Leit hu sech erënnert un de Boltze Menn als Lokalreporter, wéi hien ëmmer do war op de Versammlungen an derfir gesu- ergt huet, datt si an d’Zeitung kéimen, op d’Fotto mam Buergermeeschter oder och nëmme mam Schäffen, hei- ansdo och mat engem Minister. Iw- werhaapt, sou schéint et, haten d’Leit déi Zäit e Fäbel fir Journalisten, déi an d’Politik wollten, well niewent dem Menn gouf et nach eng hallef Dose Kandidaten vu Press, Radio an Tele- visioun, déi d’Säit wollte wiesselen an déi, grad wéi de Menn, dann och ganz gutt ofgeschnidden hunn, sou datt all- gemeng konnt festgestallt ginn, datt niewent dem Sport, de Journalissem dat bescht Sprangbriet fir an d’Politik war. ‘Do kann een näischt maachen, sot dem Menn säi Monni beim Patt, lo ass Dommheet, Schläimschäisserei a Ruckelzechkeet demokratesch ge- wielt !’ An de Menn sëtzt zefridden an der Chamber, an déi nexte Kéier gëtt e vläicht Minister, vläicht souguer Kulturminister… Souwäit si mer nach net. Awer haut den Owend ass en op engem Iessen zesumme mam Grand- Duc, an dat ass scho ganz, ganz vill fir en Tipp wéi Boltze Menn, deen ëm- merhin de Schmierseefejournalissem ze notze wousst wéi kaum en aneren…

Nico Helminger

59 Die staatliche Pressestelle SIP – Service Information et Presse Guy Hoffmann Guy

Wer als interessierter Bürger nach Informationen über den Service Information et Presse sucht, wird von den Resultaten, die seine Suchmaschine ausspuckt, wohl eher enttäuscht sein. Und doch ist der SIP keineswegs eine nebulöse Untergrund­organisation des Staates, sondern eher omnipräsent. Aber auf der anderen Seite des medialen Spiegels.

Hoher Besuch aus Spanien

60 © 2014 SIP / Nicolas Bouvy Luxemburger Wirtschaftsmission in Südkorea (5. bis 9. Oktober 2014)

Bei Pressefotos zum Beispiel auf Minis- sagen kommunikationsgeilere – neue Apropos Ausland: Die wohl aufwän- terempfängen oder Reisen ins Ausland. Regierung so gerne unters Volk bringt. digsten Missionen des SIP haben immer Wer sich die Mühe macht, seine Zeitung Und andererseits, leider nicht für die etwas mit dem Ausland zu tun. Ob nun der um 90 Grad zu drehen, um die Bildzeilen Öffentlichkeit zugänglich: eine täglich auf- Empfang internationaler Staatsgäste im zu lesen, wird öfters auf den Schriftzug des gefrischte komplette Presserevue, in der Großherzogtum oder Reisen luxemburgi- offiziellen Informationsdienstes der Regie- Journalisten auf einen Blick die lokale und scher Offizieller ins Ausland, ein Staatsbe- rung stoßen. Denn oft sind es nur dessen die internationale Presse (wenn sie denn such oder eine ökonomische Mission – die Fotografen, die in den heiligsten Hallen der von Luxemburg oder über Themen, die Organisation übernimmt immer der SIP. Macht noch knipsen dürfen. Aber auch Luxemburg berühren, berichtet). Wer Vom Flugticket bis zum Interviewtermin, ganz alltägliche Termine werden vom SIP trotzdem in den Genuss der vom SIP über Informationsbroschüren und Kon- abgedeckt, wie Einweihungen oder andere zusammengestellten Informationsflüssetaktvermittlungen: Alles was Luxemburg Ministerbesuche. kommen will, der kann sich die Seite www. im Ausland repräsentiert, geht durch die Aber nicht nur für die Bebilderung der luxembourg.lu ansehen, die ebenfalls von Hände des SIP. So ist er als offizielles Spra- Presseartikel ist der SIP zuständig. Er bietet seinen Leuten erstellt wird. chorgan der Regierenden sicherlich ein fast zudem noch zwei Angebote, die im stressi- Nebenbei gibt der Sip auch noch prak- unverzichtbares Werkzeug für in- und aus- gen Journalistenalltag durchaus nützlich tische Guides zu luxemburgischen Themen- ländische Journalisten geworden. sein können. Einerseits die zahlreichen offi- komplexen heraus, die aber eher als ziellen Communiqués, die zumal die Informationsmaterial für die luxemburgi- bedeutend redseligere – andere würden schen Botschaften im Ausland gedacht sind. Luc Caregari Guy Hoffmann Guy

61 „Zu den Unwissenden gehören auch wir Journalisten. Unser Vorsprung vor den Massen drückt sich bloß darin aus, daß wir halbwegs genau wissen, wie wenig wir wissen.“

Horst Stern (*1922) Deutscher Publizist und Fernsehautor Guy Hoffmann Guy

62 Der Presserat Präsident Roger Infalt

Es hat lange gedauert, bis sich die Grundlagen des luxemburgischen Staats- plaintes“, die sich um Einsprüche kümmert, geschriebene Presse in Luxemburg endlich wesens unterrichten. Es sei angemerkt, eine „Rekurskommission der Kartenkom- unter einem Dachverband organisiert hat. dass diese Kurse bis vor ein paar Jahren mission“, eine Kommission, die sich um die Denn obwohl es seit dem 19. Jahrhundert einen rein fakultativen Charakter besaßen Kurse für Neulinge kümmert, eine ganz hierzulande eine „etablierte“ und regelmä- und auch heute nicht unumstritten sind, besondere für das Vergeben von Medaillen ßig erscheinende lokale Presse gibt, dau- was ihre Ausrichtung und ihren eigentli- am Nationalfeiertag und eine solche, die erte es bis 1979, ehe der Presserat per chen Zweck angeht. Herausgegeben wer- sich um die sogenannte „presse à l’école“ Gesetz eingesetzt wurde. Um genau zu den die begehrten Pressekarten – welche kümmert“. Eine weitere Aufgabe des Pres- sein, feiert der Presserat am 20. Dezember dem Träger nicht nur Zugang zur Presse­ serats ist das Weitergeben des von ihm seinen 35. Geburtstag: An dem Tag wurde tribüne im Parlament, sondern nebenbei erarbeiteten Deontologiekodex‘ an die die „Loi du 20 décembre 1979 relative à la auch noch zu sämtlichen Museen weltweit neuen Journalisten. reconnaissance et à la protection du titre verschaffen – von der so genannten Kar- In diesem Sinne spiegelt der Presserat professionnel de journaliste“ vom Parla- tenkommission. Diese ist paritätisch die – etablierte! – Presse in Luxemburg wie- ment durchgewunken. Also kurz nachdem besetzt mit Vertretern der Verlegerbranche der, lässt aber so manche draußen im Lande die Regierung Thorn-Vouel – die erste und der Journalisten. sehr beliebte Presseerzeugnisse außen vor. ohne konservative Beteiligung seit dem So wie auch der Presserat selbst: Auf Eines sollte man bei all der demonstrierten Zweiten Weltkrieg – abgelöst worden war. jeder Seite befinden sich fünfzehn Vertre- Eintracht unter Journalistenkollegen nicht Gut möglich, dass der fortschrittliche ter der Journalisten (je nach Vertretung vergessen: Auch Zeitungen sind unter finan- Geist, der damals (1974-1979) Luxemburg ihrer jeweiligen Verbände) und fünfzehn ziellem Druck stehende Unternehmen. Und befruchtete, sich auch noch in diesem Vertreter der Verleger (je nach Verlag). je härter die Zeiten für die Printpresse sind, Gesetzestext spiegelte. Denn die sozial- Das Amt des Präsidenten wechselt alle umso härter ist auch die Konkurrenz. liberale Koalition hatte bereits 1976 die zwei Jahre zwischen den beiden Gruppen. staatliche Pressehilfe eingeführt, um ein Neben der „Kartenkommission“ gibt massives Zeitugssterben zu verhindern. es vier weitere: Die „commission des lc Hinzu kommt, dass der Text auch noch vom damaligen CSV-Premier Pierre Wer- Kurse für Anfänger, mit Me Nicolas Decker und Roger Infalt, dem Präsidenten des Presserats ner sowie vom ehemaligen Premier und kurzzeitigem Justizminister, dem Liberalen Gaston Thorn, unterschrieben wurde. Bemerkenswert ist auch, dass es damals weder einen Minister noch einen Staats­ sekretär gab, der für Medienpolitik verant- wortlich gezeichnet hätte. Die Funktionen des Presserats sind vielfältig. Die wichtigste davon – und die, welche in der Öffentlichkeit wohl am meis- ten wahrgenommen wird – ist die Vertei- lung der Pressekarten. Diese gehen an junge Journalisten, die entweder bei einem der hiesigen „Medienhäuser“ angeheuert haben oder, aber in sehr viel kleinerer Zahl, an so genannte Freischaffende. Die Bedin- gungen sind der Nachweis, dass der Antragsteller den Großteil seines Verdiens- tes in den Medien erarbeitet und – neuer- dings – eine zweijährige Stagezeit, in der die „Neulinge“ Kurse belegen müssen,

welche sie über Deontologie und die Hoffmann Guy

63 Die Journalistenverbände

Mit den Journalistenverbänden verhält SJL wohl der einzige transversale Journalis- Präsident. Bis Mitte der siebziger Jahre es sich in Luxemburg ähnlich wie mit dem tenverband im Land – seine Mitglieder fin- gehörten auch fast alle „Berufsjournalis- Presserat: Sie sind ein Spiegelbild der „eta- den sich in vielen der Medien wieder, die ten“ des Landes diesem Verband an. Doch blierten Presse“. Nur dass es in diesem Fall nicht zu den „Mastodonten“ der hiesigen kurz nach dem 50-jährigen Bestehen noch etwas deutlicher wird: Es gibt die Presselandschaft gehören. Übrigens: Es grenzten sich die Journalisten des Saint- zwei „großen“ Verbände, die „Association gibt hierzulande genau 482 stolze Inhaber Paul-Verlags von ihren Kollegen ab. Es luxembourgeoise des journalistes“ (ALJ) einer Pressekarte. folgten jahrelange Grabenkämpfe zwi- und die „Union des Journalistes Luxem- Dies ist übrigens nicht das erste Mal, schen den Häusern, die wohl noch nicht bourgeois“ (UJL) und das kleine „Syndicat dass es unter der „schreibenden Zunft“ zum ganz beigelegt sind. Wie anders könnte des Journalistes Luxembourgeois“ (SJL). Bruch kommt. Luxemburgs erster Journa- man plausibel erklären, dass es nunmehr Während ALJ und UJL Journalisten der listenverband war die ALJ, die sich am drei Verbände gibt? „großen“ Pressehäuser (ALJ und Editpress/ 7. November 1925 konstituierte, mit kei- UJL und Saint-Paul) vertreten, ist die kleine nem Geringeren als Batty Weber als lc Guy Hoffmann Guy

64 „Der Journalismus ist ein Terminhandel, bei dem das Getreide auch in der Idee nicht vorhanden ist, aber effektives Stroh gedroschen wird.“ Guy Hoffmann Guy

„Ein Journalist ist einer, der nachher alles vorher gewusst hat.“

Karl Kraus (1874 - 1936) Österreichischer Schriftsteller, Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker und Dramatiker

65 Ohne Drucker keine Zeitung

Die erste in Luxemburg erschienene Zeitung brachte ab 1707 der aus Metz stam­ mende Drucker und Buchhändler André Chevalier in seiner Druckerei und Buchhand­ lung in der Rue du Curé heraus. Seine Erben führten die Tradition fort und druckten an gleicher Stelle zwischen 1773-1788 das Journal historique et littéraire des Jesuiten de Feller sowie ab 1789 die Mélanges de Littérature et de Politique des aufkläreri­ schen Anwalt, Poeten und Journalisten Courtois. Ab 1791 druckte Chevaliers Schwiegersohn François Perlé die Gazette politique et littéraire de Luxembourg. Die­ ses erste Blatt mit aktuellen Luxemburger Nachrichten erschien ursprünglich zwei Mal, ab 1792 vier Mal wöchentlich. Unweit der Druckerei in der Rue du Curé etablierte sich im Jahr 1818 Jacques Lamort mit seiner Druckerei an der Place d’Armes. Hier entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gleich mehrere Zeitungen für Luxemburg: Von 1821-1826 das Luxemburger Wochenblatt von 1826- 1844 das Journal de la Ville et du Grand- Duché de Luxembourg, wofür als Autor Schrobildgen und als Redakteur der Drucker Jacques Lamort selbst verantwortlich zeich­ neten. 1844 kam die katholische Luxem- burger Zeitung und 1848 der Volksfreund und l’Arlequin hinzu. Der erste Meilenstein zur Emanzipation des Zeitungsdrucks war die Erfindung der Rotationsdruckmaschine durch den Ameri­ kaner Richard March Hoe im Jahr 1846. Rotationsmaschinen funktionieren nach dem Druckprinzip rund auf rund, was bedeutet, dass sowohl die Druckform als auch der Gegendruck zylindrisch sind. Beide Zylinder sind in ständiger gegenläufi­ ger Bewegung und nur durch den Bedruck­ stoff voneinander getrennt. Mit diesen Maschinen, die ständig weiter verbessert

Vic Fischbach wurden, waren Auflagen von 20 000 Exemplaren pro Stunde möglich. Um 1852 übernimmt der Buchhändler Victor Bück den Betrieb an der Place Journal de la Ville et du Grand-Duché de Luxembourg vom 26. Januar 1839. d’Armes, wo zwischen 1844-1868 der Zeitung aus der Druckerei J. Lamort, Place d’Armes (später Imprimerie Beffort) Courrier du Grand-Duché de Luxembourg

Die turbulente Geschichte Luxemburger Zeitungsdrucker

Zu Beginn konnten Zeitungen und Bücher auf der gleichen Presse gedruckt werden. Dies veranlasste die Luxemburger Drucker, zur Auslastung ihrer Betriebe in das Zeitungs­ geschäft einzusteigen. 66 und ab 1871 die sehr erfolgreiche französischsprachige Zeitung L’Indépendance Luxembourgeoise entsteht. Im Jahr 1894 installiert Joseph Beffort, der inzwi­ schen die Druckerei an der Place d’Armes übernommen hatte, eine Maschine, die die Möbel der angrenzenden Häuser zum Wackeln bringt. Die Bewohner beklagen sich, und Beffort muss nach einer polizeilichen Untersuchung eine neue Druckmaschine anschaffen. Ab 1856 kommt die Verordnung des Deutschen Bundes gegen die Missbräuche der Presse in Luxemburg zur Anwendung. Da von nun an Drucker, Buchhändler und Bibliothekare über eine Konzession verfü­ gen mussten, verfügt das Stadtarchiv über zahlreiche administrative Dokumente zur Erteilung der Druckerlizenzen. Die in Luxemburg ansässigen Drucker hatten im 18. und anfangs des 19. Jahrhundert großen Einfluss auf die Luxemburger Zeitungs­ landschaft. Es handelte sich um Geschäftsmänner des konservativ- liberalen Bürgertums, die sich wie Jacques Lamort (1846-1853), Jean-François Schmit-Brück (1843–1848) und Victor Bück (1868- 1869) als Mitglieder des städtischen Gemeinderates politisch engagierten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trennten sich nach der Erfindung des Rotationsdrucks die Wege des Buch- und des Zeitungsdruckes. In der Stadt Luxemburg gab es von nun an unzäh­ lige Zeitungen und Zeitungsdrucker. In vielen Straßen der Luxem­ burger Oberstadt rotierten die Druckerpressen: Die Luxemburger Zeitung wurde von Herausgeber und Drucker Theophil Schroell in der Rue Philippe II und später in der Rue Louvigny gedruckt. Für 1936 ist für diese Zeitung der Rotationsdruck belegt. Frederick Beffort druckte in der Rue Chimay das Luxemburger Anzeige Blatt. In der Grand-Rue entstanden unter Peter Brück die Luxem- burger Freie Presse und das Luxemburger Wort. Im Gebäude des Cercle Littéraire, dem Vorgänger des heutigen Cercle-Gebäudes an der Place d’Armes, produziert der Drucker und Buchhändler M. Behrens (Sohn) die Erstausgabe des Luxemburger Wort (1848) den Patriot, La Quotidienne Luxemburgeoise sowie die Revue. Ende des 19. Jahrhundert kam es dann zu einer neuen Ent­ wicklung im Luxemburger Zeitungsdruck. Die 1886 gegründete Sankt-Paulus-Gesellschaft zur Verbreitung der Luxemburger Presse hatte zum Ziel, sich von den alteingesessenen Druckern und ihren Betrieben unabhängig zu machen. Die 1885 gegründete Sankt Paulus Druckerei befand sich seit 1885 in der damaligen Casinostraße (heute Côte d’Eich). Seit der Publikation der ersten Zeitung im Jahr 1707 hatte sich der Zeitungs- und Buchdruck auf Grund unterschiedlicher Ansprü­ che und Zielsetzungen auseinanderentwickelt. Zeitungen sind ein kurzlebiges Medium, das in großen Auflagen schnell produziert werden muss, während ein Buch sowohl in der Produktion als auch im Gebrauch langlebiger ist. Durch den technischen Fort­ schritt spezialisierte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts der Zei­ tungsdruck zunehmend. Der Rotationsdruck wurde In den 1970er Jahren durch den Offsetdruck ersetzt, der auf der von Alois Senefelder 1796 erfundenen Lithografie basiert. In modernen Produktionsanla­ gen für den Zeitungsdruck wird mit Rollenoffsetmaschinen gedruckt. Dabei strebt die Papierbahn von einer Rolle vertikal nach oben und durchläuft die verschiedenen Druckwerke, in denen die Bahn beidsei­ tig vierfarbig in einem Durchgang bedruckt werden kann. Die Entwicklung der Printmedien bestimmt auch die Zukunft des Druckereigewerbes. Der Blick in die Geschichte zeigt die nachhaltige Vielfaltt der Luxemburger Zeitungslandschaft.

Evamarie Bange

Literatur: - Romain Hilgert: Zeitungen in Luxemburg - Archives de la Ville de Luxembourg: (Luxemburg 2004); Fonds des Journaux Historiques LU JH_ 1-6; - Plaquette commémorative publiée à l’occasion Korrespondenz und Druckerlizenzen: du 100e anniversaire de l’imprimérie de la Cour LU 11 III - IV/2; Victor Buck (Luxembourg 1952);

Vic Fischbach - Evamarie Bange: Alles in einer Hand: - Charles Jourdain: 100 Joër Stankt Paulus Buchhandel, Druckereien und Druckerei 1887-1987 (Luxemburg 1987); Auswahl der in der Stadt Luxemburg zwischen 1859 Papierproduktion in Luxemburg. - http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitungsdruck und 1888 erschienen und gedruckten Zeitungen. In ons stad 103, 2013, 52-54; (Stand 2.12.2014).

67 Wil Lofy l’artiste voyageur

Fils des Terres-Rouges, Wil Lofy est né le 31 janvier 1937 à Esch-sur-Alzette. Dès 1959, il laisse libre cours à sa passion pour l’art et part se former à Florence, Sesto Fiorentino puis à l’Académie des Beaux-Arts de Paris. Rapidement, il affirme son tempérament hors-norme et son talent pour le dessin, la peinture et la sculpture.

68 Guy Hoffmann Guy

Un brin libertaire, faisant fi des écoles Cependant, derrière cet artiste proli- et des tendances de tout poil, Lofy est un fique se cache un grand voyageur, un bour- plasticien qui va marquer le paysage artis- lingueur avide d’aventures et d’embruns, tique luxembourgeois au propre comme au qui durant de nombreuses années a par- figuré. En effet, bon nombre de ses œuvres couru les mers. Un peu boucanier, un peu gouailleuses et pittoresques vont s’égailler flibustier, ce grand marin va accoster au au fil des années dans l’espace public. Chili, trouver là sa Terre promise sans pour Nous lui devons la fameuse fontaine autant délaisser son Luxembourg natal où il Hämmelsmarsch, laquelle du haut de ses possède attaches et atelier. C’est là que 2,80 m marque l’emplacement du séculaire nous avons récemment rencontré cet puits rouge à Luxembourg. A Mondorf, «Hermano de la Costa», un homme d’une c’est sa sémillante Maus Ketty réalisée en fine érudition, certes un peu taiseux mais hommage au poète August Liesch qui toujours aussi anti-conformiste, savoureu- depuis 1986, ravit les passants. À sement «Anar» et terriblement créatif. Grevenmacher, l’émouvant violoniste et En plein cœur du Grund, dans la pitto- chanteur de rue aveugle déambule depuis resque rue Saint-Ulric, se niche l’antre de 1991 alors que sur l’esplanade de Remich, Lofy. Dès le portail franchi, nous sommes un truculent Bacchus chevauchant son saisis par la beauté du lieu. Le bâtiment fut tonneau (1999) nous rappelle la suavité au temps de l’Impératrice Marie-Thérèse, des vins de Moselle. Citons encore sans le premier hôtel intra-muros de Luxem­ être exhaustifs, La laitière d’Ettelbruck ou bourg. Nous plongeons alors dans l’histoire bien encore à Mamer, le monument à la de la ville. La porte cochère, les pavés de la mémoire de Josy Barthel et Nicolas Frantz, cour qui vrillent les chevilles, les bords de les deux illustres sportifs luxembourgeois. l’Alzette, les dépendances que l’artiste a

69 Guy Hoffmann Guy

investies, tout fleure bon le XVIIIème siècle. table Araignée, un fauteuil main, un Spa nymphe et épouse du Comte Sigefroid est Et quelle n’est pas notre surprise en décou- aux opulentes formes féminines. Et sou- totalement sublimée et érotisée dans les vrant au cœur du jardin intérieur, une sorte dain, dans un encadrement de fenêtre, dessins de Lofy aux allures de précieuses d’Eden à la Lofy. Moult sculptures en bois, nous apercevons le modèle en plâtre d’un enluminures. Là encore diverses influences pierre ou acier comme autant d’odes à la imprudent Narcisse, sculpture monumen- se côtoient et parfois ce travail nous sensualité féminine rehaussent le charme tale que l’artiste a réalisée sur une com- évoque les fresques Mayas ou un Codex du lieu. Notre regard ne sait où se poser. mande privée. Le bellâtre saisi dans le aztèque. Mais toujours, Lofy pique au vif, Là, nous prenons conscience de la pluridis- mouvement de son mirement, palpite de étrille l’Église, les puissants, s’amuse de ciplinarité du maître des séants. Lorsqu’il vie et d’extase. symboliques acides et fait un pied de nez nous invite à pénétrer dans un de ses ateli- Enfin, dans la demeure de Lofy, nous (ou pire) aux conventions. Nous sommes ers, de subtiles envolées en bois flotté nous découvrons un agréable espace de travail, ébaudis devant la prolixité de l’artiste, accueillent comme autant de divinités éclairé par de nombreuses fenêtres. Un devant sa verve, devant son talent tout dévouées à un culte inconnu. Lofy mêle joyeux capharnaüm y règne. Sur la table à simplement. Indubitablement, Wil Lofy est dans son travail des références à l’art dessin et aux cimaises, les nouveaux tra- une grande figure de l’art luxembourgeois amérindien, précolombien, au panthéon vaux de l’artiste s’imposent à nous. Il s’agit et un homme unique, décalé, qui s’est créé hindouiste. Une symbiose jubilatoire qui d’une série d’illustrations qui revisite avec l’existence dont il rêvait en toute liberté. donne naissance à un foisonnant bestiaire. toute la puissance décapante de l’ima­ Sur une étagère traînent des os de ginaire Lofyien la légende de Mélusine. baleine, étonnant matériau qu’il sculpte L’ondine de l’Alzette occupe les pensées de avec aisance dans le respect des Arts pre- Lofy depuis des lustres. En Mélusine, il voit miers. Nous ne sommes pas au bout de la richesse et l’universalité du mythe. Fée nos surprises quand Lofy nous entraîne et femme, humaine et serpente, chrétienne dans une autre de ses réserves emplie de et diabolique, mère et amante, bâtisseuse meubles confectionnés par ses soins : une et destructrice, bénéfique et maléfique, la Nathalie Becker

70 Was bedeuten die Straßennamen der Stadt?

Beckius (Rue Jean-Pierre) Beffort (Rue Anne) Die Rue Jean-Pierre Beckius mündet im Die Rue Anne Beffort mündet auf Kirch- Hugo et nous“ trägt. Anne Beffort verstarb Stadtviertel Cents in die Rue August berg in die Rue Pierre Frieden. Sie ist der 1966 im Alter von 86 Jahren in Davos. Trémont. Sie ist dem Maler Jean-Pierre großen Humanistin, Pädagogin und Seit 2003 verleiht die Gemeinde Luxem- Beckius gewidmet, der am 4. August 1899 Schriftstellerin Anne Beffort gewidmet, die burg jährlich den „Prix Anne Beffort“ in an in Mertert zur Welt kam. Mit am 4. Juli 1880 als zweites von zehn Kin- Persönlichkeiten oder Projekte, die sich be- (1894-1930) und Jos Sünnen (1894-1967), dern eines Gärtners in Neudorf zur Welt sonders für die Gleichberechtigung von die beide aus Bech-Kleinmacher stammten, kam. Ihre berufliche Karriere begann sie als Mann und Frau einsetzen. gehört Beckius zu unseren großen „Mosel- Grundschullehrerin in Roedgen, wo sie von - http://www.postphilately.lu/webdav/site/portailEPT/groups/ malern“. Von 1919 bis 1926 studierte er 1900 bis 1904 unterrichtete. Dann be- OT_redacteurs/public/timbres/2010/timb_BEFFORT.jpg an der „Ecole nationale supérieure des Beaux- schloss sie zu studieren: an der Universität - Hausemer Georges, Luxemburger Lexikon, Editions Guy Binsfeld, Luxemburg 20061, S. 42 Arts“ in Paris, wo er in engen Kontakt mit Münster und an der Sorbonne widmete sie - http://www.autorenlexikon.lu/ dem Impressionismus kam, eine Kunstrich- ihr Studium - das finanziell durch Zuschüs- page/author/541/5412/DEU/index.html - http://www.cid-femmes.lu/id_article/93Mi tung, die sein Schaffen nachhaltig beein- se des Luxemburger Staates finanziert wur- - http://lb.wikipedia.org/wiki/Anne_Beffort flussen sollte. Die Werke des Jean-Pierre de – der von ihr so geliebten französischen - http://www.onsstad.lu/uploads/media/ Beckius zeigen seine große Liebe zu der Sprache und Literatur. 1909 erhielt sie – ons_stad_92-2009_56-57.pdf Landschaft, in die er geboren wurde und zusammen mit der Germanistin Marie die ihn nie losließ. 1922 wurde der Künst- Speyer – den Doktortitel mit einer Arbeit ler mit dem Prix Grand-Duc Adolphe aus- über Alexandre Sourmet. Zusammen mit gezeichnet. 1924, während eines Besuches Aline Mayrisch-de Saint-Hubert war Anne Béinchen (Beim) in Bissen, erhielt er den Auftrag, den Chor Beffort war auch eine der treibenden Kräfte Der Name „Béinchen“ bezeichnet zuerst der dortigen Pfarrkirche mit vier Szenen hinter der Schaffung des Mädchenlyzae- eine Brücke, die zu Festungszeiten in Pfaf- aus der Bibel auszuschmücken. Diese Fres- ums, wo sie – als erste luxemburgische fenthal von der Eicherpforte zur Siechen- ken stehen heute unter Denkmalschutz. Gymnasiallehrerin – Deutsch, Französisch, pforte führte. Sie wurde gleich nach der Am 11. Dezember 1946 starb Jean-Pierre Mathematik und Geographie unterrichtete. Einnahme der Festung durch die Franzosen Beckius in seinem geliebten Mertert. Es war ihr ein Anliegen, die französische 1684 nach den Plänen Vaubans gebaut, um Sprache und Literatur auch in Luxemburg den Stadtteil Pfaffenthal mit in die Festung - Hausemer Georges, Luxemburger Lexikon, Editions Guy Binsfeld, Luxemburg 20061, S. 41 zu verankern. So half sie1934 die „Société einzubeziehen. Damals war die Brücke - http://lb.wikipedia.org/wiki/Jean-Pierre_Beckius des écrivains luxembourgeois de langue durch zwei hohe Mauern befestigt, die aber - http://www.mnha.public.lu/collections/beaux-arts/ art_luxembourgeois/beckius/ française“ aus der Taufe zu heben, wie sie bei der Schleifung der Festung abgebaut - http://www.journal.lu/article/ auch Mitglied der Alliance Française war. wurden. Heute ist diese Brücke den Fuß- beckius-klopp-und-suennen-technik-freaks/ 1937 übernahm sie den Vorsitz der „Amis gängern vorbehalten. Ihr sonderbarer de la Maison de Victor Hugo“ in Vianden. Name erklärt sich durch die drei kleinen Sie hatte sich in der Tat dafür engagiert, in Bögen, die ihr charakteristisches Bild aus- dem Haus, in dem 1871 der große franzö- machen. Sie hat ihren Namen auch dem sische Schriftsteller Zuflucht gefunden hat- Stadtviertel „Beim Béinchen“ gegeben, das te, ein Museum einzurichten. am 30. Mai 1976 durch eine schwere Ex- Anne Beffort war auch eine politisch muti- plosion zerstört wurde. Benzingase hatten ge Frau: Als sie sich 1941 weigerte, ein Ab- sich in der Kanalisation augebreitet und zu zeichen mit dem Hakenkreuz zu tragen, der Katastrophe geführt, bei der drei Men- wurde sie suspendiert, nahm den Unterricht schen ums Leben kamen und zahlreiche an- aber nach 1945 wieder auf. Sie hat zahlrei- dere verletzt wurden. Nach zehn Jahren Sa- che literaturwissenschaftliche Beiträge in nierungs- und Bauarbeiten entstand „Beim diversen Publikationen veröffentlicht, aber Béinchen“ ein neues und populäres auch eigenständige Werke herausgegeben, Stadtviertel. so zum Beispiel ihre Doktorarbeit „Alex- - http://www.onsstad.lu/uploads/media/ andre Soumet, sa vie et ses oeuvres“, die ons_stad_13-1983_14-15.pdf 1908 in Paris erschien, und ihre zweibändi- - http://lb.wikipedia.org/wiki/Béinchen gen „Souvenirs“ aus dem Jahre 1961, von denen der zweite Band den Titel „Victor Simone Beck Jean-Pierre Beckius (Selbstporträt)

71 Comment01 Grand titre vous raconter la saison?

Sao Paolo Dance Company © Wilian Aguiar copy

DANSE

Trois grands chorégraphes signent le Galván, unis dans le désir de partager leurs El Djoudour premier spectacle “Danse” de la nouvelle univers. (GTL 5 et 6 mars). © Dan Aucante année: Rodrigo Pederneiras, Nacho Duato Boy Blue Entertainment du Barbican et William Forsythe font danser la jeune de Londres ont créé avec «The Five and the «Sao Paolo Dance Company» créée il y a Prophecy of Prana» un univers de hip-hop, six ans seulement. Pendant cette courte manga et arts martiaux, un spectacle que période, grâce à un mélange intelligent de la presse anglaise a accueilli avec enthousi- chorégraphies classiques du grand réper- asme. Le Guardian pense que «injecting toire international avec des créations de manga and martial arts into hiphop proves chorégraphes brésiliens contemporains, la a masterstroke by Boy Blue», tandis que le troupe a su conquérir un public internatio- Evening Standard juge le spectacle «cle- nal. (GTL, 21 et 11 janvier). verly conceived and entertaining». (GTL, Dans un tout autre monde nous convie 20 et 21 mars). Abou Lagraa avec «El Djoudour», une pièce «Waterstains on the wall» est le titre pour 14 danseurs et une chanteuse. En dépit du nouveau spectacle du Cloud Gate du titre «El Djoudour – Racines», le spec- Dance Theatre of Taiwan. Le titre fait réfé- tacle ne se limite pas au regard que Abou rence à des taches d’eau sur un mur, qu’il Lagraa porte sur sa patrie d’origine, l’Algérie. faut voir comme une métaphore pour l’art Il s’ouvre sur le monde, sur la confrontation très sophistiquée de la calligraphie. Le cho- Cloud Gate entre l’Europe et le Maghreb, entre hommes régraphe Lin Hwai-min – élu par le maga- © Thomas Ammerpohl et femmes. (GTL, 30 et 31 janvier). zine Dance Europe – comme un des plus Après le (trop) bref passage d’Antonio grands chorégraphes du XXe siècle – réussit Ruz et de Juan Kurz Dias de Garaio Esnaola à nous plonger dans un univers fascinant qui présentent un spectacle commun de fluidité, tant dans l’espace que dans la «Vaivén» le samedi 7 février au GTL, le lumière. (GTL 27 et 28 mars). public luxembourgeois aura le plaisir de Deux grands noms de la danse afri- (re)découvrir le grand Akram Khan, désor- caine clôturent le programme printanier de mais un habitué du Grand Théâtre. Comme danse au Grand-Théâtre. Pour son nouveau souvent, il partage la scène avec un autre spectacle «At the same time we were poin- artiste, dont la spécificité et la culture pro- ting a finger at you, we realized we were pre sont des compléments importants à pointing three at ourselves», elle travaille la culture d’Akram Khan, né à Londres avec les danseurs de Jant-Bi de Germaine dans une famille originaire du Bangladesh Acogny pour analyser la représentation ou et attiré dès son jeune âge par le kathak plutôt la non-représentation du corps indien. Son partenaire dans «Torobaka» humain en Afrique. (GTL 1er et 2 avril). est le grand danseur de flamenco Israel

72 THÉÂTRE (en langue française)

Les spectateurs cinéphiles se souvien- l’élégance de Grace Kelly, sa fille Caroline Animal(s) dront sans doute du remarquable film de éprise de Teddy qui n’est que beau parleur, © Virginia Castro John Wells «August – Osage County» avec et le père qui ne rêve que de sa retraite en entre autres Meryl Streep et Julia Roberts, Espagne… Aucune grâce pour cette famille basant sur une pièce pour laquelle son qui ne sait éviter sa propre destruction auteur Tracy Letts a reçu le Prix Pulitzer en (Avec Denis Jousselin, Bach-Lan Lê-Bà Thi, 2008. «Un été à Osage County» mis en Anne Levy et Pitt Simon). (TDC, 6, 10 et scène par Dominique Pitoiset nous permet 13 février). de voir sur scène cet univers claustrophobe Jean Boillot du NEST-CDN de Thion- d’une famille réunie autour d’une matriar- ville met en scène Eugène Labiche, ce che méchante et malade. (GTL, 7 et 8 jan- grand maître du vaudeville que de nos vier, en français, surtitré en anglais). jours nous voyons comme pur divertisse- Dans un autre monde, plus public mais ment et qui fut en effet un moyen de tout aussi solitaire, nous plonge Yasmina déjouer la censure, très présente au Second Reza avec sa nouvelle pièce «Comment Empire. «Animal(s)», deux pièces zoolo- vous raconter la partie», dont l’auteure giques en un acte, regroupe «La dame au signe elle-même la mise en scène. Lors petit chien» et «Un mouton à l’entresol». d’un voyage de lecture en province, une (GTL, 18 et 19 mars). auteure couronnée de prix littéraires, mais Né en 1970 en Basse-Galilée, l’auteur, réservée et timide, se laisse entrainer par l’acteur et le metteur en scène Taher Najib un animateur local dans «un no man’s land écrit et travaille tant en hébreu qu’en que constituent ces rencontres sociales soi- palestinien. «A portée de crachat» est sa disant fraternelles et la solitude qui en première pièce qu’il a d’abord écrite en découle» (Y. Reza). (GTL 23 et 24 janvier). hébreu «pour être certains qu’ils compren- Une production luxembourgeoise draient ce que je racontais», puis en arabe. prend la relève de la programmation en Dans cette production des Théâtres de la langue française. La Compagnie du Grand Ville, Sophie Langevin a confié le rôle d’un Boube et les Théâtres de la Ville de Luxem- acteur palestinien, sans cesse confronté à bourg présentent la nouvelle mise en scène l’image que le monde se fait «des Arabes», de Carole Lorang d’un texte de Mani Mul- à Denis Jousselin, avec lequel elle avait déjà ler «La Folle de Grace». Une famille déjan- si brillamment créé «La nuit juste avant les tée, une mère obsédée par la beauté et forêts» de Koltès. (TDC, 23 et 28 avril) IN ENGLISH

Comment vous raconter la partie © Pascal Victor-ArtcomArt “Killer Joe” by the same Tracy Letts who signed “August – Orange County“ tells the story of Chris Smith, a 22-year-old drug dealer, who is in desperate need for money. An easy solution seems to be to kill his mother, since she has a substantial life insurance. But unfortunately for the sole benefit of his sister Dotty…. A universe familiar to the fans of the roman noir and the movies of the Coen brothers, but also to Director Anne Simon, who has already sta- ged a play by Tracy Letts («Bug» in 2009). With Isaac Bush, Elisabet Johannesdottir, Max Thommes, Milton Welsh and others). (TDC, 10, 14 and 15 January, Intro) Hardly any classical myth has inspired more authors over the centuries than “Antigone”, this brave young woman who defies the orders and laws of a king to bury her brother and honour the gods. Sopho- cles’ play will be well served by Juliette Binoche, the acclaimed French actress, and by Ivo van Hove, the director of the Toneelgroep Amsterdam. In a new transla- tion by Anne Carson, “Antigone – after Sophocles” will premiere in Luxembourg before a European Tour and the opening of the Edinburgh Festival 2015. (GTL 25, 27 and 28 February, Intro).

73 THEATER (in deutscher Sprache)

Als Andreas Altmann 2011 «Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißle- ben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ veröffentlichte, eroberte er mit dieser Autobiographie sogleich die Bestsellerlisten und die Kritiker. Der sonst mit Lob eher geizige Spiegel findet das Werk „ehrlich, aufreibend, kraftvoll“. Der Autor setzt sich mit seiner Kindheit bei ungeliebten und nicht liebenden Eltern im streng katholischen Altötting (für ihn nur als Kürzel aussprechbar: AÖ) auseinander, und es gelingt ihm, all das hinter sich zu lassen. Immerhin ist das ganze Leben sei- ner Eltern sch..., für ihn war es nur die Jugend. Oliver Kluck setzt sich mit Alt- manns Text auseinander und widerspricht der These, dass Altmann sich durch das Buch befreit hat. Max Claessen inszeniert Nora König, Nickel Bösenberg und Luc Feit in dieser zweifellos spannenden Produk- tion der „Théâtres de Luxembourg“. (GTL, 13., 16. und 17. Januar). Brandung © Arno Declair Eine herrliche Besetzung für ein wun- derbares Stück: „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechov in der Inszenierung von Im Februar dieses Jahres war „Orphe- explodiert.“ (GTL, 26. Februar, 3. und 26. Thorsten Lensing und Jan Hein, die vor lins“ von Dennis Kelly in einer ergreifen- März, Intro) zwei Jahren eine viel beachtete Fassung den, dichten Inszenierung Marja-Leena Und nun zu unserem festen Termin im von „Onkel Wanja“ im Grand Théâtre Junkers im Théâtre du Centaure zu sehen März: die drei Gastspiele des Deutschen gezeigt haben. Devid Striesow, Ursina (mit Myriam Müller, Jules Werner und Theaters Berlin. Michael Thalheimers Lardi, Joachim Krol, Lars Rudolph, Rik von Mathieu Moro). Nun kommt das Stück in Inszenierung von Ödön von Horvaths Uffelen sind nur ein paar Namen der gro- deutscher Übersetzung ins Grand Théâtre. „Geschichten aus dem Wiener Wald“ ßen deutschen Schauspieler, die den Der große Wilfried Minks inszeniert Uwe eröffnet die Runde. Seine Regiearbeit, die Gestalten des „Kirschgartens“ verkörpern. Bohm, Judith Rosmair und Johann von von der Süddeutschen Zeitung als „große Kurz vor dem Tod Anton Tschechows ent- Bülow in „Waisen“, und es gelingt ihm ein Kunst“ gepriesen wurde, wird von großar- standen, ist das Stück eine Bestandauf- eindrückliches Bild einer Gesellschaft zu tigen jungen Schauspielern getragen, allen nahme der Zeit, die verstreicht, in diesem schaffen, die persönliche Interessen vor voran Katrin Wichmann und Andreas Döh- tiefen, endlosen Russland. (GTL, 28. und das Allgemeinwohl stellt. (GTL, 4. und 5. ler. (GTL, 10. und 11. März, Intro). 29. Januar, Intro) (Am 26. Januar liest Februar, Intro) In „Alltag und Ekstase“ analysiert Devid Striesow im Kasemattentheater). Anton Tschechow kommt zurück, Autorin Rebekka Kricheldorf den „allge- wenn auch nur indirekt: „Schwestern“ ist genwärtigen Selbstoptimierungs­zwang“, Alltag Ekstase ein Musik- und Tanztheaterabend nach der in der heutigen Gesell­schaft allem vor- © Arno Declair Motiven von „Drei Schwestern“. Drei zuherrschen scheint. Besonders lobt die Schauspielerinnen mit Down-Syndrom Kritik die Inszenierung Daniela Löffners, erzählen an Hand von Tschechows Text die „prall und aktionistisch“ (Theater auch ihr eigenes Leben. Wie Olga, Irina Heute) keinen Zuschauer unbetroffen und Mascha müssen sie zu Hause auszie- lässt. (GTL, 12. und 13. März, Intro) hen, aber sie ziehen zusammen in eine Warum nicht auch einmal einen Krimi Wohngemeinschaft, begleitet von ihren auf der Bühne? In „Brandung“ von Maria alten Kinderfrau (Angela Winkler). (GTL, Milisavljevic verschwindet Karla, und ihre 11. und 12. Februar, Intro) Freunde machen sich auf die Suche. Das Johannes Zametzer inszeniert „Requiem Stück ist aber viel mehr als eine spannende für einen Spion“, eine „schwarze Komödie“, Kriminalgeschichte, es erzählt auch von die drei ehemalige Agenten des britischen Freundschaft und Liebe, von Heimat und Secret Service wieder zusammen bringt : Verlust. Christopher Rüping inszeniert Steve Karier, Luc Feit und Josiane Peiffer Natalia Belitski, Benjamin Lille und Barbara spielen die drei Agenten, die nicht nur Heinen in diesem stilistisch meisterhaft beruflich, sondern auch privat miteinander gebauten Stück. (TDC, 14. März, Intro). zu tun hatten. Freuen wir uns auf diesen Abend, der Rolf Michaelis anlässlich der Simone Beck Inszenierung des Stückes durch Tabori selbst 1993 in Wien in der Zeit sagen liess: „Zwei Stunden großes Gelächter – das GTL: Grand Théâtre TDC: Théâtre des Capucins einem im Halse steckenbleibt. Ein trauriger Intro: introduction to the plays at 7.30 pm/ Abgesang aufs Leben – der im Lachen Einführungen zu den Stücken um 19.30)

74 Christiane Grün Les yeux noirs

Voici Max. Il te raconte, pourquoi les yeux noirs de Nuno le mettent Voici Nuno. Il est en colère. Est-ce nouveau dans la une raison pour classe de Max. se bagarrer avec Il adore grimper lui ? Max se pose dans les arbres cette question et s’y cacher. Est- bien trop tard. ce pour échapper Voilà que Nuno aux bagarres avec est rentré au Max ? Portugal !

Voici le papa de Voici la maman Max. Il est parfois de Max. Elle ne injuste envers les sait pas que Max Portugais vivant ne lui dit pas la au Luxembourg. vérité sur Nuno.

Cela l’empêche- Mais elle trouve Les yeux noirs t-il de partir au que l’amitié est Portugal avec sacrée ! Max, à la recherche de Nuno ? Christiane Grün

cover_drock_13-11.indd 1 11/13/14 22:37 Grün, Christiane Maiwald, Armin Harsch, Roland Wagner, Pit Les yeux noirs „Bibliothek der Sachgeschichten“ Raschtauer De Bommeleeër-Prozess Littérature jeunesse 1 DVD (ca 30 min.) Gedichter a Prosa (1. Deel) Fédération Générale Langue: allemand 265 S. 127 S. des Instituteurs Editions Guy Binsfeld, 2014 Editions Mundo Liebre Luxembourgeois, 2014 Seit mehr als vierzig Jahren ver- 120 p. mittelt die „Sendung mit der Sind Lehrer, die ihren Job der De Lëtzebuerger Kënschtler Pit Maus“ Groß und Klein Wissens- Schriftstellerei wegen nicht an Wagner huet säin zeechnerecht Dans son premier livre pour wertes über die Entstehung und den Nagel hängen, am Ende gar Talent dozou benotzt, fir de Bom- enfants, Christiane Grün se met Produktionsweise alltäglicher die besseren Dichter? Nach den meleeër-Prozess viru Geriicht ze dans la peau d’un petit garçon de Gebrauchsgegenstände. beiden Bänden mit Gelhausen- skizzéieren. Well bei den Audienzen 10 ans, pour raconter à son jeune In der DVD-Reihe „Bibliothek der Satiren liegt uns nun bereits die keng Fotoen duerfe gemaach ginn, public l’absurdité de la violence et Sachgeschichten“ sammelt der fünfte Sammlung von gelungenen entstoung op dës Aart a Weis en l’injustice d’une attitude de Autor und Fernsehproduzent Prosaminiaturen und aparter Non- héicht intressant Psychogramm vu dédain envers nos compatriotes Armin Maiwald unterschiedlichste senslyrik des Herrn Roland Harsch „Momentopnahmen“, dat beweist, portugais. Wissensbeiträge der Sendung. vor. Nach dessen Kalendarium für dass Konscht och hautjesdaags – an Max, le narrateur de l’histoire, Unter anderem geht er auf das geplagte Stadt- und Landleut, der Traditioun vun engem Daumier amène ses jeunes lecteurs sur un Thema „Zeitung“ genauer ein. nach „Laub und Nadel“, „PARO- – nach duerchaus kann zäitkritesch périple allant de Faro à Lisbonne, Von der Nachrichtenmeldung DIES- und DAS“ sowie „DUDA – a politesch aktuell sinn. à la recherche du petit garçon aux über die Entstehung des Artikels Kurioses aus dem Rotstiftmilieu“ yeux noirs avec qui il s’est tant und den Aufbau der Zeitung bis legt uns der inzwischen emeri- bagarré en classe. hin zum fertigen Druck und dem tierte Steißtrommler jetzt ein Le récit plein de tendresse est Versand des Printmediums, wer- zumindest ebenbürtiges, wenn richement illustré par Susy Schmit den dem kleinen und großen nicht gar talentierteres Werk vor, et complété d’un lexique propo- Zuschauer alle wichtigen Arbeits- dies zum Großteil in hiesiger sant la traduction en allemand de schritte bei der Entstehung einer Mundart und unter dem doppel- quelque 180 mots du texte. Un CD Zeitung erläutert. Zudem erfährt bödigen Titel „RASCH T AUER“. joint au livre permet aux jeunes der Zuschauer wie eine Zeitung Wem der Sinn nach feinziselierten lecteurs d’écouter l’histoire «Les vor dreiß Jahren und wie sie heut- satirischen Gedichten steht,der yeux noirs» lue par Daniela zutage hergestellt wird. wird ganz sicher seine Freude Valente. L’éditeur propose égale- Die „Sendung mit der Maus“ haben an Roland Harschs subtilen ment un matériel didactique qui gehört noch heute zu den belieb- Reimen, seiner doppelbödigen permet de traiter le livre en classe, testen Kinderfernsehsendungen Komik und seinen lustvollen avec des élèves des cycles 4.1 et 4.2. weltweit und wurde bereits mit Wort- und Sprachspielereien. mehr als hundert nationalen und Kostprobe: internationalen Preisen ausge- „Resignatioun zeichnet. Jo, Chrëscht­ dag­ ass et d‘Schnuddelhong Lo Ouscht’ren ech, Krieps, Rosch seet d’Schof, määä bong.“ Des Kleinstaats Ein subtiles Lesevergnügen in kulturelle Affairen ansonsten tierisch ernsten Zeiten. (1990-2000) 267 S. Editions Schortgen, 2014

Affären, auch kulturelle, gab es im Kleinstaat Luxemburg schon lange, bevor im Jahre 1964 das erste „Kul- turministerium“ gegründet wurde. Jenen von 1879 bis 1990 widmete Rosch Krieps im Jahre 2006 sein Buch „Kultur im Kleinstaat“. Das war eine Cité-Bibliothèque Streitschrift, und nunmehr liegt die Fortsetzung vor, die die Geschichte 3, rue Génistre • L-1623 Luxemburg Heures d’ouverture: bis zum Jahre 2000 weiter schreibt. Tél.: 47 96 27 32 du mardi au vendredi 10 à 19 h Manche Leser werden schmunzeln, e-mail: [email protected] samedi 10 à 18 h andere werden den Kopf schütteln www.bimu.lu Fermée le lundi über all das, was der bienenfleißige Autor zusammengetragen hat.

75 Läckberg, Camilla Steckel, Margret: La faiseuse d’anges Drei Worte hin und her Actes Sud Capybara-Books, 2014 436 p. 272 S.

Avec «La faiseuse d’anges» l’au- Ein Mann, eine Frau und eine Guy Hoffmann Guy teure suédoise Camille Läckberg große Liebe, die nicht sein darf. In nous livre un nouveau roman poli- ihrer unverkennbaren, poetischen cier captivant où le couple Erica und feinfühligen Sprache erzählt Falck et Patrick Hedström mènent Margret Steckel in ihrem neuen Ein Wechsel in der Kontinuität l’enquête à Fjällbacka. Roman voller Empathie eine En 1974 toute une famille, à l’ex- Geschichte von zwei Menschen, Am 20. Dezember 1967 wurde die neu gegründete „Biblio­ ception de la petite Ebba âgée die in ein Dilemma geraten, des- thèque municipale” an der Place du Théâtre eröffnet. d’un an, disparaît sur l’île de Valö sen Ausweg nur im Verzicht beste- Zwei engagierte Damen, Liliane Welter und Lotty Glod, non-loin de Fjällbacka. Le mystère hen kann. Eine Geschichte, wie sie leiteten dieses für damalige Zeiten hauptstädtische de cette disparition n’a jamais pu nicht passieren soll und immer être élucidé. wieder passiert. Und die für dieje- Novum, das ihren Lesern am Anfang einen Bestand von Voilà que, 30 ans plus tard, Ebba nigen, denen sie widerfährt, bei immerhin 5 000 Büchern anbieten konnte. revient sur l’île avec son mari Mel- allem Leid doch auch ein einmali- Als die diplomierte Bibliothekarin Maggy Schlungs am ker pour s’installer dans l’an- ges Geschenk ist. 1. März 1978 die Leitung der Bibliothek übernahm, wur­ cienne maison familiale. La couple „In einem präzisen, sachlichen Stil entame des travaux dans la vieille geschrieben, gelingt der Schrift- den bereits die Kartons gepackt, denn der Umzug ins Cen­ demeure car ils veulent recom- stellerin ein sensibles, intensives tre Hamilius stand unmittelbar bevor. Nachdem die mencer une nouvelle vie après Porträt von zwei Menschen, die Bibliothek im Dezember 1978 ihre Türen in der ersten avoir perdu leur fils unique. sich verloren haben und eine Etage des neu erbauten Centre Hamilius geöffnet hatte, Apparemment tout se passe bien kurze Zeit lang der Illusion hinge- standen den Lesern dort bereits 23 000 Bücher zur Verfü­ jusqu’au jour où Ebba et Melker ben, sich im anderen wiederge- sont victimes d’un incendie cri- funden zu haben. Margret Steckel gung, und das Personal hatte sich verdoppelt. Im Jahr minel. ist ein Roman über ein schwieriges 1986 beantragte Maggy Schlungs ein Jahr unbezahlten Lorsque les policiers, appelés sur Thema gelungen, der berührt, Urlaub, um sich um ihre Söhne zu kümmern, und darauf­ les lieux, commencent leur ohne in falsches Pathos abzurut- hin wurde Marthy Bracke eingestellt. enquête, des éléments de la mys- schen“. (Radio 100,7) térieuse disparition de 1974 Nach und nach wuchsen die Bücher- sowie die Leserzahlen refont surface. Bientôt les enquê- und neue Aufgaben kamen dazu, so dass Marthy Bracke teurs sont persuadés que les deux 1988 eine definitive Einstellung bei der Stadt Luxemburg crimes sont liés. erhielt. Mais que s’est-il passé il y trente Während den 26 gemeinsamen Jahren hat sich die Biblio­ ans et pourquoi certaines per- sonnes se donnent autant de mal thek ständig weiterentwickelt: 1992 wurde das Informa­ pour éviter que la vérité n’éclate tiksystem SIBIL eingeführt (im Jahr 2000 wurde SIBIL durch au grand jour ALEPH ersetzt); 1998 wurde die Bibliothek im Centre Jusqu’à la dernière page l’intrigue Hamilius vergrößert, und 2008 zog sie schließlich in das reste passionnante et le dénoue- ment est vraiment surprenant! neue und überaus leserfreundliche Cité-Gebäude um. Im Oktober 2014 zählt die Bibliothek dreizehn fest ange­ stellte Mitarbeiter sowie Studenten der Uni Luxemburg zur Aushilfe. Sie ist in der Woche 44 Stunden geöffnet und zählt 18 000 eingeschriebene Nutzer. 100 000 Doku­ mente (Bücher, Hörbücher, Zeitungen, Magazine und Filme) können von diesen ausgeliehen werden. Regelmä­ ßig werden sowohl Lesungen für Erwachsene („Mardis lit­ téraires“) als für Kinder (Samstagsanimation mit „Tuffi“) von der Bibliothek organisiert. Nach 37 Dienstjahren tritt Maggy Schlungs am kommen­ den 1. März 2015 in den Ruhestand. Als ihre Nachfolgerin wird Marthy Bracke ab diesem Datum die Leitung der Cité- Bibliothek übernehmen.

76 „Mardis littéraires“: Tom Hillenbrand

Des parents issus de milieu défavorisé nous partagent

Guy Hoffmann Guy leur vision, leurs rêves, et leur espoir toujours présent de «pouvoir vivre en famille», mais aussi les difficultés et les Vor vollbesetztem Saal las Tom Hillenbrand am 13. Novem­ souffrances qu’ils rencontrent. Ils lancent un appel à ber 2014 im Cité Auditorium Auszüge aus seinem vierten développer les chemins d’un dialogue avec la société et Xavier-Kieffer-Krimi „Tödliche Oliven“. Wie bei den drei d’une collaboration réussie avec tous les professionnels Vorgängern muss der luxemburgische Koch Kieffer wieder de l’enfance et de la famille. einige Skandale und einen Mord in der Welt der „Haute Des personnalités engagées pour les droits de l’homme Cuisine“ aufdecken. et quelques professionnels apportent leurs réflexions Nach dem Ausflug zu den korrupten italienischen Olivenöl­ éclairantes. produzenten überraschte Léa Linster die Zuhörer mit einer «Vivre en famille, c’est notre espoir» se veut être un leckeren Madeleine, frisch gebacken mit garantiert echter outil de sensibilisation, de dialogue et de réflexion. Luxemburger Butter. Prix du livre: 15 euros. Mouvement ATD Quart Monde asbl, tél: 43 53 24, fax: 426162, email: [email protected] CCPL: IBAN LU10 1111 0625 9732 0000 Margret Steckel Drei Worte hin und her Mardis littéraires Januar-April 2015 (18:30 Auer) 27. Januar Steven Weinberg: Deux voyageurs pour Breslau 3. Februar Jean-Paul Jacobs: In der Sänfte des Apollofalters Gedichte 17. März Georg-Büchner-Preisträger Jürgen Becker liest aus seinem Werk 24. März Roland Harsch: Rasch(t) Auer 14. April Lambert Schlechter: Guy Hoffmann Guy Nichts kapiert, doch alles notiert Am 2. Dezember las Margret Steckel vor einem begeister­ Lyrik und Prosa (1968-2014) ten Publikum Auszüge aus ihrem neuen Roman „Drei Worte hin und her“.

77 EXPOSITIONS

Quatre décennies Melancholic dislocation de création artistique Martine Feipel & Jean Bechameil Acquisitions de la Ville de Luxembourg, Ratskeller | 13.02.2015 – 08.03.2015 | des années 1970 à 2010 Entrée libre ff À l’occasion du Film Ratskeller | 08.11.2014 – 01.02.2015 | Festival, Martine Feipel et Jean ouvert tous les jours de 11h00 – 19h00 | Bechameil présenteront une installa­ Entrée libre tion spécifiquement créée pour l’es­ pace du Ratskeller. ff En 2015, la Villa Vauban – Musée d’Art de la Ville de Luxembourg a le plaisir de fêter son cinquième anniversaire Luxembourg City Film Festival depuis sa réouverture. À cette occa­ sion, le Cercle Cité et le musée vous Ratskeller | 11.02.2015 – 08.03.2015 | invitent cordialement à venir décou­ Entrée libre vrir, au Ratskeller du Cercle Cité, une ff Le Ratskeller du Cercle Cité sera à nou­ sélection d’œuvres contemporaines de veau le point de rencontre du la vaste collection. Luxembourg City Film Festival 2015. ff Visites guidées par les critiques d’art Christian Mosar et Nathalie Becker Exposition – Salzburg/Luxembourg tous les samedis à 11h00.

Gespréich mam Kënschtler Ratskeller | 14.03.2015 – 15.04.2015 | ouvert tous les jours de 11h00 – 19h00 | Entrée libre Ratskeller | 18:30 | Fräi Entrée ff Exposition de groupe de jeunes artistes ff De CeCiL invitéiert Iech op e Gespréich de Salzbourg et du Luxembourg, mam Christian Mosar an engem organisée en partenariat avec la Kënschtler deen am Kader vun der Landesgalerie Im Traklhaus. aktueller Ausstellung gewise gett. ff 13.01. Dani Neumann ff 20.01. Armand Strainchamps

CeCiL’s Afterwork

Cercle Cité | chaque dernier mercredi du mois | 18h15 | Entrée libre ff Chaque dernier mercredi du mois, CeCiL (Cercle Cité Luxembourg) invite, à partir de 18h15, tous les curieux à un afterwork culturel au cœur de la ville. Le temps d’un apéritif, venez partager un moment convivial et assistez ou prenez part à des créations originales, visuelles et sonores par des artistes luxembourgeois. Cercle Cité | jeden letzten Mittwoch im Monat | 18:15 | freier Eintritt ff Jeden letzten Mittwoch im Monat lädt CeCiL (Cercle Cité Luxembourg) Sie zu einem kul­ turellen Afterwork ab 18:15 Uhr im Herzen der Stadt ein. Lassen Sie sich bei einem Aperitif durch eine gesellige und kulturelle Veranstaltung, von und mit Luxemburger Künstler, in den Feierabend geleiten. Cercle Cité | every last Wednesday of the month | 6.15 pm | free entry ff Every last Wednesday of the month, join us around 6.15 pm at CeCiL’s Afterwork, a pleasant way to have a drink and gather with an urban crowd while discovering or taking part in ever new visual and sound acts by artists.

Trouvez le programme actualisé dans l’agenda sur www.cerclecite.lu

78 CONCERTS

Concert de Nouvel An

Cercle | 03.01.2015 | 20h00 | 20€ / Réduit: 12€€ Réservations: www.luxembourg-ticket.lu ff Le Cercle Cité vous invite au concert de Nouvel An de l’Orchestre de Chambre du Luxembourg sous la direction de David Reiland dans l’illustre salle de fêtes du Cercle au cœur de la capitale.

Concert du Märeler Big Band

Cercle | 03.02.2015 | 20h00 ff Une nouvelle formation, en l’occurrence le “Märeler Big Band” sous la direction de Paul DAHM, proposera un concert au Cercle Cité- ceci en collaboration avec la Douane’s Musek sous la direction de Ernie HAMMES. ff Le programme du “Märeler Big Band” comprendra notamment des œuvres de Count Basie, Maynard Ferguson et Quincy Jones.

Concert ActArt

Cercle | 24.02.2015 | 20h00 | Entrée 10€ / 5€ ff 1ère partie: Songe d’une nuit musicale. Katrin Reifenrath (piano) - Elena Tanase (soprano) - Olivier Dartevelle (clarinette) Voyage et parcours musical dans le monde enchanté du trio soprano, clarinette et piano. Lieder de SPOHR, MAHLER… O. Dartevelle: La forêt des songes (création mondiale) pour soprano, clarinette, piano et percussion ff 2ème partie: En Quintette! Laurence Koch (violon) - François Dopagne (violon) - Ilan Schneider (alto) - Claude Giampellegrini (violoncelle) - Olivier Dartevelle (clarinette). ff W. A. Mozart: Quintette pour clarinette et cordes. O. Dartevelle: Quatuor à cordes n° 1 (création mondiale)

Gala Concert U.S.C.V.L «Letzebuerg am Lidd»

Cercle | 06.03.2015 | 20h00 ff Historesch Evenementer aus der Geschicht vum Lëtzebuerger Land, musekalesch illustréiert mat Chouergesäng aus deeër jeweileger Zäit. ff Direktioun: Nicolas Billaux, Josée Faltz-Wilmes, Joseph Stutz. Um Piano: Michèle Mootz-Lentz. Solist: Paul Feitler. ff Presentatioun: Pierre Puth

Concert Escher Musek

Cercle | 21.03.2015 | 20h00 ff Direction : Alain Guében ff Le programme musical se réfère à des compositeurs internationaux contemporains comme Philip Sparke, Jean-Pierre Haeck...

Cercle Cité [email protected] Place d’Armes – BP 267 Tél.: (+352) 47 96 51 33 www.cerclecite.lu L-2012 LUXEMBOURG Fax: (+352) 47 96 51 41 www.facebook.com/cerclecite

79 La Ville de Luxembourg vous souhaite un joyeux Noël et une bonne et heureuse Année 2015.

E schéine Chrëschtdag an e glécklecht Neit Joer Frohe Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr Auguri per un buon Natale e felice Anno Nuovo Feliz Natal e bom Ano Novo

Merry Christmas and a happy New Year Fischbach Vic