Vegetationsgeschichtliche Untersuchung zur Geschichte des menschlichen Eingriffs in den Haushalt der Natur Ost-, Zentral-Tibets und West-Sichuans, sowie zum Problem der eiszeitlichen Waldrefugien

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

Fakultät Naturwissenschaften Universität Hohenheim

Institut für Botanik

vorgelegt von

Sonja Bettina Adamczyk

aus Esslingen a.N. 2009

II

Dekan: Prof. Dr. Heinz Breer

1. berichtende Person: Prof. Dr. Manfred Küppers

2. berichtende Person: Prof. Dr. Achim Bräuning

Eingereicht am: 25. November 2009

Mündliche Prüfung am: 23. September 2010

Die vorliegende Arbeit wurde am 24. Juni 2010 von der Fakultät Naturwissenschaften der Universität Hohenheim als „Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften“ angenommen.

III Danksagung

Mein ganz besonderer Dank für die Themenübergabe und die während der Arbeiten außerordentlich gute Betreuung gilt Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Burkhard Frenzel, Institut für Botanik der Universität Hohenheim, der leider während der Endphase des Promotionsverfahrens nach Abgabe der Dissertation verstarb. Sehr wertvoll waren unsere vielen Gespräche und Diskussionen, die nicht nur zum Gelingen dieses Vorhabens beigetragen haben. Des Weiteren danke ich für seinen Einsatz zur Ermöglichung der Probendatierung, die für die Interpretation der pollenanalytischen Ergebnisse absolut notwendig waren. Besonderer Dank gilt seinen Bemühungen zur Beschaffung von Drittmitteln, sowie seiner Unterstützung durch Übersetzungen, Informationen und Bereitstellung wichtiger Hinweise aus der internationalen, insbesondere der chinesischen Literatur. Herr Prof. Dr. Manfred Küppers, Institut für Botanik der Universität Hohenheim, hat in der Folge die Betreuungsaufgabe übernommen, um das Promotionsverfahren fortführen zu können. Dafür bin ich ihm außerordentlich dankbar.

Für die Gespräche über dendrochronologische, –ökologische und -klimatologische Ergebnisse des Untersuchungsgebietes, sowie für die Bereitstellung von Herbarmaterial zur Herstellung von Ver- gleichsmaterial, möchte ich besonders Herrn Prof. Dr. Achim Bräuning (heute Institut für Geographie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) danken. Die Bergung des unteren Profilabschnittes „Hai ze Shan“ 1994 ist ihm zu verdanken. Für die Unterstützung bei der Erstellung des digitalen Kartenmaterials bin ich ebenso sehr dankbar. Frau Dipl.-Biol. Christine Roth danke ich für die hilfreichen Hinweise und Informationen, u.a. zur Vegetation und den Oberflächenproben am Nam Co.

Für die Informationen, Gespräche und Materialien zu dem Profil „Miby“ am Qomolangma im östlichen Zentral-Himalaya, welches einen besonderen Beitrag zu dem eigentlichen Untersuchungsmaterial aus Ost- und Zentral-Tibet darstellt, danke ich Herrn Dr. Michael Groß, ehemaliger Mitarbeiter des Instituts für Botanik der Universität Hohenheim. Die Informationen zu diesem Standort konnten wesentlich durch Herrn Dr. Bernhard Dickoré, Albrecht von Haller Institut für Pflanzenwissenschaften, Abt. Vegetationsanalyse und Phyto- diversität, Georg-August-Universität Göttingen, ergänzt werden, vor allem hinsichtlich der heutigen Vegetation und Verbreitung einzelner Taxa. Seine floristischen, geobotanischen und taxonomischen Informationen konnten ebenso entscheidende Interpretationshilfen im Zentrum, Süden und Osten des Tibetischen Plateaus geben. Ich bin Herrn Dr. Bernhard Dickoré dafür außerordentlich dankbar, der mir durch seine Informationen wesentlich zum besseren Verständnis zur Rekonstruktion der Vegetation verhalf.

Frau Dr. Maria Knipping, Institut für Botanik der Universität Hohenheim, bin ich ganz besonders für die Unterstützung bei der pollenanalytischen Ansprache, sowie bei der Pollennachbestimmung dankbar. Wichtige Informationen und Beiträge bei und während der Durchführung der Pollenanalyse sind ihr zu verdanken.

Frau Gaby Eisele, Frau Susanne Liner und Frau Simin Papenfuß, Institut für Botanik der Universität Hohenheim, bin ich für die Durchführung der Acetolysen und Aufbereitung rezenter Proben sehr dankbar. Frau Bärbel Rassow danke ich für die Ausstattung der Mikroskope, sowie dem not- wendigen Zubehör, u.a. auch für die eigens angewandte Mikrofotografie.

Frau Dr. Karin Dambach danke ich besonders für die Unterstützung und Informationen hinsichtlich der Pollenanalysen von Proben tibetischer Herkunft. Durch sie war eine Einführung in die Software Tilia/Tilia graph zur Erstellung der Pollendiagramme möglich.

Herrn Prof. Dr. Georg Miehe, Fachbereich Geographie der Phillips Universität Marburg, danke ich für die gehaltvollen Diskussionen während des Tibet-Workshops im Dezember 2006 in Marburg, die mir bei der Interpretation Ergebnisse aus dem Himalaya weiterhalfen.

Herrn Prof. Dr. Yang Bao, ehemaliger Gastwissenschaftler des Instituts für Geographie, Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, danke ich für die Beschaffung ausgewählter chinesischer Literatur. IV Allen TeilnehmerInnen, die während der Expeditionen mit an der Probenbeschaffung beteiligt waren, die teilweise unter den schwierigsten Bedingungen stattgefunden hat, möchte ich ebenso an dieser Stelle danken, auch wenn diese Arbeiten vor dem hier vorliegenden Vorhaben stattgefunden haben.

Herrn Prof. Dr. Manfred Frechen (LIAG, Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Geochronologie und Isotopenhydrologie, Hannover) danke ich für die 14C-Datierung der nachträglich durchgeführten Proben, die sich noch als notwendig erwiesen hatten. Damit konnten die bereits vorliegenden Altersdatierungen, welche durch Herrn Prof. Dr. Mebus Geyh (LIAG, Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Geochronologie und Isotopenhydrologie, damals GGA-Institut Geochronologie und Isotopenhydrologie, Hannover) ermöglicht wurden, wesentlich ergänzt werden.

Herrn Dr. Hans-Peter Stika (Institut für Botanik, Universität Hohenheim) bin ich für die Hilfe bei der Bestimmung von Makroresten zu Dank verpflichtet.

Für die hilfreichen Diskussionen vor allem in Bezug auf Datierung und Interpretation der Kohleflitter danke ich Herrn Dr. Hans Smettan (Institut für Botanik, Universität Hohenheim). Frau Dipl.-Biol. Michéle Dinies bin ich für den gegenseitigen Austausch während der pollenanalytischen Arbeiten dankbar.

Verschiedene Botanische Gärten und Einrichtungen (Kap. 8.4.), einschließlich der Botanischen Gärten der Universität Hohenheim, vertreten durch die Herren Ingo Hans (ehemaliger Leiter der Botanischen Gärten) und Gärtnermeister Michael Schurer, ermöglichten das Sammeln von Pollen zur Aufbereitung von Vergleichspräparaten. Dafür herzlichen Dank.

Herrn Dr. Frank Schlütz, Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften, Abt. Palynologie und Klimadynamik, Georg-August-Universität Göttingen, danke ich für seine Bereitschaft zum Tausch einiger Pollen-Vergleichspräparate.

Herrn Dr. Eric C. Grimm, Illinois State Museum, U.S.A., bin ich für die stets raschen Hilfestellungen und Problemlösungen während der Anwendung der Pollensoftware-Programme Tilia/Tilia graph/TGView sehr dankbar.

Für die allgemeine Unterstützung des Vorhabens möchte ich mich bei vielen weiteren MitarbeiterInnen und KollegInnen des Instituts für Botanik der Universität Hohenheim bedanken, sowie Herrn Priv.-Doz. Dr. Erich Götz, für einige hilfreiche Hinweise hinsichtlich der botanischen Literatur.

Die vorliegende Arbeit wurde größtenteils durch die Beschaffung von Drittmitteln durch Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Burkhard Frenzel bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Akademie der Wissenschaften Mainz, teils gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Manfred Küppers über das Institut für Botanik der Universität Hohenheim, sowie über die Vergabekommission der Universität Hohenheim durch ein HWP-Wiedereinstiegsstipendium zur Förderung von Wissenschaftlerinnen ermöglicht. Dafür möchte ich mich ganz besonders bedanken.

Zu guter letzt möchte ich allen Freunden, Bekannten und Verwandten danken, die mich stets während des Vorhabens unterstützt und bestärkt haben. Mein Dank gilt im Besonderen auch meinem Lebensgefährten Klaus Lang, der nicht nur durch sein großes Interesse an der Diskussion und Korrektur zur Fertigstellung der Arbeit beigetragen hat. Ganz besonderen Dank gebührt meinen Eltern, ohne deren Unterstützung mein Studium und im Speziellen dieses Vorhaben nicht möglich gewesen wäre. V Vorwort

In den Jahren 1989, 1992 und 1996 wurden von Herrn Prof. Dr. Jürgen Hövermann, damals Geographisches Institut, Universität Göttingen (1989) und Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Burkhard Frenzel, Institut für Botanik der Universität Hohenheim und MitarbeiterInnen Deutsch-Chinesische Expeditionen nach Ost-, Zentral-Tibet und West-Sichuan durchgeführt. Die Erforschung der bisher lückenhaften und kontrovers diskutierten Paläoklimatologie, Paläoökologie und Vegetations- geschichte im Untersuchungsraum stand dabei im Vordergrund. Die Expeditionen wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und der Academia Sinica, sowie der Universität Hohenheim.

Für die Bereitschaft, mir jegliches Informations- und Bildmaterial, das Thema selbst, sowie das dieser Arbeit zu Grunde liegende Untersuchungsmaterial zur Verfügung gestellt zu haben, bin ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Burkhard Frenzel ganz besonders zum Dank verpflichtet. In zahlreichen intensiven Gesprächen und Diskussionen vermittelte er mir im höchsten Maße interessante Eindrücke über die Ökosysteme des Tibetischen Plateaus. Zahlreiche Informationen wurden aus den unveröffentlichten Expeditionsprotokollen der Jahre 1989, 1992 und 1996, sowie aus den Bohrprotokollen und Geländeaufschrieben selbst entnommen. Für die Überlassung dieser Unterlagen bin ich ihm sehr dankbar.

Die zur Verfügung gestellten Materialien konnten durch Herrn Dr. Michael Groß, ehemaliger Mitarbeiter des Instituts für Botanik der Universität Hohenheim, erweitert werden. Der Unter- suchungsraum wurde durch ihn um ein weiteres Profil im Süden Tibets, östlich des Qomolangma- Gebirges, ergänzt. Das Material wurde im Jahr 1989 im Rahmen der „4th Sino-German-Joint- Expedition“ unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Matthias Kuhle (Geographisches Institut der Universität Göttingen) gewonnen.

Das Promotionsvorhaben entwickelte sich erst im späteren Verlauf meiner Anstellung am Institut für Botanik, nachdem die ersten Profile mit Hilfe der DFG-Finanzierung (Kennzeichen DFG: FR 124/24- 1) von 9/2000 bis 8/2002 pollenanalytisch bearbeitet werden konnten. Im Anschluss daran wurde ich vom Institut für Botanik der Universität Hohenheim teilfinanziert, wofür ich Herrn Prof. Dr. Manfred Küppers sehr dankbar bin. Die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz gewährte daran anschließend dankenswerterweise Finanzhilfen, um die Arbeiten fortführen zu können. Nach einer familiär bedingten Pause wurde mir von 5/2006 bis 12/2006 ein Wiedereinstiegsstipendium im Rahmen des Hochschul- und Wissenschaftsprogramms (HWP) der Universität Hohenheim gewährt, ohne das ich diese Arbeit nicht hätte wieder aufnehmen können. Dafür bin ich der Vergabekommission und den erwähnten Einrichtungen besonders dankbar.

VI Inhaltsverzeichnis

Danksagung und Vorwort

1. Einführung ...... 1 1.1. Allgemeine Einführung und Fragestellungen ...... 1 1.2. Die Pollenanalyse und Erkenntnisse des Pollenflugs ...... 4 1.3. Der Untersuchungsraum...... 5 1.4. Die Böden im Untersuchungsraum...... 6 1.5. Die Seen auf dem Tibetischen Plateau...... 8 1.6. Geologie und Stratigraphie ...... 10 1.7. Das heutige Klima – Vergletscherung und Dauerfrost ...... 11 1.8. Paläoklima - Stand der Forschung ...... 15 1.8.1. Das Klima seit dem Miozän...... 15 1.8.1.1. Veränderungen der Seespiegelstände...... 16 1.8.1.2. Die Vergletscherung des Tibetischen Plateaus ...... 18 1.8.2. Letzte Eiszeit...... 19 1.8.3. Spätglazial und Frühes Holozän ...... 22 1.8.4. Mittleres und Spätes Holozän ...... 26 1.9. Die rezente und potentielle natürliche Vegetation...... 33 1.10. Vegetationsgeschichte - Stand der Forschung ...... 41 1.10.1. Letzte Eiszeit...... 41 1.10.2. Spätglazial und Frühes Holozän ...... 43 1.10.3. Mittleres und Spätes Holozän ...... 46 1.11. Möglichkeiten der Lokalisierung letzteiszeitlicher Waldrefugien...... 48 1.11.1. Kenntnisstand...... 50 1.12. Das Problem der Veränderung der Vegetation auf dem Tibetischen Plateau...... 53 1.12.1. Waldverbreitung früher und heute ...... 53 1.13. Kenntnisstand der menschlichen Aktivitäten auf dem Tibetischen Plateau früher und heute ...... 68 1.13.1. Tibet und in historischer Zeit ...... 73 1.14. Einfluss von Großherbivoren und anderen Tieren auf die Vegetation ...... 75 1.15. Standortbedingungen der Profile ...... 78 1.15.1. Yak...... 79 1.15.2. Tsongu...... 81 1.15.3. Hai ze Shan ...... 82 1.15.4. Shih ch’ü...... 85 1.15.5. Chudra und Chudra-Monolith...... 87 1.15.6. Bahsü...... 89 1.15.7. Der See Nam Co ...... 91 1.15.7.1. Das Profil Nam Co...... 93 1.15.7.2. Das Profil Himmelsee ...... 93 1.15.8. Miby...... 94 2. Material und Methoden...... 98 2.1. Die Stratigraphie der Profile ...... 98 2.1.1. Yak...... 98 2.1.2. Tsongu...... 99 2.1.3. Hai ze Shan ...... 100 2.1.4. Shi ch’ü ...... 101 2.1.5. Chudra und Chudra-Monolith...... 102 2.1.6. Bahsü...... 103 2.1.7. Nam Co...... 104 2.1.8. Himmelsee ...... 105 2.1.9. Miby...... 106 VII

2.2. Ermittlung des Polleninflux anhand der bearbeiteten Profil- und Oberflächenproben...... 107 2.3. Aufbereitung für die Pollenanalyse...... 108 2.4. Durchführung der Pollenanalysen...... 109 2.5. Bestimmung der Sporomorphen und „Non-Pollen-Palynomorphen“ (NPP)...... 110 2.6. Makroreste einzelner Proben und Profile...... 111 2.7. Die Altersdatierung nach der 14C-Methode ...... 112 2.8. Auswertung und Darstellung der Ergebnisse...... 115 2.8.1. Erstellung der Pollendiagramme...... 115 2.8.2. Statistische Absicherung der Pollenzonen ...... 117 2.8.3. Interpretation der pollenanalytischen Ergebnisse und nichtsporomorphen Befunde...... 117 2.8.4. Möglichkeiten der Interpretation des Paläoklimas...... 122 2.8.5. Ermittlung des menschlichen Einflusses und seines Weideviehs...... 125 3. Ergebnisse ...... 133 3.1. Unterschiedene Sporomorphe und „Non-Pollen-Palynomorphe“ (NPP) ...... 133 3.2. Ergebnisse der Altersdatierung (14C-Methode)...... 144 3.3. Ergebnisse der Makrorestanalyse...... 148 3.4. Der Polleninflux in Oberflächenproben...... 151 3.5. Pollenanalytische Ergebnisse der einzelnen Profile...... 151 3.5.1. Yak...... 151 3.5.2. Tsongu...... 153 3.5.3. Hai ze Shan ...... 155 3.5.4. Shi ch’ü...... 157 3.5.5. Chudra und Chudra-Monolith...... 159 3.5.6. Bahsü...... 161 3.5.7. Nam Co...... 163 3.5.8. Himmelsee ...... 165 3.5.9. Miby...... 167 4. Diskussion...... 170 4.1. Die Frage nach den letzteiszeitlichen Waldrefugien...... 170 4.2. Die Vegetationsgeschichte und Paläoökologie...... 173 4.2.1. Spätglazial und Frühes Holozän bis Spätes Holozän...... 173 4.2.1.1. Hai ze Shan ...... 173 4.2.1.2. Chudra und Chudra-Monolith...... 178 4.2.1.3. Nam Co...... 181 4.2.1.4. Himmelsee ...... 186 4.2.1.5. Vergleich beider Profile am Nam Co...... 190 4.2.1.6. Miby...... 193 4.2.2. Mittleres bis Spätes Holozän...... 197 4.2.2.1. Shih ch’ü...... 197 4.2.2.2. Bahsü...... 199 4.2.3. Spätes Holozän...... 201 4.2.3.1. Yak...... 201 4.2.3.2. Tsongu...... 204 4.3. Die Klimageschichte im Untersuchungsraum...... 206 4.4. Der Einfluss des Menschen und seines Weideviehs auf die Ökosysteme des Tibetischen Plateaus...... 213 4.5. Wald oder Steppe – Klima oder Mensch? ...... 219 4.6. Eignung der BP/NBP-Anteile zur Beurteilung menschlicher Aktivitäten oder klimatischer Veränderungen ...... 222 4.7. Ein Versuch zur Abschätzung der Intensität des menschlichen Einflusses...... 233

VIII

5. Zusammenfassung...... 239 6. Summary ...... 245 7. Literatur...... 250 8. Anhang...... 273 8.1. Abkürzungen...... 273 8.2. Abbildungsverzeichnis...... 274 8.3. Tabellenverzeichnis ...... 277 8.4. Botanische Gärten und Einrichtungen zur Beschaffung von Vergleichsmaterial...... 278

Pollendiagramme

Beilage 1: Abb. 66 bis Abb. 68 Beilage 2: Abb. 69 bis Abb. 71 Beilage 3: Abb. 72 bis Abb. 75

1. Einführung 1

1. Einführung 1.1. Allgemeine Einführung und Fragestellungen

Jeder Standort ist aufgrund seiner biotischen und abiotischen Faktoren einzigartig: Das Tibetische Plateu (TP) ist von Extremen geprägt; genau diese extremen Faktoren, sowie deren Vielfalt, machen das TP so besonders und faszinierend. Es ist umgeben von Hochgebirgen. Im Süden durch die Gebirgsketten des Himalaya und den vorgelagerten Transhimalaya, getrennt durch den Yarlung Zangbo (Bramaputra); ganz im Westen durch die Karakorum- und Pamir- Gebirge, im NW durch den Kunlun Shan. Im Nordosten bildet es den Rand zum Qaidam Becken (Tsaidam Becken), im Osten hingegen zum Roten Becken, bis es schließlich nach Südosten durch die meridionalen Stromfurchen ausläuft. Die Hochebene Qangtang bildet zum Westen hin das „Herz“ des Plateaus. Zahlreiche Gebirgszüge durchziehen diese besondere geographische Einheit. Das Plateau (Qinghai-Xizang) beherbergt riesige Ökosysteme der besonderen Art und ist charakterisiert durch Extreme. Einst bildete das TP das ursprüngliche Tibet. Nach der Kultur- revolution durch die Chinesische Volksrepublik (VR) stellt Tibet heute nur noch einen Teil, nämlich Xizang, als Autonome Region Tibet der VR China, dar. Das TP setzt sich im Nordwesten aus der chinesischen Provinz Xizang, im Ostsüdosten der Provinz Sichuan, im Südosten einem kleinen Teil der chinesischen Provinz Yunnan der VR China zusammen und streift im Norden und Nordosten die Provinz Gansu.

Das Plateau selbst ist die größte Massenerhebung der Erde (LEHMKUHL ET AL. 1999, WALTER & BRECKLE 1999) und hat maßgeblichen Einfluss auf das globale Klima, u.a. hervorgerufen durch die Hebung des Plateaus mit bedeutenden Folgen auf die Monsun- und andere Windsysteme (AN ZISHENG 2000, CHANG D.H.S. 1983, FLOHN 1987, FONTES ET AL. 1993, FRENZEL & LIU 2001, MURAKAMI 1987, RUDDIMAN & KUTZBACH 1991, s. auch Kap. 1.6.). Nicht nur deswegen ist es umso wichtiger, das Klimageschehen heute und in der Vergangen- heit dort zu verstehen.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist es, einen pollenanalytischen Beitrag zum besseren Verständnis vegetationsgeschichtlicher Aspekte verschiedener Lokalitäten auf dem TP im Hinblick auf menschliche Aktivitäten und Klimaverlauf seit dem Spätglazial und während des Holozäns zu liefern, sowie die mögliche(n) Lage(n) letzteiszeitlicher Waldrefugien zu orten. Insgesamt wurden neun Profile pollenanalytisch untersucht.

Über die erzielten Ergebnisse wurde auszugsweise bereits berichtet: ADAMCZYK (2004, 2007), FRENZEL (2000b, 2002a, 2006b, 2007b), FRENZEL & ADAMCZYK (2004, 2005), FRENZEL ET AL. (2003) und KAISER ET AL. (2008). Dies wird im Text erwähnt werden. Durch die Erkenntnisse der fortlaufenden Arbeiten und der z.T. vorläufigen Darstellungen in den früheren Veröffentlichungen, kann es bei der Darstellung der endgültigen Ergebnisse in dieser Arbeit zu leichten Abweichungen kommen.

1. Einführung 2

Folgende Fragestellungen zur Vegetationsgeschichte und Paläoökologie auf dem TP liegen dieser Arbeit zu Grunde:

 Wie verlief die Vegetationsgeschichte in Ost-, Zentral-Tibet und West-Sichuan seit dem Spätglazial und während des Holozäns?

 Welche Erkenntnisse lassen sich von den pollenanalytischen Ergebnissen für die holozäne und spätglaziale Paläoklimatologie für das Tibetische Plateau ableiten?

 Welche Faktoren sind für die Veränderungen der Vegetation und im Speziellen des Waldlandes seit dem Mittleren Holozän auf dem Tibetischen Plateau verantwortlich?

 Seit wann ist der menschliche Einfluss auf die Vegetation fassbar und wie intensiv ist dieser erfolgt?

 Wo lagen die letzteiszeitlichen Waldrefugien, die die Einwanderung der Baumarten nach der letzten Eiszeit auf das Tibetische Plateau ermöglichten?

Die Darstellung der Namen einzelner Lokalitäten, Flüsse, Seen, Gebirge, Ortschaften und Städte gestaltet sich sehr schwierig. Dies ergibt sich vor allem durch die unterschiedliche Schreibweise aus der tibetischen, mongolischen und chinesischen Sprache und deren unter- schiedliche Transliteration und -kription. Die nachfolgende Aufstellung und Erläuterung soll eine Hilfe sein, für die in der vorliegenden Arbeit benutzten Schreibweisen einzelner Namen. Obwohl versucht wurde, tibetische Namen zu verwenden, wird durch die Verfügbarkeit von Karten viel- fach auf chinesische Namen ausgewichen. Die Schreibweise erfolgte in moderner, chinesischer Umschrift. In unbekannten Fällen wird auf die alte Schreibweise zurückgegriffen, so dass beide Formen im vorliegenden Text verwendet werden. Die Namen der Lokalitäten wurden weit- gehend aus den ONC-Karten (M 1 : 1.000.000) und TPC-Karten (M 1: 500.000) entnommen. Bezeichnungen aus der zitierten Literatur wurden vielfach in englischer Schreibweise über- nommen.

Die Namen der bearbeiteten Profile wurden selbst vergeben und stets mit Geokoordinaten angegeben. Die Reihenfolge der chinesischen Autorennamen erfolgte mit dem Nachnamen beginnend. Der Vorname der chinesischen Autorennamen wurde, wenn bekannt, stets ausge- schrieben.

1. Einführung 3

Tab. 1: Unterschiedliche Schreibweisen der Lokalitäten, Flüsse, Seen, Ortschaften und Städte.

Namen und Andere Umschriften Bemerkung Bezeichnungen und Bezeichnungen (im Text verwendet) Co Tso, Hu, Hai See Caka tibetisch: Salzsee Shan Schan Berg, Gebirge Jiang, He Chu, Qu, Ho Fluss Qangtang Changtang „grassland“ Gongga Shan Minya Gongkar Kangshung Kangschung, Kantschung, Kang- Chüng, Kangxung Rongbuk Rongbude Qomolangma Qomolungma, Qomolongma, Zhumulangma, Mount Everest, Sagarmatha Nyainqêntanghla Shan Nien-ch’ing-tang-ku-la Shan Yarlung Zangbo1) Mazang, Damqog Zangbo, Oberlauf des Bramaputra Yarlung Zangbo Jiang, Yarlung Tsangpo Bramaputra, Brahmaputra Nu Jiang1) Nag Chu, Gyalmo Ngulchu, Salween, Salwin Lancang Jiang1) Za Chu (Qu), Dza-chu, Mekong

Jinsha Jiang1) Dri Chu (Qu), Yangtze, Chang „Goldsandfluss“, „Langer Fluss“ Jiang, Jangtsekiang, Min Jiang Minjiang, Minkiang, Min Chiang Nebenfluss des Jinsha Jiang Yalong Jiang1) Nya Chu (Qu) Wichtigster Nebenfluss des Jinsha Jiang Huang He1) Ma Chu (Qu), Huang Ho Gelber Fluss Qinghai Hu Kokonor, Koko Nor, Tso ngombo „Blauer See“ Maningango Maninango, Ma-ni-kan-ko, Qinluhai, Xin lu hai Nam Co Na-mu-t’so, Tengrinor, Tengri Nor Siling Co Seling Co Bangong Co Banggong Co Qaidam Becken Tsaidam Becken Zoigê Jo-erh-kai Garzê Kan-tzu, Kantse Hongyuan Hung-Yüan Sichuan Sechuan, Sezuan

1) Aufgrund der Länge dieser Flüsse und ihrer geographischen Verbreitung besitzen die Flüsse häufig mehrere Namen in verschiedenen Sprachen und mit verschiedenen Bedeutungen. Die Schreibweisen variieren zudem je nach Transkription und -literation erheblich. 1. Einführung 4

1.2. Die Pollenanalyse und Erkenntnisse des Pollenflugs

Das Vorhandensein von „Pollenfallen“ in der Landschaft (Seen, Moore, etc.) mit guten bis optimalen Erhaltungsbedingungen ist eine ideale Voraussetzung für die Probenentnahme der für die Pollenanalyse geeigneter Profile. Torfprofile und manche Seesedimente (limnische Sedimente) eignen sich im Besonderen wegen ihrer hohen organischen Substanz und ihres Sauerstoffabschlusses zur pollen- analytischen Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte (BRÄUNING 2002), wenngleich die Qualität der pollenanalytischen Ergebnisse erheblich von der Beschaffenheit der Proben- entnahmestellen von Moor- oder Seesedimenten abhängt (FÆGRI & IVERSEN 1975). Erläuterungen zur Methodologie und Geschichte der Pollenanalyse finden sich beispielsweise in ERDTMAN (1943), FÆGRI & IVERSEN (1975) und TAUBER (1965).

Das Pollenflugverhalten und die Reichweite des Pollenflugs sind von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängig, unter denen auch die unterschiedlichen Standortfaktoren eine ent- scheidende Rolle spielen. Das Relief des TP ist hierbei im Hinblick auf großklimatische und auch mikroklimatische Faktoren enorm wichtig. Charakteristisch für das TP sind vor allem die komplexen Systeme der Monsunwinde, neben den lokalen Windverhältnissen, als bedeutende Kräfte für den Pollenflug (vgl. Kap. 1.7.). Durch die saisonalen Windwechsel können nämlich Pollenkörner (PK) unterschiedlicher Herkunftsgebiete als Fernflug auf das TP gelangen (BEUG & MIEHE 1998, BRÄUNING 1999, 2002, COUR ET AL. 1999) und auch bei einer Verstärkung der Windmuster durch eine Zunahme von Fremdpollen und Fernflug diese widerspiegeln (FRENZEL 1994b). Die regenbringenden Monsunwinde spielen sicherlich ebenso eine wichtige Rolle für den Pollenniederschlag. Bei Windstille sinken PK aufgrund der Schwerkraft unterschiedlich schnell zu Boden; werden sie jedoch von Aufwinden und Turbulenzen erfasst, können sie sehr weit transportiert werden. PRENTICE ET AL. (1987) beschreiben u.a. die Variabilität der Flugweiten von PK einzelner Gattungen, die von Null bis weit über 100 km betragen können (s. auch FRENZEL 1969). Zahl- reiche Faktoren beeinflussen die Ergebnisse. Zu berücksichtigen ist schließlich auch der Polleneintrag duch Wasser z.B. durch die Speisung von Seen durch Fließgewässer (s. FÆGRI & IVERSEN 1975, SCHLÜTZ 1999 und Lit. dort).

Die Größe der natürlichen Pollenfallen, wie Moore, Seen, etc., ist ebenso entscheidend für den Pollenniederschlag, vor allem im Hinblick auf Lokalpollen, sowie Pollen aus Fern- und Weitflug (s. auch PRENTICE 1985, PRENTICE ET AL. 1987, TAUBER 1965). Die Quantität des Pollens sinkt in der Regel mit zunehmendem Abstand des Pollenspenders; die Masse lagert sich in seiner unmittelbaren Umgebung ab (FEIL & SCHMID 2001, TAUBER 1965). Zoophile und speziell entomophile Pflanzen schütten im Vergleich zu den anemophilen i.d.R. sehr wenig Pollen aus. Die Bestäubungsarten selbst, ob Autogamie oder Allogamie vorliegt, sind mit entscheidend für die Pollenausschüttung der Pflanze.

Letztendlich tragen aber auch die Landschaftsform, der „Biomtyp“ (z.B. Tundra, Steppe: FRENZEL 1969, 2004), die Form der Pollenquelle (punktförmig oder flächig: FEIL & SCHMID 2001), z.B. im Bestand und in der umgebenden Vegetation (dicht, lückig, vgl. PRENTICE 1985, TAUBER 1965), erheblich zum Pollenniederschlag am Standort bei. Letzteres kann eine gewisse Filterwirkung auf die Pollenfraktion im Niederschlag haben (TAUBER 1965). Die Pollenanalyse in solchen extremen Landschaften muss daher besonders kritisch inter- pretiert werden (s. Kap. 2.8.3.). 1. Einführung 5

1.3. Der Untersuchungsraum

Der Untersuchungsraum der vorliegenden Arbeit erstreckt sich über den Ostteil des TP (O-Tibet und W-Sichuan), die meridionalen Stromfurchen mit den Oberläufen des Jinsha Jiang (Yangtze), Lancang Jiang (Mekong), Nu Jiang (Salween) und reicht bis nach Zentral-Tibet zum Nam Co hin. Der südwestlichste Punkt liegt östlich des Qomolangma-Gebirges (Everest- Gebirge) des östlichen Zentral-Himalaya. Die markanten Tallandschaften des Yarlung Zangbo (Bramaputra) in S-Tibet trennen das Plateau mit den ostwestverlaufenden Gebirgszügen des Gangdise und Nyainqêntanghla Shan sowie des Hengduan-Gebirges von dem ansteigenden Himalaya. Im Text wird der Begriff Himalaya generell als der eines Gebirgssystems verwandt, nicht jedoch für einzelne Gebirge. Die Masse der Profile befindet sich jedoch vor allem in O-Tibet und W-Sichuan. Diese liegen südlich des Huang He (Abb. 1). Das TP selbst setzt sich aus der heutigen Autonomen Region Tibet der VR Chinas (Xizang) und der chinesischen Provinz Qinghai zusammen und schneidet im Norden die Provinz Gansu, im Osten etwa die „Hälfte“ der chinesischen Provinz Sichuan (W-Sichuan) und im Ostsüdosten die chinesische Provinz Yünnan (NWN-Yünnan). In der Literatur wird deshalb häufig der Name Qinghai-Xizang-Plateau verwandt. Die Durchschnittshöhe des TP beträgt etwa 4500 m (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, ZHENG MIANPING 1997). Die mittlere Höhe variiert von etwa 4200 bis 4800 m NN (WALTER & BRECKLE 1999), liegt im Ostteil bei etwa 4400 m und steigt zum Zentrum hin auf etwa 4500 bis 4600 m und schließlich im Westen auf etwa 4700 bis 4800 m NN an (FRENZEL 2007b).

Auf dem TP befinden sich zahlreiche Gebirge: So durchziehen beispielsweise der Hengduan Shan, Nyainqêntanghla Shan, Gangdise Shan, Tangula Shan, etc., mit Höhen zwischen ~ 6000 bis ~ 7200 m NN das Plateau. Am Südrand geht das TP in den Himalaya mit einer mittleren Höhe von etwa 6500 - 7500 m NN über, der mit vielen Gebirgszügen die 8000 m NN-Marke der Grate des Zentral-Himalaya überschreitet, so z.B. der Qomolangma (Mount Everest) mit dem höchsten Gipfel der Welt von 8848 m NN. Der Transhimalaya (Hedingebirge; Gangdise Shan und Nyainqêntanghla Shan) erstreckt sich zwischen dem Himalaya und den Plateaulagen des TP. Dieser Gebirgszug wird im Süden durch die Flusstäler des Yarlung Zangbo (Bramaputra) begrenzt.

1. Einführung 6

Abb. 1: Übersichtskarte der Verteilung der Profile im Untersuchungsraum. Profile: 1 = Yak, 2 = Tsongu, 3 = Hai ze Shan, 4 = Shih ch’ü, 5 = Chudra/Chudra-Monolith, 6 = Bahsü, 7 = Nam Co, 8 = Himmelsee, 9 = Miby.

1.4. Die Böden im Untersuchungsraum

Das TP wird nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) in zehn Bodenzonen, sowie ins- gesamt 29 „Unterzonen“ eingeteilt. Die Profile liegen in den Bereichen: “II: brown earth, brown soil zone of west Sichuan and east Tibet”: “II/2: brown soil, grey-brown soil, cold felty soil zone of northeast part of Hengduan mountain” (Profil “Yak”), “II/4: grey-brown earth, brown soil, cold felty soil zone of north part of Hengduan mountain” (Profile “Hai ze Shan”, “Chudra/Chudra- Monolith” und “Tsongu”) und “II/5: Grey-brown earth brown soil, cold felty soil zone of north part of Hengduan mountain” (Profil “Bahsü”); sowie „III: Cold felty soil zone between Sichuan, Qinghai and Xizang“: “III/2: cold felty soil zone wide valley of Darlag and Yushu plateau“ (Profil “Shih chü”), “VII: Cold calcic soil zone of south Qinghai and north Tibet”: “VII/2: Grey cold calcic soil and cold calcic soil zone of south marginal area of Qangtang plateau” (Profil “Nam Co” und “Himmelsee”). Und schließlich am Rande zu “V: Aga soil, cold calcic soil zone of south Tibet”: “V/1: Grey calcic soil, chestnut soil zone of Huangshui” (Profil “Miby”).

Das SO-TP entspricht nach XI CH.-F. ET AL. (1984, s Lit. in CHEN CUNGEN 1987) der subalpinen Wiesenboden-Zone, ganz im Süden der Gelberde-Roterde-Zone, die gen Westen in die sub- alpine Steppenboden-Zone übergeht. Die Oberläufe der meridionalen Stromfurchen gehören der alpinen Wiesenbodenzone an. Der Großteil des TP liegt in der alpinen Steppenboden-Zone und bildet am nordwestlichsten Rand Bereiche der alpinen Wüstenboden-Zone. Mit den Höhen- stufen verändern sich die Bodentypen. So zeichnen sich beispielsweise im Hengudan Shan bis > ~ 2500 m NN Braunrot- und Roterden ab, die bis ~ 3000 m NN in Braunerden übergehen. Danach folgen bis ~ 3700 - 4000 m NN Dunkelbraun- und Braunerden, sowie Podsole, und schließlich oberhalb (Wald-)Wiesenböden bis zur Nivalstufe.

Auf dem TP, vor allem im Osten, sind an verschiedenen Standorten Braunerden und Para- braunerden auch im heutigen waldfreien Gebiet der Steppen, Wiesen und Matten verbreitet, die auf ehemalige Waldböden hinweisen (FRENZEL 1994b, 2000a, FRENZEL ET AL. 1995, WINKLER 1998). Beispielsweise sind kräftige Bodenentwicklungen im Osten des TP bekannt (Bsp. „Hai ze Shan“, Maningango).

1. Einführung 7

Die Vielzahl an Substraten auf dem TP (Hang- und Kolluvialablagerungen, fluviale und lakustrine Sedimente, Moränen, Lösse, Moore, etc.), sowie an Bodentypen der kühlgemäßigten und kalten Klimate (Kambisole, Luvisole, Tschernoseme, Kastanoseme, Histosole), deuten auf eine hochdifferenzierte, höhenabhängige Fülle von Klima und Vegetation hin (KAISER 2004). Weite Teile des TP sind durch sogenannte Rohhmustorfe („turfs“, „sods“, „mats“) gekenn- zeichnet, also Oberflächenhorizonte reich an organischem Material, die hauptsächlich von den weitverbreiteten Kobresia-Matten gebildet wurden und werden. Der Pedogenese nach handelt es sich um reich organische, rhizogene Oberflächenhorizonte (Afe). Bei zunehmendem Weide- druck können sie in der Steppe zunächst regenerieren, sich weiter stabilisieren, bevor sie über „top-„ und „subsoil-erosion“ völlig degradieren können (KAISER 2004, 2005, KAISER ET AL. 2008, LEHMKUHL 1997, vgl. MIEHE ET AL. 2008a). Menschliche Nutzungen in bergigen und hügeligen Landschaften können unvermeidlich Erosionen auslösen, wie kolluviale Sedimente anzeigen (KAISER ET AL. 2006). Jedoch bleiben die wahren Ursachen der erodierten kolluvialen Sedimente, ob natürlich oder anthropogen, oftmals unklar, u.a. aufgrund mangelnder Kennt- nisse aus anderen Disziplinien, wie beispielsweise aus der Archäologie (KAISER ET AL. 2007).

Die Moore im Untersuchungsraum sind vielfach frostbeeinflusst. Bültenböden (Erdbülten, Thufur) entstehen vornehmlich durch Frosteinwirkung infolge ver- schiedener bodendynamischer Prozesse und einer Volumenzunahme während der Frost- periode an der Bodenoberfläche. Oftmals sind diese auf torfbedeckten Terrassen und Talböden zu finden. Durch Solifluktion entstandene Dämme und Tümpel, die schließlich im Wechsel aus- trocknen und zufrieren können, charakterisieren die typischen Naka-Moore. Diese Hügel- oder Naka-Moore findet man in Tibet oftmals auf Hängen, die von zähen Kobresia-Filzen bedeckt sind. Es gibt verschiedene Vorgänge, die zu solchen Aufwölbungen führen. Auch unter ge- schlossenen Rasendecken sind durch Druck- und Aufquellwirkungen im Zusammenhang von Frosteinwirkung Hügelformen bekannt (Rasenhügel) (DAMM 1993, TROLL 1944, WALTER 1968, Verbreitung s. auch V. WISSMANN 1961). Im Gegensatz zu den Palsen (Torfhügeln) der subarktischen Tundren und Waldtundren außer- halb des Dauerfrostes, doch mit einem Eiskern, die auf eine ungleiche Schneebedeckung der Mooroberfläche unterschiedlicher Wärmeleitung zurückgehen (z.B. Sphagnum-Bulte), besitzen die Erdbültenböden einen mineralischen Kern. An leichtgeneigten Mooroberflächen stellt die Strangmoorbildung eine klimatische Frostbodenform dar (TROLL 1944). Die Profile der vorliegenden Arbeiten entsprechen den Typen Verlandungsmoor („Tsongu“, „Hai ze Shan“, „Bahsü“, „Himmelsee“), Hangmoor (Tundrabultmoor; „Shih ch’ü“) und Quellmoor („Chudra“ und „Chudra-Monolith“), Strangmoor („Miby“). Das Profil „Nam Co“ besteht weit- gehend aus Seesedimenten. Frostbeeinflusst sind die Profile „Yak“, „Bahsü“, „Shih ch’ü“ und „Chudra“ mit „Chudra-Monolith“ (Naka-Moor). Hochmoore, die ombrogen sind und überwiegend aus abgestorbenen Sphagnen gebildet wer- den, fehlen in Hochasien weitgehend. Die zumeist soligenen und topogenen Moore, also vor- wiegend grundwasser- und regenbeeinflusste Moore, in Quellmulden, Staulagen, Senken oder Becken bilden Torfe, die überwiegend aus Sauergräsern der Gattungen Kobresia und Carex gebildet werden. Feinkörnige mineralische Sedimente können Überflutungsereignisse bezeugen (BRÄUNING 2002, TROLL 1944, WALTER & BRECKLE 1999). Die Wasserversorgung kann auch durch den reliefbedingten, begrenzten Einzugsbereich erfol- gen, wie beispielsweise die Niedermoore am Nam Co zeigen (NÖLLING 2006). Die Schmelzwässer aus den Gebirgszügen bilden oftmals vernässte Flächen und Frostschutt- sümpfe. Flachmoore können sich u.a. unter humiden Klimaten bilden (MURAWSKI 1992).

Im Untersuchungsgebiet ist häufig, je nach Standort, mit Solifluktion (im Sinne von Hang- solifluktion nach TROLL 1944; Boden-, Erdfließen), also hangabwärts gerichteten Bewegungen von Schutt- und Bodenmassen zu rechnen, die zum einen aufgrund von stark durchnässten Bodenmassen, vor allem in der Auftauzone, ausgelöst werden oder auch durch Frosthub, durch das „Aufblähen“ wasserdurchnässter Böden beim Gefrieren (FRENZEL 2007b, MURAWSKI 1992, TROLL 1944). Desweiteren muss bei der Solifluktion die Dauer der Gefrornis berücksichtigt werden, d.h. ob es sich um jahreszeitliche, tageszeitliche oder kurzperiodische Solifluktionen handelt. Die Soli- fluktionsgrenze liegt im Untersuchungsraum je nach Standort in unterschiedlichen Höhen. In 1. Einführung 8

Tibet liegt diese etwa zwischen 4000 und 5000 m (TROLL 1944, s. dort auch Lit.), im Unter- suchungsraum bei etwa 4800 m NN, kann jedoch gesteinsbedingt auf 4500 m absinken (FRENZEL 2007b).

1.5. Die Seen auf dem Tibetischen Plateau

In den ariden und semiariden Gebieten Chinas sind zahlreiche Salz- und Brackwasserseen verbreitet. Über die Hälfte der gesamten Seen in China sind Salzseen, die meisten davon liegen in W- und N-China: Tibet, Xinjiang, Qinghai und Innere Mongolei (s. Abb. 2, ZHAO WEN ET AL. 2005, ZHENG MIANPING 1997). Allein in Xizang gibt es etwa 610 Seen mit einer Mindestgröße von 1 km2 (FAN YUN-QI 1983). Die meisten von ihnen sind tektonischen Ursprungs und werden z.T. von den Schmelzwässern der Gletscher gespeist (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, ZHENG MIANPING 1997). Es gibt aber neben der tektonischen Seegenese auch solche, die auf glaziale oder vulkanische Vorgänge zurückzuführen sind (ZHENG MIANPING 1997). Alter und Genese können demnach stark variieren. Salzseen findet man auf dem TP bis zu > 5000 m NN Höhe (ZHENG MIANPING 1997), sogar bis 5300 m Höhe (TROLL 1972).

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14

Abb. 2: Verbreitung zahlreicher Seen auf dem TP (nach ZHENG MIANPING 1997, verändert).

Die bedeutenden Seen in den nachfolgenden Kapiteln sind in Abb. 2 mit Nummern versehen. Dabei entsprechen die Nummern folgenden Seen: 1 = Nam Co, 2 = Siling Co, 3 = Tangra Yumco, 4 = (Zabuye) Zhari Namco, 5 = Co Ngoin Lake (Co Ngion), 6 = Sumxi Co, 7 = Bangong Co, 8 = Longmu Co, 9 = Zigetang Co, 10 = Ahung Co, 11 = Xuguo Co, 12 = Co Qongjiamong, 13 = Dagze Co, 14 = Peicü Co, 15 = Qinghai Hu, 16 = Ngoring, 17 = Gyaring, 18 = Toson, 19 = Chagcam Cake, 20 = Kunteyi Playa. Die Ziffern 10, 11, 12, 14 und 15 geben den Standort des Sees an, ohne dass dieser eingezeichnet ist.

1. Einführung 9

Die Salzsee-Region des TP gehört dem östlichen Sektor des Salzseegürtels der nördlichen Hemisphäre an und gilt als die höchste Salzseeregion der Erde. Seit dem frühen 6. Jahrhundert A.D. besteht ein wirtschaftliches Interesse etwa an dem Borax-Vorkommen und an Steinsalz, welches bereits in noch früheren Zeiten abgebaut wurde (ZHENG MIANPING 1997). Von den über 1 km2 großen 1600 Seen auf dem Plateau haben einige eine rezente Wasser- oberfläche von über 1000 km2, wie etwa der Qinghai See (= „Blauer See“; mongolisch: Koko Nor) im Nordosten (4635 km2), Nam Co (2376 km2 nach ZHENG MIANPING 1997, 2015 km2 nach ZHU LIPING ET AL. 2008), Siling Co (1658 km2) in Zentral-Tibet, und Tangra Yumco und Zhari Namco (1004 km2) westlich davon (KELTS ET AL. 1989, ZHENG MIANPING 1997), sowie Kunteyi Playa (1667 km2) im N(O)-Tibets und Qaidam lake district (ZHENG MIANPING 1997).

Die Seen des TP werden nach ZHENG MIANPING (1997) aufgrund ihrer geographischen Lage, geologischen Eigenschaften, Entwässerungssysteme und physikochemischen Eigenschaften in zehn „lake districts“ unterteilt. Für die vorliegende Arbeit sind der „North Tibet inflow district“ („Nam Co“, „Himmelsee“), sowie „Bayan Har outflow district“ („Yak“, „Tsongu“, „Shih ch’ü“, Grenze zu „Hai ze Shan“), „Southeast Tibet inflow-outflow district („Bahsü“, Grenze zu „Hai ze Shan“, „Chudra“) und „South Tibet inflow-outflow district“ („Miby“) von Bedeutung. Der „North Tibet inflow district“ ist durch Seetypen charakterisiert, welche den Salz-, Brack- und Süß- wasserseen angehören. Sie zeigen verschiedene Entwicklungsstadien an (ZHENG MIANPING 1997). Der „Bayan Har outflow district“ weist ein Einzugsgebiet von fast 420.000 km2 auf. Bis auf die großen Seen (Ngoring, Gyaring) innerhalb des Entwässerungssystems des Huang He und dem Süßwassersee Toson gibt es viele kleine Seen mit einer Größe von maximal einigen Quadratkilometern. Die meisten davon sind in diesem Distrikt Süßwasserseen mit Ausnahme von wenigen Salzseen, die in einem lokal geschlossenen Umfeld liegen. Der „Southeast Tibet inflow-outflow district“ bildet die größte Seeneinheit. Hierin befinden sich hauptsächlich Süß- wasserseen, außer im SW. Der „South Tibet inflow-outflow district“ zwischen dem Gangdise und dem Himalaya beeinhaltet vor allem kleine Seen an den Nordhängen des Himalaya in Höhen zwischen 4000 und 5000 m NN, die oftmals Restseen ehemaliger größerer Seen sind. Diese änderten sich häufig während des Pleistozäns von Abfluss- zu Endseen (ZHENG MIANPING 1997). ZHENG MIANPING (1997) gibt durchschnittliche Salinitätsgehalte zwischen etwa 125 bis 350 g/l in Salzwasser-, 2,5 bis 18 g/l in Brackwasser- und < 1 g/l in Süßwasserseen an. Die untere Grenze des Salzgehaltes in Brackwasserseen wird mit 3 g/l definiert (ZHAO WEN ET AL. 2005, s. dort Literatur). Der ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) teilt die Stufen in > 35 g/l als Salz- wasser-, 1-35 g/l Brackwasser- und < 1 g/l Süßwasserseen ein. Die Salinität am Nam Co beträgt nach ZHENG MIANPING (1997) 1,39 g/l, nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) 1,715 g/l. Der Nam Co ist demnach ein Brackwassersee. Hydro- chemische Unterschiede unterliegen jahreszeitlichen Schwankungen und verändern sich u.a. durch klimatische Einflüsse, weswegen sich schließlich die Sedimente als Klimaarchive eignen.

Die Entstehung von Salzseen und -böden beruht vor allem auf einem fehlenden Abfluss zum Ozean, mit Ausnahme des östlichsten und südlichsten Teiles des TP (KELTS ET AL. 1989, WALTER 1968, O- und S-TP „inflow-outflow-districts“: ZHENG MIANPING 1997). Auf dem Zentral- und N-TP befinden sich nur „inflow-districts“ (ZHENG MIANPING 1997). U.a. reagieren deshalb die Salz- und Brackwasserseen in diesen Teilen des TP direkt auf Niederschlag und somit wird der Wasserhaushalt dieser Seen hauptsächlich von den monsunalen Einflüssen gesteuert – z.B. N-TP am Qinghai (LISTER ET AL. 1991), Zentral-TP z.B. Nam Co (NÖLLING 2006, SCHUETT ET AL. 2007, ZHU LIPING ET AL. 2008) und Siling Co (s. AN ZISHENG ET AL. 2000), sowie Sumxi Co und Bangong Co (z.B. GASSE ET AL. 1996) in W-Tibet. Veränderungen des Wasserhaushalts können jedoch auch bedeutend durch Gletscher- aktivitäten und -schmelze hervorgerufen werden (LEHMKUHL ET AL. 1999). Entsprechend ist bei der pollenanalytischen Interpretation hinsichtlich der Rekonstruktionen von Niederschlags- summen Vorsicht geboten, wenn sie aus Probestandorten stammen, welche an Paläoseen ge- bunden waren, also besonders an Standorte im Schwankungsbereich von Endseen oder Fremdflüssen und ohne direkten Bezug zum lokalen Niederschlag (PACHUR & ALTMANN 2006).

Die Entwässerung auf dem TP kann nach SHACKLETON & CHANG CHENGFA (1988) in fünf Systeme aufgeteilt werden. 1. Einführung 10

Das Nam Co-Becken ist durch den namengebenden See für das binnenländische Ent- wässerungssystem im Westen des Plateaus verantwortlich (SHACKLETON & CHANG CHENGFA 1988). Dies zeigen auch die Karte TPC H-10A (M 1 : 500 000), sowie die Spaceshuttle- Aufnahme (DFVLR 1983). Wie die Profile in SHACKLETON & CHANG CHENGFA (1988) ergeben, besitzt der Nam Co eine Verwerfung mit einer steigenden Tendenz im Osten. Auffallend sind an den meisten tibetischen Seen auch die großen Strandterrassen und hohen lakustrinen Ebenen. Dies wird in einem eigenen Kapitel behandelt (Kap. 1.8.1.1.).

1.6. Geologie und Stratigraphie

Die zeitlichen Abfolgen der Hebung des TP, sowie der angrenzenden Gebirgszüge, werden kontrovers diskutiert (AN ZISHENG 2000, FRENZEL 1998, HARRIS 2006, KUHLE 1996, LI BOSHENG 1995, LI J.-J. ET AL. 1979, LI JIJUN ET AL. 1995, WARD 1935, XU REN ET AL. 1999, ZHENG BENXING 1988, Lit. in PACHUR & ALTMANN 2006). Die Erörterung dieses Sachverhaltes würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Dennoch soll versucht werden, einen kurzen Überblick zu geben.

Durch die tektonischen Bewegungen, ausgelöst durch das Aneinanderstoßen des indischen Subkontinents mit Eurasien, folgten die Auffaltung und die Hebung des TP und seiner Gebirge, sowie des Himalaya. Von einer intensiven Hebung des TP, teils auch des Himalaya, gehen zahlreiche Autoren erst vor etwa 3,5 Mio. Jahren aus, (AN ZISHENG 2000, FRENZEL 1998 und Lit. dort, KUHLE 1996, LI BOSHENG 1995, LI JIJUN ET AL. 1979, 1995, ZHENG BENXING 1988, XU REN ET AL. 1999). PACHUR & ALTMANN (2006) geben einen Überblick über den Diskussionsstand und leiten die höchsten Hebungsraten um etwa 14 Mio. y B.P. ab. LI JIJUN ET AL. (1995) beschreiben den Beginn der Himalaya-Hebung im Miozän vor ~ 18,3 Mio. Jahren.

Für die Zeit danach existieren verschiedene Hypothesen. LI JIJUN ET AL. (1979) gehen auf dem TP vor etwa 7 Mio. Jahren von einer durchschnittlichen Höhe von etwa 1000 m aus. Die Hebung des Plateaus erfolgte während des Pliozäns und des Frühen Pleistozäns langsam, beschleunigt aber während des Späten Pleistozäns (s. Lit. in FRENZEL 1998, LIU JIJUN ET AL. 1995, LIU T.S. 1995, ZHANG Q.-S. & LI B.-Y. 1995). Seit etwa dem Mittleren Pleistozän gehen LIU T.S. (1995) und ZHANG & LI (1995) von einer Durchschnittshöhe von 2000 - 3000 m NN aus. FORT (1996) denkt an Höhen, vergleichbar mit heute, schon vor der quartären Klimaver- änderung. LI BOSHENG (1995) erläutert die Hebungsvorgänge mit einer durchschnittlichen Höhe von 2000 - 2500 m und bis zu 3500 m der Gebirge im späten Tertiär, die im Quartär ihren Höhepunkt erreichten. ZHENG BENXING (1988) geht von einer Erhöhung am Anfang des Pleistozäns bis auf 2000 m NN auf dem TP aus und bis zu 3000 m NN hingegen im Himalaya. Während der Xixabangma-Vereisung wurde es kalt und trocken, so dass auch die tertiären thermophilen Pflanzen vom Plateau an die Ränder zurückgewichen sind. Im Mittleren Pleistozän während der Nyanyaxungla-Vereisung, erreichten die Gebirgszüge des Himalaya Höhen von etwa 4000 m NN. Schließlich verstärkte sich die Hebung des Himalaya im späten Pleistozän und erreichte Höhen bis 5000 m. Damit sei eine Barriere für den Monsun gebildet worden, der bis dahin nach dem Einsetzen stets zugenommen hat. Während der letzten Eiszeit soll die Hebung weiter zugenommen haben, auf dem Plateau bis über 4000 m und im Himalaya bis über 6000 m NN. Demzufolge wanderten die Regengürtel weiter an die Peripherie des Plateaus, die monsunalen Bahnen veränderten sich immer mehr zu den heutigen. Das Zentrum des Plateaus hingegen würde zunehmend von feuchtigkeitsbringenden Luftmassen abgeschirmt. Das beeinflusste auch den Gletscherhaushalt. Wie hochaufgelöste äolische Sequenzen des Chinesischen Lössplateaus zeigen, scheint das Plateau schubweise etwa zwischen 7,2 Mio. und 3,4 Mio. Jahren angehoben worden zu sein, folglich mit Klimaänderung und einem Beginn bzw. Verstärkung des Monsuns. Mit einer Beschleunigung der Hebung des TP und damit einer Verstärkung des Monsunsystems ist anhand dieser Untersuchungen besonders in der Zeit zwischen 3,4 Mio. und 2,6 Mio. Jahren auszugehen (AN ZISHENG 2000). XU REN ET AL. (1999) folgern aus geologischer und paläon- tologischer Sicht eine Hebung des Himalaya von etwa 3000 m während der letzten zwei Millionen Jahre. 1. Einführung 11

Eine weitere Hypothese besagt, dass die Plateauhebung vornehmlich während der letzten 120.000 Jahre stattgefunden hätte. Dies bezweifelt FRENZEL (1994a, 1998, s. auch Lit. dort) durch Vergleiche heutiger und letzteiszeitlicher klimatischer Schneegrenzverläufe auf dem TP und in den angrenzenden Gebirgssystemen.

Die Hebungsraten und –abläufe stehen also in unmittelbarem Zusammenhang mit der Mon- sunintensität und deren Ausmaß. Die Zusammenhänge werden durch die thermischen Unter- schiede zwischen Festland und Meer begründet, die sich durch die Hebungsvorgänge ergeben und verstärken (ANDERSON ET AL. 2002, HARRIS 2006, LI JIJUN ET AL. 1995, PACHUR & ALTMANN 2006, ZHENG BENXING 1988, ZHENG MIANPING ET AL. 2000).

ZHENG MIANPING (1997) beschreibt mehrere Phasen tektonischer Kollisionen, beginnend im Eozän-Miozän oder Frühen Pliozän. Die daraus folgende Nord-/Südstauchung, sowie Ost- /Westausdehnung, ließ zahlreiche Formationen strukturierter Becken entstehen und erklären die Ausrichtung der Gebirgszüge auf dem Plateau (ZHENG MIANPING 1997). Die Yarlung Zangbo-Sutur, sowie die zahlreichen Sutur-Zonen, welche das TP unterteilen und durchziehen, zeugen heute noch von diesen gewaltigen Vorgängen (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, ZHENG MIANPING 1997, ZHENG MIANPING ET AL. 2000).

Für die Zeit während des Quartärs gehen KIDD & MOLNAR (1988) gebietsweise von einer „slip- rate“ von 10 mm / Jahr aus, wahrscheinlich sogar von mehr als 20 mm / Jahr während der letzten 10.000 bis 20.000 Jahre. Auch heute noch finden tektonische Bewegungen auf dem TP - horizontal und vertikal – statt (s. Literatur in FRENZEL & GLIEMEROTH 1998).

Während der Eiszeiten bildete sich ein Lössgürtel in den heutigen gemäßigten Breiten von 400 bis 500 m Höhe (südliches Zentral-Europa) und 2400 bis 2800 m in Ostasien (FRENZEL 1987). Die Lössbildungsphasen korrelieren mit Zeiten bestimmter zonaler Vegetationstypen (FRENZEL 1987). Dadurch lassen sich Bedingungen zur Feuchtigkeit und des zur Bildungszeit herrschen- den Klimas ableiten. In dem aus dem Tertiär stammenden Becken von Luochuan (N-Shaanxi) wird z.B. seit Ende des Pliozäns/Frühen Pleistozäns (ca. 2,4 Mio. y B.P.) kontinuierlich Löss akkumuliert (LIU TUNGSHENG ET AL. 1987, LIU TUNGSHENG & YUAN BAOYIN 1987). Insgesamt hat das Lössplateau in N-China die mächtigste Lössansammlung Chinas (BOWLER ET AL. 1987). Der Lössstaub in China wird durch den Wind, vornehmlich aus der Wüste Gobi und anderen Wüsten aus NW- und N-China, aber auch aus Tibet, herangeweht (LIU TUNGSHENG ET AL. 1987). 10 % der Gesamtfläche Chinas wird von Lössen eingenommen. Das TP wird oftmals „lössfrei“ dargestellt, wenngleich die weitverbreiteten gelblichen staubähnlichen Sedimente vieler Schwemmfächer und ackerbaulich genutzter Täler umgelagerte Lösse sind, die ursprünglich aus den breiten Flussbetten und evtl. aus trocken gefallenen Seen im Norden des Plateaus stammen (TROY ET AL. 1987).

Eine geologische Karte des TP ist im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) zu finden. LIU ZHENGQIAN (1988) stellt ausführliche geologische Kartenblätter des TP im Maßstab 1 : 1.500.000 vor. Die Karten geben eine detaillierte Erfassung und Beschreibung der Geologie auf dem TP wieder. Eine stratigraphische Zonierung ist auch in YIN JIXIANG ET AL. (1988) und HÖVERMANN & WANG WENYING (1987) enthalten, SU ZONGWEI (1987) beschreibt die Stratigraphie für die Qomolangma Region.

1.7. Das heutige Klima – Vergletscherung und Dauerfrost

Wie bereits erwähnt, spielt das TP eine entscheidende Rolle für das Klima der nördlichen Hemisphäre, u.a. hervorgerufen durch die Hebung des Plateaus, mit bedeutenden Folgen auf die Monsun- und andere Windsysteme (AN ZISHENG 2000, CHANG D.H.S. 1983, FLOHN 1987, FONTES ET AL. 1993, LI JIJUN ET AL. 1995, MURAKAMI 1987, vgl. Kap. 1.6.) Das Klima auf dem TP ist extrem.

Das TP wird von verschiedenen Monsunsystemen beeinflusst. Der Sommermonsun setzt sich aus dem SO-Asiatischen und dem Indischen (SW-) Sommermonsun zusammen. Ersterer ist stärker im Osten des TP bestimmend, während der Indische Monsun stärker den Süden des TP 1. Einführung 12 beeinflusst. Der Sommermonsun erreicht im Norden/Nordosten des TP seine Nordgrenze (HERZSCHUH 2006). Der Wintermonsun bringt trocken-kalte Luftmassen aus Zentral-Asien mit Nordwestwinden auf das TP. Die komplexen Muster der Westwinde (Westerlies, Westwinddrift) teilen sich im Westen des TP in nördliche und südliche Zweige und bringen der westlichen Gebirgsumrandung Nieder-schläge (AN ZHISHENG 2000, CHANG D.H.S. 1983, DOMRÖS & PENG GONGBING 1988, FLOHN 1987, HERZSCHUH 2006, MURAKAMI 1987, OVERPECK ET AL. 1996, VERNEKAR ET AL. 1995). Der Nordosten des TP wird also weitgehend durch den O-Asiatischen Sommermonsun beeinflusst, während der Süden hauptsächlich im Einflussbereich des Indischen Monsuns liegt. Diese Zirkulationsmuster wirken in den einzelnen Regionen sehr komplex, wie auch die umfangreichen Arbeiten mit z.T. kontroversen Rückschlüssen zeigen. Regionale Windverhältnisse variieren oft sehr stark und bringen damit eine hohe Variabilität der Feuchteverteilung mit sich. Solche Unterschiede spiegeln sich jedoch nicht in den lückenhaften Klimadaten der nicht in ausreichender Zahl vorhandenen Klimastationen auf dem TP und im Himalaya wider. Außerdem liegen die Klimastationen meist in den Tälern oder in größeren Siedlungen (BRÄUNING 2002, CHEN SHENBIN ET AL. 2004, DOMRÖS & PENG GONGBING 1988, MIEHE 1990, 1998, 1999, MIEHE ET AL. 2001), geben also nur begrenzt Auskunft über das Klima einzelner Regionen des Plateaus.

Im Winter bildet sich nahe der Oberfläche aufgrund strahlungsbedingter Abkühlung auf dem TP ein Kältehoch aus, während sich vor allem die Gebirgsoberflächen im Frühjahr und Sommer durch die extreme Sonneneinstrahlung sehr stark aufheizen. Es entstehen starke Temperaturunterschiede zur umgebenden freien Atmosphäre - ein starkes Tiefdruckgebiet über dem Plateau Asiens entsteht. Gleichzeitig bilden sich Hochdruckgebiete über dem Indischen Ozean. Diese Systeme steuern den SW- und O-Asiatischen Sommermonsun (FLOHN 1987, MURAKAMI 1987, OVERPECK ET AL. 1996). Gerade im Sommerhalbjahr kommt es aufgrund der geographischen Lage des TP zu extremen Temperaturunterschieden, die tags Extreme bis zu > 30 °C erreichen können und gleichzeitig strenge Nachtfröste erwarten lassen. In dieser Saison ist i.d.R. eine schwache Bewölkung zu erwarten, welche die Sonneneinstrahlung fast bishin zur Solarkonstanten wirken lässt (DOMRÖS & PENG GONGBING 1988, FLOHN 1987).

Dieses Tiefdruckgebiet verursacht den Zustrom nordwärts ziehender feuchter Luftmassen vom Indischen Ozean und dem Golf von Bengalen nach S- und Hochasien. Während des Sommermonsuns fallen so die höchsten Mengen der Jahresniederschläge zwischen Ende Juni und Mitte September (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, FLOHN 1987, MURAKAMI 1987). Autochthone Zirkulationen spielen auf dem TP ebenso eine bedeutende Rolle, wie die Nieder- schlagsbeobachtungen unterschiedlicher Richtungen zeigen (LEHMKUHL 1995). Der O-Asiatische Monsun, als ein Teil des Asiatischen Monsunsystems, beeinflusst den Raum zwischen dem östlichen Golf von Bengalen und dem TP. Auch seine Entstehung beruht auf thermischen Unterschieden zwischen den asiatischen Landmassen und dem Meer, in diesem Fall des Pazifischen Ozeans. Seine Intensität ist wiederum von den thermischen und dynami- schen Effekten des TP abhängig (AN ZISHENG 2000, s. auch dort weitere Literatur). Durch die saisonalen Übergänge vom Winter- zum Sommermonsun, zieht der O-Asiatische Sommermon- sun langsam nordwärts (AN ZISHENG ET AL. 2000).

Der von N/NW kommende Wintermonsun bringt gerade noch im Nordwesten ~ 1-2 mm/Monat, im Osten, je nach Region, ~ 5 - 10 und im Südosten etwa noch ~ 50 - (100) mm / Monat (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Die (winterlichen) Niederschläge fallen in Form von Schnee, der jedoch bis auf Flächen im Gebirge durch die hohe Einstrahlung nicht liegen bleibt (s. Lit. in BRÄUNING 2001a).

Die sommermonsunalen, feuchten Luftmassen ziehen durch die meridionalen Stromfurchen auf das TP. Diese Bewegung wird vor allem durch das Himalaya-System forciert, welches hier als eine Art „Barriere“ fungiert (CHANG D.H.S. 1981). Aufgrund der Gebirgstopographie auf dem TP wird dieses generelle Muster der monsunalen Luftbewegungen stark modifiziert (SCHWEINFURTH 1981). Ein Großteil der monsunalen Sommerniederschläge hat konvektiven Charakter, d.h. durch lokale Zirkulationsmuster, wie die Talwindsysteme (BRÄUNING 1999a, FLOHN 1987), regnen die Monsunwolken an den Bergen ab, während die Täler vorwiegend relativ trocken bleiben. 1. Einführung 13

Die Niederschläge und Temperaturen gestalten sich vor allem an den Rändern des TP lokal- typisch und variieren aufgrund der dortigen Gebirge. Dadurch ergeben sich regionale Beson- derheiten von Temperatur und Niederschlägen (BÖHNER 1994).

Wie komplex die monsunalen Luftströmungen zusammenhängen, beschreiben u.a. VERNEKAR ET AL. (1995). Modellrechnungen zeigen die Zusammenhänge zwischen eurasiatischer Schneebedeckung (ESC) im Winter und Frühjahr und den Regenfällen durch den darauffolgen- den Indischen Sommermonsun. Starke Schneebedeckung in Eurasien reduziert die Nieder- schläge über Indien, mit schwächer einhergehender Monsunzirkulation, sowie einem späteren Einsetzen des Monsuns. Es wird diskutiert, dass der O-Asiatische Monsun von den kalten Luftströmen der nördlichen hohen Breitengrade, sowie den transäquatorialen Luftströmen der südlichen Hemisphäre, mög- licherweise auch durch ENSO (El Niño Southern Oscillation) beeinflusst wird (AN ZISHENG 2000).

Die Jahresniederschlagssummen des TP variieren extrem. So kann ein Niederschlagsgradient von SO nach NW beobachtet werden. Während im Süden/Südosten maximale Jahresniederschlagssummen von bis zu 5000 mm und im äußersten Osten bis zu 1200 mm vorherrschen, nehmen sie an den äußersten Rändern im Norden und Westen des Plateaus, sowie im Qaidam Becken, bis auf etwa 25 mm ab. Nicht nur die Niederschlagsmengen, sondern auch die Dauer dieser regenbringenden Phasen nehmen von SO nach NW ab (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Das TP, bzw. W-Tibet, zählt neben dem östlichen Pamir-Gebirge und Teilen der Anden in S- Amerika zu den weltweit höchsten ariden Gebieten mit 5000 bis 6000 m NN Höhe (TROLL 1972). Zwischen 4000 und 5000 m NN gilt das TP im Nordwesten als arid (nur 3-5 humide Monate), zwischen Karakorum und Kwenlun herrscht totale Trockenheit an 12 Monaten über 5000 m NN (TROLL 1972, V. WISSMANN 1960, 1961). Im Nordosten Tibets herrschen semiaride Bedingungen (HERZSCHUH ET AL. 2005 und Lit dort). Auf dem Plateau selbst finden sich semiaride (O- und S-Qinghai, S-Xizang) sowie humide bis subhumide Klimate in den hohen Gebirgszügen und den Stromfurchen W-Sichuans und O-Xizangs (s. auch ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, DOMRÖS & PENG GONGBING 1988).

Die mittleren Jahrestemperaturen auf dem TP reichen im Südosten bis zu 14 °C. Auf dem westlichen und nördlichen TP herrschen bis zu durchschnittlich ca. – 6 °C. Diese letztgenannten Flächen liegen im Dauerfrostgebiet. Lediglich die Oberflächen können hier in den Wärmemonaten auftauen. Das tibetische Dauerfrostgebiet liegt etwa zwischen dem 36. und dem 38. ganz im Westen und etwa dem 32. und 38. Breitengrad im Zentrum geschlossen, die angrenzenden Gebiete sind inselartig von Permafrost betroffen. Das gesamte TP ist jedoch frostbeeinflusst. Bereiche außerhalb des Permafrosts sind mindestens saisonal gefroren. Lediglich in kleinen Bereichen an den äußersten südöstlichen und östlichen Rändern des Plateaus kommen kürzere Gefrierzeiten vor (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, HÖVERMANN & WANG WENYING 1987, MAP OF SNOW, ICE AND FROZEN GROUND IN CHINA: SHI YAFENG 1988). YANG MEIXUE ET AL. (2007) beschreiben jahreszeitliche, saisonale und tagesperiodische Wechsel von Frieren und Tauen der Böden im Zentral-TP. Dabei kommt es zu Veränderungen im Energie- und Wasserhaushalt. Veränderungen der Bodenstruktur und organischen Substanzen haben natürlich auch Effekte auf die mikrobielle Zusammensetzung. Darstellungen in FRENZEL (2007b) zeigen das Vorkommen von Pingos, Thermokarst, Poly- gonbildungen und Steinringe, aber auch Strangmoorbildungen. In dieser Arbeit wird aber auch eine weit größere Verbreitung an Formen und Strukturen des Permafrosts auf dem TP angege- ben, die die Darstellungen z.B. im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) und MAP OF SNOW, ICE AND FROZEN GROUND IN CHINA (SHI YAFENG 1988) übertreffen. Eine detaillierte Beschreibung über Strukturböden und Frosterscheinungen, sowie deren For- menvielfalt und Diversität, gibt TROLL (1944, s. auch V. WISSMANN 1961).

Folgen winterlicher Eisdecken sind auch bei stehenden Gewässern bekannt. So können mechanische Einflüsse zu Hohlkehlen durch Erosion an Steilufern aber auch zu Akku- mulationen an Flachufern führen, die sich durch Strandwälle widerspiegeln (FICKELER 1926). Zugefrorene Salzseen beeinflussen außerdem ihre Umgebung, vor allem durch ganze oder 1. Einführung 14 teilweise Gefrornis der Wasseroberfläche, wie sie bereits durch HEDIN (in FICKELER 1926) im südlichen Zentral-Tibet beschrieben wurden. Danach kommt es oftmals zur Ausbildung einer salzhaltigen Schicht auf der gefrorenen Wasseroberfläche, die landeinwärts gefegt werden kann, vor allem durch die Winterstürme. Die Schneeschmelze im Frühjahr, bzw. die Niederschläge im Sommer, können diese Salzmassen auflösen und die umgebenden Böden damit tränken. Vereisungen in und auf Fließgewässern, sogenannte Naledi, sind ebenso bekannt und können zu „Bacheisbildungen“ führen, welche ganze Täler in Eis erstarren lassen können.

Die Untergrenze der freien Solifluktion liegt im Untersuchungsraum bei etwa 4800 m, gesteins- bedingt kann diese auch bei 4500 m liegen (FRENZEL 2007b). TROLL (1944, s. auch Lit. dort) beschreibt in Tibet die Grenzen zwischen 4000 und 5000 m NN.

Die vergletscherten Flächen auf dem TP nehmen heute etwa 46.600 km2 ein (THOMPSON ET AL. 1997) (57.000 km2 nach THOMPSON ET AL. 1995), das entspricht etwa 2 % der Gesamtfläche des TP (~ 2,5 Mio. km2). Permafrostgebiete und Gletscher sind in den letzten Jahrzehnten in Tibet und in den Himalayagebirgen enorm zurückgegangen (Lit. in BRÄUNING 2006, ZECH ET AL. 2003). Die größten Gletscher finden sich heute im Kunlun, sowie im Karakorum, aber auch im Nyainqêntanghla Shan. Die Gletscherflächen der hohen Gebirgszüge Tianshan, Kunlun, Nyainqêntanghla Shan und der Gebirgszüge im Himalaya machen nahezu 70 % der gesamten vergletscherten Fläche Chinas aus (MAP OF SNOW, ICE AND FROZEN GROUND IN CHINA: SHI YAFENG 1988, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, V. WISSMANN 1959). Es lassen sich dort zwei Gletschertypen unterscheiden: Kontinentale Gletscher sind im Nordteil des TP, vom Altai- Gebirge bis zur Nordabdachung des Himalaya, ausgeprägt, während die Gletscher im Nyainqêntanghla Shan über den Hengduan-Gebirgszug bis nach W-Sichuan und N-Yunnan den monsunalen maritimen Gletschertypen angehören (MAP OF SNOW, ICE AND FROZEN GROUND IN CHINA: SHI YAFENG 1988). Eine detailliertere Darstellung der Gletschertypen stellten V. WISSMANN (1959), sowie SHI YAFENG (1992, 2002) vor.

Die Schneegrenzhöhen erreichen in W-Tibet ~ 6400 m NN (V. WISSMANN 1959, 1961, TROLL 1972, vgl. auch MAP OF SNOW, ICE AND FROZEN GROUND IN CHINA: SHI YAFENG 1988 und FRENZEL 1994a) und bilden dabei die höchsten der Erde. Diese hohen Grenzen sind ein Effekt der extremen Trockenheit. Die klimatische, von Temperatur und Niederschlagsmenge ab- hängige Schneegrenze, steigt vom Außenrand des TP zum Zentrum schnell an (FRENZEL 1994a, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001, FRENZEL ET AL. 1995, LEHMKUHL 1995, V. WISSMANN 1959, 1961).

Ganz andere Klimate sind im Himalaya durch die ständig wechselnden Expositionen in den vielen Haupt- und Nebentälern, sowie dem Reichtum an Strukturen gegeben. Die Unterschiede der Süd- und Nordabdachung jenseits des Himalaya-Hauptkammes sind natürlicherweise sehr extrem. Starke Talwinde strömen tags in die Seiten- und Quertäler des Himalaya, die schließlich beid- seitige, aufwärtsgerichtete Winde an den umgebenden Hängen auslösen, nachts dagegen ab- wärtsgerichtete Luftbewegungen auslösen. Der Feuchtigkeitszunahme an den Hängen mit steigender Höhe, Bewölkung und Kondensation stehen in den Tälern Wolkenauflösung und starke Einstrahlungen in den Talgründen gegenüber. Schließlich entwickeln sich richtige Trockentäler (SCHWEINFURTH 1957, V. WISSMANN 1960). Eine Übersicht gibt ebenso HUANG RONGFU (1988). Ausführliche Beschreibungen zum Klima des Zentral-Himalaya finden sich in BEUG & MIEHE (1998, 1999) und MIEHE (1989, 1990). Hiernach stehen im Mt. Everest-Gebiet oft heftige Regenfälle auf der Südseite einem starken Föhneinfluss in den Tälern der Nordseite gegenüber, die eine Austrocknung der Talgründe bewirken (MIEHE 1989). Die Hänge der Täler auf der Südabdachung jenseits des Himalaya-Hauptkammes sind vergletschert, wie am Beispiel des Khumbu-Himal beschrieben ist. Der Luv-Lee-Effekt ist dort stark ausgeprägt, auch aufgrund der vorgelagerten Gebirgsketten (abschirmende Wirkung, vgl. auch V. WISSMANN 1959, 1960, 1961).

Die Zahl der Klimastationen nimmt auf dem TP langsam zu (34 Klimastationen: ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990; 63 Stationen: CHEN SHENBIN ET AL. 2004, DOMRÖS & PENG GONGBING 1. Einführung 15

1988). MIEHE ET AL. (2001) erwähnen für Hochasien ingesamt 206 Klimastationen. Mittlerweile sind Klimastationen im Osten und Süden des TP vorhanden. Dagegen gibt es auch heute noch nur wenige Aufzeichnungen auf der Chang-Tang-Ebene mit Ausnahme der Randbereiche. Lediglich in Gêrzê gibt es Aufzeichnungen zum Klima seit 1973. Meteorologische Messungen auf dem TP waren bis in die späten 1950er Jahre nicht vorhanden (CHEN SHENBIN ET AL. 2004, DOMRÖS & PENG GONGBING 1988, MIEHE ET AL. 1998, 2001, MURAKAMI 1987, THOMAS & CHEN SHENBIN 2002). Diese relativ kurze Meßperiode ist bei allen Rekonstruktionen zu beachten. Diese Umstände erfordern verstärkt die Abschätzung der klimatischen Verhältnisse anhand von Zeigerpflanzen (BEUG & MIEHE 1998, 1999, FRENZEL 1994b).

1.8. Paläoklima - Stand der Forschung

Das Paläoklima auf dem TP ist sehr komplex hinsichtlich der z.T. extrem voneinander ab- weichenden klimatischen Bedingungen verschiedener Regionen. Die Fülle der Arbeiten und die aktuell rasante Zunahme der Arbeiten darüber kann im Rahmen dieser Arbeit nicht komplett wiedergegeben werden. Dennoch wird natürlich versucht, ein möglichst genaues Bild der bisher bekannten paläoklimatischen Kenntnisse darzustellen. Kontroverse Standpunkte der verschie- denen Autoren sind häufig erkennbar.

1.8.1. Das Klima seit dem Miozän

Vor etwa 8 Mio. Jahren vollzog sich ein Klimawechsel von feuchten zu trockeneren Bedingungen. Zugleich ergab sich eine stärkere Saisonalität der Monsunsysteme, wie Verände- rungen von δ13C-Gehalten an Pflanzenresten beweisen. Dabei zeichnet sich ein Wechsel der vorherrschenden C3-Pflanzen (vorwiegend Bäume und Sträucher) hin zu den dominierenden C4-Pflanzen (Kräuter und Gräser), wie auch abnehmende Bodenauslaugungen, ab (BURBANK ET AL. 1993). Die Zuordnung der Pflanzen nach ihrer Syntheseform ist jedoch nicht unproble- matisch. Vor ca. 7 Mio. Jahren nahm die Sedimentationsrate in der Tiefsee an der Küste Bengalens ab, vermutlich ausgelöst durch eine niedrigere Hebungssrate des Himalaya oder durch dichter werdende Vegetation. Ein starker Monsun kann die Erosion und somit Sedimen- tationsraten erhöhen (BURBANK ET AL. 1993, FRENZEL 1998). Aus dem Unteren Pleistozän vor etwa 1 Mio. Jahren zeigen Pollenanalysen aus Sedimenten des endorheischen Gaxun Nur in der Inneren Mongolei das dortige Vorkommen der Koniferen Picea, Abies, Pinus, Larix und Tsuga mit etwas Ulmus und weiteren Baumarten an (SCHLÜTZ 1999).

Im Qomolangma-Gebirge sind pollenanalytisch mindestens drei Glaziale und zwei Interglaziale nachgewiesen: Die Xixabangma-Vereisung und das Pali Interglazial im frühen Pleistozän, sowie die Nyanyaxungla-Vereisung und das Jiabula Interglazial im mittleren Pleistozän. Desweiteren folgt die Qomolangma-Vereisung im späten Pleistozän mit dem Yali Interstadial im Holozän, sowie das Rongbude-Ice-Age (BURBANK & CHENG KANG JIAN 1991, ZHENG BENXING 1988, ZHOU QUNSHU ET AL. 1999). Das Yali-Interstadial entspricht der Klimaverbesserung im Frühen Holozän bis hin zum mittelholozänen Klimaoptimum. Das Rongbude-Ice-Age ist bisher nicht klar definiert, entspricht aber vermutlich einem Teil der „Kleinen Eiszeit“. Weitere Ausführungen gibt FRENZEL (2002b und Lit. dort). Im Becken von Zoigê, NO-TP, werden mindestens zwei maximale glaziale Ausdehnungen, ein Interglazial und mehrere Stadiale und Interstadiale pollenanalytisch interpretiert. Die erste der drei eiszeitlichen Vergletscherungen erfolgte um 710.000 bis 529.000 y B.P., mit einem Interstadial zwischen etwa 650.000 und 630.000 y B.P. Die spätere maximale Periode war um 298.000 bis 128.000 y B.P., mit zwei Interstadialen um 250.000 bis 234.000 und 212.000 bis 160.000 y B.P. Das interglaziale Maximum liegt etwa zwischen 480.000 bis 298.000 y B.P. Dazwischen zeichnen sich zwei Kälteperioden ab (LIU GUANGXIU ET AL. 1994ab, vgl. SHEN CAIMING 2003). Die Gletscher des TP und seiner umgebenden Gebirge (Himalaya, Karakorum, Kunlun, Tian Shan, Altay) hatten während des späten Pleistozäns eine z.T. fast sechsfach größere Längen- ausdehnung als heute (LI TIANCHI 1988). 1. Einführung 16

Zwei interstadiale Waldphasen, wohl in Europa dem Brörup- und Odderade-Interstadial, sowie den Bildungsphasen von Böden der chinesischen Lössstratigraphie entsprechend, wurden pollenanalytisch in Lingfeng (Qinling Shan) nachgewiesen, wobei in diesen PD-Abschnitten die Altersdaten gestört sind (SCHLÜTZ 1999).

Es wird angenommen, dass der Himalaya und das TP signifikant an der Auslösung der eiszeitlichen Zyklen des Quartärs beteiligt sind, u.a. durch die Hebung des TP (AN ZISHENG 2000, KUHLE 1996, RUDDIMAN & KUTZBACH 1991). Aufgrund der subtropischen Lage und der zunehmenden Höhe des TP ist von einem starken Einfluss auf den globalen Strahlungshaushalt auszugehen (FLOHN 1987, MURAKAMI 1988). Ob dieser Einfluss noch während eiszeitlicher Indlandeisvergletscherungen verstärkt worden ist, wie verschiedentlich betont wurde, mag allerdings bezweifelt werden, da das Problem einer derartigen Vergletscherung doch sehr umstritten ist (FLOHN 1987, FRENZEL 1992b, 1994a, 1998, 2004, FRENZEL & LIU SHIJIAN 1994, 2001, FRENZEL ET AL., 1995, 2001, HÖVERMANN & LEHMKUHL 1994, LEHMKUHL 1995, 1998a, LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002, SHI YAFENG 2002, SHI YAFENG ET AL. 1990, V. WISSMANN 1959, ZHANG D.D. & LI S.H. 2002, ZHANG D.D. ET AL. 2003, u.a., s. Kap. 1.8.1.2.). Die letzte Eiszeit (vgl. Wisconsinan/Würm) wird auf dem TP u.a. durch 18O-Analysen aus dem Guliya-Eiskern, Kunlun Shan, in der Zeit von ~ 110.000 bis ~ 10.000 y B.P. nachgewiesen. Diese wurde in mehrere Stadiale und Interstadiale gegliedert (THOMPSON ET AL. 1997, vgl. auch YANG MEIXUE ET AL. 2006).

δ18O-Werte geben wichtige Hinweise zu Temperatur und Niederschlag und gelten als geeignete Parameter zur Klimarekonstruktion in Eisbohrkernen (z.B. THOMPSON ET AL. 1989, 1993, 2006, YANG MEIXUE ET AL. 2006), Seesedimenten (AN ZISHENG ET AL. 2000, FONTES ET AL. 1993), dendrochronologischen und -ökologischen Untersuchungen (HELLE ET AL. 2002), Kalkablagerungen (Calcite) von Stalagmiten (NEFF ET AL. 2007) oder auch in Zellulose von Torfen (HONG Y.T. ET AL. 2000, XU HAI ET AL. 2006). δ18O-Analysen am See Dabusun zeigen für das Qaidam-Becken und N-TP im Späten Pleistozän nasse und kalte Perioden von 50.000 bis 45.000, 42.000 bis 34.000 und 28.000 bis 19.000 y B.P., an. Trockene und warme Bedingungen werden dagegen zwischen 45.000 bis 42.000 und 34.000 bis 28.000 y B.P. abgeleitet (YANG WENBO ET AL. 1995, vgl. FRENZEL ET AL. 1992).

1.8.1.1. Veränderungen der Seespiegelstände

Seit dem späten Pleistozän nehmen die Seeflächen auf dem TP kontinuiertlich ab. Das zeigen zahlreiche Studien, aber auch Vergleiche u.a. von satellitengestützten Aufnahmen. Eine Aus- nahme bilden die Thermokarst-Seen (FRENZEL ET AL. 2001). In der Zeit von 40.000 (50.000) bis 30.000 / 28.000 (25.000) y B.P. hatten zahlreiche Seen eine weit größere Flächenausdehnung als heute (SHI YAFENG 2002, SHI YAFENG ET AL. 2001, vgl. FRENZEL & GLIEMEROTH 1998, ZHENG MIANPING ET AL. 2000). WANG FU-BAO & FAN C.Y. (1987) schätzen die heutige Seefläche auf etwa 1/3 bis zu 1/10 ihrer maximalen früheren Größe (s. auch LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002). Die Ausdehnung der Paläoseen, im Vergleich zu den gegenwärtigen Seeflächen, wird auch im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) beschrieben. Das Klima in dieser Zeit war feuchter als heute und etwa den heutigen Temperaturen entsprechend. SHI YAFENG ET AL. (2001, vgl. auch SHI YAFENG 2002) rekonstruierten anhand verschiedener Daten aus Eisbohrkernen, Pollenana- lysen und Sedimentuntersuchungen mehrere Seen. Die größere Seenausdehnung in dieser Zeit wird auf erhöhte Sommermonsunaktivitäten (Indischer) zurückgeführt. Ab etwa 30.000 y B.P. lösten sich die „pan-lake“-Systeme von N nach S auf. Vorher waren Seen und Flüsse vielfach miteinander verbunden (ZHENG MIANPING ET AL. 2000).

Im späten Pleistozän begannen die Seen zu schrumpfen und gewannen zunehmend an Salini- tät (ZHAO YONGTAO 1994). Dieser Effekt verstärkte sich im späten Holozän und wird bis zur Gegenwart hin stärker. Dies führte teilweise bis zur Austrocknung einzelner Seen (ZHAO YONGTAO 1994, ZHENG MIANPING ET AL. 2000). In ganz China konnten während 30.000 bis 24.000, 22.500 bis 20.000 und 9.500 bis 3.500 y B.P. höchste Seespiegelstände rekonstruiert werden, wie die Untersuchungen von 61 Seen zeigen. Für die extrem schnell erreichten Maxi- malausdehnungen der Seen auf dem TP scheinen die großen Mengen an Schmelzwasser ver- 1. Einführung 17 antwortlich gewesen zu sein (FANG JIN-QI 1991, s. dort weitere Literatur). FRENZEL & GLIEMEROTH (1998) betonen jedoch, dass auch Seen, die keinerlei räumliche Verbindung zu den früheren vergletscherten Gebirgszügen hatten, hohe Seespiegelstände in dieser Zeit auf- weisen. Daraus wird für die erhöhten Seespiegelstände die Bedeutung des Sommermonsuns abgeleitet und weniger das Abschmelzen der Gletscher.

Heute zeugen zahlreiche Terrassen und Strandwälle an Seeufern von früher höheren oder schwankenden Seespiegelständen, die aus der letzten Eiszeit, einzelne sogar aus der voran- gegangenen Eiszeit, bzw. der entsprechenden Interglaziale, datieren, aber eben auch während des Übergangs von Pleistozän zu Holozän, bis hin zum Holozän selbst (AN ZISHENG ET AL. 2000, AVOUAC ET AL. 1996, FRENZEL 1994a, FRENZEL & GLIEMEROTH 1998, FRENZEL ET AL. 1995, 2001, FONTES ET AL. 1993, LI TIANCHI 1988, ZHENG MINAPING 1997, ZHENG MIANPING ET AL. 2000, ZHAO YONGTAO 1994).

Am Nam Co sind mehrere Strandwälle und -terrassen zu erkennen, die verstärkt im Osten und Süden des Sees untersucht wurden (LEHMKUHL 1998b, LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002, LI TIANCHI 1988, NÖLLING 2006, SCHUETT ET AL. 2007, ZHENG MIANPING 1997, mdl. Mitt. B. Frenzel). Der ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) zeigt einen Vergleich nordtibetischer Seen im Hinblick auf eine frühere Ausdehnung (Paläoseen). Durch Datierungen verschiedener Strandwälle am Nam Co konnten höhere Seespiegelstände seit mindestens 40.000 y B.P. nachgewiesen werden, vor allem aber im späten Pleistozän zum Übergang in das Holozän, aber auch jüngere während des Mittleren Holozäns (5.000 bis 3.000 y B.P.), sowie während der „Kleinen Eiszeit“ (600 bis 100 y B.P.) (FRENZEL ET AL. 2001, LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002, s. dort auch weiterführende Literatur). Hohe Seespiegel auf dem Zentral-TP werden zwischen 39.000 bis 23.000 y B.P. und 11.000 bis 9.000 y B.P. rekonstruiert, die niedrigsten um 22.000 bis 16.000 y B.P. (s. Literatur in LEHMKUHL ET AL. 2002). Höchste Seespiegelstände des Siling Co, sowie vieler anderer Seen, zeugen aufgrund der Datierungen von Terrassen und Strandwällen von früheren Seespiegeln während eines Interstadials der letzten Eiszeit. Datierungen, welche auf niedrigere Seespiegelstände verwei- sen, beziehen sich stattdessen auf stadiale Zeiten, aber auch auf das Frühe und Mittlere Holo- zän (FRENZEL & GLIEMEROTH 1998, FRENZEL ET AL. 2001, s. dort auch Literatur).

Begründet werden die hohen Süßwasser-Seespiegel beispielsweise im Qaidam Becken zwischen 30.000 bis 18.000 y B.P. durch geringe Evapotranspirationsraten und zunehmende Schmelzwässer. Zum Teil kann man dies auch durch erhöhte Winterniederschläge begründen (SHEN CAIMING 2003, s. auch Lit. dort).

SCHUETT ET AL. (2007) bestätigen die einstigen höheren Seespiegelstände und –schwankungen am Nam Co, vor allem im Übergang des MIS 2 zum MIS 3, also vom LGM zu dem vorausge- gangenen Hengelo-Denekamp-Interstadial. MIS entspricht dem „Marine Isotope Stage“, hinter dem sich eine Untergliederung des Quartärs verbirgt, die sich aufgrund der Sauerstoffisotopen- verhältnisse mariner Ablagerungen ableiten lässt. So wird auch geschätzt, dass etwa 50 % der postglazialen Wasserzunahme von den Gletschern des Nyainqêntanghla Shan stammen, die restliche Menge durch die erhöhten Zu- flüsse aus den westlichen und nördlichen Nebenflüssen, durch höhere Niederschlagssummen oder geringere Evaporationen (SCHUETT ET AL. 2007).

Die Zunahme der Salinität und Bioindikatoren, wie z.B. Süßwasseralgen, in den Seesedimenten beweisen ebenso Rückgänge der Seenausdehnung und geben wichtige Erkenntnisse über de- ren frühere Zuflusssysteme. So konnte während der Zeit der „pan-lake“-Systeme (etwa 40.000 bis 28.000 y B.P.) Süßwassereinfluss nachgewiesen werden. Damit hat ein Wechsel von Süß- wasser gespeisten Seen zu einem Endsee stattgefunden, wie das Beispiel des früheren Sees Qarhan im Qaidam-Becken um etwa 25.000 y B.P. beweist (ZHENG MIANPING ET AL. 2000). Eine Versalzung kann durch den mangelnden Süßwassernachschub, beispielsweise aufgrund Ver- änderungen der Zu- und Abflusssysteme, sowie der Evaporation verursacht werden.

Der Nam Co war nach ZHENG MIANPING (1997) mit dem heutigen Siling Co im frühen und mittle- ren Späten Pleistozän als ein exorheischer See mit einer Gesamtfläche von etwa 28.900 km2 verbunden. Im Späten Pleistozän (ca. 30.000 y B.P.) schrumpfte dieser See. Während dieser 1. Einführung 18

Zeit entstand eine lakustrine Sand-Kies/Schotter-Terrasse (oder „base-terrace“ = „order III“) mit einer relativen Höhe von etwa 200 m. Damit endete die Nam Co-Siling Co-Seenphase. Die Darstellung der Paläoseen im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) lässt durch die frühere Größe dieser Seen ebenso eine Verbindung erahnen. B. FRENZEL (mdl. Mitt.) bezweifelt aller- dings diese frühe Verbindung von Nam Co und Siling Co, wegen des zwischengeschalteten starken Reliefs.

1.8.1.2. Die Vergletscherung des Tibetischen Plateaus

Einige Autoren gehen auf dem TP von einer Inlandeisvergletscherung während der Eiszeiten des jüngeren Quartärs aus. Diese Hypothese wurde immer wieder aufgegriffen und vor allem von KUHLE vertreten (z.B. KUHLE 1988, 1996, 2000 s. dort auch frühere Literatur, aber auch sehr frühe Arbeiten wie SINICYN 1958, TRINKLER 1930, vgl. jedoch FRENZEL 1959, 1960, 2004, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001 und Lit. dort). Die vergletscherte Fläche des TP hätte demnach eine Ausdehnung von ~ 2,4 Mio. km2, ausgenommen das Tal des Tsangpo / Bramaputra und das Qaidam-Becken (KUHLE 1988, 1996). FRENZEL & LIU SHIJIAN (2001, s. dort auch Lit.) und zahlreiche andere Autoren haben diese An- nahme wiederlegt. Sie gehen stattdessen auf dem TP während der Stadiale der letzten Eiszeit und evtl. der vorangegangenen Eiszeit von einer nur teilweisen Gebirgsvergletscherung aus (FLOHN 1987, FRENZEL 1992b, 1994a, 1998, 2004, FRENZEL & LIU SHIJIAN 1994, FRENZEL ET AL. 1995, 2001, HÖVERMANN & LEHMKUHL 1994, LEHMKUHL 1995, 1998a, LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002, SHI YAFENG 2002, SHI YAFENG ET AL. 1990, V. WISSMANN 1959, ZHANG D.D. & LI S.H. 2002, ZHANG D.D. ET AL. 2003, u.a.), die wohl nur Flächen in > 4900 m NN Höhe innerhalb von Gebirgszügen betreffen, nicht jedoch das gebirgsferne Plateau (FRENZEL 1992b, FRENZEL & LIU SHIJIAN 1994). Dies zeigen sedimentologische, rasterelektronenmikroskopische Analysen, so- wie zahlreiche geologische und geomorphologische Beobachtungen („erratics“, „big boulder moraines“, große Seen zwischen 68.000 y B.P. und Spätglazial), sowie Thermolumines- zenz(TL)-Datierungen. Selbst die Bergketten am Rande des TP waren nach HERZSCHUH ET AL. (2005) während des LGM nicht vollständig vergletschert, obwohl von z.T. ausreichenden Niederschlagssummen ausgegangen werden kann. Die Gletschervorstöße des LGM sind zeitlich vergleichbar mit Erscheinungen in Teilen der Nördlichen Hemisphäre. Dies trifft auch für die Zeiten fallender Seespiegel auf dem TP zu (FRENZEL ET AL. 2001). BURBANK & CHENG KANG JIAN (1991) wiedersprechen auch der Theorie einer flächendeckenden Vereisung im Qomolangma-Gebiet (Everest), Nordabdachung, am Beispiel des Rongbuk-Tals und favorisieren Talvergletscherungen am Südrand des TP während der Eiszeit(en) im mittleren und späten Pleistozän. Dies zeigen Datierungen glazialer Sedimente und Rekonstruktionen der ELA (equilibrium line altitude). Demnach lag die Schneegrenze im Neoglazial (Rongbude Neo- glazial und „Kleine Eiszeit“) um etwa 100 m und im Späten Pleistozän (Qomolangma- Vereisung) um < 450 m niedriger als heute. Die Qomolangma-Vereisung kann in zwei Teile gegliedert werden. Es wird darauf hingewiesen, dass es keine erhaltenen Sedimente der vorangegangen Vereisungen Xixibangma~ und Nyanyaxungla-Vereisung bisher gibt (ZHENG BENXING 1988), lediglich Reste davon weit oberhalb des Rongbuk-Flusses. Die Autoren gehen von einer starken Überschätzung der spätpleistozänen Schneegrenzdepression aus, sowie von der nordwärts gerichteten Fließrichtung pleistozäner Gletscher, wie es KUHLE (1987, vgl. auch KUHLE 1988) beschreibt. ZHENG BENXING (1988) beschreibt die beiden Stadien der Qomolangma-Vereisung im Späten Pleistozän als vergleichbar mit den Würm- und Riss-Eiszeiten in den Alpen. Spuren und Zeu- gen älterer Glaziale sind rar in diesem Gebiet. Lediglich an beiden Seiten des Kangxung- Gletschers (Kangshung) finden sich Moränenterrassen des Mittleren Pleistozäns, sowie in anderen Gebieten, wie auf der Nordseite des Cho Oyu. Die Endmoräne in der Nähe des Rongbude-Tempels, ca. 8 km vom Rongbuk-Gletscherende entfernt, stammt vermutlich aus dem Spätglazial, vergleichbar mit der knapp 11.000 Jahre alten Jidonga-Moräne. Das Rongbude-Neoglazial (~ 2.000 y B.P.) ist im Süden des Rongbude-Tempels mit insgesamt sechs Endmoränen gut dokumentiert. Die Zweiteilung lässt das Ausmaß der Vorstöße erahnen. 1. Einführung 19

Endmoränen vor dem Rongbuk-Gletscher lassen Vorstöße während der „Kleinen Eiszeit“ erkennen, vermutlich zwischen dem 16.-19. Jahrhundert.

V. WISSMANN (1959) stellt die heutigen Vergletscherungen im Qomolangma-Gebiet zusammen. Danach befinden sich die Schneegrenzhöhen auf der Ostseite des Kangschung-Gletschers, in Abhängigkeit von der Exposition, zwischen 5500 und 5850 m Höhe, im Mittel bei 5700 m Höhe. KUHLE (1988) gibt für die Nordhänge des Qomolangma-Gebietes an zwei Punkten zwischen 28°17’N und 87°00’E die heutige ermittelte Schneegrenzhöhe (nach Höver-Methode) bei 6235 m, korrigiert bei 5910 m, an. Die klimatische Schneegrenzhöhe erreicht 5990 m, bzw. 6075 m. Die letzeiszeitliche Schneegrenzhöhe wird von ihm bei 5840 m, bzw. 5925 m, angegeben. In 4380 m Höhe, bzw. 4550 m, wurde der letzglaziale Eisrand ermittelt. Für das obere Arun-Tal (28°15’N, 86°48’E) errechnet KUHLE (1988) die gleichen Werte heutiger Schneegrenzhöhen, wie zuvor im Everest-Gebiet aufgeführt wurde. Die klimatische Schneegrenzhöhe beträgt dort 6333 m NN, dagegen die letzglaziale Schneegrenzhöhe 6040 m NN. Für die Südseiten von Mt. Everest, Cho Oyu, Lohtse und Makalu beschreibt KUHLE (2007) die durchschnittliche, heutige klimatische Gletscher-Schneegrenze bei etwa 5500 m NN und folgert aus seinen Untersuchungen eine letzglaziale Schneegrenze (ELA) von ca. 3870 m NN, folglich mit einer ELA-Depression von etwa 1630 m. Die Temperaturen sollen in dieser Zeit danach um etwa 8 °C bis 10 °C niedriger gelegen haben. Die heutige Schneegrenzhöhe auf der Ostseite des Kangschung-Gletschers wird nach den Zu- sammenstellungen von V. WISSMANN (1959) im Mittel auf 5700 m Höhe angesetzt. Die nordöst- lichste Gletschergruppe steigt im Everest-Gebiet danach bis maximal 6300 m Höhe hinauf. Da- gegen wird durch die dargestellten Methoden in V. WISSMANN (1959) für den Luv des Hohen Himalaya die Schneegrenzdepression (letzteiszeitlich zu heute) um 800 m im Westen und 1100 m im Osten erwartet. Jedoch zeigen zahlreiche Untersuchungen eine deutlich geringere De- pression an, die nur durch tektonische Hebungen während der Kulmination der letzten Eiszeit erklärt werden kann. KUHLE (1988) geht im Kang Chüng-Tal bei Lang La, Lankazi-Massiv (28°57’N, 90°11’E), während des LGM von einer ostwärts gerichteten, mindestens 1000 m dicken Eisfläche aus.

Die heutige Schneegrenze des Nyainqêntanghla Shan liegt bei etwa 5800 m NN (KUHLE 1988 nach Höver-Methode, LEHMKUHL ET AL. 2002, V. WISSMANN 1959). Im Westteil ist dieser Gebirgszug fast geschlossen vergletschert (V. WISSMANN 1959). Nach KUHLE (1988) lag dort bei 29°25’N, 89°36’E, die vermutlich letzteiszeitliche Schneegrenze in 4650 m Höhe, der tiefste unterste letzt-hochglaziale Eisrand in 3900 m Höhe. Die klimatische Schneegrenze liegt heute in 4500 m Höhe. Heutige Schneegrenzhöhen liegen an den Nordhängen um wenige 10er m niedriger als an den Südhängen (LEHMKUHL ET AL. 2002).

Die Ausprägungen der Moränen und deren Untersuchung ermöglichen eine Unterscheidung einzelner Gletschertypen, sowie das Verständnis von deren Bildung und Ausmaß. Während des MIS 3 und 4 gab es Gletschervorstöße bis mindestens 2150 m NN im Khola Tal, Gorkha Himal, Nepal, sowie während des MIS 2 bis etwa 3500 m NN. Dieser zog sich etwa vor 17.900 cal y B.P. wieder zurück. Es scheint Korrelationen zwischen dem Beginn von Interstadialen und den Gletschervorstößen zu geben, jedoch weniger mit den Glazialen. Nach ZECH ET AL. (2003, s. dort auch Lit.) reagieren demnach Gletscher stärker auf Veränderungen von Niederschlägen als von Temperatur, zumindest im Himalaya.

1.8.2. Letzte Eiszeit

YU GE ET AL. (2003) rekonstruierten chinesische Paläoseen und fanden heraus, dass es während des letzten Glazials ein O-W-Gefälle gab, welches sich von dem heutigen N-S-Gefälle erheblich unterscheidet. Die Rekonstruktionen differenzieren zwei Seengruppen in China: Die Gruppe der westlichen Seen befindet sich hauptsächlich auf dem TP und spiegelt während des LGM deutlich größere Seen als heute wider, während die östliche Gruppe Chinas gleichzeitig trockenere Klimate mit niedrigeren Seespiegelständen anzeigt, mit einem verstärkten N-S- Gefälle. Für die Paläoseen auf dem TP wurden Zeiten hoher Spiegelstände von 6.000 bis 7.000, 17.000 bis 21.000 und 23.000 bis 30.000 y B.P. angegeben. 1. Einführung 20

HERZSCHUH (2006) folgert aufgrund von 75 Datensätzen zur Rekonstruktion des Klimas der letzten 50.000 Jahre B.P. für das LGM auf dem TP trockene klimatische Bedingungen. In der Zeit zwischen 43.000 und 37.600 cal y B.P. werden bei über 70 % der Datensätze mäßig feuchte bis feuchte Bedingungen beschrieben. Nach 25.500 cal y B.P. nehmen jedoch die Hin- weise auf trockene Bedingungen zu, bei einem Feuchtigkeitsminimum zwischen 21.300 und 19.800 cal y B.P., als alle Datensätze trockene (74 %) bis mäßig trockene (26 %) Bedingungen anzeigen. Die Autorin erläutert ausführlich die monsunalen Zusammenhänge, sowie andere Feuchtigkeitsquellen, wie beispielsweise Zuflüsse aus den umgebenden Gebirgen. Während des späten MIS 3 werden für viele Teile Chinas, außer dem TP, starke Sommermonsunaktivi- täten, jedoch nie so starke wie beispielsweise während des holozänen Klimaoptimums, ange- nommen (vgl. SHI YAFENG 2002, SHI YAFENG ET AL. 1993, 2001).

Rekonstruierte Klimadaten des LGM zeigen für die Nördliche Hemisphäre ein Kältemaximum zwischen 18.000 und 20.000 y B.P. an (FRENZEL ET AL. 1992). In Europa wird das Hochglazial bei 22.000 cal y B.P. beschrieben (GLIEMEROTH 1995). FRENZEL ET AL. (2001) geben das LGM für das TP um etwa 23.000 cal y B.P. an (vgl. SHI YAFENG ET AL. 1990: ~ 20.000 y B.P.). PRELL ET AL. (1980, s. weiterführende Lit. dort) datieren das LGM in die Zeit zwischen 23.000 und 14.000 y B.P mit dem Höhepunkt um ~ 18.000 y B.P., wobei die maximale Vereisung nicht unbedingt zeitgleich mit tiefen Temperaturen der Tiefseekerne korrelieren muss. Anhand von 18O-Analysen in Foraminiferenschalen aus Tiefseesedimenten des Indischen Ozeans werden Temperaturrekonstruktionen möglich, aus denen sich letztendlich im Vergleich heutiger Klimate die Wasseroberflächentemperaturen (SST = seasurface temperature) rekonstruieren lassen. Höhere Temperaturen des Arabischen Meeres, sowie eine höhere Salinität des Golfs von Bengalen in dieser Zeit, deuten auf einen schwächeren SW-Monsun hin. Die zeitliche Einordnung des Kältemaximums während der letzten Eiszeit wird unterschiedlich angegeben. Diese liegt möglicherweise vor dem klassischen Hochstandalter von 18.000 y B.P. anderer, bekannter Regionen (LEHMKUHL 1998a, LEHMKUHL ET AL. 1999 und s. dort jeweils Lit.). Die letzte Eiszeit wird meist in zwei größere Stadiale unterteilt (MIS 2 und 4), getrennt durch ein Interstadial zwischen 55.000 und 32.000 y B.P. Für beide Stadiale werden maximale Gletschervorstöße in verschiedenen Bergregionen Tibets erfasst (s. LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002). Lediglich Vergletscherungen im Karakorum zeigen ein asynchrones Verhalten (s. Lit. in LEHMKUHL ET AL. 2002). THOMPSON ET AL. (1989) fanden anhand von Eisbohrkernen am Dunde ice cap, nördliches Zentral-TP, um 35.000 y B.P. ein Interstadial, bevor sich jedoch zwischen 30.000 und 10.000 y B.P. hochglaziale Konditionen einstellten. FRENZEL (1994a) teilt die letzte Eiszeit Tibets durch die während der Expeditionen 1989 und 1992 gewonnenen Beobachtungen und Ergebnisse geologisch-geomorphologisch, sedimento- logisch und paläopedologisch in drei Phasen hinsichtlich der Feuchteverhältnisse ein. Nach einer trocken-kalten Periode schloss sich zwischen etwa 80.000 und 20.000 (15.000) y B.P. eine durch hohe Seespiegelstände, sowie durch kräftige Bodenbildungen gekennzeichnete Phase an, die bis etwa 11.200 bis 10.000 y B.P. wieder von trocken-kaltem Klima geprägt war. Besonders während der Interstadiale der letzten Eiszeit und während der ersten Hälfte des Holozäns gab es Zeiten hoher Seespiegelstände (FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001, s. Kap. 1.8.1.1.). Dies wurde besonders im FIZIKO-GEOGRAFIČESKIJ ATLAS MIRA (1964) in überdimensionaler Form dargestellt, wie ein Vergleich der verschiedenen Vorstellungen während des LGM in FRENZEL ET AL. (2001) zeigt.

FRENZEL (1998) und HERZSCHUH (2006) sehen in den unterschiedlichen Befunden auch ein Problem defizitärer Datierungen und Untersuchungsstandorte. Mögliche Fehlerquellen sind auch in den TL- und 14C-Datierungstechniken zu suchen (vgl. auch Opal-Phytolith-Datierungen). Auch können Rekonstruktionen aufgrund der heutigen Vegetationsformen, die vielfach als na- türlich angesehen werden, zu Fehlschlüssen führen (s. FRENZEL 1998 und Lit. dort). HERZSCHUH ET AL. (2006a) begründen räumliche und zeitliche Unterschiede auch durch die in semi-ariden und –humiden Gebieten gegebenen unterschiedlichen klimatischen Sensitivitäten. Auf dem TP geht LI TIANCHI (1988) im Vergleich zu heute von einer um etwa 6 °C niedrigeren Jahresdurchschnittstemperatur in der Zeit zwischen 13.000 und 23.000 y B.P. aus. SHEN CAIMING (2003 und s. Lit. dort) gibt während des LGM (20.000 - 18.000 y B.P.) vergleichbare Werte für das Zoigê-Becken und Zentral-TP an (vgl. dort auch SHEN CAIMING 2003).

1. Einführung 21

Hohe Seespiegelterrassen bezeugen für die Zeit zwischen 50.000 y B.P. und 25.000 y B.P. auf dem TP, sowie seiner nördlichen Randlandschaften, einen ausgeglicheneren Wasserhaushalt. Der Wasserstand ist während des LGM (MIS 2) wieder unterschiedlich schnell gesunken, bevor die Seen teilweise im Holozän wieder angestiegen sind. Die Gründe sind in der Verbesserung des Wasserhaushaltes zu suchen, einschließlich des Abschmelzens der Gletscher. Da sich jedoch viele der Seen mit früheren hohen Seespiegeln auch abseits von vergletscherten Gebir- gen befinden, bleibt letzteres als maßgeblicher Einfluss wohl nicht so wichtig (FRENZEL & GLIEMEROTH 1998). Am Nam Co konnten nach WU ZHONGHAI ET AL. (2003) während des LGM schwankende See- spiegelstände von 12 bis 20 m über und einem Tiefstand von 8 m unter dem heutigen Stand rekonstruiert werden, wie die Datierungen höherer Strandterrassen aus dieser Zeit zeigen. LEHMKUHL (1998b) und LEHMKUHL ET AL. (1999, 2002) beschreiben am Südrand des Nam Co, Zentral-TP, schwankende Seespiegelstände während zweier Hauptvergletscherungen. Die größten Talgletscher waren in der Umgebung des höchsten Gipfels des Nyainqêntanghla Shan. Dieser ältere Gletscher reichte bis zum heutigen Seespiegel. Das hohe Seeufer zerstörte teilweise dieses glaziale Stadium der alten Moräne. Ein jüngeres glaziales Stadium liegt zwischen zwei alten Moränen. Die höheren Strandwälle datieren aus der Zeit Spätglazial/frühes bis mittleres Holozän, stammen also aus einer Zeit, als das Klima überall in Tibet und Zentral- Asien feuchter war. Die ältere Moräne spiegelt wahrscheinlich das frühe Stadium der letzten Eiszeit (MIS 4) oder der vorletzten Eiszeit (MIS 6) wieder. Die höchste Strandterrasse (~ 30 m über dem Seespiegel) entspricht vielleicht dem letzten Interstadial (MIS 3). Die Seeterrassen und Kliffe am Nam Co können in sieben Systeme eingeteilt werden. Eine detaillierte Beschreibung findet sich in LEHMKUHL ET AL. (2002). Nach einer deutlichen Erhöhung des Seespiegels am Nam Co (Übergang MIS 1 zu MIS 2) nimmt der Wasserstand im Holozän wieder deutlich ab und erreicht nahezu den Tiefstand, ver- gleichbar mit dem LGM (SCHUETT ET AL. 2007).

In W-Tibet konnten am Bangong Co hohe Seespiegelstände bei etwa 39.400 ± 1.700, 39.453 ± 3.260 bis 24.850 ± 655 y B.P. nachgewiesen werden (WANG FUBAO & CAO QONGYING 1990), sowie am Tagutuqiong See, etwa 20 km östlich des Bangong Co, um etwa 40.602 ± 3.320 und 25.560 ± 674 y B.P. (LI BINGYUAN 1994).

Um etwa 45.000 14C y B.P. waren jedoch am See Luanhaizi in NO-TP, im Qilian-Gebirge, relativ stabile Seebedingungen vorhanden, die während des gesamten MIS 3 anhielten, wie die Unter- suchungen von Makrofossilien, Pollen, Biomarkern und Isotopendaten belegen (HERZSCHUH ET AL. 2005).

In Yunnan, SW-China, zeigen die sedimentologischen Untersuchungen zweier Seen in der Zeit von 50.000 bis 41.000 cal y B.P. relativ hohe Temperaturen und hohe biologische Produktions- raten an. Darauf folgten im Spätpleistozän bis etwa 12.000 cal y B.P. kalte Klimate und schwache Sommermonsunaktivitäten (HODELL ET AL. 1999, vgl. dazu auch LIU JINLING ET AL. 1986).

Letztendlich fügen sich die beschriebenen Erscheinungen zu einem komplexen Gesamtbild zusammen, das sich nicht nur durch einen oder wenige Faktoren erklären lässt.

Die Schneegrenzen lagen während der letzten Eiszeit in den Gebirgen Zentral- und Ostasiens deutlich niedriger als heute. Sowohl heute als auch während der letzten Eiszeit steigen die klimatischen Schneegrenzhöhen von den Randbereichen des TP zum Zentrum hin an, also vom humiden zum ariden hin. Während der letzten Eiszeit waren das Gefälle der Schneegrenzflächen und deren Höhen je- doch stärker ausgeprägt als heute, mit einer folglich verminderten Depression von den humi- deren zu den arideren Gebieten (FRENZEL 1998, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001, LEHMKUHL 1995, 1998a, LEHMKUHL ET AL. 2002, SHI YAFENG 2002, V. WISSMANN 1959, 1960). Dieser Anstieg der Schneegrenze zum Zentrum ist durch die abschirmende Wirkung feuchtigkeitsbringender Luft- massen durch die randlichen Gebirge zu erklären (FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001, FRENZEL ET AL. 1995, vgl. auch LEHMKUHL 1995 und LEHMKUHL ET AL. 2002).

1. Einführung 22

1.8.3. Spätglazial und Frühes Holozän

Im Postglazial gingen in weiten Teilen der Nordhemisphäre nach der Ältesten Tundrenzeit (ab ~ 17.000 cal y B.P. in GLIEMEROTH 1995) mit den Interstadialen Bølling und Allerød (13.650 – 13.350 cal y B.P. und 13.150 – 12.150 cal y B.P., dazwischen Ältere Tundrenzeit 13.350 – 13.150 y B.P., s. GLIEMEROTH 1995) Warmphasen einher, bevor der darauf folgende Kälterück- schlag der Jüngeren Tundrenzeit (Younger Dryas) etwa 11.000 bis 10.000 y B.P. (14C) (PETEET 1995, s. weitere Lit. dort, 12.150 – 11.350 cal y B.P. in GLIEMEROTH 1995, 12.410 cal y B.P., bzw. Übergang Younger Dryas-Präboreal 11.590 y B.P. in FRIEDRICH ET AL. 2004) folgte. Danach begann schließlich die klimatische Verbesserung mit einem wärmer und feuchter wer- denden Klima im frühen Holozän. Die Untersuchungen von YANCHEVA ET AL. (2007) konnten anhand der paläomagnetischen Be- funde und anderer Daten aus Seesedimenten und Höhlenstalagmiten, SO-China, zeigen, dass vor der Bølling/Allerød-Phase, während der Jüngeren Tundrenzeit, sowie während des Mittleren und Späten Holozäns, stärkere Winde des Wintermonsuns und schwächere Sommermonsun- aktivitäten herrschten. Zwischen der Jüngeren Tundrenzeit und etwa 8.000 cal y B.P. werden in zahlreichen paläokli- matischen Studien Europas und am Nordatlantik mehrere kühle Phasen beschrieben (z.B. NESJE ET AL. 2006, STARKEL 1999 und Lit. dort). Auf dem TP werden beispielsweise zwischen etwa 8.700 - 8.300 cal y B.P. am Zigetang Co (HERZSCHUH ET AL. 2006b), bzw. zwischen ~ 8.000 und ~ 9.000 y B.P. (WINTER 2004), am Am See Cuoe zwischen ~ 8.840 und ~ 8.560 cal y B.P. (WU YANHONG ET AL. 2006), am Nam Co zwischen etwa ~ 8.100 und ~ 7.800 14C y B.P. (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008), sowie im Westen am Sumxi Co zwischen um etwa 8.000 und 7.000 14C y B.P. (GASSE ET AL. 1991) sowie am Longmu Co um ~ 7.900 y B.P. (FONTES ET AL. 1993) und Bangong Co zwischen 8.000 und 7.700 y B.P. (VAN CAMPO ET AL. 1993, 1996, GASSE ET AL. 1996, FONTES ET AL. 1996) kühle und trockene Phasen erwähnt. JIN ZHANGDONG ET AL. (2007) diskutieren die zeitlichen Unterschiede dieser kühlen Periode, die den Autoren zufolge mindestens etwa zwischen 200 und 500 Jahren anhielt und im Vergleich mehrerer Studien zwischen 9.000 und 7.600 y B.P. liegt. Allerdings ist die bisherige Datengrundlage unzureichend, um diese Phase in den unterschiedlichen klimabeeinflussten Regionen Chinas (zeitlich) abzusichern. SCHLÜTZ ET AL. (2007) interpretieren in SO-Tibet (Damxung) die Vegetationsveränderung um 8.500 cal y B.P. (interpoliert) allerdings als Folge von Weideeinfluss, entweder durch Wildtiere oder bereits durch domestizierte Yakherden.

Die erste Asiatische Monsunzirkulation nach dem LGM (besonders Indischer Monsun) ist mit dem Beginn des Bølling/Allerød (hier dargestellt um 14.800 cal y B.P.) zu verzeichnen (s. Lit. in HERZSCHUH ET AL. 2005), bzw. nach 12.500 y B.P. (LISTER ET AL. 1991). Seit Beginn des Holozäns vollzog sich ein Wechsel von trocken-kalten zu feucht-warmen Perio- den. Nimmt man den Beginn der Entwicklung von Mooren als „klimatischen Indikator“, so be- gann das Holozän auf dem Qinghai-Xizang Plateau um 9.970 ± 135 bis 8.175 ± 200 y B.P. (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987). In Hongyuan, Becken von Zoigê, O-TP, konnte an zwei Pro- filen der Beginn der einsetzenden Vermoorung bei 9.800 ± 90 y B.P (Hongyuan II), sowie 9.700 ± 110 und 9.350 ± 100 y B.P. (Hongyuan I) 14C datiert werden (THELAUS 1992). FRENZEL (1994b) fand im selben Becken ein Profil mit Basisdatum > 9.535 ± 145 y B.P.. Ältere Profile konnten in dieser Region von WANG FUBAO ET AL. (1996), LIU GUANGXIU ET AL. (1994b) und SHEN CAIMING (2003) pollenanalytisch untersucht werden, die um diese Zeit den Übergang vom Spätglazial zum Holozän deutlich anzeigen. Zahlreiche 14C- Basisdaten des TP zeigen vor allem Phasen verstärkten Moorwachstums zwi- schen 10.000 und etwa 9.100 y B.P., sowie um etwa 5.800 und 4.600 y B.P., aber auch gegen ± 2.000 y B.P. (FRENZEL 2002b, FRENZEL ET AL. 1995, vgl. auch FRENZEL 1994a, 1998).

Nicht nur Niedermoorbildungen, sondern auch höhere Seespiegelstände in W- und S-Tibet, sowie des Qaidam-Beckens, belegen ein feuchter und wärmer werdendes Klima im Frühholo- zän (10.000 bis 7.500 y B.P.) (s. Kap. 1.8.1.1.). YANG WENBO ET AL. (1995) beschreiben jedoch für das gesamte Holozän im Qaidam Becken vorwiegend trockene und warme Klimate, mit ei- ner etwas feuchteren und wärmeren Phase zwischen 11.000 bis 8.000 y B.P. – dies zeigen die Werte stabiler Isotope anhand von Material des Dabusun Sees (YANG WENBO ET AL. 1995).

1. Einführung 23

Während des Übergangs Pleistozän-Holozän um 11.500 cal y B.P. sind generell verstärkte Sommermonsunaktivitäten des Indischen und des SO-Monsuns zu erkennen (HERZSCHUH 2006, TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999).

ZHOU S.Z. ET AL. (1991) untersuchten u.a. mehrere Seen auf dem TP. Es zeichneten sich fast überall niedrige Seespiegelstände zu Beginn des Holozäns ab, die zwischen 8.000 und 7.000 y B.P. jedoch wieder anstiegen. Die hohen Stände blieben bis etwa 3.000 y B.P. erhalten, bevor alle dort untersuchten Seen bis in die Gegenwart wieder schrumpften (vgl. hierzu auch JIN HUIJUN ET AL. 2006).

Mehrere Profile aus dem Nianbaoyeze Shan, O-TP, zeigen generell geringe holozäne Baum- vorkommen und spiegeln weitgehend Kobresia-Matten wider. Dennoch lässt sich anhand mancher PD eine klimatische Verbesserung z.B. durch die Einwanderung von Baumtaxa im frühen Holozän ableiten (SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Im Becken von Zoigê war die Ausbreitung und Einwanderung von Koniferen und Laubbäumen, bereits ab etwa 16.000 (nach 18.000) y B.P. erfolgt. Es scheint doch einen leichten Klimarück- schlag zwischen 13.000 und 11.000 y B.P. gegeben zu haben, der jedoch nicht weiter interpre- tiert wird, bevor sich das Klima danach mit dem Beginn des Holozäns um etwa 10.200 y B.P. deutlich verbesserte. Bis etwa 6.000 y B.P. wird das klimatische Optimum angezeigt. Im Becken von Zoigê zeigen pollenanalytische Befunde diese Phase zwischen 7.000 und 6.000 y B.P. an (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, vgl. auch FRENZEL 1994b und THELAUS 1992). WANG FUBAO ET AL. (1996) gehen in dieser Gegend anhand pollenanalytischer Untersuchungen von einem Beginn der „megathermalen Phase“ um 9.400 y B.P. aus, die bis 4.050 y B.P. anhielt.

Ergebnisse am Westufer des Nam Co („Zanongtang“) zeigen anhand sedimentologischer Para- meter und Sporomorphen aus lakustrinen Sedimenten einen Wechsel in der Zeit seit 9.010 - 8.560 y B.P. von schwach kalt-trocken hin zu feucht bis relativ feuchten Bedingungen (ZHU DA- GANG ET AL. 2003). Wu ZHONGHAI ET AL. (2003) stellen einen Rückgang des Seespiegels am Nam Co seit dem LGM in der Zeit zwischen etwa 11.800 bis 4.200 y B.P. fest, der jedoch immer noch um 2 bis 9 m höher lag als der heutige. Die Altersdatierungen deuten jedoch auf starke Störungen der Pollenprofile hin. Neuerdings sind sedimentologische Ergebnisse aus einer Wasserbohrung im östlichen Teil des Nam Co bei 90°16′ ~ 91°03′E, 30°30′ ~ 55′N bekannt geworden. Demnach zeigen die sedi- mentologischen Parameter zwischen 8.400 und 6.900 14C y B.P. einen leichten Wechsel von warmen hin zu kühlen Klimaten mit einer trocken-kalten Periode zwischen etwa 8.100 und 7.800 14C y B.P.. Zwischen ~ 6.900 und ~ 2.900 14C y B.P. wechselt den Interpretationen zu- folge das Klima von warm-feucht zu kalt-trocken (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008). Anhand von Untersuchungen der n-Alkane dieses Bohrkernes vom Nam Co lassen sich Pflanzen des Benthos von terrestrischen Pflanzen unterscheiden und somit auf Wassertiefen bzw. Seespie- gelschwankungen schließen. Zwischen etwa 6.900 und 6.000 y B.P. deuten die n-Alkane auf sinkende Seespiegel. Zwischen etwa 6.000 und 2.900 y B.P. leiten die Autoren anhand der Alkanketten flachere Zustände ab und vermuten erhöhte Einträge von Oberflächenwasser (ZHU LIPING ET AL. 2008).

Für die Zeit zwischen etwa 10.600 bis 8.700 cal y B.P. wurden anhand von Sedimentanalysen des Zigetang Co, Zentral-TP, hohe Seespiegelstände rekonstruiert. Danach bis etwa 5.000 cal y B.P. zeigen Sedimentationswechsel wechelnde Klimate an, die zwischen etwa 4.150 und 4.270 cal y B.P. von feucht zu trocken wechseln. Starke Winde charakterisieren diese Phase. Seit etwa 5.000 Jahren (cal y B.P.) treten Schwankungen mit der Abfolge nass-trocken-nass auf (SHEN HUIYAN ET AL. 2007). Kühle und trockene Phasen desselben Sees rekonstruierten HERZSCHUH ET AL. (2006b, vgl. WINTER 2004) um etwa 8.700 bis 8.300 cal y B.P.. Durch pollenanalytische Auswertungen und Biomrekonstruktionen zeichnet sich dort klimatisch die Optimumsphase zwischen etwa 7.300 und 4.400 cal y B.P. ab.

Sedimentuntersuchungen anhand von 18O-Analysen am Siling Co zeigen rapide Erhöhungen von Feuchtigkeit und Temperatur um etwa 10.000 y B.P. (s. AN ZISHENG ET AL. 2000). Am See Cuoe werden anhand sedimentologischer Untersuchungen (Lithologie, C/N-Verhältnis, Korngrößenzusammensetzung, δ13C-Gehalte, u.a.) vor 10.140 cal y B.P. kalt-trockene Klimate angezeigt. Danach lassen sich bis 8.450 cal y B.P. drei Sub-Stadien in der Übergangsphase 1. Einführung 24 unterscheiden: Nasse und kalte Bedingungen herrschten wohl bis etwa 9.750 cal y B.P., bis etwa 8.840 cal y B.P. war es wärmer, bevor es bis ca. 8.560 wieder kühl und trocken wurde. Das holozäne Klimaoptimum zeigt sich hier wohl zwischen 8.560 und 5.750 cal y B.P., mit einer trocken-kalten Phase um etwa 7.280 bis 6.750 cal y B.P. (WU YANHONG ET AL. 2006).

Pollenanalytische Ergebnisse zeigen am Ahung Co und Xuguo Co, Zentral-TP, zwischen 8.500 - 6.500 cal y B.P. und vor allem zwischen 8.500 und 7.200 cal y B.P. starke monsunale Aktivitä- ten an. Seit ca. 6.500 cal y B.P. wird ein Trend zum trockeneren Klima interpretiert. Der Ahung Co ist ein Süßwassersee der Steppe des Zentral-TP (SHEN CAIMING 2003).

Auch aus W-Tibet liegen Angaben vor. So beschreiben VAN CAMPO & GASSE (1993) anhand eines Bohrkerns des Sumxi Co-Beckens, die dortige holozäne Klimageschichte anhand von Pollen- und Diatomeen-Analysen. Das Becken liegt im Gebiet der Kältewüste, wie die Verhält- nisse von Evaporation zu Niederschlag (E/P) zeigen (Lit. in VAN CAMPO & GASSE 1993). Dabei zeigt sich, dass von ca. 14.000 y B.P. bis ca. 12.500 y B.P. (14C) trockene, „wüstenähnliche“ Bedingungen geherrscht hatten. In der nachfolgenden Zeit stieg der Einfluss des Indischen Monsuns bis zum Mittleren Holozän. Ab ca. 10.000 y B.P. (14C) ist eine rapide Erwärmung zu verzeichnen, mit einem Temperaturmaximum bei ca. 8.000 bis 6.000 y B.P. (14C). Die Nieder- schlagssummen nehmen zwischen 9.300 und 6.200 y B.P. (14C) zu, unterbrochen von einer Trockenphase um etwa 8.000 bis 7.000 y B.P. (7.700 y B.P., 14C), deren Ursache VAN CAMPO & GASSE (1993) in einem plötzlichen Ungleichgewicht des Klimasystems vermuten (vgl. auch GASSE ET AL. 1991). Diese Ergebnisse wurden durch Untersuchungen stabiler Isotope (18O und 13C) der Seesedi- mente des Sumxi Co und Longmu Co, die bis zum Frühen/Mittleren Holozän zu einem See ver- eint waren, ergänzt und bestätigt (FONTES ET AL. 1993).

Nach AVOUAC ET AL. (1996) erreicht dieser Sumxi Co-Longmu Co, W-Tibet, um etwa 7.700 bis 6.000 y B.P. sein Maximum mit einem um 230 m höheren Seespiegel als heute. Innerhalb von nur 120 Jahren sank der Seespiegel schließlich um mindestens 160 m, obwohl um diese Zeit von einem ausreichenden Wasserzufluss in Form von Gletscherschmelzwässern und Nieder- schlägen ausgegangen werden kann. Die Autoren plädieren dennoch für einen Rückgang der Niederschläge, bzw. für einen Anstieg der Evapotranspiration, da für diese Zeit keine Hinweise auf eine plötzliche Abkühlung oder Rückgänge des Einzugsbereichs des Paläosees aufgrund topographischer Veränderungen vorliegen (AVOUAC ET AL. 1996).

Vergleichbare Rückschlüsse wurden später für den Bangong Co anhand von stabilen Isotopen aus Karbonaten gezogen. Die 14C-Messungen zeigen jedoch, dass nichtorganische Karbonate, sowie dort lebende Organismen, ein deutlich höheres 14C-Alter aufweisen. Das Alter des See- wassers wurde demnach durch das Alter organischer Sedimente oder durch Grundwasserein- flüsse verändert (FONTES ET AL. 1996). VAN CAMPO ET AL. (1996) rekonstruieren anhand der pollenanalytischen Ergebnisse im Bangong Co-Becken aride Bedingungen vor etwa 9.600 y B.P., die abrupt seit dieser Zeit in feuchte und wärmere Bedingungen übergehen und bis etwa 6.200 y B.P. anhalten, jedoch im- mer wieder von kurzzeitigen Klimaschwankungen unterbrochen werden. Es lässt sich nach ei- ner erneuten trockenen Phase zwischen 8.000 und 7.700 y B.P. eine zweite klimatische Ver- besserung seit dem Spätglazial mit Optimum in der Zeit von 7.200 bis 6.500 y B.P., bzw. bis etwa 6.200 y B.P., wie auch die Sedimentanalysen desselben Sees zeigen (FONTES ET AL. 1996), rekonstruieren. BROWN ET AL. (2003) folgern am selben See anhand von Datierungen (10Be) geomorphologischer Befunde in der Zeit zwischen 11.500 bis etwa 7.000 y B.P. humide Klimate als Folge zunehmender Niederschläge durch die einsetzende und verstärkte Monsun- zirkulation,

Zusammenfassend zeigt sich, dass in W-Tibet am Sumxi Co- und Bangong Co eine rapide Zu- nahme der Sommermonsunaktivität ab etwa 10.000 bis 9.500 y B.P. nachweisbar ist, die zu warm-feuchten Konditionen führte. Die Maxima der Monsunaktivitäten lagen zwischen 9.500 bis 8.700 und 7.200 bis 6.300 y B.P. (GASSE ET AL. 1996). Am Siling Co, Zentral-Tibet, wurden durch 18O-Analysen von Sedimenten erhöhte Niederschläge und Temperaturen ab etwa 10.000 y B.P. festgestellt (s. AN ZISHENG ET AL. 2000). 1. Einführung 25

Der See Zhari Namco (ZHENG MIANPING ET AL. 2000) hatte mindestens 7.000 ± 150 y B.P. einen 22 m höheren Seewasserspiegel und war damals ein Süßwassersee, bevor er sich später zu einem Salzsee veränderte (WANG F. ET AL. 1981). CHEN KE-ZAO ET AL. (1981) zeigen anhand des Beckens des Zhacancaka Salzsees im W-TP den Wechsel eines im frühen Holozän großen Sees zum heutigen Zustand (mehrere kleine Salzseen) auf. HUANG QI (1980) unterscheidet zwei Stadien, in denen eine Vergrößerung des Sees stattfand: Zwischen 8.100 bis 7.000 y B.P. und 6.000 bis 5.000 y B.P. führte der See Süß- wasser. Davon zeugen zwei starke Schlammschichten, die durch eine Salzschicht getrennt sind (s. auch weitere Ausführungen hinsichtlich der Seesedimentgenese WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987). Eine Versalzung der Seen kann durch höhere Evaporation bei geringerer Wasserzufuhr entstehen.

Am Co Qongjiamong, S-TP, herrschte seit etwa 14.100 cal y B.P. bis ca. ~ 10.800 cal y B.P. Steppenklima, mit einem zwischenzeitlichen Temperaturrückgang, wohl der Jüngeren Tundren- zeit (Younger Dryas) entsprechend. Danach zeigen die Zunahmen des Baumpollen (BP) Betula, Pinus u.a. eine Verbesserung des Klimas an (SHEN CAIMING 2003).

WANG FU-BAO & FAN C.Y. (1987) unterscheiden zusammenfassend aufgrund diverser Untersu- chungen von Moor- und Sand/Schotter-Schichten und weiterer geologischer Parameter konkret fünf klimatische Intervalle seit dem frühen Holozän auf dem südlichen Qinghai-Xizang-Plateau: Das Wumadung-Intervall (10.000 – 7.500 y B.P.: kalt und trocken), Qilongduo-Intervall (Yali period) (7.500 - 3.000 y B.P.: warm und feucht: außer 5.500 - 4.700 y B.P.: warm aber trocken), das „mid-Neoglacial“ (3.000 - 1.500 y B.P.: kalt, außer zwischen 2.500 und 2.000 y B.P.: etwas wärmer), das Dawelong-Intervall (1.500 - 300 y B.P.: mild) und die „Kleine Eiszeit“ (ab 300 y B.P.: kalt). Die Durchschnittstemperaturen auf dem Plateau für das Qilongduo-Interval werden durch den Nachweis von Waldflecken und -inseln im Süden des Plateaus und an den Nordhängen des Gangdise-Gebirges auf ca. 5 °C geschätzt (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987).

JARVIS (1993) beschreibt für SW-Sichuan um etwa 10.000 y B.P. (14C) eine Erhöhung der Sommertemperaturen. Gleichzeitig rückt der S-Asiatische Monsun stärker nach SW-Sichuan vor. Die Zeit davor war durch Trockenheit und Kälte geprägt. Frühe kurze klimatische Rück- schläge, wie z.B. während der Jüngeren Tundrenzeit (Younger Dryas), konnten dort bisher nicht gezeigt werden, weil das Material nicht weit genug zurückreicht. Das Frühe Holozän beschreibt sie dort als eine Zeit mit erhöhten Sommertemperaturen, kalten Wintern und gleichmäßiger über das Jahr verteilten Niederschläge. Ab ca. 9.100 y B.P. ändert sich das Klima zu einem leicht wärmeren und feuchteren hin, mit höheren Niederschlägen.

Pollenanalysen aus Bohrkernen aus Yunnan (Er Yuan) liefern keine sicheren Hinweise auf klimatische Veränderungen seit etwa 10.500 y B.P. Die Zeit von etwa 17.000 y B.P. zeigt anhand von Veränderungen der Waldzusammensetzung bis etwa 15.000 y B.P. niedrigere Baumgrenzen infolge niedrigerer Temperaturen. Bis etwa 14.000 y B.P. folgen vermutlich wärmere oder kürzere, feuchtere Winter, denen kurze, oszillierende Vegetationsveränderungen bis etwa 10.500 y B.P. folgen. Desweiteren fallen in dieser Zeit höhere Niederschläge auf, die sich ab ca. 10.500 y B.P. auf die heutigen Regenmonate verteilen, bis sich schließlich seit 7.500 y B.P. Klimate, ähnlich den heutigen, einstellten (LIN SHAOMENG ET AL. 1986). WALKER (1986) betont, dass diese Vegetationsveränderungen, sowie die untersuchten Vorgänge (LIU JINLING ET AL. 1986), nicht unbedingt anhand markanter monsunaler Veränderungen abgeleitet werden müssen, sondern dass sich dahinter vielmehr Folgen stärkerer und häufigerer anderer direkter Einflüsse und Störungen verbergen. In Yunnan werden anhand sedimentologischer Untersuchungen zweier Seen seit 12.000 cal y B.P. höhere Temperaturen angenommen, mit einem stärker werdenden SW-Sommermonsun, der sein Maximum bis ca. 8.000 cal y B.P. erreicht und danach bis zur Gegenwart schwächer wird (HODELL ET AL. 1999).

In NO-Tibet (See Luanhaizi) sind für das Spätglazial hohe Seespiegelstände zu verzeichnen, die auf starke Klimaschwankungen in der Gegend des Qilian-Gebirges schließen lassen. Nach einer Playa-Phase (vermutlich LGM) folgte eine Phase höherer Seespiegel, vermutlich durch Gletscherschmelze, bevor um ~ 16.000 cal y B.P. instabile Bedingungen einkehren. Die fol- gende Bølling/Allerød-Phase (~ 14.800 cal y B.P.) zeigt feuchtere Bedingungen mit höheren 1. Einführung 26

Temperaturen an, wie die höheren Seespiegel und eine höhere Baumgrenze von Picea, bewei- sen. Höhere Seespiegel als eine Folge des Beginns des Sommermonsuns (nach dem LGM) oder eben als eine Folge lokal schmelzender Gletscher zu interpretieren, ist nicht sicher. Wäh- rend des Frühen Holozäns konnten in NO-Tibet die höchsten Seespiegelstände des Luanhaizi festgestellt werden (HERZSCHUH ET AL. 2005).

Am Beispiel des Qinghai, mit 4278 km2 (4635 km2 nach KELTS ET AL. 1989, ZHENG MIANPING 1997) größter See Chinas, zeigen lithostratigraphische, sowie Sauerstoffisotopen-Unter- suchungen aride Bedingungen bis zu dem in Europa mittleren Bølling-Interstadial um etwa 12.500 y B.P. an (LISTER ET AL. 1991). Die Basis der Kernprofile des Qinghai werden auf mindestens 13.500 y B.P. geschätzt. Der heutige Salzsee (mesosalin 14 g/l Salz) führte zwischen etwa 12.000 bis 10.500 y B.P. Süßwasser und hatte höhere Seespiegelstände. Ab ca. 10.500 y B.P. änderten sich die Bedingungen schlagartig mit sinkenden Seespiegeln und zunehmender Salinität. Im Frühholozän gab es auch deutliche Seespiegelschwankungen. Seit etwa 10.000 y B.P. bildete der See ein geschlossenes System (KELTS ET AL. 1989). Mehrere Jahrhunderte nach 11.800 y B.P. (Europa = Jüngere Tundrenzeit) folgten aride Perio- den, bevor sich Phasen höherer Seespiegelstände am Qinghai anschlossen (LISTER ET AL. 1991, vgl. auch SHEN ET AL. 2005 und ZHENG MIANPING ET AL. 2000). Das Klimaoptimum wird nach den Untersuchungen am Qinghai-See allerdings für die Zeit zwischen ~ 6.800 bis 3.000 y B.P. angegeben (LISTER ET AL. 1991).

Untersuchungen an Eisbohrkernen des Dunde ice cap, nördliches Zentral-TP, zeigen einen rapiden Klimawechsel um 10.000 y B.P. an, mit einem holozänen Klimaoptimum zwischen 8.000 und 6.000 y B.P. (THOMPSON ET AL. 1989, vgl. LIU KAM-BIU ET AL. 1998). CHEN FA-HU ET AL. (2006) weisen für dieselbe Region, hier nördlich des Qilian-Gebirges im Entwässerungsbecken des Shiyang Flusses, anhand pollenanalytischer Ergebnisse ebenfalls das Maximum der Wasserführung im frühen Holozän nach.

Außerhalb des TP liegen u.a. aus der zentralen Inneren Mongolei Ergebnisse von Unter- suchungen der Paläoböden und von Dünensand vor. Trockene Klimate herrschten dort in der Zeit zwischen 11.500 und 9.000 y B.P. (SUN JIMIN ET AL. 2006).

1.8.4. Mittleres und Spätes Holozän

Die zeitlichen Angaben zum holozänen Klimaoptimum auf dem TP, sowie der angrenzenden Gebiete, variieren sehr. Teilweise fällt ein früherer Beginn, bzw. früheres Ende des (früh)holozänen Optimums im Norden des TP auf. Die Unterschiede sind wohl in den unter- schiedlichen Einflussbereichen der Sommermonsun- und Windsysteme zu suchen.

SHEN CAIMING (2003) betont die Verschiebung der Sommermonsunaktivitäten im Hinblick auf Beginn und Dauer. Diese erfolgten mit einem früheren Beginn und einer längeren Dauer im Südwesten, abnehmend nach Nordosten. Dagegen werden monsunale Zunahmen um 9.000 y B.P. (SO-Monsun), 8.500 y B.P. (SW-Monsun) und 7.500 y B.P. bis nach NW-TP gedeutet. Danach nahm die Monsunintensität zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Regionen ab, wie z.B. durch Abnahmen der A/C-(Artemisia/Chenopodiaceae)Verhältniswerte gedeutet wird. Diese fanden vor allem um 4.500 y B.P. (Zentral-TP), ~ 4.000 y B.P. (östliches Zentral- TP), statt. Hierauf ist später erneut zurückzukommen. Die Abnahme des Monsuneinflusses erfolgte allmählich von NW nach SO (SHEN CAIMING 2003): In NO-China liegt das holozäne Optimum zwischen 10.000 bis 8.000 y B.P., im nördlichen und nordöstlichen Zentral-China um 10.000 bis 7.000 y B.P., in den Gebieten der Mittel- und Unterläufe des Jinsha Jiang (Yangtze) zwischen etwa 7.000 und 5.000 y B.P. und zuletzt in S- China um etwa 3.000 y B.P. Der Beginn des holozänen Optimums liegt in China also zwischen 10.000 und 7.500 y B.P. und endet zwischen etwa 5.000 und 2.000 y B.P. (AN ZISHENG ET AL. 2000, FENG Z.-D. ET AL. 2004, vgl. auch SHI YAFENG ET AL. 1993). Bei diesen Rekonstruktionen bleibt allerdings der menschliche Einfluss unberücksichtigt. Mehrere Autoren gehen auf dem TP von bis zu 3 °C bis 5 °C höheren Temperaturen im Ver- gleich zu heute während des holozänen Klimaoptimums aus (s. Lit. in LEHMKUHL ET AL. 1999, vgl. dazu jedoch FRENZEL 1994b und FRENZEL ET AL. 1992: max. + 2 °C höher). 1. Einführung 27

HERZSCHUH (2006) beschreibt extreme Unterschiede der Feuchtigkeitsbedingungen während des holozänen Optimums. Die Angaben zum holozänen Klimaoptimum unterscheiden sich allerdings zeitlich in einer oft unerklärlichen Weise. Datierungsdefizite und ein Mangel an Analy- sestandorten können u.a. ebenso Erklärungen dafür sein, wie die Veränderungen der monsu- nalen Einflüsse und der Westwinde einzelner Regionen, falls diese Veränderungen nur klima- tisch gedeutet werden (vgl. unten).

Betrachtet man die hier ausgewerteten vegetationsgeschichtlichen, paläoökologischen und pollenanalytischen Arbeiten, so kann frühestens der Beginn der frühholozänen Klimaverbesse- rung zwischen ~ 12.000 y B.P. und 6.800 y B.P. und das Ende der Optimumsphase zwischen ~ 8.000 y B.P. und 3.000 y B.P. zusammenfassend angegeben werden (Kap. 1.8.3./1.8.4. und Kap. 1.10.2./1.10.3.). Die zeitlichen Unterschiede ergeben sich durch regionale Differenzen, teils aber auch durch die angewandten Methoden. Das Bestreben, diese Veränderungen aus- nahmslos klimatisch zu erklären, obwohl der menschliche Einfluss (Kap. 1.12.1. und Kap. 1.13.) an der Grenze zu Trockengebieten und in Hochgebirgen besonders gefährlich werden kann, scheint für die beschriebenen Differenzen ebenso eine entscheidende Rolle zu spielen.

Das Mittelholozän unterscheidet sich im Gegensatz zum heutigen Klima durch wärmere und feuchtere Klimate. Allerdings weisen die Sedimente am See Qinghai seit ca. 6.000 y B.P. auf relativ stabile Be- dingungen bis heute hin (KELTS ET AL. 1989).

HUANG WEIWEN (1994) deutet die datierten Knochenartefakte aus der Gegend von Qamdo, O- Tibet, als Hinweis auf ein feuchteres und wärmeres Klima in der Zeit um etwa 5.000 y B.P. (~5.500 und ~ 4.300 cal y B.P.). Insgesamt konnten 14 wildlebende Tierarten, darunter Macaca, Lepus, Ochotona, Rattus, Marmota himalayana, Vulpes, Sus, Hydropotes inermis, Cervus elaphus, Capreolus capreolus, Bovidae, Procapra picticaudata, Naemorhedus goral und Capricornis aus den Artefakten bestimmt werden.

Am Co Qongjiamong, S-TP, wird ab ca. 6.600 cal y B.P. eine Schwächung des Sommermon- suns interpretiert, aufgrund pollenanalytischer Veränderungen durch BP-Rückgänge und Artemisia-Zunahmen (SHEN CAIMING 2003). In der Yunnan Provinz liegt das Klimaoptimum bei ca. 8.400 cal y B.P. und hält bis mindestens 6.370 cal y B.P. an. Seit dieser Zeit sind allerdings vegetationsgeschichtliche Veränderungen vor allem hinsichtlich der Waldzusammensetzung zu erkennen, die nach SHEN ET AL. (2006) auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen sind. Dies wird in Kap. 1.12.1. ausführlich darge- stellt werden.

Außerhalb des TP wird das mittelholozäne Klimaoptimum in der zentralen Inneren Mongolei aufgrund von Analysen an Material aus Paläoböden und Dünensand in die Zeit zwischen 9.000 und 5.600 y B.P. gestellt (SUN JIMIN ET AL. 2006). In der Xinjiang-Region, W-China, zwischen 8.000 und 7.000 bis 4.500 und 3.000 cal y B.P. (FENG Z.-D. ET AL. 2006). Auf dem W-Chinesischen Lössplateau leitet sich das holozäne Optimum (~ 10.000 bis 4.000 cal y B.P.) aufgrund chronostratigraphischer Untersuchungen ab (FENG Z.-D. ET AL. 2004). In SO/O-China zwischen 7.600 und 4.800 cal y B.P. (YI SANGHEON ET AL. 2006).

Nach dem holozänen Klimaoptimum wird vielfach ein klimatischer Trend hin zum trockenen und kühleren, teils aber auch zum wärmeren, gedeutet. Meist ist dies durch einen schwächer wer- denden Sommermonsun, teils auch durch eine Verstärkung des Wintermonsuns, begründet. Die Ergebnisse der zahlreichen Autoren variieren jedoch zeitlich und räumlich sehr. Es sei bereits hier darauf verwiesen, dass zahlreiche Arbeiten zu diesem Trend aufgrund pol- lenanalytischer Ergebnisse, sowie von Biommodellierungen und –rekonstruktionen führen (z.B. VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, CHEN FA-HU ET AL. 2006, GASSE ET AL. 1991, 1996, HERZSCHUH ET AL. 2004, 2005, 2006ab, JARVIS 1993, LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, LIU HONGYAN ET AL. 2002, LIU KAM-BIU ET AL. 1998, SCHLÜTZ 1999, SHEN CAIMING 2003, SHEN ET AL. 2005, TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999, TARASOV ET AL. 2006, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, WANG FUBAO ET AL. 1996, WINTER 2004, YE GU ET AL. 1998, ZHU DA-GANG ET AL. 2003, u.a.). Nicht-pollenanalytische Arbeiten, wie z.B. Ergebnisse aus Eisbohrkernen, sedimentologische Analysen, Isotopenanalysen, u.a., stehen diesen gegenüber. 1. Einführung 28

Die Monsunschwächung wird meist mit einem Rückgang der sommerlichen Sonneneinstrahlung begründet (OVERPECK ET AL. 1996, Lit. in MORRILL ET AL. 2006).

Seit etwa 6.000 y B.P. werden für das TP erhöhte Sommertemperaturen und/oder längere Wachstumsphasen angenommen, wie YE GU ET AL. (1998) anhand von Biomrekonstruktionen interpretieren. WANG FU-BAO & FAN C.Y. (1987) beschreiben dem gegenüber für das „Mid-Neoglacial-Interval“ (3.000 - 1.500 y B.P.) signifikante Gletschervorstöße auf dem TP. Auch verlagert sich die südli- che Grenze des Dauerfrostgebietes in dieser Zeit etwa 200 km südwärts. Seit 3.000 y B.P., außer während des milden Dawelong-Intervalls zwischen 1.500 - 300 B.P., ist auf dem Qinghai-Xizang Plateau ein trockener und kälter werdendes Klima zu verzeichnen, die Ursachen bleiben unklar (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987). Ein Aridisierungstrend zeichnet sich auch im Qilian-Gebirge, N-TP (NW-China), seit etwa 3.000 y B.P. ab (HERZSCHUH ET AL. 2005 und Lit. dort). JIN HUIJUN ET AL. (2006) stellen eine Abkühlung auf dem TP in der Zeit zwischen etwa 4.000 - 3.000 y B.P. und 1.000 y B.P. anhand paläoklimatischer und –geographischer Interpretationen fest.

XU HAI ET AL. (2006) fanden anhand von δ18O-Untersuchungen in Zellulose aus dem Moor von Hongyuan, O-TP, Temperaturschwankungen und interpretieren diese aufgrund von Verände- rungen der Sonnenaktivität (14C). Zwischen 6.000 und 4.200 y B.P. gehen die Autoren von ge- nerell niedrigeren Temperaturen aus, die zudem deutlich oszillieren. Höhere Temperaturen er- scheinen zwischen 4.200 bis 1.500 y B.P., wohingegen die Temperatur seit 1.500 y B.P. fällt.

SCHLÜTZ (1999) interpretiert anhand pollenanalytischer Untersuchungen an Profilen des Nianbaoyeze Shan einen klimatischen Rückschlag seit etwa 5.300 y BP., ein weiterer im jünge- ren Holozän um etwa 2.700 y B.P. Im Becken von Zoigê wird ab 6.000 y B.P. anhand des Waldrückzuges eine klimatische Ab- kühlung interpretiert (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b), nach WANG FUBAO ET AL. (1996) dagegen seit 4.050 y B.P.. THELAUS (1992) und FRENZEL (1994b, DAMBACH unveröffentlicht) deuten die- sen BP-Rückgang und die Veränderung der Vegetation jedoch als einen gravierenden Eingriff des Menschen und weniger einer starken Klimaänderung. Am Nianbaoyeze Shan werden jetzt die Veränderungen der Vegetation ebenfalls seit dieser Zeit als Folgen von menschlichen Akti- vitäten interpretiert (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009).

Nach neuesten seesedimentologischen Ergebnissen eines Bohrkernes in 60 m Tiefe aus der Osthälfte des Nam Co, Zentral-TP, ging in der Zeit zwischen etwa 6.900 (6.400) und 2.900 14C y B.P. das Klima von wärmeren und feuchteren Bedingungen zu kälteren und trockeneren über, mit einem geringeren Kälteeinfluss um etwa 2.900 y B.P, jedoch trockenerem Klima. Die Zeit bis zur Gegenwart zeigt eine generelle Tendenz hin zu trocken-kalten Klimaten. Dies galt vor allem für die Zeit zwischen ~ 1.700 bis 1.500 14C y B.P. und 800 - 300 14C y B.P.. Dazwischen wurde eine temporäre Temperaturzunahme abgeleitet. Die jüngste Periode könnte der „Kleinen Eiszeit“ entsprechen (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008). Am Westufer des Nam Co wurde durch ZHU DA-GANG ET AL. (2003) anhand sedimentologischer und pollenanalytischer Analysen nach dem holozänen Klimaoptimum ein genereller Trend hin zum Trockenen gedeutet, wobei sich warm-feuchte Klimate vor allem zwischen 4.870 und 2.350 y B.P. abzeichnen. Jedoch sind deutliche Störungen in der Altersdatierung der PD zu erkennen. Die Autoren schlagen bis zu 5 °C wärmere Temperaturen und höhere Seespiegelstände bis zu 10 m höher als heute vor. Angaben zu den ausgezählten Summen der Sporomorphe fehlen.

Am See Cuoe werden nach der Klimaoptimumsphase bis etwa 4.000 cal y B.P. kühlere und trockenere Bedingungen rekonstruiert, bevor eine Zeit wechselnder Klimate bis etwa 3.000 cal y B.P. folgte (WU YANHONG ET AL. 2006).

Geochemische Analysen und 14C-Datierungen an Sedimenten des Ahung Co bestätigen einen Rückgang der Monsunaktivität, nachdem vor 7.500 cal y B.P. maximale Aktivitäten erfasst wur- den. Sinkende Seespiegel werden mit einhergehenden sinkenden Sommermonsunaktivitäten zwischen 7.500 und 7.000 cal y B.P., sowie um 4.700 cal y B.P. verknüpft. Sedimente der letz- ten 4.000 Jahre fehlen dort. Oberflächensedimente reicherten sich während des 20. Jahrhunderts an, vermutlich nach einem Anstieg des Seespiegels nach einer trockenen Periode 1. Einführung 29 im späten Holozän. Dabei wird auch die Problematik des Hartwasser-Effektes an Material von Wasserpflanzen (Potamogeton) deutlich, wonach ein höheres Alter im Vergleich zum Depositionsalter erwartet und bestätigt wird (MORRILL ET AL. 2006). Für den Zigetang See, Zentral-TP, wird ab etwa 5.000 y B.P. anhand pollenanalytischer Untersuchungen ein kühleres und trockeneres Klima interpretiert (WINKLER 2004), bzw. ein generell kühler Trend durch das Holozän, vor allem seit etwa 4.400 cal y B.P. (HERZSCHUH ET AL. 2006b).

Eisbohrkerne des Zentral-TP (Puruogangri ice cap) werden hinsichtlich der δ18O-Werte als Abkühlung mit Ende des holozänen Optimums interpretiert. Es fallen jedoch auch Abweichungen von dieser Tendenz auf, vor allem bei und ab ca. 4.700 y B.P.. Hohe - - 2- + - Staubkonzentrationen, lösliche Ionen wie F , Cl , SO4 , Na , u.v.a., außer NO3 , sind jedoch Beispiele, die schwer zu interpretieren sind (THOMPSON ET AL. 2006). Die Autoren deuten dies, bezugnehmend auf zahlreiche andere klimatologische Arbeiten als Ausdruck einer möglichen - 2- + + + Trockenphase. Aërosole und Ionen wie NO3 , SO4 , Na , K , NH4 sind vor allem mit hohen Werten zwischen etwa 6.500 y B.P. und 5.500 y B.P. vertreten. Staub-, Ionenwerte und Aërosole in den Abschnitten 6.500, 4.700, 3.800 und 3.300 y B.P. können nicht richtig gedeutet werden, u.a. weil sie nicht in direktem Zusammenhang mit den Ergebnissen des δ18O stehen (THOMPSON ET AL. 2006). Ein arider Trend zeigt sich anhand sedimentologischer Analysen am See Cuoe seit 3.000 cal y B.P. (WU YANHONG ET AL. 2006).

In W-Tibet (Sumxi Co) stellen sich zwischen 5.500 bis 4.300 y B.P. (14C) wieder trockene Be- dingungen ein. Ab 4.300 y B.P. (14C) etablieren sich die heutigen Bedingungen (VAN CAMPO & GASSE 1993). Im Bangong Co-Becken wird aufgrund von Pollenanalysen ein Trend zum trocke- neren hin seit 6.500 y B.P. rekonstruiert, mit ausgesprochen trockenen Perioden bei etwa 5.500, 3.900 - 3.200 und 700 y B.P. (VAN CAMPO ET AL. 1996), sowie um 1.300 y B.P., wie die Ergebnisse stabiler Karbonat-Isotope und anderer Parameter der Sedimentanalysen zeigen (FONTES ET AL. 1996). Zusammenfassend kann dort nach GASSE ET AL. (1996) ein Aridi- sierungstrend mit Maximum bei etwa 4.000 bis 3.000 y B.P. für W-Tibet festgestellt werden, der am Sumxi Co und Longmu Co in allen Parametern ab 5.500 14C y B.P. zu erkennen ist (GASSE ET AL. 1991).

Für SW-Sichuan wird durch JARVIS (1993) ein schwächer werdender Winter- und Sommermon- sun seit 7.800 bis 7.000 y B.P. (14C), besonders stark zwischen 5.000 und 4.000 y B.P. (14C), gedeutet. Die Vegetation verändert sich. Sklerophylle Taxa nehmen zu und deuten auf eine zunehmende Trockenheit im Frühjahr. Die pollenanalytischen Ergebnisse weisen in dieser Zeit (7.800 bis 4.000 y B.P.. 14C) auf einen Übergang von maximalen Temperaturen mit erhöhten Niederschlägen hin zu Regenfällen, die einer stärkeren Saisonalität, aber auch stärkeren Tem- peraturunterschieden zwischen Sommer und Winter (kontinentaler) unterlagen. Seit etwa 4.000 y B.P. (14C) wird das heutige Klima dort gefestigt (JARVIS 1993). TANG LINGYU & SHEN CAIMING (1999) stellen für das SO-TP anhand pollenanalytischer Ergeb- nisse ebenso einen schwächer, jedoch stärker saisonal werdenden Sommermonsun in der Zeit zwischen 4.000 und 1.000 y B.P. fest. Nach ~ 1.000 y B.P. wird es vor allem im Frühjahr und Frühsommer trockener.

Die Gletscherstirn des Rongbuk-Gletschers lag im Mittleren Holozän (8.000 bis 3.000 y B.P.) wohl um 300 bis 600 m höher als heute. Im Späten Holozän stießen die Gletscher in drei Sta- dien wieder vor: Rongbude-Ice-, Tongzhuling Ice-Vorstoß und „Kleine Eiszeit“ (ZHENG BENXING 1988, s. dort weitere Lit.). In NO-Tibet (See Luanhaizi) werden seit dem Mittleren und im Späten Holozän allmählich sinkende Seespiegelstände verzeichnet (HERZSCHUH ET AL. 2005).

Zahlreiche klimatische Untersuchungen zeigen einen Trend zum Trockeneren in NW-China seit etwa 3.000 Jahren an (HERZSCHUH ET AL. 2005, s. Lit. dort), wobei bis etwa 3.400 y B.P. das Klima durch einen starken Sommermonsun und feuchte Bedingungen charakterisiert war. FU CONGBIN (2003) begründet diese Veränderung des O-Asiatischen Monsuns durch veränderte Muster in der Landschaft, verursacht durch die menschliche Nutzung und die spürbare acker- bauliche Ausbreitung in China seit dem 11. Jahrhundert v. Chr., die mit einer merklichen Veränderung der natürlichen Vegetation einhergeht. RUDDIMAN (2003) hält aufgrund 1. Einführung 30

menschlicher Aktivitäten eine Zunahme klimarelevanter Treibhausgase (CO2, CH4) bereits seit mehreren Jahrtausenden für möglich. LIU KAM-BIU ET AL. (1998) untersuchten pollenanalytisch einen Eisbohrkern, Dunde ice cap, Qilian-Gebirge, und deuten die Veränderungen nach etwa 4.800 cal y B.P. ebenfalls als ein Schwächerwerden des Sommermonsuns. So wird beispielsweise der Rückgang der PK- Konzentration, sowie des BP zwischen 4.800 und 2.700 cal y B.P. dahingehend interpretiert, ohne den menschlichen Einfluss zu berücksichtigen (YAO TANDONG ET AL. 1992).

HERZSCHUH ET AL. (2004) untersuchten rezente Pollenspektren des Alashan Plateaus und am Qilianshan, NW-China, und stellten Vergleiche zur heutigen Vegetation und den Niederschlägen an. Diese wurden auf die Pollenspektren eines Profils aus dem östlichen Juanze-Paläosee (Eastern Juyan palaeolake) übertragen. Aufgrund der Anwesenheit bestimmter wüsten-indikativer Pollentaxa wird eine ziemlich trockene Klimaphase in der Zeit zwischen 10.700 – 5.400 cal y B.P. angenommen, die nach einer Klimaverbesserung zum Feuchteren hin bis etwa 3.900 cal y B.P., angezeigt durch eine Zunahme von Artemisia, wieder in eine trockene Phase überging (vgl. jedoch Kap. 2.8.4.). Anschließend fiel der See (nach 1.700 cal y B.P.) gänzlich trocken. Ein frühholozänes Feuchtemaximum, wie Daten aus Sedimentuntersuchungen monsunbeeinflusster Gegenden in China anzeigen, kann für den östlichen Juanze-Paläosee nicht bestätigt werden (HARTMANN 2003). CHEN FA-HU ET AL. (2006) interpretieren anhand pollenanalytischer Befunde aus dem Einzugs- gebiet des Flusses Shiyang, N-TP, einen schwächer werdenden O-Asiatischen Sommermon- sun und folglich eine trockene Periode zwischen 7.100 cal y B.P. bis etwa 5.000 cal y B.P.. Verschiedene paläoökologische Quellen sprechen in NW-China im Kunlun Shan, Tien Shan und Tarim Becken zwischen 2.200 und 1.800 y B.P. für eine relativ warme und humide Klima- periode (YANG BAO ET AL. 2004).

Außerhalb des TP geben SUN JIMIN ET AL. (2006) für die zentrale Innere Mongolei nach 5.600 y B.P. aride Bedingungen an. In NO-China wird anscheinend das Klima seit 2.600 B.C. bis etwa 350 A.D. wärmer, bevor es wieder zunehmend abkühlt. Eine warme Phase fällt zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert auf, die dem europäischen Mittelalterlichen Klimaoptimum entspricht. Dies zeigen 18O-Analysen eines 6.000 Jahre alten Torfes. Die langwährende Warmphase soll auf Veränderungen der Sonneneinstrahlung zurückzuführen sein, also auf natürliche Veränderungen, wie der Vergleich mit 14C-Analysen zeigt. Die Minima im weiteren Verlauf des Temperaturrückgangs zeigen schließlich die „Kleine Eiszeit“ an (HONG Y.T. ET AL. 2000). OVERPECK ET AL. (1996) stellen außerdem einen schwächer werdenden Monsun seit 5.000 y B.P. anhand mariner Sedimente des Arabischen Meeres, im Vergleich zu anderen paläoökolo- gischen Daten monsunbeeinflusster Gebiete, fest.

Aus einer Darstellung über die Gletschervorstöße Zentral-Asiens fallen für die Zeit ab ca. 5.000 y B.P. wechselnde Gletschervorstöße auf, welche nach der zuvor warm-feuchten Phase mit eher stabilen Bedingungen, durch unruhige Klimate gekennzeichnet sind, mit Tendenz zum etwas kühleren hin. FRENZEL (1994b) geht auf dem TP von einem Temperaturrückgang seit dem holozänen Klimaoptimum von maximal 1,5 °C bis 2,0 °C aus, mit deutlichen Schwankungen. SHI YAFENG ET AL. (1993) nehmen dagegen einen deutlich höheren Temperaturabfall von 4 °C bis 5 °C an.

Durch die Altersdatierungen der Hölzer aus dem Arza Gletscher (Oberlauf des Zayu Flusses, 29°20’N, 96°04’E) konnten fünf Vorstoß- und Rückzug-Zyklen seit dem „Mid-Neoglacial Interval“ (3.000 - 1.500 B.P.) unterschieden werden (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987). Auf dem TP konnten verschiedene Gletschervorstöße u.a. anhand von 14C-Datierungen festge- stellt werden: Guliya und Dunde Glacier: 8.287 oder 8.455 y B.P, Urumqi River Glacier: 5.680 y B.P., Chunce Glacier: 3.983 y B.P., Azha Glacier: 2.980 y B.P. und der Hailuogou Glacier: 940 y B.P. Dabei fällt auf, dass die Gletscher SO-Tibets später vorgestoßen zu sein scheinen und zeitverzögerte Temperaturrückgänge anzeigen, als diejenigen anderer Gebiete (ZHOU S.Z. ET AL. 1991). LEHMKUHL (1998a) und LEHMKUHL ET AL. (1999) kennzeichnen das Spätholozän ab etwa 3.000 y B.P. als eine kältere und teilweise auch feuchtere Phase, wie u.a. Gletschervorstöße in Tibet 1. Einführung 31 zeigen. Jedoch scheint aus dem Nianbaoyeze Shan in dieser Phase oftmals eine eindeutige Trennung von anthropogenen und klimatischen Einflüssen unmöglich zu sein. Im Gorkha Himal, Nepal, wurden holozäne Gletschervorstöße zwischen 3.000 bis 4.000 y B.P. und 2.000 bis 2.500 y B.P. festgestellt (ZECH ET AL. 2003).

Klima- und Vegetationsrekonstruktionen und -modellierungen (HERZSCHUH 2006, HERZSCHUH ET AL. 2004, 2005, 2006ab, NI JIAN 2000, PRENTICE ET AL. 1996, REN GUOYU & BEUG 2002, SHI YAFENG ET AL. 1993, TARASOV ET AL. 2006, YU GE ET AL. 1998, YU G. ET AL. 2000) werden oft aus der Datengrundlage der heutigen Vegetation und des gegenwärtigen Klimas berechnet. Das setzt jedoch voraus, dass die heutige Vegetation im Einklang mit den heutigen Klimabe- dingungen steht und der Mensch keinen Einfluss darauf hat, wie auch YU GE ET AL. (2001) her- vorheben. Dies muss jedoch aufgrund der seit Jahrtausenden währenden Einflussnahme des Menschen angezweifelt werden, wie auch BRÄUNING (2002) bereits erwähnt.

Historische Daten zeigen für China in den letzten 1.000 Jahren im Vergleich zum gesamten Holozän ebenso relativ niedrige Temperaturen an. Jahresdurchschnittstemperaturen liegen um über 3 °C niedriger als während des Klimaoptimums, wobei besonders im 12., 13., 17., und 19. Jahrhundert die kältesten Jahrhunderte der letzten 5.000 Jahre auffallen. Kalte Intervalle treten zwischen 1470 - 1520, 1620 - 1720 und 1820 - 1890 auf, warme dagegen 1530 - 1620, 1730 - 1810, sowie 1900 bis zur Gegenwart (ZHANG DE’ER 1991).

Für die vorangegangene Zeit von etwa 1.000 y B.P. bis 500 y B.P. wird nach JIN HUIJUN ET AL. (2006) eine warme Periode auf dem TP anhand von paläoklimatischen und –geographischen Ergebnissen aufgezeigt.

Die letzten 400 Jahre deuten auf eine Intensivierung der Monsunwinde hin, wie die Unter- suchungen anhand der Bohrkerne aus dem Arabischen Meer zeigen (ANDERSON ET AL. 2002).

Eine Zunahme des Sommermonsuns im späten Holozän wird auch dendroklimatologisch nach- gewiesen, mit zunehmender Klimaerwärmung (BRÄUNING 2003, 2004, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, BRÄUNING & MANTWILL 2004). Jedoch scheint die Aktivität des Sommermonsuns noch im Rahmen der natürlichen Variabilität zu liegen, wie die dendrochronologischen und –ökolo- gischen Untersuchungen der letzten 1.000 Jahre zeigen (BRÄUNING & GRIEßINGER 2006).

Die Dendrochronologie und –ökologie gibt wichtige Einblicke in die Klimageschichte, beson- ders, wenn die Jahrringchronologien von klimatischen Extremstandorten stammen (BRIFFA ET AL. 1987). Es gibt verschiedene methodische Ansätze, um das Klima aufgrund der Jahrringanalysen die- ser Standorte zu rekonstruieren, z.B. über Jahrringbreite, Spätholzdichte, Holzanatomie, Dendrochemie (z.B. BRÄUNING 1998a, 2001a). Die Ergebnisse können wichtige Aspekte während der Vormonsun- und Sommermonsunzeiten reflektieren (BRÄUNING & GRIEßINGER 2006). Anhand von 14C-Datierungen und Jahrringuntersuchungen von Bäumen, die entlang der Sei- tenmoränen wachsen oder in ihnen begraben sind, lassen sich Rückschlüsse auf Gletscherakti- vitäten ziehen. So wurden Baumstandorte auf einer Endmoräne des Gyalaperi-Gletschers am östlichsten Rand des Himalaya westlich von Bomi dendrochronologisch untersucht und mit deren Hilfe diese datiert. Es zeigte sich, dass der älteste Vertreter dieses Larix-Waldes mindestens aus dem Jahr 1763 datiert, also aus der „Kleinen Eiszeit“ (15.-19. Jahrhundert). Die Ergebnisse passen gut zu den Zeiten maximaler Gletschervorstöße der „Kleinen Eiszeit“ am Chola Shan, sowie weiterer Standorte in S-Tibet (BRÄUNING 2002, 2006, BRÄUNING & LEHMKUHL 1996). Die „Kleine Eiszeit“ macht sich in Tibet auch durch Gletschervorstöße bis in das späte 19. Jahrhundert bemerkbar (BRÄUNING 2002, 2006, BRÄUNING & LEHMKUHL 1996, FRENZEL ET AL. 1995, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Nach einer möglichen Anhebung der alpinen Mattenstufe während einer Warmphase im 13. Jahrhundert kommt es zu einer Absenkung der Solifluktionsgrenze, deren Initiierung in O-Tibet auf die Zeit vor 525 ± 85 y B.P. fällt (BRÄUNING 2002, LEHMKUHL 1995). JIN HUIJUN ET AL. (2006) leiten die „Kleine Eiszeit“ auf dem TP anhand paläoklimatischer und – geographischer Ergebnisse zwischen etwa 500 y B.P. und 100 y B.P. ab. 1. Einführung 32

Es lassen sich Parallelen zu anderen Regionen auf der nördlichen Hemisphäre ziehen, sowohl während des Klimaoptimums im 13. und 14. Jahrhundert, die vermutlich dem Mittelalterlichen Klimaoptimum entsprechen, also einer Periode höherer Temperaturen und hoher Sommermon- sunaktiviät in O-Tibet, als auch während der „Kleinen Eiszeit“ mit mehreren kürzeren Perioden niedriger Temperaturen (BRÄUNING 1998, 2006, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, FENG SONG & HU QI 2005, HELLE ET AL. 2002, YANG BAO ET AL. 2003ab). Im Nordosten des TP werden anhand dendrochronologischer Untersuchungen einer 1600 langen Jahrringchronologie von Juniperus (Sabina) przewalskii die feuchtesten Intervalle in der „Kleinen Eiszeit“ festgestellt. Dagegen fielen dort die Niederschläge während des Mittelalterlichen Klimaoptimums weniger bedeutend aus (SHAO XUEMEI ET AL. 2005).

LIU KAM-BIU ET AL. (1998) interpretieren die pollenanalytischen Veränderungen in der Zeit der „Kleinen Eiszeit“ (330 - 80 cal y B.P.) und des Mittelalterlichen Klimaoptimums (790 - 620 cal y B.P.) als eine sensitive Antwort der Vegetation auf abrupte klimatische Veränderungen. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass Parameter der Jahrringanalysen in Perio- den wechselnder Klimate nicht unbedingt stabil sind (u.a. BRÄUNING 2001a) und sich diese auch nicht ohne weiteres auf andere Gebiete des TP übertragen lassen, da die ökologischen Unter- schiede sehr verschieden sein können und die ganz frühe Phase dieser Reihe bisher nur durch einen Baum repräsentiert ist (HELLE ET AL. 2002).

Klimadaten sind jedoch in Tibet erst seit etwa den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts aufge- zeichnet worden, einige Datenreihen sind sogar jünger als 30 Jahre (BRÄUNING 2001a, 2002, CHEN SHENBIN ET AL. 2004, DOMRÖS & PENG GONGBING 1988, MIEHE 1990, MIEHE ET AL. 1998, 2001, vgl. Kap. 1.7.), so dass vor allem andere Informationsquellen zur Klimarekonstruktion herangezogen werden müssen, wie etwa die Dendroklimatologie (BRÄUNING 1994a).

Äußere Faktoren, die das Baumwachstum beeinflussen, können allerdings neben den klimati- schen Faktoren, auch durch Insektenkalamitäten oder menschliche Aktivitäten angezeigt wer- den (BRÄUNING 1994a). Hierbei spiegeln Weiserjahre (Signaturen) diejenigen Jahre wider, in denen äußere Einflüsse die Mehrzahl aller Bäume eines Standortes gleichsinning geprägt ha- ben. Individuelle Wachstumsdifferenzen oder einzelne Ereignisse durch kleinräumige Standort- unterschiede, treten dabei zurück (BRÄUNING 1994a). Diese Weiserjahre werden als Signatur- jahre ausgedrückt, also als Kurvenabschnitte, in denen mehr als 75 % aller Baumchronologien in einem Jahr gleichsinnige Wachstumstendenzen im Vergleich zum Vorjahr aufweisen (BECKER & GLASER 1991, BRÄUNING 1994a). Chronologien unterschiedlicher Baumarten sind unter vergleichbaren Klimabedingungen einan- der ähnlicher als Chronologien derselben Baumart aus anderen Klimaprovinzen bzw. Höhen- stufen; die Baumart spielt hierfür eine untergeordnete Rolle (BRÄUNING 2002). So korreliert die MLD (Maximum latewood density) in O-Tibet nahe der oberen Waldgrenze mit der Sommertemperatur (BRÄUNING 1994b, 1998, 2001a, s. dort auch weiterführende Lit., 2002, 2004, 2006, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, BRÄUNING & MANTWILL 2004), dagegen zeigen dort Jahrringchronologien (Total Ring Width, TRW, der nachfolgenden Vegetationsperiode) der Oberen Baumgrenze von Abies- oder Picea-Arten eine Sensitivität gegenüber Wintertemperaturen (z.B. BRÄUNING 2001a, 2004, 2007). Jahrringbreiten von warm-trockenen Standorten sind empfindlich gegenüber Sommerniederschlägen und der Feuchtigkeit, haben aber negative Korrelationen gegenüber Sommertemperaturen. Neben einzelnen Klimagrößen wie Niederschlag und Temperatur können „multiple proxy data“ zur Rekonstruktion von Zirkulationsmustern beitragen (z.B. BRÄUNING 2001a). Die negativen Korrelationen von Sommertemperaturen und Niederschlägen hochgelegener Standorte werden durch eine er- höhte Bewölkung und eine daraus resultierende verminderte Sonneneinstrahlung in feuchten Sommern begründet (BRÄUNING & GRIEßINGER 2006).

Die Jahrringbreite des Spätholzes ist dort eng korreliert mit den Feuchtigkeitsbedingungen während der Wachstumsphase. Vermutlich werden die assimilierten Kohlenstoffe dann gebildet, die für das Wachstum des Frühholzes im Folgejahr benötigt werden (z.B. BRÄUNING 1999a). Wie die Untersuchungen von BRÄUNING & GRIEßINGER (2006) zeigen, sind Jahrringbreite und Sommerniederschläge positiv korrelliert. Dagegen sind positive Korrelationen mit der Tempe- ratur nur im September der vorigen Wachstumsperiode gegeben. Die Temperaturen im Mai und Juni stehen jedoch in negativem Zusammenhang mit der Jahrringbreite. Die δ-Verhältnisse 1. Einführung 33

12C/13C in Jahrringen, können Klima-Proxy-Daten liefern und scheinen darin die Sommertempe- raturen (Juni – August), sowie die Temperaturen der gesamten Vegetationsperiode (Mai – September), widerzuspiegeln (BRÄUNING 2001a, HELLE ET AL. 2002). BRÄUNING & GRIEßINGER (2006) haben die Chronologien der Jahrringbreiten der Standorte Qamdo und Reting miteinander verglichen. Die durchschnittlichen Korrelationen zwischen ein- zelnen Bäumen liegen in Reting deutlich näher beinander als in Qamdo: Das Baumwachstum am Standort Reting scheint hauptsächlich durch den Wasserhaushalt bestimmt zu werden, in Qamdo jedoch durch die Temperatur. Wie die Analysen des Probennetzwerkes des gesamten östlichen TP zeigten, wird das Baum- wachstum wohl in vier der fünf ausgeschiedenen dendroökologischen Regionen von der Tem- peratur gesteuert, also in den niederschlagsreichen östlichen und südlichen Randgebirgen, so- wie der Gebirge der Oberläufe der meridionalen Stromfurchen (z.B. BRÄUNING 1999b). Dendroklimatologische Aussagen des Untersuchungsgebietes bedürfen also umfangreicher Kontrollen. Es sei noch auf die Problematik verwiesen, dass δ13C-Daten der letzten 150 Jahre nicht mit der vorindustriellen Zeit verglichen werden können, ohne die Daten hinsichtlich der zusätzlichen CO2-Abgabe durch fossile Brennstoffe, sowie des veränderten Kohlenstoffkreislaufes, durch z.B. Entwaldung, zu korrigieren (s. weitere Ausführungen in HELLE ET AL. 2002).

Für S-Tibet kann ein später einsetzender Sommermonsun auch dendroklimatologisch nachge- wiesen werden. Bei klimatischen Änderungen (z.B. „Kleine Eiszeit“, „Mittelalterliches Klimaopti- mum“) scheinen allerdings die Beziehungen zwischen Jahrringparametern und Klima nicht im- mer stabil zu reagieren (BRÄUNING 2001a).

Die Klimaschwankungen der „Kleinen Eiszeit“ und des „Mittelalterlichen Klimaoptimums“ in China weichen je nach Standort von denen anderer Wuchsgebiete der Nordhemisphäre ab. Obwohl sie auf der gesamten Nordhemisphäre auftraten, variierten sie räumlich und zeitlich (HELLE ET AL. 2002, THOMPSON ET AL. 1993, YANG BAO ET AL. 2002, 2003a). YANG BAO ET AL. (2003) sehen in diesen räumlichen und zeitlichen Abweichungen einen Ausdruck der verschie- denen Zirkulationsmuster des Wintermonsuns, der Westwinde (Westwinddrift), sowie des SW- und SO-Sommermonsuns.

Für das westliche TP zeigen jedoch die δ18O-Gehalte anscheinend andere Klimate an. So wur- den in dem Guliya Eisbohrkern höhere Temperaturen während der „Kleinen Eiszeit“ als im Mittelalter rekonstruiert (YANG BAO ET AL. 2003b). Bei den Untersuchungen zeigt sich u.a. auch, dass Gletschervorstöße zwischen Ende des 17. und dem 19. Jahrhundert nicht unbedingt temperaturabhängig sind, sondern vielmehr auch durch Niederschlagsveränderungen ausgelöst werden.

In den letzten Jahren wird zunehmend und sehr heftig über die derzeitige Klimaveränderung und die Zunahme klimarelevanter Gase diskutiert. So wird der größte Anteil der Klimaerwär- mung der letzten 50 Jahre anthropogenen Faktoren zugeschrieben. Dabei sind die globalen Konzentrationen von CO2, CH4 und N2O durch menschliche Aktiviäten seit 1750 in der Atmo- sphäre markant gestiegen. Ersteres gilt als das wichtigste Treibhausgas. Der weltweite CO2- Anstieg ist primär auf Landnutzungsänderungen und Verbrennung fossiler Energieträger zu- rückzuführen, während CH4 und N2O vordergründig durch landwirtschaftliche Aktivitäten verur- sacht werden (IPCC 2007). Die Diskussion der globalen Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte wird auch für die Regionen des TP geführt (BRÄUNING 2002, 2003, 2004, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, BRÄUNING & MANTWILL 2004, FENG SONG & HU QI 2005, HERZSCHUH 2006, JIN HUIJUN ET AL. 2006, LIU XIAODONG & CHEN BAODE 2000, THOMPSON ET AL. 1989, 1993).

1.9. Die rezente und potentielle natürliche Vegetation

Inwieweit es sich bei der heutigen Vegetation auf dem TP um die „potentielle natürliche Vegeta- tion“ handelt, wird in diesem Kapitel nur angerissen (vgl. Kap. 1.12.1. und Kap. 1.13.). Die po- tentielle natürliche Vegetation beschreibt die Vegetation unter dem vorherrschenden Klima als stabile Klimaxstadien, also ohne den Eingriff des Menschen (FU CONGBIN 2003), bzw. die 1. Einführung 34

Vegetation, die sich einstellen würde, wenn unter den vorherrschenden Standortbedingungen der menschliche Einfluss aufhörte (TRAUTMANN 1966, TÜXEN 1956).

YU GE ET AL. (2001) gehen bei der heutigen Vegetation auf dem TP von keinem Einfluss des Menschen aus. PECH ET AL. (2007), sowie DAMM (1993, 1998) und MIEHE & MIEHE (2000, vgl. MIEHE ET AL. 2008b), beschreiben dagegen den degradierenden Einfluss des Weideviehs auf die Vegetation, bzw. Biomasseproduktion, die z.T. auch in Konkurrenz zu anderen wildlebenden Weidetieren oder den Kleinsäugern, wie Pfeifhasen (Ochotona curzoniae), stehen können. Hinweise zum Einfluss verschiedener Weidetiere auf die Vegetation und die Ökosysteme des TP geben SCHALLER (1998) und MIEHE & MIEHE (2000). FU CONGBIN (2003) stellt merkliche Veränderungen in der natürlichen Vegetation in China dar, die primär auf die ackerbauliche Nutzung zurückzuführen sind. Vegetationslose, flussbegleitende Dünen im Becken von Zoigê sind nach THELAUS (1992) und ZHENG YUANGCHANG (1994) auf die starke Beweidung, teils Überweidung, speziell durch Yaks, zurückzuführen. Überhaupt sieht ZHENG YUANGCHAN (1994) ein ökologisches Problem im NO- TP durch die quantitative und qualitative Zerstörung, sowie Desertifikation des Grünlandes i.w.S.. Der Begriff Grünland i.w.S. wird hier für unbewaldete Steppen, Wiesen und Weiden verwandt. Er entspricht nicht der rein hydrologisch begrenzten Definition von Grasland nach WALTER & BRECKLE (1999) oder der Beschreibung von OBERDORFER (1993) im Sinne von Wirtschafts- grünland. Deshalb wurde auch der Zusatz „i.w.S.“ gewählt. Bei einer menscheninduzierten Aridisierung und/oder Desertifikation können sich, wie etwa in S-Tibet (MIEHE ET AL. 2007a), an Trockenheit angepasste Ersatzgesellschaften einstellen. Diese geben den Anschein arider Bedingungen einer natürlichen Vegetation. Betrachtet man die kli- matischen Bedingungen einzelner Klimastationen, so kommen vielfach Zweifel, klimatische Veränderungen als Ursache von Vegetationsveränderungen anzusehen (s. auch MIEHE ET AL. 2001, 2008b). Die zonale Vegetation wird sicher immer stärker durch den Menschen beeinflusst.

Das TP liegt, einschließlich des Himalaya, in der Holarktis (BARTHLOTT ET AL. 1996, MEUSEL ET AL. 1965ab). Die Flora des Plateaus bleibt jedoch arealtypisch autonom. Florenelemente aus dem Norden drängen am Nordrand auf das TP. Andererseits lässt die Barriere des Himalaya vom Süden her die paläotropischen Florenelemente lediglich an manchen Durchlassstellen auf das Plateau vordringen (FRANKENBERG & ZHENG DU 1983).

Zu den holarktischen Spermatophyten gehören nach FRANKENBERG & ZHENG DU (1983, vgl. Zheng Du 1983) die Nördlichen (7,4 %), Zentralasiatischen (ca. 7 %), Tibetanischen (5,8 %), und Sino-Himalayischen Geoelemente (54 %); die Indo-Malayischen (13 %) gehören dagegen zur Paläotropis. Weiter werden drei Genoelementtypen (9,5 %) unterschieden: Nördlich- Endemisches, Sino-Himalayisch-endemisches und Indo-Malayisch-endemisches Genoelement. Das Gebiet von Tibet (Xizang) wird als keine einheitliche pflanzengeographische Region be- schrieben. Vielmehr stellt es eine floristisch recht eigenständige Raumeinheit dar, in die randlich benachbarte Florenregionen eingreifen, die sich in Teilbereichen floristisch als „Mischgebiete“ auszeichnen (ZHENG DU 1983).

MEUSEL ET AL. (1965ab) gliederten die tibetische Flora etwas anders, und zwar in die Zentral- asiatische, Sino-Japonische und Himalajische Region. Zu der Zentralasiatischen Region gehö- ren hier nach diesen Autoren die Zentraltibetische und Osttibetische Provinz. Während die Zentraltibetische Provinz durch Kältewüste und eine relative Pflanzenarmut gekennzeichnet ist, bildet die Osttibetische Provinz neben den Rasengesellschaften aus Kobresien u.a. Pflanzen- arten, hochmontane Nadelwaldbestände aus Picea-, Larix- und Abies-Arten aus. Die Sino- Japonische Region unterteilt sich u.a. in die Südchinesische Unterregion mit der hier relevanten Südwestchinesischen Provinz. Die Himalajische Region wird in die Ost- und Westhimalajische Unterregion gegliedert, erstere ist hier von Bedeutung. In der Osttibetischen Provinz stellen sich zunehmend sino-himalajische Elemente von NO nach SW ein. Juniperus-Bestände werden hier mit der abnehmenden Kontinentalität allmählich durch Rhododendren ersetzt.

Bereits HANDEL-MAZZETTI (1930, 1932, 1937) lieferte eine umfangreiche Grundlage beein- druckender Vegetationsbeschreibungen und –tafeln über Yünnan und SW-Sichuan 1. Einführung 35

(Setschwan). Mehrere Autoren stellen die Vegetation in Tibet (Xizang) dar (CHINESE ACADEMY OF SCIENCES 1988). HUANG RONGFU (1987) beschreibt diejenige NO-Tibets. Die Flora S-Tibets stellten HUANG RONGFU & MIEHE (1988) vor. LI XIWEN & WALKER (1986) beschäftigen sich mit der Pflanzengeographie in Yunnan.

Eine umfassende, allerdings großflächige Darstellung der heutigen Vegetation und Waldvertei- lung auf dem TP, ist im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) enthalten. Das TP gliedert sich demnach in zehn Vegetationseinheiten, die in sich nochmals untergliedert sind. Zunächst fallen großflächig die alpinen Steppen der Chang-Tang Hochebene auf dem westlichen Zentral-TP auf. Je nach Standort setzen sich diese aus Stipa (S. purpurea, S. basiplumosa, S. glareosa, S. roborowakyi), vergesellschaftet mit Carex-Arten (C. montis- everestii, moorcroftii) und/oder Arten der Gattung Artemisia zusammen. Auf dem östlichen Zentral-TP prägen in den höheren Breiten und Lagen alpine Wiesen und Matten aus Artemisia, Kobresien (K. pygmaea, K. humilis, K. capillifolia, K. setchwanensis, u.a.), z.T. mit Stipa (S. aliena, S. purpurea), Festuca, Elymus, Poa, sowie Kräutern wie Anaphalis flavescens, Anemone narcissiflora, u.v.a., das Gebiet. Die mittlere Osthälfte des TP wird als ein Gürtel alpiner Gebüschfluren und Wiesen kalter und hochgelegener Klimate beschrieben: Zweigeteilt im unteren, äußeren Bereich der „Zoige-Yushu swampy meadow/scrub meadow“ und der oberen Flussläufe des Jinsha Jiangs, Nu Jiangs, Lancang Jiangs. Eine kleine Zone im äußersten Osten beherbergt sommergrüne Laubwälder der temperierten Zone. Der Süden/Südwesten besteht vorwiegend aus Gebüschfluren und alpinen Wiesen: der äußerste Süden liegt im Steppen-Distrikt des N-Himalaya. Der Mittlere Teil des TP ist durch Kältesteppe charakterisiert, die in drei Unterzonen gegliedert werden kann: im Einzugsbereich des Huang He, im Süden des Qang-Tang-Plateaus und schließlich im Norden der Qang-Tang-Ebene. Im äußersten Westen des Plateaus sind montane Wüsten der Ali- Region vertreten, im Norden/Nordwesten des Plateaus befinden sich die Kältewüsten des Kunlun-Gebirges, die am Nordrand schließlich in die Wüsten der gemäßigten Zone des Kunlun- Qaidam-Beckens übergehen. Im Nordosten findet man Steppe (gemäßigte Zone). Größere Waldbestände sind lediglich auf den Osten/Südosten des TP beschränkt. Im Süden(Osten) des O-Himalaya befinden sich tropische Regenwälder, halbimmergrüne Regenwaldgürtel, die in den Bereichen des Yarlung Zangbo-Durchbruches gegen das Hochland vordringen. In diesen tropischen Bergwäldern wachsen auch Baumfarne, Castanopsis und Cyclobalanopsis, die in der oberhalb anschließenden Nebelwaldstufe auch Lithocarpus und Magnolia beherbergen und schließlich in Koniferenbestände aus Abies und Tsuga und zunehmend Rhododendron übergehen. Letztere ist eine Charaktergattung der Sino- Himalayischen Geoelemente (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, FRANKENBERG & ZHENG DU 1983, s. auch HOU HSIOH-YU & CHANG HSIN-SHIH 1992). Den bedeutenden Teil des Waldlandes auf dem TP bilden im Osten/Südosten subalpine Schattholz-Koniferenwälder, die am äußersten Rand im Osten von immergrünen Laubwäldern und , sowie Tanne ergänzt werden. Am südöstlichsten Zipfel des Plateaus finden sich auf der Südseite der Hengduan Mountains sklerophylle, immergrüne Laubbäume, Pinus yunnanensis, Tanne und Picea asperata-Wälder. Im mittleren Teil des Hengduan Shan stellen sich Tanne mit Picea asperata-Wäldern ein. Die Südseite des Nyainqêntanghla Shan beher- bergt immergrüne Laubbäume, Tanne und ebenfalls P. asperata-Wälder. Der NW-Teil des Hengduan-Gebirgszuges, W-Sichuan, ist charakterisiert durch Tannenwälder. YU GE ET AL. (2001) unterscheiden sechs Haupt-Vegetationsregionen auf dem Plateau: mon- tane Laub- und Koniferenwälder, alpine Wiesen und Steppen, alpine Wiesen und Gebüschfor- mationen, alpine Steppen, alpine Steppenwüsten und montane Wälder und alpine Wüsten.

Durch den steten Abfall von Niederschlag und Temperatur von SO nach NW auf dem TP (s. Kap. 1.7.) verändern sich die Vegetationsformationen. Diesem Gradienten folgend nehmen die Biomasse und die Biodiversität ab, wobei die relativen Feuchtebedingungen dafür mitunter ent- scheidend sind (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, LI BOSHENG 1995, WINKLER 1995). So werden die Fichten-Tannen-Wälder dem Niederschlagsgradienten folgend spärlicher und arten- ärmer, bevor sie ganz in Juniperus-Bestände übergehen und allmählich durch Sträucher und Grünland i.w.S. der alpinen Wiesen und Steppen ersetzt werden, bis man schließlich im Nordwesten des TP nur noch Wüstenvegetation vorfindet. Mit zunehmender Höhe und Aridität 1. Einführung 36 stellt sich die Vegetation des tibetischen Hochlandes ein (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, CHANG D.H.S. 1983, FRANKENBERG & ZHENG DU 1983, WINKLER 1995).

Auf der Hochebene Chang Tang dehnt sich die Kältesteppe aus, vorwiegend mit ausdauernden Gräsern. Verschiedene Steppengesellschaften werden beschrieben: Stipa purpurea-, Stipa basiplumosa-, Carex moorcroftii- und Artemisia wellbyi–Gesellschaft. Im Norden des TP werden die Kältesteppen von Kältewüsteninseln, beispielsweise mit der Polsterpflanze Ceratoides compacta, durchsetzt. Im Westen der Hochebene bilden sich Gesellschaften der montanen Steppen aus und schließlich im Randbereich im äußersten Westen der Hochebene montane Wüsten (CHANG D.H.S. 1983, WANG JIN-TING 1988). MIEHE & MIEHE (2000) beschreiben dort vier Formationstypen: hoch-alpine, an Gelifluktion angepasste Pflanzengemeinschaften, alpine Steppen, alpine Cyperaceae-Matten und schließlich Cyperaceae-Sümpfe mit Kobresia schoenoides. In Zentral-Tibet bildet beispielsweise die Vegetation am Nam Co den Übergang von Artemisia- Steppen und Kobresia pygmaea-Matten hin zu Stipa-Steppen, die lokal unterschiedlich mit an- deren Pflanzenarten vergesellschaftet sind bzw. von ihnen abgelöst werden (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Etwa 400.000 – 450.000 km2 (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, KAISER 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008a, SCHLÜTZ ET AL. 2007) des TP werden von alpi- nen Matten eingenommen, die zu 90 % bis 98 % von Kobresia pygmaea dominiert werden (MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008a). Etwa ein Drittel des untersuchten Raumes bilden vitale geschlossene Matten, während zwei Drittel degenerierte und zerstörte Formationen bil- den. Die Ursachen hierfür sind Rückgänge von K. pygmaea mit einhergehender Wiederbesied- lung durch alpine Steppenelemente geringerer Feuchtigkeitsansprüche und Flechten, Frag- mentierung durch „polygonal cracks“, sowie Austrocknung der K. schoenoides-Sümpfe (MIEHE & MIEHE 2000, vgl. MIEHE ET AL. 2008a). Im Gegensatz zu den Kobresien trockener Matten, finden sich auf vernässten Stellen Seggen- sümpfe, die azonal vornehmlich durch Kobresia schoenoides charakterisiert sind (KAISER 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000). Kobresia-Matten sind nach MIEHE & MIEHE (2000, vgl. MIEHE ET AL. 2008ab) sehr gut an Bewei- dung angepasst und können in weiten Teilen eine Sekundärvegetation darstellen, falls kon- stante Feuchte- und Temperaturbedingungen herrschen. Dabei werden sie auch als Ersatzge- sellschaft von ehemaligem Waldland diskutiert. U.a. bilden diese „golfrasenartige“, dichte Be- stände mit einem zähen Wurzelfilz, als Anpassung an Beweidung, und können die Keimung von Baumkeimlingen hemmen und somit die Regeneration von Wald, be- und sogar verhindern (KAISER 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000). Teilweise befinden sich die sekun- dären Kobresia-Matten in und zwischen Waldbeständen, die diese Annahme bestärken (KAISER 2004). Bei der Untersuchung der Pedogenese dieser Matten beschreibt KAISER (2004, 2005) die mögliche Degradation mit zunehmendem Weidedruck domestizierter Yaks, Schafe und Zie- gen. Auf den Untersuchungsflächen regeneriert sich anfänglich die Steppe durch typische Steppenpflanzen. Mit zunehmender Beweidung bilden sich stabile Kobresia-Matten, bevor zu- nächst die Oberflächenhorizonte und im darauffolgenden Stadium die darunterliegenden Hori- zonte und Schichten erodiert werden (KAISER 2005, MIEHE & MIEHE 2000, 2008b, vgl. auch DAMM 1998). Jüngsten Untersuchungen nach wird nicht nur die Ausbildung und Verbreitung der Kobresia-Matten dem Zutun des Menschen und seines Weideviehs zugeschrieben, sondern sogar überhaupt ihre Entstehung in weiten Teilen diskutiert (MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). MIEHE ET AL. (1998) beschreiben mögliche Ansamungen von Wacholdern auf Böden, deren Rohhumusdecke geöffnet war. Die Jahrringe von Wacholdern nahe der Waldgrenze weisen eine zunehmende Verjüngung der Bäume mit steigender Höhe auf (mdl. Mitt. A. BRÄUNING in MIEHE ET AL. 1998). Demnach rückt die Waldgrenze vielerorts nicht aus klimatischen Gründen nach oben, sondern aufgrund möglicher Keimbedingungen auf gestörten Rohhumusstellen. DAMM (1998) beschreibt degradierende Prozesse als vergleichbar mit den Vorgängen der Rasenabschälung, wie sie TROLL (1973) erläutert, sowie Mattenauflösung (vgl. BRÄUNING 2002, MIEHE 1996, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008a). Natürliche Vorgänge, wie freie Solifluk- tion, zusammen mit Murenschüben, die klimatisch und geomorphologisch als natürlich begrün- 1. Einführung 37 det sind, lassen sich schwer von den anthropogenen Faktoren unterscheiden. Dazu wäre eine Erfassung der natürlich bedingten Anteile notwendig (DAMM 1998). In weiten Teilen des TP, vor allem aber in S- und Zentral-Tibet, sowie im Karakorum und Zentral-Nepal, setzt die Auflösung der alpinen (Kobresia-)Matten an Erosionsrinnen, aber auch an durch Yaks oder Nagetiere (z.B. Pfeifhasen) hervorgerufenen Offenstellen an, die noch z.B. durch die Winderosion (und Kammeisbildung) begünstigt werden (BRÄUNING 2002, MIEHE 1996, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008a, nach TROLL 1973). In den hohen Gebirgen des Himalaya können sich durch starke Winderosion Hohlkehlen bilden. Die überhängenden Rohhumusdecken („Soden“) stürzen ab. In diesen gestörten Bereichen bilden sich unter den heutigen Klimabedingungen keine solchen Matten mehr, sondern werden durch eine Felsschutt-Pioniervegetation ersetzt. MIEHE (1996) geht bei diesen Matten von Relikten einer früheren Ausbreitung, etwa seit der zweiten Hälfte des Holozäns aus (MIEHE & MIEHE 2000), KAISER (2005) schließt aus den 14C- datierten „turf“-Horizonten sehr junge Formationen aus dem späten Holozän. Jüngsten Untersuchungen zufolge stellen weite Teile der Kobresia-Matten anthropo-zoogene Formationen dar (KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009), zumal da die Kobresien sehr gut an Beweidung angepasst sind. Je nach Standort sind zahlreiche Kräuter mit vergesellschaftet, vor allem aus den Gattungen Arenaria, Androsace, Gentiana, Pedicularis, Leontopodium, Saussurea, (vgl. weitere in MIEHE ET AL. 2008a, s. auch ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, BRÄUNING 2002, MIEHE & MIEHE 2000, mdl. Mitt. B. FRENZEl, etc.). MIEHE ET AL. (2008b) beschreiben für NO-Tibet verschiedene Pflanzengesellschaften, die sich infolge von Beweidung ausgebildet und angepasst haben.

Auf dem TP beschränkt sich der Wald heute weitgehend auf den Osten/Südosten. Reiche Koni- ferenwälder sind auf dem TP vor allem an den Hängen der meridionalen Stromfurchen vertre- ten. Die Vielfalt der Koniferen im östlichen Teil des TP und Himalaya ist enorm. Genau dies scheint die bis heute währenden Probleme der Taxonomie zu erklären, die sich teils bei den zahlreichen Synonymen widerspiegeln. Bereits PATSCHKE (1913) stellte für weite Teile Chinas, u.a. für W-Sichuan, beeindruckend die Situation der Koniferen dar. Spezielle Literatur zu diesem Problem fehlt jedoch bis heute für das TP.

Für den östlichen Teil des TP (Hengduan Shan) und des Himalaya sind folgende Arten ent- scheidend: Abies georgei (georgi), A. squamata, A. ernestii, A. fabris (fabri), A. spectabilis, A. faxoniana, A. delavayi(i) (delavay), A. forrestii, A. nukiangensis, A. smithii, Picea likiangensis var. linzhiensis, P. balfouriana, P. purpurea, P. brachytyla var. complanata (complanata), u.a. sporadisch vorkommende Arten (s. CHEN CUNGEN 1987). Diese können nach PATSCHKE (1913) und CHEN CUNGEN (1987, s. Lit. dort) für W-Sichuan durch , A. fargesii, A. firma, sowie Picea ascendens, P. aurantiaca, P. montigena, P. retroflexa, P. watsoniana, P. wilsonii, u.a. ergänzt werden. Die zentralasiatischen Nadelwälder bilden die höchsten Vorkommen. In den nördlichen Regionen wie Tianshan, Qinling-Gebirge, finden sich Picea und Abies nur frag- mentarisch in großen Höhen (z.B. LI WENHUA & CHOU PICHUEN 1984, REN GUOYU & BEUG 2002). Die Nordhänge in O-Tibet sind vielfach durch verschiedene Arten der Gattungen Picea, Abies, Larix, Betula, u.a., bewaldet, während die Südhänge oftmals mit Rein- oder Mischbeständen aus Juniperus bewachsen sind, falls sie nicht sogar ganz waldlos sind. Juniperus kommt jedoch in allen Expositionen vor, wenn andere Baumarten wie Picea, Abies oder Larix nicht mehr vorhanden sind. In den kontinentaleren Regionen des zentral-östlichen Tibets finden sich ausschließlich Picea balfouriana-Bestände (u.a. BRÄUNING 1999b, 2001b, 2007). Am Beispiel des Jiuzhai Gou (Nationalpark, Min Shan), O-TP (NNW-Sichuan), treten expositionsabhängig bis maximal 2600 m NN Sekundärwälder aus Kiefern und Eichen und anschließend Tannen-Fichten-Mischwälder auf. Bambusbestände reichen dort bis ca. 3200 m NN bevor die Waldgrenze meist schattseitig durch Abies faxoniana, auf mittel-trockenen Standorten durch Picea purpurea und schließlich an Standorten mit extremen Temperaturwechseln durch Juniperus abgelöst wird (WINKLER 1994). WINKLER (2000) zählt mindestens sieben Juniperus-Arten auf (J. tibetica, J. convallium, J. komarovii, J. saltuaria, J. wallichiana = syn. J. indica, J. przewalskii und J. chinensis), wobei auch er auf die Problematik der Synonyme und mangelhaften Taxonomie hinweist. Die Juniperus-Bestände können je nach Standort aus nur einer Art oder aber aus mehreren Arten bestehen.

1. Einführung 38

Über die Waldverbreitungsgrenze im Westen hinaus, finden sich nur noch als flussbegleitende Gehölze Populus und Salix spp., sowie isolierte Juniperus-Inseln (), oftmals in Klosternähe (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, BRÄUNING 1999b, 2001b, MIEHE ET AL. 2000, 2003, 2006, 2007, WINKLER 2000, mdl. Mitt. B. FRENZEL). In den unteren Waldgürteln nahe der Talgründe S-Tibets wachsen neben Juniperus auch Pinus-Bestände (P. densata) (BRÄUNING 2003, FRANKENBERG & ZHENG DU 1983). Sonst gilt Hippophaë als typisches flussbegleitendes Gehölz auf dem TP, vornehmlich auf den aufgeschotterten Bereichen. Zur Steppe hin Zentral- Tibets gibt es lediglich Juniperus-Arten (J. convallium [Rehder & E.H. Wilson] oder J. tibetica [Kom]) als isolierte Relikte, beispielsweise an geschützten Stellen in Klosternähe (s.o.), die auf eine menschliche Nutzung durch Beweidung oder sogar Rodungen hinweisen, wie die Unter- suchungen von MIEHE ET AL. (2006, 2007a) zeigen. Weitere Ausführungen zur Verbreitung einzelner Baumtaxa, Ökologie, sowie Waldgrenzen, fin- den sich in Kap. 1.12.1.. Eine Darstellung ausgewählter Koniferenarten zeigt Abb. 3. 1. Einführung 39

Verbreitung von Koniferenarten in den Gebirgslandschaften außerhalb der Meridionalen Stromfurchen (undifferenziert)

Abb. 3: Verbreitung ausgewählter Koniferenarten (Picea, Tsuga, Abies, Larix, Pinus) in SO-Tibet, W-Sichuan und N-Yunnan (aus FRENZEL ET AL. 2003).

BRÄUNING (1999b) stellt für O-Tibet eine Charakterisierung ökologischer Nadelwaldregionen dar. Auf dem TP ist im Osten/Südosten Artenreichtum, sowohl von Picea als auch Abies, verbreitet. Insgesamt werden danach 9 Picea-, 8 Abies-, 4 Larix-, 4 Pinus- und 5 Juniperus(Sabina-)-Arten aufgeführt. Die unterschiedlichen Muster des Sommermonsuns (Indischer und O-Asiatischer Monsun) beeinflussen schließlich verschiedene Wuchsprovinzen des Tibetischen Waldgürtels zu verschiedenen Zeiten (BRÄUNING 1999a, 2000, 2001b, 2004, BRÄUNING & MANTWILL 2004, FRENZEL ET AL. 2003, YANG BAO ET AL. 2003a). Nach PATSCHKE (1913) und CHEN CUNGEN (1987, s. Lit. dort) ergeben sich für W-Sichuan: 10 Picea, 3 Tsuga (T. yunnanensis, T. chinensis, T. dumosa), 8 Abies, 2 Keteleeria, 2 Larix, 7 Pinus, 4 Juniperus(Sabina)-Arten (J./S. tibetica, J./S. saltuaria, J./S. pingii, J./S. convallium), welche in NW-Yunnan durch 1 Tsuga-Art (T. brunoniana chin.) ergänzt werden.

1. Einführung 40

SCHWEINFURTH (1957, 1983) stellt die komplexe Vegetation des Himalaya vor, die sich u.a. durch die unterschiedlichen klimatischen Gürtel und den Höhenanstieg der tiefliegenden Indischen Ebenen bis zum hohen Plateau ergibt. Eine ausführliche Erfassung, sowie Erstbeschreibung hochhimalayischer Pflanzengesellschaf- ten und Floren im zentralen Himalaya, speziell im Östlichen, verfasste MIEHE (1984, 1990). Weitere Arbeiten sind aus dem Muktinath-Tal, Nepal, durch MIEHE ET AL. (2002), aus dem Qomolangma (Mt. Everest)-Xixabangma-Gebiet von HUANG RONGFU (1988) und MIEHE (1989) bekannt. Einzelne Pflanzenarten des Himalaya und ihre Vergesellschaftung werden von POLUNIN & STAINTON (1984) beschrieben. Die Gebirgszüge auf der euhumiden Südabdachung sind durch tropische Regen- und Nebel- wälder, alpine Gebüschfluren und alpine Wiesen und Matten gekennzeichnet, dagegen findet man auf der Nordabdachung vorwiegend trockene alpine Steppen (u.a. MIEHE 1984, SCHWEINFURTH 1957). BEUG & MIEHE (1998, 1999) geben schematisch anhand eines Querschnittes im Bereich des Langtang einen Überblick über die Vegetation auf der Himalaya-Südabdachung („Helambu“), im Inneren Himalaya („Langtang“) und schließlich des Tibtischen Himalaya wider. Anhand dieser Darstellung können deutlich die vielseitigen Einflüsse des Klimas auf die Vegetation, die hier im Besonderen durch die Diversität an Talwindmustern, Bewölkungsformen, Niederschlagsvertei- lung, u.v.m. (vgl. Kap. 1.7.), einwirken, gezeigt werden. Der Tibetische Himalaya trägt bis hin zu Höhen von etwa 5000 m NN alpine Steppen mit Kobresia pygmaea, sowie zahlreiche alpine Rosetten- und Polsterpflanzen. Diese gehen bis etwa 5500 m NN in Mosaike lückiger Kobresia pygmaea-Rasen über, bis schließlich die Obergrenze der Gefäßpflanzen in Zonen freier Solifluktion erreicht ist. Aus dem Muktinath-Tal, Nepal, konnten die dort charakteristischen Caragana gerardiana- Igelheiden, eine Art der Dornpolster-Formationen, für die in S-Tibet typischen Hochgebirgs- halbwüsten des altweltlichen Trockengürtels, als anthropo-zoogene Ersatzgesellschaft, zumin- dest bis zur Trockengrenze der Bäume (~ 250 mm Niederschlag/Jahr), rekonstruiert werden (MIEHE ET AL. 2002). Die Wälder des W-Himalaya werden aus Vertretern der mediterranen Vegetation gebildet, wie etwa Cedrus deodara [(Roxb.) Loud] bei etwa 2500 m NN (XU REN ET AL. 1999), sowie Eichen, z.B. Quercus baloot, Formationen aus Nerium odorum/indicum, Olea ferruginea und O. cuspidata, Pistacia khinjuk und P. mutica, Akazien und Euphorbien (MEUSEL ET AL. 1965a, SCHLÜTZ 1999, SCHWEINFURTH 1957).

Die heutige Vegetation der Qomolangma Region umfasst Quercus-Bestände und warm- gemäßigte Koniferen-, sowie einen Laub-Mischwaldgürtel zwischen 2500 und ~ 3200 m NN (XU REN ET AL. 1999). Von den Tälern aus steigt in dieser Region zunächst in der unteren Stufe der immergrüne Laubwald empor, welcher in der oberen Stufe in den Rhododendron-Koniferenwald übergeht und schließlich durch alpine Gebüschfluren alpiner Wiesen und Matten abgelöst wird (SCHWEINFURTH 1957). In den zahlreichen Haupt- und Seitentälern der tektonisch und glazial geformten, zerklüfteten Landschaften dieser Region mischen sich die Vegetationstypen bzw. liegen relativ nahe bei- nander. Dennoch unterscheidet sich die Nordabdachung des östlichen Zentral-Himalaya durch einen Gradienten von der Südabdachung deutlich. Der Verlauf dieses Gradienten ist jedoch problematisch und lässt sich sicherlich nicht eindeutig bestimmen. Stärker monsunbeeinflusste Täler zeigen noch feuchte hochmontane, subalpine himalayische Vegetationsformen, die schließlich ab ca. 5000 m NN gen Everest-Ostwand deutlich trockener und somit stärker durch tibetische Elemente charakterisiert sind (mdl. Mitt. B. DICKORÉ). Auf beiden Seiten des Everest-Gebietes wurden insgesamt 420 Phanerogamen-Taxa in über 5000 m Höhe erfasst. Auf der Südabdachung können die alpinen Gürtel in einen niedrigeren mit feuchten, alpinen Sträuchern aus Zwerg-Rhododendren und niederwüchsigem Juniperus und einem höheren aus Kobresia pygmaea-Matten unterteilt werden (MIEHE 1989). HUANG RONGFU (1988) gibt im Qomolangma-Xixabangma-Gebiet Tibets 1634 Gefäßpflanzen-Taxa an, wovon 146 Arten den Pteridophyten angehören. Auch fällt die hohe Zahl von 240 endemischen Pflan- zenarten auf, das entspricht einem Anteil von 14,7 % der gesamten Gefäßpflanzen dieser Re- gion. Die Südseite des Qomolangma-Xixabangma-Gebietes beherbergt mit 1587 weit mehr Gefäßpflanzenarten, als die Nordabdachung mit 396. 1. Einführung 41

Eine Übersicht über das Algenvorkommen (und Testacea) im W-Himalaya, der während der 1970 N.C.C. Punch Chulli Expedition gesammelten Proben, gibt SUXENA (1979). Über das Vorkommen von Phytoplankton auf dem TP gibt es am Luanhaizi See, Qilian-Gebirge, NO-TP, Untersuchungen von HERZSCHUH ET AL. (2005). U.a. wurden 22 Salzseen in N-Tibet von ZHAO WEN ET AL. (2005) untersucht.

1.10. Vegetationsgeschichte - Stand der Forschung

Vertikal gegliederte Vegetationshöhenstufen stellten sich mit der Bildung der Gebirgszüge ein. Im Quartär bildeten sich mit zunehmender Hebung (s. Kap. 1.6.) das für das Plateau typische Monsunklima aus und damit auch die vertikalen Verteilungsmuster der nahezu heutigen Vegetation: subalpine immergrüne Koniferenwälder, alpine Wiesen mit Sträuchern, Kälte- steppen und Kältewüsten (LI BOSHENG 1995, SHACKLETON & CHANG CHENGFA 1988 und jeweils Lit. dort).

Ende des Pliozäns, sowie während des Mittleren Pleistozäns, wurden Eichenwälder und Cedrus zwischen dem Himalaya und dem Nyainqêntanghla Shan durch laubabwerfende Wälder und zahlreiche Kräuter ersetzt. Die Autoren interpretieren dies als Folge eines trockener werdenden Klimas durch die Hebung des Himalaya. Jedoch ist bei der geringen Auszählung der PK Vorsicht geboten (SHEN C.-M. & TANG L.-Y. (1994).

Pollenanalytische Ergebnisse über die Zeiträume der letzten Eiszeiten sind für das TP wenig bekannt. LIU GUANGXIU ET AL. (1994ab) konnten jedoch im Becken von Zoigê Bohrungen auswerten, die den Zeitraum bis ca. 800.000 y B.P. widerspiegeln. Dabei zeichnen sich zwei Eiszeiten, sowie ein Interglazial ab. Maximale Daten der Eiszeiten wurden zwischen 710.000 bis 529.000 y B.P. und 298.000 bis 128.000 y B.P. erfasst, mit dem Interstadial zwischen 650.000 - 630.000 y B.P. Das Maximum des Interglazials liegt zwischen 480.000 bis 298.000 y B.P. (Jiabula Interglazial), mit zwei Kälteperioden dazwischen. Bereits um 813.000 y B.P. sind Abies und Picea, aber auch Quercus, Leguminosen und Rosaceae bekannt, die auf ein warm-feuchtes Klima hinweisen. In Zeiten außerhalb der eiszeit- lichen Maxima, dem Interstadial, sowie im Jiabula Interglazial, liegen pollenanalytische Nach- weise von Koniferen wie Picea, Abies, teils Tsuga aber auch Betula vor. Die Kälteperioden des Interglazials sind durch Ephedra und Chenopodiaceae gekennzeichnet. Während der Eiszeiten war weniger Artemisia vorhanden. Die Pollenkonzentrationen sind ebenso in diesen Zeiten ge- ring. FRENZEL (1998) deutet die dichten Tannenwälder aus der Zeit von MIS 5e, in die Zeit des Eem-Interglazials. SHEN CAIMING (2003) untersuchte im selben Becken die oberen 60 m eines insgesamt 310,46 m langen Bohrkernes. Damit wird für diesen Bohrabschnitt das letzte Inter- glazial (~ 134.000 bis 120.000 y B.P.), sowie ein Teil des vorigen Glazials pollenanalytisch dar- gestellt. Das letzte Interglazial zeigt einen subalpinen Fichten-Tannen-Wald, durchmischt mit thermophilen Baumarten der Gattungen Betula, Quercus, Corylus, u.a..

1.10.1. Letzte Eiszeit

Generell liegen für das TP kaum pollenanalytische Arbeiten über das letzte Glazial vor.

Auf dem TP bestand während der letzten Eiszeit vermutlich eine lockere Vegetation der Halb- wüsten und Wüsten. Die Flora war reich an Halophyten, Chenopodiaceae und Artemisia. In den (Rand-)Gebirgslagen des TP nimmt in dieser Zeit die Anzahl der xerophilen Pflanzen und Gräser zu (FRENZEL 1960, FRENZEL ET AL. 1992).

Im Becken von Zoigê, NW-Sichuan, O-TP, liegen von LIU GUANGXIU ET AL. (1994b) pollenanaly- tische Hinweise für diesen Zeitraum vor. Etwa zwischen 53.000 bis 48.000 y B.P. sind Picea und Abies mit 45 % vertreten. Der BP wird durch Betula und Quercus ergänzt. Nichtbaumpollen (NBP) ist z.B. durch Rosaceae und Artemisia präsent. Zwischen etwa 29.000 bis 24.000 y B.P. werden Mischwälder vermutet, die zudem eine reiche NBP-Flora anzeigen. Während der Stadiale der letzten Eiszeit war jedoch im Becken von Zoigê eine artenarme Steppenvegetation verbreitet, charakterisiert durch Artemisia und Cyperaceae, die sich in eine Waldsteppe mit 1. Einführung 42 etwas Picea, Betula und Pinus entwickelte (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b). Durch die Arbeit von SHEN CAIMING (2003) wird durch den > 310 m langen Bohrkern im selben Becken ebenfalls die Vegetation und das Klima pollenanalytisch rekonstruiert. Die Palynoflora während des LGM (~ 32.000 bis 18.000 y B.P.) weist hier auf sehr kalte und trockene Bedingungen hin. Zwischen etwa 18.000 bis 15.000 y B.P. werden ein starker Temperaturanstieg und zunehmende Nieder- schläge, u.a. anhand der BP-Zunahmen, angenommen. WANG FUBAO ET AL. (1996) kommen in der selben Region (Hongyuan County) zu ähnlichen Ergebnissen anhand von pollenanalyti- schen Befunden: Glaziale Perioden werden hier zwischen 30.000 und 26.000 y B.P. sowie um 18.000 y B.P. angezeigt, mit einem LGM zwischen etwa 19.800 und 17.500 y B.P.

Es gibt keine direkten Hinweise für eine letzteiszeitliche Vegetation auf der Hochebene Chang Tang des TP. Das verwundert auch nicht, wenn man davon ausgehen kann, dass es aufgrund schlechter Erhaltungs- und Entstehungsbedingungen keine Profile aus dieser Zeit gibt, welche für derartige vegetationsgeschichtliche Untersuchungen geeignet wären. Lediglich die Ergeb- nisse der untersuchten Seen und -becken, vor allem in W- und Zentral-Tibet, geben Hinweise. Pollenanalytische Ergebnisse aus dem Spätglazial (~ 14.000 y B.P. 14C) zeigen eine wüstenähnliche Vegetation aus Chenopodiaceae, Ephedra, Gramineae, u.a. im Becken des Sumxi Co, W-Tibet (VAN CAMPO & GASSE 1993, GASSE ET AL. 1991, 1996). Auch die zahlreichen ausgewerteten Pollenspektren für die Biomrekonstruktion Chinas für die Zeit um 18.000 y B.P. lassen für das TP lückenhafte und unzureichende Daten erkennen. Die wenigen verfügbaren Daten lassen eine Rekonstruktion von Wüste und Steppe zu, wie sie an den untersuchten Standorten noch heute vorgefunden werden (YU G. ET AL. 2000). WALTER (1968) geht aufgrund mangelnder fossiler Reste von einer sehr jungen Flora in diesem Wüstengebiet aus, die, nachdem sie vollständig während der Eiszeit vernichtet worden sei, aus den Nachbargebieten eingewandert sei. Dies sind vor allem zentralasiatische Arten wie Eurotia ceratoides, Kochia prostrata, Microula tibetica (Borag.), u.a. (WALTER 1968). SHI YAFENG ET AL. (2001, und s. Lit. dort) führen mehrere pollenanalytische Arbeiten auf dem TP auf. Neben den Daten aus Eisbohrkernen und Sedimentanalysen deuten die Pollenanalysen auf eine warm-feuchte Phase zwischen etwa 40.000 und 30.000 y B.P. und damit auf die spä- tere Phase des letzteiszeitlichen Interstadials. Im Zentrum des TP zeigen beispielsweise die Untersuchungen des Zabuya Sees zwischen 33.000 und 36.000 y B.P. eine Koniferenwaldsteppe aus Pinus, Picea und Abies an, ähnliches gilt für das Bangong Co-Becken im Westen des TP zwischen 36.000 und 28.000 y B.P. mit Koniferenwäldern aus Larix, Pinus und Betula. Am Qinghai-See wird die Phase zwischen etwa 36.000 und 26.000 y B.P. mit Picea, Pinus und Abies erkannt.

TANG LINGYU & WANG YING (1999) interpretieren anhand pollenanalytischer Untersuchungen zwei Interglaziale in der Qingshuihe-Vereisung am Fluss Qingshuihe nahe des Kunlun Passes. Das erste Interglazial dieser Untersuchung liefert Hinweise auf Wälder, hauptsächlich aus Picea, teils mit Betula. Die glaziale Vegetation zeigt hier vornehmlich Kräuter an: Leguminosae, Cruciferae, Chenopodiaceae, Compositae, Artemisia, Ephedra, u.a.. Das zweite Interglazial lässt auf Koniferen- und Laubmischwälder mit Corylus, Ulmus, Quercus und Carpinus schlie- ßen. Leider fehlen hier Altersdatierungen. Auch gehen die ausgezählten Pollensummen nicht immer klar hervor.

Aus der Qomolangma-Region, S-TP, liegen pollenanalytische Ergebnisse vor, die mindestens drei Glaziale und zwei Interglaziale widerspiegeln. Das Profil Pali in 4400 m NN Höhe, gibt Hin- weise auf die Vegetation während des frühen Pali-Interglazials im Oberen Pleistozän. Danach wurde das Klima wärmer und Gletscher zogen sich zurück. Während der kalt-trockenen Klimate sind Ephedra, Artemisia und Rhododendron vertreten. Bei Verbesserung des Klimas treten Ge- hölze aus Alnus, Carpinus, Quercus und Ulmus auf. Das Jiabula-Profil stammt aus dem Nordhang des Mt. Zuooyou in einer Höhe über 4900 m NN und spiegelt während des Jiabula- Interglazials im mittleren Pleistozän dichte Wälder aus Picea und etwas Quercus, Sabina (Juniperus) und anderen Gehölzpflanzen, mit einem vegetationsarmen Unterwuchs aus Artemisia, Thalictrum und Labiatae wider (XU REN ET AL. 1999, ZHOU QUNSHU ET AL. 1999).

Auf der Nordseite des Qomolangma-/Xixabangma-Gebirges sind pollenanalytisch während des Pliozäns tropische und subtropische Wälder nachgewiesen, die auf ein warmes, humides Klima schließen lassen. Im Späten Pliozän wurde es jedoch kalt. Das zeitlich unklare Pagri-Intergla- 1. Einführung 43 zial ist für Nordhänge des Himalaya, Yadong County, durch die Pagri-Sedimente, pollenanalytisch dokumentiert. Demnach wechselte das Klima dort anfänglich von kalt und trocken, vertreten durch Artemisia, Cyperaceae, Chenopodiaceae, hin zu warm-humiden Klimaten, charakterisiert durch BP wie Quercus, Alnus, Betula, Pinus, Abies und Tsuga. Letztere findet man heute auf der Südseite zwischen 2500 und 3400 m Höhe. Am Nordhang sind lakustrine Sedimente des Gyarag, Guco, Penqu Tal und Paiku Seebeckens des großen Interglazials, das wohl vor dem letzten Interglazial gelegen war, mit Picea bekannt. Die lakustrinen Sedimente aus dem Mittleren Pleistozän des Paiku Sees zeigen pollenanalytisch Mischwälder, u.a. aus Pinus und Quercus an. Spätere Interglaziale sind auf der Nordseite weniger bekannt (ZHENG BENXING 1988 s. weitere Literatur dort).

Um 15.000 y B.P. wurden in Zentral-Nepal im Gorkha Himal bereits in den niederen Höhenlagen um den See Rukche, in 3500 m NN Höhe, Wälder von Quercus und Pinus roxburghii pollenanalytisch interpretiert, während der See selbst von steppenähnlichen Vegetationstypen umgeben war (SCHLÜTZ & ZECH 2004).

Im Nordosten des TP (See Luanhaizi, HERZSCHUH ET AL. 2005) wurden dichte Picea-Wälder nahe des Sees während des MIS 3 nachgewiesen, die während des MIS 2 stark zurückgehen, bevor sie wieder im Übergang Spätglazial/Frühes Holozän deutlich zunehmen.

1.10.2. Spätglazial und Frühes Holozän

Nach einer Klimaverbesserung am Übergang Spätglazial zum Frühen Holozän werden auf dem TP Kältewüsten und –steppen zunehmend durch Steppen und alpine Wiesen ersetzt. Die (Wieder)-Bewaldung im Osten/Nordosten des TP findet frühestens zwischen 18.000 und 15.000 y B.P., mindestens jedoch um 14.000 bis 11.000 y B.P. statt (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, SHEN CAIMING 2003, und Lit. dort, WANG FUBAO ET AL. 1996).

Die offene Vegetation während des Spätglazials war vielfach gras- und steppenreich: Cyperaceen, Poaceen, Ephedra, Artemisia, Chenopodiaceen, sowie verschiedene Kräuter der Cichorioideae, , etc. (VAN CAMPO & GASSE 1993, DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b, GASSE ET AL. 1991, 1996, SHEN CAIMING 2003, THELAUS 1992). Die Dominanz einzelner Pollentypen dieser Gattungen und Familien variiert je nach Standort.

Aus dem Becken von Zoigê, O-TP, liegen Hinweise für eine Wiederbewaldung durch Abies, Picea, Pinus, Betula, u.a. bereits in der Zeit zwischen 18.000 und 15.000 y B.P. vor, mindestens seit 14.000 y B.P. (SHEN CAIMING 2003, s. auch Lit. dort, WANG FUBAO ET AL. 1996), bzw. 16.000 und 15.000 y B.P. (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b). Während bis etwa 18.000 y B.P. noch Grünland i.w.S. vorherrschte, zeigen die pollenanalytischen Ergebnisse dort bereits zwischen 16.000 - 15.000 y B.P. dichte Waldgesellschaften aus Picea, Abies, Betula, aber auch Artemisia an. Die Pollenkonzentration sinkt danach (13.000 bis 11.000 y B.P.), bevor durch die pollen- analytischen Befunde die Schattholz-Koniferenwälder ein temperiertes, humides Klima signali- sieren (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b). Weitere pollenanalytische Untersuchungen im Becken von Zoigê zeigen um etwa 9.500 - 9.200 y B.P. die (Wieder-)Bewaldung der spätglazialen Gebirgswüsten und -steppen an, die sich zu- nächst durch den Anstieg von Betula-Pollen ankündigt und in eine Zunahme von Picea-Pollen übergeht, wie das Profil Hongyuan zeigt (DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b, FRENZEL ET AL. 2003). Vergleichbare pollenanalytische Ergebnisse wurden im selben Becken von THELAUS (1992) erzielt. Der Übergang hin zu einem eher geschlossenen Wald aus Picea, Betula, Abies u.a. wurde um 9.000 y B.P. festgestellt. Ähnliches bestätigen zwei Profile aus dem Hongyuan County (WANG FUBAO ET AL. 1996). Damit wird eine schnelle Einwanderung der Baumarten und zugleich ein schnelles Moorwachstum im Frühen Holozän nachgewiesen, wie die 14C-Daten beweisen (THELAUS 1992). Im Nianbaoyeze Shan ist die Waldetablierung deutlich schwächer ausgeprägt. Der BP von Picea, Abies, Betula, u.a., wandert zunächst sehr schwach bis zum Klimaoptimum im Mittel- holozän ein. Im späten Holozän sind jedoch deutlich Hippophaë und Salix präsent (SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009, s. auch FRENZEL ET AL. 2003).

1. Einführung 44

Erste pollenanalytische Ergebnisse anhand lakustriner Sedimente am Westufer des Nam Co, Zentral-TP, werden von WU ZHONGHAI ET AL. (2003) und ZHU DA-GANG ET AL. (2003) veröffentlicht. Beide Arbeiten lassen deutliche Störungen der Profile in den Altersdatierungen, sowie mangelnde Altersdaten insgesamt, erkennen. Es fallen die hohen BP-Werte zwischen dem LGM und Spätglazial auf, die mit Maxima von etwa 40 % bei Pinus und über 10 % bei Betula liegen. M.E. entsprechen die Werte nicht den angegebenen Zeiten, betrachtet man die Störungen der Altersdaten und der Stratigraphie. Die Pollensummen sind nur teilweise angege- ben. Die Interpretation der hohen BP-Werte ist m.E. als kritisch einzustufen. Dennoch werden für die Zeit des holozänen Klimaoptimums (~ 8.400 bis 4.200 y B.P.) daraus Mischwälder aus Koniferen und Laubbäumen abgeleitet, vertreten durch Pinus, etwas Abies, Betula, Quercus und Tilia. Die prozentualen Anteile liegen dabei sehr hoch mit Maximalwerten z.B. von 40 % bei Pinus, Betula bei knapp 20 %. Mit Störungen der Altersprofile ist allerdings auf dem TP immer wieder zu rechnen (FRENZEL 2007). Ein PD vom Silling Co (s. in SHEN CAIMING 2003) zeigt pollenanalytisch zwischen 9.300 bis 9.000 y B.P. eine Verbesserung des Klimas an. Hohe Pinus-Werte zuvor werden wohl korrek- terweise als Fernflug gedeutet. Am Ahung Co herrscht zwischen 8.300 und 2.600 cal y B.P. durchgehend Steppe. Am Xuguo Co dagegen wird von 8.500 bis 4.500 cal y B.P. ebenfalls eine Steppe angezeigt, jedoch mit deutlich wechselnden Anteilen von Gramineae und Artemisia (SHEN CAIMING 2003). Pollenanalytische Untersuchungen zeigen am Zigetang Co, Zentral-TP, eine Steppenvegetation vor allem aus Artemisia und Poaceae in der Zeit zwischen 10.800 und 4.400 cal y B.P. (HERZSCHUH ET AL. 2006b, WINTER 2004).

Im Becken des Sumxi-Co, W-Tibet, zeigt das PD während der spätglazialen Phase (~ 12.700 bis 10.000 B.P.) eine sehr arme lokale und regionale Pollenflora, sowie einen schwachen Deckungsgrad der Vegetation, hauptsächlich durch Wüstenpflanzen der Chenopodiaceen und Ephedra an. Dagegen werden während des Frühen bis Mittleren Holozäns zwei Feuchtphasen (~ 10.000 y B.P. und 7.500 y B.P., 14C) erkannt. Letztere wird von einem generellen, nicht- linearen Ariditätstrend gefolgt. Zwischen 9.300 und 6.200 y B.P. (14C) stellte sich eine Baum- steppe, aufgrund stets zunehmender Niederschläge ein (VAN CAMPO & GASSE 1993). Die sprunghafte Zunahme von Artemisia um ca. 10.000 y B.P. (14C) zeigt den Beginn feuchter Kon- ditionen an. Dabei folgt nach einer trocken-kalten Phase im Hochglazial eine Ausbreitung alpi- ner Steppen spätglazialer Kältewüsten (vgl. auch TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999). VAN CAMPO ET AL. (1996, vgl. auch GASSE ET AL. 1991) finden aufgrund von Pollenanalysen im Becken des Bangong Co in der Zeit vor 9.600 y B.P. Vertreter der Kältewüstenvegetation, wie Chenopodiaceae, etwas Ephedra, sowie geringe Artemisia-Werte. Artemisia nimmt seit dieser Zeit sprunghaft zu, gemeinsam mit Cyperaceae und Gramineae als Zeichen eines feuchter und wärmer werdenden Klimas. Zwischen 8.000 und 7.700 y B.P. zeigen feuchtigkeitsliebende Pflanzen und saline Diatomeen einen Rückgang des Sees bei 7.700 y B.P. an, bevor eine er- neute Klimaverbesserung, gekennzeichnet durch hohe Artemisia-Werte und geringere Cyperaceen, eingeleitet wird. Vergleicht man die Ergebnisse des Sumxi Co (VAN CAMPO & GASSE 1993) mit denen des Bangong Co-Beckens (VAN CAMPO ET AL. 1996), so fallen gewisse pollenanalytische Unter- schiede auf, wie etwa die höhere Präsenz von Gramineae und Cyperaceae am Bangong Co, die auf die unterschiedliche Morphologie der jeweiligen Seebecken und Höhe zurückzuführen sind (VAN CAMPO ET AL. 1996). GASSE ET AL. (1991) interpretieren für den Sumxi Co in der Zeit > ~ 7.900 bis ~ 4.700 14C y B.P. hohe Seespiegelstände, wie die Analysen von Diatomeen, Ostra- coden und anderen Parametern zeigen. Die hohen Seestände wurden vermutlich von schmel- zenden Gletschern gespeist. Klare Hinweise auf monsunale Einflüsse fehlen. Ein weiterer Vergleich ist durch die Untersuchungen von Diatomeen, Ostracoden und Charophyten, sowie weiteren Parametern organischer Sedimente auf der Ostseite des Bangong Co gegeben. Danach handelt es sich vor etwa 9.500 y B.P. um ein geschlossenes System, welches sich danach zunehmend mit Süßwasser füllte und ein Maximum bei 8.700 y B.P. erreichte. Bis etwa 6.300 y B.P. handelte es sich um einen tiefen Süßwassersee, in dem sich zwischen 8.600 und 7.500 y B.P. immer wieder Spiegelabsenkungen bemerkbar machten (FAN HUI ET AL. 1996). 1. Einführung 45

Der mit der Jüngeren Tundrenzeit korrelierende Kälterückschlag auf dem TP ist auch in den Einflusszonen der Westwinde (Westerlies) bemerkbar. SHEN CAIMING (2003) folgert hypothe- tisch den Einfluss kalter Luftmassen aus dem Nordatlantik über die Westwinde. Nachweise dieses Ereignisses aus anderen Teilen des Plateaus sind rar.

In einem Moor bei Damxung, SO-Tibet, konnten pollenanalytisch im Spätglazial bereits Strauchformationen von Hippophaë, Myricaria und Juniperus nachgewiesen werden (SCHLÜTZ ET AL. 2007).

Am Co Qongjiamong, S-TP, zeichnet sich zwischen 14.100 und 13.600 cal y B.P. eine Artemisia-Steppe ab, die sich allmählich zu alpinen Wiesen mit hohen Cyperaceae-Werten ent- wickelte. Ab ~ 10.800 cal y B.P. nimmt Betula extrem zu, in unterschiedlichen Anteilen auch andere BP-Typen (z.B. Pinus) und Taxa der Gebüschformationen (SHEN CAIMING 2003).

In SW-Sichuan beschreibt JARVIS (1993) eindrucksvoll die Vegetationsveränderung am Beispiel eines PD des Sees Shayema. Um 11.000 y B.P. (14C) waren Wälder mit Betula und sommer- grünen Eichen verbreitet, die ab ca. 10.000 y B.P. (14C) von Pinus-Beständen abgelöst wurden, mit Maxima von Abies und Cedrus. Ab ca. 9.100 y B.P. (14C) veränderte sich dort die Vegetation schlagartig. Immergrüne Eichen ersetzten die sommergrünen. Bis ca. 7.800 y B.P. (14C) wird die Vegetation durch mehrere Arten der warm-gemäßigten sommergrünen Laubwälder und immer- grünen subtropischen Wälder bereichert. Ein Wechsel der laubabwerfenden hin zu den immergrünen Eichen im Frühen Holozän wird auch in anderen pollenanalytischen Arbeiten in SO-China beobachtet (WANG K.F. ET AL. 1984). So ist für das S-TP zwischen 8.000 - 3.000 y B.P. (14C) eine generelle Ausbreitung von Wald zu erkennen (JARVIS 1993, TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999).

Während des Holozäns lassen angeblich pollenanalytische Ergebnisse des Yali-Interstadials der Qomolangma Region eine Hebung von etwa 3400 - 3800 bis 4300 m NN vermuten. Das entspricht einem Höhenunterschied von 500 m in den letzten 10.000 Jahren. Ob die Verände- rungen der Vegetation seit dem mittleren Pleistozän, besonders auch im Holozän nur durch Hebung oder durch klimatische Veränderungen verursacht wurden, lassen die Autoren offen, erwähnen aber nichts von einem menschlichen Einfluss (XU REN ET AL. 1999).

Mit dem ausgeprägten Einsetzen des Asiatischen Monsunsystems kam es zur Ausbreitung der Koniferenwälder im Qilian-Gebirge (HERZSCHUH ET AL. 2006a). Zu einer Ausbreitung von Juniperus (Sabina), Picea und Pinus kam es in der Zeit zwischen 11.600 und 7.100 cal y B.P., nachgewiesen anhand von Pollenanalysen im Einzugsgebiet des Shiyang Flusses, N-TP (CHEN FA-HU ET AL. 2006). Damit wird ein frühholozänes Optimum für den Norden des TP pollenanaly- tisch nachgewiesen. LIU KAM-BIU ET AL. (1998) beschreiben Ähnliches anhand von Unter- suchungen an zwei Eisbohrkernen des Dunde ice cap, Qilian-Gebirge, in 5325 m NN Höhe, aufgrund relativ hoher PK-Konzentrationen zwischen 10.000 und 4.800 cal y B.P., sowie kon- stant hoher Artemisia-Werte und eines relativ hohen A/C-Verhältnisses (auf die Aussagekraft des A/C-Verhältnisses wird in Kap. 2.8.4. speziell eingegangen). Die Zunahmen von Picea, Betula, etc. in der Zeit von etwa 9.000 bis 7.000 y B.P. zeigen im Norden des TP (Qilian Shan) das holozäne Klimaoptimum an, bevor die Mischwälder seit ca. 7.000 Jahren durch alpine Steppen und mit subalpinen Sträuchern durchsetzten Wiesen ersetzt werden (HERZSCHUH ET AL. 2006a).

Am Nanga Parbat (Karakorum) bildete sich in 3300 m Höhe im frühen Holozän zunächst ein dichter Kiefernwald (Pinus wallichiana) aus. Die Rückgänge beispielsweise der Farne dort bzw. der Kiefernbestände eines PD in der trockenen Tallandschaft Yasin im Karakorum werden ab etwa 7.200 y B.P. mit einer Zunahme und ab etwa 5.000 y B.P. und 2.700 y B.P. mit einer Abnahme der Niederschlagsverhältnisse interpretiert. Hinweise für eine zunehmende Trittbelastung, durch Wildtiere oder anthropo-zoogen, sind durch ein PD im Karakorum ab 2.700 y B.P. gegeben, die mit einer Zunahme der Weidekräuter dort um etwa 2.250 y B.P. einhergehen (SCHLÜTZ 1999). 1. Einführung 46

1.10.3. Mittleres und Spätes Holozän

Eine umfassende Studie zahlreicher holozäner PD erbrachten REN GUOYU & BEUG (2002) und später REN GUOYU (2007). Dabei fällt eine Ausbreitung von Picea und Abies bis etwa 4.000 y B.P auf dem TP auf, im Westen zwischen 10.000 und 6.000 y B.P. und im Norden zwischen 6.000 und 4.000 y B.P.. Zwischen 8.000 und 6.000 y B.P. begann auf dem östlichen TP die Ausbreitung von Betula, die allerdings ebenfalls, wie die Koniferen, um 6.000 y B.P. zurückging. Die natürliche Bildung der weitverbreiteten Kobresia-Matten wurde vornehmlich einer feuchteren Zeit im Holozän zugeschrieben (Kobresia-pygmaeae-age, MIEHE 1996, vgl. MIEHE & MIEHE 2000). Feuchte und wärmere Bedingungen waren in der Zeit des Klimaoptimums gege- ben und könnten somit die Entstehung dieses Vegetationstyps gefördert haben. Außerdem kann die Bildung auch bereits früher angesetzt werden, z.B. im frühen Holozän (ähnliche Mengenanteile des Cyperaceenpollens: BRÄUNING 2002). Es sei auch bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Kobresia-Matten Ersatzgesellschaften bilden können und die Bildungsphasen vielfach erst im späteren Holozän einsetzen (KAISER 2004, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008a, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Aktuell wird diskutiert, dass in Teilen NO-Tibet bereits seit 8.000 y B.P. degradiertes Grasland i.w.S. die natürliche Vegetation weitgehend ersetzt (MIEHE ET AL. 2008b).

Die Arbeit von SCHLÜTZ (1999) weist am Nianbaoyeze Shan, O-TP, bis etwa 6.000 (6.600) y B.P., auf den Pollen von Picea, Abies, Pinus, aber auch auf Arten von Laubbäumen hin. Die Waldformationen gehen nach dieser Zeit deutlich zurück, einhergehend mit Zunahmen von Kräutern wie Polygonum bistorta-Typ, verschiedener Gentianaceen, Ranunculaceen, etc. Dies wurde seither klimatisch gedeutet (SCHLÜTZ 1999). Im Becken von Zoigê zeigen pollenanalyti- sche Ergebnisse durch die maximale Ausdehnung von Koniferen- und Laubwäldern das holo- zäne Maximum in der Zeit zwischen 9.000 - 6.000 y B.P. an, bevor diese etwa nach 5.000 y B.P. zurückgehen (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b). Der Rückgang des BP im Becken von Zoigê wird um etwa 4.000 y B.P. durch THELAUS (1991) und ab etwa 5.000 y B.P. durch FRENZEL (1990, 1994b, FRENZEL ET AL. 1995, DAMBACH unveröffentlicht) durch die Ausbreitung und Intensivierung der Yak-Beweidung begründet, wie zugleich die Zunahme von Taxa beweideter Moore (DAMBACH unveröffentlicht, THELAUS 1992) anzeigt. Den jüngsten Interpretationen zu Folge wird der Einfluss des Menschen auf die Vegetation auch am Nianbaoyeze Shan nachge- wiesen (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Doch darauf soll im späteren speziell eingegangen wer- den (Kap. 1.12.1.). Der Rückzug von Wald in derselben Gegend wird von WANG FUBAO ET AL. (1996) durch das Nachlassen von Niederschlägen und einen geringeren Feuchtehaushalt begründet.

Am Xuguo Co, Zentral-TP, nimmt um 4.500 cal y B.P. der BP-Fernflug zu. Geringere Pollenkonzentrationen deuten auf eine schwach ausgebildete Vegetationsdecke hin. Am Ahung Co wird eine durchgehende Steppe bis etwa 4.500 cal y B.P. pollenanalytisch nachgewiesen. Mehrere Wechsel von Steppen- und Wiesenvegetation werden am Co Ngion (Co Ngoin) in der Zeit zwischen 6.300 und 4.300 cal y B.P. interpretiert (SHEN CAIMING 2003). Am Zigetang See wird durch Biomrekonstruktionen und pollenanalytische Analysen ab etwa 4.400 cal y B.P. ein Vegetationswechsel von einer Steppe (Artemisia, Poaceae) hin zu einer wüstenähnlichen Vegetation aus Cyperaceae, Poaceae, Chenopodiaceae, u.a., rekonstruiert, was auf klimatische Veränderungen zurückgeführt wird (HERZSCHUH ET AL. 2006b, WINTER 2004).

Durch die Arbeit von HUANG C. & LANG Y. (1981) werden für die Zeit von etwa zwischen 7.500 und 5.500 y B.P. am Chagcam Cake-See des W-TP und Maro Yumco des S-TP Waldwachs- tum, sommergrüne Laubwälder, vor allem durch Alnus und Betula, nachgewiesen.

Das Ende der warm-feuchten Phase während des holozänen Klimaoptimums seit etwa 6.500 y B.P. wird in W-Tibet durch die Wiederausbreitung der Wüstenvegetation zu Ungunsten der Steppe angezeigt (VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, GASSE ET AL. 1991, 1996), mit sehr trockenen Perioden um etwa 5.500, 3.900 bis 3.200 und während der „Kleinen Eiszeit“ um 700 y B.P., wie auch die Rückgänge von BP, Artemisia aber auch der PK-Konzent- rationen zeigen (VAN CAMPO ET AL. 1996). 1. Einführung 47

Der hierbei untersuchte Bangong Co erfuhr eine Ausbreitung der Seefläche bis etwa 6.300 y B.P.. Ab dieser Zeit nimmt am Bangong Co der Seespiegel ab, vor allem in der Zeit von etwa 3.900 bis 3.200 y B.P.. Danach stellen sich leicht saline Bedingungen ein. Regionalklimatische Faktoren werden für diese hydrobiologischen und ökologischen Veränderungen verantwortlich gemacht, wie auch am Sumxi Co (FAN HUI ET AL. 1996).

Seit etwa 6.600 cal y B.P. gehen am Co Qongjiamong, S-TP, die Pinus-Werte stark zurück, bei starker Zunahme von Artemisia. Seit etwa 2.200 cal y B.P. dominieren dort Cyperaceen (SHEN CAIMING 2003). Ein PD des Ren Co (4450 m Höhe), SO-TP, zeigt nach ca. 4.000 y B.P. stetige Rückgänge des BP an, die zunehmend durch Steppen mit Artemisia ersetzt werden (s. in SHEN CAIMING 2003). In SW-Sichuan setzten sich, wie bereits dargestellt, in der Zeit zwischen 7.800 und 4.000 y B.P. zunehmend die sklerophyllen Laubwälder durch. Die Taxa Juglans, Fagopyron und Cannabis, sowie weitere Beikräuter (z.B. Plantago) zeigen eindeutig auf menschliche Aktivitäten während der etwa letzten 1.000 Jahre (JARVIS 1993).

Am Noryongco (N-Cona County, 28°20’N, 91°56’E, 4760 m NN) war um 6.500 y B.P. der See- spiegel relativ niedrig, bevor er danach allmählich anstieg. Dies zeigen lithologische Analysen. Pollenanalysen geben Hinweise auf BP (Pinus, Betula, Tsuga, Quercus, etwas Alnus) und NBP Polygonaceae, Labiatae, Rosaceae. Ab etwa 5.000 y B.P. wurde das Klima wieder trockener. Nach 4.000 y B.P. stieg der Wasserstand jedoch wieder an, das Klima wurde wärmer und feuchter. Nach 3.000 y B.P. sank der Seespiegel wieder ab (WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987).

Am Gorkha Himal, Zentral-Nepal, konnten während der Zeit von 7.800 bis 2.750 y B.P. humide Eichenwälder pollenanalytisch nachgewiesen werden (SCHLÜTZ & ZECH 2004).

Auf der indischen Seite des Zentral-Himalaya beschreibt PHADTARE (2000) anhand von Pollenanalysen aus zwei Mooren (etwa 3500 m NN) für die Zeit um etwa 7.800 cal y B.P. durch das Wachstum von immergrünen Eichen (Quercus semecarpifolia) und Alnus, sowie Gräser kalte-feuchte Klimate, die bis etwa 5.000 cal y B.P. zunehmend von Koniferen dominiert werden und damit dem Autor zufolge verbesserte Klimate anzeigen. Eine wärmere, feuchtere Zeit, mit maximalen monsunalen Ausprägungen, wird für die Zeit bis etwa 4.500 cal y B.P. angenom- men. Koniferen dominieren während des mittelholozänen Klimaoptimums. Zwischen 4.000 und 3.500 cal y B.P. gehen die Koniferen stark zurück, mit einer gleichzeitigen maximalen Ausbrei- tung immergrüner Eichen. Der Autor geht von einer fortschreitenden Abkühlung aus, mit einer Abschwächung des Monsuns. Dieser Trend hält in unterschiedlicher Ausprägung bis heute an. Ein möglicher menschlicher Einfluss bleibt offenbar unberücksichtigt.

Ein PD des Chagcam Caka in 4400 m Höhe NN, NW-Chang Tang Plateau, zeigt Pollentypen wie Ajania, Ephedra, Tamarix, Salix, Alnus, Pinus, u.a., seit etwa 13.000 y B.P. bis mindestens ~ 4.800 y B.P., in sich ändernden Anteilen (HUANG C. & LIANG Y. 1981). SCHALLER (1998) gibt Strauchformationen aus Tamarix und Salix an, sowie die Anwesenheit von Pinus in einer heute baumlosen Vegetation. Damit sind mindestens seit dieser Zeit klimatische Verbesserungen er- kennbar, die im weiteren Verlauf weitere klimatische Reaktionen wohl am Übergang Spätglazial und Holozän anzeigen. Ob Pinus lokal anwesend war oder ob es sich bei diesem starken Pol- lenproduzenten um Fernflug handelt, sei dahin gestellt.

Aus NO-Tibet existieren pollenanalytische Ergebnisse von BEUG (1987) am Kakitu-Mt. in 4620 m NN Höhe (38°2,5’N, 96°28’E). Das PD zeigt nahezu durchgehend eine baumlose Vegetation und spiegelt typische kalt-aride Bedingungen wider. Vertreter des BP rühren hauptsächlich von Fernflug her. Unter den heutigen Bedingungen ist ebenfalls ein Gürtel einer subnivalen Vegeta- tion aus Polsterpflanzen vorhanden. Am Luanhaizi, Nordostrand des TP, gediehen nach etwa 7.000 y B.P. zunehmend alpine Steppen und Wiesen, sowie subalpine Gebüschfluren. Diese pollenanalytischen Veränderungen zeigen den Autoren zufolge seit dem Mittleren Holozän stabilere klimatische Bedingungen an (HERZSCHUH ET AL. 2006a). Die pollenanalytischen Ergebnisse des Eastern Juyan Paläosees des Alashan-Plateaus, NW- China, zeigen zwischen etwa 5.400 und 3.900 cal y B.P. verbesserte klimatische Verhältnisse durch die Ausbreitung von Artemisia an, danach kehren wieder trockene Bedingungen zurück, 1. Einführung 48 wie aus den vegetationsgeschichtlichen Veränderungen geschlossen wird (HERZSCHUH ET AL. 2004). HERZSCHUH ET AL. (2004) haben verschiedene qualitative und quantitative Methoden zur Re- konstruktion der Vegetationsgeschichte in der Inneren Mongolei (Bsp. Juyan palaeolake, Juanze-Paläosee) angewandt. U.a. wird eine qualitative Interpretation durch eine pollenbasierte Biom-Rekonstruktion nach PRENTICE ET AL. (1996) gegeben.

Für den Norden des TP interpretieren CHEN FA-HU ET AL. (2006) den abrupten Rückgang des Waldes um etwa 7.000 cal y B.P. als eine Folge eines schwächerwerdenden Ostasiatischen Sommermonsuns. Der Wald erholt sich nochmals nach 5.000 cal y B.P..

Wie die zahlreichen Untersuchungen zur Vegetationsgeschichte im Holozän auf dem TP zei- gen, verändert sich die Vegetation nach dem Klimaoptimum seit etwa dem Mittelholozän in vielfacher Weise. Diese Veränderungen gehen oftmals mit einem deutlichen Rückzug des Wal- des einher. Die zeitlichen Diskrepanzen der Angaben zum „Klimaoptimum“ auf dem TP anhand der pollenanalytischen Ergebnisse lassen daran zweifeln, dass es sich ausschließlich um klimatische Einflüsse und Veränderungen handelt, die diesen Vegetationswechsel zu verant- worten haben. Häufig werden extrem geringe ausgezählte Pollensummen angegeben oder diese werden in den Untersuchungen oft nicht dargestellt. Das Problem der Veränderung der Vegetation in diesem Zeitraum wird in Kap. 1.12.1. ausführlich erläutert werden.

1.11. Möglichkeiten der Lokalisierung letzteiszeitlicher Waldrefugien

Über den geographischen Vergleich pollenanalytisch untersuchter und 14C-datierter Profile können die Einwanderungsbahnen und –zeiten ausgewählter Taxa annährend ermittelt und etwaige eiszeitliche Refugien lokalisiert werden. In Mitteleuropa wurde das Wanderverhalten verschiedener Pflanzenarten recht gut untersucht (GLIEMEROTH 1995 u. Lit. dort). So zogen sich viele Gebirgspflanzenarten während der Kalt- zeiten in tiefere und/oder südlicher gelegene Tieflagen zurück. Zahlreiche Baumarten über- dauerten diese Zeiten im Mittelmeergebiet (z.B. Quercus), im östlichen Mittelmeergebiet, Kolchis (z.B. Corylus) und/oder in der mittelrussischen Ebene, bzw. im S-Ural (z.B. Picea) (GLIEMEROTH 1995, STRASSBURGER ET AL. 2002). Bei Klimaverbesserung mit Beginn und während der Interglaziale und Interstadiale konnten sie wieder zurückwandern, wobei sich dabei immer wieder neue Pflanzengesellschaften bildeten. Entscheidend sind dabei nicht nur die abiotischen Standortbedingungen, sondern gerade auch biotische. Dabei spielt das Konkurrenzverhalten eine entscheidende Rolle. Pflanzengesell- schaften sind das Ergebnis aller umgebenden Faktoren und antworten permanent auf jegliche Veränderung. Solche Vorgänge und Muster ermöglichen überhaupt eine Eroberung neuer Lebensräume. Diese Wanderungen erklären schließlich das Vorkommen von z.B. asiatisch-alpinen Disjunktionsmustern in der mitteleuropäischen Flora.

Es gibt eine Reihe von Methoden, um letzteiszeitliche Refugien zu orten und nachzuweisen (z.B. GLIEMEROTH 1995, WILLIS 1992abc). Sicherlich werden Genom-Analysen eine immer wichtigere Rolle einnehmen und die Identität einzelner Taxa „Gen“-genau ermöglichen, um beispielsweise verwandtschaftliche Beziehungen exakt erkennen zu können. OPGENOORTH (2007) versucht derzeit anhand von Sequenzdaten aus den Genomen der Chloroplasten von schuppigen Baumwacholdern (Juniperus tibetica, J. indica, J. saltuaria, J. microsperma, J. convallium) mögliche eiszeitliche Refugialräume in Tibet abzuleiten. Floristische Untersuchungen erlauben ebenso eine Eingrenzung potentieller Refugien, so wie es MIEHE (1990) für den Langtang Himal versucht hat. Pflanzengeographische Analysen kön- nen ebenso Hinweise auf die Existenz letztglazialer Waldrefugien geben (s. FRENZEL ET AL. 2003).

Das Problem liegt vielfach leider darin, dass Pollenzonen, charakterisiert durch das Eintreten einzelner Pollentypen im PD, bzw. das Verhalten einzelner Vertreter des BP zueinander, viel- 1. Einführung 49 fach mit den Tiefseestadien (MIS) gleichgesetzt werden, ohne eigens dafür Datierungen (z.B. 14C) durchzuführen (FRENZEL 2006a). Eine zeitliche Bestätigung, sowie Konkretisierung der Ankunft einzelner Waldvertreter und eben auch die Pflanzenwanderung sind dann oftmals nicht gegeben.

Die Methode der Pollenanalyse kann aber auch an ihre Grenzen stoßen, wenn es um die Ermittlung des Wanderverhaltens einzelner Baumarten geht. So zeigen die Beispiele zweier Tieflandstandorte auf der Isle of Skye, welche einige Zehner von Kilometern auseinander lie- gen, eine um 2.000 Jahre unterschiedliche Etablierung der Birkenwälder an (BIRKS 1973). Ein Fehlschluss als „zeitlicher Marker“ wäre fatal, handelt es sich doch lediglich um eine kritische Grenze von Birkenwald und Nicht-Birkenwald. Einige weitere Beispiele solcher fatal auf die Interpretation von Imigrationsbahnen verschiedener Vertreter der Waldformationen einwirken- der Faktoren sind in FÆGRI & IVERSEN (1975) angegeben. Demnach spielen Immigrationseffekte eine weitaus größere Rolle, speziell in NW-Europa, als bisher berücksichtigt wurde. Diese Effekte können durchaus eine Klimaveränderung vortäuschen. Es ist daher absolut notwendig, weitere Indizien und Beweise, wie absolute Datierungen, glaziologische und historische Daten, „land-sea-relations“, u.s.w., heranzuziehen (FÆGRI & IVERSEN 1975).

Interpretationen der Einwanderungsmuster sind nicht immer einfach. Isolierte Baumstandorte können bereits während des Spätglazials oder gar während der letzten Eiszeit in der umge- benden Landschaft, z.B. als Waldsteppe, vorgekommen sein und sich bei der frühholozänen Klimaerwärmung letztlich signifikant ausgebreitet haben. Nur der Vergleich der Pollendaten mehrerer spätglazialer, bzw. frühholozäner Standorte erlaubt überhaupt eine mögliche Inter- pretation hinsichtlich Einwanderungszeiten und –bahnen und der Detektion letztglazialer Wald- und Baumrefugien, nicht jedoch der Einzelbefund. Artspezifisch geringe Werte von BP-Taxa können nur dann durch die ehemalige Anwesenheit von Refugien erklärt werden, falls auch der Pollen anderer Pflanzen vorhanden ist. WILLIS (1992abc) hat das anhand der pollenanalyti- schen Untersuchungen in NW-Griechenland durchgeführt und auf südexponierten, windge- schützten Hängen des Pindus-Gebirges, sowie im Tiefland in der Umgebung des Sees Gramousti, Refugien vermutet.

Die Aufgabe, anhand von BP-Werten auf die tatsächliche Anwesenheit, und in diesem Sinne auf die eigentliche Einwanderung einzelner Baumarten zu schließen, ist also nicht einfach. GLIEMEROTH (1995) verwendet daher neben der eigentlichen „Massenausbreitung“ definierte Grenzwerte für das Auftreten erster Spuren einer Baumgattung. Ab wann diese ersten Spuren in den PD ein Zeichen tatsächlicher Anwesenheit von Bäumen sind und somit Hinweise auf die Einwanderung geben, kann im Hinblick auf Windblütigkeit und somit starke Pollenproduktion sehr schwierig sein und zu Fehlschlüssen führen (s. auch Kap. 2.8.3.). „Isopollenkarten“ könnten ebenso Wandermuster einzelner Baumgattungen darstellen. FIRBAS (1949) schließt anhand geschlossener Pollenprozentkurven als empirische Pollengrenze auf erste Einwan- derungsspuren. Ein Anstieg dieser Werte über einen bestimmten Grenzwert hinaus (rationelle Pollengrenze) gibt mögliche Hinweise.

In Europa konnte anhand von Kartendarstellungen einzelner Baumgattungen in definierten Zeit- scheiben gezeigt werden, dass die Einwanderung aus den glazialen Refugien oftmals mit Unterbrechungen erfolgt. Die Verzögerungen können z.B. durch natürliche Barrieren wie Gebirge, erklärt werden (GLIEMEROTH 1995). So können die Einwanderungsgeschwindigkeiten artspezifisch sehr stark variieren und große Sprünge aufweisen (Lit. in GLIEMEROTH 1995). Die natürliche Vegetationsentwicklung in Mitteleuropa unterliegt nach den Untersuchungen von GLIEMEROTH (1995) sehr viel stärker geologischen und biologischen Faktoren wie Bodenent- wicklung, Lage glazialer Refugien, Wanderbahnen, Verbreitung von Früchten und Samen, Konkurrenzstärke, u.v.m., als rein klimatischen Veränderungen.

Ein weiterer methodischer Ansatz zum Studium refugialer Räume ist die Dendroökologie. Dabei werden dendroökologische Parameter miteinander verglichen, um Informationen über die untersuchten Taxa zu erhalten (FRENZEL ET AL. 2003). In FRENZEL ET AL. (2003) konnte so bei der tibetischen Picea balfouriana das von allen anderen Koniferenarten abweichende dendroökologische Verhalten nachgewiesen werden. 1. Einführung 50

Untersuchungen zu Klima- und Wachstumsbeziehungen verschiedener Baumtaxa konnten hin- sichtlich Exposition und Höhenstufung in unterschiedlichen Gebirgen gemacht werden, wobei die Baumart anscheinend eine eher untergeordnete Rolle spielt: „Chronologien verschiedener Baumarten sind unter vergleichbaren Klimaverhältnissen einander in stärkerem Maße ähnlich, als Chronologien derselben Baumart aus unterschiedlichen Klimaprovinzen, bzw. Höhenstufen“ (BRÄUNING 2002, mdl. Mitt. A. BRÄUNING). Erste Ergebnisse zur dendroökologischen Unterteilung der Koniferen auf dem TP finden sich in BRÄUNING (1994b, 1999b, 2000).

1.11.1. Kenntnisstand

Hinweise aus der internationalen Literatur auf das Vorhandensein letzteiszeitlicher Wald- refugien, die für das Einwandern der Baumarten auf dem TP nach Klimaverbesserung im frühen Holozän verantwortlich waren, gibt es kaum.

Die relative Artenarmut an Gefäßpflanzen in großen Teilen des TP, wie beispielsweise auf der Chang Tang-Ebene < 100 Arten pro 10.000 km2, scheint dies zu erklären. Vergleicht man die Biodiversität der Gefäßpflanzen verschiedener Teile des Plateaus miteinander, so fällt dagegen eine hohe Biodiversität mit bis zu 4.000 - 5.000 Taxa/10.000 km2 in den randlichen, südlichen Gebirgszügen, sowie in den meridionalen Stromfurchen des TP auf. Hin zu den östlichen Gebirgszügen des Himalaya liegen u.a. die höchsten Diversitätszonen von ≥ 5.000 Taxa / 10.000 km2 und bilden dort als „Himalaya-Yunnan Centre“ eine der Regionen maximaler „Arten“zahlen der Erde (BARTHLOTT ET AL. 1996). Damit wird ein Raum der Extreme auch im Hinblick der Pflanzenbiodiversität gekennzeichnet. Es scheint allerdings oft sehr schwierig zu sein, zu entscheiden, wie weit es sich bei den unterschiedlichen Taxa tatsächlich um Arten handelt. LI BOSHENG (1995) nennt für das TP und seine Grenzstandorte 12.000 „Arten“ und 1.500 Gattungen von Gefäßpflanzen, die natürlicherweise in ihrer Zahl ungleich verteilt sind. Er beschreibt das TP u.a. als Entstehungszentrum zahlreicher global wichtiger Taxa höherer Pflanzen, wie beispielsweise der Gattung Rhododendron, sowie zahlreicher Gattungen der Ranunculaceae, Gentianaceae, Asteraceae, u.v.m. Allein im Gebiet des Qomolangma-Xixabangma Tibets sind 1.634 Gefäßpflanzen-„Arten“ erfasst. Es fällt hier die hohe Zahl der endemischen Pflanzen-„Arten“ auf (240). Anteilsmäßig entsprechen diese 14,7 % in dieser Region (HUANG RONGFU 1988). POLUNIN & STAINTON (1984) gehen von 9.000 „Arten“ in der Himalaya-Region von Kashmir, Ladakh und Nepal aus, einschließlich der subtropischen Flora.

YING TSUN-SHEN ET AL. (1993) beschreiben drei Endemismenzentren der chinesischen Flora, und zwar in O-Sichuan und W-Hubei, SO-Yünnan und W-Guangxi, sowie W-Sichuan und NW- Yünnan. Letzteres beherbergt die höchste Konzentration an endemischen Taxa der drei erwähnten Zentren, nämlich insgesamt 101 Vertreter aus 47 Familien, besonders der Apiaceae, Lamiaceae, Asteraceae, Ranunculaceae, u.a.. Etwa 1/3 (31 %) gehören den holzartigen Gewächsen und somit Bäumen und Sträuchern an, der Rest besteht fast auschließlich aus den kräuterartigen (64 %) und einem Restanteil an Kletterpflanzen (5 %). Es zeigt sich in diesem Zentrum, dass im Vergleich zu den anderen Hinweise auf eine jüngere Differenzierung gegeben sind. Die Hauptzentren endemischer „Arten“ Chinas liegen generell unmittelbar in den Übergangsbereichen verschiedener Klimazonen und Landschaftsformen (YING TSUN-SHEN ET AL. 1993). Wichtig für das Verständnis der Entstehung dieser Zentren ist das Problem der Hebung des TP und der angrenzenden Gebirgssysteme (Kap. 1.6.).

FRENZEL (1998) stellte nach YING TSUN-SHEN ET AL. (1993) die bekannten endemischen Taxa auf dem TP zusammen. Die Pflanzen stammen aus der Steppen-, Wald- und Hochgebirgsflora. Diese konzentrieren sich an den Gebirgszügen südlich/südwestlich von Chengdu, sowie in den nordsüdverlaufenden Tälern des Jinsha Jiang (Yangtze) des südlichen TP. Weitere Taxa fallen östlich von Lhasa auf, nahe der Stelle, an der der Yalung Tsangpo (Bramaputra) nach Süden abbiegt. 1. Einführung 51

Letzteres Gebiet ist auch durch endemische Picea- und Sabina-(Juniperus)Arten in CHEN W.-L. & WANG JIN-TING. (1988) dargestellt. PATSCHKE beschreibt schon 1913 für die Gattung Picea im osttibetischen Hochgebirge den Kulminationspunkt des Endemismus. Sicherlich muss auch die Methode der Erfassung endemischer „Arten“ berücksichtigt werden: Funde liegen oftmals an den Expeditionsrouten und könnten nur Ausschnitte der natürlichen Variabilität darstellen.

Diese Erkenntnisse könnten Hinweise auf die Existenz letzteiszeitlicher Refugien geben, und zwar auch auf dem Plateau selbst und nicht nur, wie bisher vielfach vermutet, an den artenreichen Gebirgszügen im östlichen, südlichen und südwestlichen TP.

Für die Existenz endemischer „Arten“ ist neben den geographischen und anderen Voraussetzungen der Faktor Zeit mitunter entscheidend. Endemische Arten können demnach auch überhaupt Hinweise auf Refugien geben. Geht man von einer bedeutenden Plateauerhöhung innerhalb des Späten Pleistozäns aus (FRENZEL 1998 und Literatur dort, s. Kap. 1.6.), hätten dann schon die heutigen tiefen Täler im Süden und Osten des TP seit Langem existiert, in denen die meisten endemischen Taxa der rezenten Flora hätten bestehen können. Wenngleich die Täler damals durch ihre geringere Tiefe nicht ganz so vor regenbringenden Winden geschützt gewesen wären wie heute (FRENZEL ET AL. 2003).

Betrachtet man die diskutierten Hypothesen über die Hebung des TP, so hätten sich bei der Annahme einer früh beginnenden Hebung des TP neue Formen viel früher entwickeln können. Eine langsame Hebung während des Pliozäns und frühen Pleistozäns, mit deutlicher Beschleunigung während des späten Pleistozäns, wie vielfach angenommen wird (s. Lit. in FRENZEL 1998 und Kap. 1.6.), ließe deutlich mehr Zeit für die Entwicklung zahlreicher Biotoptypen in den tiefen Tälern, sowie an den steilen Gebirgshängen, zu. Dagegen erlauben die Annahmen einer sehr jungen Hebung im Jungpleistozän (letzte 120.000 Jahre, s. Lit. in FRENZEL 1994a, 1998 und Lit. dort) wenig Entwicklungspotentiale. Die Frage ist nur, in welchen Zeiträumen sich solche Vorgänge abspielen können und vor allem auch endemische „Arten“ herauskristallisieren.

Man muss davon ausgehen, dass sich die alpine, vielfach endemische Flora überhaupt erst seit der Hebung des Plateaus hat herausbilden können, wie auch am Beispiel der Chang Tang Hochebene von MIEHE & MIEHE (2000) angedeutet wurde. Die Annahme, stark vertreten von KUHLE (z.B. KUHLE 1988, 1996, 2000) und auch anderen Autoren (u.a. SINICYN 1958, TRINKLER 1930), das TP wäre mindestens während der letzten Eiszeit von einem Inlandeis bedeckt gewesen, wurde mehrfach angezweifelt und teils wiederlegt (FLOHN 1987, FRENZEL 1992b, 1994a, 1998, 2004, FRENZEL & LIU SHIJIAN 1994, FRENZEL ET AL. 1995, 2001, LEHMKUHL 1995, 1998a, LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002, HÖVERMANN & LEHMKUHL 1994, SHI YAFENG 2002, SHI YAFENG ET AL. 1990, ZHANG D.D. & LI S.H. 2002, ZHANG D.D. ET AL. 2003, V. WISSMANN 1959, s. Kap. 1.8.1.2.). Man kann also aufgrund dieses Sachverhaltes von genügend Raum und Zeit für die Etablierung angepasster „Arten“ ausgehen. Nur die Annahme einer letzteiszeitlichen Inlandeisvergletscherung führte bereits Ende der 1930er Jahre zu der Schlussfolgerung von VUL’F (1939), die Vegetation sei erst im Postglazial auf das Plateau (rück)gewandert. Jedoch reicht in O-Tibet die letzteiszeitliche Vergletscherung an keiner Stelle bis in die tiefen Haupttäler hinab (V. WISSMANN 1959). Die relative Artenarmut, wie sie z.B. auf dem TP durch BARTHLOTT ET AL. (1996), mit Ausnahme der Randbereiche (s.o.), dargestellt wird, beschreiben jedoch beispielsweise FRENZEL ET AL. (1995) und B. DICKORÉ (mdl. Mitt.) für Teile des Plateaus, vor allem im Osten, als (potentiell) sehr artenreich und vermuten dadurch auch ein hohes Alter der Flora (FRENZEL ET AL. 1995).

Ein Vergleich der Pollenkurven ausgewählter Baumtaxa gibt für die Standorte und Profile „Hongyuan“, „Hai ze Shan“ und „Nianbaoyeze Shan“ die möglichen Einwanderungszeiten dieser Taxa an. In Hongyuan zeigt sich eine sehr frühe und intensive Einwanderung bedeutender Baumtaxa. Die Einwanderung erfolgt vermutlich aus den Refugien NW-Sichuans. Dagegen fallen ~ 100 bis 150 km westnordwestlich am Nianbaoyeze Shan relativ geringe BP- Werte auf, die zudem erst 1.500 bis 2.500 Jahre später als in Hongyuan auf höhere Werte ansteigen. Die Waldetablierung ist dort deutlich schwächer ausgeprägt, wenngleich der BP von 1. Einführung 52

Picea, Abies, Betula u.a., im späten Holozän sehr stark auch von Hippophaë und Salix, deutlich ansteigt und bis zum mittelholozänen Optimum präsent ist (FRENZEL 2002a, FRENZEL ET AL. 2003, SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009).

Bereits um 813.000 y B.P. sind im Becken von Zoigê Vertreter des BP wie Abies und Picea, aber auch Quercus, bekannt (LIU GUANGXIU ET AL. 1994a). Ab 16.000 bis 15.000 y B.P. werden dort mit hohen Gesamtpollenkonzentrationen erste Waldgesellschaften aus Picea, Abies und Betula nachgewiesen. Zwischen 13.000 und 11.000 y B.P. werden die Pollenkonzentrationen wieder geringer. Die Pollentaxa sind nahezu stets vertreten. Schließlich zeichnen sich ab 10.200 bis 9.000 y B.P. Schattholz-Koniferenwälder ab (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, vgl. auch WANG FUBAO ET AL. 1996). SHEN CAIMING (2003) stellt die vegetationsgeschichtlichen Ergebnisse der oberen 60 m des insgesamt 310,46 m langen Bohrkernes aus dem Becken von Zoigê vor. Der älteste Kontrollpunkt des oberen analysierten Bohrabschnittes weist bereits bei 47 m ein Alter von 147.000 y B.P. auf. Das letzte Interglazial (~ 134.000 - 120.000 y B.P.) ist pollenanalytisch mit Fichten-Tannen-Wäldern und thermophilen Baumarten aus Betula, Quercus, Corylus u.a., nachgewiesen. Es fällt auf, dass vor allem die Koniferen-Kurven unter dem BP während des entsprechenden Glazials und Interglazials, bzw. der Stadiale und Interstadiale, entsprechend zu- und abnehmen. Während der Kaltzeiten gehen die Pollenprozentwerte der Koniferen bis auf wenige Prozentwerte zurück, sind jedoch bei Picea und Pinus immer, bei Abies fast immer, durchgehend vertreten. Die Zunahmen dieser BP-Werte und somit die Einwanderungen der Bäume erfolgen sehr schnell, teilweise sprunghaft. Diese Beobachtungen stützen die Annahme eines (Wald-)Refugiums oder mehrerer Refugien in der nahen Umgebung. Verschiedene Hinweise deuten direkt oder indirekt auf mindestens ein glaziales Wald-Refugium wenige 10er Kilometer vom Zoigê-Becken hin (ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, FRENZEL 2002a, 2006b, FRENZEL ET AL. 2003, PATSCHKE 1913, YING TSUN-SHEN ET AL. 1993).

Die Ergebnisse am Hai ze Shan, ~ 350 km westsüdwestlich von Hongyuan, weisen viel höhere BP-Werte als am Nianbaoyeze Shan auf und wiederum geringere als in Hongyuan. Dafür stei- gen diese am „Hai ze Shan“ schon sehr schnell zu Beginn des Moorwachstums, etwa zwischen 8.500 und 9.000 y B.P., an. Das Gebirge um „Hai ze Shan“ ragt bis in Höhen von über 6.000 m, die während der letzten Eiszeit vergletschert waren. Selbst bei der Annahme einer Tempera- turdepression von 8 °C während des LGM gegenüber heute und einer „lapse rate“ von - 0,8 °C / 100 m bis - 0,7 °C / 100 m könnten dort die Waldgrenzen von Picea und Juniperus während des LGM in einer Höhe von etwa maximal 3500 bis 3600 m NN verlaufen sein. Dies lässt vermuten, dass in den unvergletscherten Tallandschaften an den unteren Hanglagen der nördlichen meridionalen Stromfurchen eiszeitliche Waldrefugien lokalisiert waren. Dendroökologische Befunde und pflanzengeographische Analysen stützen die bereits beschriebenen pol- lenanalytischen Ergebnisse (FRENZEL 2002a, FRENZEL ET AL. 2003). Die Einwanderungsfolge des BP folgt im PD von Hongyuan auf die Maxima von Juniperus und Salix zunächst durch den Peak der Pollenkurve von Betula. Daran schließt sich der von Picea an (DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b). Es kann hier also von einer klassischen Ein- wanderung der Bäume, zunächst von Lichtholzarten mit darauffolgenden Schattholzarten, aus- gegangen werden. FRENZEL (1994b) schließt eine Zunahme des BP durch Veränderungen im Sediment daraufhin aus.

Durch die dendroökologischen und pollenanalytischen Untersuchungen, sowie die pflanzen- geographischen Analysen des O-TP sind mindestens ein Waldrefugium oder mehrere Refugien während des Hochstandes der letzten Eiszeit in den nördlichen meridionalen Stromfurchen zu vermuten. 1. Einführung 53

1.12. Das Problem der Veränderung der Vegetation auf dem Tibetischen Plateau

1.12.1. Waldverbreitung früher und heute

Die heutige Waldverteilung auf dem TP erstreckt sich vor allem im Osten/Südosten (Kap. 1.9.). Dabei fallen auch expositionsabhängige Bewaldungen auf, über deren Ursache unterschied- liche Erklärungen aufgeführt werden. V. WISSMANN (1961) stellt auf einer Karte des TP die Problematik der waldfreien Südhänge bzw. Bewaldung der Nordhänge, zusammen mit Höhenangaben der oberen Waldgrenze und der klimatischen Schneegrenze, dar. Die expositionsabhängige Bewaldung wird auf klimatische Ursachen, vor allem auf die hohe Sonneneinstrahlung zurückgeführt. Von Süden kommende Niederschläge sollen vor allem im Gebiet des oberen Lancang Jiang (Mekong) durch eine geringere abschirmende Wirkung die nordseitige Bewaldung der Fichtenwälder zulassen. An den Südhängen können lediglich einzelne Juniperus-Gruppen angetroffen werden. Muster dieser Art findet man vor allem in den kontinentaleren, inneren und nördlichen Lagen des TP, während die eher ozeanisch geprägten südöstlichen und äußeren Randlagen beidseitige Waldverteilungen aufweisen (WINKLER 1998, 2000). Die expositionsabhängige Bewaldung ist auch in den Gebieten des Himalaya anzutreffen, wenn auch in einem geringeren Ausmaß. V. WISSMANN (1961) sieht durch die starken Unterschiede der Temperatur aufgrund der extrem unterschiedlichen Sonneneinstrahlung und somit durch den Hitzestress, der auf die Vegetation wirkt, die N-/S-expositionsabhängigen Unterschiede. Durch das frühere Abschmelzen der schneebedeckten Sonnhänge begründet ROCK (1930) die südseitige Waldfreiheit. Z.T. bleiben in trockenen Wintern die südexponierten Lagen sogar schneefrei (SCHÄFER 1938). FRENZEL (2000a) ergänzte nach eigenen Beobachtungen die ursprüngliche Karte von V. WISSMANN (1961) durch punktuelle, expositionsabhängige Waldverteilungen im Osten des TP. Dabei fallen jedoch an vielen Stellen beidseitige Bewaldungen, innerhalb des ursprünglich dargestellten expositionsabhängigen Waldlandes, auf. FRENZEL (2000a) sieht in der ungleichen Waldfreiheit jedoch einen intensiveren Einfluss des Menschen und seines Weideviehs. WINKLER (1994, 1998 und dort weiterführende Lit., 2000) beschreibt ähnliches im Jiuzhaigou Nature Reservat (tibetisch: Zitsa Degu), O-TP. Verschiedene Sukzessionsstadien nach Nachlassen der Nutzung, sowie Restbestände an Bäumen und Sträuchern an unzugänglichen Stellen als mögliche Relikte ehemaliger Wälder, bestätigen diese Ansicht (FRENZEL 2000a).

1. Einführung 54

Abb. 4: Fortgeschrittene Sukzessionsstadien und Wiederbewaldung durch Juniperus bei Rückgang des Nutzungsdrucks bei 101°32’E, 32°37’N, S/SO-Exposition (Bild: B. Frenzel).

Der Wald verändert sich auf dem TP vielerorts, räumlich und zeitlich unterschiedlich, seit mindestens ca. 5.000 – 6.000 y B.P. (vgl. später). Meist ist ein Rückgang des Waldes zu verzeichnen, aber auch Veränderungen in ursprünglich waldfreien und –armen Formationen kommen vor. Diese Veränderungen werden, wie bereits dargestellt, meist klimatisch gedeutet (VAN CAMPO & GASSE 1993, CHEN FA-HU ET AL. 2006, GASSE ET AL. 1991, HERZSCHUH ET AL. 2005, 2006ab, JARVIS 1993, LIU HONGYAN ET AL. 2002, LIU KAM-BIU ET AL. 1998, SCHLÜTZ 1999, SHEN CAIMING 2003, TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999, TARASOV ET AL. 2006, WANG FUBAO ET AL. 1996, WINTER 2004, YU GE ET AL. 1998); d.h., durch ein Schwächerwerden des Sommermonsuns, bzw. generell regionspezifische monsunale Veränderungen, vor allem Niederschlagsrückgänge und/oder erhöhte Winter- und/oder Sommertemperaturen und damit durch eine erhöhte Evaporation (vgl. Kap. 1.8.3./1.8.4. und Kap. 1.10.2./1.10.3.). Dagegen wird im Späten Holozän mit zunehmender Klimaerwärmung, z.B. dendroklimatolo- gisch, eine Zunahme des Sommermonsuns erkannt (BRÄUNING 2003, 2004, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, BRÄUNING & MANTWILL 2004). Die Intensivierung liegt jedoch noch im Rahmen der bisher beobachteten natürlichen Variabilität (BRÄUNING & GRIEßINGER 2006).

Die Darstellung der „Pollenkarten“ in 2000jährigen Intervallen anhand von Auswertungen zahl- reicher pollenanalytischer Studien im Holozän Chinas, einschließlich des TP, zeigten einen signifikanten Rückgang der Waldbedeckung (Forest Cover, FC) seit 6.000 y B.P.. Im östlichen Teil des TP zwischen den Flüssen von Jinsha Jiang (Yangtze) und Huaihe beträgt der Rückgang bis zu über 60 % (REN GUOYU 2007). Lediglich im Osten und nördlichen NO-China findet eine Ausbreitung der Waldbedeckung, hauptsächlich in den letzten 4.000 bis 2.000 Jahren, statt. Klimatische, sowie menschliche Einflussgrößen werden gleichermaßen dafür verantwortlich gemacht (REN GUOYU 2007, in Anlehnung an REN GUOYU & BEUG 2002). YU GE ET AL. (1998) rekonstruieren anhand der Biommodellierungen das Klima auf dem TP. Dabei geht die Fläche der „Tundra“ auf dem TP seit etwa 6.000 y B.P. zurück. Die Autoren deuten die vegetationsgeschichtlichen Veränderungen als eine Folge erhöhter Sommer- temperaturen und/oder länger anhaltender Wachstumsperioden und sehen darin signifikante Klimaveränderungen zwischen dem Mittleren Holozän und der Gegenwart.

1. Einführung 55

Der Waldrückgang im Becken von Zoigê, O-TP, aufgrund der Abnahme des BP ab etwa 5.300 - 5.100 y B.P. (14C) (DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b), bzw. 4.000 y B.P. (14C) (THELAUS 1992), wird jedoch durch den frühen Eingriff des Menschen in die Waldvegetation, vor allem durch die Yak-Beweidung, erklärt. Die Begründung liegt nicht nur im Rückgang des BP, sondern vor allem in der Zunahme weidetypischer Taxa (FRENZEL 1994b, THELAUS 1992). WANG FUBAO ET AL. (1996) hingegen sehen in derselben Region die Ursachen des Waldrück- ganges anhand der pollenanalytischen Befunde jedoch in verminderten Niederschlägen und erwähnen überhaupt nicht den Menschen und seine Aktivitäten. Dabei fallen genau in dieser Gegend die zeitlichen Unterschiede des Waldrückganges auf. Beide untersuchten Profile las- sen diese Veränderungen zu unterschiedlichen Zeiten erkennen: Um ~ 6.700 y B.P. („No. 2 pit section“) und ~ 4.000 y B.P. („Wasong section“, WANG FUBAO ET AL. 1996). Gerade die Reak- tionen der Waldvegetation zu unterschiedlichen Zeiten in derselben Region lassen dann aber an klimatischen Ursachen, als alleiniger Begründung, zweifeln. Am Nianbaoyeze Shan wurde der um ~ 5.300 y B.P. erkennbare BP-Rückgang (Picea, Betula) seither als Ausdruck einer klimatischen Verschlechterung nach dem mittelholozänen Optimum dargestellt (SCHLÜTZ 1999). Jedoch wird neuesten Ergebnissen zufolge auch dort der Einfluss durch Beweidung seit ca. 3.000 Jahren (SCHLÜTZ ET AL. 2007), jüngsten Interpretationen zu- folge seit 6.000 Jahren nachgewiesen (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). MIEHE ET AL. (2008b) ge- ben Hinweise zur Entstehungsgeschichte von Grünland in NO-Tibet. Demzufolge könnte Brand- rodung bereits vor etwa 8.000 y B.P. eine Rolle gespielt haben. Isolierte Baumstandorte, Holz- kohlefunde, sowie fossile Holzfragmente von Juniperus und Picea zeugen auch in heutigen waldfreien Gebieten NO-Tibets (Qinghai) von früheren Wäldern im Frühen und Mittleren Holo- zän. Die Ursachen des Waldrückganges, gekoppelt mit verstärkter Erosion an den Berghängen durch u.a. datierte kolluviale Sedimente, können jedoch nicht eindeutig geklärt werden (KAISER ET AL. 2007, vgl. MIEHE ET AL. 2008b).

Bei etwa 2.500 und 2.100 y B.P (14C) setzt im Osten des TP ein weiterer auffallender Rückgang des BP ein (FRENZEL 1994b, THELAUS 1992), und im Nianbaoyeze Shan bei etwa 2.700 y B.P. (14C) (SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ ET AL. 2007). Diese Phase fällt zeitgleich mit bekannten Gletschervorstößen zusammen (BRÄUNING 2002, LEHMKUHL 1998a, LEHMKUHL ET AL. 1999, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, ZHOU S.Z. ET AL. 1991). Der Rückgang von Wald- und Baumbeständen wurde am Nianbaoyeze Shan einerseits klima- tisch (SCHLÜTZ 1999), als auch durch anthropo-zoogene Einflüsse, interpretiert (SCHLÜTZ ET AL. 2007). Damit wird der zunächst angeblich sehr junge, seit etwa 800 Jahren, angenommene stärker spürbare Einfluss des Menschen im Nianbaoyeze Shan jetzt weit früher angesetzt. Ein Waldrückgang wird auch am Ren Co, SO-TP ab etwa 4.000 y B.P. verzeichnet. Diese Ver- änderung wird hypothetisch durch plötzliche Aridisierungsvorgänge begründet. Heute ist der See von einer baumlosen Vegetation umgeben. Lediglich kleine Inseln aus Juniperus und Picea sind in den unteren Hanglagen zu vermuten (s. in SHEN CAIMING 2003). Aus einem Moor bei Damxung, SO-Tibet, wird durch pollenanalytische Untersuchungen eine Beweidung von Kobresia-Gesellschaften bereits seit 8.500 cal y B.P. angenommen. Ob es sich dabei jedoch um Wildtiere oder um bereits domestizierte Weidetiere der Nomaden handelt, bleibt unklar (SCHLÜTZ ET AL. 2007).

In S-Tibet gab es zwischen 7.500 und 3.000 y B.P. (Qilongduo-Intervall) mindestens Wald- flecken, sogar in Höhen bis 4600 - 4700 m NN. Ähnliches wurde für die Nordhänge des Gang- dise-Gebirges festgestellt. Heute dagegen findet sich dort nur noch Grünland i.w.S.. Dies wird mit den niedrigen Durchschnittstemperaturen (2,4 °C bis 2,5 °C) und den jährlichen Niederschlagssummen von durchschnittlich 200 bis 400 mm / Jahr begründet. Vergleichbare Wälder der damaligen Zeit haben sich heute auf die Südhänge des Himalaya unter 3800 m zurückgezogen (~ 3,5 bis 5,5 °C = Durchschnittstemperatur, 550 - 700 mm / Jahr) (WANG FU- BAO & FAN C.Y. 1987).

In S-Tibet, in der Gegend von Lhasa, wird der erste spürbare menschliche Einfluss auf die Vegetation anhand pollenanalytischer Befunde seit etwa 4.600 y B.P. erörtert, der mit einer Abnahme der Waldvegetation, vornehmlich Juniperus, und Etablierung von Ersatzge- sellschaften nach Beweidung einhergeht (KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2006, 2007a). Des- weiteren kann unmittelbar nach dem BP-Rückgang der Hordeum-Typ als Indiz für Getreide- 1. Einführung 56 anbau nachgewiesen werden. Heutige degradierte Pflanzengesellschaften, u.a. Dornen- gebüsch, entwickelten sich dort während der letzten Jahrhunderte (KAISER ET AL. 2006a, MIEHE ET AL. 2003, 2006, 2007a). Das entsprechende PD wurde jedoch lediglich durch zwei 14C-Daten abgesichert, die zudem von einem Hiatus getrennt zu sein scheinen. Der Rückgang des Juniperus-Typs wird als Waldrodung südexponierter Hänge gedeutet, auch aufgrund von Kohlefunden, die allerdings auch aus natürlichen Feuern, z.B. ausgelöst durch Gewitter, herrühren können. Ein Nachweis der wirklichen Ursachen ist nicht möglich (KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2006, 2007a). Die Hinweise auf den frühen menschlichen Einfluss in dieser Gegend werden durch die pedomorphologischen und geochronologischen Untersuchungen unterstützt. 14C-datierte Holzkohle bezeugt die Anwesenheit von Juniperus-Wäldern in der heute waldlosen Gegend von Lhasa. Der menschliche Einfluss nimmt seit etwa 1420 A.D. deutlich zu (KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2006, 2007a). In dem weitgehend waldfreien S- Tibet um Lhasa können auch heute noch immerhin Dornenbüsche in beachtlichen Höhen beobachtet werden und zwar an von Menschen und Weidetier unzugänglichen Stellen (KAISER ET AL. 2006). Die dendrochronologischen und -ökologischen Untersuchungen bezeugen ebenso reliktäre Juniperus-Standorte in S-Tibet (z.B. BRÄUNING 2007, vgl. auch andere dazu in Kap. 1.8.4.).

In SW-Sichuan veränderte sich das Waldland, wie bereits dargestellt, zunächst nur klima- bedingt (Niederschläge und Temperaturen), wie die eindrucksvolle Abfolge von kältetoleranten Pollentaxa zu Laubgehölzen gemäßigter, frischer Standorte, über immergrüne sklerophylle Taxa zeigt. Erst seit 1.000 y B.P. (14C) wird der menschliche Einfluss im PD durch die Zunahme von Alnus, Artemisia, Gramineae, Pteridium und Pteris erfasst, und damit der Rückgang von Wald. Desweiteren wurde Pollen von Buchweizen und Hanf in den letzten 1.000 Jahren, zu- sammen mit Plantago und wirtschaftlich genutzten Arten wie Juglans und Phyllanthus, sichtbar (JARVIS 1993). Dieser späte Eingriff des Menschen erstaunt, angesichts der frühen und inten- siven Nutzung dieses Raumes (vgl. Kap. 1.13./1.14.).

In Kunming, Yunnan, wird nur ein schwacher menschlicher Einfluss, z.B. seit dem Neolithikum vermutet. Es gibt keine Hinweise auf eine Waldzerstörung und selbst Pinus, als eine heute dort bekannte Wiederbewaldungsart, war schon vor dem Eindringen des Menschen weit verbreitet. Es scheint, die Neolithiker hatten gemäß den Autoren eine waldverträgliche Art zu leben (SUN XIANGJUN ET AL. 1986). In der Provinz Yunnan sind andererseits nach, bzw. während des Klimaoptimums ab etwa 6.370 cal y B.P. signifikante Veränderungen des Waldes und der Waldzusammensetzung erkennbar. Diese markanten Wechsel werden von SHEN JI ET AL. (2006) durch den Einfluss des Menschen und seiner Lebensform als Hirte interpretiert. LIN SHAOMENG ET AL. (1986) vermuten in der Er Yuan Region Yunnans einen Einfluss des Menschen seit etwa 3.000 y B.P., der jedoch nicht eindeutig pollenanalytisch fassbar ist. Vermutlich eignen sich, den Autoren zufolge, die untersuchten Standorte für diese Fragestellung nicht.

Die vor allem im Westteil des Himalaya vorherrschende Pinus roxburghii leidet vermutlich sehr stark unter dem Einfluss des Menschen. Die höher gelegenen Quercus-incana-Wälder degradierten vielfach durch den Menschen zu niederwüchsigen Eichengebüschen. Auch wurde der feuerresistente Rhododendron arboreum gefördert. Letzterer ist für die Bau- und Brennholznutzung nur dann von Bedeutung, wenn nichts anderes verfügbar ist (SCHWEINFURTH 1983).

Aufgrund von pollenanalytischen Ergebnissen im Langtang-Tal durch BEUG (in MIEHE 1990, BEUG & MIEHE 1998, 1999) wurde eine initiale Brandrodung vor ca. 300 bis 400 Jahren nach- gewiesen. Seit wann genau der Mensch dort die Vegetation beeinflusst hat, ist und bleibt zu- nächst unklar (MIEHE 1990). Dennoch kann von einer Veränderung der Vegetation der Sonn- hänge vor der Landnahme ausgegangen werden, die z.B. durch das Legen von Feuer ausge- löst wurde. Siedlungsnachweise fehlen zu Beginn des PD, dessen 14C-Basisdatum bei 575 ± 155 y B.P. (1260 - 1450 cal A.D.) liegt. Seit etwa dem 17. Jahrhundert wird eine Ausbildung von Sekundärgesellschaften aus Rhododendron lepidotum und Caragana sukiensis erkannt, die sich wohl verstärkt nach Abbrennen der ursprünglichen Eichen-(Wacholder)-Wälder, unter- schiedlicher und auch expositionsabhängiger Zusammensetzungen, einstellen. Anzeichen einer stärkeren Beweidung durch Abbrennen der Rhododendron-Büsche und das Auftreten eutropher 1. Einführung 57

Zeigerpflanzen mit zunehmender Bevölkerung sind etwa im 19. Jahrhundert gegeben (BEUG & MIEHE 1998, 1999 s. dort weitere Ausführungen). Aus dem Muktinath-Tal in Nepal ist der Einfluss des Menschen auf die Vegetation dagegen wahrscheinlich schon seit etwa 5.400 y B.P. pollenanalytisch fassbar. Dabei stellen sich zunehmend Caragana-Igelheiden als Ersatzgesellschaften auf anthropo-zoogen entwaldeten Flächen ein. Die Gründe dieses Sachverhaltes können bisher nur vermutet werden. Die Trockengrenze des Waldes wird bei höchstens 250 mm Jahresniederschlag diskutiert. Unter dieser Annahme wären sämtliche Dornpolster-Formationen dieser Ausprägung im potentiellen Waldland Ersatzgesellschaften (MIEHE ET AL. 2002).

Am Gorkha-Himal, Zentral-Nepal, wird der erste deutlich erkennbare menschliche Einfluss auf die Vegetation ab ca. 2.750 y B.P. abgeleitet, wie die pollenanalytischen Ergebnisse hinsichtlich der teilweisen Waldzerstörung und –veränderung, sowie Beweidung, zeigen. (SCHLÜTZ & ZECH 2004). Pollenanalytische Untersuchungen des indischen Zentral-Himalaya geben keine Hinweise auf menschliche Aktivitäten. Veränderungen in der Waldzusammensetzung werden klimatisch ge- deutet, vor allem aber durch ein Nachlassen des Sommermonsuns seit ca. 4.000 cal y B.P. (PHADTARE 2000).

Das mittelholozäne Klimaoptimum für das NO-TP, Qilian-Gebirge, kann, wie bereits erwähnt, in die Zeit von 9.000 - 7.000 y B.P. (14C) gestellt werden. Damit deckt es das frühe und den Anfang des Mittleren Holozäns ab (HERZSCHUH ET AL. 2006a). Im Qilian Shan ist ein rapider Rückgang von Picea und Betula am Übergang vom Frühen zum Mittleren Holozän, seit etwa 7.000 Jahren, zu verzeichnen. Die Ursachen dafür werden nicht explizit aufgeführt, jedoch wird die Ausbreitung zuvor auf die verbesserten Feuchtebedingungen zurückgeführt, wie auch andere Parameter dieser Arbeiten zeigen (HERZSCHUH ET AL. 2005, 2006a). Die gleiche Situa- tion zeigt sich nördlich davon am See Zhuyeze, wobei sich die Waldbestände, nach einem rapiden Rückgang um etwa 7.000 cal y B.P., nach ca. 5.000 cal y B.P. wieder erholen. Dies wird wiederum als eine Verbesserung der Feuchteverhältnisse interpretiert (CHEN FA-HU ET AL. 2006). LIU KAM-BIU ET AL. (1998) beschreiben anhand pollenanalytischer Ergebnisse am Dunde ice cap in 5325 m Höhe NN des Qilian-Gebirges eine Schwächung des Sommermonsuns ab etwa 4.800 - 2.700 cal y B.P.. Nach den Ergebnissen der Sauerstoffisotop-Untersuchungen derselben Bohrung fällt dieser Zeitraum in eine warme Phase (YAO TANDONG ET AL. 1992). Die pollenanalytischen Rückschlüsse beziehen sich hauptsächlich auf das Verhältnis von Artemsia zu Chenopodiaceae (A/C, s. Kap. 2.8.4.) als bioklimatischen Index und auf den Rückgang der Pollenkonzentration. Die deutlich erkennbaren Schwankungen von Artemisia und Cheno- podiaceen ab dieser Zeit spiegeln m.E. aber auch die kurzen Zählabstände wider, die jedoch in der Zeit des früh- bis mittelholozänen Klimaoptimums extrem viel weiter auseinanderliegen und damit vielleicht auch frühere Unterschiede übersehen hätten lassen können.

Außerhalb des TP zeigen pollenanalytische Untersuchungen zweier Bohrkerne in SO/O-China keinen BP-Rückgang um diese Zeit. Es zeichnen sich vielmehr Änderungen in der Zusammen- setzung waldbildender Pflanzenarten ab, teils auch Zunahmen (z.B. Pinus), die vordergründig auf klimatische, monsunale Veränderungen zurückgeführt werden (YI SANGHEON ET AL. 2006). Die Autoren verweisen jedoch ausdrücklich auf menschliche Aktivitäten nach etwa 4.500 cal y B.P. in diesen Regionen, verdeutlicht durch das Erscheinen von Fagopyrum, und erwähnen dabei die Liangzhu Kultur, die schon seit etwa 5.900 bis etwa 4.500 cal y B.P. das südliche Jinsha Jiang (Yangtze) Delta besiedelte. Verstärkte Erosion seit 2.000 cal y B.P., mit erhöhter Sedimentation, z.B. als Folge von Entwaldungen umgebender Berghänge, stützen die Inter- pretationen. Sekundäre Einflüsse durch den Menschen werden ab 1.300 cal y B.P. vermutet.

TARASOV ET AL. (2006) wägen ausführlich pollenanalytische Ergebnisse mit Biom- (nach PRENTICE ET AL. 1996) und Niederschlagsrekonstruktionen (nach SHI P. & SONG C. 2003) ab. Zwar liegen die untersuchten Standorte in NO-China, dennoch liegt hier exakt die Problematik zugrunde, die in dieser Arbeit hinsichtlich des menschlichen Einflusses auf die Vegetation untersucht wird. Das PD Taishizhuang zeigt den Übergang nach einer Waldphase zwischen etwa 5.700 - 4.400 cal y B.P. mit gemäßigten Laubwäldern zu einer Waldsteppe bis ca. 3.400 cal y B.P.. Danach entwickelt sich daraus eine Steppe. Der Vergleich der rekonstruierten Biome, des Niederschlages, sowie der Ergebnisse aus einer 6.000 Jahre alten Datenreihe von 1. Einführung 58

δ13C aus Torf-Zellulose (HONG Y.T. ET AL. 2001), lässt die Autoren auf ein trockener werdendes Klima schließen. Dies wird jedoch, zumindest in NO-China, von Feuchtphasen unterbrochen. Die Autoren folgern weiter, dass im Vergleich mit archäologischen Auswertungen anhand von Daten aus Gräbern, Siedlungen, u.a., in diesem Gebiet die vegetationsgeschichtlichen und paläoökologischen Veränderungen nur auf die paläoklimatischen Vorgänge zurückzuführen sind. Obwohl in NO-China den Autoren nach bereits ab etwa 8.200 cal y B.P die Besiedlung und eine deutlich höhere Konzentration an archäologischen Fundplätzen mit dem Beginn der Bronze-Zeit, ab etwa 4.300 cal y B.P., auftritt. Außerdem verschwinden mit der Hongshan- Kultur auch ihre Traditionen graphischer Darstellungen von Waldtieren auf Töpferwaren ab etwa 5.000 cal y B.P.. Den Autoren zufolge werden i.A. archäologische interdisziplinäre Ergeb- nisse und Vergleiche leicht überbewertet und pauschalisiert und würden damit zu gegenteiligen Hypothesen führen. TARASOV ET AL. (2006) betonen daher auch den großen Bedarf an zukünfti- gen Forschungsschwerpunkten über Mensch und Klima und deren Einflusspotentiale. Bei der Interpretation vegetationsgeschichtlicher und paläoökologischer Ergebnisse werden mitunter vor allem in jüngster Zeit archäologische Erkenntnisse für das TP hinzugezogen (u.a. FRENZEL 1998, 2000ab, FRENZEL ET AL. 2001, MIEHE ET AL. 2006, REN GUOYU 2007, SHEN JI ET AL. 2005, 2006).

Die klimatischen Interpretationen aufgrund pollenanalytischer Ergebnisse als einziger Erklärung für die Veränderung der Vegetation, vor allem die des (teils ehemaligen) Waldlandes, überzeu- gen nicht.

Der merkliche Beginn des menschlichen Eingriffs wird, wie dargestellt, unterschiedlich interpre- tiert und unterschiedlich zeitlich eingeordnet. So gehen FRENZEL (1994b, FRENZEL ET AL. 1995) bereits von einem spürbaren menschlichen Einfluss auf die Vegetation anhand pollenanalyti- scher Ergebnisse ab ca. 5.000 y B.P. (Hongyuan) und ab ca. 4.000 y B.P. THELAUS (1992) im selben Gebiet aus. Eine weitere starke Veränderung, bzw. ein weiterer Rückgang des Waldlan- des zeigt sich mit zunehmendem Anteil der Weidetaxa um etwa 2.500 y B.P. (THELAUS 1992) und 2.000 y B.P. (FRENZEL 1994b). Am Nianbaoyeze Shan ging SCHLÜTZ (1999) zunächst von einem viel jüngeren spürbaren Eingriff, nämlich erst ab 800 y B.P. (14C) aus, nach neueren Erkenntnissen jedoch seit ca. 3.000 (SCHLÜTZ ET AL. 2007) bzw. 6.000 Jahren (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). TANG LINGYU & SHEN CAIMING (1999) fassen verschiedene pollenanalytische Studien, verteilt über das TP, zusammen und folgern einen spürbaren menschlichen Einfluss auf die Vegetation frühestens nach 1.000 y B.P., am Qinghai ab frühestens 2.500 cal y B.P. (SHEN JI ET AL. 2005).

Im Gebiet des Qilian-Gebirges und des Alashan Plateaus, des Eastern Juyan Paläosees, NW- China, wird für frühere Zeiträume überhaupt kein menschlicher Einfluss anhand pollenanalyti- scher Ergebnisse erwähnt und gedeutet (HERZSCHUH 2006, HERZSCHUH ET AL. 2004, 2005, 2006a, LIU KAM-BIU ET AL. 1998). Dennoch ist eine heutige Nutzung durch Yak-Beweidung im Qilian-Gebirge weit verbreitet (z.B. HERZSCHUH ET AL. 2005).

Vegetationsgeschichtliche Veränderungen am Zigetang See, Zentral-TP, werden ebenso nicht durch einen Einfluss des Menschen diskutiert. Vielmehr wird der Wechsel von einer Steppe hin zu einer wüstenähnlichen Vegetation um etwa 5.000 y B.P. rein klimatisch interpretiert (HERZSCHUH ET AL. 2006b, WINTER 2004). Dagegen folgern MIEHE ET AL. (2007b) im Gobi Altay anhand u.a. von Pollenanalysen eine Ein- flussnahme des Menschen auf die Vegetation während der letzten 5.000 Jahre. Dies zeigt der Wechsel von einer Taiga hin zur Steppe in der südlichen Mongolei, wobei Pinus-Werte des Haploxylon-Typs vornehmlich als Fernflug interpretiert werden und Betula nur mit Werten unter maximal 4 % vertreten ist.

Für die Innere Mongolei im Südosten des „Otindag (Hundshandak) Sandy Land“ wird ein starker menschlicher Einfluss erst seit dem 20. Jahrhundert angenommen, der nachweislich die Landschaft bis heute degradiert hat. Eine beginnende Aridisierung seit etwa 5.900 14C y B.P. wird durch eine Schwächung des Sommermonsuns und folglich erhöhte Wintertemperaturen mit erhöhten Evaporationsraten anhand biologischer, physikalischer und chemischer Analysen, deutlich. Zugleich wird aber der menschliche Einfluss seit dieser Zeit datiert. Seit dieser Zeit werden dort am Xiaoniuchang in der Waldsteppenzone die BP-Werte vor allem von Picea, 1. Einführung 59

Betula u.a. Baumarten nahezu komplett durch Steppenelemente ersetzt (LIU HONGYAN ET AL. 2002). Ähnliches folgern SUN JIMIN ET AL. (2006): In der zentralen Inneren Mongolei wird für die Zeit nach etwa 5.600 y B.P. eine Initialphase landwirtschaftlicher Aktivitäten abgeleitet, eine zweite intensive Landnutzungsphase dagegen erst ab ca. 206 B.C.. Die beschriebene Aridisierung nach etwa 500 y B.P. wird klimatisch, aber auch durch menschliche Einflüsse begründet. Dies zeigen Untersuchungen von Dünensand und Paläoböden.

Die ersten Hinweise für einen vom Menschen induzierten Waldrückgang seit mindestens etwa 6.000 - 5.000 y B.P. auf dem TP wurden von FRENZEL (1992a, 1994b, 1996, 1998, 2000ab, 2002b), FRENZEL & ADAMCZYK (2004, 2005 und ADAMCZYK 2004, 2007), FRENZEL ET AL. 1995, sowie SHI YAFENG ET AL. (1993) und THELAUS (1992) angegeben. Erst in jüngerer Zeit mehren sich die Hinweise aufgrund pollenanalytischer Arbeiten (MIEHE ET AL. 2006, 2007a, REN GUOYU 2007 mit Bezug auf REN GUOYU & BEUG 2002, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009, z.B. Zentral-West-Yunnan: SHEN JI ET AL. 2006). Weitere Untersuchungen stützen diese Annahme (MIEHE ET AL. 2008b).

Wie im Kap. 1.8.3./1.8.4. und Kap. 1.10.2./1.10.3. beschrieben, variieren die zeitlichen und räumlichen Abgrenzungen des holozänen Klimaoptimums und einer nachfolgenden Klimaver- änderung stark. Ob dies ebenso Ausdruck eines bereits spürbaren menschlichen Einflusses auf die Vegetation darstellt, der bisher nur nicht erkannt, bzw. dessen mögliches Ausmaß nicht erfasst wurde, soll mit dieser Arbeit u.a. geprüft werden. Die Annahme, dass Vegetationsformen, wie die der für weite Teile des TP typischen Kobresia- Matten, in verstärktem Maße durch den Menschen und seine Hirtentätigkeiten gefördert oder gar geschaffen wurden (z.B. KAISER 2004, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009), wird zunehmend diskutiert. Ein pollenanalytischer Nachweis fehlte in der Literatur bisher weitgehend. Für die Geschichte der Kulturlandschaft ungeeignete Profile (z.B. Seesedimente), sowie mangelhafte Kenntnisse von pollenanalytischen Weidezeigern könnten eine Erklärung hierfür sein (MIEHE et al. 2006, 2007a, SCHLÜTZ ET AL. 2007).

An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass zahlreiche Klimarekonstruktionen aus dieser Vegetationsveränderung seit mindestens 6.000 - 5.000 y B.P. überhaupt nur auf pollen- analytischen Ergebnissen beruhen (z.B. VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, CHEN FA-HU ET AL. 2006, GASSE ET AL. 1991, 1996, HERZSCHUH ET AL. 2006ab, JARVIS 1993, LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, LIU HONGYAN ET AL. 2002, LIU KAM-BIU ET AL. 1998, PHADTARE 2000, SCHLÜTZ 1999, SHEN CAIMING 2003, SHEN JI ET AL. 2005, SHI YAFENG ET AL. 1993, TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999, TARASOV ET AL. 2006, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, WANG FUBAO ET AL. 1996, WINTER 2004, ZHU DA-GANG ET AL. 2003, u.a.).

Diese wiederum sind oftmals Grundlagen für Biomrekonstruktionen (z.B. HERZSCHUH 2006, HERZSCHUH ET AL. 2004, 2005, 2006ab, PRENTICE ET AL. 1996, REN GUOYU & BEUG 2002, NI JIAN 2000, SHI YAFENG ET AL. 1993, TARASOV ET AL. 2006, YU GE ET AL. 1998, 2000, WINTER 2004). Das TP wird von vielen Autoren als geeignetes Areal für solche Modellierungen gehal- ten, da die Vegetation stark vom lokalen Klima abhänge. U.a. auch aufgrund der „abgelege- nen“, randlichen Lage, wird das TP als Grundlage für ein „monitoring“ des globalen Klimawan- dels genutzt. Obwohl zugleich einige Autoren die Intensivierung menschlicher Aktivitäten und ihre ökologischen Folgen erwähnen (z.B. NI JIAN 2000). YU GE ET AL. (2001) gehen von keinem menschlichen Einfluss auf die Vegetation des TP aus. Dieses Vorgehen birgt jedoch zahlreiche Fehlerquellen, die meist nicht angesprochen werden. Denn pollenanalytische Biomrekonstruktionen setzen voraus, dass pro Biom das Verhältnis von Pollen zur Vegetation unverändert bleibt (REN GUOYU & BEUG 2002). Am Beispiel einer großflächigen Untersuchung in NO-China durch TARASOV ET AL. (2006) wird jedoch explizit auf die starke anthropogene Veränderung der natürlichen Vegetation in der Umgebung des untersuchten Standortes aufmerksam gemacht. Diese gestörte Vegetation ist dennoch Grundlage der Biom- und Niederschlagsrekonstruktionen für das untersuchte Gebiet. Die Rekonstruktion der Biome, wie sie PRENTICE ET AL. (1996) für Europa angewendet haben, soll pollenanalytische Ergebnisse in Vegetationseinheiten oder Biome überführen. Dabei soll die 1. Einführung 60 heutige vegetationskundliche Verbreitung nach ökologischen und bioklimatischen Gesichts- punkten die Grundlage sein. Es werden also für diese Rekonstruktionen Hypothesen eingeführt. Für die Rekonstruktion der Veränderungen des Niederschlages wird beispielsweise der rezente Pollenniederschlag in einer nach SHI P. & SONG C. (2003) angewandten Transfer-Funktion mit den pollenanalytischen Daten vergangener Zeiten über die Anwendung einer multiplen Regres- sion verknüpft. Dendrochronologische, -klimatologische und –ökologische Untersuchungen, die einen wertvol- len unterstützenden Beitrag zu dieser Problematik liefern könnten, liegen jedoch für den Unter- suchungsraum nicht so weit zurückreichend vor. Die längste Chronologie reicht im Raum NO- TP, Qaidam Becken, bis etwa 3500 Jahre zurück (SHAO XUEMEI ET AL. 2007). Dendrochronolo- gische Daten aus dem zentralen und Osten des TP von lebenden Bäumen reichen etwa 1500 Jahre, aus der Gegend von Lhasa über unterschiedliche Holzquellen etwa 2100 Jahre zurück (mdl. Mitt. A. BRÄUNING). Die dendroökologische Kontrollmöglichkeit der errechneten Daten ist also beschränkt.

Fakt ist aber auch, dass nach der letzten Eiszeit im Spätglazial bzw. Frühen Holozän eine Klimaverbesserung eintrat, ausgelöst durch verbesserte Feuchte- und Temperaturverhältnisse mit stärker werdenden Sommermonsunsystemen, die auf dem TP im Mittleren Holozän ihr Optimum erfahren. Gleichzeitig waren aber in der Flora der verschiedenen Räume erhebliche Wanderungen erfolgt. Zahlreiche Ergebnisse anderer Disziplinen zeigen eben auch vielfach ein kälter und trockener werdendes Klima seit dem mittelholozänen Klimaoptimum an, z.B. die Schrumpfung, z.T. auch Austrocknung, der Seen (z.B. ZHAO YONGTAO 1994, s. weitere in Kap. 1.8.3./1.8.4.). Vegetation und Flora haben hierauf und auf den Eingriff des Menschen immer wieder reagiert.

So stellt FU CONGBIN (2003) einen direkten Zusammenhang zwischen menschlichen Aktivitäten und monsunalen Veränderungen seit mindestens 3.400 B.P. für Ostasien fest, indem der Mensch durch seine Nutzungsformen die Vegetation schon sehr früh veränderte und damit klimarelevante Größen der Erdoberfläche und des Wasserhaushaltes (z.B. Albedo, etc.) beein- flusste.

FRENZEL (1994ab, 2002b, FRENZEL ET AL. 1995) konnte ebenso zeigen, dass andere Erschei- nungen, die auf klimatische Einflüsse zurückzuführen sind, wie Gletschervorstöße, Seespiegel- schwankungen, Moorwachstum, fossile Humuslagen, in Tibet nicht überall zeitgleich verlaufen. Phasen mit verstärktem Moorwachstumsbeginn sind zwischen 10.000 und etwa 9.100 y B.P., sowie bei etwa 5.800 und 4.600 y B.P. aber auch bei ± 2.000 y B.P. zu erkennen, während- dessen fossile Böden beginnend ab ca. 8.300 y B.P., jedoch vor allem zwischen etwa 6.500 und 1.800 y B.P., verstärkt auftreten. Gletschervorstöße sind gerade auch in Phasen verstärkter Moorwachstumsinduzierung zu finden. D.h. aber auch, dass das konträre Verhalten von Gletschervorstößen, Beginn und Ende von Moorwachstum, Seespiegelschwankungen, sowie das Vorhandensein fossiler Böden bei diesem Vergleich nicht wirklich zusammenpassen.

Auch die isotopenchemischen Analysen an Eisbohrkernen geben z.T. unterschiedliche Aus- sagen zu klimatischen Zusammenhängen. Anhand der Analysen des Gulyia-Eisbohrkerns, W- TP, werden während der „Kleinen Eiszeit“ höhere Temperaturen abgeleitet als im Mittelalter (YANG BAO ET AL. 2003b), die THOMPSON ET AL. (1993) als einen Effekt der Entfernung der Meere deuten.

Dennoch bleibt die Frage offen, wie stark diese klimatische Trendwende seit dem mittelholo- zänen Optimum regional auftritt. Die unterschiedlichen Interpretationen spiegeln Unsicherheiten wider. Inwiefern sich die vielfach, teils dramatisch dargestellten, klimatischen Veränderungen relativieren lassen, wenn man z.B. auch die heutigen beachtlichen Baum- und Waldgrenzhöhen von bis zu > 4700 m NN im Osten und südlichen Zentrum des TP betrachtet (BRÄUNING 2000, 2004, 2007, FRENZEL 1998, 2000a, MIEHE ET AL. 2003, V. WISSMANN 1961), bleibt ungewiss.

Wie die ersten Ergebnisse aus diesem Vorhaben gezeigt haben (ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL 2000b, 2002a, 2006b, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, 2005, KAISER ET AL. 2008), scheint der Mensch mit seinen Viehherden, an erster Stelle die der domestizierten Yaks, für den Waldrückgang, bzw. Veränderungen in der Vegetation, mit verantwortlich zu sein. Auch die 1. Einführung 61 direkte Holznutzung als Brenn- und Baumaterial, aber auch Waldbrände spielen eine bedeu- tende Rolle (s. auch MIEHE ET AL. 2008b und WINKLER 1998, 2000). Natürliche Waldbrände können aufgrund des Monsunsystems nach anhaltender Trockenheit entstehen, vornehmlich in den Wintermonaten zwischen Dezember und Mai (CHEN CUNGEN 1987, TAFEL 1914, WINKLER 1998, 2000).

In Abb. 5 vermutet FRENZEL (1998) eine weit größere Waldverbreitung während des Klimaopti- mums des Mittleren Holozäns auf dem TP als heute und sieht in der expositionsabhängigen Waldverteilung ebenso den Einfluss des Menschen und nicht allein die starke Sonneneinstrah- lung, wie es V. WISSMANN (1961) postulierte. FRENZEL (1994b) stellt in einer Karte die heutige Bewaldung O-Tibets und W-Sichuans aufgrund der Beobachtungen während der Expeditionen 1989 und 1992 dar. Die heutige Waldverbreitung folgt jedoch nach YU GE ET AL. (2001) aus- schließlich dem klimatischen Gradienten auf dem TP. Der Mensch hat, diesen Autoren zufolge, dort keinen Einfluss auf die Waldverbreitung.

Abb. 5: Vermutete Waldausdehnung entlang der Expeditionsrouten in Zeiten um das Klimaoptimum im Mittleren Holozän (Schraffur) und heutige Waldverbreitung auf dem TP (aus FRENZEL 1998).

Heute findet man vielerorts, vornehmlich im Osten des TP, an den waldfreien südexponierten Hängen Inseln von Gehölzen. Diese fallen vor allem an steilen, unzugänglichen Stellen auf oder sobald die Nutzung, z.B. durch Beweidung, nachlässt (FRENZEL 2000a, s. Abb. 4). WINKLER (1998) bestätigt dies am Beispiel des Jiuzhaigou Naturreservats, O-TP, sowie an anderen Bei- spielen (WINKLER 2000, vgl. MIEHE ET AL. 2008b). WINKLER (1995) und MIEHE ET AL. (2000, 2006, 2007a) beobachten dies in S-Tibet anhand einzelner Juniperus-Bäume.

WU NING (2000) beschreibt in W-Sichuan mindestens drei verschiedene Vegetationsforma- tionen, deren Entstehung den menschlichen Aktivitäten zugeschrieben werden können. Zum einen sind dies laubabwerfende Wälder, die sich sowohl nach gelegten Feuern, als auch nach natürlichen Bränden und Entwaldungen neu zusammensetzten. Zum anderen findet man gebüschreiche Formationen innerhalb der Waldgürtel und vor allem in den trockeneren Tälern als ein Sukzessionsstadium nach vorausgegangenen Entwaldungen und Landnahme. Als 1. Einführung 62 letzten Typ beschreibt er subalpine Wiesen und Matten, die sich in Folge der Winterbeweidung ausbreiteten. Juniperus bildet die Waldverbreitungsgrenze im Nordwesten und Zentrum des TP gegen die Steppe. Im humideren O-TP stellen sich Juniperus-Bestände an den südexponierten Hängen ein oder bilden Bestände auch auf ehemals bewaldeten Hängen anderer Koniferen, wie Picea, Abies, Larix, (BRÄUNING 2007, s. Kap. 1.9.). Die Sonnhänge im Osten Tibets sind, wie erwähnt, nicht immer gänzlich waldfrei. Einzelne Gehölze und Gruppen werden von Picea, Salix, teils Pinus, Juniperus, auch in Zwergwuchsform, gebildet, aber auch von Sträuchern wie Lonicera (z.B. L. hispida), Spiraea (z.B. Sp. mongolica), Berberis (z.B. B. dasystachya) (V. WISSMANN 1961, mdl. Mitt. B. FRENZEL). WINKLER (1998, vgl. auch WINKLER 1994) beschreibt hierfür baumartige Wacholder, sowie mit abnehmendem Wärmebedarf auch Eichen wie Quercus semecarpifolia, Fichten (Picea balfouriana, P. purpurea) und Lärchen (Larix potaninii). Lärchen, Fichten und Baumwacholder bilden oftmals Mischbestände.

Waldrelikte, meist Juniperus-Bestände, finden sich vielerorts in der Nähe von Klöstern, wie bei- spielsweise in Reting. Sie genießen eine Art heiligen Status, welcher die Bestände bis heute geschützt hat (MIEHE ET AL. 1998, 2000, 2003, 2008b, WINKLER 1995, 2000, mdl. Mitt. B. FRENZEL). Waldrelikte könnten ebenso Relikte aus einer Zeit sein, die wärmer und feuchter war, z.B. vor etwa 7.500 bis 3.000 Jahren (LI B.S. 1993, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, WINKLER 1995).

Wir hätten es also zumindest im Osten, Zentrum und Süden des TP bei der heutigen Aus- dehnung und Verbreitung der Wälder und Baumstandorte vielfach nur noch mit Relikten und Waldinseln, im Vergleich zu mindestens prähistorischen Zeiten, zu tun. Für S-Tibet gaben bereits MIEHE ET AL. (1998) erste Hinweise dafür, vor allem in der Gegend um Lhasa (MIEHE ET AL. 1998, 2000, 2003, 2006, 2007a, WINKLER 1995, 1998), wie auch dort und im untersuchten Xinghai-Transekt datierte Kohlefunde von Picea und Juniperus anzeigen (KAISER 2004). Demnach spiegelt die Waldfreiheit in bestimmten Regionen, zumindest im Osten/Südosten des TP, eine Art Kulturlandschaft i.w.S. wider.

Vielfach finden sich unter den heutigen Steppenböden mächtige Braunerden, die auf ehemalige Waldböden hinweisen (FRENZEL 1994b, 2000a, FRENZEL ET AL. 1995, WINKLER 1998).

Jahresniederschlagsmengen um die 450 mm bis 340 mm in S-Tibet, einschließlich der Gegend von Lhasa, sollten Juniperus-Bestände zulassen (MIEHE ET AL. 1998, 2000, 2003, 2006, WINKLER 1995). MIEHE ET AL. (2002, 2003, 2007a) gehen sogar noch bei < 300 mm, ja sogar bei etwa 200 - 250 mm/Jahr von potentiellem Baumwachstum bei Juniperus (J. convallium Rehder & E.H. Wilson und J. tibetica Komarov) und Cupressus (Cupressus gigantea W.C. Cheng & L.K. Fu) aus. Wiederbewaldungsversuche an südexponierten Hängen in der Gegend von Lhasa in 3800 bis 4650 m Höhe bestätigen ein potentiell mögliches Waldwachstum dort anhand von Juniperus convallium Rehder & Wilson, Juniperus tibetica Komarov und Cupressus gigantea W.C. Cheng & L.K. Fu (MIEHE ET AL. 2003, 2006). Unter Berücksichtigung der mittlerweile ver- fügbaren Klimadaten einzelner Stationen sind vielfach die Interpretationen einer heutigen Waldfreiheit in großen Teilen des TP zweifelhaft (z.B. MIEHE ET AL. 2001). Einzelne Baumstandorte wurden auf einer Fläche bis 650 km westlich der heutigen Waldgrenze in S-Tibet vorgefunden. Juniperus convallium [Rehder & Wilson] wurde in den unteren Bereichen des Kyi Chu und Yarlung Zangbo zwischen 3600 - 3700 m und schließlich J. tibetica [Komarov] sogar bis 4850 m als westlichste Art nachgewiesen (MIEHE ET AL. 2003, 2007a). Auch WINKLER (1998) hält in dem heute nahezu waldfreien Zentral-Tibet eine weitere natürliche Verbreitung von Juniperus für wahrscheinlich.

Das südliche Zentral-Tibet ist heute weitgehend waldfrei, außer in grundwasserbeeinflussten Pflanzungen (MIEHE ET AL. 2003, WINKLER 1995). Es gibt (bisher) jedoch keine Anzeichen auf der Chang Tang-Ebene des Tibetischen Hochlandes, die auf eine frühere, holozäne Baum- oder Waldverbreitung hindeuten (MIEHE ET AL. 2007a). Die Hochebene des TP scheint, wie auch andere Untersuchungen für W-Tibet (z.B. VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, GASSE ET AL. 1991, 1996, TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999) zeigen, während des Holozäns schon immer nahezu waldfrei gewesen zu sein, bis auf beispielsweise Hippophaë, Salix, Ephedra, Myricaria, u.a. wenige. Die pollenanalytischen Ergebnisse am Chagcam Caka, 1. Einführung 63

NW-Chang-Tang, weisen seit ~ 13.300 y B.P. zumindest auf eine strauchreiche Vegetation aus Ephedra, Tamarix, Salix, u.a., hin (HUANG C. & LIANG Y. 1981). Inwiefern Alnus und vor allem Pinus lokal vertreten waren oder nur über Fernflug erscheinen, bleibt unklar. Währenddessen werden in W-Tibet nach VAN CAMPO ET AL. 1996 Pinus-Werte bis 50 % als Fernflug gedeutet, anders als WU ZHONGHAI ET AL. (2003) und ZHU DA-GANG ET AL. (2003) interpretieren, die auf der Westseite des Nam Co durch pollenanalytische Untersuchungen Mischwälder von Koniferen und Taxa der laubabwerfenden Wälder ableiteten. In den östlichen Randbereichen der Hochebene des TP, z.B. am Nam Co, Zentral-TP, gibt es Hinweise auf frühholozäne Bestände von z.B. Hippophaë, bzw. Juniperus (ADAMCZYK 2004, KAISER ET AL. 2008). Ob der Juniperus-Pollen der heute noch anzutreffenden niederwüchsigen Art J. pingii (vgl. NÖLLING 2006) angehört oder baumartigen Vertretern, bleibt jedoch zunächst unklar.

Seit einigen Jahrzehnten ist eine intensive Waldnutzung, vor allem im Osten des TP, durch Holzgewinnung zu verzeichnen (WINKLER 1994, 1998, WU NING 2000, mdl. Mitt. A. BRÄUNING und B. FRENZEL). Seit 1979 gibt es durch die Chinesische Politik strenge Gesetze zum Schutz des Waldes (TANG BANXING ET AL. 1994, vgl. auch WU NING 2000 und Lit. dort). Bis zu 300 holzbeladene Lastwägen am Tag konnten bei Chengdu gezählt werden (mdl. Mitt. A. BRÄUNING). In W-Sichuan sollen Schätzungen zufolge die Wälder von 30 % in den 1950er Jahren auf 14 % in den 1980er Jahren reduziert worden sein (WINKLER 1995). Wie die Literatur in WINKLER (1998) zeigt, ist eine deutliche Übernutzung zu erkennen, die durch die staatliche Einschlagquote die natürliche Produktion um mindestens das Zweifache, regional deutlich mehr, übersteigt. Der Autor sieht in der aktuellen Übernutzung und dem Raubbau des verblie- benen Waldlandes eine ernsthafte Gefahr für die Nachhaltigkeit der Wälder. WU NING (2000 und Lit. dort) beschreibt einen alarmierenden Waldrückgang in Sichuan von etwa ¾ der bewal- deten Ausgangsbestände. Aber nicht nur die Waldzerstörung und Übernutzung in den letzten Jahrzehnten ist besorgniserregend, sondern auch die Verarmung der Biodiversität im Zuge der Übernutzung durch den Menschen. Das Problem der Waldregeneration wird dadurch noch verstärkt, dass das Holzwachstum z.T. extrem langsam ist (bis 15 Jahrringe pro mm, mdl. Mitt. B. FRENZEL). Damit wäre auch ein wichtiger Teil der Lebensgrundlage der Tibeter selbst gestört und genom- men, die ja gerade durch ihre an diese Regionen angepasste Lebensform von einer funktio- nierenden und nachhaltig ausgelegten Wirtschaftsweise abhängig sind und einen gewissen sensiblen Umgang mit der Natur- und Kulturlandschaft notwendig machen. In der Gegend von Tsa-to (etwa 32°09’N / 95°07’E) (~ 270 km westlich von Shih ch’ü), wurde während der Expedition im Jahre 1992 deutlich, dass ein Umdenken hinsichtlich der Unter- schutzstellung verbliebener Waldstandorte in stark genutzten Weidegebieten erkennbar wird. Starke Erosionsschäden haben zu diesem Umdenken geführt. Restliche Gehölze werden dort teilweise den Lamas und Klöstern übergeben und somit vor weiterer Nutzung geschützt (mdl. Mitt. B. FRENZEL, vgl. WU NING 2000). Schneiteln, bis hin zum Ausgraben der im Extremfall verbleibenden Stubben (BRÄUNING 1994a, 1999a, 2007, FRENZEL 2000a, MIEHE 1984, WINKLER 1994, mdl. Mitt. B. FRENZEL), Brandrodung z.B. durch Kronenfeuer (WINKLER 1998, 2000), eine direkte Bestoßung von Weidetieren im Wald (z.B. MIEHE ET AL. 2008a, mdl. Mitt. B. Frenzel) können heute vielerorts beobachtet werden. Vor allem aber ist der Wald durch Holzeinschlag gefährdet (WINKLER 1994, 1998, WU NING 2000). Einen Überblick über die Gewinnung von Weideland durch gelegte Feuer gibt WINKLER (2000). Dabei ist dieses Vorgehen zur Gewinnung neuer Weidegründe für das Noma- dentum bis weit in das letzte Jahrhundert dokumentiert.

Es gibt zahlreiche Wiederaufforstungsprogramme (WINKLER 1994, 1995, WU NING 2000). In S- Tibet werden die flussbegleitenden Gehölze oft durch Salix und Populus ersetzt (RICHARDSON 1988). Die Ersatzgehölze werden dann als Holzrohstoff meist vor Ort genutzt, wobei diese Baumarten einen hohen Wasserbedarf haben, welcher durch Bewässerung oder eben hohe Grundwasserstände gedeckt werden muss (MIEHE ET AL. 2003).

Die isolierten Juniperus-Vorkommen (Juniperus tibetica [Komarov], J. convallium [Rehder & Wilson] bis etwa 600 km jenseits der westlichen Waldverbreitungsgrenze werden als Restbe- stände ehemaliger größerer Populationen beurteilt. Infolge menschlicher Nutzung haben sich 1. Einführung 64 nur noch inselartige Juniperus-Einheiten in Klosternähe halten können (z.B. BRÄUNING 1999b, 2001b, MIEHE ET AL. 2000, 2003, 2006, 2007a, WINKLER 2000, mdl. Mitt. B. FRENZEL), bzw. Einzelexemplare an sonstigen heute waldfreien Standorten im südlichen Zentral-Tibet, die sich vermutlich bei nachlassendem Beweidungsdruck und Rodung auch wieder regenerieren könnten (MIEHE ET AL. 2003, 2006, 2007a). Manches Waldstück, vor allem mit der Baumgattung Juniperus, wird in der tibetischen buddhistischen Religion und auch in der tibetischen Tradition als Heiligtum verehrt (MIEHE ET AL. 2003, 2007a, 2008b, mdl. Mitt. B. FRENZEL). Juniperus-Arten gelten als ausgesprochene kälte- und trockentolerante Vertreter, die bis zur oberen Waldgrenze, in O-Tibet bis über 4700 m NN, noch vorkommen. Sie besitzen eine schwache Konkurrenzfähigkeit, weshalb sie in diesen Extremstandorten zu finden sind, an denen es anderen Koniferen zu rauh ist. An feuchten und anspruchsvolleren Standorten gilt Juniperus als Pionierbaumart (BRÄUNING 2001b, 2007, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006). BRÄUNING (2007, s. auch BRÄUNING & GRIEßINGER 2006) schließt aus den dendrochronologi- schen und –ökologischen Untersuchungen eines Juniperus-Waldes in Reting, Zentral-Tibet, dass der Einfluss der Niederschläge mit der Höhenabnahme der Baumstandorte zunimmt. Desweiteren spielt der Vormonsun (März – Mai) eine wichtige Rolle für das Wachstum der Jahrringe. Die heutigen prämonsunalen Niederschläge entsprechen dort den höchsten Mengen der letzten 800 Jahre. Demnach könnten auch reliktartige Juniperus-Standorte unterhalb der heutigen Verbreitungsgrenze ebenso bewaldet sein.

Die Untersuchungen scheinen daher die Vermutungen von MIEHE ET AL. (2000, 2003, 2006, 2007a, 2008b) zu stützen, dass es sich um bereits menschenbeeinflusste Landschaften und degradierte Wälder und Relikte handelt. Inwieweit es sich bei den Juniperus-Beständen in Klosternähe um natürliche Wälder oder um Neubepflanzungen und Aufforstungen handelt, bleibt ohne dendrochronologische Untersuchungen weitgehend unklar. Auf dem TP sind sowohl baumartige Wacholder, als auch Zwergformen anzutreffen. Die Baumwacholder (z.B. Sabina tibetica, S. convallium, S. komarovii, S. saltuaria) erreichen eine Höhe bis knapp über 10 m (WINKLER 1998), auch im östlichen Zentral-Himalaya (mdl. Mitt. M. GROß und B. DICKORÉ), und können in günstigen Lagen eine Höhe von sogar über 25 m erreichen (WANG Chi-Wu 1961). Das auszählbare Höchstalter von Juniperus – J. tibetica – liegt nach bisherigem Kenntnisstand bei etwa 1500 Jahren (BRÄUNING 1994b, 1999b, FRENZEL ET AL. 1995).

Natürliche Waldbrände können nach anhaltender Trockenheit, vor allem in der Wintersaison, entstehen (z.B. CHEN CUNGEN 1987, TAFEL 1914, WINKLER 1998, 2000). WANG CHI-WU (1961) gibt die feuerresistente Kiefer an, die schließlich von wiederkehrenden Bränden profitiert (vgl. auch Rhododendron arboreum in SCHWEINFURTH 1983). Klimaxstadien von feuerbeeinflussten Standorten sind auch in O-Tibet durch Pinus tabulaeformis und Quercus aliena und in Yunnan durch P. yunnanensis und Qu. semecarpifolia bekannt (entspricht offen- bar Qu. aquifolioides und anderen immergrünen Eichenarten). Eichen besitzen die Fähigkeit nach einem Brand wieder auszuschlagen (WINKLER 1998, 2000). Kiefern-Eichen-Wälder bilden oberhalb von Shuzheng (Jiuzhai Gou), NNW-Sichuan (WINKLER 1994) ab 2500 m Übergangs- stadien zu Tannen-Fichten-Mischwäldern, die z.B. deutlich artenreicher sind (WINKLER 1998). WINKLER (1998, 2000) geht bei etwa 90 % der Waldbrände im (S)O-Teil des TP als von Menschen verursacht aus, in W-Sichuan werden etwa 20 % als natürlichen Ursprungs ange- nommen. (WINKLER 1995, 1998, 2000). Zwischen Dezember und Mai treten über 90 % der Brände in W-Sichuan/O-Tibet auf. Nahezu alle Kiefernbrände in SO-Tibet und SW-Sichuan wurden mit dem Menschen in Verbin- dung gebracht (s. Lit. in WINKLER 1995).

Aus den regionaltypischen Klimaten an den Rändern des TP (BÖHNER 1994) ergeben sich in SO-Tibet unterschiedliche Waldhöhenstufen. An den äußeren Rändern des TP wird die obere Waldgrenze hauptsächlich von verschiedenen Arten der Gattung Abies gebildet, während die innerkontinentalen Teile O-Tibets Fichten beherbergen, vornehmlich Picea balfouriana, sowie Juniperus-Wälder (J. tibetica, J. convallium). V. WISSMANN (1961) beschreibt ausführlich die hygrisch und thermisch gestuften Waldgrenzen des inneren und äußeren Gürtels des O-TP und seiner Gebirgsränder, die sich im Bereich der meridionalen Stromfurchen verzweigen. Die Waldgrenzen im inneren Gürtel werden regional unterschiedlich von Betula, Larix und/oder 1. Einführung 65

Abies gebildet, während im äußeren Gürtel Baum-Rhododendren und verschiedene regionspe- zifische Abies-Arten von Bedeutung sind. Dabei verwischen oftmals die Grenzen von Krumm- holzwald und –Gebüsch (vgl. auch HOU HSIOH-YU & CHANG HSIN-SHIH 1992).

BRÄUNING (1998, 2001a) beschreibt drei verschiedene Waldgrenztypen und deren Verbrei- tungsgrenzen in Abhängigkeit von ihren klimatischen Ansprüchen und Wachstumsbedingungen: Kalt-humide, arid-warme und kalt-aride. Erstere werden von der Temperatur, außer in extrem trockenen Jahren bestimmt (Nordexposition der südlichen und östlichen Ränder des TP, sowie westliche Verbreitungsgrenze von Picea (Abies und Pinus). Der zweite Typ unterscheidet sich durch die verfügbare Feuchtigkeit, außer in sehr kalten Jahren (trockene Täler der meridionalen Stromfurchen und Westgrenze der trocken-resistenten Arten wie Pinus, Cupressus, Juniperus). Der letzte Typ wird durch Temperatur oder Feuchtigkeit, in Abhängigkeit des wetterabhängigen Jahresverlaufs (Südexposition mit hoher Einstrahlung, alpine westliche Verbreitungsgrenze von Juniperus) bestimmt. Die verschiedenen Regionen und Wuchsprovinzen lassen sich dendroökologisch ableiten (BRÄUNING 1994b, 1999b, 2000, 2003, 2004, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, BRÄUNING & MANTWILL 2004, FRENZEL ET AL. 2003). Die Koniferenwälder werden durch den Monsun mit der notwendigen Feuchtigkeit versorgt (BRÄUNING 1999a und Lit. dort).

In den Tälern der Lancang Jiang (Mekong)-, Jinsha Jiang (Yangtze)- und Yalung-Flusssysteme O-Tibets wachsen dagegen dichte Fichten- und Tannenwälder noch in Höhen bis zu 4700 m NN (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, FRENZEL ET AL. 2003, TROLL 1972 und Lit. dort). Es gilt als ein ökologischer Effekt: „ the upper limit of aridity is the lower limit of humid forests“ (TROLL 1972). Diese beiden Grenzen stehen also in einem direkten Zusammenhang. In Wolkenwäldern der Trockengebiete ist die Untergrenze durch die Trockenheit gegeben (TROLL 1972). Die Hänge der Gebirgszüge (z.B. Namjabarwa/Namcha Barwa, Gyalaperi) im subtropischen Süden des Plateaus, sowie im Südosten des Nienqentanglashan, sind teilweise expositionsab- hängig bedeckt mit gemischten Nadelwäldern, vertreten durch Abies spp., Picea balfouriana, P. likiangensis, u.a. Auf Moränenrücken kommen oft Larix griffithiana und andere Pionierarten vor. Südgewandte Hänge in Nähe der alpinen Waldgrenze beherbergen dagegen Juniperus-Wälder. In Flusstälern, wie dem des Yarlung Zangbo, östlich des Durchbruchs des O-Himalaya, herrschen trockene Bedingungen (BRÄUNING 2000, SCHWEINFURTH 1957). Die oberen Hang- lagen liegen über dem Kondensationsniveau. Während in den tieferen Hangbereichen Pinus densata, und westlich von Mainling die endemische Cupressus gigantea vorkommen, sowie östlich von Mainling Quercus aquifolioides (BRÄUNING 2000), bilden sich die üppigsten Wälder Tibets an der Südflanke des Namjabarwa (Namcha Barwa), also an der Stelle, an der der Yarlung Zangbo nach Indien abbiegt (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, Lit in SCHALLER 1998, vgl. FRANKENBERG & ZHENG DU 1983 und ZHENG DU 1983).

Reine Juniperus-Bestände findet man heute in Gegenden mit jährlichen Niederschlagsmengen von 400 mm bis 600 mm, und zwar in den Übergangszonen von Fichtenwäldern und Grünland i.w.S.. Nehmen die Niederschläge zu (bis etwa 800 mm), wächst Juniperus hauptsächlich an den trockenen südexponierten Hängen. Mit zunehmender Temperatur ändert sich die Zusam- mensetzung der Bestände aus Kiefernwäldern (Pinus densata, P. tabulaeformis, P. armandii), sklerophyllen Eichen (Quercus spp. sect. semecarpifolia), Lärchen (Larix potaninii) und Fichtenwäldern (Picea balfouriana, P. purpurea). Lärchen sind oft mit Fichten und Wacholdern vergesellschaftet (WINKLER 1995).

Das TP hat u.a. aufgrund seiner geographischen Lage die weltweit höchste obere Waldgrenze und bildet teilweise geschlossene Waldbestände bis 4600 m NN. Die Baumgrenze liegt stellen- weise über 4700 m NN. Nur die Polylepis-Gehölze in der Puna (Zentral-Anden, S-Amerika) machen weltweit letzterer Konkurrenz (FRENZEL 1998, 2000a, MIEHE ET AL. 2003, V. WISSMANN 1961,).

Abb. 6 gibt die rezenten Baum- und Waldgrenzhöhen wider, welche von Herrn Prof. B. Frenzel während der Expeditionen in den Jahren 1989, 1992 und 1996 erfasst wurden (FRENZEL 1998, 2000a). Dabei fällt ein Bereich mit den niedriger gelegenen Grenzen im (N)O-TP zwischen etwa 1. Einführung 66

3700 bis 3900 m NN auf. Die Baum- und Waldgrenzen steigen an den Hochgebirgszügen im Osten des Zentral-TP und im Süden bis auf ca. 4250 m NN an, bevor (bis auf etwa 4450 m NN) im südlich-zentralen Bereich des TP Maximalhöhen von bis zu 4700 m NN erreicht werden. Höchste Baumfunde beschreiben MIEHE ET AL. (2003) von Juniperus tibetica [Komarov] in SW- Tibet in einer Höhe von 4850 m NN.

Abb. 6: Angaben der oberen Wald- und Baumgrenze auf dem TP nach den Aufzeichnungen von B. FRENZEL während der Expeditionen 1989, 1992, 1996 (aus FRENZEL 1998, verändert).

Unter den Bäumen der tibetischen alpinen Waldgrenze finden sich oftmals sehr alte Juniperus/ Sabina-Exemplare, die ein Lebensalter von über 1.000 Jahren aufweisen. Solche Funde geben natürlich wichtige Hinweise zur Klimageschichte der letzten 1.000 Jahre. Älteste Nachweise für das Lebensalter von Bäumen auf dem TP gibt BRÄUNING (1994b, 1999b, FRENZEL ET AL. 1995, mdl. Mitt. A. BRÄUNING) für einen Juniperus tibetica mit einem Alter von etwa 1.500 Jahren. Da diese Bäume oft einen mächtigen, vermorschten Kern haben, sollte das wahre Lebensalter noch viel höher sein.

Der Anstieg der oberen Waldgrenze im Khumbu-Himal ist durch die zunehmende klimatische Kontinentalität des Klimas von der feuchten Südabdachung der Numbur-Kang Taiga-Kette gegen die trockeneren Khumbu-Täler am Himalaya-Hauptkamm gegeben. So steigt die obere Waldgrenze von 3700 auf 4200 m NN an. Wie im trockenen W-Himalaya wird die obere Wald- grenze von subtropischen Birkenwäldern (Betula utilis) gebildet, im Luv der Himalaya-Haupt- ketten fehlt B. utilis an der Waldgrenze; an ihre Stelle, wie im feuchten O-Himalaya, treten Abies spectabilis und Rhododendron campanulatum (HAFFNER 1992).

MIEHE (1984) beschreibt im Inneren Himalaya in seinem Untersuchungsgebiet bei etwa 28°44’ N die Waldgrenze bei maximal 4400 m, währenddessen sie über den Hohen Himalaya zu den Vorketten hin auf 3700 m abnimmt. Ob dieses Absinken durch Almwirtschaft herabgesetzt wird, bleibt unklar. Die obere Waldgrenze wird im Inneren Himalaya aus einem Krummholzwald, aus- schließlich aus Betula utilis in krautreichen feuchten Matten, gebildet. Das höchste Juniperus- Vorkommen liegt dort bei 4300 m in Südexposition. Auf Nordhängen zeichnen sich größere 1. Einführung 67

Waldgrenzhöhen ab. Das trifft dort jedoch nicht zu, wenn statt der dichten Zwergstrauchvegetation der feuchten Mattenstufe eine eher trockene, schüttere Zwergstrauchvegetation auftritt – dann liegen die Waldgrenzen auf den Süd- bzw. Nordhängen in etwa gleicher Höhe. Schatthänge bleiben oft bis in den Mai schneebedeckt, Sonnhänge sind durch Frosttrocknis gefährdet.

Die Baumvegetation im Qomolangma-Gebirge wird durch MIEHE (1989) auf der Südabdachung im Khumbu-Himal wiedergegeben und dabei die Ausprägungen der Baum- und Waldgrenze diskutiert. Die höchsten Baumvorkommen sind danach bis in mindestens 4400 m Höhe zu finden. Baumartige Juniperus-Vertreter finden sich aufgrund der Temperaturunterschiede sonn- seitig bis 4440 m und schattseitig bis 4420 m Höhe. Ostexponierte Hänge sind dort meist bewaldet; westexponierte oftmals unbewaldet. Birkenreiche Hanglagen beherbergen auf windexponierten Bereichen Tannen, Hanglagen mit Tannenwäldern sind an stark windbeeinflussten Stellen durchsetzt von Pinus wallichiana. Nahe der oberen Waldgrenze dominieren schließlich Rhododendron-Bestände. Windexponierte Hänge sind mit Zwergsträuchern und Polsterpflanzen aus R. setosum und R. anthopogon, sowie Zwerg- Juniperus bewachsen. Der Nebelwaldgürtel liegt auf der Südabdachung oberhalb von 3000 m. Dabei bestehen die Wälder auf den südexponierten, sowie den windzugeneigten Hängen in Nordexposition, weitgehend aus Abies spectabilis. Betula utilis bildet oft den Unterwuchs der Tannenbestände, bzw. beherrtschen die nordexponierten Hänge ganz. Oberhalb von Abies und Betula, sowie in der Strauchschicht von Kiefern- und Birkenwäldern, gedeihen Rhododendron campylocarpum, R. fulgens und R. campanulatum. Der Khumbu-Himal wird z.T. stark beweidet durch die Weidetiere der Sherpa-Hirten. Vermutlich wird diese Region seit mindestens dem 16. Jahrhundert von Menschen beeinflusst. Menschengruppen hatten schon damals über den Nangpa-La Pass Zugang auf das TP. Die Rodung der Wälder und die Besiedlung der sonnseitigen Hanglagen sind beispielsweise erst durch die damaligen Tibeter dort möglich geworden (OPPITZ 1968). Dies zeigen z.B. dort auch die Sekundärzeiger wie Juniperus recurva nach Brandrodung. Im östlichen Qomolangma-Gebiet wird die Waldgrenze in maximaler Höhe von ~ 4400 m NN gebildet. Je nach Standort bilden Arten von Juniperus (J. tibetica), Rhododendren, Abies (A. densa; ab ~ > 4000 m NN) und Betula (B. utilis) die Waldgrenze (mdl. Mitt. M. GROß und B. DICKORÉ).

Baum- und Waldgrenzen werden also einerseits abiotisch (hygrisch, thermisch, UV-Strahlung, Albedo, etc.) limitiert, aber auch durch den Menschen und sein Vieh.

Wegen ihres schwachen Regenerationspotentials sind aride und semi-aride Gebiete besonders durch Desertifikation und Degradation der Vegetation gefährdet (CHEN FA-HU ET AL. 2006, LIU HONGYAN ET AL. 2002, MIEHE ET AL. 2003, 2007a, 2008a), so dass gerade dort der Mensch und seine Aktivitäten eine besonders zerstörerische Kraft sein können (FRENZEL 2000a, LIU HONGYAN ET AL. 2002, MIEHE ET AL. 2003, 2007a, 2008a, PACHUR & ALTMANN 2006, ZHOU LIHUA & ZHOU DUJUN 1993). Dies beweisen auch zahlreiche andere Beispiele aus anderen Teilen der Erde (FRENZEL 2004, 2008, vgl. Lit. in FU CONGBIN 2003, PACHUR & ALTMANN 2006). 1. Einführung 68

1.13. Kenntnisstand der menschlichen Aktivitäten auf dem Tibetischen Plateau früher und heute

Traditionell leben die Tibeter als Halbnomaden. Sie wandern im Jahreszeitenwechsel von Sommer und Winter zwischen ihren angestammten Weidegründen hin und her. Im Sommer werden die höher gelegenen Weidegründe aufgesucht, im Winter jedoch die tieferen Lagen. Während der Wanderung leben die Hirten in Zelten, vornehmlich aus Yakwolle gefertigt. Ein- fache Häuser oder Hütten können in Siedlungen einfachen Winterschutz bieten. Der Beginn einer Transhumanz auf dem TP ist noch unbekannt (DAMM 1998). In den letzten Jahrzehnten verändert sich vor allem im Osten des TP die ursprüngliche Lebensform der Tibeter zunehmend, einst vom Nomadentum hin zu Dauersiedlungen (XIE ZHENGHUA ET AL. 2008).

Zwischen den jahreszeitlich wechselnden Weidegebieten werden Durchgangsregionen genutzt. Z.T. bestehen aber auch Dauerweiden, die sowohl innerhalb der Sommerweide- als auch der Winterweidegebiete bestehen, wie DAMM (1993) für O-Tibet, sowie für das TP beschreibt (DAMM 1998). Die saisonale Beweidung stützt sich auf traditionelle Sozial- und Weideordnungen. Dabei wird ursprünglich den natürlichen Bedingungen, vor allem durch das saisonal schwankende Futterangebot, gefolgt (s. auch LONG ET AL. 1999). Jedoch werden im Osten des TP in jüngster Zeit zunehmend die zugeteilten Weidegründe pro Familie genutzt, die z.T. auch eingezäunt sind (XIE ZHENGHUA ET AL. 2008).

Da jedoch Schriftstücke als historische Dokumente nur aus der Zeit ab etwa der Shang- Dynastie (Beginn ~ 1700 B.C.) aus China bekannt sind, bzw. schriftliche Hinweise auf Orakel- knochen über die frühen Bewohner (Qiang, Ch’iang) des TP aus der Zeit 1400 B.C. vorliegen (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004), ist man vor allem hinsichtlich des vorausgehenden Zeit- raumes auf archäologische Hinweise angewiesen, um Informationen zu menschlichen Aktivitä- ten und deren Ausmaß zu erhalten. Solche Hinweise sind für vegetationsgeschichtliche und paläoökologische Interpretationen nahezu unabdingbar, um der Frage nach dem Einfluss des Menschen auf dem TP in prähistorischen Zeiten nachzugehen. Zu den archäologischen Funden und Stätten zählen nicht nur Gegenstände und Artefakte, sondern auch Zeichnungen an Felsen und in Höhlen (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, CORVINUS 2007, FRENZEL 2006b, FRENZEL ET AL. 2001, HUANG WANPO ET AL. 1995, HUANG WEIWEN 1994, HUANG WEIWEN & HOU YAMEI 1997, LI XIÄN 1991, ZHANG YASHA 2001, u.v.a.).

Zahlreiche Artefakte geben Hinweise auf die Anwesenheit des Menschen seit mindestens dem Paläolithikum und Mesolithikum auf dem TP. Es fällt auf, dass für die Zeit von etwa 10.000 bis 6.000 y B.P. wenig archäologische Hinweise auf dem Plateau vorliegen, worüber derzeit nur spekuliert werden kann (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004 s. auch dort Lit., HUANG WEIWEN 1994, LI XIÄN 1991, vgl. jedoch FRENZEL 2006b). FRENZEL ET AL. (2001, s. Literatur dort) geben die Ergebnisse, der während der Expedition im Jahre 1996 gesammelten und analysierten 121 Artefakte, wider. Sie alle stammen aus dem tibetischen Seengebiet zwischen dem Nam Co (Tengri Nor), dem Dagce Co (Ta k’o tz’u hu) und dem Siling Co. Die Artefakte sind zum Teil typisch für das Mittel- bis Jungpaläolithikum und ver- gleichbar mit denen anderer Fundstellen. Bisherige mikrolithische Funde wurden ausnahmslos in das Neolithikum gestellt. Die hier untersuchten Mikrolithe stammen jedoch mit großer Wahr- scheinlichkeit aus dem Paläolithikum. Die Fundpunkte sind, wenn auch spärlich, über das gesamte TP verteilt. Mittlerweile liegen zahlreiche paläolithische Funde aus dem äußersten Westen (Zhabu), dem Süden (Sure) und der östlichen Chang Tang Ebene (Geting) vor (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). Zahlreiche Funde sind auch aus Nepal seit dem Frühen Paläolithikum bekannt. Damit sind menschliche Aktivitäten mindestens seit dieser Zeit für W- und Zentral-Nepal nachgewiesen. Weitere Artefakte liegen aus dem Mittleren Paläolithikum, vor allem von den Flussbänken des Arjun, vor. Die darauffolgenden Epochen sind alle bis in das Neolithikum dokumentiert, seit dem Mesolithikum auch in O-Nepal (CORVINUS 2007). 1. Einführung 69

Aus dem Neolithikum gibt LI XIÄN (1991) Funde aus drei Kategorien an, die entweder nur Mikro- lithe und große Abschläge von Steinwerkzeugen, diese zusammen mit Keramik und polierten Steinwerkzeugen oder Funde ohne Mikrolithe enthalten. Dabei fällt eine ungleiche Verteilung der drei beschriebenen Artefaktgruppen auf. Insgesamt sind die Funde jedoch im gesamten Tibet verteilt.

Wie intensiv in diesen früheren Zeiten der Mensch auf dem TP aktiv war, bleibt ungewiss. Nimmt man als Ausgangslage während des LGM eine sehr dünne Besiedlung des TP an, könnte die nachfolgende klimatische Verbesserung zu einer vermehrten Zuwanderung auf das Plateau ermutigt haben. Die Anpassung der Lebensweise an die sehr speziellen Lebensraum- bedingungen hätte mit der Besiedlung einher gehen können (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). Vergleicht man die rekonstruierten Klimabedingungen mit einer möglichen frühen menschlichen Aktivität, so sollte diese beispielsweise während des Interstadials vor dem LGM (~ 23.000 y B.P.) angenommen werden. LEHMKUHL ET AL. (1999) halten die ersten Aktivitäten prähis- torischer Menschen in Zeiten hoher Seespiegelstände für möglich. Nomadische Jäger waren vermutlich seit ca. 30.000 Jahren auf der Chang Tang Ebene anwesend, wie die dortigen Arte- faktfunde vermuten lassen (also vor dem LGM, FRENZEL ET AL. 2001, SCHALLER 1998).

Mehrere Hundert Steinartefakte (BRANTINGHAM ET AL. 2001, LIT. in SCHALLER 1998) wurden auf der Chang Tang Hochebene analysiert. Zahlreiche dieser Artefakte gleichen den Funden aus Ningxia (Shuidonggou) und Shanxi (Shiyu), welche ein Alter von 20.000 bis 30.000 Jahren anzeigen. Ein Großteil datiert aus der Zeit des späten Pleistozäns oder frühen Holozäns, einige vor etwa 4.000 - 5.000 Jahren. Alle bezeugen die Anwesenheit von Jägern und Sammlern in diesen Zeiten. SCHALLER (1998) folgert aus den wärmeren und feuchteren Klimabedingungen vor ~ 4.000 y B.P. bessere Voraussetzungen für Jägergruppen. Heute dagegen ist die Chang Tang Hoch- ebene wegen des rauhen Klimas und der großen Höhen nicht besiedelt, jedoch wird die Region immer wieder von Nomaden frequentiert (SCHALLER 1998).

Der Beginn menschlicher Aktivitäten in den nördlichen Randbereichen des TP wird seit dem MIS 3, vor allem aber vor etwa 30.000 y B.P. vermutet (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, HUANG WEIWEN 1994). Weitere Hinweise menschlicher Spuren liegen am Koko Nor (Qinghai Hu) aus dem Pleistozän vor, sowie in der Übergangszeit zum Holozän. Demnach sind mindes- tens zwei Bereiche pleistozäner und postglazialer menschlicher Aktivitäten auf dem TP nach- gewiesen: Auf dem (südlichen) Zentral-TP, sowie nordöstlich des Qaidam-Beckens. Folglich kann von einem Beginn der frühen menschlichen Tätigkeit auf dem TP etwas vor dem LGM ausgegangen werden (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, s. weitere Lit. dort).

Hand- und Fußabdrücke auf Kalksinter heißer Quellen, nahe des Quesang Flusses ca. 85 km von Lhasa, bezeugen die Anwesenheit des Menschen im LGM. Die Datierung erfolgt aufgrund OSL (Optical Stimulated Luminescens Method, ZHANG D.D. & LI S.H. 2002, ZHANG D.D. ET AL. 2003).

WANG FU-BAO & FAN C.Y. (1987) beschreiben für die Zeit des Qilongduo-Intervalls (~ 5.000 y B.P.) eine menschliche Ausbreitung vom Qinghai-Xizang Plateau gen Norden.

Es existieren verschiedene Vorstellungen über die Einwanderung des Menschen auf das TP. Alle jedoch vermuten den Eintritt über die heutige Provinz Qinghai auf das TP (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). SU BING ET AL. (2000, ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004) schließen aus Untersuchungen der Y-Chromosomen-Haplotypen eine Besiedlung vor etwa 10.000 y B.P. im oberen Mittellauf des Gelben Flussbeckens (Huang He). Diese frühen neolithischen Kulturen bilden die Vorfahren der „Sino-Tibetan-Populations“, sowie seit 6.000 y B.P. der „Tibeto- Burman“-Bevölkerung. Ein weiteres Modell favorisiert eine Besiedlung des TP in drei Phasen seit dem LGM vor etwa 30.000 y B.P. (s.o. und weitere Hinweise in ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). LI XIÄN (1991) vermutet die Ausbreitung der „megalithic culture“ über zwei Routen: a) über Zentral-Tibet und Qinghai und b) über Kashmir und Sipiti.

Die zahlreichen Funde bei der neolithischen Siedlung Karou um 5.000 y B.P. (4.955 ± 100 y B.P.) deuten nach CPAM (1985) verstärkt auf damaligen Ackerbau und Viehzucht hin. Die 1. Einführung 70

Lebensform wurde durch Sammeln und Jagen ergänzt. Das lassen die Funde von Hacken, Schaufeln, Pflug, Hirse, sowie Knochen von Fuchs, Hirsch, Horntiere/Rinder, Wildziege, vermutlich domestizierter Schweine, aber auch Jagdutensilien, vermuten.

Neolithische Funde auf dem TP, die auf derartige agrarische Kulturen hinweisen, konzentrieren sich bisher hauptsächlich um Qamdo, am großen Knie des Yarlung Zangbo, sowie seinem süd- lich gerichteten Verlauf folgend, im Zentrum der Flusstäler des Yarlung Zangbo und Kyichu-Tals und schließlich in der äußersten nordöstlichen Ecke von Qinghai, nahe der Grenze zur Provinz Gansu. Das frühe Stadium der Fundstelle „Karou“ wurde auf 4.955 ± 100 y B.P. datiert (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, s. auch weitere Lit. dort, CPAM 1985, HUANG WEIWEN 1994, LI XIÄN 1991). Die für diese Arbeit bedeutenden neolithischen Fundstätten (Xioenda, Karou, Fundplätze am großen Knie des Yarlung Zangbo) dürften alle der tibetischen Karou- Kultur angehören. Die zweitgrößte neolithische Fundstelle auf dem TP, Qugong ist mit frühes- tens 1750 B.C. deutlich jünger und gehört der „Qugong-Kultur“ an. In den anderen Teilen und Provinzen Chinas sind bisher mehrere Kulturen, wie beispielsweise die Yangshao-Kultur (z.B. O-Gansu), bekannt. Genaue Datierungen, sowie die Zugehörigkeiten der verschiedenen, teils lokalen, Kulturen, sind bisher vielfach noch nicht ganz geklärt und gesichert (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, s. weitere Lit. dort). Die Karou-Kultur hatte Kontakt mit primitiven Kulturen des oberen und mittleren Laufs des Huang He (Gelber Fluss), sowie dem Unterlauf des Lancang (vgl. u.a. HUANG WEIWEN 1994). Steingräber sind mindestens seit 4.000 y B.P. bekannt. Die Fundplätze liegen hauptsächlich aus Zentral-Tibet, teils auch aus O- und W-Tibet, vor (LI XIÄN 1991).

Aufgrund verschiedener Fundplätze konnten Nachweise aus den Flusstälern, aber auch aus den Bereichen der alpinen Steppen und Kältewüsten der Hochebene (N- und W-TP) erbracht werden, in denen das Jagen und Sammeln im Vordergrund stand. Damit konnte eine zweite markante Okkupationsphase in der Zeit um das mittelholozäne Klimaoptimum zwischen etwa 7.500 und 3.000 y B.P. nachgewiesen werden. Bereits in der Warmzeit um etwa 30.000 y B.P. wurden durch Steinartefakte erste prähistorische Nachweise für die Anwesenheit früher Menschen auf dem TP geführt. Während dieser warmen Periode innerhalb der letzten Eiszeit hatten die Seen höhere Wasserstände (HUANG WEIWEN 1994, s. auch Lit. dort, vgl. Kap. 1.8.1.1.). Mikrolithische Funde wurden auch von LI TIANCHI (1988, s. Lit. dort) auf dem TP be- schrieben, der höchste Fund in etwa 4800 m Höhe war am Siling Co.

Die Bedeutung des Viehs, vor allem der Yaks, für die tibetische Bevölkerung ist sehr groß. Die Nutzung der Yaks ermöglichte überhaupt erst ein Leben in solch extremen Klimaten wie dem TP in einer Art „Symbiose“ (LENSCH 1995). Yaks wurden vermutlich bereits seit dem Neolithikum domestiziert. Die Nutzung der Yakwolle ist seit mindestens 5.000 v.Chr. nachgewiesen. Genomanalysen und archäologische Hinweise deuten auf eine Domestikation des Yaks bereits im frühen Holozän hin (s. Lit. in SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ ET AL. 2007 und SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Die Domestikation von Pferden wird (bisher) seit etwa 6.000 y B.P, des Wasserbüffels seit etwa 5.000 y B.P. angenommen (RUDDIMAN 2003 s. dort Lit.). WU NING (2000) beschreibt die Hybridisierung von Yak und Rind („zumo“) seit dem Nu-Guo (Nu Kingdom) der Shubi-Stämme vor mindestens mehreren Jahr- hunderten vor Christus. LENSCH (1995) geht von einer Domestikation der Yaks durch Hirten- nomaden in Tibet seit der Jungsteinzeit zwischen etwa 3000 - 1800 B.C. aus. Dies zeigen u.a. Überreste und Malereien. Knochenfunde weisen seit mindestens dem späten Neolithikum sowohl Tierhaltung von Schafen und Schweinen nach, als auch Jagdaktivitäten auf Yak, Moschushirsch (Moschus moschiferus) und Rothirsch (z.B. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, CPAM 1985).

Mindestens 5.000 Felsmalereien sind auf dem TP gefunden worden. Sie gehören zu den „Northern School Rock Paintings“ und stellen zumeist, oft bunte, Jagdszenen dar. Darstel- lungen auf „Zhaxi island, Westufer des Nam Co, sowie im Gyialing-Gebirge, N-Tibet, zeigen diverse Szenen wie Jagen, Fischen und Tanzen und spiegeln auch den Yak wider. Die Fels- zeichnungen am Nam Co stammen aus buddhistischer Zeit; sie zeigen Symbole des Buddhismus während der Zeit des „Tubo Kingdom“. Die ältesten Felszeichnungen jedoch sind um die 3.000 Jahre alt, wie die im Gyialing-Gebirge, N-Tibet und Alung Gully, W-Tibet, zeigen (LI XIÄN 1991, WISMER 2008, ZHANG YASHA 2001). 1. Einführung 71

Abb. 7: Felszeichnungen auf der Halbinsel im Osten des Nam Co (Bild: B. Frenzel).

Neben der lebenswichtigen Bedeutung der nomadischen Viehherden spielt der Anbau von Gerste (Hordeum vulgare L.), aus der das Hauptnahrungsmittel „Tsampa“ hergestellt wird, eine entscheidende Rolle. Gerste ist nicht nur ein lebensnotwendiges Nahrungsmittel, sondern auch Viehfutter und Heizmaterial (ZHI FEN PAN ET AL. 2007). Auf dem TP gibt es eine große genetische Variabilität der Gerste (Hordeum vulgare L.). Es gibt unzählig viele lokale Land- sorten (THOMAS & CHEN SHENBIN 2002, ZHI FEN PAN ET AL. 2007), die ideal an die extremen Standortfaktoren angepasst sind.

Das Zentrum des tibetischen Ackerbaus befindet sich im Yarlung-Zangbo (Yarlong-Tsangpo)- Tal in S-Tibet, wo der Anbau lokaler Gerstensorten, sowie Sommer- und Winterweizen etwa ¾ der Anbauflächen einnimmt (THOMAS & CHEN SHENBIN 2002). Der Anbau von Hochlandgerste hat dort die größte Bedeutung. Gerste gilt als sehr trockentolerant. Sommer-, Winterweizen, Mais, Erbsen, Bohnen, Kartoffeln, Trauben und sonstige Nutzpflanzen werden je nach Region ebenso angebaut. Im Süden der meridionalen Stromfurchen, sowie in den östlichen Randberei- chen des Plateaus, spielt der Gerstenanbau nur noch eine geringe Rolle und wird immer stärker durch Weizen- und Maisanbau abgelöst. Reis ist in den süd(öst)lichsten Bereichen teilweise eine wichtige Nutzpflanze (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Dort wird der Anbau auch durch chinesischen Sorghum, Buchweizen, Erdnüsse, Sesam ergänzt. Obst wie Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Bananen, Orangen, u.a. werden dort ebenso angebaut (BEIJING RUNDSCHAU 2006, mdl Mitt. B. FRENZEL). Raps hat als Ölfrucht weltweit eine hohe Bedeutung, so steht er an vier- ter Stelle der Welterzeugung von Ölfrüchten (ENTRUP & OEHMICHEN 2000).

FU CONGBIN (2003) geht von einer signifikanten Ausbreitung des Ackerbaus in S-Tibet seit dem 14.-19. Jahrhundert A.D. aus, während er in anderen Teilen Chinas, vornehmlich in der mittleren, östlichen Hälfte seit mindestens dem 11. Jahrhundert v.Chr. vorkommt. Der Autor führt die Veränderungen der Vegetationsmuster Chinas seit 3.400 y B.P. auf die Einflussnahme des Menschen zurück (Entwaldung, Übernutzung, Überweidung, etc.) und stellt einen Zusammenhang mit dem Trend eines trockener werdenden Klimas her.

Entlang des Jinsha Jiang (Yangtze) in der Umgebung des Po yang hu (S-China) wurde nach JIANG QINHUA & PIPERNO (1999) bereits vor ca. 12.000 y B.P. Wildreis gesammelt, seit etwa 10.000 y B.P. wird Reis angebaut. Ackerbau ist vermutlich seit 8.000 y B.P. im Jinsha Jiang (Yangtze)-Becken und ab etwa 7.000 y B.P. in dem des Huang He betrieben worden (DODSON 2003).

LEHMKUHL ET AL. (1999) geben in einer Darstellung einiger Klimarekonstruktionen für das Mittlere Holozän mögliche Bereiche für Ackerbau (unter 4500 m NN, Juli-Temperaturen > 8 °C 1. Einführung 72 und Jahresniederschläge von > 200 mm) an, sowie für nomadische Aktivitäten (bis ~ 5500 m NN, Juli-Temperaturen > 5 °C, Jahresniederschläge < 50 mm). Demnach bietet das TP groß- flächig Möglichkeiten der Beweidung. Ackerbau findet dagegen vornehmlich in den Flusstälern im Osten und Süden des TP statt.

Erste frühe pollenanalytische Nachweise von Gerstenanbau (Ackerbau) gibt es in S-Tibet um etwa 4.000 y B.P. (KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2006). Aus dem östlichen Stadtbereich Lhasas ist pollenanalytisch der Anbau von Gerste und Weizen seit mindestens 600 Jahren nachgewiesen (KAISER ET AL. 2006, SCHLÜTZ 1999).

MIEHE (1990) beschreibt die heutigen Obergrenzen des Ackerbaus für den Langtang Himal (Himalaya Südabdachung). Dort wird der Anbau von Gerste östlich des Peicü Co in 4750 m Höhe (6,9 °C Sommer, Jahresmittel ca. - 0,7 °C, Jahresniederschlag etwa 260 mm, vgl, Klima- diagramm Tingri) beschrieben. Vergleicht man den höchsten Anbau von Feldfrüchten auf bei- den Seiten des Himalaya, auf einer N-S-Distanz von ca. 90 km gesehen, so steigt der Gersten- anbau von 2830 auf 4750 m (Differenz: 1920 m) an. Der höchste Gerstenanbau in Tibet ist bis in 4750 m Höhe nachgewiesen (ZHENG DU ET AL. 1980).

Lange Zeit wurde in der internationalen Literatur davon ausgegangen, dass der menschliche Einfluss bei einer sehr niedrigen Bevölkerungsdichte von heute etwa 1 bis 5 Personen / km2 (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, vgl. BRD: 231 Einwohner / km2; Baden-Württemberg: 300 EW / km2, Stand 2005, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2007), auf die Öko- systeme des TP sehr gering gewesen sei. Veränderungen in der Vegetation und des Wald- landes wurden, wie bereits ausführlich dargestellt, lange Zeit ausschließlich klimatisch gedeutet. Erst in jüngerer Zeit nehmen die Hinweise auf einen immer weiter zurückreichenden Einfluss des Menschen und seines Weideviehs (ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL 1992a, 1994b, 1996, 1998, 2000ab, 2002b, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, 2005, FRENZEL ET AL. 1995, KAISER ET AL. 2008, MIEHE ET AL. 2002, 2006, 2007a für S-Tibet, 2008b, REN GUOYU 2007 mit Bezug auf REN GUOYU & BEUG 2002, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009, SHEN JI ET AL. 2006, THELAUS 1992), sowie der Wildtiere, auf die Vegetation, zu. Weitere Hinweise zum frühen menschlichen Einfluss auf dem TP finden sich in HUANG WEIWEN (1994), SHI YAFENG ET AL. (1993), WANG FUBAO & FAN C.Y. (1987), WANG MANHUA (1987, vgl. auch Kap. 1.12.1.).

MIEHE (1990) beschreibt im östlichen Zentral-Himalaya ausführlich die Pflanzengesellschaften im natürlichen Zustand, aber auch Ersatzgesellschaften, die sich nach menschlicher Nutzung und Eingriffen, z.B. durch Weidevieh, einstellen (s. Kap. 1.12.1.). Vermutlich wird durch Brand- rodungen die Landnahme eröffnet und Feuer gelegt, um die Jagd zu erleichtern, indem die Wildtiere aus den steilen Flanken heraus getrieben werden sollten (Jagdfeuer) (BEUG & MIEHE 1998, 1999, MIEHE 1990).

Holz ist als Brenn- und Baumaterial (Klöster, Häuser, etc.) für die Tibeter ein wichtiger Rohstoff. Zur Holzgewinnung werden die Bäume oft geschneitelt (BRÄUNING 1994a, 1999a, 2007, FRENZEL 2000a, MIEHE 1984, WINKLER 1994), d.h. am lebenden Baum werden die Äste entfernt, was bei zu starker Nutzung auch den Baum allmählich ganz absterben lassen kann. Die verbleibenden Stubben werden oftmals auch noch ausgegraben und als Brennmaterial genutzt. WINKLER (1994) unterscheidet zwei Techniken: Schneiteln der belaubten Äste entlang der Stammachse und Schopfschneiteln durch Kappen der oberen Stammachse und kontinuierliche Nutzung der neuen Triebe. Daneben wird traditionell auch die Harzextraktion betrieben (WINKLER 1994). Die Ergebnisse von dendrochronologischen und –ökologischen Untersuchungen zeigen in O- und S-Tibet ebenso eine Nutzung durch den Menschen, z.B. durch Schneiteln, an. In O-Tibet wurde dies durch unregelmäßige, markante Wachstumseinbrüche, die jedoch Insektenkalami- täten und klimatische Faktoren ausschließen, in den Zeiten um 1850/60 nachgewiesen (Nam Lichtung), auf dem östlichsten TP (Zolge, Gong Gang Ling), an einem Standort (Gong Gang Ling) sogar schon ab 1680 (BRÄUNING 1994a), sowie in S-Tibet um 1950/60 (BRÄUNING 1999a). Zuwachssteigerungen von Jahrringen bis zu 300 % deuten auf Abholzung in der unmittelbaren 1. Einführung 73

Nachbarschaft in den 60er/70er Jahren des vorigen Jahrhunderts hin (Qamdo, Gong Gang Ling, Nam Lichtung und Wiesenlager, BRÄUNING 1994a).

Das Sammeln, Verarbeiten und Konservieren von Pflanzen und –teilen ist in der traditionellen Heilmedizin der Tibeter von großer Bedeutung (SCHWEINFURTH 1983, TSARONG TSEWANG J. 1994, WINKLER 1994, 2007, mdl. Mitt. LAMA YESHE LOSAL RINPOCHE). 312 bedeutende Pflanzen-Taxa werden bereits 1727 A.D. von Geshe Tenzin Phuntsog im Shelgong Shel-preng beschrieben. Viele dieser Pflanzen werden seit Jahrhunderten von den traditionell arbeitenden tibetischen Ärzten als Heilmittel oder auch für rituelle Beigaben ver- wandt (TSARONG TSEWANG J. 1994). Dies beschreibt auch SCHWEINFURTH (1983, s. dort Lit.) für den Himalaya. Bisher ist in der traditionellen Lebensweise der Tibeter durch das extensive Sammeln von Heil- pflanzen kein nennenswerter Einfluss auf die Vegetation zu erwarten. Jedoch zeigt sich vor allem seit etwa 1990 ein wachsender Markt für die tibetischen Heilpflanzen, mit der Folge, dass viele der relevanten Heilpflanzen zunehmend bedroht sind (mdl. Mitt. LAMA YESHE LOSAL RINPOCHE). Demnach wäre auch eine Veränderung der rezenten Vegetation dadurch gegeben, die u.a. mit einer Bedrohung einzelner Pflanzenarten, zumindest in speziellen Regionen, ein- hergeht.

1.13.1. Tibet und China in historischer Zeit

Tibet gehört als „Autonome Region“ seit 1965 zur VR China. Zuvor war Tibet eigenständig und galt als unzugänglich, mit der heutigen Hauptstadt Lhasa in S-Tibet. Jüngst flammen heftige Auseinandersetzungen zwischen Tibetern und Chinesen auf, die auf die Forderung nach kultureller und religiöser Freiheit der Tibeter zurückzuführen sind. Die politische Situation gewinnt derzeit ein immer stärker werdendes internationales Interesse.

Die Geschichte der chinesischen Dynastien bietet durch historisch belegte Dokumente Möglich- keiten, neben der Archäologie, in die Vergangenheit zurückzublicken (s. auch ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004).

Bereits etwa 2100 B.C. begann die Xia-Dynastie, die allerdings bisher als nicht bestätigt gilt. Die darauffolgende Shang-Dynastie, etwa ab dem 17. Jahrhundert B.C., vereinigte den nordchinesischen Raum. Man kann davon ausgehen, dass zu dieser Zeit kriegerische Zustände herrschten und neolithische Gruppen auf Adelsgesellschaften stießen. Es folgte zunächst die Westliche, dann die Östliche Zhou-Dynastie, sowie im gleichen Jahr beginnend, die „Zeit der Frühlings- und Herbstannalen“. Nach dieser schloss sich die „Zeit der Streitenden Reiche“ an. Danach begann die Qin-Dynastie, geführt unter dem Ersten Kaiser Qin Shihuangdi, auf dessen Namen wohl auch der Namensursprung „China“ zurückzuführen ist. Es heißt „Qin nun hatte sich der aggressiven Rong-„Barbaren“ zu erwehren, die vermutlich keine fremden Stämme waren, sondern chinesische, die Nomaden geblieben waren“. Sein Reich dehnte sich in südwestlicher Richtung bis über Chengdu (Shu) hinaus. Danach folgten die beiden großen Dynastien: Ab 206 B.C. die Han-Dynastie und ab 618 A.D. die Tang-Dynastie mit einem Einflussbereich der chinesischen Kultur bis an den Ostrand des TP, sowie zeitweise am Nordrand, also nördlich des Kunlun-Gebirges (KUNST- UND AUSSTELLUNGSHALLE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GMBH 2006). Mindestens im ersten Jahrtausend B.C. gab es einen Austausch zwischen Asien und Europa, wenngleich es schon vor 20.000 B.C. Reisende quer durch Eurasien gab. Eine der weltge- schichtlich bedeutendsten Handelsrouten war die Seidenstraße, die zuerst für das 2. Jahrhundert B.C. schriftlich datiert ist und bis etwa 1000 A.D. betrieben wurde. Die südlichere der Südlichen Ost-/Westroute führt über Xi’an und Lanzhou, Xining über Qinghai am südlichen Rand entlang der Taklamakan bis schließlich zur Mittelmeerküste im damals römisch besetzten Syrien. Diese Route ist die am nächsten dem TP zugewandte. Ganz im Westen Tibets streifen die Abzweigungen der Südroute das Plateau, die über das Karakorum-Gebirge nach Indien und Pakistan, bzw. nach Afghanistan und Pakistan, aber auch bis in den Vorderen Orient führen (KUNST- UND AUSSTELLUNGSHALLE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GMBH 2006). Das Aus- maß eines sehr frühen regen Handels lässt sich also nur erahnen. 1. Einführung 74

Nach der großen Tang-Dynastie mit ihren 18 Kaisern und einer Kaiserin folgen die Fünf- Dynastien (907-960), Liao-Dynastie (916-1125), Song-Dynastie (960 - 1279), Jin-Dynastie (1115-1234), Yuan-Dynastie (1272-1368), Ming-Dynastie (1368-1644) und schließlich die Qing- Dynastie (1644-1911) (KUNST- UND AUSSTELLUNGSHALLE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GMBH 2006). Während der Ming-Dynastie herrschten im 13./14. Jahrhundert die Mongolen über China. Die Manchukaiser der Ming-Dynastie dehnten ihre Macht auch über die Mongolei und Tibet aus. Die Manchu-Herrschaft, und damit auch die Monarchie, wurde 1911/12 gestürzt (BROCKHAUS 1985). Die Eroberung einzelner Königreiche der frühen Qiang-Stämme (z.B. Xi-Xia-Königreich, Qinghai) lösten wiederum Wanderungen dieser verdrängten Gruppen gen Süden aus. Mitte des 13. Jahrhunderts (1253) eroberte das mongolische Reich W-Sichuan. Erst mit dem Zusammenbruch des mongolischen Reiches kehrten stabilere Phasen ein (WU NING 2000). Tibet stand bald nach dem Zusammenbruch des mongolischen Reiches Anfang des 18. Jahrhunderts unter dem Protektorat der Chinesen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wurde die chinesische Kontrolle über Tibet schwächer, so dass der führende Dalai Lama und sein Apparat nahezu unabhängig wurden. Es wurden jedoch immer wieder mehr oder minder intensive Bemühungen und Eingriffe seitens der Chinesen unternommen, um das Land der Tibeter nicht außer Kontrolle zu lassen (s. in COALES 1918).

Wie bereits erwähnt, datieren die ersten Schriftstücke Chinas aus der Shang-Zeit und einige Orakelknochen mit Inschriften datieren bis auf 1400 B.C. Letztere beschreiben die frühen Qiang-Stämme. Vermutlich handelt es sich hierbei um Bewohner des östlichen Plateaurandes, die sich wahrscheinlich ethnisch und kulturell von den übrigen Tibetern unterschieden haben (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004 und weitere Literatur dort). Die Qiang-Nomaden wander- ten vor allem um 770 - 221 B.C. südwärts und vereinnahmten zunehmend auch NW-Sichuan. Daran schlossen sich in den nachfolgenden Jahrhunderten zahlreiche kleinere Königreiche an. Die Qiang-Wanderungen wurden durch Gründung der Qin-Dynastie angetrieben und hielten bis etwa in die Zeit der Han Dynastie (206 B.C. bis 220 A.D.) an. In Sichuan werden diese Bewe- gungen als erste Einwanderungsphase von Bevölkerungsgruppen beschrieben (WU NING 2000). Im 4. Jahrhundert fand das Bündnis der Shubi-Stämme statt, die eine der drei Volksgruppen auf dem TP bilden. Die Shubi-Stämme beherrschten Teile von N-Xizang, Qinghai und NW-Sichuan mit dem Nu-Königreich (Nu-Guo). Diese Volksgruppen (Sui-Shu) lebten hauptsächlich als Nomaden. Jagd war ebenso verbreitet. Die Tierhaltung entwickelte sich zunehmend seit mindestens dieser Zeit (WU NING 2000).

Songsten Gampo war der erste Herrscher von Tibet. Desweiteren liegen verschiedene Belege des Schriftverkehrs zwischen Tibet und der Han-Dynastie (206-209 B.C.) vor, mit der berühm- ten Hauptstadt Xi’an (Ch’ang an). Die Besiedlung des Zentral-TP gestaltete sich vermutlich aus kleinen Stammesgebieten, welche sich in den Flusstälern des Yarlung Zangbo niederließen. Archäologische Funde aus dieser Zeit gibt es außer verblüffenderweise von der Chang-Tang- Ebene, fast nicht. Diese sind erst wieder aus der vorbuddhistischen Zeit aus W- und S-Tibet bekannt. Auffallende „Steintürme“ geben Hinweise auf Kultstätten von Naturreligionen oder Begräbnisstätten und könnten durch das Studium der Bo(ö)n-Kultur mehr Erkenntnisse bringen (Lit. in ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, LI XIÄN 1991, KUNST- UND AUSSTELLUNGSHALLE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GMBH 2006).

Tibets Geschichte reicht bis in die Zeit der Tubo(d)-Dynastie zurück. Songsten Gampo (617-650 A.D.) vereinte 630 A.D. während des Tubo-Königreiches das Qinghai-Tibet Plateau. Die Tubo(d)-Periode wird in die Zeit vor der Tubo(d)-Dynastie von etwa 200 B.C. bis 629 A.D. und in die eigentliche Tubo(d)-Dynastie (629 A.D. – 842 A.D.) unterteilt (LI XIÄN 1991). Nach der Auflösung des Tubo-Reiches blieben zahlreiche tibetische Stämme zurück, die sich schließlich über die Region wieder ausbreiteten. Diese Vorgänge, die teils mit einer Mischung der aufein- andertreffenden Völkergruppen einhergingen, werden in Sichuan als die zweite Wanderbewe- gung beschrieben (WU NING 2000).

Wirtschaftliche Entwicklungen sind vor allem etwa seit 1200 A.D. in Sichuan durch den „Tea- Horse Market“ bekannt. Dieser Markt bildete auch die Grundlage für einen zunehmenden Handel von Tee und Pferden zwischen Tibetern und den Han, die sich später in einzelnen 1. Einführung 75

Handelszentren der Region widerspiegeln. Der Bedarf an Pferden war vor allem während der Song-Dynastie sehr hoch. Seit dieser Zeit kam es zu verstärkten Wanderbewegungen gen Süden und Osten durch die Nomaden und gegenläufig zu einer westlichen Wanderung von Bauern aus dem Sichuan-Becken. Diese Völkerwanderungen werden von WU NING (2000) als die dritte Einwanderungswelle in Sichuan beschrieben.

1.14. Einfluss von Großherbivoren und anderen Tieren auf die Vegetation

SCHALLER (1998), HARRIS & MILLER (1995), MILLER (1990) und LI BOSHENG (1995) beschreiben die Verbreitung, sowie die Diversität von Großherbivoren auf dem TP, darunter auch von Arten, die heute vom Aussterben bedroht sind: Die endemische Tibetantilope (Pantholops hodgsoni), Argali oder Wildschaf (Ovis ammon, Riesenwildschaf), Blauschaf (Pseudois nayaur), Tibet- gazelle (Procapra picticaudata), Wildyak (Poephagus mutus), Weißlippenhirsch (Cervus albirostris), (Salzwasser-)Kamele (Camelus bactrianus ferus) und Kiang oder Tibet-Wildesel (Equus kiang). Zahlreiche Kleinsäuger wie Marmota himalayana, Tibetischer Wollhase (Lepus oiostolus), mehrere Pfeifhasenarten, darunter z.B. Ochotona curzoniae, ergänzen die herbivore Fauna. Ochotona, Vulpes ferrulata, Ursus pruinosus, Equus kiang, Ovis ammon und Pseudois sind bereits während des LGM auf dem TP verbreitet (FRENZEL ET AL. 1992), einige mindestens seit dem frühen Pleistozän (SCHALLER 1998). SCHALLER (1998) beschreibt typische Futterpflanzen zahlreicher auf dem TP verbreiteter Tier- arten, z.B. für Ochotona curzoniae. Kotanalysen von Pantholops hodgsoni, Ovis ammon, Pseudois nayaur, Procapra picticaudata, Poephagus mutus, Equus kiang, sowie von domesti- zierten Schafen und Yaks, wurden auf Pflanzenreste untersucht, um Informationen zum Freß- und Weideverhalten zu erhalten (SCHALLER 1998).

HARRIS & MILLER (1995) beschreiben das Weideverhalten zahlreicher Ungulaten auf dem TP. Neben geschlechtsspezifischen Unterschieden einzelner Spezies kann in alpinem Grünland i.w.S. in Yeniugou, Qinghai Provinz, beobachtet werden, dass Stipa im Verlauf der Vege- tationsperiode und in Abhängigkeit der einflussnehmenden Huftierart zunehmend Seggen ersetzen können. Yaks bevorzugen Kobresia schoenoides, K. pygmaea, Carex spp. und Oxytropis chiliophylla. In Gebieten alpiner Steppen spielt Stipa eine wichtige Rolle. Das Weide- verhalten und die Selektion von Pflanzen können bei den Yaks sehr unterschiedlich sein. In geschlossenen Kobresia-Matten wird kaum selektiert. Es werden auch Pflanzen aufgenommen, die von anderen Weidetieren meist gemieden werden, wie z.B. Arten von Ranunculaceae und Primula spp.. Kobresia pygmaea ist sehr gut an Beweidung angepasst. Die Entstehung in jüngerer Zeit der heute weitverbreiteten Kobresia-Matten könnte dadurch begründet sein (s. auch Kap. 1.9., vgl. auch HARRIS & MILLER 1995, SCHALLER 1998). Durch die geringe Wuchs- höhe von Kobresia pygmaea und ihre dichten Wurzelfilze, können sich diese sehr stark der Beweidung entziehen (SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). 90 % des Futters bestreiten Yaks in Tibet in den alpinen Hochgebirgsweiden, weiterhin durch hohe Anteile an Moosen. Sie müssen sieben bis acht Monate lang (Mitte September bis etwa Ende April) von abgestorbenen Pflanzen leben (LENSCH 1995). Die Weidewirkung kann in Abhängigkeit des Weidedrucks demnach sehr selektiv sein, wie auch schon MIEHE & MIEHE (2000) beschreiben.

Die Pflanzengesellschaften, beispielsweise der Chang Tang Ebene bis zu den Höhenzügen über 5500 m, werden von verschiedenen Weidetieren beeinflusst, die alle in Konkurrenz zuein- ander stehen: Yak, Argali, Blauschaf, Ochotona, u.a. (MIEHE & MIEHE 2000). Betrachtet man die (Futter-)Konkurrenz der einzelnen Weidetiere, so muss diese differenziert werden. Zum einen bestehen Konkurrenzfaktoren der wildlebenden Weidetiere untereinander, beispielsweise der Ungulaten, aber auch z.B. zu anderen Tieren, wie beispielsweise den Pfeif- hasen. Zum anderen bestehen Konkurrenzen, vor allem im Hinblick der starken Zunahme in den letzten Jahrzehnten der domestizierten Herdentiere wie Yaks und Schafe, aber auch der Pferde, u.a..

1. Einführung 76

Bei den Yaks werden Wildyak (Bos / Poëphagus mutus Przewalski 1823) und die domestizierte Form, das Hausyak (Bos grunniens), unterschieden. Meist wird jedoch die allgemeingültige Bezeichnung Bos grunniens verwendet (HOSSLE 2000, SCHALLER 1998). Die Einkreuzung einheimischer Rinder ist gebietsweise üblich. Sie sollen die Fleischleistung verbessern. Diese Hybridisierung findet man z.B. im Tal von Lhasa. Allerdings kommen Yak- hybride ab einer Höhe von etwa 4500 m NN mit dem Weide- und Sauerstoffangebot nur bedingt zurecht (LENSCH 1995).

Den in Teilen auf dem TP als endemisch geltenden Pfeifhasen (Ochotona curzoniae) wird eine “schädigende“ Wirkung nachgesagt. Sie degradieren die Vegetation und fördern durch die Unterhöhlung der Böden die Bodenerosion. Sie gelten dort als Futterkonkurrenten zu den Weidetieren wie Yaks (Bos grunniens) und Tibetische Schafe (Ovis aries). Seit Ende der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts wird versucht, die Populationen von Ochotona curzoniae, sowie anderer Kleinsäuger (Myospalax fontanierii Milne-Edwards 1867, Pitymys irene Thomas 1911, Marmota himalayana Hodgson 1841) durch Bekämpfungsmaßnahmen zu steuern (PECH ET AL. 2007, s. auch Lit. dort, vgl. auch MIEHE ET AL. 2008a). U.a. breitet sich die Schafzucht im weiteren Umland bei Tsa-to verstärkt aus. Die Yak-Herden- größen liegen in diesem Gebiet bei etwa 100 - 120 Tieren pro Familie. Einsaaten von Grassamen sollen im Gegenzug auch Weideflächen für Pferde fördern. Der Einsatz von Herbi- ziden soll die Kräuteranteile senken (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Solche Maßnahmen sind m.E. sicherlich anzuzweifeln. Die Einflussnahme der Pfeifhasen auf dem TP wird kontrovers diskutiert. Bei einer geringen Beweidungsdichte durch Yaks scheint keine bedeutende Konkurrenz durch die Pfeifhasen zu befürchten zu sein, während mit zunehmendem Weidedruck durch Yaks eine ernstzunehmende Konkurrenz zwischen den beiden entstehen kann (s. MIEHE & MIEHE 2000 und Lit. dort, MIEHE ET AL. 2008a). SCHLÜTZ (2006) beschreibt Przewalskia tangutica als einen ausgesprochenen Ochotona- Indikator.

Nomadische Hirten und Großherbivore lebten schon lange nebeneinander her. So wurden im späten 19. Jahrhundert noch riesige Herden von Wildyaks, wandernden Tibetantilopen und Herden von Wildeseln, u.v.a., beschrieben. Diese Tierwelt wurde in vielen Teilen des TP während des 20. Jahrhunderts weitgehend dezimiert, währenddessen die Situation auf der Chang Tang Hochebene bis etwa Ende der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts noch erhalten blieb. Die zunehmende Erschließung des TP nach der „Kulturrevolution“ brachte jedoch auch hier eine extrem intensive Bejagung der Wildtiere mit sich (SCHALLER 1998). Der Autor beklagt die bisher unzureichenden Bemühungen, die Wildtierbestände langfristig zu sichern, im Einklang mit der traditionellen Lebensweise der Nomaden. Obwohl bestimmte Wildtiere wie Wildesel, Tibetantilope, Wildyak gesetzlich in China geschützt sind, gibt es immer wieder illegale Jagdaktivitäten (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Genutzt wird das Fleisch, Fell, Leder und bestimmte Körperteile als Heilmittel (SCHALLER 1998). Es gibt einen wachsenden Markt für Tier- produkte, die an Händler weiterverkauft und international vertrieben werden.

Eine zunehmende Besiedlung Zentral-Asiens ist nach LENSCH ET AL. (1996) für den Rückzug der Wildyaks in die Hochgebirgslagen des Qilian-Gebirges, des Qinghai-Hochlandes, sowie des Kunlun-Gebirges verantwortlich. Nachdem die Wildformen durch unkontrolliertes Bejagen stark im Rückzug begriffen waren, erholen sich die Bestände der Wildyaks etwas durch die Unter- schutzstellung durch die chinesische Regierung.

Die Anzahl der Weidetiere nimmt in jüngerer Zeit rapide zu und somit auch der Weidedruck auf die Weideflächen (DAMM 1993, 1998, MIEHE ET AL. 2008ab, MILLER 1990, PECH ET AL. 2007, WATANABE 1994, ZHENG YUANGCHANG 1994, mdl. Mitt. B. FRENZEL, A. BRÄUNING und G. MIEHE). Allerdings gibt es sehr wenig Zahlen darüber. Veröffentlichte Zahlen variieren sehr stark oder sind nur auf bestimmte Regionen bezogen. Ein Zahlenrückblick ist in Tibet sehr schwierig. Es gab auch vor der „Kulturrevolution“ kaum oder gar keine Viehzählungen (vgl. DAMM 1993 und MIEHE ET AL. 2008a).

1. Einführung 77

Nach LENSCH (1995) leben in Tibet etwa 4,4 Mio. Yaks. KREUTZMANN (2000, s. Lit. dort) gibt für die Provinz Qinghai ~ 4,5 Mio., für Tibet (Xizang) ~ 3,954 Mio. Yaks und ~ 3,363 Mio. für Sichuan an. Beispielsweise stiegen in Gyangze County durch die politischen Bemühungen des Zentralen Kommittees die Tierzahlen der privaten Haushalte von 17.321 auf 50.544 zwischen 1979 bis Anfang der achtziger Jahre (SU WENMING 1983). LONG ET AL. (1999) geben 13 Mio. Yaks (Bos gruniens) und 41,5 Mio. Schafe (Ovies aries) für das TP an. DAMM (1998) kommt insgesamt auf 40 bis 70 Mio. Weidetiere auf dem TP. Die höchste Dichte domestizierter Yaks auf dem TP findet man im Osten (O-Tibet, W-Sichuan), die sich im Norden und zum Zentrum des Plateaus hin mit der Verbreitung der Schafe über- schneidet. Im Süden des Plateaus, sowie an den östlichen Rändern sind Rindtiere stark ver- breitet. Die westliche Hälfte wird vielfach mit Ziegen bestoßen, im Zentrum dagegen verstärkt mit Schafen. In den nördlichen Trockenzonen sind Kamele als Nutztiere üblich (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Heutige, intensive Yak-Beweidung ist auch aus dem NO-TP des Qilian-Gebirges bekannt (HERZSCHUH ET AL. 2005), sowie aus dem Gebiet des Yanbaoyeze-Shan (Nianbaoyeze Shan) (DAMM 1993). In dem südlichen Tibet sind neben den Yaks häufiger Schafe und Ziegen ver- breitet (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, SCHLÜTZ 1999).

WU NING (2000) erwähnt die starke Zunahme an Pferden während der Song Dynastie ab etwa 1200 A.D. in Sichuan. Der Bedarf an Pferden war damals durch die zweite Einwanderungswelle in Sichuan sehr hoch und trieb schließlich die Weideaktivität auf dem TP durch Pferde an. Hinweise auf heutige sehr große Viehherden liegen beispielsweise im Becken von Zoigê vor mit ~ 1000 Yaks / Familie; in den Gebirgslandschaften südlich davon mit ~ 200 bis 400 Yaks / Familie (mdl. Mitt. B. FRENZEL). DAMM (1993) beschreibt für O-Tibet dagegen nur ~ 30 - 40 Yaks/ Familie in Juizhi und ~ 75 Yaks / Familie in Aba. Vor allem ist seit mehr als 25 Jahren eine starke Zunahme der Tierbestände (Yaks, Schafe) zu verzeichnen (PECH ET AL. 2007). Eine Degradation der Landschaft auf dem TP, infolge z.B. des hohen Weidedrucks, ist nach DAMM (1998) vor allem jüngst durch die politischen Veränderungen seit 1950 spürbar. Seit dieser Zeit wird verstärkt in das traditionelle Nomadenleben eingegriffen.

Die extremen klimatischen Bedingungen und ihre dadurch bedingten Vegetationsformationen führen unweigerlich zu einem Weidemanagement in saisonaler Abhängigkeit als Sommer- und Winterweidegründe, die ein rotierendes System zwingend machen (DAMM 1993, LONG ET AL. 1999).

Überweidung gilt als Hauptursache für die Degradation, teilweise aber auch Desertifikation, des Grünlandes i.w.S. auf dem TP (DAMM 1993, MIEHE ET AL. 2003, 2007ab, 2008b, s. Literatur in PECH ET AL. 2007, XIE ZHENGHUA ET AL. 2008, ZHENG YUANGCHANG 1994, ZHOU LIHUA & ZHOU DUJUN 1993). Die schädigende Wirkung der Weidetiere auf die Vegetation äußert sich im extremsten Fall durch Kahlflächen der Vegetation (DAMM 1993, ZHENG YUANGCHANG 1994), die oft mit Nachrutschungen und Abspülungserscheinungen einhergehen. Eine detaillierte Beschreibung dieser Abläufe findet sich in DAMM (1993). Auslöser dafür sind vor allem Viehtritt und das Fehlen stabilisierender terrassenförmiger Weidepfade („Viehgangerl“) (DAMM 1993). Eine intensive Beweidung kann jedoch natürliche, periodische Brände deutlich reduzieren. Die Entzündbarkeit von überstehender Biomasse und Strauchvegetation wird dadurch deutlich gehemmt (WINKLER 1998). Eine Waldbestoßung durch hineingetriebenes Vieh wiederum hemmt die natürliche Verjüngung und kann eine Überalterung der Bestände verursachen, was dabei die Nachhaltigkeit gefährdet.

Beweidung kann angepasste Pflanzenarten fördern, indem sich diese durch harte, ungenieß- bare Pflanzenteile, Dornen, Gift- und Bitterstoffe schützen. Artenschwache Vegetationsformen, wie sie aus ariden Gebieten bekannt sind, reagieren dadurch sehr sensitiv auf Beweidung (SCHWEINFURTH 1983 und Lit. dort, WARD 1948).

Yaks und deren Hybride, sowie Schafe und Ziegen, können dem Wald allmählich die natürliche Regenerationsfähigkeit nehmen, bis er schließlich in Gebüsch und Grünland i.w.S. übergeht. Die Baumgrenze sinkt zunehmend (WINKLER 1995, 2000). MIEHE ET AL. (2003) konnten sehr anschaulich anhand von Baumpflanzungen (Juniperus und Cupressus), sowie Weideaus- 1. Einführung 78 schlussversuche durch eingezäunte Versuchsflächen zeigen, dass die rezente Waldfreiheit in S-Tibet, in der Nähe von Lhasa, hauptsächlich durch Überweidung zu begründen ist. Waldfreie Gebiete wären dort vielfach eben auch potentielles Waldland (s. Kap. 1.12.1.). Anhand eines fünfjährigen Monitorings von Weideausschlussflächen konnten in NO-Tibet erst- malig Pflanzengesellschaften beschrieben werden, welche in erster Linie durch Beweidung ent- standen sind. Fünf Jahre Weideausschluss haben bewirkt, dass vormals von Kobresia pygmaea dominiertes Weideland vielfach von Stipa-Arten dominierten Gesellschaften ersetzt wird. Im Untersuchungsgebiet konnten drei Gesellschaftstypen des Weidelandes abgegrenzt werden: Orinus kokonorica-Stipa krylovii-, Achnatherum splendens- und Kobresia humilis- Stellera chamaejasme-pastures (MIEHE ET AL. 2008b). Der Verbiss an Juniperus ist ungewiss und fraglich, wobei WINKLER (1998, auch mdl. Mitt. B. FRENZEL) Fraß von Yaks an Pinus, Picea, Abies und Larix bestätigt.

Für S-Tibet wird in Abhängigkeit des Weidedrucks eine maximale Ausbreitung der Vegetations- decke aus trittresistenten und ausläuferbildenden Gräsern von 20 % angegeben. Einjährige Weideunkräuter, sowie Ruderalpflanzen, sind dort ebenso zu finden. Auf blanken Oberflächen, die keinem permanenten Weideeinfluss ausgesetzt sind, siedeln Blaualgen und Lebermoose (KAISER ET AL. 2006, vgl. MIEHE ET AL. 2008a).

1.15. Standortbedingungen der Profile

Alle für diese Arbeit bearbeiteten Profile, ausgenommen „Miby“, wurden von Herrn Prof. B. Frenzel und MitarbeiterInnen während der Expeditionen der Jahre 1989, 1992 und 1996 erbohrt und ergraben. Das Profil „Miby“ stammt von Herrn Dr. M. Groß während der 1989 stattge- fundenen Expedition unter Leitung von Herrn Prof. M. Kuhle. Herr Prof. A. Bräuning (jetzt Universität Erlangen) entnahm 1994 die untersten zwei Meter des insgesamt 13 m mächtigen Profils „Hai ze Shan“.

Tab. 2: Geographische Lage und Mächtigkeit der Profile.

Profil Breitengrad Längengrad Meeres- Tiefe Jahr der N E höhe (cm) Expedition m NN (~) Yak 32°22’ 102°25’ 3635 225 1992 Tsongu 31°39’ 100°16’ 3600 135 1996 Hai ze Shan 31°59’ 99°05’30’’ 4100 1300 1992, 1994 Shih chü 33°00’ 98°03’ 4430 186 1992 Chudra 30°44’ 96°50’ 4600 175 + 50 1989 Bahsü 29°39’ 96°44’ 4350 120 1996

Profil 30°44’40’’ 90°58’40’’ 4780 339 1996 Nam Nam Co Co Profil 30°44’30’’ 90°55’30’’ 4700 200 1996 Himmelsee

Miby 27°58’54’’ * 87°12’35’’ * 4330 150 1989

1. Einführung 79

Die Geokoordinaten wurden weitgehend aus den ONC-Karten entnommen.

Tab. 3: Kartengrundlage und Exposition der Profile.

Profil Kartengrundlage Maßstab Exposition Yak ONC G-9 1 : 1 000 000 plan Tsongu ONC H-10 1 : 1 000 000 plan Hai ze ONC H-10 1 : 1 000 000 plan Shan Shih chü ONC G-8 1 : 1 000 000 schwach SW geneigt Chudra ONC H-10 1 : 1 000 000 schwach SSW geneigt Bahsü ONC H-10 1 : 1 000 000 plan Nam Co TPC H-10A 1 : 500 000 plan Himmelsee TPC H-10A 1 : 500 000 plan Miby ONC H-9 1 : 1 000 000 S/SW

Die Profile „Yak“, „Tsongu“, „Hai ze Shan“ und „Shih ch’ü“ liegen in der Provinz Sichuan der VR China, während die Profile „Chudra“, „Bahsü“, „Nam Co“, „Himmelsee“ und „Miby“ in der Autonomen Region Tibets der VR China (Xizang) lokalisiert sind. Die Abfolge der vorgestellten Profile folgt der geographischen Richtung von Ost nach West.

1.15.1. Yak

Das Profil „Yak“ (Nr. 1 in Abb. 1) stammt aus einer weich geformten, „alten“ Landschaft, deren Talgründe vielfach vermoort sind. Das Moor entspricht dem frostbeeinflussten Naka-Moor-Typ (TROLL 1944, WALTER 1968). Auf dem Höhenrücken von Hsia long k’ou nach Longriba liegt das Profil in einer vermoorten Senke, die stark vom Frost beeinflusst wird. Das zeigen u.a. strang- artige Moorwülste. In der umliegenden Landschaft gibt es kleine Tümpel und wassergefüllte Mulden. Südlich des Höhenrückens führen die Tibeter in den sich weitenden Tallandschaften große Yakherden (Becken von Zoigê: bis zu ~ 1000 Yaks / Familie; Gebirge hier: bis zu ~ 200 Yaks / Familie) sowie große Schafherden. Die Tibeterfamilien leben in dieser Tallandschaft weit- gehend in der halbnomadischen Lebensform. Unterhalb dieser hochgelegenen Mulden mäandriert ein Fluss, Ka Ch’ü (Gar Qu), der schließ- lich nach Hongyuan führt und bei T’ang-k’o (Tanggor) im Becken von Zoigê in den Huang He fließt (Abb. 8A).

A B

Abb. 8: A: Mäandrierende Flusslandschaft unterhalb der Höhen mit der Profilstelle „Yak“. Der Fluss wird an den aufgeschotterten Bereichen von Hippophaë-Beständen begleitet. B: Die vermoorten Talsenken mit der Profilstelle „Yak“. Die Landschaft wird intensiv mit Yaks beweidet (Bilder: B. Frenzel). 1. Einführung 80

Das Profil „Yak“ liegt in 3635 m NN Höhe (32°22’N, 102°25’E) und befindet sich im heutigen, potentiellen Waldland, unterhalb der heutigen Waldgrenze. Die Waldreste reichen gegenwärtig bis in etwa 3.900 m Höhe. Vermutlich hat der Mensch die obere Wald- und Baumgrenze herab- gesetzt. Aufzeichnungen zur Waldvegetation gibt es in etwa 25 km Entfernung nordwestlich des Moores und in einem Gebiet in etwa 125 km südöstlicher Entfernung (Luftlinie) bei Li-Hsien.

A B

Abb. 9: A: Alte, artenreiche Waldbestände aus Picea, Abies, Rhododendron, u.v.a. bei Li-Hsien. Hintergrund: waldfreie Hänge in Südexposition. B: Waldinseln aus Picea, Abies u.a. mit artenreichem Unterwuchs, wie Rhododendron, Spiraea, Salix u.a. in ~ 3.900 m Höhe, etwa 25 km NW vom Profil „Yak“ entfernt (Bilder: B. Frenzel).

In der Nähe von Mialo (nordwestlich Li hsiän, Li-Hsien, Li Xian) bei etwa 3900 m NN, fallen bis ca. 3750 m NN Kahlschläge auf, die z.T. heute wieder aufgeforstet werden (Fichten-Tannen- wald). Dort wachsen vielfach Gebüschformationen, bestehend aus Salix, Betula, Sorbus, etc.. Kleine Siedlungen kennzeichnen die Gegend. Mialo ist eine Waldarbeitersiedlung und zeugt von der Holznutzung der letzten Jahrzehnte. Hier sind die Tallandschaften an einem Nebenfluss des Min Jiang (Min Chiang) durch Eschen und Erlen geprägt, die in den Hanglagen in Ahorn-, Eichen- und Ulmen-Bestände übergehen mit Picea asperata und Tannen. Dort soll es auch (noch) eine reiche Fauna (Rotwild, Bär, auf der anderen Passseite: Panda, Bergschaf, Wildyak) geben. Der Nadelwald beginnt bei etwa 2800 m NN.

Südexponierte Restwälder sind in der gesamten Umgebung verbreitet, sowie beispielsweise auch östlich von Garzê (Kan-Tzu) in Südwestexposition (MIEHE ET AL. 1998). Die Vermutung liegt nahe, dass die südexponierten Hänge anthropogen waldfrei sind (vgl. Kap. 1.12.1.). Oberhalb von 3000 m NN dominieren teils mit Usneen behangene Tannen, die nach unten hin in Fichten- und Birkenreiche Wälder übergehen (Abies wird durch Picea und Betula weitgehend abgelöst), durchmischt von Straucharten wie Spireen u.a.. Unterhalb im Tal folgen Hippophaë, Juniperus/Sabina (Abb. 8A). Etwa 25 km nordwestlich von „Yak“ bis kurz vor Ch’a-li-ssu (Straße von Hungyüan (Hongyuan) nach A pa) gibt es immer wieder Waldinseln, bestehend aus flechtenbehangenen Bäumen der Gattungen Picea und Abies mit artenreichen Sträuchern, wie Rhododendron, Salix, Spiraea, Ribes, Azaleen u.a. Den Waldbeständen vorgelagert sind artenreiche Wiesen mit z.B. Androsace, Carex nigra, u.a., sowie Primula sp., Pedicularis sp. u.v.m.. Bis ca. 1975 soll hier der Wald weit verbreitet gewesen sein, wonach sich jetzt ein eher waldarmes Gebiet zeigt. Er ist damals jedoch weitgehend geschlagen worden; jetzt wird stellenweise wieder aufgeforstet.

Das Gebiet von „Yak“ befindet sich also in einer stark genutzten Landschaft. Vor allem fallen unvorstellbare Waldzerstörungen in jüngster Zeit auf. Die Gegend wird generell stark und flächendeckend durch Beweidung genutzt. Dies zeigen die Aufzeichnungen von Herrn Prof. B. Frenzel nicht nur in den Tälern der unmittelbaren Umgebung. Große Yakherden werden im 1. Einführung 81 weiten Umfeld beobachtet, sowohl im Becken von Zoigê, aber auch in weiten Teilen im Südwesten und Westen davon.

Nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) ist dort die Vegetation durch alpine Wiesen und Matten der Artemisia-Steppen und -Wiesen mit Kobresia setchwanensis charakterisiert. Der Standort liegt in der Vegetationseinheit “Zoige-Yushu swampy meadow, scrub meadow district – scrub meadow in cold and high altitude climate”. Nach der Waldverbreitungskarte werden südlich des Standortes Koniferenwälder mit Picea asperata und Tannen, sowie Laub- wälder mit alpinen Eichen und Arten der laubabwerfenden Wälder angegeben.

Klimadaten sind aus den nächstgelegenen Klimastationen „Heishui“ (32°05N, 102°59’E, 2001 m NN) und „Barkam“ (31°54’N, 102°14’E, 2664 m NN) bekannt. In „Heishui“ werden durchschnitt- liche Niederschlagswerte von 833 mm / Jahr und eine durchschnittliche Temperatur von 9,0 °C pro Jahr angegeben. In „Barkam“ dagegen fallen die Niederschläge dem Gradient ent- sprechend geringer aus (761 mm). Die Durchschnittstemperatur beläuft sich hier auf 8,7 °C / Jahr (MIEHE ET AL. 1998, 2001). Im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) wird der Jahresnie- derschlag mit 700 bis 800 mm angegeben, wobei in den Monaten Juni, Juli, August, September durch den Sommermonsun jeweils bis 150 mm fallen. Das Profil liegt somit im humiden Bereich des TP.

Fragestellung: Das Profil zeigt aufgrund der 14C-Datierung eine Sequenz an, die in das Jung- Holozän zu stellen ist. Die Umgebung dieses Moores wird intensiv von Mensch und Weidevieh genutzt, so dass sich hierbei vor allem die Frage stellt, seit wann sich dieser Einfluss im Pollen- diagramm spiegelt.

1.15.2. Tsongu

Das Profil „Tsongu“ (Nr. 2 in Abb. 1) stammt aus einem Verlandungsmoor eines großen Sees in etwa 3600 m Höhe bei 31°39’N, 100°16’E. Das Moor wächst von SO und NW in den See hin- ein. Die Namensgebung dieses Profils bezieht sich auf den nahe gelegenen kleinen Ort Tsongu. Der See ist wahrscheinlich durch einen Bergsturz entstanden, der ihn aufgestaut hat. Das Profil stammt aus dem südöstlichen verlandeten Teil und ist von kleineren Frostbeulen geprägt. Der See selbst ist zwischen zwei gegenüberliegenden Hängen eingekeilt. An beiden Hängen wird terrassierter Feldbau betrieben. Es wird dort vor allem Gerste (Hordeum vulgare L.) und Raps (Brassica napus L.) angebaut. Der nordostexponierte Hang einer etwa 1000 m hohen Bergseite begrenzt das Moor nahe der Bohrstelle. Dieser Hang zeigt in mehreren Aufschlüssen und oberflächlich zahlreiche, mehrere Meter tiefe Rutschungen. Am Fuße des südwestexponierten Hanges befindet sich ein kleines Kloster und es lassen sich dort von ferne Baumrelikte, in dem sonst waldarmen Gebiet erkennen. Vermutlich hat der Mensch diese günstige Hanglage schon sehr bald genutzt und mit geformt. Die ersten Terrassen beginnen ca. 10 m über dem heutigen Seespiegel, nach einem Strandwall. Der kleine Ort Tsongu liegt ~ 2 km von der Bohrstelle und ~ 25 km Luftlinie von der Klosterstadt Garzê (Kan-tzu) entfernt. Garzê befindet sich in einem tektonischen Becken. In der Richtung des Beckens läuft der Ta chü gen Süden (Hsien-shui Ho), welcher schließlich in ~ 200 km Flusslinie südlich in den Yalong Jiang (Ya-lung Chiang) mündet. Die Gegend wirkt als eine alte Kulturlandschaft und wird heute intensiv durch die Tibeter genutzt. Das Moor wurde stellenweise auch zum Torfabbau genutzt. In jüngster Zeit wurde viel Wald als Holzquelle verbraucht. Nicht nur von den ansässigen Tibetern wird Holz als Energie- quelle und Baumaterial verwendet, sondern vor allem auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur weiteren Erschließung des TP, durch z.B. Straßenbau (mdl. Mitt. B. FRENZEL), im Zuge der Sinisierung.

Das Verlandungsmoor liegt unterhalb der Waldgrenze bei 3600 m NN. Die rezente Vegetation der umgebenden Landschaft ist fast waldfrei. Es lassen sich lediglich einzelne Bäume und Sträucher an den Hängen finden. Potentiell wäre hier jedoch Wald möglich, doch lässt vermutlich die intensive Nutzung durch Beweidung und Ackerbau den Wald nicht (mehr) zu. Die lokale Vegetation ist gekennzeichnet durch dichte Kobresia-Matten mit 1. Einführung 82

Pedicularis, u.a. findet sich in den verlandeten Bereichen Menyanthes trifoliata und im See selbst Wasserpflanzen, wie Hippuris vulgaris. Im Tal jenseits des Passes westlich von Garzê (Kan-tzu) wird ebenso Getreide angebaut. Die Gegend bei Garzê (Kan-tzu) trägt fruchtbare Lössböden, die neben dem Getreideanbau auch Obst- (Weintrauben und Äpfel) und Gemüsebau zulassen.

Die intensive Nutzung und Störung der natürlichen Vegetation wird im gesamten Gebiet immer wieder beobachtet, z.T. eben auch durch Bodenstörungen nach Zerstörung der rezenten Vegetation. Teilweise werden auch die Spuren von Landaufgabe sichtbar, wie in der Gegend von Hsüeh-lu („Dao-fu“), etwa 110 km südwestlich von Tsongu.

A B

Abb. 10: A: Das Verlandungsmoor „Tsongu“; es liegt unterhalb der heutigen Waldgrenze. B: Blick auf den See von „Tsongu“. Links davon fallen die bestellten Feldterrassen auf (Bilder: B. Frenzel).

Die klimatische Schneegrenze liegt in dem Gebiet des Kawaludji (südöstlich von Kantse = Garzê nach Karte V. WISSMANN 1959) zwischen 5400 und 5600 m Höhe (vgl. FRENZEL 1994a, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001).

Nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) setzt sich die Vegetation in der Umgebung des Standortes aus alpinen Wiesen, wie Artemisia-Steppen und -Wiesen mit Kobresia pygmaea und/oder K. capillifolia zusammen. Auch gedeihen hier laubabwerfende Gehölze, vor allem Birken und Pappeln (mdl. Mitt. B.FRENZEL) und Gebüschformationen mit Cotoneaster, Berberis, Rosa, teils durchsetzt von alpinen Wiesen. Der Standort befindet sich in der Vegetationseinheit subalpiner Schattholz-Koniferenwälder, in W-Sichuan Tannen- und Picea asperata-Wälder. Auf der Waldverbreitungskarte sind an diesem Standort keine Wälder eingezeichnet. Im Süden fol- gen Koniferenwälder mit Picea asperata, weiter im Westen und Osten Koniferenwälder aus Picea asperata und Tannen (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Der Jahresniederschlag liegt zwischen etwa 600 bis 700 mm, wobei in den Monaten Mai bis September je etwa 100 - 150 mm durch den Sommermonsun abgehen (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Das nächste Klimadiagramm stammt aus der Station „Garzê“ (31°38’N, 99°59’E, 3394 m NN). 636 mm Niederschläge fallen hier durchschnittlich im Jahr. Die durch- schnittliche Jahrestemperatur beträgt 5,6 °C. (MIEHE ET AL. 1998, 2001).

Fragestellung: Dieses Profil eignet sich zum Studium der jüngeren holozänen Vegetations- geschichte und Paläoökologie in einer intensiv genutzten Landschaft W-Sichuans. Dabei soll der menschliche Einfluss auf die Vegetation und die Ökosysteme untersucht werden.

1.15.3. Hai ze Shan

Das Profil „Hai ze Shan“ (Nr. 3 in Abb. 1) stammt aus einem Verlandungsmoor (Schwingrasen) eines spätglazialen Zungenbeckensees in W-Sichuan. Mit seinen 13 m ist es das mächtigste Profil dieser Untersuchung. Es liegt in etwa 4100 m Höhe bei 31°59’N, 99°05’30’’E. Das Moor hat sich durch die Verlandung auf der Westseite eines Sees ausbilden können und besitzt bultenförmige Strukturen. Der Standort liegt in einer glazial geformten Landschaft. Der 1. Einführung 83

Südwesthang wird umgeben von hohen Bergen (über 6000) m NN. Der gegenüberliegende Nordosthang ist deutlich niedriger. In das spätglaziale Becken von „Hai ze Shan“ führt auch ein von NW kommender Gletscher. Dort wurden drei Proben zur TL-Datierung entnommen. Das Alter entspricht vermutlich etwa dem Hochstand der letzten Eiszeit (mdl. Mitt. B. FRENZEL).

A B

Abb. 11: A: Blick auf den in den See hineinwachsenden Schwingrasen. Das Profil „Hai ze Shan“ stammt aus diesem Verlandungsmoor. Im Hintergrund sind die steppenartigen Hänge mit einzelnen Gehölzen erkennbar. B: Alpine Weiden nach Verbiss oberhalb der Profilstelle „Hai ze Shan“ (Bilder: B. Frenzel).

A B

Abb. 12: A: Artenreicher Waldunterwuchs aus Rhododendron, Sorbus u.a. mit Blick auf den Maningango. B: See von Maningango mit Blick auf den mit Picea, Juniperus u.a. bewaldeten Gegenhang. Diese alten Baumbestände sind nur etwa 20 km von „Hai ze Shan“ entfernt, getrennt durch einen Höhenrücken (Bilder: B. Frenzel).

Das Abflussverhalten des Sees am „Hai ze Shan“ ist unklar. Der Nebenfluss nördlich des Sees fließt in einem Fließgewässergeflecht vermutlich westlich von Pa-li in den Yalong Jiang.

Die Umgebung ist heute von einer steppenartigen Vegetation umgeben. An den benachbarten Steilhängen befinden sich einzelne Picea-, Pinus- und Juniperus-Bestände. Inwieweit Abies vertreten ist, ist nicht ganz klar. Vermutlich sind dies Relikte eines früheren größeren Wald- areals. Heute wird dieses Gebiet von den Tibetern als Sommerweide für Yaks und zur Holz- 1. Einführung 84 gewinnung genutzt. Die Vegetation auf der Seitenmoräne spiegelt die Beweidung durch Weide- kräuter, wie Gentiana, sowie Gehölzen, wie Potentilla, Salix, Pinus (teils verbissen), wider. Im Tal des unmittelbar südlich gelegenen Maningango (Ma-ni-kan-ko, Maninango, Xin lu hai) werden heute nur extrem geringe, subalpine Nadelwaldflächen (Picea, Abies, viel Rhododendron) bis etwa 1 % vorgefunden. In ca. 20 km Entfernung zum Moor, stehen auf der Nordwestseite des Passes alte Baumbestände aus Picea, Abies, Juniperus u.a. (s. Abb. 12). BRÄUNING (1999b, 2001ab, 2006) untersuchte dort dendrochronologisch mehrere Fichten (Picea balfouriana) und Juniperus tibetica (vgl. auch Maningango: BRÄUNING 1994b).

Ca. 50 km in Richtung Garzê (Kan-tzu) fallen die bis etwa 50 Jahre jungen Fichtenbestände auf, die einen prozentualen Anteil von etwa 15 % ausmachen. Eine Erklärung dieser homo- genen Jungbestände könnte sein, dass die Straße als wichtige Verbindung im Zuge der Sinisierung in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts gebaut wurde, um das TP besser zu erschließen. Dafür wurde sehr viel Holz verbraucht (mdl. Mitt. LIU SHIJIAN und B. FRENZEL), die z.T. großflächige Kahlschläge hinterließen. Auf den Passhöhen zum Maningango sind alpine Matten erkennbar, die abwärts in Zwerg- strauch-Weidengebüsch übergehen. In 4560 m Höhe werden Weiden-Potentilla-Zwergstrauch- heiden auf mächtigen alpinen Braunerden erfasst; ob es sich dabei auch um Ersatzgesell- schaften einer früheren Waldvegetation handelt, bleibt unklar. Braunerden und Parabraunerden in den heutigen waldfreien Steppen und Matten können Hinweise auf ehemalige Waldböden geben (FRENZEL 1994b, 2000a, FRENZEL ET AL. 1995). In der alpinen Mattenvegetation werden vielfach Nagerbauten auf podsoligen Braunerden beobachtet. Diese sind vornehmlich an der Unterkante des A-Horizontes anzutreffen.

Im Nordosten, zwischen dem hohen Pass und Chu-qing (Chu-ch’ing), werden die Waldbestände nur noch auf etwa < 1 % geschätzt. In den hinteren Talabschnitten finden sich dagegen auf kleinen Restflächen noch etwa 70 % Wald mit einer Waldgrenzhöhe bei ca. 4250 m NN. Sie liegt also deutlich unter der dortigen potentiellen Waldgrenze mit ca. 4700 m NN (Differenz 450 m).

In etwa 35 km nordwestlicher Entfernung (Luftlinie) liegt die etwa 250 Jahre alte (mdl. Mitt. B. FRENZEL) buddhisische Universität von Chu-qing. Bei einem Kloster in der Nähe von Chu-qing wurden Waldreste vorgefunden, die vermutlich wegen des „heiligen“ Status in dieser Form erhalten geblieben sind. Am Nordende des Beckens von Chu-qing wird im Sommer geheut (einschürig), um Winterfutter für die Yaks zu gewinnen (mdl. Mitt. Tibeterin und B. FRENZEL). In nur drei Jahren hat sich diese Fläche von einer kräuterreichen Wiese in eine Pflanzengesellschaft mit überwiegend ausdauernden Gräsern entwickelt. Das Gebiet wird in den letzten Jahren von riesigen Yak-Herden aufgesucht.

Der Standort „Hai ze Shan“ liegt also nahe dem Übergang Waldland im Südosten und im Nordwesten zur Steppe. Inwieweit hier natürliche oder in einer genutzten Landschaft, wie dieser, durch den Menschen verursachte Steppen vorliegen, soll hierbei geklärt werden. Das Profil befindet sich ca. 125 km (Luftlinie) von dem westlich davon gelegenen Profil „Tsongu“, welches heute in einer intensiv genutzten Landschaft liegt.

Auf der höchsten Seitenmoräne eines von SO nach NO führenden Gletschers in der Nähe von Maningango (etwa 20 km südöstlich des Standortes) wurden fossile Braunerden (Parabrauner- den) erfasst, die gemäß der TL-Proben ein Alter von ~ 70.000 y B.P. aufweisen (mdl. Mitt. B. FRENZEL,). Die „Big Boulder Moräne“ muss nicht an den Anfang der letzten Eiszeit gestellt werden, sondern gehört hier wohl in die vorletzte Eiszeit. Die Vergletscherung in diesem Gebiet war demnach gering (mdl. Mitt. B. FRENZEL, vgl. FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001 und V. WISSMANN 1959).

Die heutige klimatische Schneegrenze liegt in diesem Gebiet (Murila, Amnye Rala, Tsokoma) bei etwa 5600 m NN (V. WISSMANN 1959). Die letzteiszeitliche Schneegrenzhöhe ist am Muri La nordseitig in 4850 m Höhe anzunehmen, vgl. FRENZEL 1994a, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001). Davon östlich reichen die Moränen bis zu den Talböden bei etwa 3600 m hinab (nach Lit. in V. WISSMANN 1959). Die mittlere letzteiszeitliche Schneegrenze wird dort bei 5050 m Höhe ange- setzt (V. WISSMANN 1959).

1. Einführung 85

Die Vegetation gestaltet sich nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) durch alpine Wiesen aus Artemisia-Steppen und -Wiesen mit Kobresia pygmaea, sowie Anaphalis flavescens-Wiesen. In der nahen Umgebung wachsen alpine Gebüschformationen und Sträucher laubabwerfender Gehölze, wie z.B. Salix sclerophylla, aber auch immergrüne sub- alpine Koniferen wie Fichtenwälder mit Picea likiangensis var. balfouriana. Der Standort liegt am Übergang der heute von Sträuchern durchsetzten Matten hoher, kalter Klimate („Zoigê- Yushu swampy meadow, scrub meadow district“ und mittlerem Teil des Hengduan Shan), in W- Sichuan mit Wäldern aus Tannen und Picea asperata, sowie am äußersten Rand der Region des Nyainqêntanghla Shan (NW), W-Sichuan mit Tannenwäldern. Die Waldverbreitungskarte zeigt unmittelbar östlich des Standortes Koniferenwälder mit Picea asperata, daran anschließend, sowie weiter im Westen Picea asperata und Tannen. Der Standort befindet sich direkt am Übergang des rezenten Waldgebietes und der „Steppe“.

Der Jahresniederschlag beträgt hier etwa zwischen 600 und 700 mm, wobei ab Juni bis September jeweils alleine schon 150 mm fallen (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Das nächste Klimadiagramm „Dêgê“ (31°44’N, 98°34’E, 3201 m NN) liegt südwestlich des Profils vor. Die jährliche Durchschnittsniederschlagssumme beträgt hier immerhin 612 mm. Die durch- schnittliche Jahrestemperatur liegt bei 6,4 °C (MIEHE ET AL. 1998, 2000, 2001). Der Standort liegt im subhumiden Bereich des TP (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Fragestellung: Die Moorentwicklung dieses Standes seit dem Spätglazial / frühen Holozän lässt eine durchgehende holozäne vegetationsgeschichtliche Entwicklung erwarten. Damit könnte die Vegetations- und Klimageschichte seit dem frühen Holozän, bzw. Spätglazial, der subalpinen Stufe im Osten des TP bzw. W-Sichuans abgedeckt werden. Vor allem im Hinblick auf die Ein- wanderungszeiten und –intensitäten der relevanten Baumarten dieses ehemals natürlichen Waldlandes. Zudem ließe sich der menschliche Einfluss besonders im Hinblick auf die Verän- derung des Waldlandes sehr gut studieren.

1.15.4. Shih ch’ü

Dieses Torfprofil (Nr. 4 in Abb. 1) stammt aus einem natürlichen Aufschluss eines frostbeein- flussten Hangmoores (Tundrabultmoor, Naka-Moor, vgl. TROLL 1944, WALTER 1968) aus etwa 4430 m Höhe bei 33°00’N, 98°03’’E. Die Tallandschaften dort sind vielfach vermoort. Der Name des Profils stammt von dem in etwa 7 km südöstlich gelegenen Ort „Shih chü“ (Shih qü). Das Moor selbst liegt an einer nach Südwesten ausgerichteten, flach geneigten Hangschulter. Die Hügel und Berge sind deutlich steiler und reichen bis zu einem 4700 m hohen Pass, welcher die chinesische Provinz Sichuan von der chinesischen Provinz Qinghai trennt. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein kleiner Fluss. Die Landschaft ist fast rein periglazial geformt, z.T. fluviatil. Glaziale Spuren sind in dieser Gegend wohl erstaunlich gering, trotz der bis zu (knapp) etwa 5000 m hohen Gebirgszüge.

1. Einführung 86

A B

Abb. 13: A: Kloster bei „Hsieh-wu-ssu“ nahe der Grenze zu Sichuan im Steilhang. Es sind vereinzelte Bäume und Gebüsch erkennbar. B: Einige Kilometer östlich des Klosters „Hsieh-wu-ssu“: Freie Solifluktion an den Hängen. Am gegenüberliegenden Hang fallen Zwergsträucher und die Waldgrenze in ~ 4800 m Höhe auf, die sich vermutlich natürlich gestaltet (Bilder: B. Frenzel).

Die Gegend von „Shih ch’ü“ ist stark beweidet, mit zahlreichen Viehpfaden versehen und an den Hängen z.T. bis zu 50 % vegetationslos. Auch sind Nutzungsspuren durch Torfstiche erkennbar, die in der Umgebung auch durch Kartenvermerke (ONC G-8) angegeben werden. Das Gelände ist heute waldfrei. Dass es sich hier um ein wichtiges Nomadengebiet handelt, wird u.a. auch durch die zahlreichen Eintragungen „nomad camps“ der Karte ONC G-8 deutlich, vor allem nordwestlich davon. Die Gegend i.A. wird überall sehr stark beweidet. Dennoch sind zuvor und jenseits des Passes die Folgen der Beweidung nicht so stark ausgeprägt und es lassen sich z.T. sehr artenreiche Pflanzengesellschaften aus Aster-, Leontopodium, Primula-, Pinguicula-, Stipa- und Kobresia-Arten erkennen, die bei zunehmender Beweidung verarmen. Yaks findet man hier eher in kleinen Gruppen und es handelt sich, den Beobachtungen von Herrn Prof. B. FRENZEL (mdl. Mitt.) zufolge, bei den Tieren vorwiegend um ältere Yaks. Die jüngeren Yaks werden vermutlich in höhere Lagen zum Weiden gebracht.

A B

Abb. 14: A: Die Gegend um „Shih ch’ü“ ist durch absolute Waldfreiheit gekennzeichnet (hier: südlich des Ortes „Hsia-cha-ssu“). B: Die ersten solitären Gehölze südöstlich von „Shih ch’ü“ bei etwa 32°15’N, 98°47’E (Bilder: B. Frenzel).

Die heutige Bewaldung kann nur in der weiteren Entfernung dieses Standortes als Gehölzinseln und Relikte vermutlich früherer Ausbreitungen beobachtet werden. Es werden Schutzmaß- nahmen durch die Übergabe kleiner Gehölzbestände an Lamas beschrieben. Für eine Reihe von Maßnahmen liegen Hinweise vor, die der Übernutzung durch Beweidung entgegenwirken sollen (z.B. Bekämpfung der Pfeifhasen und Nagetiere, Herbizideinsatz, um Kräuter zurückzu- drängen und Gräser als Pferdeweidefutter zu fördern). Die Anwendung solcher Maßnahmen ist m.E. fraglich. 1. Einführung 87

Die Hänge der markanten Flusstäler, wie die des Yalong und Jinsha Jiang sind dann wieder bewaldet (weiteres s. ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990) und z.T. sehr artenreich im Unter- wuchs. In südöstlicher Richtung des Profils „Shih ch’ü“ kommen erst wieder ab etwa Hsia-cha- ssu einzelne Gehölze von Juniperus vor, später auch Tannen und Fichten. Ehemaliges Wald- land wird dort heute von Gebüschwuchs wie Spiraea, Potentilla, Salix, u.a., eingenommen, sowie nahe des Flusses durch stark verbissene Hippophaë.

Nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) wird die Vegetation durch alpine Wiesen aus Polygonum macrophyllum, Artemisia und Kobresia pygmaea und/oder K. capillifolia beschrie- ben. Der Standort befindet sich in der Vegetationseinheit der von Sträuchern durchsetzten Matten hoher, kalter Klimate der Oberläufe von Jinsha, Nu und Lancang Jiang. Die Wald- verbreitungskarte gibt hier ein absolut waldfreies Gebiet an. Die nächsten dargestellten Gehölze liegen viel weiter im Süden, Westen und Osten als Gebüschformationen. Lediglich viel weiter im Osten sind die letzten Ausläufer der Koniferenwälder mit Picea asperata und Tanne eingetra- gen.

Die Jahresniederschläge liegen hier bei etwa 500 - 600 mm; in den Monaten Mai bis September bei je 100 - 150 mm Niederschlag (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Die nächsten Klima- daten stammen westlich davon aus „Yüshu“ (33°01’N, 97°01’E, 3681 m NN) mit einer durchschnittlichen Jahresniederschlagssumme von 476 mm und einer Durchschnittstemperatur von nur 2,9 °C (MIEHE ET AL. 2001). Der Standort liegt im Übergangsbereich von subhumid bis humid (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Fragestellung: Aufgrund der im Vorfeld durchgeführten 14C-Datierung reicht das Profil bis in das Mittlere Holozän zurück. Da die Gegend sich heute weitgehend waldfrei zeigt und intensive Weidenutzung erkennbar ist, interessiert hierbei im Besonderen, ob in früheren Zeiten, um das mittelholozäne Klimaoptimum etwa, also bis maximal ca. 5.000 y B.P., der Wald bis hier vorge- drungen war.

1.15.5. Chudra und Chudra-Monolith

„Chudra“ und „Chudra-Monolith“ sind Profile (Nr. 5 in Abb. 1) eines Quellmoores eines breiten (ca. 2 km) in Ost-West-Richtung verlaufenden Tals bei etwa 30°44’N / 96°50’E in ~ 4600 m Höhe, nahe der natürlichen Waldgrenze. Chudra ist ein kleiner Ort mit Flughafen etwa 30 km südöstlich der Profilstelle. Das Tal wird überragt von hohen Bergen. Direkt bei der Probestelle ist das Moor „aufgerissen“ (vgl. auch Abb. 16A); durch Weidetiere und durch Torfnutzung. Es zeigt aktive Frosterscheinungen (vgl. TROLL 1944, WALTER 1968). Mit Störungen durch Frost im Profil ist also zu rechnen sowie evtl. mit Hiaten im PD.

Die Hanglagen auf der Ost- und Westseite eines Quertales weisen eher trockene Bedingungen auf. Dagegen wachsen dichte Zwergsträucher bis etwa 4800 m NN auf der Nordseite von „Chudra“. Das Tal verengt sich etwa bei Bamda (Pang-t’a) in ca. 65 km südsüdöstlicher Entfernung. Zahlreiche Flussterrassen prägen das Bild. Die natürliche alpine Waldgrenze mag bei etwa 4600 m NN Höhe gelegen haben (extrapoliert aus der Umgebung von Qamdo). Etwa 50 km nordnordöstlich der Profile liegt Qamdo (Ch’ang-Tu). Die dazwischen liegende Gegend weist stark degradiertes Waldland auf, bis hin zu seiner völligen Zerstörung. Rest- bäume auf Graten zeugen von früherem Waldland. Spuren des Schneitelns sind an den Gehöl- zen erkennbar. In ~ 40 km Entfernung befinden sich stark genutzte, z.T. eben auch geschnei- telte Fichtenwälder, die ehemals bis fast hinauf zu den Passhöhen reichten. Dichtes Gebüsch tritt heute an die Stelle des dezimierten Waldes. Die Gegend um Qamdo wurde gut dendrochronologisch und –ökologisch untersucht (vgl. Kap. 1.8.4.). 1. Einführung 88

A B

Abb. 15: A: Tundrabultmoor westlich des Profils „Chudra“. Die Gegend ist stark von Frost beeinflusst. Pedicularis sp. ist hier weit verbreitet. B: Moorbulte unmittelbar neben der Grabungsstelle. Die Gegend zeigt Beweidungsspuren und Frostaktivitäten an (Bilder: B. Frenzel).

A B

Abb. 16: A: Aconitum sp. nach Beweidung nahe der Profilstelle Chudra“. Die Selektion durch Viehverbiss ist deutlich erkennbar. B: Waldreste auf den Hanglagen des zum Lancang Jiang führenden Tals, wenige Kilometer östlich des Moores „Chudra“. Im Tal selbst ist terrassierter Ackerbau erkennbar (Bilder: B. Frenzel).

Die Vegetation gestaltet sich dort nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) als eine spärliche alpine Vegetation der Felsfluren mit Saussurea und Rhodiola. Die Flusstäler des Lancang und Nu Jiang sind umgeben von alpinen immergrünen Laubgehölzen mit Rhododendron-Gebüsch, vor allem aus Rhododendron nivale und R. trochostomum, sowie immergrünen subalpinen Koniferenwäldern mit Picea likiangensis var. balfouriana, aber auch aus Tannenwäldern mit Abies squamata. Sträucher aus Cryptotaeneous cinquefolia, Sophora viciifolia u.a prägen das Vegetationsbild der trockenen Täler. Der Standort liegt in der Vege- tationseinheit „subalpiner Schattholz-Koniferenwälder der Hengduan Mountains (NW), W- Sichuan mit Tannenwäldern“. Auf der Waldverbreitungskarte sind an diesem Standort keine Wälder eingetragen. Nördlich des Standortes sind jedoch vermehrt wieder Koniferenwälder mit Picea asperata und Juniperus aufgeführt sowie auch an anderen Stellen der meridionalen Stromfurchen.

Die Gegend hier ist durch Jahresniederschlagssummen von 300 bis 500 mm gekennzeichnet. Von Juni bis September fallen bis zu 100 mm / Monat Niederschlag (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Die nächsten Klimadiagramme stammen nordöstlich von der Station „Qamdo“ (31°09’N, 97°10’E, 3241 m NN) und südlich aus „Baxoi“ (30°03’N, 96°55’E, 3260 m NN) (MIEHE ET AL. 1998, 1996), letzteres liegt in dem ariden Tal mit durchschnittlichen Jahresniederschlägen von 223 mm und einer Durchschnittstemperatur von 10,8 °C. Die Station 1. Einführung 89

„Qamdo“ weist dagegen deutlich höhere Jahresniederschläge von 470 mm und eine durchschnittliche Temperatur von 7,6 °C auf. Der Standort liegt im subhumiden Bereich (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Fragestellung: Aufgrund der im Vorlauf der vegetationsgeschichtlichen Untersuchung 14C- datierten Moorbasis ist hier die pollenanalytische Untersuchung seit dem frühen Holozän mög- lich. Hinweise zur Einwanderungsgeschichte und möglichen Waldentwicklung stehen hierbei im Vordergrund. Aufgrund der (Höhen)-Lage werden bei diesem Profil keine bedeutenden Hin- weise zum menschlichen Einfluss erwartet.

1.15.6. Bahsü

„Bahsü“ (Nr. 6 in Abb. 1, Baxü) stammt aus einem verlandeten Moor eines Zungenbeckensees in ~ 4350 m NN Höhe (29°39’N, 96°44’E). Der Name des Profils stammt von einer Siedlung, die in jüngster Zeit stark angewachsen ist. Das Zungenbecken liegt zwischen nach Norden, Süden und Westen gelegenen Endmoränen, die von einem von Osten kommenden Gletscher gebildet wurden. Das Moor selbst zeigt aktive Frosterscheinungen. „Bahsü“ liegt etwa 125 km Luftlinie südsüdwestlich vom Profil „Chudra“ entfernt. Die umliegende Gegend ist weitgehend von einer baumlosen Vegetation geprägt; Kobresia- Matten, die mit ihrem Wurzelfilz eine zähe Vegetationsdecke bilden. Vereinzelte Bäume und Gebüsch weisen auf ehemalige Bewaldung hin. Der Blick in das sich von Osten öffnende Tal eröffnet dem Betrachter einen Blick auf die > 5000 m NN hohen Berge. Über den Zu- und Abfluss des Bahsü-Sees ist nicht viel bekannt. Während der Expedition war aufgrund der schwierigen Bedingungen im Gelände, sowie aus Zeitmangel vor Ort keine Möglichkeit gegeben, das Abflussverhalten dieses Sees zu studieren (mdl. Mitt. B. FRENZEL).

A B

Abb. 17: A: See von „Bahsü“ mit Blick auf die verlandeten Bereiche. B: Bahsü-See mit Blick nach Osten. In den Hanglagen im Hintergrund in etwa 2 km Entfernung sind lichte Nadelwaldbestände erkennbar (Bilder: B. Frenzel).

In der Nebelwaldstufe der nördlichen Passseite finden sich Nadelgehölze. Viehpfade in den unteren Hangbereichen lassen auf starke Beweidung schließen und tatsächlich können dort viele Yaks und Yak-Hybride im Herdenverband beobachtet werden. Auf der Nordseite des Passes sind im dortigen Tal hohe Flussterrassen ausgebildet. In ca. 13 km Entfernung bei Kang-ku finden sich mehrere hohe Endmoränen, an die Flussterrassen an- schließen. Es gibt einige kleine ummauerte Siedlungen. Die umgebenden Felder werden von Steinwällen eingegrenzt. Auf der Südseite des Passes, Luftlinie etwa 15 km, ist der Wald an den Hängen der Seen bei Rawu (Jan-wu) stark vom Menschen beeinflusst. Der dortige Fichtenwald ist recht licht und wird im oberen Bereich von einem Rhododendron-Gürtel umgeben. Gerste (Hordeum vulgare L.) wird hier in ca. 3950 m Höhe angebaut. Im Nordosten wird Gerstenanbau oft durch Buchweizenanbau ersetzt (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Weiter im Westen, in der etwa 60 km entfernten Gegend von Sumzom (Sung-tsung), präsentiert sich eine recht naturnahe Landschaft 1. Einführung 90 mit Tannenwäldern an den nordgewandten Hängen und mit Kiefernwäldern auf den südgewandten Hängen der Nebelwaldstufe. Die geschlossenen Wälder werden im unteren Bereich von Picea dominiert. Nahe des vermutlich sehr alten Dorfes Sumzom (Sung-tsung) ist der Wald stark gestört. Auf beiden sehr steilen Hangseiten stehen Kiefern. Die Siedlungen sind von Pappelbeständen umgeben, die auf den Schwemmkegeln des Flusses stehen.

Insgesamt zeigt sich auf allen Seiten eine seit alter Zeit genutzte Landschaft. Waldrelikte in der näheren und weiteren Umgebung des Moores zeugen von einer früheren, größeren Aus- dehnung. Auch die relativ niedrige Waldgrenze bei etwa 4100 - 4150 m NN in etwa 15 km Ent- fernung bei Rawu (Jan-wu), gibt mögliche Hinweise auf eine Beeinflussung des Waldlandes in diesen Höhen. Immer wieder fällt der abrupte Übergang des Waldlandes (Picea mit Betula und Rhododendron) nach unten in Grünland i.w.S. auf, das von einzelnen Gebüschformationen durchsetzt ist, als Folge von Beweidung. Die Hänge sind oft durch ein Wechselspiel von Pioniergehölzen wie Betula, Salix, u.a. und Alt- beständen aus Picea und anderen Koniferen gekennzeichnet. Dazwischen sind viele Lawinen- bahnen erkennbar.

A B

Abb. 18: A: Waldformationen im Hintergrund des Janwu-Sees. Altbestände aus Koniferen wechseln sich dort mit Pionierbeständen (Betula, Salix u.a.) ab. Die Wald- und Baumgrenze liegt etwa in 4200 - 4300 m Höhe. B: Gerstenanbau in der Gegend von Kang-ku etwa 10 km nördlich der Profilstelle „Bahsü“ entfernt (Bilder: B. Frenzel).

V. WISSMANN (1959) beschreibt die Umgebung des Gletscherpasses Ata Kang La nach Literaturanalysen. Demnach reicht das Mittel der Schneegrenze bis auf etwa 4750 m Höhe. südwestlich des Passes reichen sehr lange Talgletscher bis in die Wälder hinab (vgl. FRENZEL 1994a, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001.

Die Vegetation gestaltet sich dort nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) wie folgt: In den Hanglagen am Fluss Yi’ang Zangbo befinden sich subalpine Koniferenwälder aus Fichten wie Picea likiangensis var. balfouriana und Tannen wie Abies georgei, die in immergrüne alpine Gehölzformationen aus Rhododendron und schließlich in spärliche Vegetationsfelder aus Polsterpflanzen und alpinen Felsfluren mit Saussurea und Rhodiola übergehen. Das Profil be- findet sich in der Vegetationseinheit subalpiner Schattholz-Koniferenwälder. Nach der Wald- verbreitungskarte liegt der Standort im waldfreien Gebiet. Weiter südlich befinden sich an den Flusstälern nördlich des Yi’ang Zangbo Laubwälder aus alpinen Eichen, sowie südlich des Flusses Tannen.

In dieser Gegend fallen etwa 500 bis 600 mm Jahresniederschlag, in den Monaten Mai bis September bis jeweils 100 bis 150 mm. Dieses Profil liegt genau in der Zone, in der sich wenige Längen-und Breitengrade nordöstlich und südwestlich davon die Jahresniederschläge schlag- artig ändern (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Das nächste Klimadiagramm stammt nordöstlich von der Station „Baxoi“ (30°03’N, 96°55’E, 3260 m NN), welches von deutlich trockeneren Bedingungen in diesem Tal geprägt ist. Westlich des Profilstandortes gibt es Klimadaten aus der Station „Bomi“ (29°52’N, 95°46’E, 2736 m NN) (MIEHE ET AL. 1998, 2001). Diese beiden Stationen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Nieder- 1. Einführung 91 schläge extrem. In dem arideren „Baxoi“ beträgt die durchschnittliche Jahresniederschlags- summe 223 mm bei einer Durchschnittstemperatur von 10,8 °C. Das humide „Bomi“ weist die beachtliche Jahresniederschlagssumme von 864 mm NN auf und eine durchschnittliche Jahrestemperatur von 8,6 °C. Das Profil muss deshalb hinsichtlich des Klimas besonders ein- gehend berücksichtigt werden, wird es doch von extrem voneinander abweichenden Klimaten umgeben. Es liegt also im Übergangsbereich von humid im Süden zu subhumid im Norden (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990).

Fragestellung: Durch den vermuteten spätglazialen Standort war zu hoffen, dass mit diesem Profil das gesamte Holozän und eventuell das Spätglazial abgedeckt werden könnte. Der menschliche Einfluss dieser wohl alten Kulturlandschaft könnte hier gut studiert werden. Die Einwanderung der Baumarten und die Entwicklung von Waldbeständen könnte bei den Analy- sen ebenso eine zentrale Rolle spielen. Es wurde vermutet, dass in der Nebelwaldstufe natur- nahe Wälder gestanden hatten, die nach unten hin in lichtes Gehölz übergingen.

1.15.7. Der See Nam Co

Am Nam Co (Na-mu-t’so, mongolisch: Tengri Nor, Tengrinor) konnten zwei Profile, sowie weitere Oberflächenproben pollenanalytisch untersucht werden.

Der Nam Co gehört dem „North Tibet inflow district“ an (ZHENG MIANPING 1997) und hat wie u.a. die Karten (TPC H-10A, M: 1 : 500 000), sowie die Spaceshuttle-Aufnahme DFVLR (1983) zei- gen, heute keinen Abfluss mehr. Deutlich zu erkennen sind Zuflüsse, die vor allem den Nyainqêntanghla Shan (Nien-ch’ing-tang-ku-la Shan) entwässern, aber auch aus den westsüd- westlich gelegenen Gebirgszügen speisen Zuflüsse den Nam Co. Die in den See führenden Abflüsse des Nyainqêntanghla Shan haben Kontakt zu den Gletschern (DFVLR 1983, LEHMKUHL ET AL. 2002, ZHU LIPING ET AL. 2008). Angaben zu den heutigen und letztglazialen Schneegrenzhöhen sind in Kap. 1.8.1.2. beschrieben.

Der Nyainqêntanghla Shan erstreckt sich von Nordost nach Südwest und bildet die Wasserscheide zwischen dem Nam Co und dem Einzugsgebiet des Yarlung Zangbo (LEHMKUHL ET AL. 2002). Der Nam Co ist der größte Brackwassersee Tibets (ZHENG MIANPING 1997).

Die Angaben zur Größe des Sees variieren: 2376 km2 nach ZHENG MIANPING (1997), 1960 km2 nach ZHAO YONGTAO (1994), 1961,5 km2 nach LEHMKUHL ET AL. (2002) und 2015 km2 nach ZHU LIPING ET AL. (2008). Damit gilt der Nam Co als der größte See in Tibet (Autonome Region) und zugleich als der mit einer Höhe von 4718 m NN (ZHENG MIANPING 1997, ZHU LIPING ET AL. 2008) höchstgelegene große Salzsee der Welt. Er besitzt einen Einzugsbereich von etwa 10.610 km2 (ZHU LIPING ET AL. 2008, 14.400 km2 nach LEHMKUHL ET AL. 2002). Der Nam Co wurde im September 2000 zum Naturschutzgebiet erklärt (CIG 2007). Er ist von zahlreichen kleineren Seen umgeben, die wohl meist Haff-Seen sind oder Restseen bei Absenken des Wasserspiegels des Nam Co darstellen (ZHENG MIANPING 1997). Im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) weist der Nam Co als Brackwassersee (Salzgehalt zwischen 1 und 35 g/l; vgl. Salzsee > 35 g/l), einen pH-Wert von 9,3 auf. Der Salzgehalt beträgt 1,715 g/l (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990), nach ZHENG MIANPING (1997) 1,39 g/l. Damit ist der Nam Co deutlich weniger salzig als etwa der Siling Co (18.27 g/l) und der Dagze Co (29.8 g/l). Der Seewasserspiegel hat eine Höhe von 4760 m NN.

DAUT ET AL. (2007) konnten in ihren ersten Ergebnissen eines Bündelprojektes über die hydro- logischen Zyklen des Sees zeigen, dass die untersten Schichten eines etwa 8.000 Jahre zurückreichenden Bohrkernes anhand sedimentologischer Untersuchungen eine deutliche Zunahme der Salinität zeigen. Die geringe Salinität in den unteren Abschnitten nimmt seit mindestens den letzten 2000 Jahren deutlich zu.

Wie in Kap. 1.8.1.1. bereits beschrieben, finden sich an den Ufern des Nam Co zahlreiche Strandwälle und –terrassen, die im Osten und Süden gut untersucht wurden (FRENZEL 1996, 2007b, KAISER 2004, LEHMKUHL 1998b, LEHMKUHL ET AL. 1999, 2002, SCHUETT ET AL. 2007, ZHENG MIANPING 1997). Eine Darstellung im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) gibt für den 1. Einführung 92

Nam Co eine Seespiegeldifferenz von 41 m vom heutigen Seespiegel zum einstigen Paläosee an (vgl. auch LEHMKUHL ET AL. 2002).

Als ein endorheischer See reagiert der Nam Co mit Seespiegelschwankungen auf regionale Wasserbilanzen (NÖLLING 2006, SCHUETT ET AL. 2007). Während des Jungpleistozäns und des Holozäns kam es zu sinkenden Seespiegeln. Davon zeugen die Klifflinien und Strandterrassen (s. Kap. 1.8.1.1.). Eine nahezu 29 m hohe Klifflinie über dem heutigen Seespiegelstand zeugt von hohem Wasserstand aus den Zeiten des Gletscherrückgangs während des Übergangs von MIS 1 und MIS 2 (SCHUETT ET AL. 2007).

Insgesamt konnten jedoch LEHMKUHL ET AL. (1999, 2002) sieben Systeme höherer Seespiegel erfassen und TL und 14C datieren. Die ältesten stammen aus der vorletzten Eiszeit (> 132.000 y B.P.), die jüngste aus der „Kleinen Eiszeit“ zwischen 100 und 600 y B.P.. Nach LEHMKUHL ET AL. (2002) weist der höchste, datierte Strandwall, ~ 30 m über dem heutigen Seespiegel, ein Datum von 32.000 bis 40.000 y B.P. und fällt damit wahrscheinlich in ein Interstadial der letzten Eiszeit (wohl MIS 3).

Während des Holozäns ist der Seespiegel erneut gesunken, wie Datierungen aus den Strand- terrassen zeigen (vgl. Kap. 1.8.1.1.). Unter all diesen Gesichtspunkten wird der Rückgang des Seespiegels im Holozän als eine Reaktion auf veränderte Evaporations- und Feuchtigkeitsver- hältnisse und somit auf Veränderungen des Sommermonsuns gesehen (LEHMKUHL ET AL. 2002, SCHUETT ET AL. 2007, mdl. Mitt. B. FRENZEL).

Die Vegetation am Nam Co besteht weitgehend aus alpinen Steppen mit Astragalus confertus, stellenweise mit der Weide- und Steppenart Stellera chamaejasme. Größere Flächen werden auf der Südostseite des Nam Co in den ansteigenden Hanglagen hin zum Nyainqêntanghla Shan von alpinen Matten mit Kobresia pygmaea eingenommen. Feuchte Bereiche in den Ufersäumen und Schwemmfächern (teils großflächig) sind dagegen durch Bestände aus Carex sagaensis und auch Kobresia schoenoides gekennzeichnet. Zwergsträucher von Juniperus pingii durchziehen einzelne kleinere Bereiche. Junge Seeterrassen und Strandwälle sind von einer lockeren Vegetation mit geringen Deckungsgraden umgeben. Halophyten kommen in den feuchteren Bereichen der Strandterrassen gemeinsam mit Kobresia schoenoides vor (KAISER 2004, NÖLLING 2006, mdl. Mitt. B. FRENZEL und C. ROTH).

Geomorphologische Prozesse führen an den Hängen zu Erosionserscheinungen. In Nordexposition sind diese vegetationsfrei infolge freier Solifluktion. Die zunehmende Beweidung in den unteren Bereichen fördert die Erosion (KAISER 2004).

Nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) ist die Vegetation weitgehend von alpinen Stipa-Steppen geprägt, die in alpine Wiesen aus Artemisia-Steppen und -Wiesen mit Kobresia pygmaea übergehen, aber auch spärliche Vegetationsformen alpiner Felsfluren mit Saussurea und Rhodiola anzeigen. Der Nam Co befindet sich innerhalb der Vegetationseinheit kalter Step- pen des Zentral-TP und kalter Steppen des S-Qangtang Plateaus. Die Gegend ist in der Wald- verbeitungskarte als absolut waldfrei dargestellt, auch der Nyainqêntanghla Shan. Lediglich viel weiter südöstlich des Nyainqêntanghla Shan sind Gebüschformationen eingezeichnet.

Am Südostufer befindet sich ein Niederschlagsbereich von 300 bis 400 mm / Jahr, bevor die Jahresniederschläge südöstlich auf 400 bis 500 mm zunehmen. Von Juni bis September fallen jeweils immerhin 100 mm Niederschlag, wohingegen in den extrem trockenen Wintermonaten jeweils nur 2 mm fallen (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Der Nam Co liegt nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) außerhalb des groß- flächigen Permafrostgebietes. Lediglich inselartige Bereiche sind durch Permafrost charakteri- siert. Während der Expedition 1996 hat Herr Prof. B. Frenzel kleine Pingos am Südostufer aufgegraben und die Eiskerne bereits in 48 cm Tiefe angetroffen.

An der Nam Co-Station wurde ebenso eine Klimastation eingerichtet (YAO TANDONG 2006). Klimadaten liegen sonst erst jenseits des Nyainqêntanghla Shan von der Station „Damxung“ (30°29’N, 91°06’E, 4200 m NN) vor. Weitere Daten liefern die Stationen „Lhasa“ (29°42’N, 91°05’E, 3649 m NN) oder schließlich weiter im Norden „Bamgoin“ (31°23’N, 90°01’E, 4700 m NN). Die Jahresniederschlagssummen nehmen von „Lhasa“, über „Damxung“ nach „Bamgoin“ erwartungsgemäß von 443 mm auf 324 mm ab, die Jahresdurchschnittstemperaturen von 7,7 1. Einführung 93

°C auf - 1,2 °C (MIEHE ET AL. 1998, 2000, 2001). Letztere Station befindet sich somit bereits im Dauerfrostgebiet. Der Nam Co liegt im Bereich der „sub-drought area of Qangtang“, grenzt jedoch umittelbar östlich davon an den subhumiden Bereich an (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Weitere Daten und Hinweise dazu finden sich in LEHMKUHL ET AL. (2002), DOMRÖS & PENG GONGBING (1988), ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990).

1.15.7.1. Das Profil Nam Co

Das Profil „Nam Co“ (Nr. 7 in Abb. 1) stammt aus einem Aufschluss eines Prallhanges eines Baches, der kurz danach in den See mündet. Der Standort ist bei etwa 30°44’40’’N, 90°58’40’’’E, etwa 4780 m NN, lokalisiert. Es handelt sich hierbei um fluviatile und lakustrine Sedimente. Das Profil befindet sich gleich hinter der höchsten, während der Expedition von Herrn Prof. B. Frenzel 1996 aufgezeichneten Strandterrasse. Die Umgebung des Nam Co ist heute z.T. sehr stark beweidet, vor allem auch an den Hangpartien wenige 100 m südöstlich der Profilstelle. Die Vegetation ist hier eine Stipa-Steppe, z.T. mit sehr lichtem Bedeckungsgrad.

A B

Abb. 19: A: Karge Vegetationsfelder und Schotterfluren nahe des Profilstandortes „Nam Co“ mit Blick nach Süden. B: Natürlicher Aufschluss eines Prallhanges an einem Bach in der Nähe des Nam Co: Profil „Nam Co“ (Bilder: B. Frenzel).

Die pollenanalytischen Befunde können direkt mit den Oberflächenproben (Nam 1, Nam 2) und den Hinweisen aus den Vegetationsaufnahmen (Nam 2/1, 2/2, 2/3) verglichen werden. Sie stammen aus der unmittelbaren Umgebung des Profilstandortes. Für die Überlassung dieser Informationen danke ich Frau Chr. Roth.

Fragestellung: Bereits vor den Pollenanalysen durchgeführte 14C-Datierungen lassen einen weiten Rückblick bis in das Frühe und Mittlere Holozän erhoffen. Sowohl klimatische als auch menschliche Einflüsse sollen hierbei studiert werden.

1.15.7.2. Das Profil Himmelsee

Das Profil „Himmelsee“ (Nr. 8 in Abb. 1) konnte in einer ehemaligen Lagune des Nam Co in etwa 4700 m Höhe, bei etwa 30°44’30’’N, 90°55’30’’E, erbohrt werden, die vollkommen ver- moort ist. „Himmelsee“ ist die Übersetzung aus dem mongolischen Namen „Tengrinor“ für Nam Co. Über die Genese können nur Vermutungen angestellt werden. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine „echte Lagune“, vielmehr könnte es sich um einen ehemaligen (Rest-)See handeln, der schließlich vollkommen vermoort ist. 1. Einführung 94

A B

Abb. 20: A: Die vermoorte „Lagune“ der Profilstelle „Himmelsee“. Leichte Frosterscheinungen sind erkennbar. B: Spärliche Vegetationsfelder wechseln sich mit Schotterflächen ab. Auf den kargen Flächen selbst finden sich Spuren von Beweidung. Rechts: Profilstelle „Himmelsee“. Im Hintergrund erstreckt sich der Nyainqêntanghla Shan (Bilder: B. Frenzel).

Die Oberflächenproben (Nam 3, Nam 4) sowie die Hinweise aus den Vegetationsaufnahmen (Nam 1/1, 1/2, 1/3) stammen aus der unmittelbaren Umgebung dieses Profilstandortes und können somit mit den pollenanalytischen Befunden des Profils verglichen werden. Für die Überlassung dieser Informationen möchte ich auch hier Frau Chr. Roth danken.

Fragestellung: Die im Vorfeld durchgeführten 14C-Altersdatierungen lassen eine recht unge- störte Rekonstruktion von Klima und menschlichem Einfluss bis in den Übergangsbereich Spät- glazial und frühes Holozän erhoffen.

1.15.8. Miby

Östlich des Qomolangma-(Mt. Everest)-Gebietes im östlichen Zentral-Himalaya wurde „Miby“ (Nr. 9 in Abb. 1) von Herrn Dr. M. Groß (1989) in etwa 4330 m Höhe, bei 27°58’54’’N, 87°12’35’’E, erbohrt. Die Bedeutungen der Namen dieses Gebirgszuges (tibetisch: „Göttin der Erde; nepalesisch: „Sagarmatha“ = „Göttin des Himmels“) spiegeln auch die auf die Menschen wirkende Faszination des mit seinen 8848 m NN höchsten Gipfels der Welt wider.

Das Profil stammt aus einem ufermoränengedämmten Moor mit Quellzuflüssen aus den be- nachbarten Hangbereichen am Übergang eines U-förmigen Seitentales (Sojiang-Nebental) und des Kamatals (Kangshunggletscher-Tal) in ca. 4330 m Höhe NN. Der primär vom Kangshunggletscher gespeiste Kama-Fluss führt schließlich im Südosten in den Arun-Fluss nach Nepal. Die Entwässerung des Qomolangma (Mt. Everest) erfolgt über die Nebenflüsse der Quertäler des Arun-Flusses (MIEHE 1989). Breite U-förmige Täler sind typisch für die trockenere Nordseite des Everest-Gebietes, sowie offene Geröllhalden. Das Moor besteht aus mehreren Terrassen, die möglicherweise auf Rutschungen verweisen (vgl. auch die 14C-Daten in Kap. 3.2.). Die vielseitig strukturierte Geländeoberfläche spiegelt sich in den unterschiedlichen Formen der Frostbodenbildung wider. So sind in dem Moor auch schlenken- und bultenähnliche Strukturen erkennbar. Das pollenanalytisch bearbeitete Profil wurde aus dem zentralen Bereich, an der Stelle der stärksten Krümmung der zweiten von sechs Terrassen entnommen. Die umliegende Gegend wird extensiv von Nomaden genutzt, sowohl durch Holz- als auch Weidenutzung. Es befinden sich keine Siedlungen in unmittelbarer Nähe. Der Name „Miby“ wurde von den Tibetern geprägt. Oberhalb des Moores liegt ein traditioneller Lagerplatz der Tibeter, entlang eines seit alter Zeit genutzten Handelsweges. Der Lagerplatz selbst weist mehrere Feuerstellen auf. Die Weidenutzung ist auch deutlich zu erkennen, beispielsweise um die Lagerplätze nördlich des Komplexes, sowie an den „Viehpfaden“ durch nitrophile Zeigerpflanzen, wie z.B. Rumex nepalensis und andere Arten. Oberhalb dieses Standortes wird ebenfalls geweidet, jedoch nur 1. Einführung 95 temporär und sehr extensiv. Die naheliegenden Nadelwaldbestände werden extensiv genutzt, währenddessen Holzeinschlag, teils sehr massiv, das gesamte Tal hinunter auffällt.

Die Moorvegetation besteht aus der der Bulten und Schlenken (vgl. auch Abb. 21A). Dabei durchziehen die teils Wasser gefüllten Schlenken das große Moorgebiet. Die strangartigen Strukturen entstehen unter Frosteinfluss. Es ist davon auszugehen, dass die Feuchteverhält- nisse dort stark variieren. Tau- und Gefrierprozesse wechseln sich ab. Die entsprechenden Zustände beherrschen temporär das Moor. Auf den Strängen wächst häufig Rhododendron setosum, in den Schlenken befinden sich jedoch vielfach Sphagnen, aber auch Sparganium, Utricularia, u.a.. Nahe dem Untersuchungsstandort reicht die Waldgrenze bis maximal ~ 4400 m Höhe, bestehend aus Juniperus (J. tibetica), baumförmigen Rhododendren (bis zu 10 m hoch), Abies (A. densa; ab ~ > 4000 m NN) und Betula (B. utilis). An den südostexponierten Hängen bildet Juniperus zusammen mit Rhododendron die Waldgrenze. Das Moorgebiet wird östlich von Rhododendron-Gebüsch (R. wallichii, u.a.) umrahmt, südlich davon von (Zwerg-)Rhododendren (R. wallichii, R. anthopogon, u.a.). Juniperus indica bildet im Süden Bestände an den steilen Talhängen hin zum Kama-Tal. Nordwestlich des Moores grenzen alpine Zwergsträucher aus Juniperus indica, Rhododendron anthopogon, u.a. an. Larix himalaica wächst weiter nordöstlich des Standortes (mdl. Mitt. M. GROß und B. DICKORÉ).

Die Baumbestände gehen zum Haupttal, ca. 300 - 350 m abwärts in Laubgehölze über. Diese bestehen aus Betula, Quercus (~ 3900 - ~ 4000 m NN) und Alnus, vereinzelt treten Abies und Larix auf. Der Talboden liegt ca. 400 m (~ 3900 m NN) unterhalb des Moores. Während die baumartigen Rhododendren bis etwa maximal 4400 m NN vorkommen, reichen die nieder- wüchsigen bis strauchartigen Vertreter dieser Gattung bis 5850 m NN hoch (mdl. Mitt. M. GROß). Die dem Moor am nächsten gelegenen Baumbestände weisen Brandspuren auf, die auf Brände der letzten drei Jahre hinweisen (mdl. Mitt. M. GROß). M. Groß geht hier von natürlichen Bränden aus. Durch die Nomaden verursachte Feuer können jedoch nicht ausgeschlossen werden.

A B

Abb. 21: A: Der große Moorkomplex des Profils „Miby“ mit den Bulten, Schlenken und teils wassergefüllten Strängen (Bild: B. Dickoré). B: Qomolangma-Gebiet nahe der Profilstelle „Miby“. Die steilen Hänge sind teilweise bewaldet (Bild: M. Groß).

Wie in Kap. 1.7. bereits beschrieben, stellt das Areal um den Standort „Miby“ ein außerordent- lich komplexes Gebiet dar, mit vielfältigen Oberflächenstrukturen, schwer einzuordnenden abiotischen Einflüssen aufgrund der komplizierten und extremen Zertalungen, u.v.m..

Am Beispiel des Qomalangma wird im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) die typische verti- kale Verteilung alpiner Vegetationsformen dargestellt, unterteilt in Nord- und Südabdachung. Demnach reichen auf der Südabdachung bis etwa 1650 m Regenwälder, bis etwa 2600 m immergrüne montane Laubwälder, bis ca. 3200 m mischen sich Laub- und Koniferenwälder, bis ca. 4050 m subalpine Koniferenwälder, bis etwa 4830 m Sträucher mit Rhododendron und alpine Wiesen, bis etwa 5370 m alpine Matten und/oder bis ca. 6280 m Geröllhänge bevor ab 1. Einführung 96 maximal ca. 6280 m bis zur Höchstgrenze (hier: 8848 m) schließlich nur noch Schnee und Gletscher folgen. Dagegen ist die vertikale Zonierung auf der Nordabdachung erst ab etwa 4650 m) bis etwa 4950 m mit alpinen Steppen und alpinen Matten dargestellt, danach folgen bis ca. 5740 m nur noch alpine Steppen, bis maximal 6370 m Geröllhänge und danach bis zum Gipfel Schnee und Gletscher. In der Vegetationskarte des ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) werden ansteigend Ge- büschfluren von Juniperus mit J./Sabina recurva, Rhododendron nivale und R. setosum ange- geben, die in alpine Wiesen mit Artemisia übergehen und zunehmend von einer spärlichen Vegetation der Geröllhänge mit Saussurea und Rhodiola abgelöst werden. Im nordsüd- verlaufenden Haupttal befinden sich nach der Vegetationskarte Abies-Wälder, in den Seiten- tälern zum Qomolangma hin Rhododendron-Gebüsch und mit steigender Höhe spärliche Vegetationsformationen mit Saussurea and Rhodiola.

Die alpine Vegetation am Qomolangma (Mt. Everest) wurde auf beiden Seiten des Gebirges von MIEHE (1989), für den Khumbu-Himal auf der Südabdachung durch HAFFNER (1972) be- schrieben. MIEHE (1989) erläutert die Bewaldung und ihre Charakteristika dort. HUANG RONGFU (1988) gibt einen Überblick über die Gefäßpflanzenflora der Qomolangma-Xixabangma-Region Tibets. Die vegetationskundlichen Angaben konnten wesentlich durch die freundlichen mündlichen Informationen der Herren Dr. M. Groß und besonders durch Dr. B. Dickoré ergänzt werden. Dafür bin ich sehr dankbar. Weitere Erläuterungen zur Vegetation des Zentralen Himalaya sind in MIEHE (1984) gegeben.

MIEHE (1990) liefert durch seine Untersuchungen wichtige Hinweise. Das dort zugrundeliegende Untersuchungsgebiet liegt zwischen zwei bedeutenden Gebirgswegen von Kathmandu nach Tibet (Gyirong und Nyalam – Tingri) und wurde vermutlich schon seit dem 11. Jahrhundert von Pilgern und Kaufleuten genutzt. Für die Mt. Everest-Südabdachung ist die Anwesenheit von Tibetern, die über den Himalaya-Hauptkamm kamen, durch Urkunden von OPPITZ (1968) beschrieben. Es gibt Holzkohlefunde, die auf 1.480 ± 360 y B.P. (14C) datiert sind und Hinweise auf noch frühere menschliche Aktivitäten liefern (BYERS 1987). CLARK (1980 in MIEHE 1990) und HEUBERGER (1976) vermuten eine Dauerbesiedlung durch die Zuwanderung von Sherpas aus dem Solu-Khumbu (weitere Südabdachung des Mt. Everest) seit dem 17. Jahrhundert. Durch die „Kulturrevolution“ 1959 wurde die letzte Einwanderungswelle in Langtang, bzw. Helambu ausgelöst (COX 1985 in MIEHE 1990). Es wird vermutet, dass die Landnahme durch Brand- rodung auf den Sonnhängen und auch im Talgrund erfolgte. Tannen des Schatthanges dienen hauptsächlich als Bauholz, Birken als Feuerholz – Wald ist Allmende. Seit 1960 setzt in der Himalaya-Südabdachung eine echte Bergflucht ein. Der Einfluss von Weidewirtschaft und Brandrodung geht zurück. MIEHE (1990) hält eine Weidenutzung nur durch Brandrodung für möglich. Eine Verbuschung der Weideflächen kann demnach durch Trift-Beweidung nicht un- terdrückt werden, sie kann sogar das Wachstum von Holzarten fördern, da diese durch Fraß gemieden werden.

Der südlichste Rand der Niederschlagskarte des TP im Grenzbereich zum Profil „Miby“, zeigt eine Jahresniederschlagssumme von 300 bis 400 mm. In den Monaten von Juni bis September fallen bis zu 100 mm Regen. Im November hingegen fallen dagegen nur ~ 1 mm Niederschlag (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Im Gegensatz zu den relativ humiden Tälern zwischen 2600 und 4400 m NN der Südabdachung des Qomolangma sind für die Nordseite des Everest-Gebietes wenige Angaben zum Klima verfügbar. Die Station „Namche Bazar“ (27°49’N, 86°43’, 3490 m NN) weist einen Jahresniederschlag von 976 mm und eine deutlich höhere Jahresdurchschnittstemperatur von 6,6 °C auf, wobei in dem Meßzeitraum Höchstwerte von 1711 mm gemessen wurden (MIEHE ET AL. 2001). Messungen während der in MIEHE (1989) beschriebenen Chinesischen Expeditionen ergeben im Rongbuk-Tal 1960/61 in 5000 m Höhe einen Jahresniederschlag von 324,8 mm, am Everest BC/“Monsunheim“ werden von April bis November (1956) 390 mm erfasst (1960/61: MIEHE 1989, s. Literatur dort). In Tingri (28°38’N, 87°05’E, 4300 m NN) wird der Jahresniederschlag bei 271 mm, mit einer Höchstniederschlagssumme von 474 mm seit 1957 (MIEHE ET AL. 2001, 236,2 mm nach HUANG RONGFU 1988) angegeben. Zwischen Juni und September fallen alleine schon 228,5 mm 1. Einführung 97

(HUANG RONGFU 1988). Die Nordseite liegt damit im trocken-kalten Regenschatten des Himalaya. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt dort 2,7 °C (MIEHE ET AL. 2001).

Gemäß den verfügbaren Klimadaten ähnelt das Gebiet dieses Profils hinsichtlich der Nieder- schlagssummen sehr stark den Gegebenheiten auf dem S-TP. Nicht nur die Abschirmung des Himalaya ist eine Ursache für diese Verhältnisse, sondern auch die typischen Föhnwinde, wie MIEHE (1989) es ausführlich beschreibt (vgl. SCHWEINFURTH 1957, V. WISSMANN 1960). Nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) liegt der Standort in der „subdrought“ area von S-Tibet. Jedoch lassen die Informationen über die Vegetation im Untersuchungsgebiet (mdl. Mitt. B. DICKORÉ) deutlich feuchtere Bedingungen vermuten. Es scheint, dass der Standort „Miby“ deutlich stärker von den feuchten Luftmassen des Sommermonsuns beeinflusst wird als die - für Tibet typischen - trockeneren Gebiete, die weiter im (Süd-)Osten liegen, zum eigentlichen Mt. Everest hin.

Fragestellung: Die Vordatierung des Profils “Miby” in 82-83 cm von 150 cm Tiefe, ließ einen sehr weit zurückreichenden Einblick der Vegetationsgeschichte und Paläoökologie, bis mindestens in den Übergang Spätglazial zum frühen Holozän hinsichtlich Klimageschichte und menschlichem Einfluss, erwarten. Es interessiert hierbei vor allem auch die Waldentwicklung, auch im Vergleich zu den anderen hier untersuchten Profilen. 2. Material und Methoden 98

2. Material und Methoden

2.1. Die Stratigraphie der Profile

Die Gewinnung der Profile im Gelände erwies sich oftmals als sehr schwierig (FRENZEL 2007b, mdl. Mitt. B. FRENZEL). Zum einen war die Zugänglichkeit der vielversprechenden Stellen nicht immer einfach. Zum anderen waren mehrere Profile (teilweise) gefroren. Die Bohrungen wurden mit einem Handbohrer, in manchen Fällen mit einer maschinenbetriebenen Dachnovskisonde durchgeführt (Bohrkammer von 50 cm Länge und 5 cm Weite), teilweise mit dem Pürkhauer Bohrstock oder auch dem „russischen Bohrer Instorfa“. In manchen Fällen wurden die Profile, oder auch Abschnitte davon, abgegraben. Die folgenden Grafiken erläutern dies. Die Art der Gewinnung, sowie die Zustände der Profile (z.B. Frost) sind neben den stratigraphi- schen Informationen für alle Profile in den folgenden Grafiken dargestellt. Bei den Cyperaceae-Torfen handelt es sich oftmals um Kobresia pygmaea, bzw. verschiedene Kobresia-Arten. Die genaue Ansprache war oftmals aufgrund von zu starker Beweidung durch Yaks und Schafe nicht möglich (FRENZEL 2007b). In FRENZEL (2007b) wurden bereits Teile der nachfolgenden Ergebnisse veröffentlicht.

G: Gewinnung: = gegraben = gebohrt Z: Zustand: = gefroren = nicht gefroren

2.1.1. Yak

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen (cm) 0 cm stark 0 bis humifizierter,sehr stark 40 bröckeliger humifiziert Profil 40 cm Cyperaceentorf

Y a k schwach 40 bis zersetzter 177 Torf mit Lagen (~ 1 cm

135 cm dick) stärker 135-140: Sandlage

zersetzten -145:Holz, Sandlage,

140 cm Torfes Bruchwaldtorf

177 cm Torf mit 177 bis Feinsand und 210 scharfkantigen Steinen 210 cm

Abb. 22: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Yak“. 2. Material und Methoden 99

2.1.2. Tsongu

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen Profil (cm) 0 cm

0 bis mäßig zersetzter 39 Cyperaceen-Torf 39 cm bis 50 schwach zers. Torf T bis 54 mäßig zers. Torf s bis 60 schwach zers. Torf o bis 75 mäßig zers. Torf n bis 84 stark zers. Torf g u 84 bis mäßig zersetzter

bis 110 Torf 110 cm bis 120 Tonmudde -113,5: Mudde

bis 130 Schluff mit org. Material

135 cm bis 135 Schluff mit Kies Feinsand

Abb. 23: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Tsongu“.

2. Material und Methoden 100

2.1.3. Hai ze Shan

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen (cm) 0 cm obere 100 cm zu Profil 0 Cyperaceen- wasserhaltig 100 cm bis Torf 204 bis 250 Wasserhorizont

H a i

z

e

Cyperaceen-

S Torf h

a Nachbohrung 1992 n

Nachbohrung 1994

bis 1300 1300 cm

Abb. 24: Stratigraphie und Eigenschaften des Pr ofils „Hai ze Shan“.

2. Material und Methoden 101

2.1.4. Shi ch’ü

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen Profil (cm) 0 cm

60 cm S h

i 0 – Torf h 186

c

h’ ü

Eis / Frost

- 190 Torf mit Stein 190 cm

Abb. 25: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Shih ch’ü“.

2. Material und Methoden 102

2.1.5. Chudra und Chudra-Monolith

Das Profil „Chudra“ besteht aus “Chudra I” und “Chudra-Monolith”. Insgesamt wurden ca. 250 cm Torf geborgen. „Chudra I“ wurde gebohrt; „Chudra-Monolith“ abgegraben. Die Profile sind frostbeeinflusst.

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen Profil 0 cm (cm) M o n 0 bis Stark zersetzter o 70 Cyperaceentorf ausgetrocknet l Profil 50 cm (ausgetrocknet) i t h C 90 cm

h u d r 70 bis Schwach a 238 zersetzter Cyperaceentorf I

170 cm

238 bis Stark zersetzter 250 cm 250 Cyperaceentorf > 250 Grobsand

Abb. 26: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Chudra“ und „Chudra-Monolith“.

2. Material und Methoden 103

2.1.6. Bahsü

Die gebohrten Profilabschnitte (Bahsü II, II/2, II/3b) wurden aus einer Kernbohrung gewonnen, deren Bohrprofil unterhalb des Wasserpegels lag. Das Profil ist frostbeeinflusst.

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen (cm) 0 cm Profil 0 bis schwach zersetzter stark I 20 Torf durchwurzelt a bis 34 mäßig zers. Torf durchwurzelt bis 41 gut zersetzter Torf 55,5 – 58,5 Feinsand II mäßig zersetzter 71-72,5 Sand bis 102 Torf II/2

bis 117 gut zersetzter Torf II/3b bis 121 stark zersetzter 120 cm Torf > 121 Grobsand

Abb. 27: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Bahsü“.

2. Material und Methoden 104

2.1.7. Nam Co

Das Profil „Nam Co“ wurde abgegraben.

Profil G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen 0 cm (cm)

0 bis Gefaltetes, 140 lakustrines Material, Seekreiden

140 cm 140 bis Fe-haltiger Schluff Windkanter 155 155 cm N 155 bis Seekreide mit a 180 Schluffschichten 180 cm m

C 180 bis stellenweise 234 Seekreide, oxidiert 234 cm o sehr fein geschichtet

mit Strandgeröllen 234 bis durchsetzt 289

289 cm Seekreide, stark organisches mit Strandgeröllen 289 bis Material (Pflanzen- durchsetzt 339 reste, Mollusken, etc.) 339 cm

Abb. 28: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Nam Co“.

2. Material und Methoden 105

2.1.8. Himmelsee

Das Profil „Himmelsee“ wurde erbohrt.

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen Profil (cm) 0 cm H i m m 0 bis wässriger e 130 Torf l s e e

-170 Schluff

190 cm Tonmudde

-230

Abb. 29: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Himmelsee“.

2. Material und Methoden 106

2.1.9. Miby

G Z Tiefe Stratigraphie Bemerkungen (cm) 0 cm Profil

M mäßig i 0 bis zersetzter b 116 Torf y

I

116 bis sandiger 150 Torf 150 cm

Abb. 30: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Miby“.

2. Material und Methoden 107

2.2. Ermittlung des Polleninflux anhand der bearbeiteten Profil- und Oberflächenproben

Der Polleninflux wird durch die tatsächliche Konzentration der Sporomorphen angegeben. Auf- grund der bereits aufbereiteten Proben der Profile „Hai ze Shan“, „Yak“, „Shih ch’ü“, „Chudra“, „Nam Co“, „Himmelsee“ und „Miby“ sind bereits bei der Aufbereitung vor diesem Vorhaben keine Angaben zum Volumen der Probenentnahme vermerkt worden. Erst bei eigenen Probe- entnahmen der Profile „Bahsü“ und „Tsongu“ wurden die Volumenangaben der für die Aceto- lyse entnommenen Proben festgehalten und daraufhin die Konzentrationen der Sporomorphe pro Probe ermittelt. Die Konzentrationsangaben dieser beiden Profile werden in SM / cm3 (Sporomorphe / cm3) Probenmaterial angegeben (s. Kap. 2.3.). In den Proben der Profile „Hai ze Shan“, „Yak“, „Shih ch’ü“, „Chudra“, „Nam Co“, „Himmelsee“ und „Miby“ wurde versucht, die Anzahl der Sporomorphe auf 1 ml Volumen der aufbereiteten Probe in Relation zu setzen, um Hinweise zum Polleninflux und somit zur Pollenführung einzelner Proben zu erhalten.

Um die Interpretationsmethoden an den pollenanalytischen Ergebnissen der Proben des fossilen Materials zu überprüfen, eignet sich der Vergleich mit Oberflächenproben (COUR ET AL. 1999, FRENZEL 2002b, 2004, HERZSCHUH ET AL. 2003, SCHLÜTZ 1999, SHEN CAIMING 2003, SUN XIANGJUN ET AL. 1986, YU GE ET AL. 2001). Für die Rekonstruktion vegetationsgeschichtlicher, paläoklimatischer und –ökologischer Ergebnisse sind auch die Informationen der PK, die aus dem Fernflug stammen, bedeutend (u.a. BEUG & MIEHE 1998, 1999, BRÄUNING 2002, COUR ET AL. 1991, FRENZEL 1994b, s. auch Kap. 1.2.).

Für die Profile „Tsongu“, „Shih ch’ü“, „Chudra“, „Bahsü“, „Nam Co“, „Himmelsee“ und „Miby“ wurden hinsichtlich des Polleninflux die Oberflächenproben des jeweiligen Standortes unter- sucht. Der Pollenniederschlag eines jeden Standortes kann sich erheblich durch die unter- schiedlichen biotischen und abiotischen Bedingungen unterscheiden. Es ist daher unerlässlich, Informationen darüber zu erhalten. Bei den Profilen „Yak“ und „Hai ze Shan“ sind keine Oberflächenproben vorhanden, da die Profilentnahme aus der Stratigraphie heraus und/oder z.T. unter den erschwerten Bedingungen im Gelände erst bei entsprechender Tiefe möglich war. Es liegen bei diesen Profilen auch keine Oberflächenproben aus der näheren Umgebung vor. Dabei wird versucht, Ergebnisse aus Oberflächenproben anderer Untersuchungen vergleichend heranzuziehen.

Der Vergleich dient zum besseren Verständnis, inwieweit der Pollenniederschlag die rezente Vegetation widerspiegelt. Dabei werden wichtige Hinweise für die Rekonstruktion früherer Vegetationsformen mittels der Pollenanalyse geliefert (s. Kap. 2.8.3.).

Geeignete Probestellen können Moospolster, organische Oberflächenböden oder See- sedimentproben kleinerer Seen sein (VAN CAMPO ET AL. 1996, DAMBACH 2000, HERZSCHUH ET AL. 2003, JARVIS & CLAY-POOLE 1992, PRENTICE ET AL. 1987, SHEN CAIMING 2003, SUN XIANGJUN ET AL. 1987) oder spezielle Pollenfallen, die als Filter der Atmosphärenluft fungieren (VAN CAMPO ET AL. 1996, COUR ET AL. 1999, JARVIS 1993).

Für die Standorte am Nam Co konnten zusätzliche Oberflächenproben ausgezählt werden, die dankenswerterweise noch durch die Hinweise aus den Vegetationsaufnahmen von jeweils drei Quadraten, durchgeführt von Frau Chr. Roth (mdl. Mitt.), verglichen werden können. Für den Vergleich der pollenanalytischen Befunde wurden je zwei Oberflächenproben in un- mittelbarer Nähe der beiden Profilstandorte am Nam Co entnommen, jeweils eine direkt als Bodenprobe, die andere aus Polsterpflanzen. 2. Material und Methoden 108

Tab. 4: Oberflächenproben am Nam Co.

Probenbezeichnung Nähe zum Art der Entnahme Gesamtdeckung Profil der Vegetation (%) Nam 1 Nam Co Oberfläche Boden 30 - 50 Nam 2 Nam Co Polsterpflanze 30 - 50 Nam 3 Himmelsee Oberfläche Boden 12 - 30 Nam 4 Himmelsee Polsterpflanze 12 - 30

Die Proben „Nam 1“ und „Nam 2“ wurden am obersten Strandwall (mdl. Mitt. B. FRENZEL und CHR. ROTH) entnommen. Die Vegetation ist dort durch eine Stipa-Steppe gekennzeichnet. Hin- weise aus Vegetationsaufnahmen liegen für diesen Standort vor (Nam 2/1, 2/2, 2/3). Die Fläche befindet sich in unmittelbarer Nähe des Prallhanges und des Profils „Nam Co“. Die Proben „Nam 3“ und „Nam 4“ liegen in unmittelbarer Nähe zum Profil „Himmelsee“ und stammen von einer Strandterrasse in etwa 10 m über der beschriebenen „Lagune“. Zu den Oberflächen- proben liegen Hinweise aus den Vegetationsaufnahmen (Nam 1/1, 1/2, 1/3) vor (mdl. Mitt. CHR. ROTH und B. FRENZEL). Die Vegetation am Nam Co wird beispielsweise von NÖLLING (2006), KAISER (2004) und im ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) beschrieben.

2.3. Aufbereitung für die Pollenanalyse

Die Bohrkerne und Bohrproben wurden nach der Entnahme im Gelände in Plastik-Halbschalen dicht eingepackt. Nach jeder der Expeditionen wurden diese im Institut für Botanik der Uni- versität Hohenheim eingefroren und unmittelbar vor der Aufbereitung aufgetaut. Im Anschluss daran wurden die Proben, i.d.R. im Abstand von 2,5 cm, entnommen und acetolysiert. Dabei wurde nach der Methode von EISELE ET. AL. (1994) vorgegangen. Die Proben enthalten vielfach mineralischen Staub, sowie Sand und Feinsand, so dass oftmals vor der eigentlichen Acetolyse eine „Schweretrennung“ erforderlich war. In diesen Fällen wird die abzentrifugierte Probe nach der Behandlung mit Natronlauge mit einer Natriumpolywolframat-Lösung versetzt (s. EISELE ET AL. 1994). Je nach Probenmenge werden die Proben in Schüttelflaschen oder Zentrifugengläser überführt und auf eine Schüttelmaschine gegeben. Danach werden diese austariert und erneut abzentrifugiert. Entsprechend der Probenbeschaffenheit musste ggf. mit Flusssäure (HF) behandelt werden, um letzte Rückstände, wie grobe Körner aus Sanden, etc., aufzulösen bevor die eigentliche Acetolyse erfolgte.

Für die einzelnen, ausgezählten Proben waren folgende Aufbereitungssmethoden notwendig:

Tab. 5: Häufigkeitsverteilung (%) der Aufbereitungsmethoden der Profilproben vor der Acetolyse.

Profil Schwere- Flusssäure Profil Schwere- Flusssäure trennung (HF) trennung (HF) % % % % Hai ze --- 100 Bahsü 91 9 Shan Yak 11,1 88,9 Nam Co 100 --- Tsongu 21,4 78,6 Himmelsee 6,1 93,9 Chudra --- 100 Miby 47,6 52,4 Shih ch’ü 80 20

Zu Beginn dieses Vorhabens waren sieben der neun bearbeiteten Profile bereits für die Pollen- analyse durch die Technischen Assistentinnen Frau G. Eisele, Frau S. Liner und Frau S. Papenfuß aufbereitet worden. Für die sorgfältige Aufbereitung dieser Proben bin ich den Mit- arbeiterinnen sehr dankbar. Aufgrund der z.T. stark variierenden Profilzustände und Beschaffenheiten waren die Mit- arbeiterinnen gezwungen, stets unterschiedliche Probenvolumina zu wählen. Die Informationen 2. Material und Methoden 109 darüber lagen mir leider nicht vor. Probenvolumina sind notwendig, um nach der Auszählung die Konzentration der Sporomorphe (SM / cm3) zu berechnen (s. Kap. 2.2.). Die Proben der beiden Profile „Tsongu“ und „Bahsü“ wurden gemeinsam mit Frau G. Eisele aus den Bohr- kernen entnommen. Die Volumina wurden festgelegt und sind die Basis für die Berechnung der Sporomorphenkonzentrationen dieser Profile. Bei den weiteren sieben Profilen („Hai ze Shan“, „Yak“, „Chudra“, „Shih ch’ü“, „Nam Co“, „Himmelsee“ und „Miby“) wurde die Pollensumme auf die ausgezählten Deckgläschen bezogen, so dass lediglich Hinweise über die Pollenführung dieser Präparate vorliegen. PK, die aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes, z.B. durch Korrosion, nicht angesprochen werden konnten, werden in der Gruppe der Indeterminata geführt. Sie geben ebenfalls Hinweise zum Erhaltungsgrad der PK (s. Kap. 3.1.).

Die Ermittlung des mineralischen Anteils kann in Bodenprofilen durch den Glühverlust bestimmt werden. Dabei erlauben der mineralische Anteil einer Probe sowie deren Veränderungen mehrerer Proben im Profil Rückschlüsse auf die Moor- und Sedimententwicklung (SMETTAN 1995). Da bereits sieben der in dieser Arbeit bearbeiteten neun Profile vor Beginn meiner Projekttätigkeit aufbereitet worden waren, ist es z.T. schwierig, im Nachhinein den Frage- stellungen entsprechend zusätzliche Informationen zu erhalten. Sofern nach der Aufbereitung für die Pollenanalyse Restmaterial verblieb, wurde dies aufbewahrt. In vielen Fällen war es ent- weder notwendig, das vorhandene Material zu verbrauchen, oder es war nach der Proben- entnahme aus verschiedenen Gründen nicht mehr für weitere Verwendungszwecke brauchbar. Unter diesen Umständen wurde für diese Arbeit von einer Glühverlustermittlung abgesehen.

2.4. Durchführung der Pollenanalysen

Die Pollenanalysen wurden an einem Lichtmikroskop der Firma ZEISS, Typ Standard RA14, durchgeführt. Dabei wurde das flüssige Glycerin in den aufbereiteten Probenröhrchen abge- gossen, bzw. mit der Pipette abgenommen und mit frischem Glycerin aufgefüllt, um optimale optische Bedingungen zu schaffen. Bei zu geringer Pollenführung wurden die Proben ent- sprechend aufkonzentriert. Mit einem Glasstab wurde ein Tropfen der gut durchmischten Probe auf einen Objektträger gegeben und mit einem Deckglas abgedeckt. Die aufkonzentrierten Proben hingegen wurden mit einem Kupferspatel homogen durchmischt und mit einer Pipette auf den Objektträger auf- getragen. Anschließend begann die Auszählung aller Sporomorphen (Pollen und Sporen) entlang eines 18 mm x 18 mm großen Deckgläschens im Abstand von jeweils 0,5 mm. Die erste und letzte Zeile wurden im 0,5 mm Abstand zum Deckgläschenrand begonnen, bzw. beendet. Die Aus- zählung erfolgte bei einer 400fachen Vergrößerung. Die Daten werden in Zähltabellen eingetra- gen. Um auf die gewünschte Menge an Sporomorphen zu kommen, wurden ggf. mehrere Deckgläschen ausgezählt. Es wurde stets eine Mindestmenge von 400 Sporomorphen ange- strebt. In einzelnen Profilen, bzw. Proben, war es selbst nach Auszählung mehrerer Deckgläser leider nicht immer möglich, diese Summe zu erreichen oder es erschien als zu zeitintensiv, als dass es zu einer deutlich verbesserten Aussage durch die extrem geringe Quantität der PK käme. Mehr als 2/3 der ausgezählten Proben erreichten die Mindestmenge, ein Großteil weit mehr mit maximalen Summen von > 2000 Stück. Bei den beiden Profilen am Nam Co sowie dem Profil „Yak“ waren oftmals Summen von < 400 Stück erreicht worden. Es wurde jedoch stets eine weit höhere Summe angestrebt, um vor allem die Vertreter der „synanthropen Taxa“ zu erfassen, die aufgrund ihrer meist insektenblütigen Vertreter eher unterrepräsentiert sind (s. Kap. 2.8.3. und Kap. 2.8.5.).

Bei entsprechender Notwendigkeit wurde im Phasenkontrast analysiert. Einzelne Be- stimmungen erfolgten bei einem Vergrößerungsfaktor von 1000 mit Hilfe von Anisol, um optische Beeinträchtigungen bei einer solchen Vergrößerung gering zu halten. Das Vorkommen von Kohleflittern wurde ebenso erfasst, des weiteren Verbände der Algengattung Pediastrum Meyen und weitere organische Befunde (s. Kap. 2.5.). Auffälligkeiten zum Zustand der Proben wurden ebenso vermerkt.

2. Material und Methoden 110

Einzelne Luftsäcke der Koniferengattungen Pinus, Picea und Abies (s. auch deren Übergangs- formen, wie in Kap. 3.1. beschrieben) wurden separat aufgenommen. Die Handhabung der Gruppe „Varia“ und „Indeterminata“ werden ebenso in Kap. 3.1. erläutert.

Desweiteren wurden stets während des Zählens zusammenhängende PK („clumps“, „cluster“) berücksichtigt. I.d.R. folgt nach der Meiose die Trennung der ursprünglichen vier PK. Zusammenhängende PK können möglicherweise paläoökologische Hinweise geben (z.B. DEMSKE & MISCHKE 2003, HERZSCHUH ET AL. 2006b, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2007, mdl. Mitt. M. KNIPPING).

2.5. Bestimmung der Sporomorphen und „Non-Pollen- Palynomorphen“ (NPP)

Die Bestimmung der Sporomorphen (Pollenkörner und Sporen) erfolgte nach BEUG (1961, 2004), FÆGRI & IVERSEN (1993), GUPTA & SHARMA (1986), JARVIS ET AL. (1992), REILLE (1992, 1995) und YING TSUN-SHEN ET AL. (1993). Im Jahre 2004 erschien das umfassende Werk von BEUG zur Pollenbestimmung für Mittel- europa und angrenzende Gebiete. Damit ist eine deutlich detailliertere Ansprache der PK möglich. Die Bestimmung in den Jahren zuvor erfolgte nach den verfügbaren, oben erwähnten, Pollenbestimmungsschlüsseln. Desweiteren wurde auf die Sammlung von Vergleichspräpara- ten des Instituts für Botanik der Universität Hohenheim (> 1800 Präparate) zurückgegriffen. Diese wurden im Zuge der laufenden Arbeiten durch die gezielte Sammlung von Pollenproben aus den botanischen Gärten der Universität Hohenheim, sowie universitätsfremden botanischen Einrichtungen und Gärten ergänzt (s. Anhang Kap. 8.4.).

Es war zu erwarten, dass ein Großteil der Pollenflora mit der bekannten mitteleuropäischen Pollenflora abgedeckt werden kann. Im Hinblick auf bestimmte, im Untersuchungsgebiet vor- kommende Arten und Gattungen einzelner Taxa, mitunter endemischer Taxa (vgl. Kap. 1.9.), war es dennoch erforderlich, fortlaufend Vergleichsmaterial zu beschaffen. Dazu wurden während der Vegetationsperiode die gewünschten Pflanzenarten während der Blühstadien in den universitätseigenen botanischen Gärten der Universität Hohenheim beprobt. Desweiteren wurden über 65 nationale und internationale botanische Einrichtungen ange- schrieben, um an weitere Pollenproben bestimmter Taxa zu gelangen. Die Resonanz lag bei etwa 10 %. Eine Liste aller beteiligten botanischen Einrichtungen ist im Anhang, Kap. 8.4., zu entnehmen. Auch an dieser Stelle sei allen hier beteiligten Personen und Einrichtungen noch- mals gedankt. An dieser Stelle sei auch auf das Problem der einheitlichen Nomenklatur hingewiesen. Leider haben zahlreiche beschriebene Taxa mehrere Synonyme. Die Taxonomie ist also in Tibet nicht eindeutig geklärt. Dies betrifft vor allem die Familie der . Unweigerlich führt dies zu erheblichen Verwirrungen. Dieses Problem ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass wir es in SO-TP mit einem Entstehungszentrum (Endemismuszentrum nach PATSCHKE 1913) vieler Pinaceen, vornehmlich der Gattungen Picea, zu tun haben. PK der Gattung Picea weisen beispielsweise oftmals variierende Pollenwandstärken am „Rücken“ des PK auf. Dieses und weitere pollenmorphologische Unterschiede wurden in Kap. 3.1. beschrieben. Einzelne Präparate wurden mit Herrn Dr. F. Schlütz, Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissen- schaften, Georg-August-Universität Göttingen, ausgetauscht. Für die Kooperation sei hierfür nochmals gedankt.

In Anbetracht der auf dem TP vorkommenden reichen Flora muss dennoch mit dem Erscheinen von Pollentypen gerechnet werden, die sich nicht mit der verfügbaren Pollenbestimmungs- literatur, bzw. den Vergleichspräparaten, ansprechen lassen. In solchen Fällen wurden die Pollentypen morphologisch beschrieben und gesondert erfasst. Handelt es sich um PK mit ein- deutigen, charakteristischen Merkmalen einer Gattung oder Familie, die sich aber nicht in eine eigene Art- oder Pollentyp-Gruppe zuordnen ließen, erfolgte stets die Angabe der eindeutigen, übergeordneten Gruppe, im Zweifelsfall die der Pflanzenfamilie. Pollentypen, die zwar eindeutig einer pollenmorphologisch beschriebenen Pflanzenart oder -gattung zugeordnet werden konn- 2. Material und Methoden 111 ten, wurden stets mit dem Zusatz „-Typ“ angegeben, da nicht immer bekannt ist, welche Arten und Formenkreise sich auf dem TP dahinter verbergen können. BEUG (2004) gibt für die Nomenklatur einzelner PK und Typen detaillierte Beschreibungen.

Es fielen vielfach Größenunterschiede einzelner Pollentypen des offenbar selben Taxons bei der Analyse auf (u.a. Artemisia). FÆGRI & IVERSEN (1975) weisen auf die nicht zu unter- schätzenden Unterschiede der Sporomorphengröße und der Morphologie von PK gleicher Art hin. Auch dies galt es, zu beachten (s. Lit. In FÆGRI & IVERSEN 1975).

In einzelnen Profilen und Proben kamen immer wieder Pediastren vor. Sie wurden, soweit möglich, nach dem Bestimmungsschlüssel von BRUNNTHALER (1915) bestimmt. Er beschreibt auch die schwierige Artabgrenzung und die außerordentliche Variabilität dieser Gattung und ihrer Arten. Pediastrum wurde auf die Summe der Sporomorphen bezogen und prozentual dargestellt.

Kohleflitter können wichtige Hinweise auf (Wald-)Brand im Untersuchungsraum geben, und als Indikator zur Rekonstruktion des Feuers dienen (s. Lit. in TINNER ET AL. 2006) und somit eben auf menschliche Aktivitäten (SMETTAN 1995). Die Erfassung der Kohleflitter wurde halbquantitativ (vgl. JACOMET ET AL. 2003) durchgeführt und in eine Skala von 0 bis 4 (0 = keine bis sehr wenig, 1 = wenig, 2 = mittel, 3 = viel, 4 = sehr viel) übertragen. Da bei den Flittern nicht immer klar erkennbar ist, ob es sich um Flitter von Holzkohle oder um Kohleflitter i.A. handelt, die z.B. auch von krautigen u.a. Pflanzen stammen könnten, wurde hierfür der Begriff „Kohleflitter“ gewählt. Um dennoch Hinweise auf Funde von Holzkohleflittern zu erhalten, wurde versucht, die Kohlefunde bei der Durchsicht der Profilrück- stände „Tsongu“ und „Bahsü“ auf Makroreste zu berücksichtigen. Nach der Behandlung mit Natronlauge in der in EISELE ET AL. (1994) beschriebenen Methode zur Probenaufbereitung, wurde das Restmaterial aufgefangen, um es nach Makroresten durchzusehen (s. nach- stehendes Kap. 2.6.). Auffälligkeiten des Erhaltungsgrades wurden vermerkt. Solche Merkmale deuten oftmals auf starke Zersetzung hin. Nach TINNER ET AL. (2006) stammen gemäß einer Untersuchung in den Schweizer Alpen die höchsten Anteile von Holzkohleflittern von Waldbränden aus einer Distanz von < 50 m und geben somit recht gute Hinweise auf die Rekonstruktion lokaler Feuer.

2.6. Makroreste einzelner Proben und Profile

Fossile Makroreste sind ziemlich gute Indikatoren der lokalen Vegetation und geben recht sichere Hinweise auf die tatsächliche Anwesenheit der zugehörigen Pflanzen (FÆGRI & IVERSEN 1975). Zu Beginn dieser Arbeit lagen die Proben der Profile „Hai ze Shan“, „Yak“, „Chudra“, „Shih ch’ü“, „Nam Co“, „Himmelsee“ und „Miby“ bereits acetolysiert in Probenröhrchen vor (s. Kap. 2.3.). Bei den danach aufbereiteten Profilen „Tsongu“ und „Bahsü“ konnten die Pflanzen- und Probenreste nach der Behandlung mit Natronlauge vor der Acetolyse separiert werden. Aus diesen Resten wurden die Makroreste entnommen. Die Proben wurden dafür in eine Petri- schale überführt und in einem ZEISS-Binokular bei einer 40fachen Vergrößerung durch- gesehen. Früchte und Samen, sowie größere Kohlestückchen, wurden dabei herausge- nommen. Die Früchte und Samen wurden dankenswerterweise mit Hilfe von Herrn Dr. H.-P. Stika, Institut für Botanik der Universität Hohenheim, bestimmt, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Die Bestimmung erfolgte in Anlehnung an europäische Vergleichspräparate und Bestimmungs- schlüssel.

Kohleflitter wurden dabei ebenso entnommen und erfasst. Die Erfassung der Kohleflitter wurde „halbquantitativ“ (JACOMET ET AL. 2003) durchgeführt, d.h. die Flitter wurden in der gesamten Petrischale auf deren Häufigkeit geschätzt, so dass Aussagen hinsichtlich der Abundanz getroffen werden können (vgl. auch Kohleflittererfassung bei den Pollenanalysen in Kap. 2.5.). 2. Material und Methoden 112

2.7. Die Altersdatierung nach der 14C-Methode

Bei allen Profilen wurden Proben für die 14C-Datierung entnommen. Nach einer ersten groben Einschätzung aufgrund des Geländebefundes, sowie nach einer z.T. ersten groben Durchsicht auf Sporomorphe der aufbereiteten Proben, wurden von Herrn Prof. B. Frenzel die Abstände für die Altersdatierung der Profile „Hai ze Shan“, „Yak“, „Shih ch’ü“, „Nam Co“, „Himmelsee“ gewählt und im LIAG, Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Geochronologie und Isotopenhydrologie (ehemals GGA-Institut Geochronologie und Isotopenhydrologie) in Hannover, unter der damaligen Leitung von Herrn Prof. Dr. M. Geyh, datiert. Für die Profile „Chudra“ wurden zunächst zwei Proben (Basis und Mitte) und bei „Miby“ eine Probe durch Herrn Dr. M. Groß (damals Institut für Botanik, Universität Hohenheim) zur 14C-Datierung ver- anlasst, so dass bereits vor der Pollenanalyse diese 14C-Daten vorlagen. Die Proben der Profile „Tsongu“ und „Bahsü“ wurden während dieser laufenden Arbeit ausge- wählt. Bei den Profilen „Hai ze Shan“, „Chudra + Chudra-Monolith“ und „Miby“ haben sich Nachdatierungen bestimmter Profilabstände nach den eigenen Pollenanalysen als notwendig erwiesen. Diese wurden im selben Institut unter der Leitung von Herrn Prof. M. Frechen durch- geführt. Für diese Möglichkeit bin ich den Herren Prof. M. Frechen und Prof. B. Frenzel sehr dankbar. 2. Material und Methoden 113

Tab. 6: Aufstellung der einzelnen Profilabschnitte für die 14C-Proben.

Profil Profilab- Jahr der Kalibration Profil Profilab- Jahr der Kalibration (Teil-) schnitt (cm) Datierung schnitt (cm) Datierung Yak 45-50 2001 1) Bahsü 13,5-14,5 2007 1) 100-105 1) 21,5-22,5 (vorläufig) 1) 150-155 1) 37,5-38,5 1) 195-200 1) 44-47 1) 220-225 1) 62-67 1) 72-75 1) 81-82 1) 97-100 1) 107-108 1) Tsongu 20,0-21,0 2004 2) Nam Co 50 2002 1) 34,0-34,5 1) Seekreide 150 1) 67,5-70,0 1) 171 1) 96,0-97,5 2) 3) 185 1) 118-119 1) 225 1) 129-130 1) 240 1) 280 1) 295 1) 310 1) 330 1) 339 1) Hai ze 100-105 2001 1) Nam Co 280 2003 1) Shan 200-204 1) Pflanzen- 295 1) 300-305 1) reste 310 1) 400-405 1) 330 1) 500-505 1) 339 1) 600-605 1) 700-705 1) 800-805 1) 900-905 1) 1000-1005 1) 1095-1100 1) 1200-1205 2007 1) 1270-1275 (vorläufig) 1) 1290-1300 1) Shih 35-40 2001 1) Himmel- 50 2002 1) ch’ü 73-78 1) see 100 1) 106-111 1) 150 1) 146-151 1) 200 1) 181-186 1) Chudra 60-65 2007 1) Miby 40-44 2007 1) 135-140 (vorläufig) 1) 50-54 (vorläufig) 1) 150-155 1) 94-98 1) 100-102 Angaben 4) 112-116 1) 4) 170-172 B. Frenzel 4) 132-144 1) 82-83 Angaben 4) 4) B. Frenzel Chudra- -30-(-)35 2007 1) Monolith -10-(-15) (vorläufig) 1) -5-10 1) 35-40 1) 1) Kalibration nach IntCal04 (REIMER ET AL. 2004) mit einer Sicherheitswahrscheinlichkeit von 95,4 %. 2) Datum könnte außerhalb des Kalibrationsbereiches liegen. 3) Kalibration nach IntCal04 aufgrund der jungen Daten und des großen Fehlerbereiches nicht möglich. Angaben aus den Originaldatenblättern des LIAG, Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Geochronologie und Isotopenhydrologie, Hannover nach STUIVER & REIMER (1993), Sicherheitswahrscheinlichkeit 97,5 %. 4) Keine Fehlerabweichung vorliegend.

2. Material und Methoden 114

Aufgrund der im Untersuchungsraum zu erwartenden Probleme, die z.B. durch Frostaktivitäten entstehen können, ist es notwendig, mehrere Altersdatierungen innerhalb eines Profiles in geeigneten Abständen vorzunehmen. FRENZEL (z.B. 2005, 2007b) konnte zeigen, dass es im Holozän, bis in die Neuzeit, immer wieder zu Störungen durch Auftauen und Gefrieren im Permafrostgebiet und damit zu Umlagerungen der Torf- und Humuslagen kommen kann. Des- weiteren können Störungen durch Durchwurzelung aus jüngeren Abschnitten und/oder Umlagerungen älteren, bzw. jüngeren, Materials begründet sein oder es treten im Profil Hiaten auf (z.B. FRENZEL 2007ab). Extreme Temperaturwechsel, vor allem im Sommerhalbjahr durch die starke Sonneneinstrahlung, können die Böden im Wechsel tauen und frieren lassen. Tages- zeitliche Wechsel wurden vor allem zwischen Oktober und Dezember und Februar bis Anfang Mai, Zentral-TP, beobachtet (YANG MEIXUE ET AL. 2007). Aufgrund dieser Aggregatswechsel muss mit Störungen gerechnet werden. FRENZEL (2007a) setzt sich intensiv mit den Problemen und auch möglichen Fehlinterpretationen anhand von 14C-Daten auseinander.

Aber nicht nur aufgrund der im Frostgebiet gegebenen Probleme ist es notwendig, mehrere Altersdatierungen eines Profils durchzuführen, sondern natürlich auch, um eine möglichst exakte Vorstellung vom Moorwachstum, bzw. der Sedimentgenese zu erhalten. Interpolierte Daten in geologischen Profilen täuschen oftmals eine konstante Geschwindigkeit der Genese vor. Aufgrund von Bioturbationen und anderen Umlagerungen in den Sedimenten können die wahren Altersdaten jedoch von den interpolierten abweichen (SOLOW 2003). Alters- daten sollten daher immer mit genauen geologischen und paläobiologischen Analysen kombi- niert werden (FRENZEL 2007a). Aus diesen Gründen wird von derartigen Interpolationen in dieser Arbeit abgesehen, obwohl von anderen Arbeitsgruppen vielfach Interpolationen, auch bei Profilen im Umfeld dieses Untersuchungsraumes, durchgeführt werden (z.B. SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009).

Vorsicht ist auch bei Profilen aus den verlandeten Zonen von Seen geboten. Überflutungsereig- nisse und andere dynamische Prozesse könnten Störungen in der Stratigraphie hervorrufen. Seesedimente können durch Seespiegelschwankungen verändert werden, die z.B. wiederholt umgedrehte Torflagen verursachen können (z.B. VASIL’CHUK ET AL. 2001).

Im Text werden bei den Altersangaben stets unkalibrierte 14C-Daten erwähnt werden und als Jahre (y) B.P. (B.P = „before present“, 0 B.P. = Jahre vor 1950; v.h. = vor heute) angegeben. Damit lassen sich die Originaldaten jederzeit den sich ändernden, zunehmend verbesserten Kalibrationskurven neu angleichen (vgl. REIMER ET AL. 2004, STUIVER & REIMER 1993, STUIVER ET AL. 1998). Die Angaben in Publikationen über diesen und angrenzende Untersuchungsräume erfolgen vielfach unkalibriert. Die Daten lassen sich somit durch die Angabe von unkalibrierten Altersangaben besser vergleichen. In den PD werden jedoch sowohl die konventionellen 14C- Daten als auch die kalibrierten Daten angegeben, um dem Betrachter die Wahl zu überlassen. Die Kalibrationen der konventionellen 14C-Daten in dieser Arbeit wurden nach REIMER ET AL. (2004), unter Verwendung des Programmes OxCal online mit der Kalibrationskurve IntCal2004 vorgenommen und damit dem aktuellen Stand angeglichen (vgl. Tab. 6). Die kalibrierten Kalenderdaten werden hier als cal B.C. (kalibriert, Before Christ), bzw. cal A.D. (kalibriert, Anno Domini) angegeben. Es sei darauf hingewiesen, dass zwischen 12.400 und 26.000 cal y B.P. über das Ende der Baumringdaten hinaus, marine Datensätze in atmosphärische Äquivalente konvertiert wurden (REIMER ET AL. 2004).

14C entsteht in der Atmosphäre durch Veränderungen des magnetischen Dipolmoments der Erde und durch Veränderungen des Sonnenmagnetfelds (GLIEMEROTH 1995, NEFF ET AL. 2007, STUIVER ET AL. 1998). Die Verteilung des ursprünglichen 14C-Gehaltes in der Atmosphäre ist in der Vergangenheit nicht immer konstant gewesen (FRENZEL 2007ab, STUIVER ET AL. 1998), so dass die 14C-Daten durch andere Datierungsverfahren kalibriert werden müssen, um eine Altersangabe in Kalenderjahren zu erhalten. Die Dendrochronologie und die jahreszeitlich geschichteten geologischen und glaziologischen Sedimentanalysen eignen sich dafür besonders, sofern es sich bei letzteren auch wirklich um jahreszeitlich geschichtete Abfolgen handelt. Für ältere Daten wird die Kalibration anhand mariner Datensätze (aus z.B. Korallen, Foraminiferen) durchgeführt (FRENZEL 2007ab, REIMER ET AL. 2004, STUIVER ET AL. 1998). Schwankungen der 14C-Gehalte in der Atmosphäre sind sowohl während des Überganges letzte Eiszeit (Spätglazial) und Holozän (~ 15.000 - 14.400 cal y B.P.) bekannt, sowie mehrere 2. Material und Methoden 115

Oszillationen zwischen 40.000 und 15.000 cal y B.P., mit > ~ 600-Jahre-Plateaus in der Zeit zwischen ~ 29.100 und 38.400 cal y B.P. (STUIVER ET AL. 1998, vgl. FRENZEL 2007a). Um diese Anomalien bei den paläoökologischen, –klimatischen und vegetationsgeschichtlichen Interpre- tationen auszugleichen, ist die Anwendung der „wahren“ Kalenderjahre sinnvoll. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund von Unsicherheiten in den Kalibrationskurven der untersuchten Regionen dennoch Lücken von > 700 Jahren zwischen 16.000–17.000 cal y B.P., 20.600–21.600 cal y B.P., 23.800–24.600 cal y B.P. bestehen bleiben. Demnach sind die Kalibrationen in diesen zeitlichen Bereichen ungenau (REIMER ET AL. 2004).

Bei organischem Material aus Seesedimenten muss der sogenannte Hartwassereffekt (freshwater reservoir effects) berücksichtigt werden. Andere Kohlenstoffquellen können, neben der Atmosphäre, z.B. karbonathaltiges Wasser sein. Um derartige mögliche Effekte interpre- tieren zu können, müssen diese Umstände bei der Altersdatierung berücksichtigt werden (s. auch FRENZEL 2007a, FONTES ET AL. 1993 am Sumxi Co, FONTES ET AL. 1996 am Bangong Co, MORRILL ET AL. 2006 am Ahung Co, ZHU LIPING ET AL. 2008 am Nam Co und SHEN CAIMING 2003 am Qongjiamong, S-TP).

2.8. Auswertung und Darstellung der Ergebnisse

2.8.1. Erstellung der Pollendiagramme

Alle ausgezählten Sporomorphe (Pollen, Sporen) wurden in Excel-Tabellen eingegeben und deren Mengenverhältnisse prozentual berechnet. Die Grundsumme für die Berechnung setzt sich aus BP und NBP zusammen; dagegen werden Cyperaceen, Wasserpflanzen und Sporen nicht in die Grundsumme einbezogen, beziehen sich aber auf jene. Die Werte der Pediastren, sowie einzelne andere organische Bestandteile (s. Kap. 3.1.) beziehen sich ebenfalls auf diese Grundsumme. Nach FÆGRI & IVERSEN (1975) gibt es keine „richtige“ Basis als Pollensumme, vielmehr ist die Fragestellung dafür verantwortlich. Beispielsweise kann in einer bewaldeten Untersuchungs- fläche der BP genauso aus der Summe entnommen werden, wenn die Entwicklung der offenen Landschaft durch den Einfluss des Menschen im Vordergrund steht. Für die vorliegende Untersuchung ist sowohl die Entwicklung des Waldes, als auch die der „natürlichen“, sowie der durch den Menschen geschaffenen Vegetation, teils „Steppen“, von Bedeutung und gerade die Abgrenzung beider Vegetationssysteme und deren sukzessionsab- hängige Entwicklungen und Veränderungen sind wichtig. Es schien deshalb sinnvoll, als Basis- summe alle PK (BP und NBP) einzubeziehen, allerdings ohne die Cyperaceen, Wasserpflanzen und Sporen. Obwohl die Cyperaceen sowohl aus dem feuchten Millieu stammen können, als auch vermutlich aus den trockeneren (Weide-) Standorten, vertreten z.B. durch die Gattung Kobresia, meist namengebend durch Kobresia pygmaea (vgl. Kap. 1.9.), werden sie herausge- rechnet. Zum einen, weil die PK der Cyperaceen i.d.R. sehr stark vertreten sind und somit die eigentliche vegetationsgeschichtliche Entwicklung überdecken würden und zum anderen, weil genau diese Vertreter in einem (Nieder-)Moor, z.B. durch verschiedene Carex-Arten, aber auch feuchteliebende Kobresia-Arten natürlicherweise durch den Standort selbst stark präsent sind. Dadurch stünde der eng begrenzte lokale Einfluss im Vordergrund.

Alle Daten wurden mit Hilfe des Progamms Tilia, Version 2.0.b.4, eingelesen und auf die Darstellung in Tilia graph (Version 2.0.b.4), sowie TGView (Version 2.0.2) (GRIMM 1992, sowie weitere „updates“) vorbereitet. Für die notwendigen Hilfestellungen bei einzelnen Software- problemen bin ich ganz besonders Herrn Dr. E. C. Grimm, Illinois State Museum, U.S.A., dankbar.

Die einzelnen Pollentaxa der PD wurden als durchgehende Kurven prozentual dargestellt. Grau hinterlegte Kurven zeigen 5fach überhöhte Werte an. Bei den aufgrund der 14C-Daten gestörten Profilen wurde aus optischen Gründen dieselbe Grafikform gewählt. Bei der Interpretation und Diskussion dieser Ergebnisse wird besonders darauf geachtet, dass die Vegetationsentwicklung durch die sich ändernden Werte innerhalb einer Kurve nicht unbedingt in einer korrekten zeit- 2. Material und Methoden 116 lichen Abfolge steht und somit eine aufeinanderfolgende Vegetationsveränderung nur vor- täuscht.

Der Aufbau des PD von links nach rechts: 1. 14C-Daten, sowohl kalibriert (B.C. bzw. A.D.) als auch unkalibriert (B.P.). 2. Tiefe (cm) 3. Stratigraphie

Gesamtdarstellungen: 4. BP mit Sträuchern und NBP ohne Cyperaceae, „kumulativ“ 5. Cyperaceae 6. Poaceae 7. Wasserpflanzen 8. Sporen

Einzelne Kurven: 9. BP (zunächst Pionierpflanzen und Lichtzeiger, Koniferen, Laubbäume, z.T. thermophil) 10. Sträucher 11. NBP 12. NBP der Syn1-Gruppe (s. Kap. 2.8.5.): Synanthrope Taxa 13. Feuchtezeiger 14. Poaceae 15. Indeterminata 16. Varia 17. Cyperaceae 18. Wasserpflanzen 19. Unbestimmbare Pollentypen (z.B. Typ 8) 20. Sporen 21. Pediastren

Gebildete Summen und andere Parameter: 22. BP ohne Sträucher 23. Sträucher 24. Syn1 25. Syn1 ohne Ranunculaceae und Ranunculus-/Anemone-Typ 26. Syn2 27. Summe des BP Fern- und Weitfluges, abhängig vom jeweiligen Standort 28. Summe gesamt gezählter PK mit Cyperaceae („total“) 29. Konzentration der Sporomorphen (SM / cm3) bzw. Summe der Sporomorphen pro ml Probe (Σ SM / ml). 30. Kohleflitter 31. visuell gesetzte Zonierung 32. Dendrogramm der „constrained“ Cluster-Analyse (CONISS nach GRIMM 1987)

Wie in Kap. 2.8.2. und Kap. 2.8.3. erläutert wird, lassen sich auf dem TP (bisher) keine Pollen- zonen ableiten, die mit charakteristischen Veränderungen der Palynoflora gleichzusetzen sind, so wie es vielfach für weite Teile Europas angewandt wird (z.B. FIRBAS 1949, MANGERUD ET AL. 1974 und Lit. dort). Deshalb wurde eine eigene Zonierungsform gewählt, die im Vergleich zu dem Dendrogramm nach GRIMM (1987) nebenangestellt ist. Desweiteren wurde i.A. auf die Zuordnung und Anwendung von Chronozonen in dem hier untersuchten Raum verzichtet, da doch eine einheitliche, sichere chronostratigraphische Zonierung im Untersuchungsraum bisher gänzlich fehlt. Die zeitlichen Angaben im Text werden in 14C-Jahren B.P. (y B.P.) und z.T. in kalibrierter Form (cal y B.P.) gemacht (s. Kap. 2.7.). 2. Material und Methoden 117

2.8.2. Statistische Absicherung der Pollenzonen

Die Zonen innerhalb der PD wurden zunächst visuell erstellt, anhand der sich ändernden Abfol- gen der Pollenprozentwerte. Pollenzonen können durch die An- und Abwesenheit fossiler und/oder ausgewählter Taxa oder durch das gesamte Pollenspektrum hinweg abgegrenzt werden (GRIMM 1987). Es muss daher eine eigene Zonierung durchgeführt werden, die jeweils dem Standort, den Pollentypen und deren Veränderungen entsprechend, sinnvoll erscheint.

Um die visuell gesetzten Zonierungen in den PD statistisch zu überprüfen, wurde die durch GRIMM (1987) vorbereitete Software zur Darstellung von PD integrierter stratigraphisch „constrained“ Cluster-Analyse (CONISS, FORTRAN 77 Programm) nach der Methode „incremental sum of squares“ angewandt. Die Anwendung erfolgte innerhalb des Programms TGView (Version 2.0.2; GRIMM 1992, sowie weitere „updates“). Die dadurch ermittelten Dendrogramme werden am rechten Rand der PD, unmittelbar neben den eigentlichen Zonen aufgeführt und bilden dabei hierarchische Beziehungen der definierten Cluster. In die Cluster-Analyse selbst wurden alle Pollentaxa außer Wasserpflanzen, Cyperaceae, unbestimmbare Typen, Sporen, andere organische Bestandteile („Nichtsporomorphe“), sowie Summen (z.B. Syn1, Syn2, etc.) einbezogen. Wasserpflanzen werden hierbei nicht berück- sichtigt, da die Entwicklung der terrestrischen Pflanzen im Vordergrund steht und der lokale Effekt die eigentlichen Ergebnisse überschatten könnte. Geringe Prozentwerte < 3 % sind ebenfalls in der Grunddatei enthalten, obwohl GRIMM (1987) diese aufgrund des geringen Analyseeffektes dafür eliminiert. Die synanthropen und weidetoleranten Taxa sind i.d.R. insektenbestäubt und daher generell eher unterrepräsentiert (vgl. Kap. 2.8.3. und Kap. 2.8.5.). Die Fragestellung nach dem menschlichen Eingriff in den Haushalt der Natur mit den möglichen Beweidungseffekten steht aber gerade in dieser Arbeit mit im Vordergrund. Deshalb wurden auch die schwachen Vertreter in die Analyseberechnungen einbezogen. Weitere Hinweise zur möglichen Vorgehensweise anhand von Beispielen zur Definition der Analysekomponenten sind in GRIMM (1987) gegeben.

2.8.3. Interpretation der pollenanalytischen Ergebnisse und nichtsporomorphen Befunde

Man muss sich stets bei der Interpretation des fossilen Befundes bewusst sein, dass es sich um die erhaltenen Sporomorphe nach der Fossilisation handelt, ein Abbild einer „Totengemein- schaft“ also, mit allen Gesetzen der Zersetzung und Erhaltung am Standort. Wichtig für die Interpretierbarkeit pollenanalytischer Ergebnisse ist die Erkenntnis, inwieweit der Pollennieder- schlag die tatsächlichen Vegetationsverhältnisse widerspiegelt. Dazu hat sich bei der Inter- pretation von pollenanalytischen Ergebnissen der Vergleich von Oberflächenproben mit dem rezenten Vegetationsbild bewährt (s. Kap. 2.2.).

Desweiteren sind wichtige Voraussetzungen für die sichere Methodendurchführung der Pollen- analyse vor allem (s. auch FÆGRI & IVERSEN 1975): - die botanische Kenntnis der Umgebung, aus der das Profil gewonnen wurde, - die Tatsache, dass der Pollenniederschlag von blühenden Pflanzen stammt, d.h. die Anwesenheit von Pflanzen, die z.B aus irgendeinem Grund nicht zur Blüte kamen, spiegeln sich im PD nicht wider, - Überpräsenz (vor allem windblütiger Pflanzen) und Unterpräsenz (vor allem kleisto- gamer und insektenbestäubter Pflanzen) beeinträchtigen die Interpretation - edaphische Konditionen (Sand, Lehm) verändern sich genauso wie die rezente Vegetation, - Berücksichtigung der Höhenlage: der vertikale Pollentransport kann zu irritierenden Interpretationen führen, die Arten anwesend erscheinen lassen, deren Pollen aus dem Tiefland hochgeweht wurde. Pflanzen höherer Vegetationsgürtel produzieren weniger Pollen, demnach sind solche Spektren anfälliger für Kontaminationen durch Fernflug. 2. Material und Methoden 118

- Fehlinterpretationen, wie sie FÆGRI & IVERSEN (1975) beschreiben, müssen vermieden werden. Demnach muss die Abwesenheit einer „registration“ im PD nicht heißen, dass keine Veränderung geschehen ist, sondern die Veränderung lediglich keine „sichtbare Reaktion“ hervorgerufen hat. - Vorsicht bei Ablagerung von PK in Sedimenten durch z.B. Erosion oder Seespiegelschwankungen (FÆGRI & IVERSEN 1975).

Die durch die Pollenanalyse gewonnenen Ergebnisse müssen auf ihre heutigen floristischen und vegetationskundlichen Äquivalente interpretiert werden. Dazu eignen sich vor allem Unter- suchungen aus dem Pollenniederschlag von Oberflächenproben (COUR ET AL. 1999, DAMBACH 2000, FRENZEL 2004, GLIEMEROTH 1995, SCHLÜTZ 1999, YU GE ET AL. 2001), wobei bei der Deutung fossiler Pollentypen natürlich nicht unbedingt auf heute verbreitete Arten geschlossen werden kann. Dies ist heute leider oft zu beobachten. Eine pollenmorphologische Artunter- scheidung ist leider in den wenigsten Fällen möglich.

Weitere Voraussetzungen bei der Interpretation pollenanalytischer Ergebnisse sind die Kennt- nisse der Fortpflanzungsbiologie der im Untersuchungsraum vorkommenden Taxa, bzw. der Arten, die hinter den einzelnen Pollentaxa stehen (könnten). Ob eine Pflanzenart anemophil, entomophil, bzw. zoophil ist, ist für die spätere Interpretation im PD recht ausschlaggebend. Durch die Anwendung von „Korrekturfaktoren“ soll der Pollenniederschlag in einem bestimmten Gebiet art-(gattungs)spezifisch korrigiert werden und einem möglichst „wahren“ Wert des Bestandes entsprechen (ANDERSEN 1970, DAMBACH 2000, s. auch weitere Lit. dort). Der Korrekturfaktor entspricht dem Wert, der bei Multiplikation mit dem Quotienten des Deckungs- grades der Vegetation und dem Pollenprozentanteil („R/P“-Wert) die Zahl 1 ergibt (DAMBACH 2000, s. weitere Literatur dort). Die Überrepräsentation der windblütigen BP-Typen soll damit ausgeglichen werden (ANDERSEN 1970, DAMBACH 2000 s. dort Ergebnisse und weitere Lit.).

DAMBACH (2000) konnte anhand von Korrelationen des rezenten BP-Niederschlages und der Vegetation in lichten Wäldern Mitteleuropas bestenfalls eine bedingte Eignung aufzeigen. Dagegen bestehen in dichten montanen Wäldern Mitteleuropas gute Möglichkeiten. In Ab- hängigkeit des Radius’ der Probestelle und der Vegetationsform zeigen sich für Rodungs- flächen beste Korrelationen bei zwei Kilometern, in Wäldern dagegen bei 50 m, die sich mit zunehmendem Radius rapide verschlechtern. PRENTICE ET AL. (1987) stellten bei ihren Unter- suchungen anhand von Pollenproben aus 53 Seen S- und Zentral-Schwedens artspezifische (bzw. gattungsspezifische) Unterschiede hinsichtlich der Radien fest. Allein aufgrund der stark voneinander abweichenden Korrekturfaktoren ist zu erkennen, wie wichtig die Standortbedingungen bei der Interpretation sind. Für die Pollenvertreter auf dem TP gibt es bisher keine Korrekturfaktoren. In Anbetracht der sich stark ändernden Standortfaktoren auf dem TP ließen sich diese auch nicht problemlos übertragen. Umso wichtiger erscheint es, gezielt den Pollenniederschlag an Oberflächenproben zu erfassen und zu überprüfen (s. Kap. 2.2.). Zu berücksichtigen gilt die beschriebene Problematik der teils überrepräsentierten, meist wind- blütigen Pflanzenarten, aber auch, dass Pflanzen gar nicht im PD auftauchen können (GLIEMEROTH 1995 und Lit. dort). Die Rekonstruktion der ehemaligen Vegetation kann daher methodisch an Grenzen stoßen.

Die Saison spielt für den Pollenniederschlag ebenso eine wichtige Rolle. In NW-Tibet konnte anhand von Oberflächenproben gezeigt werden, dass Gehölze ihre Blühphase und damit Pollenproduktion im Frühling und Frühsommer, Chenopodiaceen der Wüsten im Sommer und Artemisien der Steppe im Spätsommer und Herbst haben (COUR ET AL. 1999, POLUNIN & STAINTON 1984). Der Einfluss des Monsuns in Hochasien mit saisonal stark wechselnden Wind- richtungen hat eine unterschiedliche Wirkung hinsichtlich des Pollenniederschlags. Pollenfern- flug einer „Pollenfalle“ im Lee kann schwächer als im Luv repräsentiert sein. Im Himalaya können bis in die alpine Stufe die Monsunwinde mit den lokalen Winden, in Richtung tibetisches Hochland, PK aus tieferen Lagen mitführen (BEUG & MIEHE 1989, 1999, BRÄUNING 2002).

BP-Fernflug in PD von Wüsten und Steppen ist leicht zu erkennen, während an bewaldeten Standorten eine Abgrenzung sehr schwierig werden kann (BRÄUNING 2002). Nimmt der BP eines Profils, welches rezent von Grasvegetation umgeben ist, zu, kann dies ein Hinweis auf 2. Material und Methoden 119

Gehölze z.B. an den Rändern eines Moores sein. Bei lokaler Abwesenheit der Gehölze, kann eine derartige BP-Zunahme ein Heranrücken des Waldes oder aber erhöhte Windgeschwindig- keiten mit höherem Fremdpollenanteil signalisieren (BRÄUNING 2002, FRENZEL 1994b). Eine schwache Vegetationsdecke mit wenig Pollenproduzenten lässt erhöhte Einträge durch Fern- und Weitflug erwarten (COUR ET AL. 1999, FRENZEL 1969, 2004, HERZSCHUH ET AL. 2003). FÆGRI & IVERSEN (1975) erörtern die Schwierigkeit über die Anwendung von BP und NBP und deren Interpretationsmöglichkeiten.

Beispielsweise sind überhöhte BP-Werte in Tundrengebieten wie N-Sibirien, N-Amerika (FRENZEL 1969, 2004), sowie im westlichen Sayangebirge von Russland bekannt (SIMAKOVA 1991). In Abwesenheit lokaler Baumbestände wurden Prozentwerte des BP im Flachland etwa 400 bis 500 km jenseits der polaren Waldgrenze von 5 bis zu 55 % ermittelt (FRENZEL 1969) und bis zu 75 % durch Pinus in der Gipfelzone des westlichen Sayangebirges (SIMAKOVA 1991). In Steppen dagegen spiegelten etwa 10 % des BP Gehölze in 10 bis 30 km Entfernung wider (FRENZEL 1969). Demnach kann der (BP-)Fernflug in Tundren eine beachtliche Fehlerquelle sein (FRENZEL 2004). BOTTEMA & WOLDRING (1990) beschreiben u.a. das Verhältnis von BP/NBP, des BP, sowie des regionalen Kräuterpollens als Indikatoren regionaler Verhältnisse. Schwache Waldöffnungen können mit einer erhöhten BP-Produktion reagieren, was vermutlich auf die verstärkte Blüh- fähigkeit, z.B. der niederen Äste, zurückzuführen ist. In Oberflächenproben zeigen diese Summen in stark degradierten Landschaften BP-Verluste von 25 bis 50 % an. Die Autoren betonen die kritische Anwendung des BP/NBP-Verhältnisses als Indikator menschlicher Aktivi- täten in fossilen Pollenspektren.

Inwieweit der BP tatsächlich Wald widerspiegelt, ist also sehr schwer abzuschätzen. Das zeigen nicht nur die zahlreichen Arbeiten zur Anwendung der Korrekturfaktoren. Die z.T. stark voneinander abweichenden Korrekturfaktoren, bezogen auf eine Art, bzw. Gattung, verschiedener Autoren (s. Übersicht in DAMBACH 2000), zeigen jedoch, wie wichtig es ist, den Pollenniederschlag eines jeden Standortes zu prüfen. Weitere Zusammenhänge sind auch in den Kapiteln 2.8.4. und 2.8.5 beschrieben.

Das TP ist vor allem im zentralen und westlichen Bereich durch „natürliche“ Kältesteppen charakterisiert. Der Osten Tibets und das östliche Zentral-Tibet werden (heute) weitgehend von alpinen Kobresia-Matten mit windblütigen Steppenelementen wie Artemisia, Thalictrum, etc., gekennzeichnet. Es ist also zunächst einmal von einem hohen Anteil an windblütigen Pflanzenarten auszugehen. Die Wälder im (Süd-)Osten Tibets gehören der subtropischen Zone an und sind von windblütigen Baumarten dominiert, wie z.B. den Koniferen Picea, Abies, Pinus, Juniperus, Larix, Tsuga, sowie anderen Gehölzgattungen wie Betula. Salix, Alnus und andere quantitativ weniger bedeutsame Baumarten sind sowohl tier- als auch windbestäubt. Hippophaë ist entomophil. Sehr geringe Werte von nur bis zu 1 % geben schon Hinweise auf das tatsächliche Vorkommen von Hippophaë (LECHNER 2006). Weitere Gehölze der Strauchschicht, wie die der Rosaceen, sind ebenso insektenbestäubt.

Insektenbestäubte Vertreter sind also unterrepräsentiert. Um dennoch bestimmten Frage- stellungen nachzugehen, die eine besondere Berücksichtigung z.B. insektenbestäubter oder „unterrepräsentierter“ Taxa erfordert, eignet sich die Summenbildung, so wie es z.B. auch JARVIS (1993) für die unterrepäsentierten Taxa gleicher autökologischer Präferenzen getan hat, um vegetationsgeschichtlichen, bzw. paläoökologischen und –klimatischen, Fragen nachzu- gehen.

Unter den in Tibet zahlreichen Insektenarten gibt es > 100 Wildbienenarten (BEIJNG RUNDSCHAU 2006). W-Sichuan stellt weltweit einen der „hotspot“ für Hummeln dar, die sowohl in ihrer Arten- zahl als auch ihrer selbst, wie eine Untersuchung in Hongyuan zeigt, durch den zunehmenden Weidedruck der Yaks gefährdet sind. Bedeutende Futterpflanzen der Hummelarten gehen durch die Vegetationsveränderungen infolge einer zunehmenden Degradation und Verarmung immer stärker verloren (XIE ZHENGHUA ET AL. 2008). Insektenbestäubung alpiner und subalpiner Pflanzen spielt auf dem TP eine große Rolle.

2. Material und Methoden 120

SCHLÜTZ (2006) konnte zeigen, dass der Pollenniederschlag in Oberflächenproben aus einer kleineren Juniperus-Gruppe an einem Hang bei Damxung nach wenigen Zehnern Metern schlagartig abnahm. Diese Erkenntnisse lassen also bereits bei geringen Prozentwerten an diesem Standort auf die Anwesenheit von Beständen in unmittelbarer Umgebung schließen. Das Pollensignal unterscheidet sich jedoch aufgrund einer gewissen „Transportträgheit“ nach diesen Untersuchungen von Rezentpollen bei Juniperus in wenigen 100 Metern kaum noch vom „Hintergrundsignal“, was die Interpretation und Rekonstruktion von Waldland erheblich erschweren kann (MIEHE ET AL. 2006, SCHLÜTZ ET AL. 2007).

MIEHE ET AL. (2006) beschreiben durch die pollenanalytischen Ergebnisse in S-Tibet, nahe Lhasa, Waldvorkommen vor etwa 4.100 ± 50 14C y B.P. mit BP-Werten von etwa 10 % bei Juniperus, sonst aber sehr geringe Werte mit < 2 % bei Betula und 5 % bei Hippophaë, oder in der südlichen Mongolei (MIEHE ET AL. 2007b) Betula-Werte < 4 % zusammen mit Pinus.

Pinus gilt generell als starker Pollenproduzent (Langtang Himal: BEUG & MIEHE 1998, 1999, Europa: DAMBACH 2000 und weitere Literatur dort). Rhododendron, am Beispiel von R. lepidotum, ist dagegen ein sehr schwacher Pollenlieferant (BEUG & MIEHE 1998, 1999). Die Untersuchungen des rezenten Pollenniederschlages in SW-Sichuan durch JARVIS & CLAY- POOLE (1992) bestätigen dies. Abies ist dort ebenso unterrepräsentiert, während Quercus mit Pinus in allen Proben, auch wenn diese nicht in der umgebenden Vegetation vertreten waren, immer nachgewiesen werden konnten. Tannen-Rhododendron-Wälder sind dort stark unter- repräsentiert. Abies und Rhododendron waren dort jedoch am stärksten in höheren Lagen ver- treten, wo sie auch ihr Hauptverbreitungsgebiet haben.

Das höchstgelegene Profil einer Untersuchung am Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999) zeigt mit 35 % den höchsten BP-Wert an. PK von Pinus wurden in 200 km Entfernung und 1000 m über dem am nächsten gelegenen Kiefernstandort gefunden (LI W. & YAO Z. 1990).

Ganz im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse aus NW-Tibet: COUR ET AL. (1999) konnten zeigen, dass Juniperus-Pollen von etwa 800 km Entfernung und 1000 m tiefer gelegenen Standorten durch den Wind in beachtlichen Mengen herantransportiert wurde. Das gleiche gilt für weitere BP-Typen, die vermutlich noch von weit größerer Entfernung herantransportiert wurden, etwa aus dem Himalaya. In extremen Höhenlagen mit geringer Vegetationsdecke können die BP-Werte außerordentlich hoch sein und geben in ariden Gebieten kein repräsen- tatives Bild, vor allem hinsichtlich fossiler Spektren, ab (COUR ET AL. 1999). Damit zeigen sich krasse Unterschiede bei der Interpretation von BP am Beispiel von Juniperus: (Aride) Höhenlagen mit schwacher Vegetationsdecke spiegeln verstärkt unrealistisch erhöhte BP-Werte wider (COUR ET AL. 1999), anders in semi-ariden Gebieten wie im Karakorum (COUR ET AL. 1999) oder auch im südlichen Zentral-Tibet (MIEHE ET AL. 2006, SCHLÜTZ 2006). Untersuchungen zum rezenten Pollenniederschlag in den Gebieten Karakorum, Kunlun und Kashgar Plain im NW-TP, stellen VAN CAMPO ET AL. (1996) an.

Die Befruchtungsart, also ob Selbstbefruchtung oder Fremdbestäubung vorliegt, ist für die Pollenverbreitung mit entscheidend. Dies ist u.a. entscheidend bei bestimmten Getreide-Arten (Cerealia-Typ). Gerste (Hordeum vulgare) und Weizen (Triticum aestivum) sind kleistogam, d.h. die Blüten öffnen sich nicht und werden somit selbstbestäubt (ENTRUP & OEHMICHEN 2000, FÆGRI & IVERSEN 1975, FEIL & SCHMID 2001). Secale ist als allogame Art ein starker Pollen- produzent. Dagegen wird der Pollen der autogamen Getreidearten Triticum, Hordeum und Avena wenig verbreitet. Weshalb es nicht selten ist, dass der prähistorische Anbau von diesen Getreidearten kaum oder gar nicht pollenanalytisch nachgewiesen werden kann, obwohl die Anbauflächen in unmittelbarer Nähe der Profilstellen liegen (BEHRE 1981). FÆGRI & IVERSEN (1975) gehen bei diesen Getreidearten von einer Entlassung von „wenig“ Pollen und einer geringen Präsenz im PD aus. Pollenanalytische Nachweise von Getreide sind in Tibet von SCHLÜTZ (1999, KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2006) im östlichen Stadtbereich von Lhasa erfolgt, wobei der Hordeum-Typ Werte von ~ 40 % einnimmt, im weiteren Verlauf ist dieser, sowie der Triticum-Typ, nahezu regelmäßig mit sehr geringen Werten präsent.

Da die Palynolgie in den meisten Fällen nur eine Ansprache auf Familien- und/oder Gattungs- ebene erlaubt und selten eine Art pollenmorphologisch anspricht, ist die Interpretation vielfach 2. Material und Methoden 121 erschwert: Hinter einzelnen Pollentypen können sich oft ökologisch unterschiedliche Vertreter verbergen. Gerade in den sensiblen Ökotonen alpiner Steppen zu den Halbwüsten in Hochasien ist dieses Problem bedeutend (u.a. BRÄUNING 2002).

Rekonstruktionen unterschiedlicher Waldtypen sind durch genau dieses Problem sehr erschwert, wie das Beispiel der immergrünen Eichen in SO-Tibet zeigt. Immergrüne Eichen kommen sowohl in der submontanen als auch in der subalpinen Stufe SW-Chinas vor, die einzelnen Arten jedoch sind in unterschiedlichen Höhenstufen zu finden, die sich nicht pollen- morphologisch unterscheiden lassen (BRÄUNING 2002, JARVIS 1993, vgl. JARVIS ET AL. 1992).

YU GE ET AL. (2001) untersuchten, inwieweit der Pollenniederschlag in Oberflächenproben die rezente Vegetation waldfreier Vegetationstypen auf dem Plateau reflektiert. Anhand sechs ver- schiedener vegetationskundlicher Hauptregionen wird der rezente Pollenniederschlag überprüft und sowohl als Gesamt-PD dargestellt, als auch als BP-, NBP-Diagramm und diese werden den Farnsummen gegenübergestellt. BP-Werte erreichen ihre Maxima in der südöstlichen Rand- region montaner Laub- und Koniferenwälder. Damit werden Werte bis zu etwa 90 %, im Durch- schnitt über 50 % des BP erreicht. Die geringsten BP-Werte finden sich in der Region alpiner Wüsten im Westen und Nordwesten des TP. Damit spiegeln die BP-Werte sehr gut die heutige Waldverbreitung wider (YU GE ET AL. 2001).

SHEN CAIMING (2003) stellt die Ergebnisse von 234 Oberflächenproben, verteilt auf dem TP, vor. Dabei zeichnet sich eine starke Übereinstimmung der rezenten Vegetation mit den pollenanaly- tischen Ergebnissen ab. Diese lassen sich gut in die einzelnen Vegetationseinheiten über- führen, obwohl sich regionaltypische Unterschiede und Interpretationen feststellen lassen. Es zeigt sich auch, je näher der Probenstandort an der Steppe, bzw. den Matten und Wiesen liegt, desto höher sind die Werte der Cyperaceen. Höchste Artemisia-Werte stammen aus den Artemisia-Steppen, höchste Chenopodiaceae-Werte aus den Wüsten und trockenen Steppen. Ähnliche Untersuchungen wurden auch von HERZSCHUH (2007) durchgeführt, sowie speziell am Alashan Plateau (westliche Innere Mongolei) (HERZSCHUH ET AL. 2003).

Pollenproben mit hohen BP-Anteilen, entnommen aus waldfreien Standorten im Waldgebiet (oberhalb der Baumgrenze), zeichnen die umgebende Vegetation dennoch gut nach. Es zeigt sich auch, dass Abies niemals Werte über 20 % erreicht, obwohl diese Gattung beispielsweise in der umgebenden Vegetation vertreten ist. Vertreter der Gebüschformationen wie Rhododendron, Salix, Juniperus und Rosaceae sind unterrepräsentiert und jenseits ihres Verbreitungsgebietes pollenanalytisch kaum zu finden (SHEN CAIMING 2007). SUN XIANGJUN ET AL. (1986) konnten überrepräsentierte Pollentypen wie Pinus, Alnus, Artemisia, Pteridophyta in Kunming, Yunnan, feststellen. Bewaldete Standorte sind mit einem durchschnittlichen BP-Wert von 89 % vertreten.

Bereits FRENZEL (1969) weist, wie bereits erwähnt, auf die Problematik des Polleneintrags in Übergangsbereichen von Steppen zu Wüsten hin. Als Beispiel dienen die Tundren N-Sibiriens und N-Amerikas, die hier BP-Werte von 5 und 30 - 40 % jenseits der etwa 400 bis 500 km südlicher gelegenen, polaren Baumgrenze aufweisen. Dabei stellen die Feuchtigkeits- bedingungen am Standort eine wichtige Komponente dar, die bei der Interpretation von fossilen und rezenten Proben berücksichtigt werden muss (FRENZEL 2004).

Wechsel in den Sedimentationsverhätnissen im Profil geben wichtige Hinweise für die Inter- pretation der pollenanalytischen Ergebnisse. Feinkörnige mineralische Sedimente können beispielsweise Überflutungsereignisse bezeugen (BRÄUNING 2002, TROLL 1944, WALTER & BRECKLE 1999). Stärkere oder dünnere Schichten von Sand oder Silt in der Stratigraphie können Hinweise auf Erosionsvorgänge geben. Hiaten sind durch scharfe Sedimentations- wechsel gekennzeichnet (FÆGRI & IVERSEN 1975). 2. Material und Methoden 122

2.8.4. Möglichkeiten der Interpretation des Paläoklimas

Die Pollenanalyse fossiler Proben gilt als eine der Möglichkeiten, „proxy-Daten“ für die Rekon- struktion des Klimas bestimmter Zeiträume zu erhalten. Sie gilt also als eine Methode neben beispielsweise der Dendroklimatologie und -ökologie (z.B. BRÄUNING 1999b, 2001a, 2003, 2004, 2006), Dendrochemie (z.B. BRÄUNING 2001a, HELLE ET AL. 2002), Eisbohrkern-Analysen (z.B. THOMPSON ET AL. 1993, 1995, 1997, 2000, 2006), Sedimentanalysen (z.B. FONTES ET AL. 1993), Bodenentwicklung (z.B. KAISER 2004), Isotopenchemie in Torf-Zellulose (z.B. HONG ET AL. 2001), u.a..

Anders als in Mitteleuropa gibt es jedoch für das TP bisher keine eindeutigen Pollentypen, welche als direkte Klimaindikatoren fungieren könnten. Dagegen werden vielfach Verhältnis- berechnungen bestimmter Pollengruppen und/oder –typen diskutiert. Für das gesamte TP lässt sich (bisher) keine einheitliche, flächendeckende charakteristische Abfolge in der Vegetation als Folge einer klimatischen Veränderung erkennen, welche mit der aus Europa bekannten zu vergleichen wäre. Dennoch zeigen sich typische holozäne Phasen seit dem Spätglazial, die jedoch zeitlich und örtlich variieren (s. Kap. 1.8.). So konnte JARVIS (1993) für SW-Sichuan eine deutliche, klimabedingte Abfolge mehrerer summierter Taxa seit dem späten Pleistozän und für das gesamte Holozän darstellen.

Besondere Vorsicht ist in spätglazialen und frühen postglazialen Zeiten geboten. Die oftmals erkennbare „Pollenarmut“ ist vermutlich nicht immer ein Zeichen für die schwache Anwesenheit oder gar Abwesenheit von Wald aufgrund des Klimas, sondern vielmehr ein Abbild langsamer Sukzession und langsamer Einwanderung einzelner Baumarten und Etablierung von Wald, obwohl die klimatischen Voraussetzungen für ein ausgesprochenes Waldwachstum gegeben wären (FÆGRI & IVERSEN 1975).

Die klassische Interpretation durch die An- und Abwesenheit einzelner Pollentypen kann durch qualitative, quantitative und semi-quantitative Methoden ergänzt werden. Eine dieser Interpreta- tionsmethoden ist beispielsweise die pollenbasierte Biomrekonstruktion, wie sie PRENTICE ET AL. (1996) durchgeführt haben. Dabei werden einzelne Pollenypen in „ functional types“ (= PFTs) überführt, die mit ihrer Bildung an einzelne Biome einhergeht, so dass schließlich die Rekonstruktion anhand eines Affinitätsindex zwischen Pollenspektrum und Biom erfolgen kann. Auf die Anwendung anderer Arbeiten soll später eingegangen werden.

GASSE ET AL. (1991, 1996), VAN CAMPO & GASSE (1993) und VAN CAMPO ET AL. (1996) führten für Tibet u.a. das Verhältnis von Artemisia zu Chenopodiaceen (A/C) als bioklimatischen Index am Sumxi Co (Sumxi Co-Lungmu Co basin) und Bangong Co(Becken) in W-Tibet ein, um eine Unterscheidung von Steppen- und Wüstenvegetation zu ermöglichen. Im Vergleich zu den Analysen der Diatomeen am Sumxi Co konnte festgestellt werden, dass der Pollen der Cheno- podiaceen hauptsächlich aus der Kältewüste stammt, nicht aber von der Halophytenvegetation am flachen Seerand. Artemisia-Pollen rührt dagegen hauptsächlich von der Steppe her, mit Vertretern wie A. wellbyi, A. younghusbandii, A. strachei, A. minor (WANG J.-T. 1981). Das A/C- Verhältnis wird demnach dort als Indikator für die Feuchtigkeitsverhältnisse und damit zur Charakterisierung von Steppe und Wüste herangezogen. Der rezente Pollenniederschlag von Chenopodiaceen ist mit der Höhe negativ, der von Artemisia positiv korreliert. Mit der Höhe verschiebt sich also das A/C-Verhältnis zugunsten von Artemisia (VAN CAMPO ET AL. 1996, COUR ET AL. 1999). Im Becken des Bangong Co scheint die Anwendung des A/C-Verhältnisses wenig signifikant, wohl wegen der hohen Dominanz der Pollentypen von Chenopodiaceae, Artemisia, Gramineae und Cyperaceae zu sein. Aride Bedingungen werden am Sumxi Co durch niedrige A/C-Werte angezeigt, am Bangong Co dagegen durch hohe Cyperaceen- und/oder Chenopodiaceae/Ephedra-Werte (VAN CAMPO ET AL. 1996).

Später wurde der A/C-Index auch für die paläoklimatische Interpretation anderer Regionen des TP herangezogen, wie z.B. durch HERZSCHUH ET AL. (2003, 2004) für das Alashan Gebirge, SHEN CAIMING (2003) für das Zentral-TP, LIU KAM-BIU ET AL. (1998) am Dunde ice cap des Qilian-Gebirges. COUR ET AL. (1999) nutzen diesen Quotienten für die untersuchten 2. Material und Methoden 123

Oberflächenproben aus NW-Tibet und schließlich HERZSCHUH (2007) für das TP. Da es sich bei den untersuchten Waldstandorten oftmals um unnatürliche Formationen durch Entwaldung handelt, wird darauf hingewiesen, dass hohe Artemisia-Werte nicht unbedingt feuchte Waldstandorte anzeigen (vgl. auch FRENZEL 2002b).

Der A/C-Index soll somit als Feuchtigkeitsindikator gelten und reagiere auf Höhe und Temperatur (COUR ET AL. 1999, s. Literatur oben). HERZSCHUH ET AL. (2003) geben jedoch durch die Berechnung von relativen Pollenproduktionsfaktoren zu bedenken, dass eine Über- präsenz der Chenopodiaceae im Vergleich zu Artemisia leicht zu falschen Ergebnissen führt.

Das Verhältnis von Ephedra distachya-Typ und E. fragilis-Typ wurde vor allem auch von HERZSCHUH ET AL. (2004, 2007) herangezogen, um Steppen von Wüsten zu unterscheiden. HERZSCHUH ET AL. (2004) wandten dies am Beispiel des Alashan Plateaus bzw. des „Eastern Juyan palaeolake record“ in NW-China, später auch für das gesamte TP an (HERZSCHUH 2007). Hohe Verhältniszahlen sollen demnach auf eher trockene Bedingungen hinweisen. U.a. ordneten auch PRENTICE ET AL. (1996), TARASOV ET AL. (1998) und WANG JIN-TING (1988) Ephedra ariden Regionen und Wüstenbiomen zu. MIEHE ET AL. (2006) erläutern Weidezeiger der pollenanalytischen Arbeiten in der Gegend von Lhasa. Nach den Weideausschluss-Untersuchungen verschwindet dort u.a. Ephedra, nachdem dichtere Gras- und Gebüschformationen wieder konkurrenzstärker werden. Ephedra kann dem- nach eine weidebedingte Aridität anzeigen. Aufgrund der extrem geringen Funde des Ephedra distachya-Typs, sowie der Lage der Profile innerhalb alpiner Steppen und Wiesen wurde eine Anwendung dieser Parameter für die vorlie- gende Untersuchung als ungeeignet eingestuft.

Durch PHADTARE (2000) wird auf der indischen Seite des Zentral-Himalaya das Verhältnis Quercus/Pinus (Q/P) als bioklimatischer Index angewandt. Ein hoher Q/P-Wert weist auf kalte, trockene Klimate, ein niedriger dagegen auf wärmere und feuchtere hin. Pinus wallichiana erfährt Wachstumsoptima unter warm-feuchten Bedingungen. Für den vorliegenden Unter- suchungsraum, ist dieser Parameter jedoch ungeeignet. Pinus spielt in den untersuchten Profilen eine eher untergeordnete Rolle und spiegelt oftmals Fernflug wider.

Der Artemisia/Cyperaceae-Index (A/Cy) wurde von HERZSCHUH ET AL. (2006b) als semi- quantitativer Index der wechselnden Sommertemperaturen des zentralen und östlichen TP ein- geführt. Pollenspektren kalter, hochalpiner Standorte (alpine Matten, Wiesen und Steppen) im Osten und zentralen TP sollen durch die Dominanz der Cyperaceen fassbar werden. Wärmere, tiefergelegene Standorte im Süden und Nordosten des TP hin zur kühlgemäßigten Steppe werden von Artemisia dominiert (> 30 %). Diese Verteilungsmuster sollen zum besseren klima- tischen Verständnis bei der Interpretation fossiler Spektren dienen. HERZSCHUH (2007) wandte diesen Index auch für das gesamte TP an. Dieser Index wird in der vorliegenden Arbeit mitunter geprüft und diskutiert.

Die Anwendung solcher Indizes setzt allerdings rein klimatische Abhängigkeiten voraus. Dabei stehen jedoch die Ergebnisse von MIEHE & MIEHE (2000, s. auch KAISER 2004, 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE ET AL. 2008a, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009), die eine Förderung der Kobresien (Cyperaceae) durch Beweidung, vornehmlich durch die weitver- breiteten Yak-Herden, anzeigen, den vorausgegangenen Überlegungen gegenüber. Damit werden nun aber auch klimaunabhängige Einflussgrößen diskutiert, gerade im O- und Zentral- TP, die sich mit den angegebenen potentiellen Klimaindikatoren überschneiden (vgl. auch FRENZEL 2002b).

YU GE ET AL. (2001) beschreiben u.a. die Quantität der Pollenprozentwerte der drei typischen Vegetationsformen auf dem TP: alpine Matten und Wiesen, Steppen und Wüsten. Die Unter- suchung rezenter Oberflächenproben des TP zeigen hohe Prozentsätze von Chenopodiaceae und Artemisia mit Ephedra und Nitraria in alpinen Wüsten, während die alpinen Wiesen, Steppen und Matten hohe Werte von Cyperaceen und Artemisia zusammen mit Ranunculaceae und Polygonaceae aufweisen. Alpine Steppen sind schließlich charakterisiert durch hohe Prozentzahlen von Artemisia mit Compositae, Cruciferae und Chenopodiaceae. Artemisia ist demnach eine wichtige Gattung in allen nicht bewaldeten Vegetationsformen des Plateaus. 2. Material und Methoden 124

Lediglich die Unterscheidung einzelner vergesellschafteter Taxa ermöglicht eine Zuordnung des Vegetationstyps (YU GE ET AL. 2001).

Die umfangreiche Auswertung zahlreicher pollenanalytischer Studien zum Holozän in China zeigt ein antagonistisches Verhalten von Artemisia und Chenopodiaceae in den frühesten Zeit- intervallen bis 6.000 y B.P., in den späteren Intervallen dagegen eine ähnliche Entwicklung dieser beiden Gattungen (REN GUOYU & BEUG 2002).

HERZSCHUH ET AL. (2004) weisen am Alashan Plateau auf eine erhöhte Anwesenheit von Arten der Familien Poaceae und Cyperaceae in der azonalen Vegetation extrem arider Gebiete hin. Cyperaceen und Poaceen werden seither auf dem TP für ein feucht-kühles Klima diskutiert (z.B. HERZSCHUH 2007 und Lit. dort).

Der vielfach angewandte Quotient aus BP und NBP (BP/NBP) wird für das Vorhandensein von Wald und die Entwicklung von Waldvegetation in Bezug auf Klima und Mensch angewandt und diskutiert (z.B. BOTTEMA & WOLDRING 1990, DAMBACH 2000, HERZSCHUH 2007, HÜPPE & POTT 1993, PRENTICE ET AL. 1987). So soll der Quotient aus BP/NBP möglicherweise als ein Indikator für die Öffnung der Waldvegetation geeignet sein (s. auch Kap. 2.8.3. und Kap. 2.8.5.). Dabei soll dieser Index in Bezug auf eine Erhöhung des BP eine Folge feuchter und wärmerer Klimate sein und damit für Waldwachstum geeignetere Bedingungen in Waldsteppen oder Steppen subalpiner Standorte anzeigen (HERZSCHUH ET AL. 2004, SHEN ET AL. 2005). HERZSCHUH ET AL. (2004) sehen in Verhältnisberechnungen von BP/NBP keinen geeigneten Parameter für Anwendungen in Untersuchungen NW-Chinas. Der BP könnte unter Berück- sichtigung des menschlichen Einflusses dennoch als ein semi-quantitativer Indikator für regionale Niederschlagsveränderungen auf dem TP geeignet sein (HERZSCHUH 2007). Wie TARASOV ET AL. (1998) anhand von Oberflächenproben ermitteln konnten, lagen die BP-Werte in den extrem ariden Untersuchungsgebieten sehr hoch und rührten von Fernflug her. Eine erhöhte BP-Präsenz in Gebieten mit nahezu keiner oder sehr geringen Vegetations- bedeckung ist auch von HERZSCHUH ET AL. (2003) und COUR ET AL. (1999) bekannt. Die Anwendung der BP-Werte und des BP/NBP-Verhältnisses als Interpretationswerkzeug ist also dahingehend zu berücksichtigen, zumal es den menschlichen Einfluss zu beachten gilt.

Nach DEMSKE & MISCHKE (2003), HERZSCHUH ET AL. (2006bc) und SCHLÜTZ & LEHMKUHL (2007) können aneinanderhängende PK („clumps“, „cluster“) ein Indiz für strenge (kalte, trockene) klimatische Bedingungen sein, die aufgrund klimatisch-bedingter kurzer Vegetationsperioden in ihrer Entwicklung und Pollenreife gestört wurden. Eine Unterbrechung der Abreife könnte dem- nach auch anthropogen-zoogen bedingte Ursachen haben, durch z.B. kürzere Wachstums- perioden, bzw. Stress (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2007).

Auf dem TP sind m.E. derzeit nur die allgemeingültigen Interpretationsmöglichkeiten hinsichtlich des Klimas gegeben, wie z.B. die der Artenzusammensetzung der Wälder. Dies ist jedoch sehr schwierig für die sehr hoch gelegenen Standorte oder die zur „natürlichen (Kälte-)Steppe“ hin, an denen, sofern Waldwachstum überhaupt möglich ist, hauptsächlich Vertreter der Koniferen der Gattungen Picea und Juniperus vorkommen.

Das Problem der bioklimatischen Indizes liegt in Folgendem: Es sind die genauen Artkennt- nisse, welche hinter den Pollentaxa Artemisia, Chenopodiaceen, Cyperaceen stecken, not- wendig, um auch nur annährend diese Indizes für die Standorte dieser Untersuchung anzuwen- den. Die Pollentypen lassen sich, wie bereits erwähnt, generell nicht oder nur sehr selten in die jeweiligen einzelnen Arten aufschlüsseln, bzw. ansprechen. Bei den in dieser Arbeit relevanten Pollentypen ist eine Artabgrenzung nicht möglich. Dies ist generell in der Palynologie nur in Einzelfällen aufgrund zu geringer und nicht-signifikanter Unterschiede in der Morphologie der PK möglich (s. Kap. 3.1.). Zudem ist vielfach nicht einmal oder ungenügend die Artenzusam- mensetzung der Vegetation auf dem TP erforscht, geschweige denn die Pollenmorphologie tibetischer Taxa. Hinzu kommt die bereits erwähnte Problematik, dass es sich bei vielen Taxa der Steppe auch genauso um Vertreter von Ersatzgesellschaften in anthropogen waldfreien Gebieten handeln kann.

Die in Tibet weit verbreiteten Kobresien lassen sich (derzeit) pollenmorphologisch nicht von den übrigen Cyperaceen abgrenzen (s. Kap. 3.1.). Das ist für die Interpretation sehr wichtig, denn 2. Material und Methoden 125 es gibt bei den Cyperaceen innerhalb einzelner Arten extreme ökologische Unteschiede in den Ansprüchen. Es kommen sowohl Arten innerhalb der Gattung Kobresia an trockenen Stand- orten vor, wie die weitverbreitete K. pygmaea, aber auch an feuchten Stellen, wie beispiels- weise K. schoenoides (s. Kap. 1.9.). Pollenmorphologisch sind einzelne Arten innerhalb von Gattungen nicht trennbar, nicht einmal die einzelnen Gattungen selbst. Bei den Carex-Arten gibt es ebenso Vertreter der feuchten Standorte, wie z.B. Carex sagaensis. Anhand dieses Beispieles kann überzeugend gezeigt werden, dass Verhältnisberechnungen als Klimaindizes an den hier untersuchten Standorten nur bedingt oder sogar ungeeignet sind. Die Gattung Artemisia weist ebenso eine hohe ökologische Amplitude auf. So finden sich Arten der gemäßigten Steppe, andere in der alpinen Steppe. Desweiteren stellen sich vielfach Arten von Artemisia auf ehemaligem Waldland auf dem TP ein. Potentielles Waldland kann dann durch z.B. Entwaldung und/oder Beweidung durch Pflanzen dieser Gattung ersetzt werden. Solche Standorte entsprechen eben nicht beispielsweise einer natürlichen Steppe. HERZSCHUH (2007) weist unter Anwendung des bioklimatischen Indexes A/C bereits auf diese Problematik hin, wenngleich dadurch lediglich Rücksicht auf die Interpretation der Feuchte- verhältnisse von Waldstandorten genommen wird.

Bei diesen Problemen ist es m.E. aufgrund dieser pollenanalytischen und -morphologischen Begrenzungen schwierig, Biomrekonstruktionen für Modellrechnungen hinsichtlich des Klimas anzugehen, bzw. dieses zu rekonstruieren (vgl. Kap. 1.12.1.). Vielfach muss bei der rezenten Vegetation auch auf dem TP davon ausgegangen werden, dass wir eben nicht immer von einer natürlichen Vegetation ausgehen können, sondern auch hier eine Art Kulturlandschaft i.w.S. vorfinden. Beispielsweise sind Cyperaceen und Artemsia sehr stark durch die z.T. regional erhebliche Beweidung beeinflusst, so dass genau diese Größen, welche dann z.B. Parameter für die Berechnung angeblich nur klimatisch bedingter alpiner Matten, Wiesen oder Steppen herangezogen werden, zu Fehlschlüssen und –interpretationen führen können oder sogar müssen. Dies träfe allerdings nur in „menschenbeeinflussten“ Zeiten und Landschaften zu.

Für den Pollenflug und den Pollenniederschlag sind, wie eingangs beschrieben, zahlreiche Faktoren verantwortlich. Ein möglichst genaues Studium der Windverhältnisse muss voraus- gestzt werden. Der Sommermonsun auf dem TP ist sicherlich entscheidend, welcher aus S/SO/SW starke Winde herbeiführt, die für den Großteil des Gesamtniederschlages in den Sommermonaten verantwortlich sind. Es muss damit gerechnet werden, dass PK aus den süd- lichen (und SO, SW) Regionen mit auf das Plateau gelangen. Der Wintermonsun, aus NW, spielt eine geringere Rolle (s. Kap. 1.7.). Winde, die mit hohen Geschwindigkeiten über plane Steppen fegen, können sicherlich PK über weite Teile verfrachten. Gebirgszüge, wie z.B. der Gangdise und Nyainqêntanghla Shan können Barrieren bilden sowie im Süden des TP die Himalaya-Gebirgskette.

Unter Abwägung dieser Argumente, vor allem hinsichtlich der bioklimatischen Indizes, soll dennoch eine Anwendung einzelner Quotienten und Parameter an den hier erzielten Ergebnis- sen versucht werden und mit in der Diskussion berücksichtigt werden. Die Quotienten aus Artemisia/Chenopodiaceae (A/C), Artemisia/Cyperaceae (A/Cy), Baum- pollen/Nichtbaumpollen (BP/NBP) und die Summe Cyperaceae + Poaceae (C + P), sowie PK als „cluster“ für die Interpretation unreifer Pollenausbildungen, infolge z.B. klimatischer Einflüsse, werden in einem gesonderten PD im Ergebnisteil der einzelnen Profile dargestellt (Kap. 3.5.).

2.8.5. Ermittlung des menschlichen Einflusses und seines Weideviehs

Aufgrund fehlender, bzw. nur streng regional-spezifischer Primärzeiger, wie z.B. Nutzpflanzen auf dem TP, besteht bisher die Problematik, menschliche Tätigkeiten durch Siedlungszeiger pollenanalytisch zu ermitteln. Eindeutige, geeignete Parameter, um Aktivitäten z.B. durch Beweidung in der Vergangenheit anhand pollenanalytischer Untersuchungen zu erkennen, fehlen bislang. Erst in jüngster Zeit sind Versuche unternommen worden, durch pollenana- lytische Befunde und deren Zuordnung den Einfluss des Menschen und seines Weideviehs zu 2. Material und Methoden 126 interpretieren (ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, 2005, FRENZEL 2000b, 2002a, 2006b, MIEHE ET AL. 2006, 2007ab, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009, SCHLÜTZ ET AL. 2007). Deshalb besteht der dringende Bedarf, geeignete Indikatoren zu suchen, die Veränderungen infolge menschlicher Aktivitäten anzeigen bzw. durch eine Zu- oder Abnahme der Hirtenaktivitäten und deren Weidetiere auf dem TP erkennen. Anthropogene Einflüsse zeichnen sich oftmals in sehr kurzen Phasen ab, die zudem lokal stark variieren können. Die Veränderungen können schnell oder allmählich erfolgen (HICKS 1993). Nach den Aufzeichnungen von Herrn Prof. B. Frenzel konnte eine Liste weidetoleranter Pflanzenarten erstellt werden (FRENZEL & ADAMCZYK 2004). Diese Taxa werden in unterschied- lichem Maße auf Weidegründen angetroffen. Die zusammengestellten Pflanzenarten und Taxa in Tab. 7 genießen offenbar anderen autochthonen Pflanzen gegenüber Konkurrenzvorteile, indem sie an Tritt, Fraß, etc., aufgrund ihrer Wuchsform (Rosettenpflanzen), Ausprägungen (Dornen), Inhaltsstoffe (z.B. Gentianaceen), u.a. angepasst, bzw. mehr oder weniger auf Weideeinfluss resistent sind. Beweidung kann die Bildung angepasster Pflanzenarten fördern, die sich dagegen durch harte Pflanzenteile, Dornen, Giftstoffe oder unangenehm schmeckende Inhaltsstoffe schützen, wie SCHWEINFURTH (1983) auch für den Himalaya beschreibt.

2. Material und Methoden 127

Tab. 7: Liste der Weidezeiger Tibets, sowie anthropogen begünstigter Pflanzen (aus FRENZEL & ADAMCZYK 2004).

Weidezeiger Tibets Art / Gattung Familie Priorität Cf. Heracleum candicans Wall. ex DC Apiaceae 1 Aster cf batangensis Bur. et Franch. 2 Cremanthodium aff. lingulatum S.W. Liu 1 Cremanthodium cf. arnicoides (DC. ex Royle) R. Good 1 Cf. Dolomiaea calophylla Ling. 1 Leontopodium cf. stracheyi var. tenuicaule Beauv. Asteraceae 1 Saussurea Sect. pycnocephala o. Sect. Eriocoryne (DC.) Hook. 1 Saussurea / Jurinaea 1 Senecio cf. diversifolius Wallich ex DC. 1 Rhododendron cf. forrestii Balf. f. ex Diels Ericaceae 1 Caragana cf. gerardiana Royle 1 Thermopsis cf. lanceolata R. Br. Fabaceae 1 Cf. Comastoma cyananthiflorum (Franch. ex Hemsel.) Holub 1 Gentiana aff. simulatrix Marq. 2 Gentiana aff. tongolensis Franch. 1 Gentiana cf. depressa D. Don Gentianaceae 3 Gentiana cf. erecto-sepala T.N. Ho 1 Gentiana tubiflora (G. Don) Wall. ex Griseb. 3 Gentianella sp. / Lomatogonium sp. 3 Lamiophlomis rotata var. subglabra (Benth.) Kudo 1 Phyllophyton sp. Kudo Lamiaceae 2 Salvia aff. przewalskii 1 Meconopsis cf horridula Hook. f. & Thoms. 3 Meconopsis cf. impedita Prain Papaveraceae 1 Meconopsis aff. pinnatifolia C.Y. Wu et H. Chuang ex L.H. Zhou 1 Polygonum aff. aviculare L. 1 Polygonum bistorta L. Polygonaceae 1 Rheum cf. palmatum L. 1 Primula aff. minutissima Jacquem. ex Duby 3 Primula cf tibetica Watt Primulaceae 3 Aconitum cf. pendulum Busch. 1 cf. tangutica (Maxim.) Korsh. 1 Clematis rehderiana Craib Ranunculaceae 1 Delphinium cf. kamaonense Huth 1 Delphinium cf. thibeticum Finet et Gagnep. 1 Potentilla fruticosa L. 1 Potentilla fruticosa L. var. albicans Rehd et Wils. Rosaceae 1 Sibbaldia cuneata Homem ex Kuntze 1 Pedicularis cf. tenacifolia Tsoong Scrophulariaceae 1 Stellera chamaejasme L. Thymelaeaceae 1

Die Priorität gibt an, wie intensiv die Weidezeigerfunktion gegeben ist. Die Angaben beruhen auf Aufzeichnungen von Herrn Prof. B. Frenzel nach den Ergebnissen und Beobachtungen während der Expeditionen 1989, 1992 und 1996.

Die potentielle Weidezeigerfunktion wurde danach eigens in Wertigkeitsstufen unterteilt: 1 = sehr gut 2 = gut 3 = mäßig

2. Material und Methoden 128

Auf die Eignung und Anwendung der Pollentypen als “Weidezeiger” wird in der Diskussion (Kap. 4.7.) ausführlich eingegangen. Dabei soll versucht werden, die Priorität zu berücksichti- gen, vor allem im Hinblick auf die Präsenz in der rezenten und auch in der natürlichen Vegetation. Pollenmorphologisch lassen sich jedoch nur in Ausnahmefällen Pollentypen einzelnen Pflanzenarten zuordnen. I.d.R. erlaubt die Pollenanalyse nur eine pollenmorphologische An- sprache auf Gattungs- oder Familienebene, bzw. Typenformen innerhalb eines Ver- wandtschaftskreises. Daher wurden die weidetoleranten Taxa (Tab. 7) zunächst in ihre pollenmorphologische Zuge- hörigkeit überführt (Tab. 8) und durch weitere ergänzt, wie später beschrieben ist. Anhand dieser Pollentypen erfolgt die Summierung und Interpretation, auch unter möglicher Be- rücksichtigung anderer, z.B. nicht weidetoleranter Arten der selben Pollentypen.

Tab. 8: Liste der Weidezeiger Tibets, sowie anthropogen begünstigter Taxa im Pollendiagramm.

Synanthrope Taxa – intensiv – Synanthrope Taxa – extensiv - / Sukzession = Syn1 = Syn2 Asteroideae pp Rosaceae pp Aster-Typ Artemisia Saussurea-Typ Pedicularis Pedicularis palustris-Typ Chenopodiaceae Papaveraceae pp Papaver argemone-Typ Meconopsis Ranunculaceae pp Ranunculus-/Anemone-Typ Aconitum-Typ Gentianaceae pp Gentiana-Gruppe Gentianella-Typ Polygonaceae pp Polygonum bistorta-Typ Polygonum aviculare-Typ Rumex-Typ Rumex acetosa-Typ Eurumex-Typ Rheum-Typ Epilobium Fabaceae pp Vicia-Typ Stellera-/Daphne-Typ Plantaginaceae pp Plantago maior-/media-Typ Plantago lanceolata-Typ Primulaceae pp Primula clusiana-Typ Potentilla-Typ Cerealia-Typ

Das Problem der Ranunculaceae pp und des Ranunculus-/Anemone-Typs als mögliche weide- anzeigender Taxa besteht darin, dass der Batrachium-Pollentyp nicht ausgeschlossen werden kann. Viele Vertreter der Ranunculaceae pp und des Ranunculus-/Anemone-Typs können als 2. Material und Methoden 129

Weidezeiger fungieren. Unklare Unterscheidungsmerkmale kann es eben auch vor allem zu Vertretern des Batrachium-Typs geben, die in Gewässern, z.B. in Profilen aus verlandeten Standorten, auch sehr hohe Prozentwerte erreichen können und somit ein unklares Bild hinsichtlich der synanthropen Taxa geben. Deshalb wurden auch die Summen der Syn1 mit und ohne die Ranunculaceae pp und den Ranunculus-/Anemone-Typ in den PD angegeben, um eine paläoökologische Differenzierung besser zu ermöglichen.

Es gilt bei Saussurea zu beachten, dass sowohl Arten auf beweideten Flächen auffallen, als auch in menschenunbeeinflussten Vegetationsformen, vertreten durch mehrere Arten, wie bei- spielsweise in den alpinen Zonen oberhalb der Waldgrenze (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, BEUG & MIEHE 1998, 1999, MIEHE 1989, 1990, mdl. Mitt. G. MIEHE, M. GROß, B. DICKORÉ).

WARD (1948) beschreibt einzelne Pflanzen, die vor allem um die Nomadencamps anzutreffen sind oder sogar erst durch Beweidung konkurrenzstärker werden; darunter fallen auf: Rumex, „Nessel-Arten“, Polygonum, Artemisia, Scopolia lurida, Hyoscyamus niger, Meconopsis grandis, Primula roylei, Primula dickieana, P. kingii, P. alpicola, sowie weitere Primula-Arten, teils mit Iris und Pedicularis.

In letzter Zeit nehmen, wie bereits erwähnt, die Hinweise auf potentielle Weidezeiger auf dem TP und den angrenzenden Gebieten zu (ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL 2002a, 2006a, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, 2005, KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2003, 2006, 2007b, 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). So werden Ligulifloren, Gentianaceen, Primula clusiana-Typ, Pterocephalus, Plantago depressa-Typ, Cyananthus, Aconitum-Typ, Potentilla-Typ, Boraginaceae pp, Astragalus-Typ, Cephalophilon-Typ als geeignete Indikatoren beschrieben, die sich z.T. mit den Pollentypen der Gruppe Syn1 decken. Für SW-Tibet werden zudem Lasiocaryum, Astragalus-Typ und Genista-Typ angegeben (SCHLÜTZ ET AL. 2007). Nach den neuesten, revidierten Interpretationen werden im Lerzha Valley, O-TP, der Caragana-Typ, Tribulus, Stellera, Cichorioideae, Koenigia, Polygonum glaciale-Typ und Pteridium-Typ als mögliche Indikatoren beschrieben. Dabei wird auch beschrieben, dass unter dem Einfluss von Beweidung unter kälteren Klimaten zunehmend Kobresia-pastures gebildet werden, die reich an Bistorta sind (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). In jüngster Zeit werden auch Pilzsporen als geeignete Parameter für die Interpretation von PD hinsichtlich des Weideeinflusses herangezogen (SCHLÜTZ ET AL. 2007). Weideausschlussversuche im oberen Einzugsgebiet des Gelben Flusses geben anhand eines fünfjährigen Monitorings Einblicke in weidebeeinflusste Pflanzengesellschaften und deren Weidepflanzen. So weisen die Pflanzengesellschaften von Orinus kokonorica-Stipa krylovii Arten, wie Artemisia demissa, Chenopodium album, Dracocephalum heterophyllum, Heteropappus gouldii, Iris spp., Potentilla bifurca und Sibbaldianthe adpressa auf. Nach fünfjährigen Ausschlussversuchen verdoppelt sich der Deckungsgrad. Gesellschaften von Achnatherum splendens zeigen mit der Namen gebenden Art eine besondere Weideresistenz sowie eine leichte Salzresistenz an. Höchste Deckungsgrade weisen die Arten Chenopodium album und Sibbaldianthe adpressa auf. Gesellschaften der Kobresia-Stellera chamaejasme sind in montanen Zonen im feuchten O-Tibet verbreitet (MIEHE ET AL. 2008b).

MIEHE ET AL. (2007b) beschreiben Tribulus als ecto-zoochores Weideunkraut (z.B. T. terrestris). Pterocephalus, Nardostachys, Stellera, Gentianaceae pp, Apiaceae pp, Allium-Typ, Campanula-Typ werden in MIEHE ET AL. (2006) in der Gegend von Lhasa pollenanalytisch als Weideunkräuter, sowie Ruderalkräuter wie Astragalus-Typ und Polygonum aviculare als Störungszeiger ausgewiesen. Letztere werden vor allem von dem Vieh gemieden, wie die heutigen Pflanzenvertreter zeigen. Nach Weideausschluss tritt dort vor allem Ceratostigma auf, was auch für Ephedra gilt. Nach diesen mehrjährigen Weideausschlussversuchen mit eingezäunten Flächen konnte u.a. deutlich gemacht werden, dass hohe dominante Gräser (Pennisetum flaccidum) sich verdrei- fachen und anscheinend eher weidefestere, kleine Horst-Gräser, wie Eragrostis and Tripogon spp. ersetzen. Die Artenzahl nimmt insgesamt leicht zu. Artemisia santolinifolia scheint in Folge intensiver Beweidung, aber auch durch ihre Nutzung als Sammelpflanze zur Energiegewinnung, sowie für Weihrauch, stark zurückzugehen. Durch Schutzmaßnahmen wandert diese Art aber recht rasch wieder ein. Ähnliches gilt dort für Buddleja spp. (MIEHE ET AL. 2003). 2. Material und Methoden 130

In S-Tibet kann z.B. der Caragana/Sophora-Typ eine nitrophile Wirkung durch Dungeintrag anzeigen; Stellera chamaejasme dagegen beispielsweise selektive Beweidung. Letztere Art ist als echter Weidezeiger bekannt (z.B. FRENZEL & ADAMCZYK 2004, KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2002, 2006, 2007a, 2008ab, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Zunahmen der Pollentypen Thalictrum, Mentha-Typ, Brassicaceae, Stellera und Fabaceae in der südlichen Mongolei zeigen ebenso eine Zunahme des Weidedrucks an (MIEHE ET AL. 2007a).

Interessant ist auch, dass einige Pflanzenarten und –gattungen, die in dieser Arbeit als „Weide- zeiger“ gelten, auch in der traditionellen tibetischen Medizin von Bedeutung sind. Stellera chamaejasme wird auch für die Herstellung von Papier, sowie für die Entwurmung und Anti-Parasitenbehandlung von Nutz- und Weidetieren verwendet. Saussurea (S. sp., S. roylei, S. graminifolia, S. costus, S. obvallata), mehrere Arten von Meconopsis (M. sp., M. integrifolia, M. baileyi, M. aff. horridula, M. aculeata), und Rheum (R. alexandrae, Rh. officinale, Rh. tanguticum, Rh. nobile) werden sowohl in der tibetischen als auch in der chinesischen Medizin eingesetzt (WINKLER 2007, TSARONG TSEWANG J. 1994, mdl. Mitt. B. FRENZEL). Vertreter von Aconitum (A. balfourii, A. violaceum, A. heterophyllum,), Gentiana/Swertia (G. sp., G. tubiflora, S. petiolata, Aster (A. diplostephioides), Anemone (A. rivularis), Ranunculus (R. acris), Clematis (C. tibetana, C. sp.), Pedicularis (P. sp., P. bicornuta, P. oliveriana, P. longiflora var. tubiformis, P. pyramidata), Polygonum, Primula (P. involucrata, P. macrophylla), u.a., werden vielfach in der tibetischen Medizin gesammelt und genutzt (TSARONG TSEWANG J. 1994).

THELAUS (1992) interpretiert bei den pollenanalytischen Untersuchungen die Zunahme von Apiaceae, Gentianaceae, Parnassia, Sanguisorba filiformis, Caltha, sowie Poaceae als typische Taxa beweideter Moorlandschaften im Becken von Zoigê. Diese Taxa ersetzen zunehmend den bis ca. 4.000 y B.P. geschlossenen Wald aus Picea, Betula, Abies, u.a. Damit wird schließlich auch der Rückgang des BP als Folge der Aktivitäten des Menschen und seines Weideviehs, wie z.B. den Yaks, interpretiert. SHEN JI ET AL. (2006) deuten die zunehmenden Pollenprozentwerte von Plantago, Libiatae, Artemisia, Chenopodiaceae und Poaceae als einen Hinweis auf anthropogene Veränderungen, vor allem durch die Aktivitäten von Hirten. Zu den genannten Taxa kommen kultivierte Taxa hinzu, die insgeamt vor allem in den sich verändernden Wäldern in der Provinz Yunnan auf- fallen.

In SO/O-China wird das erstmalige Auftreten von Fagopyrum als Nachweis des frühen Acker- baus um 4.500 cal y B.P. gedeutet. Die Veränderung der Waldvegetation durch Zunahme von Alnus, Artemisia, Gramineae, Pteridium und Pteris als bekannte Siedlungszeiger nach LIU K.B. ET AL. (1992) deuten dort auf frühe menschliche Aktivitäten hin (YI SANGHEON ET AL. 2006). Auf dem TP wird auch Buchweizen (Fagopyrum) angebaut, beispielsweise nordöstlich des Profils „Bahsü“ bei Pang-ta (Bamda). Buchweizen-Anbau ersetzt oftmals die Gerste. Ähnliches ist aus der Gegend von Batang bekannt (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Fagopyrum wird auch als Nachweis von Siedlungstätigkeiten im Langtang-Tal in Nepal inter- pretiert (BEUG & MIEHE 1989, 1999). Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Fagopyrum einerseits als Nutzpflanze in Erscheinung treten kann, andererseits aber auch als Vertreter der natürlichen Vegetation vorkommt (BEUG & MIEHE 1989, 1999, KOJI TSUJI & OHMI OHNISHI 2001 und s. Lit. dort).

BEHRE (1990) beschreibt die Schwierigkeiten des pollenanalytischen Nachweises im Nahen Osten. Zwar sind einzelne Ergebnisse der Oro- und Eu-Mediterranen Zone nicht auf dieses Vorhaben übertragbar, dennoch geben sie wichtige und interessante Hinweise auch für diese Arbeit, denn es stehen schließlich zentrale Fragen, wie die der Veränderungen und Öffnung des Waldes, sowie die Entwicklung verschiedener Stadien von Steppen im Vordergrund. Das Problem im Nahen Osten ist u.a. die Vielfalt an Vegetationsformen: Trocken-Steppe bis Wald- steppe, Wälder und Sträucher; alle in unterschiedlichen Varianten jeweiliger, auch gegen- sätzlicher Klimate. Unter primären Siedlungszeigern sind nach BEHRE (1990) alle Pflanzen- vertreter zu verstehen, die auf Äckern, in Obstbaumbeständen und Gärten in größeren Mengen kultiviert werden, um sie durch ihre Früchte, Fasern, etc., schließlich zu ernten. Es sind also keine Pflanzen des Waldes und der Wiesen und Weiden, auch wenn sie gesät oder gepflanzt wurden. Auch bei den primären Siedlungszeigern besteht das Problem, diese richtig zu inter- pretieren (BEHRE 1990). Es sind zum einen pollenmorphologische Formen von Wild- und Nutz- 2. Material und Methoden 131 pflanzen bekannt (z.B. Cerealia-Typ, Fagopyrum), die sowohl von den kultivierten Pflanzen als auch von Wildtypen stammen können. Zum anderen können natürlich auch als Nutzpflanzen be- und erkannte Pflanzen aus der natürlichen Vegetation gesammelt werden (z.B. Olea). Hin- gegen sind nach BEHRE (1990) „sekundäre anthropogene Indikatoren“ in PD als Pflanzen definiert, die zwar nicht absichtlich durch den Menschen kultiviert werden, jedoch in irgendeiner Form Vorzug finden oder auch unabsichtlich durch den Menschen eingeführt wurden. Eine detaillierte Auflistung sekundärer Indikatoren ist dort (s. auch weiterführende Literatur dort, BOTTEMA & WOLDRING 1990) dargestellt: Chenopodiaceae, Polygonum aviculare-Typ, Brassica- und Matricaria-Typ, Gramineae, Sanguisorba minor-Typ, sowie Plantago lanceolata-Typ, u.a.. Letztere signalisieren hauptsächlich Weidepflanzen. BEHRE (1981, s. Lit. dort) gibt eine Übersicht möglicher Verhältnisberechnungen einzelner Pollentypen als Methode des Nachweises von Weidewirtschaft in prähistorischen Zeiten für Europa. KRAMM (1978) stellt für NW-Deutschland einen interessanten Vergleich von Rumex und Staubpartikeln auf. Demnach korrelieren diese beiden Parameter infolge menschlicher Nutzungen. Staubpartikel werden dort u.a. auch durch die Entwaldung verstärkt erzeugt und freigesetzt.

FÆGRI & IVERSEN (1975) beschreiben durch das Erscheinen der Pollentaxa Plantago lanceolata und P. maior, sowie des Getreidepollens und einzelner selten vorkommender Typen im PD nicht nur den Beginn der Landwirtschaft, sondern führen damit auch eine Abgrenzung zu den klimatischen Faktoren ein. Dies gilt zumindest bei der Interpretation europäischer PD. BEHRE (1981) sieht in dem alleinigen Erscheinen von Getreidepollen nicht unbedingt den Beginn des Ackerbaus in Gebieten nördlich der Alpen, sondern setzt diesen erst mit dem Auf- treten anderer Pollentypen, z.B. der „Unkräuter“ u.a., an. Er betont die Notwendigkeit des Ver- gleichs von zahlreichen pollenanalytischen Untersuchungen. Dennoch bleibt die Gefahr eines Zirkelschlusses bestehen. Allerdings kann diese Indikation nur dann als Abgrenzung anerkannt werden, wenn es sich um Pollentypen handelt, die vor dem Zutun des Menschen gefehlt hatten oder zumindest eine untergeordnete Rolle in der natürlichen Vegetation gespielt hatten. Dies trifft für das TP nicht zu. Elemente der Begleitflora, die auf Beweidung und menschliche Nutzung hinweisen könnten, stammen hier aus der natürlichen Vegetation, vornehmlich aus alpinen Steppen (vgl. Auflistung in HERZSCHUH ET AL. 2006b). Sie wurden nicht wie in Europa erst durch den Menschen, bei den Nutzpflanzen zumindest bewusst, bei den „Un- und Beikräutern“ eher unbewusst, eingeführt. BRÄUNING (2002) betont ebenso, dass zahlreiche Pflanzen der Unkrautflora in Hochasien indigen sind. Kulturpflanzen, wie Getreide und Buchweizen (Fagopyrum tataricum ssp. tataricum) sind ebenfalls von dieser Problematik betroffen, da, wie erwähnt, diese in Hochasien wild vor- kommenden Sippen (z.B. Fagopyrum tataricum ssp. potanini) dem selben Pollentyp angehören (BEUG 2004, BEUG & MIEHE 1989, 1999, KOJI TSUJI & OHMI OHNISHI 2001, s. auch Lit. dort, vgl. Kap. 3.1.). Veränderungen in den Mengenanteilen der in Mitteleuropa vergleichbaren Siedlungszeiger eignen sich also nicht oder nur begrenzt zur Abgrenzung klimatischer und synanthroper Einflüsse und zur paläoökologischen Interpretation pollenanalytischer Ergebnisse auf dem TP (s. auch BRÄUNING 2002, SCHLÜTZ 1999). Die Möglichkeiten der Anteile des BP und NBP als Indikatoren einer Öffnung des Waldes, wurden bereits in den Kap. 2.8.3. und Kap. 2.8.4. dargestellt und explizit in Kap. 4.6. diskutiert.

Aufgrund der erwähnten Probleme, dass Pollentaxa, die Aktivitäten des Menschen und seines Weideviehs anzeigen könnten, vornehmlich insektenbestäubt sind, wurden diese Vertreter in Summen als synanthrope Taxa zusammengefasst (Syn1, Syn2), denn insektenbestäubte Pflanzen sind im Pollenniederschlag aufgrund ihrer geringen Pollenproduktion unterrepräsen- tiert.

Plantago maior L., P. media L. und P. lanceolata L. gelten in Mitteleuropa als besonders tritt- resistent und sind daher besonders häufig auf Weiden, Lägerfluren und nährstoffreichen Fett- wiesen zu finden (OBERDORFER 2001). Plantagines, als Vertreter der Unkräuter, werden auch auf dem TP zusammen mit anderen Taxa, die auf eine wirtschaftliche Nutzung hindeuten, wie 2. Material und Methoden 132

Juglans, Fagopyron, Cannabis als Siedlungs- oder Störungszeiger geführt (BEUG & MIEHE 1998, JARVIS 1993, 1999, MIEHE ET AL. 2006). Die Pollentypen Plantago maior/media, sowie P. lanceolata wurden daher in die Liste der Syn1 gestellt.

Der Cerealia-Typ wird ebenso in der Gruppe der Syn1 als potentieller Indikator einer mensch- lichen Nutzung geführt. Das Hauptnahrungsmittel der Tibeter ist „Tsampa“, ein Gerstenbrei. Der Gerstenanbau hat in Tibet eine sehr weit zurückreichende Tradition und gilt als essentiell (s. Kap. 1.13. und Kap. 3.1.). Epilobium wird häufig auf Offenflächen und/oder in Pioniergesellschaften angetroffen, gilt aber auch als Brandrodungszeiger (OBERDORFER 2001, mdl. Mitt. B. FRENZEL und G. MIEHE). Aus den Aufzeichnungen der Expeditionen von Herrn Prof. B. Frenzel wurden weitere Pollen- typen in die Liste der Syn1 aufgenommen, wie z.B. Chenopodiaceae als Störungs- und Weide- zeiger (vgl. MIEHE ET AL. 2006).

Palynologische Vertreter von Rumex-, Eurumex-Typ und Urtica können Hinweise auf Eutrophie geben (BEUG & MIEHE 1998, 1999, MIEHE ET AL. 2006) wie es auch schon für einige Arten aus (Mittel)-Europa bekannt ist (BEHRE 1981, ELLENBERG ET AL. 2001). Rumex, Aconitum, Primula, Heracleum (u.a. Umbelliferae), Ranunculus, sowie einige Grasarten können durch kleinflächige Überdüngung auf Lägerfluren infolge konzentrierter Weideeffekte vorherrschen, was nahezu weltweit bekannt ist. Dennoch benötigen diese Pflanzen eine gute Wasserversorgung, die in den trockeneren Gebieten Tibets nicht immer gegeben ist. Deshalb sind diese Pflanzen beispielsweise in den trockenen Bereichen des Himalaya eher selten ver- treten (BEUG & MIEHE 1998, 1999, SCHWEINFURTH 1983, s. dort auch weiterführende Lit.).

In der Syn2-Gruppe finden sich Vertreter wie Artemisia, sowie Rosaceae pp zusammen, die auf extensiv genutzten Flächen viel stärker verbreitet vorkommen können (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Keineswegs können sie aber als ausgesprochene Weidezeiger angesehen werden. So ist Artemisia eine Gattung, die mit mehreren Arten in natürlichen alpinen Steppen vorkommen kann, jedoch gleichzeitig möglicherweise Hinweise auf eine menscheninduzierte „Versteppung“ geben. Diese Indifferenz der Gattung Artemisia beschreiben auch MIEHE ET AL. (1998) und weisen auf den Handlungsbedarf z.B. hinsichtlich geeigneter Waldzeiger hin. Rosaceen beherbergen viele Pflanzenvertreter mit Dornen, die bei der Beweidung oft ver- schmäht und deshalb stehen gelassen werden. Bei der Interpretation dieser Gruppe im PD ist jedoch unbedingt darauf zu achten, die gesamte mögliche Vegetation, welche sich im PD widerspiegelt, im Kontext zu sehen. Isolierte Betrachtungen können schnell zu Fehlschlüssen führen, da diese Pollentypen eine Vielzahl an Pflanzenarten wiedergeben können, die auch wichtige Bestandteile der natürlichen Vegetation einzelner Standorte auf dem TP sind.

Neben Yakdung wird vor allem Holz als Brennmaterial genutzt. Aus dem Himalaya wird der Einfluss von Feuer (natürlich, wie anthropogen) auf die Vegetation erwähnt und beschrieben. Dabei kann die Vegetation zerstört und nachhaltig in der Zusammen- setzung verändert werden (z.B. BEUG & MIEHE 1998, 1999, MIEHE 1990, SCHWEINFURTH 1983). Kohleflitter in den Proben der Pollenanalysen können daher ggf. Hinweise auf Brandrodung zur Öffnung des Waldlandes geben, um es anschließend beweiden und/oder landwirtschaftlich nutzen zu können (z.B. MIEHE ET AL. 2008b, vgl. SMETTAN 1995). Es sei jedoch daran erinnert, dass mikroskopisch kleine Kohleflitter genauso auf Zersetzungsprozesse hinweisen können (mdl. Mitt. M. KNIPPING, s. Kap. 2.5.).

Schneiteln ist, wie bereits erwähnt, auf dem TP traditionell weit verbreitet (BRÄUNING 1994a, 1999a, 2007, FRENZEL 2000a, MIEHE 1984, WINKLER 1994). Selbst Stubben wurden oftmals ausgegraben, um auch das Restholz als Brennmaterial zu verwerten (mdl. Mitt. B. FRENZEL). In den hochalpinen Sommerweidegründen der Chang Tang Ebene werden mangels Gehölzen und Buschwerken auch Polsterpflanzen wie Thylacospermum caespitosum, Androsace tapete, u.a., als Futter- und Brennmaterial genutzt. Der Dung spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle als Energiequelle, was wiederum nachhaltige Folgen mit sich bringen kann, aufgrund der mangelnden Rückführung der Nährstoffe (MIEHE & MIEHE 2000).

3. Ergebnisse 133

3. Ergebnisse

3.1. Unterschiedene Sporomorphe und „Non-Pollen- Palynomorphe“ (NPP)

Die folgende Aufstellung der ausgewerteten Sporomorphentypen erfolgt alphabetisch nach Klassen, Ordnungen und Familien in Anlehnung an OBERDORFER (2001), die Kryptogamen wurden teilweise gemäß STRASBURGER ET AL. (2008) ergänzt.

Sporen

Kryptogamen Abt. Pteridophyta Kl. Equisetopsida (Sphenopsida) Ord. Equisetales Equisetaceae Equisetum wurde in einer Probe am Standort „Hai ze Shan“ gefunden.

Kl. Pteridopsida (Filicopsida) Ord. Ophioglossales Ophioglossaceae Botrychium kommt in einzelnen Proben vor.

Ord. Polypodiales (Filicales) Polypodiaceae Polypodium-Typ und Athyrium konnten unterschieden werden. Die Sporen der Polypodiaceae, an denen die Perine nicht mehr erhalten war, wurden als Polypodiaceae pp zusammengefasst.

Weitere Sporen wurden aus der Abteilung Streptophyta den Marchantiopsida (thallose Leber- moose), wie den Riccia-Typ, sowie den Sphagnopsida als Sphagnum in einzelnen Profilen gefunden und zugeordnet. Einzelne trilete Sporen konnten keinem bestimmten Sporentyp zugesprochen werden.

Baumpollen (BP), einschl. Sträuchern

Spermatophyta (Phanerogamen)

Unterabt. Gymnospermae

Kl. Gnetopsida Ord. Gnetales Ephedraceae Es können zwei Typen unterschieden werden: Ephedra fragilis-Typ und Ephedra distachya- Typ. Häufiger kam der E. fragilis-Typ vor, E. distachya-Typ dagegen seltener. Die Unter- scheidung erfolgt nach BEUG (2004). In Tibet (Xizang) spiegelt nach HERZSCHUH ET AL. (2004 und Lit. dort) der E. fragilis-Typ die Art E. przewalski, während der E. distachya-Typ mehrere Arten, wie E. intermedia, E. rhyditosperma, E. sinica, E. equisetina und E. media widerspiegelt. Vertreter von Ephedra erreichen in den Steppen und Wüsten Tibets eine maximale Höhe von etwa 50 cm. 3. Ergebnisse 134

Kl. Pinopsida

Ord. Taxales Taxaceae PK von Taxus sind nach BEUG (2004) vom Juniperus-Typ deutlich durch ihre meist eiförmig- eckige Form zu unterscheiden, obwohl sie im frischen Zustand leicht aufplatzen und dadurch einen typischen Riss aufzeigen. Nicht aufgeplatzte PK lassen sich dennoch durch ihre Größe gut abtrennen. Taxus-PK traten selten auf.

Ord. Pinaceae BEUG (2004) unterscheidet zwei Tsuga-Typen: Tsuga canadensis-Typ und T. diversifolia- Typ, die sich durch das Vorhandensein, bzw. Nichtvorhandensein, von bis zu 3 µm langen echini unterscheiden. Das PK ist ringförmig von äquatorial verlaufenden Luftsäcken umgeben, die beim erst genannten Typ immer und beim zweit genannten nicht selten in viele kleine Vesiculae (blasenförmige Strukturen) aufgelöst sind. Bei den pollenanalytischen Untersuchungen wurden sowohl Pollentypen mit echini als auch ohne vorgefunden, dabei tauchten bei beiden Typen sowohl solche auf, die in größere als auch in kleinere Vesiculae aufgelöst sind. In den PD wurden jedoch alle Typen von Tsuga als Tsuga- Gruppe erfasst.

Die Unterscheidung der Gattungen Picea, Abies und Cedrus kann normalerweise eindeutig durch die mehr oder weniger „halbkugelige“, bzw. „dreiviertelkugelige“, Ausbildung der Luft- säcke erfolgen, sowie durch die Ausprägung der Exine im PMT (Pollenmittelteil vesiculater PK); bei Picea bis 4 µm dick, bei Cedrus bis zu 4 bis 7 µm dick und bei Abies 6 bis 10 µm dick (BEUG 2004). Die Abgrenzung von Cedrus zu Abies geschieht durch die Ausbildung einer noch dickeren Exine an der Ansatzstelle der Luftsäcke. Das PK von Abies besitzt Luftsäcke, die deutlich gegen den PMT abgesetzt sind. Während der Analysen gab es immer wieder Schwierigkeiten, eine eindeutige Abgrenzung der in Mitteleuropa üblichen pollenmorphologischen Unterscheidungskriterien vorzunehmen, wie auch in BEUG (2004) beschrieben ist. Es wurden folgende Unterscheidungsgruppen erfasst:

Abies Abies wurde immer als PK mit Ausbildungen der Exine im PMT deutlich > 5 µm erfasst, die im optischen Schnitt fast immer deutlich gewellt ist. Obwohl für die europäischen Arten eine enorme Länge der PK von ca. 120 bis 160 µm (BEUG 2004) typisch ist, kamen auf dem TP auch, eher selten, deutlich kleinere PK vor, die jedoch pollenmorphologisch eindeutig zu Abies gestellt werden konnten.

Picea Hierunter sind alle PK zusammengefasst, die nach BEUG (2004) den typischen Unterschei- dungsmerkmalen zuzuordnen sind, d.h. eine Dicke der Exine im PMT bis zu 4 µm; die Luft- säcke gestalten sich bis nahezu halbkugelig.

Picea „Kamm“ Es handelt sich um PK, die nicht mehr als halbkugelige Luftsäcke besitzen, jedoch eine Exinen- dicke von > 4 µm aufweisen, diese war häufig sogar > 5 µm. Auffallend bei diesen PK war die fehlende „Wellenform“ der Exine (vgl. Abies). Jedoch war sie oftmals von den links- und rechts- seitigen Ansätzen nach dem Luftsackübergang stets geringer ausgebildet, bis sie schließlich „bogenförmig zur Mitte“ hin, ihr Maximum erreichte.

Picea/Abies Selten kamen PK vor, die eine Exinenausbildung hatten, welche dem echten Picea-Typ entsprechen. Jedoch wurden dabei Luftsäcke bis halbkugelig, manchmal etwas mehr als halb- kugelig vorgefunden. Luftsäcke wirken daher als leicht „abgesetzt“ vom PMT. Dieser Typ ent- spricht weitgehend dem P. omorica-Typ nach BEUG (2004). 3. Ergebnisse 135

Die separat erfassten Pollentypen Picea, Picea „Kamm“ und Picea/Abies wurden in eine Picea-Gruppe gestellt. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die der Gattung Picea im Untersuchungsraum zuge- sprochen werden muss (vgl. Kap. 1.9. und Kap. 1.12.1.), u.a. auch im Hinblick auf das endemische Vorkommen mehrerer Picea-Arten und ihrer in Zentral-Asien s.l. Entstehungszentren (s. Kap. 1.11.1.), ist eine unterschiedliche Ausbildung der PK und deren „Übergangsformen“ nicht unbedingt verwunderlich. Sicherlich wäre für weitere palynologische Arbeiten dringend eine präzise, pollenmorphologische Monographie dieser PK-Vertreter notwendig. Eine „µ-genaue“ Ausmessung der einzelnen Charakteristika dieser komplex aufgebauten vesiculaten, mit 2 Luftsäcken versehenen PK, erweist sich erfahrungsgemäß als sehr schwierig (z.B. durch Stauchungen, Quetschungen, etc.), so dass generell eine Auszählung nach üblicherweise bekannten Kriterien als sehr problematisch einzustufen ist. Eine Messung der Luftsackhöhen an einem gequetschten PK darf aufgrund der zu hoch ein- zustufenden Werte nicht vorgenommen werden, es wäre also auch auf eine ausreichende Schicht des Einschlussmittels zu achten (BEUG 2004). Für die vorliegende Arbeit war es trotz Anlegens einer Vergleichspräparatesammlung verschie- dener Picea- und Abies-Arten unmöglich, eine Unterscheidung der einzelnen Taxa vorzuneh- men, zumal es sich überhaupt als sehr schwierig erwies, alle potentiell vorkommenden Arten rezent als Pollenproben zu gewinnen.

In anderen palynologischen Arbeiten ist teilweise ebenso die Problematik zu erkennen, in denen verschiedene Picea-Typen erwähnt oder beschrieben werden (ZHOU QUNSHU 1999, SCHLÜTZ 1999), wenngleich Herr Aljos Farjon, Systematiker, Gymnospermen, pollen- morphologische Unterschiede innerhalb der Gattung Picea anzweifelt (schriftl. Mitt. 08.05.2003).

Cedrus unterscheidet sich nach BEUG (2004) von anderen vesiculaten PK durch eine über- gehende Struktur von dem PMT zu den Luftsäcken – dorsal und lateral. In der vorliegenden Arbeit ist Cedrus ein seltener Pollentyp.

Pinus BEUG (2004) unterscheidet zwei Typen von Pinus: den Haploxylon- (P. roxburghii) und den Diploxylon-Typ (P. wallichiana). Pinus roxburgii und P. wallichiana/(geradiana) unterscheiden BEUG & MIEHE (1999), GUPTA & SHARMA (1986) sowie SCHLÜTZ & ZECH (2004). Das Verhältnis der Luftsackbreite (a) zur Länge der geraden Ansatzlinie (b), erlaubt gewisser- maßen eine Zuordnung bestimmter Pinus-Arten. Dabei treten jedoch gewisse Schwierigkeiten auf, die zu beachten sind, um Fehler gering zu halten (BEUG 2004). Die Abmessung dieser Parameter erwieß sich aufgrund der Lage und Erhaltung der PK zum großen Teil als sehr schwierig. Es lassen sich meist nur Tendenzen erkennen von einzelnen ausgemessenen Pinus- PK. In den PD wird der Pollentyp Pinus geführt, auf einzelne Pinus-Typen, die Hinweise auf bestimmte Arten geben könnten, soll schließlich im Text eingegangen werden.

Larix-PK besitzen eine bis zu 3 µm dicke, zwei-schichtige Exine und einen klaffenden Längs- spalt (BEUG 2004).

Cupressaceae Der Juniperus-Typ spielt im Untersuchungsraum durch die am höchsten, bis zur Baumgrenze vorkommenden Baumarten von Juniperus eine bedeutende Rolle. Charakteristisch bei frischen PK ist das Aufplatzen durch Quellung der Intine. Im fossilen Zustand findet man nach BEUG (2004) vorwiegend PK mit aufgerissener Exine, sehr selten in ursprünglicher sphäroidischer Form. 3. Ergebnisse 136

Unterabt. Angiospermae

Kl. Dicotyledoneae (Magnoliopsida u. Rosapsida)

Ord. Celastrales Aquifoliaceae in einem Profil („Bahsü“) wurden PK-Einzelfunde von Ilex gefunden. Sie werden als Ilex-Typ geführt (nach FÆGRI & IVERSEN 1993: Ilex; nach BEUG 2004: Ilex aquifolium).

Ord. Dipsacales Caprifoliaceae Sehr selten wurden PK dieser Familie angesprochen. Einzelne PK konnten nur als Lonicera abgegrenzt und nicht weiter unterschieden werden (wie in BEUG 2004). Die restlichen Caprifoliaceen wurden zu Caprifoliaceae pp zusammengefasst.

Ord. Ericales Ericaceae Rhododendron: Bei dieser Gattung ist die Abtrennung des Rhododendron arboreum-Typs, mit Vertretern der bis 10 m hohen Pflanzen (mdl. Mitt. M. GROß), von R. lepidotum mit den niederwüchsigen Ver- tretern möglich (BEUG & MIEHE 1998, 1999; GUPTA & SHARMA 1986). BEUG & MIEHE (1998, 1999) erörtern anhand der pollenanalytischen Untersuchungen im Langtang-Tal, zentraler Himalaya, im Vergleich zur rezenten Vegetation die paläoökologische Bedeutung dieser Unter- scheidung. Demnach stellt sich durch Brandrodung zunächst eine Sekundärvegetation durch u.a. R. lepidotum ein. Die palynologische Ansprache im Profil „Miby“ lässt eine Zuordnung des R. arboreum-Typs zu. Es kristallisiert sich jedoch stark die Notwendigkeit heraus, die Vielzahl der im Himalaya vor- kommenden Rhodendron-Arten pollenmorphologisch grundlegend zu überprüfen und zu beschreiben. In den übrigen Ergebnissen dieses Untersuchungsraumes sind die PK dieser Gattung generell als Rhododendron dargestellt.

Ord. Fagales Betulaceae PK von Betula sind in allen PDs vertreten. Der Ostrya-Typ deckt sowohl PK von Ostrya als auch von Carpinus ab (BEUG 2004: grenzt weiter Carpinus betulus ab). Das Vorkommen von Corylus PK ist in der vorliegenden Arbeit sehr gering. PK von Alnus kamen vorwiegend 4porig, regelmäßig aber auch 5porig vor.

Fagaceae (Cupuliferae) Fagus-PK spielen in der vorliegenden Arbeit eine untergeordnete Rolle. Es handelt sich hier nur um Einzelfunde. Unter dem Quercus-Typ sind alle PK zusammengefasst, die nach BEUG (2004) in Form, Größe und Apertur als Quercus robur-pubescens-Typ beschrieben sind. Bei den meisten Quercus- Typen in dieser Untersuchung fällt auf, dass die PK nur sehr schwach scabrat sind, während die in Mitteleuropa bekannten Quercus-PK deutlich scabrat sind. Eine genaue Unterscheidung einzelner Quercus-PK, die für den Untersuchungsraum bedeutend sein könnte, ist in JARVIS ET AL. (1992) gegeben. Danach konnten PK vom Typ 3 (vgl. Quercus senescens Handel-Mazzetti), sowie Typ 3a (vgl. Cyclobalanopsis glauca (Thunberg) Oerst. (Q. glauca Thunberg-Q. longipes Hu) nach dem dort angegebenen Bestimmungsschlüssel zu den immergrünen Eichen gestellt werden. In JARVIS (1993) werden die nach JARVIS ET AL. (1993) abgegrenzten immergrünen Eichen und Cyclobalanopsis als „Quercus cf. Sclerophyllous Taxa“ zusammengefasst. Die danach bestimmten Pollentypen werden in der vorliegenden Arbeit demnach in der Namensgruppe „Quercus cf. sklerophylle Taxa“ geführt. Vorsicht ist jedoch bei der Interpretation geboten: Es können sich mehrere Arten dahinter verbergen, die in unterschiedlichen Höhenstufen vorkommen (BRÄUNING 2002, JARVIS ET AL. 1992). 3. Ergebnisse 137

In der Quercus-Gruppe sind dagegen alle die Quercus-PK zusammengefasst, die nicht den bisher beschriebenen PK dieser Gattung entsprechen. Einzelne Pollentypen wurden während des Zählens jedoch separat erfasst.

Ord. Urticales Ulmaceae Ulmus kam nur in geringen Mengen vor.

Ord. Juglandales Juglandaceae Innerhalb dieser Familie erfolgte eine Abgrenzung von Pterocarya (nach BEUG 2004: Pterocarya fraxinifolia). Desweiteren wurde ein Juglans-ähnlicher Typ vorgefunden, welcher dem europäischen Typ in den Aperturen sehr ähnlich ist, jedoch war die sonst charakteristische fein-scabrate Skulpturierung bei diesen Exemplaren sehr schwach bis gar nicht ausgeprägt, so dass dieser PK-Typ nur eine Zuordnung in die Familie der Juglandaceae pp zuließ.

Ord. Malvales Tiliaceae Der Pollentyp Tilia spielt in der vorliegenden Arbeit keine Rolle. Ein PK war lediglich als Fern- flug im Profil „Himmelsee“ am Nam Co zu finden, was ein Hinweis gibt, wie weit einzelne PK transportiert werden können.

Ord. Myricales Myricaceae Myrica-Typ (nach BEUG 2004: Myrica gale).

Ord. Oleales Oleaceae Es wurden einige PK gefunden, die dem Ligustrum-Typ angehören. Bei dem Profil „Miby“ gibt es einige Funde, die den Oleaceae pp zugeordnet werden.

Ord. Berberidaceae PK des Berberis-Typs entsprechen dem Pollentyp von Berberis vulgaris in BEUG (2004). Da jedoch nicht bekannt ist, welche Berberis-Arten im Untersuchungsraum einzelner Profile sonst zu erwarten sind, wurde hier die Typ-Angabe gewählt.

Ord. Rosales Rosaceae PK der Rosaceen in der Strauchschicht sind als Potentilla-Typ und Rosaceae pp dargestellt. Da es in der Strauchschicht und in sukzessiven Vegetationsstadien viele Vertreter der Rosaceen gibt, die sich vermutlich primär hinter dieser Pollengruppe verbergen, wurde diese zu den Sträuchern der BP gestellt.

Ord. Rutales Anacardiaceae Bei den Anacardiaceae wurden nur PK der Rhus-Gruppe (BEUG 2004) gefunden.

Ord. Salicales Salicaceae PK von Salix sind in allen Profilen vertreten. PK von Populus sind in einigen Profilen enthalten.

Ord. Thymelaeales Elaeagnaceae PK von Hippophaë kamen in allen Profilen außer „Miby“ vor. (H. rhamnoides nach BEUG 2004).

3. Ergebnisse 138

Nicht-Baumpollen (NBP)

Unterabt. Angiospermae

Kl. Monocotyledoneae (Liliopsida)

Ord. Cyperales Cyperaceae Die Artenvielfalt der Cyperaceae ist groß, so kann aufgrund der pollenmorphologischen Variabilität (Größe, Form, Dicke der Exine, Aperturmerkmale, etc.) für die in Mitteleuropa ver- tretenen Arten keine eindeutige Abgrenzung vorgenommen werden (BEUG 2004). Für die vorliegende Arbeit wäre von großer Bedeutung, Carex-Arten von Kobresia-Vertretern abzugrenzen, bzw. Arten innerhalb der Gattung Kobresia, ebenso der beiden Arten K. pygmaea und K. schoenoides pollenmorphologisch zu erkennen, um eine Abgrenzung bei der ökologi- schen Interpretation zu ermöglichen. PK von Kobresia (in BEUG 2004: Cobresia simpliciuscula (Wahl.) Mackenzie) werden „spitz bis stumpf dreieckig oder rundlich-polyedrisch, überwiegend mit Poren“ beschrieben, jedoch werden eine Vielzahl von Carex-Arten, deren „PK mit Poren, z.T. anteilig auch colpate PK“ enthalten, aufgeführt. Eine Abgrenzung nach bisherigen Unter- suchungen scheint derzeit unmöglich zu sein. Es wäre absolut notwendig, die Cyperaceen der in Tibet vorkommenden Arten hinsichtlich der beschriebenen Problematik pollenmorphologisch zu analysieren und zu beschreiben. Es erfolgt deshalb nur die Angabe der Cyperaceae.

Ord. Liliales (Liliiflorae) Liliaceae Es wurden während der Analysen sehr große, monocolpate PK vorgefunden, welche in die Familie der Liliaceae gestellt werden können (pp). In einzelnen Proben konnte der Allium ursinum-Typ nach BEUG (2004) angesprochen werden.

Ord. Poales (Graminales) Poaceae (Gramineae) Poaceen sind in allen PDs vertreten. Die Darstellung erfolgt als Poaceae pp. In einzelnen Profilen wurde der Cerealia-Typ abgegrenzt. In den Profilen „Hai ze Shan“ und „Shih ch’ü“ handelt es sich um Einzelfunde. In den Profilen „Tsongu“ und „Bahsü“ sind mögliche Hinweise auf Getreideanbau gegeben. Eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Getreidetyp konnte nicht vorgenommen werden. Die relativ geringe Anzahl der PK des Cerealia-Typs ließen keine Differenzierung der Phasenkonstrast-Muster zu. Sie können jedoch aufgrund der PK- Größe und Anulus-Breite eindeutig dem Getreide-Typ zugeordnet werden. Desweiteren muss mit Problemen hinsichtlich der Pollenmorphologie gerechnet werden, da auch Wildgräser den Cerealia-Pollentyp enthalten können (vgl. BEUG 1961, 2004, BEUG & MIEHE 1998).

Ord. Potamogetonales Juncaginaceae Hierunter fällt ausschließlich der Triglochin-Typ. Triglochin lässt sich zum Potamogeton natans-Typ nur im Phasenkonstrast durch das Vorhandensein schwacher, schwer erkennbarer Columellae unterscheiden (BEUG 2004).

Potamogetonaceae Potamogeton umfasst alle PK der typischen Potamogeton-Merkmale, die ein Reticulum mit deutlichen Columellae aufweisen.

Ord. Typhales Sparganiaceae Einzelne wenige PK gehören dem Sparganium-Typ (BEUG 2004) an.

3. Ergebnisse 139

Kl. Dicotyledoneae (Magnoliopsida und Rosapsida)

Ord. Apiales (Araliales) Apiaceae (Umbelliferae) Innerhalb dieser Familie wird palynologisch der Bupleurum-Typ (nach BEUG 2004) und der Pleurospermum-Typ unterschieden. Letzterer wurde als „Typ“ aufgeführt, da nicht alle Arten im Untersuchungsraum bekannt sind. Alle anderen PK der Apiaceen werden als Apiaceae pp zusammengefasst. Im Profil „Miby“ fällt ein eigener PK-Typ auf, der jedoch nicht sicher zuge- ordnet werden konnte. Er wurde mit in die Gruppe der Apiaceae pp gestellt. Eine weitere Apiacee wurde im Profil „Tsongu“ gefunden, welche zunächst als Typ 14 erfasst wurde. Dieser Typ wurde separat neben die bisher beschriebenen Pollentypen der Apiaceae gestellt. Dieser tricoloporate Pollentyp besitzt eine klar abgegrenzte runde Pore. Die colpi sind sehr schmal und lang. Er ähnelt sehr stark dem Pollentyp von Cicuta virosa (Wasserschierling) (BEUG 2004). Sehr ähnliche PK finden sich in der dort beschriebenen „Sammelgruppe“. Diese PK sind in allen Merkmalen sehr variabel, so dass eine Zuordnung zu einem Pollentyp nicht durchgeführt werden konnte.

Ord. Asterales (Synandrae pp) Asteraceae (Compositae) Asteroideae Hierunter fallen folgende Pollentypen: Aster-Typ, Saussurea-Typ, Artemisia, Matricaria-Typ, Centaurea cyanus-Typ. Die Nomenklatur erfolgte weitgehend nach BEUG (2004). Bei Centaurea cyanus wurde wegen unbekannter Artzuordnung die Bezeichnung “Typ” ange- hängt. Der Aster-Typ entspricht in BEUG (2004) dem Senecio-Typ. Alle restlichen PK fallen in die Gruppe der Asteroideae pp in BEUG (2004) als Asteraceae pp.

Cichorioideae (Liguliflorae) Die Vertreter der fenestraten PK mit echini und einer inneren und äußeren Columellae-Schicht gehören zu den Cichorioideae pp.

Ord. Campanulales (Synandrae pp) Campanulaceae Die gefundenen PK der Campanulaceen wurden nicht weiter nach den Typen, wie BEUG (2004) beschreibt, unterschieden. Sie werden als Campanulaceae geführt.

Ord. Capparales Brassicaceae (Cruciferae) BEUG (2004) beschreibt die Variabilität der Brassicaceae und stellt eine Unterscheidung ein- zelner Pollentypen in Frage. Die PK sind in dieser Arbeit nur als Familie aufgeführt. Es sei jedoch auf eine unmögliche Abgrenzung von Brassica napus L. ssp. oleifera (Metzg.) Sinsk. hingewiesen. Sie gilt auch in Tibet gebietsweise als wichtige Nutzpflanze.

Ord. Caryophyllales

Chenopodiaceae Alle PK, die in BEUG (2004) als „Chenopodiaceae pp, Amaranthus“ beschrieben sind, wurden für die untersuchten tibetischen Profile als Chenopodiaceae dargestellt.

Caryophyllaceae Caryophyllaceae wurden nicht weiter unterteilt und als Familie angegeben.

Ord. Dipsacales

Dipsacaceae In einzelnen Fällen war eine genaue Unterscheidung der PK möglich. In den PD wurden jedoch der Succisa-Typ (BEUG 2004), mit dem ursprünglich aufgenommenen Scabiosa-/Succisa-Typ, 3. Ergebnisse 140 schließlich nur in der Familie der Dipsacaceae geführt. Eine ökologische Unterscheidung sei hier als nicht für relevant angesehen.

Valerianaceae Tricolpate PK mit langen echini auf schildförmigen Verrucae wurden als Valeriana erfasst und dargestellt (FÆGRI & IVERSEN 1993). Desweiteren wurden aus derselben Familie vereinzelt PK von dem pollenmorphologisch völlig anderen Typ von Valerianella nach BEUG (2004) vorge- funden.

Ord. Euphorbiales Euphorbiaceae Es wurden immer wieder PK der Familie der Euphorbiaceae erfasst.

Ord. Fabales Fabaceae (Papilionaceae) PK der Fabaceae konnten vereinzelt als Vicia-Typ nach BEUG (2004) abgegrenzt werden. Alle andere PK dieser Familie wurden als Fabaceae pp angegeben.

Ord. Gentianales Gentianaceae s.l. Die Variabilität der Pollentypen der in Tibet häufig vertretenen Arten der Gentianaceae ist enorm hoch. Die Pollentypen wurden zunächst in eine eigene Gruppe eingestuft. Dabei sind Vertreter ent- halten, die wie in der Gentiana pneumonanthe-Typ-Beschreibung nach BEUG (2004) neben den allgemein charakteristischen Merkmalen kontrastreiche, oftmals langgestreckte Polränder auf- weisen. Die Strukturen variieren von striat, striat-reticulat bis reticulat. Alle diese Pollentypen wurden einer Gentiana-Gruppe zugeordnet. Der Gentianella-Typ wird separat geführt (BEUG 2004 unterscheidet zwei verschiedene). Die restlichen PK wurden zu Gentianaceae pp gestellt.

Rubiaceae Es wurden wenige PK aus der Familie der Rubiaceen vorgefunden. BEUG (2004) beschreibt PK der Rubiaceen als eine Einheit, wobei die PK von Galium nur 5-9 colpi aufweisen, während andere Vertreter, wie z.B. Asperula, etc., 9-12 colpi haben. Die in der vorliegenden Arbeit gefundenen PK werden in der Familie Rubiaceae geführt.

Menyanthaceae Die hierunter fallenden PK entsprechen dem Menyanthes-Typ (nach BEUG 2004, M. trifoliata).

Ord. Geraniales Linaceae PK der Linaceae wurden nur von Linum gefunden. BEUG (2004) unterscheidet verschiedene Typen. In dieser Arbeit konnten diese nur einem Linum-Typ zugeordnet werden.

Ord. Haloragales Haloragaceae Es konnten zwei Typen der PK von den Seebeerengewächsen nach BEUG (2004) unter- schieden werden: Myriophyllum verticillatum-Typ und M. spicatum-Typ, wobei der erstere der wesentlich häufigere bei den Analysen war.

Hippuridaceae Der Hippuris-Typ entspricht dem nach BEUG (2004) beschriebenen von Hippuris vulgaris.

3. Ergebnisse 141

Ord. Lamiales Lamiaceae (Labiatae) Eine Abgrenzung der vorgefundenen PK konnte zum einen für den Teucrium chamaedrys- Typ und den Prunella-Typ nach BEUG (2004) vorgenommen werden. Desweiteren kann der Mentha-Typ nach BEUG (2004) separiert werden.

Ord. Myrtales Onagraceae (Oenotheraceae) Der einzige Vertreter dieser Familie ist Epilobium nach BEUG (2004).

Ord. Nymphaeales Nymphaeaceae Es wurden einzelne PK von Nymphaea (BEUG 2004) gefunden.

Papaverales (Rhoeadales pp) Papaveraceae Hierunter fallen PK von Meconopsis (BEUG 2004: M. cambrica) und Papaver argemone-Typ (nach BEUG 2004). Die restlichen PK, die keine eindeutige Typenzuordnung zuließen, werden als Papaveraceae pp geführt.

Ord. Primulales Primulaceae Androsace alpina-Typ, Primula clusiana-Typ und die P. veris-Gruppe können nach BEUG (2004) abgegrenzt werden. Andere Vertreter dieser Familie mit mehr als drei colpi und feinem perreticulatem Muster werden als Primulaceae pp zusammengefasst (vgl. FÆGRI & IVERSEN 1993: Primula vulgaris).

Ord. Polygonales Polygonaceae (Bistorta-)Polygonum bistorta-Typ kann nach BEUG (2004) in zwei weitere Pollentypen unter- schieden werden, die sich in der Gestaltung der Columellae im Polarbereich unterscheiden. Hier wurden beide Typen als P. bistorta-Typ geführt. Desweiteren wurden P. aviculare-Typ (BEUG 2004) und P. amphibium (nach FÆGRI & IVERSEN 1993; BEUG 2004: Persicaria amphibia) unterschieden. PK, die nicht eindeutig durch die ersten beiden Typen abgegrenzt werden konnten, werden als Polygonaceae pp geführt. Im Profil „Miby“ wurde ein weiterer Pollentyp der Polygonum-Vertreter gefunden (vgl. GUPTA & SHARMA 1986). Weitere Ab- grenzungen sind: Koenigia (in BEUG 2004: K. islandica), Rumex-Typ (nach FÆGRI & IVERSEN 1993) und Eurumex-Typ. Einzelne PK gehören dem Rumex acetosa-Typ (BEUG 2004) an. Der Rheum-Typ wurde vereinzelt gefunden (nach BEUG 2004: Rheum).

Ord. Ranunculales Ranunculaceae Nach derzeitigem Stand wurde der Ranunculus acris-Typ (einschl., nach BEUG 2004, Pulsatilla) mit dem Anemone- und dem Batrachium-Typ zusammengefasst, da sich diese unter Berücksichtigung aller mitteleuropäischen Arten nach BEUG (2004) nicht differenzieren lassen. Diese Vertreter werden als Ranunculus-/Anemone-Typ geführt. Weitere PK der Ranunculaceen konnten eindeutig als Thalictrum, Aconitum-Typ und Caltha- Typ unterschieden werden. Der Trollius-Typ entspricht nach BEUG (2004) dem T. europaeus- Typ. Alle anderen Vertreter der Ranunculaceae wurden als Ranunculaceae pp zusammen- gefasst. Die Gruppe aller PK der Ranunculaceae spielten eine sehr wichtige Rolle im tibetischen Untersuchungsgebiet.

3. Ergebnisse 142

Ord. Rosales Rosaceae PK-Vertreter der Rosaceae sind: Sanguisorba minor-Typ, Filipendula und Aruncus-Typ nach BEUG (2004). Weitere PK-Typen, sowie die restlichen Rosaceae pp werden als Sträucher im vorigen Abschnitt zu dem BP gestellt.

Ord. Saxifragales

Crassulaceae Der Sedum-Typ (BEUG 2004) stellt im Untersuchungsraum den einzigen Vertreter der Crassulaceae dar.

Saxifragaceae Bei den Saxifragaceae ist eine Unterscheidung zwischen Saxifraga aizoides-Typ (BEUG 2004, S. oppositifolia-Typ nach FÆGRI & IVERSEN 1993), S. stellaris-Typ (BEUG 2004) und Parnassia- Typ (BEUG 2004: P. palustris) möglich. Alle anderen PK, die nicht eindeutig nach diesen Typen zu unterscheiden waren, werden als Saxifragaceae pp geführt.

Ord. Scrophulariales

Lentibulariaceae Einziger Vertreter ist Pinguicula (BEUG 2004).

Plantaginaceae Quantitativ eine geringe Rolle spielt hier Plantago. Dennoch wurden einige wenige PK vom Plantago maior-media-Typ und P. lanceolata-Typ erfasst. Nicht eindeutige, einzelne Vertreter der Wegerichgewächse sind in Plantaginaceae pp gesammelt aufgeführt.

Scrophulariaceae Scrophularia/Verbascum-Typ (nach FÆGRI & IVERSEN 1993; BEUG 2004 unterscheidet diese beiden) wurde nur vereinzelt gefunden. Selten kam ein Euphrasia-Typ (FÆGRI & IVERSEN 1993: Euphrasia; in BEUG 2004 wird Euphrasia als psilat beschrieben, aber dem Rhinanthus-Typ zugeordnet) und der Veronica-Typ nach BEUG (2004) vor. Qualitativ wichtig für die pollen- analytischen Untersuchungen war das Vorkommen von Pedicularis. Deutlich geringer als erwartet konnten PK der Vertreter dieser Gattung gezählt werden. So wurden einzelne PK, bei denen keine genaue Typ-Abgrenzung möglich war, aber eine deutlich dicolpat-syncolpate PK- Form vorhanden war, als Pedicularis aufgenommen, andere konnten nach BEUG (2004) als P. palustris-Typ abgegrenzt werden. Eine weitere quantitativ vernachlässigbare Form ist Erinus alpinus-Typ (nach BEUG 2004: E. alpinus). Weitere einzelne Vertreter ohne genaue Zuordnung sind in Scrophulariaceae pp enthalten.

Ord. Tamaricales Tamaricaceae Hin und wieder wurden PK des Myricaria-Typs gezählt (in BEUG 2004: M. germanica).

Ord. Thymelaeales Thymelaeaceae Aufgrund eines Vergleichspräparates konnte die Gattung Stellera pollenmorphologisch abge- trennt werden. Eine Unterscheidung nach dem in BEUG (2004) beschriebenen Pollentyp Daphne, ist sehr schwierig. Deshalb wurde dieser Typ, auch im Hinblick unklarer weiterer Ver- treter als Stellera-/Daphne-Typ geführt, wenngleich sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Art Stellera chamaejasme dahinter verbirgt, eine Art montaner Steppen (WANG JIN-TING 1988) und Weidegebiete.

3. Ergebnisse 143

Ord. Urticales Urticaceae Urticaceae spielen bei den analysierten Proben eine geringe Rolle: trotzdem konnten einzelne PK der Urticaceae/Moraceae (BEUG 2004) erfasst werden. Einzelne waren mit nur zwei Poren ausgestattet, die BEUG (2004) vor allem bei den Moraceae vorfand. Die größere Anzahl der PK- Funde, waren jedoch mit drei, z.T. mit vier Poren ausgestattet.

Cannabaceae (OBERDORFER 2001: Moraceae) Hierunter fallen PK des Cannabis-/Humulus-Typs (FÆGRI & IVERSEN 1993 unterscheiden die beiden durch die PK-Größe >< 20 µm, Mikroskulptur, sowie die Ausführung des Porus, in BEUG 2004: Cannabinaceae).

Unbekannte Pollentypen: Typ 8: Dieser Pollentyp ist deutlich striat und tricolp(or)at. Die kontrastreichen striae sind weit- gehend parallel, gebogen angeordnet. Die PK-Wand ist gewellt. Costae sind angedeutet. Typ 9: Nach dem Bestimmungsschlüssel in JARVIS ET AL. (1992) könnte es sich bei diesem Pollentyp um einen Quercus-Typ handeln, evtl. um Qu. rehderiana HANDEL-MAZZETTI (Qu. semicarpifolia Smith var. glabra Franchet, Qu. pseudosemicarpifolia A. Camus). Da jedoch keine Vergleichspräparate zu diesen Arten vorliegen und die Ansprache hier als sehr unsicher einzustufen ist, wird hier die Bezeichnung Typ 9 verwandt.

Indeterminata , indeterminate Koniferen und Varia Bei den Analysen wurden PK, die aufgrund ihrer schlechten Erhaltung nicht zu bestimmen waren, als Indeterminata geführt. Vesiculate PK mit zwei Luftsäcken, die aufgrund schlechter Erhaltung nicht auf Struktur, Aus- bildung der Exine des PMT, Anordnung der Luftsäcke, etc., bestimmt werden konnten, wurden in die Gruppe der indeterminaten Koniferen gestellt. Die Gruppen der Indeterminata spiegeln zugleich den Erhaltungszustand der PK in der ent- sprechenden Probe im Allgemeinen wider (s. auch Kap. 2.8.3.).

PK, welche einwandfrei erhalten waren, jedoch aufgrund ihrer pollenmorphologischen Merk- male mit den vorhandenen Pollenbestimmungsschlüsseln und –literatur sowie Vergleichs- präparaten nicht bestimmt werden konnten, wurden als Varia erfasst.

Neben den PK und Sporen wurde auch anderes organisches Material (Non-Pollen- Palynomorphe = NPP) erfasst, welches nicht zu den Sporomorphen gehört, aber mögliche Informationen zur Paläoökologie, -klimatologie und zur Vegetationsgeschichte geben könnte.

Es kamen nur Pediastren (Klasse: Chlorophyceae, Ordnung: Chlorococcales = Protococcales) mit zwei Fortsätzen an den charakteristischen Randzellen vor. Pediastren bilden charak- teristische Aggregationsverbände. Sie leben vorwiegend im Plankton von Süßwasser (STRASBURGER ET AL. 2008, ZHENG MIANPING ET AL. 2000). Leider war nicht immer eine genaue Ansprache wegen mangelnder Deutlichkeit der charakteristischen Randzellen und deren Fort- sätze möglich. Die Artabgrenzung gilt als sehr schwierig (BRUNNTHALER 1915). Insgesamt konnten die Arten Pediastrum boryanum (Turpin) Meneghini, P. integrum Nägeli zusammengefasst mit P. muticum Kützing, sowie P. duplex Meyen bestimmt werden. Da eine genaue Ansprache z.T. sehr schwierig war, sind P. integrum Nägeli mit P. muticum Kützing, beide mit stumpfen, kurzen Fortsätzen charakterisiert, zusammengefasst. Die nichtbestimm- baren Pediastren werden als Pediastrum sp. geführt.

Im Profil „Hai ze Shan“ konnten vermutlich Vertreter der Süßwasseralge Spirogyra gefunden werden. Diese Gattung, hier als cf. bestimmt, gehört zu den Zygnematophytina innerhalb der Streptophyta.

Kohleflitter wurden, wie in Kap. 2.5. beschrieben, erfasst. In allen Profilen wurden Kohleflitter gefunden. Die enthaltenen Mengen werden in den PD mit der entsprechenden Stufe dargestellt. 3. Ergebnisse 144

3.2. Ergebnisse der Altersdatierung (14C-Methode)

Die Ergebnisse der 14C-Daten sind in den folgenden Grafiken der Abb. 31 bis Abb. 40 darge- stellt. Die Teilgrafik A zeigt die Daten in unkalibrierter Form (hier Jahre vor heute, v.h.; A), B als kalibriertes Zeitintervall (vgl. Kap. 2.7.).

Über die bisherigen und vorläufigen Ergebnisse wurde bereits in FRENZEL (2000ab, 2002ab, 2005, 2006b, 2007b), FRENZEL & ADAMCZYK (2004, 2005), FRENZEL ET AL. (2003) sowie ADAMCZYK (2004, 2007) und KAISER ET AL. (2008) berichtet. Die Analysen der 14C-Altersdaten wurden vom LIAG, Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Geochronologie und Isoto- penhydrologie (ehemals GGA-Institut Geochronologie und Isotopenhydrologie) in Hannover durchgeführt, zunächst unter der Leitung von Herrn Prof. M. Geyh, später durch Herrn Prof. M. Frechen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Maßstäbe der einzelnen Grafiken an die Profiltiefen angepasst sind und sich dadurch deutlich voneinander unterscheiden können.

Yak Jahre (v.h.) A Yak kalibriertes Zeitintervall B 5000 4000 3000 2000 1000 0 -3000 -2000 -1000 0 1000 2000 Tiefe 0 0

50 50 ( cm) 100 100

150 150

200 200

250 250

Abb. 31: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Yak“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Ti Tsongu A Tsongu B Jahre (v.h.) kalibriertes Zeitintervall 1000 800 600 400 200 0 700 900 1100 1300 1500 1700 1900 2100 0 0 20 e 20 f e

40

40 (c 60 60 m

80 80 ) 100 100 120 120 140 140

Abb. 32: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Tsongu“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Tiefe (cm) Hai ze Shan Hai ze Shan Jahre (v.h.) A kalibriertes Zeitintervall B 10000 8000 6000 4000 2000 0 -10000 -8000 -6000 -4000 -2000 0 2000 0 0

200 200 400 400 600 600 800 800 1000 1000 1200 1200

1400 1400

Abb. 33: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Hai ze Shan“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

3. Ergebnisse 145

Shih ch'ü Shih ch'ü Jahre (v.h.) A B kalibriertes Zeitintervall 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 -5000 -4000 -3000 -2000 -1000 0 1000 2000

0 Tief 0 20 40 e 60 50 ( 80 c m 100 100 120 ) 140 150 160 180 200 200

Abb. 34: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Shih ch’ü“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Tiefe Chudra + Chudra Monolith A Chudra + Chudra Monolith B kalibriertes Zeitintervall Jahre v.h. -50 -50 -10000 -8000 -6000 -4000 -2000 0 2000 10000 9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 0 0 (

50 cm 50 ) 100 100

150 150

200 200

Abb. 35: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Chudra“ mit „Chudra-Monolith“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Tiefe Bahsü A Bahsü B Jahre v.h. kalibriertes Zeitintervall 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 -4000 -3000 -2000 -1000 0 1000 2000 0 0

20 20

40 40 ( cm 60 60 )

80 80

100 100

120 120

Abb. 36: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Bahsü“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Tiefe (cm) Nam Co A Nam Co B Seekreide Jahre (v.h.) Seekreide kalibriertes Zeitintervall 10000 8000 6000 4000 2000 0 -10000 -8000 -6000 -4000 -2000 0 0 0 50 50 100 100 150 150 200 200 250 250 300 300 350 350 400 400

Abb. 37: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Nam Co“ (Seekreide). A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

3. Ergebnisse 146 Tiefe Nam Co A Nam Co B Pflanzenreste Jahre (v.h.) Pflanzenreste kalibriertes Zeitintervall 10000 8000 6000 4000 2000 0 -8000 -7000 -6000 -5000 -4000 -3000 -2000 -1000 0 200 200 220 220 240 240 ( cm 260 260

280 280 )

300 300 320 320 340 340 360 360

Abb. 38: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Nam Co“ (Pflanzenreste). A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Tiefe Himmelsee Jahre (v.h.) A Himmelsee kalibriertes Zeitintervall B 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 -14000 -12000 -10000 -8000 -6000 -4000 -2000 0 0 0

50 50

100 100 ( cm 150 150 ) 200 200

250 250

Abb. 39: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Himmelsee“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Tiefe (cm) Tiefe Miby I A Miby I B Jahre v.h. kalibriertes Zeitintervall 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 -14000 -12000 -10000 -8000 -6000 -4000 -2000 0 0 0

20 20

40 40

60 60

80 80

100 100

120 120

140 140

Abb. 40: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Miby“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Die Altersdatierungen zeigen in den Profilen „Tsongu“, „Hai ze Shan“, „Chudra-Monolith“, „Bahsü“, „Nam Co“ und „Miby“, zumindest in Teilen der Profile, gestörte Sequenzen an. Auf die Problematik durch Frostaktivitäten wurde bisher im Text immer wieder hingewiesen (vgl. FRENZEL 2007b).

Wie ebenso bereits erwähnt, zeigt sich hier, dass einzelne, wenige 14C-Daten, für die Inter- pretation pollenanalytischer Ergebnisse und somit der Moor- und Sedimentgenese nicht aus- reichend sind. Die 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen können neben der zeitlichen Einstufung der pollenanalytischen Befunde auch Interpretationshilfen zu klimatischen bzw. hydrologischen Ver- änderungen sein, aber auch zu Erosionserscheinungen. Die Altersdaten erlauben Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit des Moorwachstums, die sich im Verlauf immer wieder ändern kann. Auch können durch die pollenanalytischen Ergebnisse bereits vermutete Hiaten überprüft werden. Bei der Interpretation und Diskussion werden hier immer alle Ergebnisse aus den 14C-Daten, den Pollenanalysen und dem Sedimentwechsel gemeinsam zu berücksichtigen sein.

14C-Daten können durch Umlagerungen umgedreht sein, beispielsweise aufgrund von See- spiegelschwankungen (vgl. VASIL’CHUK ET AL. 2001). 3. Ergebnisse 147

Bereits sedimentiertes Material kann aus diesen und anderen Gründen umgelagert werden (s. auch Kap. 2.7.). Diese Gefahr besteht vor allem auch bei Bohrungen „im Wasser“ (FRENZEL 2007a).

Bei Seesedimenten muss der sogenannte Hartwassereffekt (Reservoir-Effekt) berücksichtigt werden (s. Kap. 2.7., FRENZEL 2007a). In mehreren Untersuchungen zeigen das Seewasser, sowie ehemals darin lebende Organis- men, ein viel höheres 14C-Alter an (s. FONTES ET AL. 1993 am Sumxi Co und FONTES ET AL. 1996 am Bangong Co, MORRILL ET AL. 2006 am Ahung Co, ZHU LIPING ET AL. 2008 am Nam Co, s. auch SHEN CAIMING 2003 am Qongjiamong S-TP, vgl. Kap. 1.8.). Am Co Qongjiamong, S-TP, wurde aufgrund der 14C-Datierungen an terrestrischem Material (u.a. Holzkohle) im Vergleich zu aquatischen Makroresten gleicher Tiefen ein höheres Alter zwischen 1600 bis 1950 Jahren festgestellt. Dieser Altersfehler relativiert sich im tieferen Bereich und zeigt vermutlich den 14C-Plateau-Effekt im Übergang Spätglazial zum Holozän durch nahezu gleiche 14C-Alter an (SHEN CAIMING 2003, STUIVER ET AL. 1998).

3. Ergebnisse 148

3.3. Ergebnisse der Makrorestanalyse

Tiefe (cm) K 0,0 1 x Eleocharis

10,0 1 x Apiaceae 1 x Eleocharis 1 x Betula 2 x Apiaceae 2 x Eleocharis

20,0 1 x Apiaceae 1 x Caryophyllaceae 1 x Eleocharis 1 x Isolepis (I.setacea) 1 x Potentilla-T. 1 x Eleocharis 1 x Isolepis (I. setacea) 1 x cf. Hippuris 1 x Potentilla-Typ 1 x Ranunculus 30,0 1 x Potentilla-Typ 2 x Eleocharis 1 x Isolepis (I. setacea)

40,0

1 x cf. Campanulaceae 50,0 1 x Rumex 1 x cf. Hippuris

60,0

1 x Potentilla-Typ 70,0 1 x cf. Hippuris

80,0

90,0 1 x Eleocharis

100,0

110,0

120,0 1 x Potentilla-Typ

130,0 2 x Rosaceae

140,0

0 1 2 3 4

Abb. 41: Makroreste des Profils „Tsongu“. Kohleflitter (K): 0 = sehr wenig, 1 = wenig, 2 = mittel, 3 = viel, 4 = sehr viel.

3. Ergebnisse 149

Beschreibung der Ergebnisse der Makrorest-Bestimmungen des Profils „Tsongu“:

Apiaceae Bei den Früchten der Apiaceen kann keine eindeutige Art-Ansprache erfolgen. Die Merkmale der gefundenen Makroreste ähneln Cicuta virosa.

Betulaceae Es wurde ein Rest eines Samens von Betula gefunden.

Campanulaceae Der gefundene Makrorest kann morphologisch nicht eindeutig zugeordnet werden und wird als „cf.“ Campanulaceae aufgelistet.

Caryophyllaceae Eine nähere Zuordnung des Samens innerhalb der Nelkengewächse konnte nicht erfolgen.

Cyperaceae Es wurden Früchte der Gattung Isolepis (I. setacea) sowie der Gattung Eleocharis gefunden.

Hippuridaceae Mehrere Schließfrüchte konnten als cf. Hippuris angesprochen werden, ihre Erhaltung war schlecht.

Polygonaceae Es wurde eine Frucht von Rumex gefunden.

Ranunculaceae Die Früchte der Ranunculaceen ähneln dem Typ Ranunculus sceleratus.

Rosaceae Es wurden Früchte von Rosaceen gefunden, die als Potentilla-Typ angesprochen werden können, sie entsprechen in ihrem Aussehen der Nüsschen von Potentilla anserina. Zwei weitere Reste können lediglich zu den Rosaceen gestellt werden.

Varia Unbekannte Frucht, die nicht angesprochen werden kann.

3. Ergebnisse 150

Tiefe (cm) K 0,0 2 x Hippuris 1 x Varia 1 x Carex sp. bi 1 x Hippuris 1 x Carex sp. bi 10,0 1 x Carex sp. bi.

20,0

2 x Hippuris 30,0 1 x Hippuris 1 x Hippuris 40,0 1 x Hippuris 2 x Hippuris 1 x Ranunculus Sekt. Batrachium 5 x Hippuris 50,0

60,0

70,0

80,0 1 x Ranunculus Sekt. Batrachium

90,0

100,0 1 Carex sp. bi. 1 x Potamogeton sp. 6 x Ran. Sekt. Batrachium 1 x cf. Potentilla-Typ

110,0

120,0

130,0 0 1 2 3 4

Abb. 42: Makroreste des Profils „Bahsü“. Kohleflitter (K): 0 = sehr wenig, 1 = wenig, 2 = mittel, 3 = viel, 4 = sehr viel.

3. Ergebnisse 151

Beschreibung der Ergebnisse der Makrorest-Bestimmungen des Profils „Bahsü“:

Cyperaceae Die gefundenen Reste von Carex sp. sind ausnahmslos bikarpellat.

Hippuridaceae Mehrere Früchte von Hippuris konnten bestimmt werden.

Ranunculaceae Es wurden Früchte von Ranunculus Sekt. Batrachium (Batrachium (A. P. de Candolle) S. F. Gray 1821) (Ranunculus sectio Batrachium A.P. de Candolle 1817) gefunden, die von “Wasser- Hahnenfüßen” stammen, aber nicht näher zugewiesen werden können.

Rosaceae Es wurde eine Frucht aus der Familie der Rosaceae gefunden, die als Potentilla-Typ ange- sprochen wird. Die morphologische Zuweiseung erfolgte mit Vorbehalt „cf.“.

Potamogetonaceae Es wurde eine Frucht von Potamogeton sp. gefunden.

Varia Unbekannte Frucht, die nicht angesprochen werden kann.

3.4. Der Polleninflux in Oberflächenproben

In Abb. 75 (Beilage 3) sind die pollenanalytischen Ergebnisse einzelner Oberflächenproben der Profile „Tsongu“, „Shih ch’ü“, „Chudra / Chudra-Monolith“, „Bahsü“ und „Miby“, am Nam Co der Profile „Nam Co“ und „Himmelsee“, sowie der eigens dafür entnommenen Oberflächenproben „Nam 2“ und „Nam 4“ (s. Kap. 2.2.) dargestellt. Die Oberflächenproben „Nam 1“ und „Nam 3“ lieferten leider durch ihre zu schwache Pollenführung keine Ergebnisse. „Nam 2“ wurde jeweils mit und ohne den Androsace alpina-Typ dargestellt, da dieser extrem hohe Werte erreicht und die eigentlichen Ergebnisse dadurch überschattet.

Insgesamt ist durch den BP die prozentuale Summe aller baumartigen Pollentypen mit Sträuchern vertreten. Die Summe des BP ohne Sträucher ist separat aufgeführt.

3.5. Pollenanalytische Ergebnisse der einzelnen Profile

In den nachfolgenden Kapiteln werden die pollenanalytischen Ergebnisse aus den Diagrammen dargestellt. Die Rückschlüsse und Interpretationen dieser werden ausführlich in den unter- gliederten Kapiteln des Kap. 4.2. diskutiert. Die Grafiken der Abb. 43 bis Abb. 51 einzelner Taxa und Verhältnisberechnungen als mögliche Interpretationshilfen klimatischer Veränderungen werden besonders in Kap. 4.3. sowie an den entsprechenden Stellen anderer Kapitel diskutiert.

3.5.1. Yak

Das PD „Yak“ wurde in sechs Zonen, davon zwei Hauptzonen, unterteilt. Das vollständige PD ist in Abb. 66 (Beilage 1) dargestellt.

Zone Y 1a (220 cm – 180 cm) Das PD beginnt mit Hinweisen auf lückige Waldbestände oder Haine. BP, wie Salix, Betula, Picea, aber auch Rhododendron ist vorhanden. Die Picea-Gruppe erreicht hierbei ein Maximum von knapp über 10 %, Betula knapp über 5 %. Es ist von lückigen Gehölzbeständen auszuge- hen. Bei dem NBP sind nur wenige Vertreter, wie Cichorioideae pp, Apiaceae pp, im oberen Abschnitt schließlich Brassicaceae und Caryophyllaceae, vertreten. Bedeutender sind die Typen der Syn1-Gruppe, wie Ranunculaceae pp, Gentianaceae pp, Gentiana-Gruppe, sowie 3. Ergebnisse 152

Fabaceae und Epilobium. Diese Gruppe spiegelt die potentiellen Weidezeiger als synanthrope Taxa wider (s. Kap. 2.8.5.). Die Syn1-Gruppe selbst erreicht in dieser Zone Maximalwerte von etwa 30 % (20 % Syn1 ohne Ranunculaceae pp/Ranunculus-Anemone-Typ). Ephedra distachya-Typ ist zu Anfang mit knapp 5 % vorhanden und deutet auf Bereiche von mindestens Kältesteppen hin. Kohleflitter sind stets mit Stufe 4 vertreten, mit leichtem Absinken gegen das Zonenende. Die Cyperaceen steigen stetig leicht, die Poaceen von Null auf maximal 5 % an.

Zone Y 1b (180 cm – 162 cm) In dieser Teilzone verstärkt sich das anfängliche Bild: Die Gehölze wie Betula, Picea-Gruppe gehen jedoch weiter zurück, Ephedra und Rhododendron sind vollständig verschwunden. Der Juniperus-Typ fällt auf, wenn auch mit geringen Werten, Hippophaë dagegen nimmt auf etwa 10 % zu. Die Gruppe der Syn1 nimmt deutlich bis auf etwa 50 % zu, darunter vor allem die Gentiana-Gruppe, aber auch Polygonaceae und Polygonum aviculare-Typ, sowie etwas Fabaceae. Die Werte von Poaceae und Cyperaceae gehen zurück. Es fällt aber auch die Zunahme der Polypodiaceae auf. Leider hat diese Hauptzone Y 1 insgesamt relativ hohe Indeterminata, die Pollenführung hingegen ist recht gering, so dass bei der Interpretation besonders darauf zu achten ist. Kohleflitter verändern sich kaum im Vergleich zur vorigen Subzone.

Zone Y 2a (162 cm – 110 cm) In diesem Abschnitt beginnt ein abrupter Wechsel: Der vorwiegend bereits früher durch geringe Werte vertretene BP nimmt sehr stark zu. Betula erreicht nach dem vorigen Rückgang wieder Werte zwischen 5 und 10 % und es ist ein schneller Anstieg aus der Picea-Gruppe zu erken- nen. Hier werden Maximalwerte bis knapp 40 % erreicht, die zum oberen Abschnitt hin jedoch wieder leicht rückläufig sind. Abies tritt deutlich auf, die zuvor kurzzeitigen Werte sind hier nahezu kontinuierlich vertreten, maximal mit bis 10 %. Ähnliches gilt für Pinus. Nach einem anfänglichen Rückgang von Hippophaë ist im weiteren Verlauf ein erneutes Maximum zu erkennen. Der Juniperus-Typ erreicht in dieser Zone seinen ersten Maximalpeak von gut 5 %. Bei den Sträuchern sind die Rosaceen etwas vorgerückt, ebenso mit Maximalwerten von bis zu etwa 8 %. Bei dem NBP fallen einzelne Auf- und Abgänge auf mit einem kurzen Ausschlag des Teucrium chamaedrys-Typs. Im oberen Bereich treten verstärkt Brassicaceen zum Vorschein. Anders bei der Syn1-Gruppe: generell fällt die Gesamtkurve ab, mit immer wiederkehrenden Ausschlägen. Der Saussurea-Typ zeigt sich hier mit den höchsten Werten. Auffallend sind erstmalig die Vertreter der Syn2-Gruppe, die in dieser Zone Werte um knapp über 10 % erreichen, sich jedoch nur geringfügig im weiteren Verlauf verändern. Die Gruppe der Syn2 wird vor allem durch Artemisia vertreten. In dieser Zone ist ein deutlicher Anstieg von Cyperaceae zu erkennen, welcher maximal etwa in 135 cm Tiefe Werte von etwa 160 % erreicht. In diesem Bereich ist im Sediment eine dünne Sandschicht von etwa 5 cm zu erkennen. Die Pollenführung variiert hier stark. Einzelne Horizonte haben eine sehr starke Pollenführung. Im oberen Zonen- bereich sinken die Kohleflitter auf Stufe 1.

Zone Y 2b (110 cm – 85 cm) Betula erreicht hier ihre Maximalwerte mit etwa 17 %, genauso Abies mit deutlich über 10 %. Nach vorigem leichtem Abfall der Picea-Gruppe, nimmt auch diese wieder deutlich zu. Der Juniperus-Typ tritt verstärkt wieder auf, nach vorigem kurzzeitigem Ausfall. Erstmalig kommen PK von „Quercus cf. sklerophylle Taxa“ vor. Die NBP-Werte schwanken, genauso Vertreter der Syn1-Gruppe. Die Cyperaceen erreichen in dieser Zone die maximale Ausdehnung mit maximal 400 %. Auch die Poaceen erreichen hier ihr Maximum mit knapp 10 %. Die Kohleflitter steigen im unteren Abschnitt wieder stärker an (Stufe 4).

Zone Y 2c (85 cm – 50 cm) Betula ist etwas rückläufig; die Picea-Gruppe erreicht nach einem abrupten starken Rückgang bis auf wenige Prozente ein zweites Maximum von knapp 30 %. Tsuga tritt etwas auf, wenn auch nur mit sehr geringen Werten. Rosaceae nehmen etwas zu. Die Syn1-Gruppe nimmt nach oben hin erneut zu. Trollius erreicht Maximalwerte von ± 5 %. Die Poaceen nehmen gemeinsam mit Cyperaceae etwas ab. Der Aster-Typ kommt wieder verstärkt zum Vorschein. Unter den 3. Ergebnisse 153

Vertretern der Syn1-Gruppe sind Ranunculaceae, Polygonum bistorta-Typ, sowie Vertreter der Gentianaceae und der Gentiana–Gruppe bemerkenswert. Die Menge der Kohleflitter ist nahezu unverändert (Stufen 3 bis 2), zum jüngeren hin nehmen sie leicht ab.

Zone Y 2d (50 cm – 45 cm) Betula erreicht ein zweites Maximum; weiterer BP wie Pinus, Picea-Gruppe, Abies ist nahezu unverändert geblieben. Artemisia nimmt leicht zu. Die Syn1-Gruppe ist leicht rückläufig, die Kurve der Syn2-Gruppe steigt dagegen leicht an.

PK-Cluster

Typ 9

Abb. 43: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Yak“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

3.5.2. Tsongu

Insgesamt wird das Profil in fünf Zonen unterteilt, die jedoch jeweils mit zwei, im oberen mit drei Zonen, als zwei übereinanderliegende „Schichtpakete“ anzusehen sind. Die Trennung dieser beiden Abschnitte, bei etwa 80 cm Tiefe mit ihren jeweiligen Zonen, kann pollenanalytisch, sedimentologisch, sowie durch die 14C-Daten vorgenommen werden. Das vollständige PD ist in Abb. 67 (Beilage 1) dargestellt.

Zone Ts 1a (130 cm – 100 cm) Die unterste Zone ist durch BP-Werte von maximal etwa 17 % charakterisiert, vertreten durch den Juniperus-Typ, Hippophaë, Betula, Pinus, Abies, am stärksten jedoch durch die Picea- Gruppe mit maximal etwa 7 %. Gehölze spielen jedoch eine untergeordnete Rolle. Dagegen fallen die sehr hohen Werte von Cyperaceae (~ > 200 %) und Poaceae pp auf. Im Vordergrund steht der NBP mit Artemisia, Brassicaceae, etwas Thalictrum und im untersten Bereich Cichorioideae pp. Mit ± 30 bis 40 % sind am stärksten Vertreter der Syn1-Gruppe vorhanden, wobei der Großteil Ranunculaceae pp, sowie Ranunculus-/Anemone-Typ ausmacht. Dennoch beträgt die Syn1-Gruppe (ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) zwischen 10 und 15 %. Diese Werte werden vor allem u.a. durch die Asteroideae pp, vor allem auch des Aster-Typs, sowie verschiedene Typen der Gentianaceen und Polygonaceen gebildet. Des- weiteren sind hohe Werte aus der Gruppe der Syn2 vertreten. Feuchtezeiger, wie Caltha- und Trollius-Typ, sind ebenso vorhanden, sowie die Wasserpflanzen Triglochin und nach oben hin verstärkt Potamogeton. Insgesamt überschreiten die Werte der Wasserpflanzen jedoch nicht die 5 %. Kohleflitter sind deutlich zunächst mit Stufe 3, im weiteren Verlauf mit Stufe 2, durch- 3. Ergebnisse 154 gehend präsent. Die gezählte Pollensumme ist insgesamt in dieser Zone sehr gut vertreten, wobei die Sporomorphenkonzentration etwas schwankt.

Zone Ts 1b (100 cm – 80 cm) Die zweite Zone der unteren Schichtung zeigt keine relevanten Veränderungen des BP an. Der Juniperus-Typ hat sich mit seinen Werten stabilisiert, wenn diese auch gering sind. Auffallend ist die sprunghafte Zunahme der Cyperaceen (max. ~ 420 %); Poaceae pp dagegen sinken etwa auf knapp die Hälfte. Geringe Werte des Ephedra fragilis-Typs aber auch der Gruppe „Quercus cf. sklerophylle Taxa“ prägen das Bild mit. Bei dem NBP ist eine deutliche Zunahme von Brassicaceae zu erkennen. Vertreter der Syn1-Gruppe gehen etwas zurück, wobei haupt- sächlich dieser Rückgang durch die Ranunculaceae pp und Ranunculus-/Anemone-Typ zu erklären ist. Ohne diese sind die einzelnen Syn1-Vertreter, wie beispielsweise Gentinaceae, Gentiana-Gruppe, Polygonaceae pp und Polygonum bistorta-Typ recht stabil und ergänzen nach wie vor das Vegetationsbild. Die Feuchtezeiger bleiben nahezu unverändert, wenngleich eine leichte Zunahme nach oben hin deutlich wird. Die Kohleflitter nehmen ab.

Zone Ts 1c (80 cm – 37 cm) Mit der Sedimentveränderung durch den Wechsel des Torf-Zersetzungsgrades ändert sich die Pollenflora gänzlich, was sich auch durch sprunghafte Veränderungen in den 14C-Daten wider- spiegelt (Kap. 3.2.). Alles deutet auf eine Überschiebung hin. Der BP schwankt geringfügig, zeigt jedoch im weiteren Verlauf den absoluten Maximalwert von knapp > 20 % an. Vor allem Betula, und wie zuvor auch, die Picea-Gruppe, bestimmen die Summe. Abies erreicht in dieser Subzone ebenso den Maximalwert, genauso Quercus (cf. sklerophylle Taxa); Rosaceae, Potentilla-Typ und Apiaceae mit dem Bupleurum-Typ erreichen höhere Werte. Thalictrum nimmt auch in der ersten Zonenhälfte deutlich zu. Auffallend ist ein Rückgang der Ranunculaceae pp und des Ranunculus-/Anemone-Typs. Die Gruppe der Syn1 ohne diese beiden Vertreter schwankt zwar quantitativ, verändert sich jedoch in ihren durch- schnittlichen Werten kaum. Aster-Typ und Chenopodiaceae erreichen hier ihre Maximalwerte. Die Prozentwerte der Syn2-Gruppe nehmen deutlich zu mit zwei maximalen peaks von > 35 %, hauptsächlich durch Artemisia. Feuchtezeiger und Cyperaceae gehen zeitgleich sehr stark zurück. Hydrologische und lokale Veränderungen werden sichtbar. Zunächst erreicht Myriophyllum verticillatum-Typ seinen Maximalwert, unmittelbar gefolgt und nahezu abgelöst durch Menyanthes-Typ. Pediastrum prägt ebenso deutlich diese Zone, sowie Sphagnum- Sporen. Kohleflitter bleiben unverändert gering (Stufe 1), sind aber durchgehend vorhanden.

Zone Ts 1d (37 cm – 10 cm) Der BP sinkt wieder auf die anfänglichen Werte um etwa 17 %. Etwas Ephedra fragilis-Typ, sowie Hippophaë treten erneut auf. Unter dem NBP ist eine sprunghafte Zunahme der Caryophyllaceae erkennbar, auch Koenigia ist unter dem NBP auffällig. Artemisia geht deutlich zurück, etwas versetzt auch die Syn2-Gruppe. Unter den Vertretern der Syn1-Gruppe sind unauffällige Veränderungen erkennbar. Ranunculaceae pp erfahren eine erneute Zunahme, und erstmalig tritt die Apiacee Typ 14 in Erscheinung, mit einer starken Zunahme auf nahezu 40 %. Die restlichen Apiaceae pp sind, wie zuvor, immer wieder etwas vorhanden. Die Pollenwerte der Wasserpflanzen i.A. sinken deutlich ab. Kohleflitter verschwinden schließlich völlig.

Zone Ts 1e (10 cm – 0 cm) Der BP steigt insgesamt durch Betula, Pinus, Juniperus-Typ, Picea-Gruppe, u.a. wieder etwas an. Die Apiacee Typ 14 ist immer noch sehr stark prägend. Anderer NBP spielt eine geringe Rolle. Cyperaceae und Poaceae pp schwanken, verändern sich jedoch zum vorigen Bild eher weniger. Auffallend ist die Zunahme der Wasserpflanzen: Menyanthes-Typ, aber auch etwas Hippuris-Typ. Die Syn1-Gruppe, mit und ohne Ranunculaceae und Ranunculus-/Anemone-Typ, sinken leicht. Artemisia und auch die Sträucher nehmen wieder zu.

3. Ergebnisse 155

PK-Cluster Typ 13

Abb. 44: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Tsongu“.

3.5.3. Hai ze Shan

Das Profil eines Verlandungsmoores eines glazialen Zungenbeckensees wurde in drei Haupt- und insgesamt sieben Unterzonen unterteilt. Das vollständige PD ist in Abb. 68 (Beilage 1) dar- gestellt.

Zone HzS 1 (1300 cm – 1275 cm) In dieser ersten Zone beginnt allmählich die Einwanderung der Gehölze. Der BP ist insgesamt mit etwa 20 % vertreten, darunter vor allem Juniperus-Typ und Betula, etwas Salix und Hippophaë. Die Picea-Gruppe spielt in dieser Zone noch keine Rolle, ist jedoch in der Ein- wanderung begriffen. Die Vegetation ist durch Offenzeiger geprägt. Sträucher, wie Rosaceae pp fallen ebenso auf. Steppenelemente, wie Artemisia und Thalictrum, prägen das Bild, aber auch Caryophyllaceae, Euphorbiaceae, u.a. Kräuter. Mit > 250 % sind Cyperaceae sehr stark vertreten; Poaceae pp dagegen nur mit etwa 10 %, mit steigender Tendenz. Kohleflitter nehmen die Stufen 3 bis 4 ein.

Zone HzS 2a (1275 cm – 1125 cm) Die Gehölze Betula, Picea-Gruppe, etwas Abies wandern ein. Der BP erreicht in dieser Zone bereits Werte bis etwa 35 %. Auffallend ist jedoch ein markanter Rückgang am Zonenende auf etwa < 20 %. Juniperus-Typ und Salix schwanken um knapp 5 %. Der Ephedra fragilis-Typ ist vor allem in der ersten Zonenhälfte vorhanden. Erstmalig taucht geringfügig der Quercus-Typ auf. Rosaceae pp nehmen zu. Die Werte des NBP bleiben erhalten. Insgesamt verändert sich die vorige steppenähnliche Vegetation hin zu einer Waldsteppe. Artemisia und Thalictrum gehen zurück, sind aber immer noch deutlich vertreten. Eine deutliche Zunahme der Ranunculaceae pp, sowie des Ranunculus-/Anemone-Typs zeichnet sich ab, vor allem im weiteren Verlauf. Der Caltha-Typ tritt erstmalig auf und nimmt nach oben hin auf etwa 10 % zu. Cyperaceae, aber auch Poaceae pp sind rückläufig, prägen aber immer noch deutlich das Bild. Unter den Wasserpflanzen fällt jetzt der Triglochin-Typ auf. Pediastren sind mit geringen Werten erstmalig da, auch Pediastrum duplex. Die Werte der Syn1-Gruppe (ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) übersteigt die 10 % nicht; die der Syn2-Gruppe erreicht vor allem durch Artemisia recht hohe Werte. Die Kohleflitter gehen etwas zurück, erreichen aber immer noch die Stufen 2 bis 3.

Zone HzS 2b (1125 cm – 860 cm) Die Gehölze erreichen in dieser Zone ihr Maximum mit BP-Werten bis zu > 40 %. Dominant dabei sind Betula und die Picea-Gruppe. Unverändert oszillierend bleiben der Juniperus-Typ 3. Ergebnisse 156 und Salix; Hippophaë tritt mit geringen Werten wieder in Erscheinung. Neben dem Quercus-Typ erscheinen jetzt auch PK von „Quercus cf. sklerophylle Taxa“ im Bild, wenn auch mit geringen Werten. Die Sträucher insgesamt gehen deutlich zurück. Artemisia nimmt wieder zu. Asteraceae pp und Aster-Typ oszillieren. Polygonum bistorta-Typ steigt leicht an. Während der Wert der Cyperaceae schwankt, verdoppelt sich nahezu im Zonenverlauf der Wert der Poaceae pp. Die Syn1-Gruppe (ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) bleibt unverändert gering; die Syn2-Gruppe hat dagegen wieder zugenommen. Pediastren und Triglochin-Typ schwanken, bleiben aber insgesamt recht wertstabil. Kohleflitter liegen zwischen Stufen 2 und 3, mit geringfügigen Veränderungen, vor.

Zone HzS 2c (860 cm – 710 cm) Der BP ist etwas rückläufig, jedoch sind immer noch recht hohe Gehölzwerte vorhanden, die z.T. recht stark schwanken (Picea-Gruppe). Rosaceae pp nehmen wieder zu. Unter den synanthropen Vertretern fallen die Zunahmen vor allem von Ranunculaceae pp, Ranunculus- /Anemone-Typ, auf. Zum Zonenende hin ist ein sprunghafter Anstieg der Gentiana-Gruppe auf fast 20 % spürbar. Auch der Caltha-Typ erhöht sich wieder. Geringe Werte des Myriophyllum verticillatum-Typs werden deutlich. Insgesamt steigen die Wasserpflanzen auf maximal etwa 10 % an. Die Cyperaceen schwanken, lassen aber eine steigende Tendenz erkennen. Die Gruppe der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nimmt erstmalig deut- lich im Zonenverlauf zu. Kohleflitter sinken in der Zonenmitte auf Null, bevor sie wieder anstei- gen.

Zone HzS 3a (710 cm – 450 cm) Dieser Hauptzonenwechsel begründet sich hauptsächlich durch die abrupte Abnahme des BP. Dieser fällt um etwa die Hälfte auf > 10 %. Kurzzeitig steigt er wieder etwas an. „Quercus cf. sklerophylle Taxa“ nehmen in der zweiten Zonenhälfte etwas zu. Neben den bereits beschrie- benen wichtigen BP-Typen sind andere, wie Ostrya-Typ, Populus, Larix, etc., verstärkt auf Weit- oder Fernflug zurückzuführen. Auffallend ist der abrupte Wegfall des Quercus-Typs. Die Sträucher nehmen ebenfalls deutlich ab. Mit diesen Veränderungen der Waldelemente ist eine deutliche Zunahme der Syn1-Gruppe zu erkennen. Auffallend sind dabei die nahezu unverän- derten Werte des übrigen NBP. Nach dem sprunghaften Anstieg der Gentiana-Gruppe, ist diese wieder deutlich gesunken, erreicht insgesamt aber recht hohe Werte. Überhaupt treten jetzt verstärkt Vertreter der Syn1-Gruppe in Erscheinung: Aconitum-Typ, Gentianaceae pp, Polygonum bistorta-Typ, Fabaceae pp. Der beginnende Anstieg der Ranunculaceae pp und des Ranunculus-/Anemone-Typs aus der vorigen Zone verstärkt sich. Vergleichbares wird bei den Wasserpflanzen deutlich. Myriophyllum verticillatum-Typ erreicht in dieser Zone Maximalwerte bis zu > 10 %. Triglochin-Typ und Potamogeton stärken die Wasserpflanzenwerte. Ein deutlicher Anstieg ist auch bei den Pediastren erkennbar, vor allem von Pediastrum boryanum. Cyperaceae und Poaceae pp sind rückläufig, oszillieren jedoch stark. Kohleflitter schwanken, bleiben jedoch in sich mit den Stufen 1 und 2 recht stabil.

Zone HzS 3b (450 cm – 270 cm) Der BP steigt wieder geringfügig. Juniperus-Typ und die Picea-Gruppe nehmen dabei wieder stärker zu. „Quercus cf. sklerophylle Taxa“ bleiben nahezu unverändert. Dagegen steigt Artemisia deutlich an und nimmt wieder Maximalwerte bis knapp 30 % ein. Die vorigen Zu- nahmen der Syn1-Vertreter, wie Asteroideae pp, Aster-Typ, Gentianaceae pp, Gentiana- Gruppe, Polygonum bistorta-Typ, Fabaceae, bleiben stabil, z.T. oszillieren sie oder nehmen leicht zu. Unter den Cyperaceae und Poaceae pp ist wieder eine deutliche Zunahme erkennbar. Ranunculaceae pp und Ranunculus-/Anemone-Typ gehen wieder zurück. Die Wasserpflanzen Triglochin-Typ, Potamogeton, sowie die Pediastren, steigen deutlich an, dagegen fallen die Werte des Myriophyllum verticillatum-Typs deutlich ab. Kohleflitter bleiben nahezu unverändert erhalten (Stufen 1 bis 2). 3. Ergebnisse 157

Zone HzS 3c (270 cm – 140 cm) Ein weiterer deutlicher Rückgang des BP wird spürbar. Lediglich der Juniperus-Typ nimmt nach anfänglichem Rückgang wieder deutlich zu. Auch Rosaceae pp verdoppelt sich teilweise. Unter dem NBP ist eine Zunahme der Caryophyllaceae erkennbar, zeitweise auch der Saxifragaceae pp, des Valerianella und des Teucrium chamaedrys-Typs. Artemisia ist schwankend, aber immer noch mit recht hohen Werten vertreten. Die Vertreter der Syn1-Gruppe, wie Gentianaceae pp, Gentiana-Gruppe und Polygonum bistorta-Typ, zeigen eine leicht steigende Tendenz an. Insgesamt weisen die Werte der Syn1-Gruppe (ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nahezu 20 % auf. Die Cyperaceen zeigen eine deutliche Zunahme und verdoppeln sich nahezu stellenweise. Die Wasserpflanzen gehen etwas zurück. Die Pollensumme schwankt in dieser Zone und weist z.T. geringere Zählsummen auf.

Zone HzS 3d (140 cm – 100 cm) Die BP-Summe bleibt fast unverändert, wobei die Picea-Gruppe auf Minimalwerte sinkt. Der Juniperus-Typ zeigt einen leichten Anstieg. Ein abrupter Abfall von Artemisia auf deutlich < 10 % fällt auf. Thalictrum verschwindet gänzlich. Die Gruppe der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) erreicht ihr absolutes Maximum, die Werte der Syn2-Gruppe gehen deutlich zurück. Vor allem die Gentiana-Gruppe steigt abrupt auf Spitzen- werte von > 40 %. Poaceae pp nehmen ebenso zu. Die Werte der Wasserpflanzen i.A. fallen deutlich, sowie Pediastrum. Kohleflitter sinken zum Jüngsten hin auf Null.

PK-Cluster Aster-Typ

Triglochin

Myriophyllum- verticillatum-T. Gentiana- Gruppe Triglochin

Triglochin

Abb. 45: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Hai ze Shan“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

3.5.4. Shi ch’ü

„Shi ch’ü“ lässt sich in zwei Hauptzonen unterteilen (bei etwa 87 cm), mit insgesamt fünf Unter- zonen. Das vollständige PD ist in Abb. 69 (Beilage 2) dargestellt.

Zone Sc 1a (190 cm – 166 cm) Die erste Zone ist hauptsächlich durch Artemisia charakterisiert, sowie durch die Syn1-Vertreter Asteroideae pp, Aster-Typ, Saussurea-Typ, Ranunculaceae pp, Poaceae pp. Der BP ist insge- samt gering. Einzelne BP-Typen wie Juniperus-Typ, Salix, Betula, Picea-Gruppe, u.a. sind lediglich als Fern- und Weitflug zu deuten. Cyperaceae ist in dieser Zone mit den geringsten Werten im Profil vertreten. Kohleflitter sind mit den Stufen 3 bis 2 vorhanden. Die Summe der Sporomorphen/ml ist in dieser Zone recht gering.

3. Ergebnisse 158

Zone Sc 1b (166 cm – 73 cm) Der BP bleibt insgesamt relativ unverändert. Werte des Juniperus-Typs nehmen maximal auf 6 % zu, schwanken jedoch stets. Betula-Werte erreichen im unteren Zonenbereich maximal knapp 8 % – dies entspricht dem Maximalwert im gesamten PD. Danach gehen die Werte auf < 5 % zurück, ähnlich auch bei der Picea-Gruppe. Nur bleiben die Werte generell etwa auf diesem Niveau. In etwa dieser Zonenmitte erreicht auch die Tsuga-Gruppe ihr Maximum. Rosaceae pp nehmen zu, genau wie der NBP, beispielsweise Apiaceae pp, Caryophyllaceae, aber auch Thalictrum, sowie mit schwacher Tendenz Artemisia. Alle Werte schwanken immer wieder. Bis auf den Aster-Typ nehmen andere Typen dieser Familie, wie Saussurea-Typ, sowie Asteroideae pp, selbst wieder deutlich ab. Insgesamt gehen die Werte der Syn1-Gruppe (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) zurück. Die Syn2-Gruppe steigt oszillierend leicht an. Poaceae pp und Cyperaceae nehmen zu, Poaceae pp deutlich stärker und mit stärkeren Schwankungen. Die Kohleflitter bleiben in etwa gleich, zeitweise sind jedoch leichte Rückgänge auffallend. Insgesamt sind die Sporomorphen/ml deutlich reduziert. In dieser Zone werden, bis auf die obersten Proben, die geringsten Werte erreicht.

Zone Sc 2a (73 cm – 35 cm) Insgesamt sind die BP-Werte leicht rückläufig. Dies betrifft vor allem u.a. die bisher be- schriebenen Typen, bis auf den Juniperus-Typ. Auch nehmen die Rosaceae pp deutlich ab. Unter dem NBP nehmen vor allem der Bupleurum-Typ, aber auch Teucrium chymaedrys-Typ zu, in deutlichem Maße auch Artemisia. Unter den Syn1-Vertretern ist eine Zunahme des Aster- Typs zu verzeichnen. Ranunculaceae pp und Polygonum bistorta-Typ nehmen ebenso deutlich zu. Die Summe der Syn1 (vor allem mit Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) erreicht deutlich höhere Werte, die sich verstärkt durch die einzelnen Vertreter widerspiegeln. Eine Zunahme zeichnet sich jetzt auch bei den Cyperaceen ab. Erstmalig fallen in dieser Zone Werte von Polypodiaceae pp auf (oszillierend). Die Zahl der Sporomorphen/ml nimmt deutlich zu und vervielfacht sich z.T.

Zone Sc 2b (35 cm – 10 cm) Der BP zeigt insgesamt kaum Veränderungen. Sträucher, wie Rosaceae pp, nehmen wieder zu, auch die Apiaceae pp, Koenigia, etc.. Artemisia fällt deutlich ab. Erstmals ist bei der Gentiana- Gruppe ein deutlicher Anstieg erkennbar. Zuvor gab es immer wieder kleinere Ausschläge. Ins- gesamt zeichnet sich bei der Syn1-Gruppe im Vergleich zur vorigen Subzone eine leichte Erhöhung ab. Die Werte der Syn2-Gruppe sinken dagegen wieder. Der Caltha-Typ nimmt hier deutlich zu. Die Kohleflitter gehen im Schnitt auf die Stufe 1 zurück.

Zone Sc 2c (10 cm – 0 cm) Der BP erfährt durch die Zunahme der Werte der Picea-Gruppe eine leichte Erhöhung, die jedoch wieder zum jüngsten Horizont hin abfällt. Artemisia fällt leicht ab, zusammen mit Thalictrum. Verschiedene Vertreter der Syn1-Gruppe, wie Asteroideae pp, Aster-Typ, Saussurea-Typ, aber auch Ranunculus-/Anemone-Typ, Gentianaceae pp, Gentiana-Gruppe, sehr deutlich auch Polygonum bistorta-Typ, nehmen rapide zu. Dies schlägt sich sehr deutlich in der Summe der Syn1-Gruppe (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nieder. Die Werte der Gruppe der Syn2 gehen leicht zurück. Die Tendenz, hin zu geringen Kohleflitterstufen, bleibt erhalten.

3. Ergebnisse 159

Abb. 46: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Shih ch’ü“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae; keine PK-Cluster.

3.5.5. Chudra und Chudra-Monolith

Das PD setzt sich aus den erbohrten Profilabschnitten „Chudra“ und dem abgegrabenen „Chudra-Monolith“ zusammen (s. Kap. 2.1.5.). „Chudra“ besteht aus drei Haupt- und insgesamt fünf Unterzonen, während das Profil „Chudra- Monolith“ in zwei Zonen geteilt ist. Das vollständige PD ist in Abb. 70 (Beilage 2) dargestellt.

Zone Ch 1 (170 cm – 168 cm) Die erste Zone ist durch eine kräuterreiche Steppenvegetation charakterisiert. Thalictrum, Artemisia, Caryophyllaceae, Ranunculaceae pp, Aconitum-Typ, Rosaceae pp, Poaceae, sowie Cyperaceae u.a. prägen das Vegetationsbild. Letztere sind in dieser Zone mit den höchsten Prozentwerten des gesamten PD vertreten. Die BP-Werte erreichen insgesamt nur < 15 %. Leider sind die Werte der Indeterminata recht hoch. Kohleflitter sind mit Stufe 4 enthalten.

Zone Ch 2a (168 cm – 140 cm) Der BP nimmt auf ± 20 % zu und setzt sich aus mehreren Vertretern zusammen. Die einzelnen BP-Typen, wie Juniperus-Typ, Betula, Pinus, Picea-Gruppe, Abies, Quercus-Gruppe, u.a., zeigen geringe Werte an, die jeweils die 5 % kaum überschreiten. Es handelt sich dabei ver- mutlich um Fern- und Weitflug, wie auch durch die Summe BP Fern- und Weitflug angezeigt wird. Lediglich Betula zeigt zum Zonenende deutlich höhere Werte an, die sich auch in der Zunahme des BP widerspiegeln. Zahlreiche Kräuter, wie Ranunculaceae pp, Ranunculus- /Anemone-Typ, Caryophyllaceae u.a. fallen auf. Im oberen Zonenbereich wird auch ein Anstieg des Polygonum bistorta-Typs deutlich. Die Feuchtezeiger Trollius- und Caltha-Typ nehmen ebenso zu. Thalictrum und Artemisia schwanken, nehmen tendenziell jedoch zu. Bei den Cyperaceae ist ein starker Anstieg erkennbar, Poaceae schwanken. Vor allem im untersten Zonenbereich fallen auch die Wasserpflanzen, wie Potamogeton, Triglochin-Typ, auf, die aus der umgebenden Landschaft stammen. Kohleflitter sind mit durchgehender Stufe 4 stark ver- treten. Es fallen jedoch die hohen Indeterminata-Werte auf, die bei der Interpretation des PD besonders berücksichtigt werden müssen.

3. Ergebnisse 160

Zone Ch 2b (140 cm – 95 cm) Der BP schwankt mit insgesamt etwa gleichbleibender Tendenz. Die in der vorigen Zone späte Zunahme von Betula setzt sich fort und erreicht hier in etwa der Zonenmitte ihren Maximalwert von > 10 %. Ebenso sind die beiden peaks des Pollens der Quercus-Gruppe unter dem BP auffallend, wenn auch diese Werte von geringer Bedeutung sind. Die Pollenwerte der Steppen- elemente schwanken, nehmen abwechselnd ab und zu und werden stärker von den Vertretern der Syn1-Gruppe abgelöst. Im Einzelnen sind dies PK aus der Gentiana-Gruppe, Gentianaceae pp, u.a. Eine starke Zunahme von Polygonum bistorta-Typ fällt auf, mit einem kurzen Rückgang in der Zonenmitte. Die Gruppe der Syn1 (ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) zeigt eine steigende Tendenz an. Auch der Feuchtezeiger Caltha-Typ schwankt, zeigt jedoch zwei Maximalpeaks. Die Werte der Cyperaceae nehmen insgesamt deutlich ab, die Poaceae- Kurve schwankt. Letztere steigt jedoch ab der Zonenmitte wieder an. Auch Potamogeton erreicht Werte um die 5 %. Kohleflitter sind mit kurzzeitigen Rückgängen immer noch mit Stufe 4 enthalten.

Zone Ch 2c (95 cm – 70 cm) Der BP verändert sich geringfügig durch eine leichte Zunahme, ausgelöst durch Betula. Weiterer BP, wie beispielsweise die Picea-Gruppe und Pinus, erfährt eine leichte Zunahme, währenddessen der Juniperus-Typ nahezu unverändert bleibt. Thalictrum und Artemisia nehmen leicht zu. Bei den Pollentypen der Syn1-Gruppe sind weitere Zugänge durch Polygonaceae pp und den Polygonum bistorta-Typ erkennbar. Ein rapider Rückgang fällt bei dem Caltha-Typ auf, ebenso bei Poaceae. Dagegen erreichten die Cyperaceae ihr zweites Maximum im PD. Auffallend sind die hohen Pediastrum-Werte in dieser Unterzone.

Zone Ch 3a (70 cm – 10 cm) Nach einem leichten Rückgang des BP ist eine erneute leichte Zunahme in der zweiten Zonen- hälfte erkennbar. Die Zusammensetzung des BP verändert sich deutlich. Betula geht zunächst sehr stark zurück; Pinus verschwindet schließlich völlig. Dagegen gewinnt die Picea-Gruppe mit einer steten Zunahme schließlich bis zu etwa 20 % an Bedeutung. Auch der Juniperus-Typ nimmt leicht zu. Andere BP-Typen spielen eine äußerst geringe Rolle und sind deutlich dem Fern- und Weitflug zuzuordnen. Artemisia erreicht schließlich in der Zonenmitte ihre maximale Ausdehnung. Unter der Syn1-Gruppe fallen verstärkt auch der Aster- und Saussurea-Typ auf. Ranunculaceae pp und Ranunculus-/Anemone-Typ nehmen zu. Chenpodiaceae, Aconitum- Typ, Gentianaceae pp, Gentiana-Gruppe sind zwar mit geringen Werten, jedoch stets vor- handen. Polygonaceae pp und Polygonum bistorta-Typ gewinnen abwechselnd an Bedeutung. Die Kurve der Cyperaceen fällt markant ab; die Poaceen sind wieder stärker vertreten. Die Wasserpflanzen sind nahezu völlig verschwunden. Der Trollius-Typ tritt erneut in Erscheinung. Kohleflitter sind durchgehend mit den Stufen 2 und 3 vorhanden.

Zone Ch 3b (10 cm – 0 cm) Unter den Vertretern des BP fällt vor allem beim Juniperus-Typ eine deutliche Zunahme bis auf knapp 15 % auf, gleichzeitig ein starker Rückgang bei Betula und vor allem der Picea-Gruppe. Larix tritt hier erstmalig in Erscheinung. Unter dem NBP nehmen vor allem Thalictrum und Artemisia drastisch ab. Zahlreiche, bisher eher weniger bedeutende Typen der Syn1-Gruppe, wie Pedicularis, Chenopodiaceae, Aconitum-Typ, Fabaceae nehmen in dieser Zone auffallend zu. Diese stärken die bereits in der vorigen Zone stark vertretenen Typen. Dagegen gehen die Werte der Syn2-Gruppe deutlich zurück. Cyperaceae und Poaceae rücken wieder verstärkt vor. Kohleflitter können verstärkt beobachtet werden (Stufe 3).

Zone Mo 1 (0 cm – -25 cm) Der BP nimmt auf Maximalwerte von nahezu 40 % zu. Diese starke Zunahme ist vor allem durch den Juniperus-Typ gegeben. Dieser erreicht die absoluten Maximalwerte von > 20 %. Betula, Pinus, Picea-Gruppe, u.a. sind und bleiben auf niedrigem Niveau. Durch den Zonen- und Profilwechsel treten nun auch Sanguisorba minor- und Aruncus-Typ auf. Der Bupleurum- Typ hat hier weiterhin zugenommen. Das Pollenbild der Syn1-Gruppe verändert sich teilweise. Manche bleiben nahezu unverändert (z.B. Ranunculaceae pp, Aster-T.), andere nehmen zu 3. Ergebnisse 161 oder treten erstmalig auf, wie Papaver argemone-Typ, Aconitum-Typ, aber auch Potentilla-Typ. Poaceae und Cyperaceae verändern sich kaum. Kohlewerte sind mit Stufe 4 durchgehend ver- treten. Leider ist das gesamte Profil „Chudra-Monolith“ durch extrem hohe Indeterminata gekennzeichnet, was eine Interpretation äußerst schwierig macht.

Zone Mo 2 (-25 cm – -50 cm) Die BP-Werte gehen insgesamt wieder schwach zurück. Starke Rückgänge sind bei dem Juniperus-Typ zu beobachten. Die Pollensumme der Picea-Gruppe hat wieder deutlich zuge- nommen. Unter dem NBP sind Koenigia, neben geringen Werten von Brassicaceae und Caryophyllaceae im Bild. Die Werte von Artemisia sinken wieder deutlich ab. Die Gruppe der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nimmt insgesamt deutlich zu, vor allem durch den Polygonum bistorta-Typ, aber auch den Aster-Typ. Auch steigt die Kurve der Cyperaceae bis auf etwa das Doppelte an. Der Potamogeton-Typ hat ebenso wieder leicht zugenommen.

PK-Cluster Aster-Typ Polygonum- bistorta

Aster-Typ Potamogeton- Typ

Polygonum- bistorta

Abb. 47: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Chudra und Chudra-Monolith“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

3.5.6. Bahsü

Das PD wurde in zwei Hauptzonen und insgesamt sieben Unterzonen unterteilt. Die 14C-Alters- daten zeigen in der unteren Hauptzone deutliche Störungen der Stratigraphie an. Die Zonierung erfolgte rein nach pollenanalytischen Veränderungen. Das vollständige PD ist in Abb. 71 (Beilage 2) dargestellt.

Zone Ba 1a (118 cm – 112 cm) Der BP liegt bereits bei > 45 %, mit hohen Werten von Salix und Betula, erstere mit steigender Tendenz. Pinus, Picea-Gruppe, Quercus-Typ, u.a. BP-Typen spielen eine geringe Rolle. Der Juniperus-Typ erreicht knapp 5 %. Die Sträucher sind mit Werten um 2,5 % sehr schwach ver- treten. Der NBP wird vor allem durch Thalictrum und Artemisia repräsentiert. Die Gruppe der Syn1 ist mit dem Aster-Typ, Ranunculaceae pp, der Gentiana-Gruppe und dem Polygonum bistorta-Typ deutlich präsent. Cyperaceae und Poaceae pp prägen ebenso die Vegetation. Kohleflitter sind durchgehend mit Stufe 2 enthalten.

Zone Ba 1b (112 cm – 103 cm) Die steigende Tendenz von Salix wird hier deutlicher und erreicht Werte um 30 %. Betula geht schwach zurück. Eine leichte Zunahme wird auch bei dem Quercus-Typ angezeigt. Thalictrum und Artemisia prägen mit den Poaceae pp und Cyperaceae die baumlose Vegetation. Letztere gehen mit Artemisia deutlich zurück. Die Gruppe der Syn1 setzt sich nach wie vor hauptsächlich 3. Ergebnisse 162 u.a. aus Aster-Typ, Ranunculaceae pp, etwas Ranunculus-/Anemone-Typ, Gentiana-Gruppe, sowie Polygonum bistorta-Typ zusammen. Kohleflitter beiben mit Stufe 2 unverändert.

Zone Ba 1c (103 cm – 73 cm) Die Zone wird weiterhin stark von Salix und Betula geprägt, wenngleich diese nun schwach rückläufig sind. Andere BP-Typen sind präsent, erreichen jedoch keine Werte über die 5 % hinaus. Eine Zunahme der Sträucher, wie z.B. der Rosaceae pp, wird deutlich. Thalictrum erreicht zum Zonenende hin sehr hohe Werte, auch bei Artemisia ist eine Zunahme auf etwa 20 % erkennbar. Poaceae pp und Cyperaceae zeigen Schwankungen, nehmen insgesamt aber ab. Die Pollenwerte der Vertreter aus der Gruppe der Syn1 schwanken und nehmen tendenziell schwach zu.

Zone Ba 1d (73 cm – 60 cm) Die Baumvegetation ändert sich geringfügig: Salix nimmt zu und Betula etwas ab. Eine schwache Zunahme des Juniperus-Typs ist erkennbar. Thalictrum und Artemisia gehen zurück, währenddessen sich der NBP insgesamt kaum verändert. Auffallend sind auch die Rückgänge der Cyperaceae. Die Gruppe der Syn1 bleibt nahezu unverändert.

Zone Ba 2a (60 cm – 15 cm) Starke Veränderungen in der Baumvegetation charakterisieren diese Zone. Salix sinkt von etwa > 35 % auf nahezu ~ 2,5 %. Betula sinkt um fast die Hälfte; der restliche BP bleibt weiterhin gering und nahezu unverändert. Der Juniperus-Typ dagegen nimmt mit zwischengeschalteten Rückgängen in der Summe zu. Auffallend ist auch eine deutliche Zunahme der Sträucher, anfänglich etwas Rhododendron, insgesamt sehr stark jedoch Rosaceae pp. Thalictrum und Artemisia gewinnen insgesamt wieder sehr stark an Bedeutung. Die Prozentwerte der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nehmen stetig und deutlich zu, vor allem der Aster-Typ mit Maximumwerten von > 10 %, aber auch die Gentiana-Gruppe, der Polygonum bistorta-Typ, u.a.. Insgesamt ist eine größere Vielfalt innerhalb der Syn1-Gruppe zu erkennen (Aconitum-Typ, Gentianaceae pp, Chenopodiaceae). Die Gruppe der Syn2 nimmt ebenso deutlich zu und erreicht zwei Maximalpeaks in dieser Zone. Die Werte der Cyperaceae bleiben nahezu unverändert, lediglich zum jüngeren hin ist eine steigende Tendenz erkennbar. Deutlich wird auch das erstmalige Erscheinen des Feuchtezeigers Caltha-Typ, sowie von Wasserpflanzen, wie Polygonum amphibium-Typ, Potamogeton, vor allem aber Hippuris-Typ. Kohleflitter verschwinden in den meisten Horizonten dieser Zone gänzlich.

Zone Ba 2b (15 cm – 3 cm) Der BP steigt nach den vorigen Rückgängen wieder an, jedoch in einem gänzlich anderen Bild. Betula nimmt mit Juniperus-Typ zu. Letzterer erreicht jetzt Werte von knapp 10 %. Salix ist fast nicht mehr vorhanden. Erstmalig ist auch eine Zunahme der Picea-Gruppe erkennbar, über- steigt jedoch die 10 % nicht. Der Anstieg des Gehölzpollens wird vielmehr mitunter durch die der Sträucher, wie Rosaceae pp, geprägt. Unter dem NBP sinkt Thalictrum sehr stark ab, Artemisia ebenso, wenngleich in geringerem Ausmaß. Der Matricaria-Typ erreicht hier Werte von > 5 %. Die Pollenwerte der Syn1-Taxa zeigen eine leicht fallende Tendenz an, ausgelöst vor allem durch die Abnahme des Aster-Typs, sowie der Gentiana-Gruppe. Die Syn2-Gruppe bleibt unverändert. Andere Vertreter dieser Gruppe verändern sich weniger. Ein extremer Anstieg der Cyperaceae bis auf > 1000 % fällt auf, sowie ein leichterer von Poaceae pp. Kohle- flitter sind mit Stufe 1 schwach enthalten.

Zone Ba 2c (3 cm – 0,5 cm) In der obersten Zone verstärkt sich der tendenzielle Anstieg des BP. Betula nimmt mit der Picea-Gruppe weiterhin zu. Etwas Berberis-Typ ist unter den bisherigen Sträuchern zu finden. Unter den Kräutern steigt die Pollensumme von Artemisia wieder an. Vor allem die Pollentypen der Syn1 nehmen deutlich zu: u.a. Aster-Typ, Papaver argemone-Typ, Ranunculus-/Anemone- Typ. Die Cyperaceae werden stärker und erreichen ihr Maximum im gesamten PD. Ebenso ist eine leichte Zunahme der Wasserpflanzen erkennbar, ausgelöst durch den Anstieg des Hippuris-Typs. Kohleflitter fehlen in dieser Zone. 3. Ergebnisse 163

PK-Cluster

Polygonaceae pp

Rosaceae pp

Cyperaceae

Abb. 48: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Bahsü“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

3.5.7. Nam Co

Das PD wurde in drei Hauptzonen geteilt, die jüngste der drei wurde nochmals in zwei Unter- zonen aufgeteilt. Die unteren zwei sind von der jüngsten Hauptzone leider durch eine sehr lange pollenfreie Zone getrennt (Hiatus zwischen 25 cm und 270 cm Tiefe). Die Analysen erge- ben in diesem Bereich nur vereinzelte PK, die keinesfalls zur pollenanalytischen Interpretation herangezogen werden können. Das vollständige PD ist in Abb. 72 (Beilage 3) dargestellt.

Zone NC 1 (339 cm – 325 cm) In dieser untersten Zone fallen die sehr hohen Werte von Hippophaë auf (~ > 20 %), die sich schließlich auch in der BP-Summe niederschlagen. Weitere BP-Typen sind sehr gering ent- halten: Salix, Betula, Alnus. Die baumlose Vegetation ist deutlich durch Artemisia, Thalictrum, Brassicaceae, Caryophyllaceae und Liliaceae charakterisiert. Desweiteren prägen auch Ranunculaceae pp, Polygonum bistorta-Typ, aber auch Poaceae und Cyperaceae das Bild. Wasserpflanzen fehlen, lediglich Pediastrum sp. zeigt sich etwas. Kohleflitter sind maximal sehr schwach (Stufe 1) enthalten.

Zone NC 2 (325 cm – 270 cm) Der BP nimmt insgesamt deutlich ab und schwankt zwischen knapp 16 % und 8 %. Dieser Abfall wird hauptsächlich durch den Rückgang von Hippophaë begründet. Die Werte sinken deutlich, sind aber immer noch mit z.T. > 10 % vertreten. Betula, Salix, Alnus, Pinus und Juniperus-Typ nehmen dagegen etwas zu, vor allem zum Zonenende hin. Auch andere BP- Typen erscheinen schwach im PD, es handelt sich bei diesen mit großer Wahrscheinlichkeit um Fern- und Weitflug. Auffallend sind auch die Zunahmen der Sträucher, Rosaceae pp, aber auch durch den Ephedra fragilis-Typ. Unter dem NBP ist ein sprunghafter Anstieg von Artemisia auf maximal sogar > 60 % deutlich, auch Thalictrum erreicht Maximalwerte von > 20 % in dieser Zone. Die in der vorigen Zone deutlichen NBP-Taxa wie Brassicaceae, Caryophyllaceae und Liliaceae gehen stark zurück, sind dennoch weitgehend durchgehend vorhanden. Bei der Gruppe der Syn1 ist ein deutlicher Anstieg des Aster-Typs, der Ranunculaceae pp, sowie des Ranunculus-/Anemone-Typs erkennbar. Weiterhin stützen Chenopodiaceae und nach wie vor Polygonum bistorta-Typ diese Gruppe, sowie der Potentilla-Typ. Die Summe der Syn1 dagegen zeigt eher eine leicht abnehmende Tendenz, im Gegensatz zu den Werten der Syn2, die sprunghaft ansteigen, aber auch oszillieren. Die Pollenkurve der Cyperaceae schwankt, ver- 3. Ergebnisse 164

ändert sich im Mittel dagegen kaum, die Poaceae nehmen insgesamt zu, variieren jedoch sehr stark. Trollius-Typ erscheint am Zonenende; Pediastrum sp. nimmt schwankend deutlich zum jüngeren hin zu. Kohleflitter schwanken zwischen den Stufen 0 und 2.

Zone NC 3a (25 cm – 5 cm) Die Gewichtung einzelner BP-Typen ändert sich nach dem Hiatus sehr stark. Der Juniperus- Typ nimmt sehr deutlich zu und erreicht Werte um die 10 %; Salix, Pinus, Picea, sowie unbe- stimmbare Koniferen nehmen geringfügig zu. Dagegen ist Hippophaë gänzlich verschwunden. Ephedra fragilis-Typ und Rosaceae pp steigen sehr stark an, letztere jedoch mit einem auf- fallenden Rückschlag in der Zonenmitte. Die Zusammensetzung des NBP hat sich ebenso drastisch verändert. Vor allem fallen die extrem starken Rückgänge von Artemisia und Thalictrum auf. Erstere gehen von maximal > 60 % auf nunmehr ~ 5 % zurück. Andere Vertreter der offenen Vegetation (NBP) haben stark zugenommen, vor allem Cichorioideae pp mit > 25 % im Maximum, aber auch Matricaria-Typ, Caryophyllaceae, Aruncus-Typ. Desweiteren zeigt sich ein extremes Bild unter den Syn1-Vertretern mit den maximalsten Werten > 40 %, sowohl mit und ohne Ranunculaceae pp und Ranunculus-/Anemone-Typ. Asteroideae pp erreichen hier Werte > 30 %. Aber auch der Aster-Typ, Chenopodiaceae, Potentilla-Typ haben stark zuge- nommen. Die Werte der Syn2-Taxa fallen dagegen unter 10 %. Die Kurve der Poaceae erfährt einen leichten Abfall. Ein drastischer Anstieg wird bei den Cyperaceae am Zonenende deutlich. Der Feuchtezeiger Trollius-Typ erreicht in der ersten Zonenhälfte Werte von etwa 5 %. Auch Potamogeton erscheint erstmalig im PD. Pediastrum sp. hat sehr stark zugenommen. Generell muss bei der Interpretation jedoch die geringe Pollensumme und Pollenführung beachtet wer- den. Kohleflitter erreichen durchgehend die Stufe 1.

Zone NC 3b (5 cm – 0 cm) Generell ist ein Abfall des BP erkenntlich. Salix und Picea sind jetzt abwesend. Juniperus-Typ ging um mindestens die Hälfte zurück. Auch die Sträucher, wie Rosaceae pp, sind rückläufig. Der Ephedra fragilis-Typ nimmt ebenso ab. Bei dem NBP sind ebenso Rückgänge zu ver- zeichnen: Thalictrum, Artemisia u.a. Ein Wiedereinsetzen der Brassicaceae fällt auf. Die Zusammensetzung der Gruppe der Syn1 verändert sich am stärksten, vor allem durch eine enorme Zunahme des Aster-Typs. Andere Vertreter sind immer noch präsent, bei den Asteroideae pp ist eine Abnahme ersichtlich, andere nehmen leicht zu. Die Summe aller Ver- treter der Syn1 ist mit maximal > 35 % immer noch stark prägend. Die schwache Präsenz der Syn2-Gruppe bleibt erhalten. Extreme Zunahmen fallen bei Poaceae (maximal > 20 %) und Cyperaceae (maximal > 100 %) auf, vor allem in der obersten ausgezählten Probe. Feuchte- zeiger und Wasserpflanzen fallen deutlich ab; Pediastrum sp. verschwindet gänzlich. Die anfänglich sehr geringen Kohleflitter (Stufe 1) fallen schließlich weg.

3. Ergebnisse 165

Abb. 49: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Nam Co“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae; keine PK-Cluster.

3.5.8. Himmelsee

Das PD wurde in drei Hauptzonen mit insgesamt fünf Unterzonen unterteilt. Das vollständige PD ist in Abb. 73 (Beilage 3) dargestellt.

Zone Hs 1 (195 cm – 185 cm) Juniperus-Typ, Hippophaë, Salix, etwas Alnus prägen den BP mit einem Gesamtwert zwischen 10 und 15 %. Einzelne Koniferen konnten aufgrund des schlechten Erhaltungsgrades nicht weiter bestimmt werden. Ephedra fragilis-Typ und Rosaceae pp sind ebenso präsent. Die Vegetation wird sehr stark von Kräutern und Gräsern geprägt, unter dem NBP in hohem Maße, bis zu ~ 30 %, durch Artemisia, aber auch sehr stark durch Brassicaceae und Cichorioideae pp. Die Kurve der Poaceae nimmt im Zonenverlauf ebenso stark zu. Cyperaceae prägen deutlich mitunter das Bild. Weitere Taxa der offenen Vegetation sind durch die Syn1-Pollentypen gegeben, wie z.B. Asteroideae pp, Aster-Typ, Chenopodiaceae, Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ, u.a. Insgesamt übersteigt diese Gruppe mit Ranunculaceae pp und Ranunculus-/Anemone-Typ kaum 10 %. Wasserpflanzen (Triglochin-Typ, Potamogeton) sind ebenso sehr schwach vertreten. Auffallend hingegen sind die explosionsartig ansteigenden Werte von Pediastrum sp., Kohleflitter fehlen ganz.

Zone Hs 2a (185 cm – 145 cm) Die Summe des BP verändert sich kaum, lediglich nach oben hin bricht die Kurve dieser Taxa kurzfristig ein, hingegen verändern sich die Zusammensetzung, sowie deren Anteile: Juniperus- Typ und Salix nehmen merklich ab, Hippophaë dagegen nimmt zu, sowie Alnus. Betula, Pinus, später die Picea-Gruppe, Abies und Tsuga erscheinen erstmalig mit geringen Werten im PD. Mit wechselnden Anteilen präsentieren sich Ephedra fragilis-Typ und Rosaceae pp. Der NBP ändert sich ebenso in seiner Zusammensetzung deutlich. Starke Rückgänge fallen unter den Cichorioideae pp und Brassicaceae auf. Artemisia erreicht explosionsartig Werte von > 60 %. Auch die Liliaceae pp erreichen auffallende Werte. Die Summe der Syn1 nimmt leicht ab, vor allem durch die Taxa Asteroideae pp, Chenopodiaceae, Ranunculaceae pp und Ranunculus- /Anemone-Typ. Poaceae und Cyperaceae gehen ebenso deutlich zurück. Der extrem starke Anstieg von Pediastrum sp. am Zonenanfang fällt wieder auf die anfänglichen ±10 %. Die Werte der Wasserpflanzen sinken stark und verschwinden schließlich ganz. Mit der Stufe 1 zeigen sich Kohleflitter erstmalig im PD. Die Pollensummen sinken leider während des Zonenverlaufs.

3. Ergebnisse 166

Zone Hs 2b (145 cm – 120 cm) Nach einem kurzzeitigen Einbruch steigt der Wert des BP wieder auf die anfänglichen Werte an. Dabei erreicht Hippophaë ein zweites Maximum, Alnus nimmt ab der Zonenhälfte deutlich zu, Juniperus-Typ fehlt nahezu ganz. Andere BP-Werte bleiben fast unverändert. Die offene Vegetation ist weiterhin durch Cichorioideae pp und Thalictrum geprägt, vorherrschend ist vor allem Artemisia. Die Werte von Artemisia sind kurzzeitig etwas eingebrochen. Die Summe der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nimmt wieder etwas zu, wie einzelne Taxa der Asteroideae pp, Aster-Typ, Chenopodiaceae, Gentianaceae pp, Polygonum bistorta-Typ u.a. zeigen. Auch der Potentilla-Typ erscheint in dieser Zone. Poaceae und Cyperaceae sind etwas rückläufig. Kohleflitter fehlen weitgehend.

Zone Hs 3a (120 cm – 87 cm) Der BP erfährt vor allem durch den Juniperus-Typ eine Zunahme. Die Zusammensetzung der Taxa verändert sich kaum. Die einzelnen Anteile variieren etwas. Erneut taucht in sehr geringen Werten Abies auf. Auch ist ein leichter Anstieg des Ephedra fragilis-Typs erkennbar. Bis auf Artemisia und Thalictrum nimmt der NBP eher ab. Die Gruppe der Syn1 bleibt stabil. Poaceae und Cyperaceae nehmen leicht zu. Pediastrum sp. erreicht wieder Werte um etwa 25 %. Kohle- flitter erscheinen in dieser Zone anfänglich mit Stufe 1, die jedoch schließlich im weiteren Ver- lauf des PD ganz fehlen.

Zone Hs 3b (87 cm – 10 cm) Zunächst fällt ein Anstieg der Werte des BP auf, geprägt durch deutliche Zunahmen des Juniperus-Typs. Mit dem kurzzeitigen Rückgang des Juniperus-Typs gehen auch Hippophaë, Betula u.v.a. BP-Typen deutlich zurück. Pollenwerte der Vertreter der Strauchvegetation schwanken. Unter dem NBP steigt die Kurve der Cichorioideae pp zunächst sehr stark an, erreicht ihr Maximum im gesamten PD. Leichte Zunahmen fallen auch bei den Caryophyllaceae und Thalictrum auf, währenddessen Artemisia deutlich, oszillierend, die hohen Anteile verliert, aber immer noch präsent ist. Die Gruppe der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) nimmt deutlich zu: Asteroideae pp, Aster-Typ, Chenopodiaceae, Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ, Polygonaceae pp, Polygonum bistorta-Typ mit Spuren von Saussurea-Typ, Aconitum-Typ und Fabaceae. Auch die Kurve der Poaceae nimmt insgesamt zu, bleibt jedoch im Gesamtverlauf recht stabil. Die Werte der Cyperaceae ver- doppeln sich ab etwa der Zonenmitte. Ein deutlicher Anstieg ist auch bei Pediastrum sp. erkennbar. Stellenweise tauchen Wasserpflanzen, wie Triglochin-Typ und Potamogeton, auf.

Zone Hs 3c (10 cm – 0 cm) Der BP insgesamt schwankt um die bisherigen Werte, lediglich deutliche Zunahmen sind durch den Juniperus-Typ gegeben. Ephedra fragilis-Typ und Rosaceae pp nehmen ebenso leicht zu. Auffallend sind die extrem starken Rückgänge bei Thalictrum schließlich auf Null und Artemisia auf nur noch ~ 10 %, von maximal 50 % in der vorigen Subzone. Drastische Zugänge sind bei den Vertretern der Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) zu ver- zeichnen. Der Aster-Typ erreicht Maximalwerte von > 15 %. Neben den bisherigen Vertretern der Syn1, kommen hier auch Aconitum-Typ, Gentiana-Gruppe und Pedicularis hinzu. Auch die Kurve des Potentilla-Typs erhöht sich deutlich. Unter den Cyperaceae fällt im obersten Zonen- verlauf ein drastischer Anstieg auf maximal > 1200 % auf. Hinzu kommen die Zunahmen der Feuchtezeiger Caltha-Typ und Wasserpflanzen (Triglochin-Typ, Potamogeton). Die Kurve von Pediastrum sp. sinkt deutlich ab, bleibt jedoch durchgehend präsent.

3. Ergebnisse 167

PK-Cluster Cyperaceae

Abb. 50: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Himmelsee“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

3.5.9. Miby

Das PD wird insgesamt in drei Haupt- und sieben Unterzonen unterteilt. Leider sind die 14C- Daten in ihrer Reihenfolge in einzelnen Abschnitten gestört (s. Kap. 3.2.). Das vollständige PD ist in Abb. 74 (Beilage 3) dargestellt.

Zone Mi 1a (115 cm – 110 cm) Der BP erreicht bereits in dieser untersten Zone Gesamtwerte von maximal knapp 30 %, ver- treten durch Pinus, Betula und Alnus, sowie geringfügig vom Juniperus-Typ, Salix und der Picea-, Tsuga- und Quercus-Gruppe, aber auch „Quercus cf. sklerophyle Taxa“. Rhododendron arboreum-Typ und Rosaceae pp sind ebenso präsent. Die Vegetation setzt sich jedoch haupt- sächlich durch Taxa der offenen Vegetation, wie Apiaceae pp, Cichorioideae pp, Thalictrum u.a. zusammen, sowie durch Asteroideae pp, Aster-Typ, Papaver argemone-Typ, Ranunculaceae pp und Polygonaceae pp, Polygonum bistorta-Typ. Poaceae und Cyperaceae ergänzen das Bild. Leider fällt auch ein hoher Anteil an Indeterminata auf. Kohleflitter erreichen die Stufen 2 und 3.

Zone Mi 1b (110 cm – 97 cm) Der BP verändert sich insgesamt kaum, wohl aber seine Zusammensetzung. Zunahmen werden vor allem bei Pinus deutlich. Dagegen fällt die Kurve der Betula, sowie der Picea- Gruppe, Alnus und des Rhododendron arboreum-Typs nach anfänglichen Zunahmen wieder ab. Hohe Anteile der Apiaceae pp prägen ebenso den oberen Zonenabschnitt. Die offene Vegetation wird weiterhin durch Cichorioideae pp, Thalictrum, Polygonaceae pp, Polygonum bistorta-Typ, sowie in geringen Anteilen auch durch andere Taxa gebildet. Die Kurve der Poaceae erfährt einen leichten Anstieg, die der Cyperaceae dagegen sinkt stark ab. Kohleflitter fallen auf die Stufe 1 und bleiben auch im weiteren Verlauf unverändert.

Zone Mi 2a (97 cm – 73 cm) Der BP sinkt insgesamt etwas. Die Kurven einzelner BP-Typen sinken jedoch drastisch, wie etwa die von Pinus und Abies, teilweise bis zur völligen Abwesenheit (Picea-Gruppe). Cf. Larix tritt in Erscheinung; Alnus steigt wieder etwas an. Der Rhododendron aborerum-Typ fällt zeit- weise aus, taucht aber wieder mit geringen Werten auf. Die Anteile der Vertreter der baumlosen Vegetation verändern sich, so steigen langsam die Werte der Apiaceae pp nach einem kurz- zeitigen Einbruch wieder auf die hohen Ausgangswerte an. Weiterhin prägen Thalictrum, etwas Artemisia, Aster-, Saussurea- und Aconitum-Typ zusammen mit hohen Werten von Poly- 3. Ergebnisse 168 gonaceae pp und Polygonum bistorta-Typ, das Vegetationsbild. Die Werte der Poaceae sind schwach rückläufig, die der Cyperaceen steigen sprunghaft an. Kohleflitter bleiben mit Stufe 1 erhalten.

Zone Mi 2b (73 cm – 48 cm) Die BP-Werte verändern sich insgesamt kaum. Pinus nimmt etwas zu, zusammen mit Abies und der Quercus-Gruppe. Rhododendron arboreum-Typ fehlt jetzt nahezu ganz. Oleaceae tauchen vermehrt auf. Apiaceae pp erreichen nach einem massiven Rückgang erneut Maximalwerte und repräsentieren mit Thalictrum, Artemisia, Saussurea-, Papaver argemone- Typ u.a. Arten die offene Vegetation. Andere Taxa sind in geringeren Anteilen mitunter ver- treten. Während die Werte der Polygonaceae pp schwanken, aber immer noch Werte um mindestens 5 % erreichen, ist eine starke Zunahme des Polygonum bistorta-Typs erkennbar. Die Kurve der Poaceae nimmt wieder etwas ab, auch die der Cyperaceae; diese schwanken jedoch sehr stark. Polypodiaceae pp treten schwach auf.

Zone Mi 3a (48 cm – 38 cm) Das Bild ändert sich schlagartig. Der BP steigt insgesamt steil an. Die qualitative und quanti- tative Zusammensetzung der Waldvertreter ändert sich gänzlich. Während Koniferen eine völlig untergeordnete, nahezu unwichtige Rolle spielen, steigen Betula, Quercus-Gruppe und Rhododendron arboreum-Typ steil an. Auch Alnus nimmt zu. Die bisher dominanten Vertreter der offenen Vegetation gehen steil zurück: Apiaceae pp, Polygonaceae pp, sowie andere sind nur noch mit geringeren Werten vertreten. Lediglich der Polygonum bistorta-Typ bestärkt die schon zuvor beschriebene starke Zunahme. Die Kurve der Poaceae verändert sich kaum; die der Cyperaceae geht schlagartig und sprunghaft im Zonenverlauf zurück.

Zone Mi 3b (38 cm – 17 cm) Der Trend einer abrupten Zunahme des BP hält weiter an. Die BP-Werte nehmen um mehr als das Doppelte auf knapp 70 % zu. Verantwortlich für die steile Zunahme sind weiterhin Betula, Quercus-Gruppe und Rhododendron arboreum-Typ. Ein leichter Anstieg ist auch bei Abies, dem Juniperus-Typ, dem Alnus und bei der Tsuga-Gruppe erkennbar. Der NBP, wie Apiaceae pp, Thalictrum, Aster-Typ, Papaver argemone-Typ, Polygonaceae pp und jetzt auch drastisch Polygonum bistorta-Typ, fallen deutlich ab. Kohleflitter gehen schließlich von Stufe 1 auf Null im Zonenverlauf zurück.

Zone Mi 3c (17 cm – 0 cm) In dieser obersten Zone erreicht der BP mit knapp 75 % seinen Maximalwert, bevor er wieder leicht abfällt. Die starken Anteile von Betula, Quercus-Gruppe und Rhododendron arboreum- Typ gehen in der Zonenmitte leicht zurück, Abies und Tsuga-Gruppe in geringerer Form. Der Juniperus-Typ nimmt dagegen weiterhin zu und erreicht schließlich bei ~ 5 % sein Maximum. Die offene Vegetation zeigt eine Zunahme durch Artemisia, Aster-, Pedicularis palustris- und Primula clusiana-Typ, sowie die Gentiana-Gruppe in geringem Maße an. Die Kurve der Poaceae fällt weiter ab; die der Cyperaceae bleibt fast unverändert. Kohleflitter fehlen jetzt ganz. 3. Ergebnisse 169

Abb. 51: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Miby“. A/C-Parameter nicht möglich durch die Abwesenheit von Chenopodiaceae; keine PK-Cluster.

4. Diskussion 170

4. Diskussion 4.1. Die Frage nach den letzteiszeitlichen Waldrefugien

Die pollenanalytischen Ergebnisse am „Hai ze Shan“ im Vergleich zu denen der Profile „Hongyuan“ (DAMBACH unveröffenlicht, FRENZEL 1994b) im Becken von Zoigê und am Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009) geben Hinweise auf ein oder sogar mehrere letzteiszeitliche Waldrefugien in den nördlichen meridionalen Stromfurchen des O-TP (s. Kap. 1.11.1.). Diese Erkenntnisse werden durch dendroökologische Ergebnisse sowie durch pflanzengeographische Hinweise gestützt (FRENZEL ET AL. 2003). Dendroökologisch zeichnen sich anhand von 19 MLD-Chronologien (Maximum latewood density) durch die Anwendung einer hierarchischen Clusteranalyse Wuchsprovinzen, -regionen und -subregionen ab. Dabei ist eine der beiden Haupt-Wuchsprovinzen nur durch Chronologien von Picea balfouriana gekennzeichnet. Das bedeutet, die Chronologien dieser Art sind einander ähnlicher als die von anderen Fichtenarten, obwohl sich die Chronologien normalerweise stärker durch die räumliche Distanz unterscheiden als durch ihr artspezifisches Verhalten. Die Abgrenzung dieser Provinz entspricht nahezu dem vermuteten Refugialraum. Das spezielle dendroökolo- gische Verhalten von Picea balfouriana in dieser Provinz könnte auf eine frühe genetische Anpassung schließen lassen, etwa in der letzten Eiszeit, als das Klima in den Tälern der möglichen Refugialräume stärker kontinental und der Sommermonsun schwach ausgeprägt war. Gegenwärtig ist das Klima in dieser Wuchsprovinz trockener und kontinentaler als in der angrenzenden Provinz. Picea balfouriana scheint hier besser angepasst zu sein als andere Fichtenarten. Die Anpassung erfolgte sicherlich durch Selektion in frühen Zeiten (vgl. FRENZEL ET AL. 2003). Die pflanzengeographischen Hinweise einzelner Picea- und Abies-Arten (s. Kap. 1.9. und Kap. 1.12.1.) unterstützen ebenso diese Erkenntnisse. Daraufhin lassen sich pflanzengeographische Räume, wie die der „nördlichen meridionalen Stromfurchen“ und „Sichuan“, abgrenzen (s. Abb. 52). Artenreiche Wälder wurden pollenanalytisch im südwestlichen Sichuan seit mindestens 11.000 y B.P. (14C) erkannt (JARVIS 1993, vgl. FRENZEL ET AL. 2003). Sicherlich stammen diese aus eigenen Refugialräumen aus den „südlichen meridionalen Stromfurchen“ (Abb. 52).

Die BP-Summen des Profils „Hai ze Shan“ weichen in den hier dargestellten Ergebnissen im Vergleich zu den früher publizierten (z.B. FRENZEL ET AL. 2003) leicht ab, denn in den früheren Darstellungen waren beispielsweise einzelne Pollentypen (z.B. Typ 3 und Typ 3a als Quercus cf. sklerophylle Taxa) noch nicht berücksichtigt. Vergleicht man die Pollenprozentwerte mit denen aus den weiter zurückreichenden Analyse- kernen im Becken von Zoigê in den in LIU GUANGXIU ET AL. (1994b) und SHEN CAIMING (2003) dargestellten Ergebnissen, so fallen zunächst die Einwanderungszeiten und beachtlichen Prozentwerte der Baumtaxa seit etwa 16.000 bis 15.000 y B.P. auf, die jedoch zwischen etwa 13.000 und 11.000 y B.P. zurückgehen (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, vgl. WANG FUBAO ET AL. 1996). Vermutlich entspricht dieser Rückgang einem Kälterückschlag (vgl. Jüngere Tundrenzeit in Kap. 1.8.3.), wie auch die Zunahme von Cyperaceeen sowie die geringen Pollensummen insgesamt anzeigen. Betrachtet man dort die früheren Stadiale und Glaziale der pollen- analytischen Untersuchungen, so wird deutlich, dass der BP bei den Koniferen in diesen Kälte- zeiten auf wenige Prozentwerte zurückfällt. In den Warmzeiten wandern jedoch beispielsweise die Koniferen sehr schnell wieder ein, so dass auch diese Vorgänge die Annahme nahe- gelegener Refugien stützen. Die Vorstellung von Waldsteppen in diesen Kältezeiten, die dann eben „nur“ mit Verbesserung des Klimas eine Ausbreitung einzelner Baumtaxa zugelassen haben, ist eher unwahrscheinlich. Die Prozentwerte von Picea und Abies in den unbewaldeten Zeiten sind dafür zu gering, vor allem wenn man beachtet, dass genau in diesen Zeiten die Vegetationsbedeckung sehr schwach gewesen ist, die dann auch noch die geringen BP-Werte (durch beispielsweise Fern- flug) in erhöhter Form erscheinen lassen (vgl. Kap. 2.8.3.). 4. Diskussion 171

Dennoch zeigt der Kälterückschlag zwischen etwa 13.000 und 11.000 y B.P. bei Picea in dieser Untersuchung immerhin noch 20 % an (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b) sowie bei Abies in ähnlichen Ausmaßen in WANG FUBAO ET AL. (1996) desselben Gebietes. Nach diesen Ergebnissen liegt es nahe, dass die (Wieder-)Einwanderung der Baumtaxa aus den nahegelegenen Refugien erfolgte. Die rasche chronologische Abfolge der Pollentaxa, von Lichtholzarten hin zu Schattenholzarten (vgl. FRENZEL 1994b), stützt gleichzeitig diese Vor- stellung. Unklar bleibt, in welchen Zeitabfolgen genau diese Prozesse ablaufen, sowie die exakte Lokalisierung des Refugiums bzw. der Refugien. Dazu wären weitere genau datierte, pollenanalytische Befunde aus diesem Raum notwendig, welche dann auch die Refugialräume genauer eingrenzen könnten. Leider fehlen bisher weitere Profile aus den Bereichen der meridionalen Stromfurchen, die diese weit zurückreichenden Zeiträume durch pollenanalytische Untersuchungen abdecken können.

Wie bereits in Kap. 1.11.1. erörtert, erfolgte die Einwanderung der Baumgattungen Betula, Picea und Juniperus ab etwa 9.500 y B.P. in den Untersuchungen im Becken von Zoigê, Hongyuan, sehr schnell und intensiv. Bereits um etwa 9.000 y B.P. kann von einem geschlos- senen Wald ausgegangen werden, der weitgehend aus Picea, Betula und Abies zusammen- gesetzt ist (DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b, FRENZEL ET AL. 2003, THELAUS 1992, vgl. LIU GUANGXIU 1994b, SHEN CAIMING 2003 und WANG FUBAO ET AL. 1996). Die Ein- wanderung der Baumtaxa nach den Kälteperioden bzw. die Etablierung von Waldgesellschaften zeigt in den viel weiter zurückreichenden Bohrkernen sehr schnelle und intensive Ein- wanderungsvorgänge an, die z.T. sehr sprunghaft erfolgten (LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, SHEN CAIMING 2003). Die Problematik, inwiefern die Prozentwerte des BP auf die tatsächliche An- wesenheit der Gehölze eines Standortes schließen lassen, wurde bereits dargestellt (Kap. 2.8.3.) und wird in Kap. 4.6. diskutiert. Die Einwanderung der Baumtaxa der etwa 100 bis 150 km westnordwestlich (von Hongyuan) gelegenen Untersuchungsstelle des Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009), erfolgte etwa 1.500 bis 2.500 Jahre später und die Etablierung von Wald ist deutlich schwächer ausgeprägt. Diese Ergebnisse lassen auf die weitere Entfernung zu den Refugial- räumen NW-Sichuans schließen. Die Situation stellt sich am „Hai ze Shan“ anders dar: Dort erfolgt zwar nach den jüngst durchgeführten 14C-Datierungen der Profilbasis (zuvor in FRENZEL ET AL. 2003 interpoliert) die Einwanderung der Gehölze um etwa 9.000 y B.P. und 8.500 y B.P., später als in Hongyuan. Dennoch wandern hier die Gehölze extrem schnell und intensiv (prozentual) ein. Die 14C-Daten in den unteren Profilabschnitten (1200 bis 1205 cm, 1270 bis 1275 cm, 1290 bis 1300 cm) von „Hai ze Shan“ geben ein jüngeres Alter als das zunächst interpolierte Alter in FRENZEL ET AL. (2003) an (s. Kap. 3.2.). Vor allem die schnellere Einwanderung der Baumtaxa unterstützt die bereits dargestellten Erkenntnisse eines nahegelegenen Refugialraumes oder auch mehrerer Refugien in den nördlichen meridionalen Stromfurchen.

Diese Vorgänge sprechen auch gegen eine Annahme einer Inlandeisvergletscherung während mindestens der letzten Eiszeit des TP (vgl. Kap. 1.8.1.2.), wie bereits in Kap. 1.11.1. beschrieben wurde. Am „Hai ze Shan“ bilden die Endmoränen Zeugen glazigener Vorgänge am gegenüberliegenden Hang der Profilstelle. TL-Datierungen von fossilen, kräftig entwickelten Parabraunerden weisen auf ein Interstadial der letzten Eiszeit hin (~ 70.000 y B.P.). Diese sind mit Till der Moräne überdeckt. Die Vergletscherung in diesem Gebiet war offensichtlich gering (mdl. Mitt. B. Frenzel, vgl. FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001 und V. WISSMANN 1959). Die Schneegrenzhöhe der letzten Eiszeit wird im Gebiet des „Hai ze Shan“ von V. WISSMANN (1959) mit ~ 5050 m angegeben (vgl. FRENZEL 1994a, FRENZEL & LIU SHIJIAN 2001, FRENZEL ET AL. 2003). Die Talgründe der meridionalen Stromfurchen waren während des LGM sehr wahr- scheinlich unvergletschert und ließen vermutlich an den unteren Hanglagen in den nördlichen meridionalen Stromfurchen Waldwachstum zu. Mindestens Picea, bzw. P. balfouriana, konnte dort mit hoher Wahrscheinlichkeit refugial die Kaltzeiten überdauern (FRENZEL ET AL. 2003 und s. weitere Ausführungen dort). 4. Diskussion 172

Nianbaoyeze Shan

Edelweiß Shih Hongyuan

Hai ze Shan Yak Tsongu Nam Co

Himmelsee Chudra

Bahsü

Miby

Abb. 52: Pflanzengeographische Regionen auf dem östlichen TP (weiß) und mögliche letzteiszeitliche Waldrefugien mit den hier untersuchten Profilen (rot), „Hung Yüan“ und „Edelweiß“ (blau; DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b) sowie Nianbaoyeze Shan (blau; SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Die Zahlen zeigen die beobachtete Höhenlagen der rezenten oberen Waldgrenze in m über NN an; die Punkte (schwarz) die weiteren Bohrungen der Expeditionen 1989, 1992 und 1996 (aus FRENZEL ET AL. 2003, verändert).

Die Einwanderung der Gehölze, vornehmlich der Koniferen, erfolgte also im Osten des TP ver- mutlich aus den „nördlichen meridionalen Stromfurchen“ heraus, nordöstlich davon jedoch ver- mutlich aus dem potentiellen Refugialraum „Sichuan“ (Abb. 52). Dabei stoßen die Wander- bahnen der Gehölze an klimatische Grenzen. Einzelne Baumtaxa, wie Betula, Juniperus, Pinus, Picea- und die Quercus-Gruppe sind jeweils mit Prozentwerten < 5 % seit Beginn des Moorwachstums von „Chudra“ (etwa 30°44’N / 96°50’E in ~ 4600 m Höhe) um etwa 9.200 y B.P. (9.160; 9.280 ± 90 y B.P.) vorhanden (s. Kap. 3.5.5. und Kap. 4.2.1.2.). Diese steigen um etwa 8.400 y B.P. (8.415 ± 70 14C y B.P.) zunächst bei Betula auf > 10 % an. Mit dem deutlichen Abfall der Betula-Kurve um etwa 6.100 y B.P. steigt die Picea-Gruppe auf maximal knapp > 8 %, bevor sie ihr Maximum im weiteren Zonen- verlauf erreicht. Picea erreicht deutlich später die Umgebung dieses Standortes. Die Etablierung von Fichtenwaldbeständen findet etwa 2.500 Jahre später statt als in dem etwa 250 km (Luftlinie) nordöstlich entfernten „Hai ze Shan“. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass sich das Profil „Chudra“ zwar oberhalb der heutigen Waldgrenze befindet, 4. Diskussion 173 jedoch deuten diese BP-Werte auf die nahen Ausläufer der damaligen Wald- und Baumgrenze hin, mindestens jedoch auf den nahen Fernflug. Die zeitliche Abfolge der Einwanderung von Baumtaxa, hier speziell Picea, spricht ebenso für die Annahme der vermuteten Waldrefugial- räume in den meridionalen Stromfurchen. Auf die Gefahr überhöhter BP-Werte bei schwacher Vegetation, beispielsweise bei „Chudra“ oberhalb der Waldgrenze, wurde bereits mehrfach hingewiesen. Die beiden Profile am Nam Co spielen für die Einwanderungsabfolge der Koniferen keine Rolle. Die Etablierung vergleichbarer Waldgesellschaften kann dort seit dem Übergang Spätpleistozän zum Holozän nicht nachgewiesen werden (s. Kap. 4.2.1.3.-4.2.1.5.). Jedoch können die Pollen- kurven im PD „Himmelsee“ von Betula, Picea und Juniperus aus dem Weit- oder auch Fernflug auf die letzten Vorposten in den Hanglagen des Nyainqêntanghla Shan (Juniperus) hinweisen. Die Werte dieser Baumtaxa nehmen ab 120 cm (~ 8.200 y B.P.) sichtbar zu, geben dennoch wegen ihrer geringen Prozentwerte (< 5 %) nur mindestens Weitflug an. Juniperus dagegen weist mit Werten bis maximal 5,7 % auf die tatsächliche Anwesenheit hin (s. Kap. 2.8.3.), wobei sich darin auch die niederwüchsige Art Juniperus pingii widerspiegeln könnte (s. später). Damit würden sich diese Entwicklungen auch mit der Annahme einer Einwanderung der Baumtaxa aus dem Osten des TP in der Abfolge ergänzen. Inwieweit die Einwanderung und Ausbreitung von Wald im östlichen Zentral-Himalaya aus den „nördlichen meridionalen Stromfurchen“ erfolgt ist und mit den beschriebenen Wanderbewegungen im Zusammenhang steht, kann nicht geklärt werden. Dazu wären zahlreiche, weitere geeignete Untersuchungsstandorte notwendig. Wie in Abb. 52 dargestellt, stellt der östliche Himalaya eine eigene pflanzengeographische Region dar und beherbergte sicherlich eigene Refugialräume. Mindestens für den Langtang-Himal gibt es Hinweise auf mindestens drei Refugien, die sowohl west- als auch osthimalayischen Florenelementen Raum gaben, die Vergletscherungen zu überdauern (MIEHE 1990). Nicht nur klimatische Grenzen sind jedoch der Einwanderung von Pflanzen gesetzt, wie mindestens die Ergebnisse an dem hier beschriebenen Beispiel am Nam Co, Zentral-Tibet, zeigen. Geologische Gegebenheiten (Gebirge, Flüsse, u.a.) und biologische Faktoren (Konkurrenz, u.a.) wirken ebenso in einem komplexen Zusammenspiel zusammen. Die Wanderbewegungen einzelner Gehölze und anderer Taxa laufen in Bereichen wie den meridionalen Stromfurchen entlang der Tallandschaften schneller und günstiger ab (z.B. „Hai ze Shan“), als in Bereichen außerhalb zusammenhängender Zertalungen bei Überwinden ganzer Gebirgszüge. Obwohl das Profil „Shih ch’ü“ als nördlichster Standort dieser Untersuchung aufgrund des zu jungen Basisalters von 5.250 ± 150 14C y B.P. für diese Fragestellung als nicht geeignet gilt, könnte auch dort bei der Annahme einer natürlichen waldfreien Zone (s. Kap. 4.2.2.1.) eine klimatische Wandergrenze angezeigt sein, obwohl die Voraussetzungen für eine Ausbreitung entlang der tiefen Täler der „nördlichen meridionalen Stromfurchen“ gegeben wären.

Das TP beherbergt in weiten Teilen empfindliche Ökosysteme, die dann eben starken Änderungen hinsichtlich ihrer Vegetationsentwicklung unterliegen. Selbst bei stabilen Ökosystemen, welche zu einer starken Selbstregulation fähig sind, ist in den Grenzbereichen mit stärkeren Änderungen in der Ausbildung und Zusammensetzung der Vegetation zu rechnen (GLIEMEROTH 1995, s. auch weiter FRENZEL 1980, 1993b).

4.2. Die Vegetationsgeschichte und Paläoökologie

4.2.1. Spätglazial und Frühes Holozän bis Spätes Holozän

4.2.1.1. Hai ze Shan

Das PD „Hai ze Shan“ (Abb. 68, Beilage 1; Profil bei 31°59’N, 99°05’30’’E, etwa 4100 m Höhe, Nr. 3 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) lässt sich in drei Hauptzonen einteilen, die sich in weitere sieben Subzonen untergliedern lassen. Dabei spiegelt die erste Hauptzone (HzS 1) das Ende des Spätglazials im Übergang zum frühen Holozän, die zweite Hauptzone (HzS 2) das Frühe Holo- zän bis zum Mittleren Holozän mit insgesamt drei Subzonen (HzS 2a, 2b und 2c) und schließ- 4. Diskussion 174 lich die dritte Hauptzone (HzS 3) die Zeiträume des mittleren Holozäns bis in das späte Holozän mit vier Subzonen (HzS 3a, 3b, 3c, 3d). Zwischen etwa 600 und 800 cm Profiltiefe besteht der Verdacht eines Hiatus und/oder einer Überschiebung. Das zeigen vor allem die 14C-Daten (Kap. 3.2.).

Übergang Spätglazial zum frühen Holozän (HzS 1:1300-1275 cm) Der Übergang vom Spätglazial zum frühen Holozän zeigt im PD Vertreter der offenen Vegeta- tion, wie Cyperaceen, Poaceen, Chenopodiaceen, Artemisia, Thalictrum, Caryophyllaceen, Euphorbiaceen, u.a., sowie Ephedra, angezeigt durch den E. fragilis-Typ. Letzterer weist auf Bereiche einer echten Kältesteppe hin. Es zeigt sich also um etwa 9.000 y B.P. eine offene, steppenartige Vegetation. Einzelne BP-Typen, wie der Juniperus-Typ, Salix, Betula, u.a. stam- men entweder aus dem nahen Fernflug oder sind durch Zwergwuchsform in der umgebenden Vegetation präsent bzw. bilden einzelne, sehr lichte Gehölzbestände. Das langsamere Moor- wachstum spiegelt auch die kälteren und trockeneren Bedingungen des Spätglazials wider, wie die 14C-Daten in dieser Zone zeigen. In der darauffolgenden Zone um etwa 8.500 y B.P. ist mit der Klimaverbesserung die Einwanderung der Gehölze erkennbar. Die Geschwindigkeit des Moorwachstums nimmt hier im Zonenübergang ebenso zu.

Frühes bis mittleres Holozän (HzS 2a: 1275-1125 cm, 2b: 1125-860 cm, 2c: 860-710 cm) Betula und die Vertreter der Picea-Gruppe wandern sehr schnell ein. Inwiefern diese Prozent- werte den Wald widerspiegeln, lässt sich nur schwer klären (s. Kap. 4.6.). Die Bäume, aber auch Sträucher wie Rosaceen, nehmen deutlich zu. Die ursprüngliche Kältesteppe, u.a. ange- zeigt durch Ephedra (E. fragilis-Typ), geht in eine Baumsteppe über. Gegen Ende der Subzone HzS 2a zeichnet sich zwischen etwa 7.500 und maximal 8.000 y B.P. ein deutlicher Rückgang der anspruchsvolleren Pflanzen, wie die der Bäume und Gehölze, ab. Vor allem Ranunculaceae pp füllen diesen Rückschlag aus, aber auch Feuchtezeiger wie der Caltha- und Triglochin-Typ treten verstärkt auf. Es scheint hier eine Veränderung des Wasserhaushaltes zu geben. Der Verdacht auf einen Kälterückschlag zu jener Zeit, wie er bereits in mehreren Arbeiten aus anderen Teilen des TP angegeben und interpretiert wurde (VAN CAMPO ET AL. 1993, 1996, FONTES ET AL. 1993, 1996, GASSE ET AL. 1991, 1996, HERZSCHUH ET AL. 2006b, JIN ZHANGDONG ET AL. 2007, WINTER 2004, WU YANHONG ET AL. 2006, ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008, vgl. Kap. 1.8.3.) erhärtet sich nur bedingt, wenn man beachtet, dass Kältesteppenelemente, wie Ephedra (E. fragilis-Typ), und potentiell Thalictrum und Artemisia, u.a., in dieser Phase nicht zunehmen. SCHLÜTZ ET AL. (2007) beschreiben um diese Zeit (um 8.500 cal y B.P.) einen spürbaren Ein- fluss der Weidetiere in Damxung, SO-Tibet. Ob diese aus der Wildfauna stammen oder bereits domestizierte Tiere sein könnten, lassen die Autoren offen. Die Gruppe der Syn1, ohne Ranunculaceae pp/Ranunuculus-Anemone-Typ, verändert sich am „Hai ze Shan“ kaum, so dass die synanthropen Taxa lediglich nur durch die Ranunculaceae und den Ranunculus- Anemone-Typ zunehmen. Es muss angenommen werden, dass es sich bei der Zunahme der Ranunculaceen um den Batrachium-Typ handelt, der die Annahme einer Veränderung oder Zunahme der Feuchteverhältnisse unterstützt. Dafür sprechen auch die hohen Werte von > 30 % dieser beiden Pollentypen. Der See verändert sich, möglicherweise durch den Anstieg des Seespiegels durch Schmelzwässer von den Gletschern der umgebenden Höhenzüge, ausge- löst durch die Klimaverbesserung, wie zuvor durch den Beginn der Einwanderung von Gehöl- zen beschrieben wurde. Hippophaë war anfänglich anwesend und in der ersten Hauptzone gering vertreten. Danach verschwindet Hippophaë genau in dieser Phase gänzlich, so dass auch der Rückgang von Hippophaë-Beständen beispielsweise an den Uferbereichen durch z.B. eine Zunahme der Wasserflächen und Seespiegelstände spricht. Die Zeitgleichheit dieser Vegetationsveränderung, im Vergleich zu den erwähnten anderen Arbeiten, spricht dennoch für klimatische Ursachen. In anderen Teilen der Erde zeigt sich in diesem Zeitraum vielfach eine deutliche humide Phase (STARKEL 1999). Im weiteren Verlauf des PD setzt sich zunächst in der Zone HzS 2b die anfängliche Etablierung der Gehölze, wie Betula, Picea (-Gruppe), etwas Juniperus, Salix, Abies, u.a., fort. Hippophaë ist wieder schwach vertreten. In der Zeitspanne zwischen etwa 7.000 und 5.000 y B.P. zeichnen sich die höchsten Waldvorkommen ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass die umge- benden Hänge mindestens lückig, dennoch aber flächendeckend bewaldet waren. Der BP 4. Diskussion 175 erreicht hier sein Maximum bis knapp 45 %. Die Waldetablierung spiegelt das holozäne Klima- optimum wider, wie auch in zahlreichen anderen Arbeiten des O-TP nachgewiesen ist (s. Kap. 1.8.3./1.8.4. und Kap. 1.10.2./1.10.3.). Eichen sind ebenso, zunächst durch den Quercus-Typ, später dann auch durch sklerophylle Taxa (Qu. cf. sklerophylle Taxa), in dieser Zeitspanne ins- gesamt durchgehend präsent. Der NBP ist beispielsweise durch Artemisia mit hohen Werten vertreten, die jedoch im weiteren Verlauf etwas abfallen. Diese und andere NBP-Taxa zeigen, dass es sich hier nicht um dichte Waldformationen handelt. Vielmehr zeichnet sich zwar eine deutliche Waldlandschaft ab, die jedoch im Unterwuchs und an den Stellen dazwischen Kräuter aufkommen lässt. So wachsen auch Liliaceen, Asteroideen, Gentianaceen u.a. in der natür- lichen Vegetation. Dies ändert sich zum Zonenende hin deutlich. Der BP geht drastisch zurück und die synanthropen Taxa der Syn1-Gruppe nehmen sowohl quantitativ als auch qualitativ deutlich zu.

Mittleres und spätes Holozän (HzS 3a: 710-450 cm, 3b: 450-270 cm, 3c: 270-140 cm, 3d: 140-100 cm) Der starke Rückgang der Gehölze sowie die Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1) sprechen für einen deutlichen Einfluss des Menschen und seines Weideviehs seit etwa 5.000 Jahren, vor allem durch die Yaks. Taxa, wie Gentianaceen, vor allem die Gentiana-Gruppe, aber auch Ranunculaceen (mit einzelnen Typen), Polygonaceen (mit Polygonum bistorta-Typ), nehmen deutlich zu. Die zeitliche Zuordnung ist hier leider etwas erschwert. Ein Hiatus ist in diesem Bereich erkennbar, z.B. hervorgerufen durch Hangrutschungen. Das Bohrprofil liegt, wenige Zehner von Metern vom Steilhang entfernt, im Seebecken. Die 14C-Daten beweisen eine deut- liche Störung der Stratigraphie (s. Kap. 3.2.). Die Tatsache, dass mehrere Yaks in dem Schwingrasen ertrunken seien (FRENZEL 2002b, 2007b), kann als Störungsquelle sicherlich ausgeschlossen werden. Vielmehr ist ein Faktorenkomplex für einen verstärkten Erosionsein- trag und/oder Hangrutschung(en) verantwortlich, die z.B. durch Frosterscheinungen, also bei- spielsweise temporäres frieren und tauen, und durch den Einfluss des Menschen und seines Viehs gebildet und noch stärker gefördert wurden. Lockere Sedimente in den Hangpartien (mdl. Mitt. B. FRENZEL) bestärken diese Rückschlüsse. Da sich jedoch ein markanter Wechsel in der Vegetationsabfolge abzeichnet, der ganz klar auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen ist, liegt es auch in Anbetracht der anderen beschriebenen Parameter nahe, anzunehmen, dass es durch eine Zunahme der Weideaktivität zu Instabilitäten der umgebenden Hänge kommen konnte. Hangabträge durch Erosion wären die Folgen, die die Vorstellung von einem Hangrutsch (oder mehrerer), beispielsweise von dem gegenüberliegenden Hang des Profilstandortes, zu verantworten hätten. Nicht nur der stärkere direkte Weideeinfluss wäre dafür bedeutend, sondern auch der damit verbundene Rückgang der Gehölze und somit der Hangstabilisatoren, mindestens durch Verbiss, aber auch durch eine mögliche direkte Holznutzung wie Schneiteln und Holzschlag. Das zeigen auch die Stufen der Kohleflitter, sowie der Kurvenverlauf des BP und somit der Gehölze an. Mit der Abnahme der Waldbestände nehmen die Kohleflitter jedoch auch wieder deutlich ab. Ob sich natürliche oder menscheninduzierte Feuer dahinter verbergen, kann nicht beurteilt werden. Epilobium, als potentieller Brand- und Waldöffnungszeiger tritt in den eben diskutierten Zeiten vereinzelt auf. Der seit mindestens 5.000 y B.P. fassbare menschliche Einfluss auf die Vegetation und Öko- systeme in der Umgebung am „Hai ze Shan“ deckt sich sehr gut mit den Befunden archäolo- gischer Untersuchungen. Obwohl auf dem TP die Anwesenheit des Menschen seit dem Paläo- lithikum angenommen werden kann, mit zunehmenden Funden von Artefakten seit dem Meso- lithikum und schließlich Neolithikum, zeigt die gut untersuchte neolithische Siedlung in „Karou“, etwa 200 km südwestlich von diesem Standort, die ausgereiften Methoden des Ackerbaus und die Vorläufer der Viehzucht (vgl. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, s. auch weitere Lit. dort, CPAM 1985, HUANG WEIWEN 1994, LI XIÄN 1991, vgl. Kap. 1.13.). Weitere neolithische Fund- plätze, welche für diese Untersuchung relevant sein können (Xioenda, Fundplätze am großen Knie des Yarlung Zangbo), dürften alle der tibetischen Karou-Kultur angehören. Desweiteren sind weitere menschliche Aktivitäten auch in anderen Teilen des TP bekannt, die auch anderen Kulturen und Stämmen angehören (s. Kap. 1.13./1.13.1.).

Die Wasserpflanzen und auch die Pediastren nehmen mit dem beschriebenen Vegetations- wechsel deutlich zu. Zunächst waren keine eindeutigen Hinweise auf eine Eutrophierung erkennbar. Bei genauem Betrachten fällt jedoch bei den Pediastren die Veränderung der Arten- 4. Diskussion 176 zusammensetzung auf. Vor der spürbaren Einflussnahme des Menschen ist in den Subzonen HzS 2a und 2b Pediastrum duplex vorhanden. Diese Art gilt als Vertreter oligosaprober Gewäs- ser. Im weiteren Verlauf wird P. duplex, vor allem dann in Hauptzone 3, durch P. boryanum, sowie durch P. cf. muticum/cf. integrum abgelöst mit einer generellen Zunahme von P. sp.. P. boryanum kommt verstärkt in schwach mesosaproben Gewässern vor. Damit ist also eine min- destens leichte Zunahme der Eutrophie erkennbar, die sich mit Subzone HzS 3a und in den weiteren Subzonen durch die Intensivierung des menschlichen Einflusses deckt und die vor allem durch die deutliche Zunahme der synanthropen (Syn1-)Taxa angezeigt wird. Die Wasser- pflanzen selbst sprechen dagegen nicht eindeutig für eine Eutrophierung des Gewässers, son- dern eher für veränderte Bedingungen des Sees und der Seespiegelstände. Potamogeton kann als Wasserpflanze Hinweise auf die Seenentwicklung geben. Einige Potamogeton-Arten sind reine Süßwasserpflanzen (P. obtusifolius, P. nitens), während P. pectinatus und P. filiformis eine gewisse Salztoleranz aufweisen (WALTER 1968). Je nach Art bevorzugt Potamogeton ver- schiedene Wassertiefen (HERZSCHUH ET AL. 2005). Da hier aufgrund der pollenmorphologischen Grenzen keine Arten unterschieden werden können, bleiben die Informationen darüber verbor- gen. Pediastren gelten als Süßwasseralgen (STRASBURGER ET AL. 2008, ZHENG MIANPING ET AL. 2000), weisen jedoch eine gewisse Salztoleranz auf, die sich bei den einzelnen Arten auch unterscheiden kann (BRUNNTHALER 1915, ZHAO WEN ET AL. 2005). So zeigen P. duplex Mey. und P. boryanum (Turp.) Men in einer Untersuchung von Salzseen Tibets durch ihre Präsenz eine Salztoleranz bis zu 20 g/l (ZHAO WEN ET AL. 2005). Anhand der Pediastren lassen sich, wie bereits beschrieben, hier nur Rückschlüsse auf die Eutrophie und Seespiegelstände ableiten. Es liegen keine Hinweise zur Salinität des Gewässers vor, da u.a. auch sonst keine Taxa Hin- weise zur Salinität geben. SHEN CAIMING (2003) beschreibt am Ahung Co, Co Qongjiamong und Ren Co die Zunahme der Pediastren als Folge von Seespiegelveränderungen. Hohe Werte (influx) sprechen demnach für tiefe Seestände. Mit der Zunahme der Pediastren nehmen seit mindestens etwa 3.000 y B.P. (HzS 2c/ HzS 3a) die Wasserpflanzen i.A. zu. Zunächst durch den Triglochin-Typ, gefolgt von Myriophyllum verticillatum-Typ und Potamogeton. Der Myriophyllum verticillatum-Typ gibt Hinweise auf Schwimmblatt- und Wasserpflanzengesellschaften, die weiterhin durch das Vorkommen von Potamogeton gestützt werden. Triglochin kann z.B. auch als Störungszeiger in Grabenrändern und Schlenken vorkommen. Inwieweit dieser Pollentyp (z.B. durch T. maritima) auf versalzte Bereiche deutet, kann nicht überprüft werden, da sonst auch keine weiteren Indikatoren für Ver- salzungen erkennbar sind und auch pollenmorphologisch keine Artabgrenzung möglich ist. Hinweise auf zunehmenden Nährstoffeintrag könnte der Myriophyllum spicatum-Typ geben, welcher durch die namengebende Art bevorzugt in belasteten Gewässern anzutreffen ist. Dieser Typ erscheint in der Phase, in der die Intensität des menschlichen Einflusses bereits stark zunimmt (HzS 3b/3c). Insgesamt zeigen die Werte der Wasserpflanzen die Seeent- wicklung an, die um mindestens ~ 3.000 y B.P. eine reiche Flora der Schwimmblattgesell- schaften aufzeigen und in den Randbereichen und Schlenken des Verlandungsmoores die lokalen Feuchtebedingungen durch Triglochin-, Caltha- und Trollius-Typ wiedergeben. Die Ver- treter der Ranunculaceen bzw. des Ranunculus-/Anemone-Typs, sowie der Cyperaceen müs- sen auch in dieser Hinsicht berücksichtigt werden. Obwohl einerseits diese die veränderten Feuchte- und Wasserbedingungen anzeigen, sind diese Pollentypen auch für die Interpretation des menschlichen Einflusses entscheidend. Der Vergleich mit weiteren Indikatoren bestätigt beide beschriebenen Entwicklungen. Auf die Problematik der schwierigen Interpretations- möglichkeiten bei den Cyperaceen wurde bereits mehrfach verwiesen.

Die Vermutung eines erhöhten Nährstoffeintrages durch eine intensivere Beweidung, z.B. durch Hangabtrag oder Dung und letztendlich durch die Auswaschung mit Nährstoffen angereicherten Hangwassers, liegt nahe. Die Öffnung der Vegetation und des wahrscheinlich lückenhaften, aber deutlichen Waldlandes jener Zeit, trägt zu einer stärkeren Auswaschung und Erosion von Hangmaterial bei.

Der Einfluss des Menschen und seines Weideviehs zeichnet sich im weiteren Verlauf der Subzonen (HzS 3c, 3d) immer stärker ab; dies entspricht etwa den letzten ~ 1.700 Jahren (270 cm). Zwischen 204-250 cm Profiltiefe sind Wasserhorizonte zu berücksichtigen (s. Kap. 2.1.3.). 4. Diskussion 177

Obwohl die 14C-Daten (z.B. bei 200 cm Tiefe) dort keine Störungen anzeigen, ist im PD in diesem Bereich mit Umlagerungen zu rechnen. In der Zone HzS 3c des PD sind jedoch keine Auffälligkeiten in dieser Hinsicht erkennbar. Mit der Abnahme der Gehölze und des Waldes, angezeigt durch den Rückgang des BP, wie Betula, Picea (-Gruppe), Abies, Quercus-Typ, u.v.a., bei gleichzeitiger Zunahme der synanthro- pen Taxa (Gruppe Syn1), kann die Intensivierung der Aktivitäten von Mensch und Vieh deutlich dargestellt werden. Hinweise auf Getreideanbau sind im gesamten PD nicht gegeben. Einzelne, geringe Werte des Cerealia-Typs können genauso von den Wildformen der Gräser herrühren. Die Kohleflitter nehmen stetig weiter ab, d.h. mit dem Waldrückgang gehen diese Flitter zurück. Da bei den Analysen nicht getrennt werden konnte, ob die Flitter aus Gehölzen oder Steppen- elementen, Gräsern und Kräutern stammen, können nur Vermutungen zu dem Waldrückgang bei gleichzeitiger Abnahme der Kohleflitter angestellt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass weniger großflächige Brände durch beispielsweise Brandrodung hier eine Rolle spielen. Für den Rückgang der Kohleflitter kommt als Ursache die Abnahme von Holz und überständiger Vegetation in Frage, was der Intensivierung der Weideaktivität geschuldet ist. Ob durch diesen Rückgang von entzündbarem Material tatsächlich weniger natürliche Feuer ent- stehen, bleibt jedoch im Dunkeln. Für den Menschen ist dann jedenfalls nur noch ein einge- schränktes Angebot an Feuerungsmaterial vorhanden. Die Nutzung von Holz als Heizmaterial u.a. für das tägliche Leben der Hirtennomaden wird also nicht ausgeschlossen. Mit der Ab- nahme der Kohleflitter im PD-Verlauf bei gleichzeitigem Waldrückgang und Einflussnahme des Menschen spiegeln sich auch hierin die Tatsachen wider, dass mit dem Befeuerungsmaterial sparsamer umgegangen werden musste. So ist das heutige Feuerungsmaterial weitgehend Dung. MIEHE ET AL. (2008b) gehen jedoch hypothetisch davon aus, dass Wälder in NO-Tibet durch Feuer in Weiden umgewandelt wurden.

Mit der Intensivierung der menschlichen Aktivitäten der letzten mindestens 1.300 Jahren ist in den Subzonen HzS 3b und 3c eine drastische Zunahme der Cyperaceen erkennbar. Die Cyperaceen lassen sich pollenmorphologisch nicht auftrennen, so dass etwa Kobresien und Carex getrennt werden könnten, geschweige denn innerhalb beider Taxa die Arten unterschied- licher ökologischer Ansprüche (s. Kap. 1.9., Kap. 2.8.4. und Kap. 3.1.). Kobresia pygmaea- Matten beherrschen weite Teile des TP und werden zunehmend als Ersatzgesellschaften infolge zunehmender Weideaktivität diskutiert (KAISER 2004, 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009), indem sie sich mit ihrer dichten, kurzen Wuchsform und einem zähen Wurzelfilz an intensives Weide- verhalten anpassen konnten. Die Anpassung an Beweidung ist vor allem nach MIEHE & MIEHE (2000) unter stabilen Feuchte- und Temperaturverhältnissen gegeben. Das Gebiet um den Standort „Hai ze Shan“ entspricht diesen Voraussetzungen. Die zunehmende Ausbreitung der Kobresia-Matten gemeinsam mit den Weidetaxa (Syn1) ist also sicherlich auf die Intensivierung des menschlichen Einflusses zurückzuführen. Es sind keine Hinweise auf die Zunahme von Taxa „echter Steppenelemente“ zu erkennen, die eine klimabedingte Versteppung anzeigen könnten. Auffallend ist jedoch, dass zunächst die Weidetaxa, vertreten durch die Gruppe der Syn1, darauf reagieren (mindestens um etwa 5.000 y B.P.); bei zunehmender Intensität der Hirtentätigkeit ab etwa 2.000 y B.P. (HzS 3b) ersetzen spätestens seit ~ 1.300 Jahren (HzS 3c) Kobresia-Matten immer stärker die Vegetation in der umgebenden Landschaft, bei gleich- zeitiger, steter Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ). Auffallend ist auch, dass in diesen deutlich menschenbeein- flussten Zeiten der Juniperus-Typ mit oszillierenden Prozentwerten von ± 5 % vertreten ist, während er in der bewaldeten Phase zuvor eine eher untergeordnete Rolle spielte, abgesehen von der Einwanderungsphase der Gehölze. Genauso nehmen die Rosaceen in diesen Phasen stetig zu. Dies lässt sich ebenso durch den Einfluss der Weideaktivität erklären: In dem heute noch potentiellen Waldland scheint gerade das Vieh der Hirten limitierend für den Wald bzw. der Gehölze zu sein. Juniperus wird sicherlich wegen seiner für Weidetiere eher unattraktiven Pflanzenteile, in stärkerem Maße auch die Rosaceen-Sträucher mit ihren Stacheln, von dem Vieh entweder gemieden oder nur bei sehr hohem Weidedruck angenommen werden (Juniperus). Juniperus findet als Lichtkeimer wohl stellenweise immer wieder Raum, sich durch- zusetzen, während dieser in der zuvor beschriebenen Waldphase von den Schatthölzern zunehmend abgelöst wurde. Die heutigen Waldvorkommen in etwa 20 km Entfernung jenseits 4. Diskussion 178 des Gebirgskammes an den Hanglagen des Sees Maningango, sowie einzelne Gehölze an den umgebenden Hängen unmittelbar am Profilstandort beweisen das mögliche Baumwachstum in der Gegenwart (Kap. 1.1.5.3.). Die Landschaft ist daher in diesen Zeiten sicherlich als ein Mosaik von intensiven und extensiven Weidemustern zu verstehen, in denen sich mal mehr, mal weniger einzelne Gehölze und Bauminseln durchsetzen können. Die Degradierung der Vegetation ist nochmals um etwa 800 y B.P. (120 cm) durch eine sehr starke Zunahme der Syn1-Gruppe erkennbar. Leider fehlen die Zeiträume vor 715 ± 80 14C y B.P., da das Profil erst 100 cm unterhalb der Oberfläche wegen des sehr wasserhaltigen Torfes beginnt. Heute bestätigt sich dieses Bild, wenn auch in einer weit stärker degradierten Form (s. Abb. 24 in Kap. 2.1.3., vgl. Kap. 1.15.3.).

Da sich keine Hinweise in den gestörten Profiltiefen im Sediment durch z.B. feinkörnige minera- lische Sedimentanteile zeigen, sind bei dem eingebrachten oder auch umgelagerten Material in den gestörten Bereichen weniger Überflutungsereignisse angezeigt (vgl. BRÄUNING 2002, SCHLÜTZ 1999). Dennoch sprechen die chronostratigraphischen Störungen gerade in den Phasen einer Intensivierung der menschlichen Nutzung um ewa 3.000 y B.P. (700 cm: 3.110 ± 135 14C y B.P.) und 1.800 y B.P. (400 cm: 1.740 ± 120 14C y B.P.) (s. Kap. 3.2.) für einge- brachtes, jüngeres Material. Die anderen zehn Altersdaten weisen sonst keine Störungen auf, sondern geben ein ungestörtes Wachstum und eine stetige Geschwindigkeit des Moorwachs- tums an. Lediglich die beiden untersten Proben geben langsamere Wachstumsprozesse an, die mit der frühholozänen Klimaverbesserung an Geschwindigkeit zulegen, wie die Nach- datierungen gezeigt haben. Damit konnte auch mit etwa 9.000 y B.P. (8.900 ± 85 14C y B.P.) ein jüngeres Basisdatum festgestellt werden, als zunächst durch Interpolation angenommen wurde (FRENZEL 2002a, FRENZEL ET AL. 2003).

4.2.1.2. Chudra und Chudra-Monolith

Das PD (Abb. 70, Beilage 2) setzt sich aus zwei Profilabschnitten zusammen: „Chudra“ und „Chudra-Monolith“ (Profile bei 30°44’N / 96°50’E, ~ 4600 m Höhe NN, Nr. 5 in Abb. 1 in Kap. 1.3.). Ersterer konnte in drei Haupt- und sechs Subzonen unterteilt werden, „Chudra-Monolith“ wurde in zwei Zonen geteilt. Das Profil „Chudra“ reicht bis in die Übergangszeit vom Spätglazial bis zum Holozän zurück.

Spätglazial und frühes Holozän (Ch 1: 170-168 cm) Im Übergang vom Spätglazial zum frühen Holozän weisen Vertreter der offenen Vegetation, wie Cyperaceae, Poaceae, Chenopodiaceae, Caryophyllaceae, Artemisia, Thalictrum, Ranunculaceae (verschiedene Typen) u.a. Kräuter auf trockene, kalte, steppenartige Bedingungen hin. Die Anwesenheit des Ephedra fragilis-Typs bestätigt dieses Bild. Der BP ohne Sträucher ist mit ~ 10 % gering vertreten, dessen einzelne Taxa sicherlich aus dem Fern- flug stammen. Man muss allerdings darauf hinweisen, dass diese Interpretation rein auf pollen- analytischen Ergebnissen beruht. Die 14C-Daten geben zwar an der Basis ein Alter von mindestens > 9.160 y B.P. an, dennoch ist hier Vorsicht geboten, da die Stratigraphie in dem Basisbereich der unteren ~ 20 cm gestört ist (s. Kap. 3.2.), durch z.B. Umlagerung infolge von Frosteinwirkung. Dafür sprechen auch die recht hohen Werte der indeterminaten PK. Die hohen Anteile der Kohleflitter (Stufe 4) können wegen dieser Hinweise wenig berücksichtigt werden, da diese auf starke Zersetzung hinweisen, wie auch die Form der Flitter bei der lichtmikro- skopischen Ansicht vermuten lässt.

Frühes und mittleres Holozän (Ch 2a: 168-140 cm, 2b: 140-95 cm, 2c: 95-70 cm) In der ersten Subzone zeigt sich ein ähnliches Bild, wie zuvor schon beschrieben wurde: Eine offene, baumarme Vegetation beherrscht die Landschaft. Das verwundert auch nicht, denn wie ebenso bereits erläutert, muss hier anhand der 14C-Daten von einer Umlagerung ausgegangen werden. Die Zonenmitte zeigt hier nämlich ein höheres Datum (9.280 ± 90 y B.P.) an. Hier ist auch eine Veränderung in der Zusammensetzung erkennbar: Die Cyperaceenwerte sind deut- lich erhöht und erreichen in dieser Zone ihre Maximalwerte. Die darauffolgende Subzone Ch 2a leitet um ~ 8.500 y B.P. (14C) die frühholozäne Klima- erwärmung ein. Die Altersdaten weisen um diese Zeit und im weiteren Verlauf dieser Abschnitte 4. Diskussion 179 auf keine bedeutenden stratigraphischen Störungen hin. Betula erreicht Werte um 10 %, darauffolgend erreicht die Quercus-Gruppe Werte um knapp 7 %. Beide Taxa zeigen in der näheren Umgebung lichte Bestände an. Andere Gehölztaxa verändern sich prozentual wenig und deuten weiterhin auf Fernflug hin. Juniperus war anfangs bereits mit 2 % bis 2,5 % präsent, nach einem kurzen Rückgang erreicht dieser Pollentyp wieder die anfänglichen Werte und gibt Hinweise auf die tatsächliche Anwesenheit, wenn auch geringen Ausmaßes. Hinweise auf einen Kälteknick um 8.000 bis 7.000 y B.P. (s. Kap. 1.8.3.) liegen nicht eindeutig vor. Lediglich in etwa 125 cm Tiefe dieses zeitlichen Bereiches fällt eine abrupte Veränderung auf, die sich sehr schnell wieder erholt. Dabei steigen die Cyperaceenwerte kurzfristig an, be- stehende Gehölze, angezeigt durch Betula, Juniperus-Typ, aber auch Sträucher wie Rosaceae pp., treten zurück. Kräuter, wie Artemisia, Ranunculaceae pp, Caltha-Typ u.a., nehmen deutlich zu, so dass tatsächlich von einer Vegetationsveränderung ausgegangen werden kann und weniger von einem Hiatus. Im weiteren Verlauf etabliert sich eine offene, kräuterreiche Vegetation, vertreten durch den Aster-Typ, sowie verschiedene Typen der Ranunculaceen, Polygonaceen und Gentianaceen, die jedoch von einzelnen Gehölzen, wie z.B. Birken und Eichen, durchzogen ist. Sicherlich kann hier von keiner Waldlandschaft ausgegangen werden, sondern von einzelnen Gehölzen in lichten Beständen als Ausläufer der Waldgrenze der zuerst eingewanderten Gehölze im frühen Holozän. Die prozentualen Anteile der beschriebenen Vegetationselemente oszillieren, ver- ändern sich jedoch im Gesamtbild in den Subzonen Ch 2a bis Ch 2c nicht bedeutend. Die PK des Potamogeton- und Triglochin-Typs können nur aus nahegelegenen Wasserflächen und Gräben des breiten Haupttales stammen.

Mittleres und spätes Holozän (Ch 3a: 70-10 cm, 3b: 10-0 cm und Mo1: 0-(-)25 cm, 2: (-)25-(-)50 cm) Im Übergang zur nächsten Hauptzone (3) um etwa 6.100 y B.P. erfolgt die starke Ausbreitung der Fichte (Picea-Gruppe), die zumindest anfangs die lichten Birken- und Eichenbestände ab- löst. Juniperus bleibt weiterhin präsent, nimmt sogar im Zonenverlauf zunächst zu. Obwohl Picea mit maximal > 20 % zum Zonenende erscheint, kann, wie bereits zuvor beschrieben, nur von lichten Beständen, vermutlich der nahegelegenen Waldgrenze, ausgegangen werden. Die Vegetation besteht weitgehend aus Steppenelementen oberhalb der Waldgrenze, wie der Pollen von Artemisia, Aster- und Saussurea-Typ, verschiedene Gentiana-Typen, Cyperaceen und Poaceen und zahlreiche andere anzeigen. Die Summen der Gruppen Syn1 und Syn2 geben keine deutlichen Hinweise auf eine Veränderung z.B. hinsichtlich einer Intensivierung der Nutzung als Weidegründe. Dagegen schwanken die Werte durchgehend im PD. Betrachtet man jedoch einzelne Taxa der Gruppe Syn1, wie z.B. Gentianaceae pp (und Gentiana-Gruppe), Saussurea, Chenopodiaceae, u.a., fällt eine deutliche Zunahme seit etwa 5.000 bis 6.000 y B.P. (DA Ch 3a) auf, die sich jedoch in der Summe der Syn1-Gruppe nicht abzeichnet. Das 14C- Datum in dieser Zone in 60 cm Profiltiefe zeigt vermutlich eine Störung der Stratigraphie, z.B. durch Frost, an. Da dieses Altersdatum aus der Kurve der 14C-Alters-Tiefen-Verteilung fällt, kann hier sicherlich nicht auf eine höhere Wachstumsgeschwindigkeit des Moores geschlossen werden. Dasselbe gilt für die Ausreißer in 170 cm Profiltiefe (Basis). Einige Arten des Pollentyps Saussurea sind sowohl als Weidezeiger bekannt (FRENZEL UND ADAMCZYK 2004), als auch aus den natürlich waldfreien Hochlagen des TP (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990, BEUG & MIEHE 1998, 1999, MIEHE 1989, 1990, mdl. Mitt. G. MIEHE, M. GROß, B. DICKORÉ). Diese Problematik ist vor allem in einer Gegend wie „Chudra“ spürbar, als Standort oberhalb der heutigen natürlichen Waldgrenze. Spätestens durch den abrupten Rückgang der Gehölze Betula und Picea (-Gruppe) um etwa 1.000 y B.P. (Ch 3b) und die wiederkehrende Zunahme der Syn1-Gruppe in dieser Phase wird wahrscheinlich eine Intensivierung der Weidewirtschaft in diesen Höhen angezeigt. Dafür sprechen z.B. auch die Zunahmen des Juniperus-Typs und auch das erstmalige Erscheinen von Larix, die als Lichtholzarten die Baum- und Waldgrenze, bzw. die letzten Ausläufer der Fichten nun ersetzen. Damit wird bewiesen, dass Waldwachstum möglich ist, der Mensch jedoch die nächstgelegenen Gehölze beeinträchtigt, was sich hier in der Veränderung der Artenzusammensetzung widerspiegelt. Über die wahren Ursachen des plötzlichen Fichten- abfalls kann also nur spekuliert werden: Ob der Mensch direkt durch Holznutzung oder durch sein Vieh die Gehölze der Wald- und Baumgrenze erreicht und genutzt hat, bleibt offen. 4. Diskussion 180

Dennoch deuten die Veränderungen der Pollentaxa auf eine Intensivierung des menschlichen Einflusses zumindest in den letzten ~ 1.000 Jahren hin. Die Kohleflitter können, wie schon erwähnt, in diesem Profil wegen des starken Zersatzes als Interpretationshilfe nicht herange- zogen werden.

Leider ist der oberste Profilabschnitt „Chudra-Monolith“ nur schwer auswertbar, da bis zu 28 % indeterminate PK vorkommen. Schlechte Erhaltungsbedingungen erklären den starken Zersatz der PK. Der Torf war in diesem Abschnitt bei der Abgrabung bereits ausgetrocknet; Sauerstoff fördert den mikrobiellen Abbau; konservierende Bedingungen (feucht, Sauerstoffabschluss) fehlten. Anhand der 14C-Daten lässt sich dieser Teil in das späte Holozän stellen, es fallen jedoch die Störungen durch z.B. Umlagerung auf (s. Kap. 3.2.). Die 14C-Daten geben eine um- gekehrte Abfolge an. Betrachtet man das Gesamtbild dieses PD-Abschnittes und vergleicht man die zeitlichen Abschnitte mit den beiden oberen Subzonen des Profils „Chudra“, so lassen sich Parallelen der Zonen Mo 2 und Ch 2b, sowie Mo 1 und Ch 2a erkennen und vergleichbare Zeiträume erahnen. Offensichtlich kommt es teilweise zu Überschneidungen dieser beiden Profilteile. Das Profil „Chudra-Monolith“ wurde ursprünglich im Gelände entnommen, um das Profil „Chudra“ nach oben zu ergänzen. Pollenanalytisch bestätigt sich das Bild eines drastischen Rückganges der Fichten (Picea-Gruppe), aber auch Birken um etwa 1.000 y B.P., bei gleichzeitiger Zunahme des Juniperus-Typs und einiger Vertreter der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe).

Bei diesem Standort zeigt sich massiv das Problem, inwieweit der BP Wald oder Fernflug widerspiegelt. Die Werte von maximal ~ 20 % bei Picea geben mindestens Hinweise auf den nahen Fernflug einzelner Bäume nahe der Waldgrenze. Auf geschlossene Waldbestände kann keinesfalls geschlossen werden. Dies ist u.a. in den relativ hohen BP-Werten (BP: 23,6 %; BP o. Sträucher: 15,7 %) in den Oberflächenproben begründet, die einerseits von den kleineren Beständen in wenigen Kilometern Entfernung herrühren oder von den teils bewaldeten Hang- lagen des zum Lancang Jiang (Dzi ch’ü, Zhe qü) hin führenden Tals (vgl. Abb. 16B in Kap. 1.15.5.) herantransportiert und sedimentiert werden. Obwohl bereits geringe BP-Werte in den pollenanalytischen Arbeiten in S-Tibet nahe Lhasa (MIEHE ET AL. 2006) mit Waldvorkommen durch BP-Werte von etwa 10 % bei Juniperus, sonst aber sehr geringe Werte mit < 2 % bei Betula und 5 % bei Hippophaë oder etwa in der süd- lichen Mongolei (MIEHE ET AL. 2007b) Betula-Werte < 4 % zusammen mit Pinus interpretiert werden, muss dennoch von Rückschlüssen auf naheliegende, flächige Waldbestände abge- sehen werden. Sicherlich können auch die geringen Werte in semi-ariden Gebieten einzelne Baumbestände andeuten, mindestens jedoch stammen diese hier aus dem nahen Fernflug.

Die breiten Tallandschaften im Gebiet von „Chudra“ waren sicherlich schon immer von Steppen eingenommen und zeigten sich weitgehend waldfrei. Die BP-Werte von Betula nehmen ab ca. 8.500 y B.P., wie zuvor dargestellt, zu, gefolgt von Picea (-Gruppe). Fichten bilden auch heute noch in wenigen Kilometern Entfernung östlich des Moores Waldreste auf den Hanglagen des zum Lancang Jiang (Dzi ch’ü, Zhe qü) führenden Tals. Diese hatten wohl in der Zeit zwischen frühestens 6.100 y B.P. bis etwa 1.000 y B.P. eine größere Ausdehnung, die sich vornehmlich über die Hänge erstreckte. 4. Diskussion 181

4.2.1.3. Nam Co

Das PD (Abb. 72, Beilage 3) des Profils „Nam Co“ (etwa 30°44’40’’N, 90°58’40’’E, ~ 4780 m NN, Nr. 7 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) ermöglicht Einblicke in die Geschichte der umgebenden Vege- tation und Paläoökologie am Ostufer des Nam Co im Holozän, besonders im frühen Holozän (NC 1, 2). Das Mittlere Holozän fehlt im PD aufgrund keiner bzw. zu geringer Pollenführung (Profiltiefe zwischen ~ 270 cm und 25 cm: Hiatus). Das jüngste Holozän ist wieder vertreten (NC 3a, 3b). Leider ist das Spätglazial in diesem Profil nicht mehr fassbar.

Frühes bis mittleres Holozän (NC 1: 339-325 cm, 2: 325-270 cm) Im frühen Holozän waren bis mindestens etwa 7.000 y B.P. Gehölze vorhanden, vor allem Hippophaë-Bestände. Jedoch zeigen auch geringe Werte von Salix (max. 2,4 %) und Betula (max. 2,4 %) die Anwesenheit dieser Gehölze in Profilnähe an. Inwieweit diese bis zum See vorgedrungen waren, bleibt unklar. Weitere BP-Taxa wie Pinus, Quercus (Qu.-Typ, Qu. cf. sklerophylle Taxa), Alnus, Tsuga, u.a., weisen auf Weit- oder auch Fernflug hin. Die Pollen- typen dieser Gehölze könnten jedoch von Beständen an den Hängen des Nyainqêntanghla Shan stammen. In der frühen Phase des PD (NC 1) fallen die extrem hohen Werte von Hippophaë (knapp 25 %) auf, die gemeinsam mit einer offenen Vegetation aus Brassicaceae, Caryophyllaceae, Liliaceae, Artemisia, Thalictrum, Ranunculaceen, Polygonum (P. bistorta- Typ), u.v.a., diese Zone charakterisieren. Geringe Prozentwerte von Hippophaë weisen bereits auf deren Anwesenheit hin (s. Kap. 2.8.3.), so dass bei diesen Werten von größeren Beständen ausgegangen werden muss. Leider sind hier die 14C-Daten gestört, wenngleich sich Tendenzen ableiten lassen. Die Chronostratigraphie weist auf Umlagerungen hin. Dennoch lässt sich eine Tendenz ablesen, so dass das PD um etwa 8.000 y B.P. bis 8.500 14C y B.P. beginnt. Mit der nächsten Pollenzone (DA 2) zeigen die Juniperus-Werte seit mindestens dem frühen Holozän Wacholderbestände an. Ob es sich dabei schon um die Zwergform J. pingii handelte, bleibt unklar, da aufgrund der Pollenmorphologie keine Artabgrenzung möglich ist. Es liegen lediglich Hinweise zu den vorkommenden Arten aus der heutigen Vegetation vor (NÖLLING 2006, mdl. Mitt. CHR. ROTH UND B. FRENZEL). Andererseits fand Herr Prof. B. Frenzel (mdl. Mitt.) einzelne hochwüchsige Juniperus-Exemplare und deren Stubben an den Nordhängen jenseits des Passes des in wenigen Kilometern entfernten Nyainqêntanghla Shan, welche auch Baumwacholder in Betracht ziehen, so dass sowohl im frühen Holozän, oder auch später, genauso baumartige Juniperus-Vertreter möglich wären. In dieser Zone fällt der enorme Anstieg von Artemisia (max. > 60 %) auf. Die Kräutervegetation verändert sich weiterhin durch die Zunahme von Thalictrum, Poaceae, aber auch mit schwankenden Werten von Ranunculaceen, Polygonaceen, Aster-Typ, sowie Rosaceen. Ob es sich bei den letzteren um Sträucher oder Kräuter handelt, kann nicht eindeutig gesagt werden. Der ebenso vorhandene Potentilla-Typ stammt vermutlich weitgehend von den kräuterartigen ab. Bei den Summen der Sträucher ist im PD deshalb Vorsicht geboten. Die Vegetationsaufnahmen (Abb. 53) zeigen an allen drei untersuchten Quadraten Potentilla sp. (vgl. Nölling 2006: P. saundersiana, P. bifurca). Die Zunahme der anspruchsvolleren Gehölze, teils auch aus dem Weitflug, sowie von Artemisia und anderen Kräutern, sind auf verbesserte klimatische Bedingungen zurückzuführen, wie sie auch im frühen bis mittleren Holozän aus zahlreichen anderen Untersuchungen des TP bekannt sind (vgl. Kap. 1.8.3./1.8.4. und Kap. 1.10.2./1.10.3.). Am Nam Co fand der in zahlreichen anderen Arbeiten des TP beschriebene Kälterückschlag (JIN ZHANGDONG ET AL. 2007; Zigetang Co: ~ 8.700 bis ~ 8.300 cal y B.P in HERZSCHUH ET AL. 2006b, bzw. zwischen ~ 8.000 und ~ 9.000 y B.P. in WINTER 2004, am See Cuoe zwischen ~ 8.840 und ~ 8.560 cal y B.P. in WU YANHONG ET AL. 2006, sowie am Sumxi Co zwischen 8.000 und 7.000 14C y B.P. in GASSE ET AL. 1991, am Longmu Co um ~ 7.900 y B.P. in FONTES ET AL. 1993 und Bangong Co zwischen 8.000 und 7.700 y B.P. in VAN CAMPO ET AL. 1993, 1996, FONTES ET AL. 1996, GASSE ET AL. 1996) um etwa 8.100 bis 7.800 14C y B.P. statt (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008). SCHLÜTZ ET AL. (2007) beschreiben in Damxung in der Tallage direkt östlich des Nyainqêntanghla Shan die Veränderungen in der Vegetation um 8.500 cal y B.P. (inter- poliert) bereits als Folge von Weideeinfluss (Wildtiere oder domestizierte Yakherden). Da in diesem zeitlichen Abschnitt die Chronostratigraphie des vorliegenden Profils gestört ist, lässt 4. Diskussion 182 sich das Alter einer vergleichbaren vegetationskundlichen Veränderung schwer ermitteln. Die extreme Zunahme der Poaceen, Ranunculaceen, des Aster-, Ranunculus-/Anemone-Typs, sowie der zeitgleiche Abfall von Hippophaë und anderer Gehölze, aber auch von Artemisia, könnte sehr wahrscheinlich diesem Kälterückschlag entsprechen. Das nächstgelegene 14C- Datum in 310 cm Tiefe entspricht 7.680 ± 80 14C y B.P.. Die Cyperaceen nehmen in dieser Lage ebenso zu. Ein vergleichbarer Rückschlag ist kurz vor Zonenende von NC 2 erkennbar mit einem ähnlichen 14C-Datum von 7.590 ± 75. Diese beiden Daten sind durch ein jüngeres Alters- datum getrennt; der Klimarückschlag liegt nach den hier vorliegenden Altersdaten also vermut- lich um etwa 7.600 y B.P. (ohne Berücksichtigung des Reservoir-Effektes, s. später). Die pollenanalytischen Ergebnisse bestätigen die Problematik der umgelagerten Seesedimente. Die beiden „Ausschläge“ der Syn1-Gruppe in der Zone NC 2 können diesen klimatischen Ver- änderungen entsprechen. Die relativ hohen Werte werden vor allem durch den Aster-Typ und durch die Ranunculaceen gebildet. Die anderen Vertreter der synanthropen Taxa dieser Gruppe verhalten sich indifferent. Diese Tatsache, sowie die nahezu zeitlich vergleichbare Veränderung der Vegetation, deuten auf klimatische Ursachen und weniger auf anthropo-zoogene Einflüsse hin.

Verwunderlich bleibt, dass gerade in der „organischen“ Lage in etwa 290 cm bis zur Basis von knapp 340 cm Profiltiefe (vgl. Abb. 28 in Kap. 2.1.7.) keine Wasserpflanzen pollenanalytisch nachgewiesen werden können, obwohl diese Lagen Reste von Potamogeton cf. pectinatus enthielten. In diesen untersten Schichten stehen Potamogeton- und Mollusken-reiche organische Sedimente an. Potamogeton wird in diesen Profiltiefen pollenanalytisch nicht nach- gewiesen, dagegen in den oberen Zonen (DA NC 3a, 3b, s. später). Beachtet man die Pollen- verbreitung von Potamogeton (z.B. P. pectinatus), so kann das Nichtvorhandensein des Pollens in diesen PD-Abschnitten durch die Tatsache begründet sein, dass die Pollenausschüttung aus den aus der Wasseroberfläche herausragenden Blüten stattfindet. Der Pollen wird dann über die Wasseroberfläche oder auch durch den Wind verbreitet (vgl. OBERDORFER 2001, STRASBURGER ET AL. 2008). Es könnte sich bei den Ablagerungen auch um umgelagertes Pflanzenmaterial handeln, wie dies auch bei der Datierung von Potamogeton-Blättern in VAN CAMPO ET AL. (1996) im Westen des TP beschrieben wurde. Oder es handelt sich um einge- schwemmtes Pflanzenmaterial, das sich nicht im Pollenniederschlag widerspiegelt, weil die tat- sächliche Verbreitung von Potamogeton zu dieser Zeit zu weit entfernt lag. Dennoch liefert die Tatsache, dass Potamogeton im Sediment enthalten ist, Hinweise auf die Anwesenheit im Nam Co. P. pectinatus bevorzugt Wassertiefen von mind. 0,25 bis 3,90 m (HANNON & GAILLARD 1997). Da die 14C-Daten zu jener Zeit gewisse Störungen aufweisen (s. Kap. 3.2.), müssen eben auch Umlagerungsprozesse in Betracht gezogen werden. Störungen durch Umlagerung können z.B. durch Seespiegelschwankungen, Bioturbationen und Fremdeintrag ausgelöst wer- den, oder aber auch z.B. durch den heute noch fließenden Bach bedingt sein. Diese Störungen in der Stratigraphie spiegeln sich auch in den pollenanalytischen Ergebnissen wider (s. Kälte- rückschlag). Hinweise zur Salinität werden bisher nicht erkannt. Pediastrum gilt als Süßwasseralge (STRASBURGER ET AL. 2008, ZHENG MIANPING ET AL. 2000), weist jedoch eine gewisse Salz- toleranz auf (ZHAO WEN ET AL. 2005). Die Zunahme von Pediastrum sp. im DA NC 2 ist wohl auf veränderte Wasserbedingungen zurückzuführen. Die Veränderungen in der Trophie und Salinität sind nach den hier vorliegenden pollenanalytischen Befunden gering. Eindeutige Hinweise auf Veränderungen der Salinität, durch eine Halophytenvegetation, fehlen. Pediastren sind mit geringen Werten (influx) in Zeiten flacher Seestände an den Seen Ahung Co, Co Qongjiamong und Ren Co vertreten (SHEN CAIMING 2003). Da in Zeiten tieferer See- spiegelstände (s. nachfolgend) die Pollenführung leider fehlt, können dazu keine Vergleiche angestellt werden. Die hohen Pediastren-Werte in den jüngeren Proben (~ 25 cm Profiltiefe) können in Hinsicht auf Fragen der Seespiegelstände nicht interpretiert werden, da keine Alters- daten aus diesen Horizonten vorliegen und infolge des Sedimentationswechsels der direkte Vergleich zu den Wassertiefen ohnehin nicht möglich ist. Durch die pollenanalytischen Ergeb- nisse lassen sich hier zwar leider keine direkten Hinweise auf Veränderungen der Seespiegel- stände des Nam Co, wohl aber auf klimatische Veränderungen im frühen Holozän ableiten.

4. Diskussion 183

Hingegen geben die stratigraphischen Befunde mehr Aufschluss zur Seengeschichte. Das Profil „Nam Co“ (vgl. Abb. 28 in Kap. 2.1.7.) besteht weitgehend aus Seekreiden, also limnischen, kreideartigen Ablagerungen, die unter Mitwirkung von Pflanzen entstanden sind. Die Basis wird von Molluskenschalen durchzogen, was für Seekreiden typisch sein kann (MURAWSKI 1992). Auf das Problem des Hartwassereffektes wird später eingegangen. Die Strandgerölle von der Basis bis in 234 cm Tiefe zeugen von Seespiegelschwankungen und Wellenbewegungen, welche diese mitbewegt und herantransportiert haben. Nach 234 cm Profiltiefe könnte sich dann beispielsweise eine Art „Haff“ bzw. „Lagune“ gebildet haben, worauf daraufhin ein ruhiger See entstanden ist (Seekreide sehr fein geschichtet). Die hämatitroten Schichten des Fe-haltigen Schluffs zwischen 155 und 140 cm geben Hinweise auf sauerstoff- beeinflusste Bereiche. In diesen Schichten fallen einzelne Windkanter auf, die Hinweise auf „wüstenähnliche“ Bedingungen geben. In diesen Phasen spiegeln sich erneut Seespiegel- schwankungen. Die oberen 140 cm dieses Profils weisen tiefe Einfaltungen auf. Nach FRENZEL (2007b) entsprechen diese wohl Wiesenbultenböden (=Thufur), die auch abseits der Profilstelle zu finden sind. Frostaktivitäten haben sicher Einfluss auf diese Faltungen gehabt. Über die Seengeschichte und –entwicklung ist eine gesonderte Publikation von den Herren Prof. B. Frenzel, Prof. M. Frechen, Prof. M. Geyh (beide letztere: LIAG, Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Geochronologie und Isotopenhydrologie, Hannover) geplant.

Es wurden sowohl Sedimentproben als auch Pflanzenreste (Potamogeton cf. pectinatus) 14C- datiert. Diese entsprechen einander nicht (s. Kap. 3.2.). FRENZEL (2007b) deutet diese Störungen als Verfälschung aufgrund von eingebrachtem Material unterschiedlichen Alters, das in die entstehende „Lagune“ eingeschwemmt wurde, etwa durch den Bach, wie er auch heute noch fließt (vgl. auch VAN CAMPO ET AL. 1996 im Bangong Co-Becken). Solche Effekte sind auch anhand anderer Beispiele in FRENZEL (2007a) beschrieben.

Nach ZHU LIPING ET AL. 2008 wurde am Nam Co anhand von Ergebnissen der Sedimentations- raten nahe der dort untersuchten Probestelle ein durchschnittlicher Wert des „Reservoir- Effektes“ unterhalb von 200 cm der untersuchten Kernbohrung (s. ZHU LIPING ET AL. 2008) von 1230 Jahren festgestellt. Für die Altersdatierung oberhalb von 200 cm dieser Bohrung wurde der kalkulierte Reservoireffekt anhand der Sedimentationsraten berücksichtigt, um die „echten“ Altersdaten zu ermitteln. Die Frage ist nur, inwiefern solche Altersmodelle zulässig sind, wenn man die potentielle Problematik von Um- und Rückverlagerung von Seesedimenten berücksich- tigt (vgl. FRENZEL 2007b, FONTES ET AL. 1996 am Bangong Co sowie Sumxi Co in FONTES ET AL. 1993).

Die hier analysierten Seesedimente zeigen zwar Störungen in der Chronostratigraphie an, lassen dennoch fein geschichtete Abfolgen erkennen. Es könnte sich der Stratigraphie nach also ab etwa 234 cm (etwa 6.400 y B.P. ohne Berück- sichtung des Hartwassereffektes) eine Art „Lagune“ bzw. „Haff“ gebildet haben. Die zahlreichen Befunde (s. Kap. 1.8.1.1.) zeigen, dass ein Großteil der tibetischen Seen aufgrund der damaligen, besseren hydrologischen Bedingungen zu jener Zeit eine größere Ausbreitung hatte. Jedoch deuten die n-Alkane bereits zwischen etwa 6.900 und 6.000 y B.P. auf sinkende Seespiegel am Nam Co (ZHU LIPING ET AL. 2008). Die ungestört wirkenden, fein geschichteten Sedimente geben in diesen Bereichen beispielsweise keine Verfrachtung dieser Fazies bis zu diesem Standort an, wohl aber in den oberen Bereichen (oberhalb 140 cm). Die abweichenden Befunde der parallelen Altersdatierungen an Material des Sediments und der Pflanzenreste könnten dann eben, neben der Vermutung von eingeschwemmtem Pflanzenmaterial, auch auf- grund des Wassereffektes („Hartwasserfeffekt“, s. oben) zustande kommen. Die 14C-Datierung erfolgte sowohl an Seekreide-Proben als auch an Pflanzenresten von Potamogeton cf. pectinatus. Diese Art ist eine submers lebende Wasserpflanze. Das bedeutet aber auch, dass die Quelle des aufgenommenen Kohlenstoffs nicht primär atmosphärischen Ursprungs ist, sondern in gelöster Form aus dem Lebensraum Wasser stammt. Das gilt bei der Beachtung des Hartwassereffektes zu berücksichtigen. Um die Altersdifferenz des Hartwasser- effektes zum atmosphärischen 14C zu ermitteln, wären Datierungen an terrestrischem Material notwendig (z.B. Holzkohleflitter, vgl. dazu SHEN CAIMING 2003). Es scheint ein Faktorenbündel für die gestörte Stratigraphie in den Zonen NC 1 und NC 2 verantwortlich zu sein. Umlagerungen, die z.B. durch Seespiegelschwankungen, einge- 4. Diskussion 184 schwemmtes Material, aber auch durch den „Reservoir-Effekt“ ausgelöst worden sein könnten, scheinen hier gemeinsam zu wirken.

Spätes Holozän (NC 3a: 25-5 cm, 3b: 5-0 cm) Wie schon erwähnt, ist das Profil zwischen ~ 270 cm und 25 cm nahezu pollenfrei (Hiatus). Das PD beginnt erst wieder bei ~ 25 cm Tiefe. Setzt man eine ungestörte Chronostratigraphie in diesen Abschnitten voraus, handelt es sich um das spätere Holozän, mindestens jedoch nach 4.740 ± 80 14C y B.P.. Leider sind diese beiden Pollenzonen durch relativ geringe Pollen- bzw. Sporomorphensummen gekennzeichnet, die bereits durch z.B. Aufkonzentrieren der Proben ihre nahezu maximalen Konzentrationen erreicht haben.

Bei dem vegetationsgeschichtlichen Vergleich mit den vorigen Pollenzonen (NC 2, bzw. auch NC 1) fällt ein extremer Wechsel auf. Die einst anwesenden Gehölze wie Hippophaë und Betula sind nahezu, teils vollständig, verschwunden. Lediglich der Juniperus-Typ weist mit maximal 10 % auf eine Zunahme hin. Die anspruchsvollen Gehölztypen aus dem Nah- und Fernflug wurden nahezu komplett durch die Pollentypen Picea und Salix ersetzt. In Anbetracht der geringen Pollensummen und der schwachen Vegetationsdecke (teils < 30 %, mdl. Mitt. CHR. ROTH) muss beachtet werden, dass diese nicht aus der umgebenden Vegetation stammen, sondern nahezu ausschließlich aus dem Weit- oder sogar Fernflug herrühren. Die Oberflächenproben am Nam Co weisen BP-Werte von ~ 16 % (Profil „Nam Co“), knapp 13 % (Profil „Himmelsee“) sowie 8 % (Nam 2) und 2,8 % (Nam 4) auf. Nach dem ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU (1990) sind auch am Nyainqêntanghla Shan keine Wälder und Gehölze verzeichnet. Herr Prof. B. Frenzel konnte jedoch mindestens auf der dem Nam Co zugewandten Hangseite dieses Gebirgszuges nach dem Höhenpass mehrere Exemplare hochwüchsiger Juniperus-Bäume und -Sträucher beobachten (mdl. Mitt.).

Bei Wiedereinsetzen der Pollenführung in dem DA NC 3a haben sich die synanthropen Taxa der Gruppe Syn1 (mit und ohne Ranunculaceen, Ranunculus-/Anemone-Typ) in etwa verzehn- facht (max. > 40 %). Obwohl die relativ geringen Pollensummen zu berücksichtigen bleiben, fällt hier ganz klar die Intensivierung der Weidegründe in der umgebenden Landschaft am Nam Co auf. Seit wann sich dieser Einfluss so intensiv abzeichnet, lässt sich nicht eindeutig klären, mindestens jedoch im späten Holozän. Die Zunahme der Syn1-Gruppe ist in erster Linie durch die Pollentypen Ranunculaceae pp, Chenopodiaceae, Pedicularis, sehr stark jedoch durch Asteroideae pp und durch den Aster-Typ, etwas Saussurea-Typ, sowie Potentilla-Typ, charak- terisiert. Beachtet man die Tatsache, dass auch in den anderen Profilen wenig Pollen von Pedicularis gefunden wird, obwohl teilweise, rezent die umgebende Vegetation stark damit bewachsen war, kann vermutet werden, dass geringe Prozentwerte durch eine extrem geringe Pollenausschüttung dieser entomophilen Gattung auf tatsächliche Bestände im nahen Umfeld schließen lässt. Pedicularis wird in der Liste der synanthropen Taxa (Syn1) geführt. Die synanthropen Taxa (Syn1) nehmen von NC 3a zu 3b leicht ab, sind aber immer noch mit etwa 30 % (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) präsent. Da es sich bei diesen Taxa weitgehend um entomophile Pflanzen handelt, ist von einer sehr beachtlichen Anwesenheit dieser Pflanzen auszugehen. Vorsicht ist bei der Summe des BP geboten, die aufgrund der extrem geringen Pollensumme sowie der spärlichen Vegetation prozentual hoch zu Buche schlagen kann. Dennoch spiegelt Juniperus in einer Landschaft wie dieser recht gut die Annahme wider, dass bereits geringe Werte die tatsächliche Anwesenheit angeben (vgl. MIEHE ET AL. 2006, SCHLÜTZ 2006, SCHLÜTZ ET AL. 2007). Rezent ist die Zwergform J. pingii in der nahen Vegetation bekannt (NÖLLING 2006, mdl. Mitt. CHR. ROTH und B. FRENZEL). Die Ver- mutung liegt nahe, dass in den jüngeren Abschnitten dieser Pollentyp der heute dort vorkom- menden Art entspricht. Dennoch bleibt zu berücksichtigen, dass etwa 20 km ostsüdöstlich des Profils auf der Nordseite des Nyainqêntanghla Shan, jenseits des Passes, mehrere baumförmige Juniperus-Exemplare gestanden sind (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Artemisia nimmt drastisch ab, während Rosaceae pp und Ephedra (E. fragilis-Typ) deutlich in beiden Zonen präsent sind, in DA NC 3a stärker als in NC 3b. In Anbetracht der veränderten Paläoökologie durch den Eingriff des Menschen und seines Viehs scheint hier eine anthropo-zoogene Versteppung voranzuschreiten. Andererseits rekonstruierten SCHUETT ET AL. (2007) sowie DAUT ET AL. (2007) z.B. eine zunehmende Salinität seit ca. 2.000 y B.P. und starke 4. Diskussion 185

Seespiegelschwankungen, sowie einen Rückgang des Seespiegels im Holozän, die eine klimabedingte Aridisierung angeben (s. ZHU LIPING ET AL. 2008). In DA NC 3b zeichnet sich außerdem eine drastische Zunahme der Cyperaceen ab, bei leichter Abnahme der Syn1-Taxa. Wie schon bei den anderen Standorten bemerkt wurde (z.B. „Hai ze Shan“), war durch eine Intensivierung der Weideaktivität eine Vegetationsveränderung von einer weidetoleranten Vegetation mit hohen Anteilen an synanthropen Taxa hin zu einer von Kobresia dominierten Vegetation erkennbar. Dass es sich dabei um Ersatzgesellschaften durch z.B. K. pygmaea handelt, kann angenommen werden (vgl. KAISER ET AL. 2008). Andererseits zeigen die hohen Werte von Pediastrum sp. Bereiche an, die einerseits aus den wassergefüllten Schlenken und feuchten Bereichen der Umgebung herrühren. Da eine pollenmorphologische Unterscheidung der Cyperaceen nicht möglich ist und damit auch keine ökologische Abgrenzung der an feuchten Stellen vorkommenden K. schoenoides und der an trockenen, hauptsächlich beweideten Partien K. pygmaea-Matten, lässt sich darüber leider nur spekulieren. Die starke Zunahme von Pediastrum sp. jedenfalls könnte in einer intensiv genutzten, extremen Landschaft wie dieser auch auf eine zunehmende Eutrophierung hinweisen. Pediastren gelten als Süßwasseralgen (STRASBURGER ET AL. 2008, ZHENG MIANPING ET AL. 2000), weisen jedoch eine gewisse Salztoleranz auf (ZHAO WEN ET AL. 2005). Der Nam Co bildet heute einen Brackwassersee (ZHENG MIANPING 1997). Die Zunahme dieser Algenverbände kann hier weniger als ein Zeichen von steigenden und höheren Seespiegelständen und Wassertiefen interpretiert werden, wie es für einige Seen des TP gezeigt werden konnte (SHEN CAIMING 2003). Dagegen sprechen einerseits die hier gewonnenen pollenanalytischen Ergebnisse, andererseits aber auch die Tatsache, dass es am Nam Co verstärkt zu Rückgängen der Seespiegelstände kommt, mit einhergehender Aridisierung (DAUT ET AL. 2007, SCHUETT ET AL. 2007, ZHU LIPING ET AL. 2008). Ein bestehender Zusammenhang von Aridisierung und Einfluss der menschlichen Aktivitäten wurde bereits aufgezeigt. Ephedra, als ein für Kältesteppen und -wüsten typisches Taxon mit unterschiedlichen Arten (vgl. HERZSCHUH ET AL. 2004, 2007, NÖLLING 2006, WANG JIN-TING 1988), kann auch auf beweideten Standorten verstärkt vorkommen, während Pflanzen dieser Gattung nach Weide- ausschluss durch dichter werdende Gras- und Gebüschformationen verdrängt werden können (MIEHE ET AL. 2006). Dadurch kann allerdings ein Aridisierungstrend vorgetäuscht werden, der weniger klimatisch begründet ist, sondern vielmehr von der anthropo-zoogenen Nutzung herrührt. Obwohl Arten unterschiedlicher ökologischer Ansprüche in der näheren und weiteren Um- gebung des Standortes anzutreffen sind (K. pygmaea, K. schoenoides), sowie weitere Arten der Cyperaceen, wie beispielsweise Carex montis-everestii, C. stenophylla, C. sagaensis, C. moorcroftii (NÖLLING 2006), schlägt sich hier ein starker lokaler Effekt nieder. Feuchte Bereiche, mit z.B. Carex sagaensis, C. moorcroftii, Kobresia schoenoides, erklären die hohen Werte der Cyperaceen an sich, aber auch die der Pediastren, die sich ebenfalls in den feuchten Ver- tiefungen befinden können. Wie bereits erläutert, signalisieren die hohen Summen der synanthropen Taxa (Syn1) gleichzeitig eine Zunahme des menschlichen Einflusses und der Weideaktivitäten durch die Yaks und anderer Weidetiere. Eine Ausdehnung der Kobresia pygmaea-Matten an den ansteigenden Flächen würde ebenso zu einem Anstieg der Werte des Cyperaceen-Pollens beitragen und erklärt in der Summe die auffallend hohen Werte. Die Aus- breitung der Kobresia-dominierten Pflanzengesellschaften wären wiederum Folgen einer zunehmenden Beweidung (vgl. KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000 und Kap. 1.9.).

Die Oberflächenprobe “Nam 1” ist nahezu pollenfrei. Es wurden lediglich einzelne PK gefunden: Salix (2x), Chenopodiaceae (1x), Gramineae (1x) und Indeterminata (2x). Die Probe ist nicht verwertbar. Die Vegetationsbedeckung beträgt hier nur in etwa 30 %. Die prozentualen Werte der Oberflächenproben aus dem Profil „Nam Co“ sowie aus der Polsterpflanze „Nam 2“ (Abb. 75, Beilage 3), lassen sich mit den Ergebnissen der Vegetations- aufnahmen (Abb. 53) vergleichen. Leider war zum damaligen Zeitpunkt eine pflanzen- soziologische Einteilung sowie Artansprache aufgrund mangelnder Bestimmungsmöglichkeiten nicht möglich (mdl. Mitt. CHR. ROTH und B. FRENZEL). Vergleicht man die hier vorliegenden Angaben mit den im Jahr 2006 von NÖLLING beschriebenen Pflanzengesellschaften, so ähneln diese sehr stark der Astragalus confertus-Gesellschaft. Diese ist im Arbeitsgebiet von NÖLLING (2006) die am häufigsten beschriebene Pflanzengesellschaft. Die unterschiedlichen Anteile in 4. Diskussion 186 den drei Aufnahmen variieren sehr deutlich vor allem bei Potentilla, Aster/Leontopodium und Poaceae. Kleinparzellige Unterschiede in der Dominanz und Flächendeckung einzelner Taxa spiegeln sich wider. Der Gesamteindruck dieser Vegetationsgesellschaften lässt sich durch die pollenanalytischen Ergebnisse sehr gut ableiten. Die Vegetationsbedeckung beträgt hier in etwa 50 %, die restlichen 50 % bestehen aus Schotterflächen.

Oberfläche Vegetation "Nam Co" 2 Deckung (%)

18,00 16,00 14,00 12,00 Nam 2/ 1 10,00 Nam 2/ 2 8,00 Nam 2/ 3 6,00 Mittel 4,00 2,00

0,00 . . ia m m s e . e e s oti a sia rex urea du s re s e o b acea S llacea Ca Potentilla Artemi My y Ko Po Saus h ntianace op ry Ge a C Aster/Leontopodiu

Abb. 53: Vereinfachte Vegetationsaufnahmen an drei Standorten nahe der Profilstelle „Nam Co“.

4.2.1.4. Himmelsee

Das Profil „Himmelsee“ (etwa 30°44’30’’N, 90°55’30’’E, ~ 4700 m Höhe NN, Nr. 8 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) liegt etwa in 5 km Entfernung westsüdwestlich vom Profil „Nam Co“. Die vier ermittelten 14C-Daten lassen eine ungestörte Chronostratigraphie in diesem ehemaligen See- becken erkennen. Das PD (Abb. 73, Beilage 3) gliedert sich in eine spätglaziale Zone (Hs 1), die mit den Zonen Hs 2a und 2b in das Frühe Holozän übergeht. Mit dem darauffolgenden Hauptzonenwechsel wird in Hs 3a bis 3c das mittlere Holozän bis vermutlich in die Gegenwart abgedeckt.

Spätglazial (Hs 1: 195-185 cm) In der Zeit um etwa 11.500 y B.P. (Basisdatum 11.850 ± 390 14C y B.P.) präsentiert sich am Ostufer des Nam Co eine offene Kältesteppenvegetation aus Cichorioideae pp, Brassicaceae, Artemisia, Asteroideae pp, Chenopodiaceae und Ranunculaceen, sowie Poaceen und Cyperaceen. Die Vertreter von Ephedra (E. fragilis-Typ) ergänzen und bestätigen das Vegetationsbild. Einzelne Gehölztypen wie Juniperus, Salix, Hippophaë sind gering vertreten, andere BP-Typen wurden über Fern- und Weitflug herantransportiert. In dieser Zone ist ein starker Anstieg von Pediastrum sp. erkennbar, der jedoch im Übergang zur nächsten Haupt- zone wieder deutlich abfällt. Wasserpflanzen wie Potamogeton und Triglochin sind ebenso gering vertreten und deuten auf einzelne Schwimmblattzonen hin.

4. Diskussion 187

Übergang Spätglazial und frühes Holozän (Hs 2a: 185-145 cm, 2b: 145-120 cm) Nach etwa 11.500 y B.P., bzw. zwischen 11.000 und 10.500 y B.P., zeichnet sich hier ein starker Vegetationswechsel ab. Die Offenzeiger der spätglazialen Kältewüstenvegetation wer- den durch alpine Steppenelemente wie Artemisia, Thalictrum, Ranunculaceen (verschiedene Typen), u.a., abgelöst. Dagegen zeigen die Untersuchungen im Westen des TP erst um etwa 10.000 14C y B.P. einen sprunghaften Anstieg von Artemisia und damit eine Ausbreitung der alpinen Steppen in der spätglazialen Kältewüste durch das Wiedereinsetzen von Monsunniederschlägen an (VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, GASSE ET AL. 1991, 1992, vgl. auch TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999). Die klimatische Verbesserung erfolgt nach einem trocken-kalten Ereignis, welches mit der Jüngeren Tundrenzeit vergleichbar ist. Damit wird am Nam Co, Zentral-TP, erwartungsgemäß ein früheres Einsetzen der verbesserten hydrologischen und klimatischen Bedingungen als im Westen des TP festgestellt. Die beiden untersten 14C-Daten zeigen im Vergleich zu den übrigen Daten eine höhere Geschwindigkeit des Moorwachstums an, die durch die enorme klimatische Verbesserung ebenso begründet werden kann. Das stetige Moorwachstum weist insgesamt auf keine Störungen der Stratigraphie hin (vgl. Kap. 3.2.). Die paläoklimatischen Veränderungen werden durch den Rückgang von Ephedra (E. fragilis- Typ) bestätigt, der als Vertreter der echten Kältesteppe stärker präsent war, aber immer noch weitgehend mit geringen Werten vorhanden ist. Den Interpretationen einer Studie im Raum NW-Chinas ordnen HERZSCHUH ET AL. (2004) diesen Pollentyp den Kältewüsten zu, vertreten durch E. przewalski. Damit würden kalte, aride Bedingungen angezeigt werden. Um etwa 10.000 y B.P. (145 cm) fällt am Übergang der Zone Hs 2a zu Hs 2b eine Veränderung der Vegetation auf. Artemisia nimmt nochmals stark zu, während Hippophaë, aber auch Poaceen und z.B. der Aster-Typ deutlich abnehmen. Ephedra (fragilis-Typ) nimmt dagegen leicht zu. Die Deutung dieser Veränderung ist nicht ganz klar. Später um ~ 9.200 y B.P. (135 cm) und ~ 6.700 y B.P. (105 cm) fallen Rückschläge von Artemisia auf. Man muss allerdings berücksichtigen, dass zwar die Kurve der 14C-Alters-Tiefen-Verteilungen den Eindruck macht, das Profil ist störungsfrei. Klarheit geben nur weitere 14C-Daten, welche die pollenanalytischen Veränderungen genau datieren würden. Die vegetationsgeschichtlichen Veränderungen, welche auf klimatische Rückschläge hinweisen, können hier nach der Kurve der14C-Alters-Tiefen-Verteilungen zeitlich nicht den bereits am Nam Co um etwa 7.600 y B.P. (Profil „Nam Co“: ohne Berücksichtigung des Reservoir-Effektes) und zwischen etwa 8.100 und 7.800 14C y B.P. (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008) beschriebenen Kälte- rückschlag bestätigen. In mehreren Arbeiten ist der Kälterückschlag auf dem TP interpretiert worden, beispielsweise zwischen etwa 8.700 - 8.300 cal y B.P. am Zigetang Co (HERZSCHUH ET AL., 2006b, bzw. zwischen ~ 8.000 und ~ 9.000 y B.P. in WINTER 2004), am See Cuoe zwischen ~ 8.840 und ~ 8.560 cal y B.P. (WU YANHONG ET AL. 2006), sowie im Westen am Sumxi Co zwischen um etwa 8.000 und 7.000 14C y B.P. (GASSE ET AL. 1991) und am Longmu Co um ~ 7.900 y B.P. (FONTES ET AL. 1993) und Bangong Co zwischen 8.000 und 7.700 y B.P. (VAN CAMPO ET AL. 1993, 1996, GASSE ET AL. 1996, FONTES ET AL. 1996; vgl. JIN ZHANGDONG ET AL. 2007). Wie ebenso bereits erläutert, beschreiben SCHLÜTZ ET AL. (2007) in SO-Tibet (Damxung) die Vegetationsveränderung um 8.500 cal y B.P. (interpoliert) als Folge von Weideeinfluss, ent- weder durch Wildtiere oder bereits durch domestizierte Tierherden. Die synanthropen Taxa der Gruppe Syn1 (mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) geben hier jedoch keine deutlichen Hinweise auf (verstärkte) menschliche Aktivitäten in diesen Phasen. Inwiefern der Mensch im frühen Holozän die Landschaft dort nutzte und beeinflusst hat, kann nicht eindeutig geklärt werden, aber auch nicht ausgeschlossen werden. Archäologische Funde bekräftigen menschliche Spuren bereits aus dem Paläolithikum. Die Werte der Gruppe der synanthropen Taxa (Syn1) schwanken in diesen Zonen geringfügig und können ebenso natürli- chen Ursachen unterliegen. Bei einer tatsächlichen Anwesenheit des Menschen und seiner Tiere in dieser Gegend wäre der Einfluss auf die Vegetation in diesen Zeiten gering gewesen. Mit zunehmender Klimaverbesserung waren Gehölze wie Hippophaë und in geringem Maße Salix vorhanden. Andere BP-Typen rühren mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Fern- und Weitflug her. Inwieweit der herantransportierte Gehölzpollen aus dem nahegelegelenen 4. Diskussion 188

Gebirgszug des Nyainqêntanghla Shan stammt, kann nur vermutet werden. Alnus und Pinus könnten von den dortigen Hanglagen stammen. Pediastren sind Süßwasseralgen (STRASBURGER ET AL. 2008, ZHENG MIANPING ET AL. 2000), weisen jedoch eine gewisse Salztoleranz auf (ZHAO WEN ET AL. 2005). Die in dem PD durch- gehend vorhandenen Pediastren stammen vermutlich aus den feuchten Bereichen und Schlenken des umgebenden Niedermoores (vgl. Vegetation NÖLLING 2006).

Mittleres und frühes Holozän (Hs 3a: 120-87 cm, 3b: 87-10 cm, 3c: 10-0 cm) Mit dem Übergang zur nächsten Hauptzone verändert sich die Vegetation im mittleren Holozän. Gehölze wie Hippophaë, Betula sind weiterhin mit leichten Zu- und Abnahmen vertreten. Auf- fällig sind die deutliche Anwesenheit und die Zunahme von Juniperus. Wie zuvor schon erläu- tert (Profil „Nam Co“), kann nicht geklärt werden, ob es sich dabei um die heute noch an- wesende Zwergstrauchform J. pingii handelt, oder um baumförmige Vertreter, wie sie mindes- tens an einem Standort an den Nordhängen des Nyainqêntanghla Shan einzeln noch stehen (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Die relativ hohen Werte deuten auf die Anwesenheit in näherer Umgebung hin, die bis hin zur vermuteten Gegenwart anhalten und daher auf die niederwüchsige Form schließen lassen könnten. Der Pollenweit- und fernflug nimmt ebenso zu, wie der Pollen von Pinus, Picea, u.a. anzeigt. Wie schon erwähnt, kann nicht eindeutig geklärt werden, ob der Pollen aus dem nahen oder weiten Transport stammt. Tilia gibt in Zone Hs 3c Hinweise auf weiten Fernflug. Die Annahme von Mischwäldern aus Koniferen und Laubbäumen am Westufer des Nam Co in den günstigen Klimaphasen im mittleren Holozän (~ 8.400 bis 4.200 y B.P), wie sie von WU ZHONGHAI ET AL. (2003, vgl. ZHU DA-GANG ET AL. 2003) dargestellt wurde, kann keinesfalls bestätigt werden.

In dieser Hauptzone fällt erstmalig eine deutliche Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1 in Hs 3b) auf. Die Gruppe wird vorrangig durch verschiedene Typen der Ranunculaceen und Poly- gonaceen gebildet, aber auch durch andere, wie beispielsweise Chenopodiaceen und Fabaceen. Artemisia geht dabei stetig und deutlich zurück. Sie ist jedoch immer noch durch hohe Werte, z.B. durch Vertreter alpiner Steppenpflanzen, vertreten, die auch vor allem durch die Windblütigkeit begründet sind. Vermutlich macht sich hier bereits seit etwa 5.600 y B.P. der zunehmende Einfluss des Weideviehs bemerkbar. Dieser Trend setzt sich in der nächsten Zone mit einer erneuten Intensivierung und weit stärkerem Ausmaß etwa in den letzten 1.000 Jahren fort. Der starke Rückgang von Artemisia bei gleichzeitiger Zunahme der synanthropen Taxa, ist ebenso durch eine zunehmende Beweidungsaktivität zu begründen. Artemisia wird bei hohem Weidedruck stark verbissen, was letztendlich zu einer Einschränkung oder sogar Verhinderung der Blühfähigkeit und schließlich zur Reduzierung der Vorkommen führt. Außerdem werden bestimmte Arten von Artemisia zur Energiegewinnung sowie für Weihrauch genutzt (MIEHE ET AL. 2003).

Mit dem sprunghaften Anstieg der Kurven der synanthropen Taxa, wie verschiedener Pollen- typen der Asteraceen, Ranunculaceen (einschl. Aconitum-Typ), aber auch Potentilla, wird also eine enorme Intensivierung der menschlichen Aktivitäten und seines Weideviehs nachge- wiesen. Die zeitgleiche Zunahme der Cyperaceen spiegelt einerseits einen lokalen Effekt, der durch die Feuchtezeiger des Moorkomplexes gegeben ist, andererseits fließt hier sehr wahr- scheinlich auch eine Zunahme der trockenen Kobresia-Matten (K. pygmaea) mit ein, die sich infolge einer intensiveren Beweidung, z.B. an den Hangpartien, ausbreiten. Pflanzen- gesellschaften der Kobresia-Matten können eine Anpassung an Beweidung darstellen (z.B. MIEHE & MIEHE 2000, vgl. Kap. 1.9./1.14.), zumindest unter stabilen Feuchte- und Temperatur- verhältnissen (vgl. KAISER ET AL. 2008, NÖLLING 2006). Der sprunghafte Anstieg der Kurven der Wasserpflanzen durch Potamogeton weist auf ein naheliegendes Vorkommen dieser Schwimmblattpflanzen hin, deren Pollen dann sicherlich durch den Wind herangeweht wurde. Da die Unterscheidung der Pollentypen Triglochin und Potamogeton nicht immer einfach ist (vgl. Kap. 3.1.), die oftmals zu einer zusammengefassten Darstellung beider Pollentypen führt, könnte sich andererseits dahinter auch eine Ausbreitung von Triglochin verbergen, infolge z.B. von einer zunehmenden Aridisierung und höheren Salinität.

4. Diskussion 189

Der BP, wie beispielsweise Betula, Pinus, Picea, stammt aus dem Weit- und Fernflug und muss in einer Landschaft wie dieser, deren Vegetationsbedeckung teilweise etwa nur ≤ 30 % beträgt, zudem noch als erhöhter Eintrag interpretiert werden (vgl. HERZSCHUH ET AL. 2003, 2004). Zwei der untersuchten Oberflächenproben stammen aus der unmittelbaren Nähe des Profils „Himmelsee“. Die Oberflächenprobe “Nam 3” ist pollenfrei. Währenddessen sind die prozen- tualen Ergebnisse der Oberflächenprobe der Polsterpflanze „Nam 4“ in Abb. 75 (Beilage 3) dargestellt. Relevant sind hierbei die Ergebnisse ohne Androsace alpina-Typ. Die pollenanalytischen Ergebnisse lassen sich aus der obersten Probe des Profils „Himmelsee“ sowie der Ergebnisse aus „Nam 4“ mit den Hinweisen aus den Vegetationsaufnahmen (Abb. 54) vergleichen. Wie bereits bei den vereinfachten Darstellungen der Vegetationsaufnahmen in Abb. 53 nahe der Profilstelle „Nam Co“, wird auch hier auf das Problem der unzureichenden Artbestimmung und Differenzierung bestimmter Pflanzengesellschaften hingewiesen. Auch dabei könnte es sich um die weitverbreitete Astragalus confertus-Gesellschaft nach NÖLLING (2006) handeln, die jedoch in ihrer Artzusammensetzung und Dominanz einzelner Taxa von der zuvor beschriebenen abweicht. Ähnlich wie bei der Probe nahe der Profilstelle „Nam Co“ lassen sich auch hier im Vergleich kleinparzellige Unterschiede erkennen. Dennoch zeichnet sich der Gesamteindruck im PD sehr gut ab. Pollentypen, wie die der Cyperaceen, sind jedoch nicht in den Vegetationsaufnahmen durch die entsprechenden Taxa vertreten, stammen aber aus der umgebenden Vegetation. Beeindruckend ist der Zusammen- hang von Pedicularis in der tatsächlichen Vegetation im Vergleich zum Pollenniederschlag. Die Aufnahme Nam 1/1 beherbergt sehr hohe prozentuale Deckungsanteile. Die Oberflächen- proben des Profils „Himmelsee“ sowie der Probe „Nam 4“ geben tatsächlich ein Signal in dem Pollenniederschlag. Der Verdacht, dass sich nur sehr hohe Anteile aus der Vegetation in unmittelbarer Nähe zur Probenstelle im PD abzeichnen, wird hier bekräftigt. Bei den fossilen Horizonten bleibt es jedoch offen, ob sich in früheren Zeiten ähnlich hohe Deckungsanteile befunden haben oder ob der Pollen dieser Gattung schlechte Erhaltungseigenschaften besitzt. Auf die Problematik des Potentilla-Typs als Pflanze der Kräutervegetation, die sich hier gleich- zeitig in der Summe der Sträucher niederschlägt, wurde bereits hingewiesen (Kap. 4.2.1.3.). Die Vegetationsbedeckung beträgt hier nur in etwa 20 %. Etwa 80 % der Fläche besteht aus Schotter.

Oberfläche Vegetation "Nam Co" 1 Deckung (%)

14,00 12,00 10,00 Nam 1/ 1 8,00 Nam 1/ 2 6,00 Nam 1/ 3 4,00 Mi t t el 2,00 0,00 . e s e e lla sia a ti a a e ium ceae cea mi dum so a tenti ac ca yo hedra ace Stip mi pod si Se Po Arte o s M Ep Po FabaceaePedicularis La nt ntian o e Bra G ter/Le As

Abb. 54: Vereinfachte Vegetationsaufnahmen an drei Standorten nahe der Profilstelle „Himmelsee“.

4. Diskussion 190

4.2.1.5. Vergleich beider Profile am Nam Co

Das Ende des Spätglazials ist in dieser Untersuchung am Nam Co nur durch das Profil „Himmelsee“ vertreten, wie im vorigen Kapitel bereits beschrieben wurde. Die beiden Profile und PD „Himmelsee“ und „Nam Co“ überlappen sich zeitlich ab etwa 8.500 14C y B.P., mindestens um etwa 8.000 14C y B.P.. Die beiden Standorte liegen etwa 5 km von- einander entfernt. Der direkte Vergleich der PDs beider Profile ist leider erschwert. Zum einen sind die unteren Abschnitte des Profils „Nam Co“ chronostratigraphisch gestört, zum anderen muss bei diesem Profil mit veränderten 14C-Daten aufgrund des Reservoir-Effektes gerechnet werden. Dennoch spiegeln beide Diagramme ähnliche vegetationsgeschichtliche Entwicklungen wider. Die früh- holozäne Klimaverbesserung wird an beiden Standorten durch eine Zunahme von Artemisia u.a. Kräutern angezeigt, und auch die relativ hohen Hippophaë-Werte zeigen Bestände in der nahen Ufervegetation in diesen frühen Zeiten an, am Profil „Nam Co“ stärker als am „Himmel- see“.

Ein Kälterückschlag, wie er bereits mehrfach in anderen Bereichen des TP beschrieben wurde (s. Kap. 1.8.3.), wird am Profil „Nam Co“ pollenanalytisch vermutlich ebenso reflektiert und könnte damit im Bereich der durch ZHU LIPING ET AL. (2007, 2008) angegebenen Phase zwischen etwa 8.100 und 7.800 14C y B.P. liegen. Der klimatische Einbruch zeichnet sich am Standort „Nam Co“ nach den hier vorliegenden Altersdaten (Kap. 4.2.1.3.) vermutlich um etwa 7.600 y B.P. ab (ohne Berücksichtigung des Reservoir-Effektes). Am Standort „Himmelsee“ sind Nachweise von einem oder mehreren Kälterückschlägen in diesem zeitlichen Bereich erschwert. Zwar liegen Hinweise vor; diese liegen jedoch nach der Kurve der 14C-Alters-Tiefen- Verteilungen außerhalb des vermuteten zeitlichen Bereiches (s. Kap. 4.2.1.4.). Eine kurzfristige, drastische Zunahme von Weidetieren als Ursache der Vegetationsveränderungen in Damxung, SO-Tibet (SCHLÜTZ ET AL. 2007), wird wie bereits zuvor erwähnt, hier in diesen Phasen nicht in Betracht gezogen. Die Taxa der synanthropen Gruppe sprechen nicht für einen solchen markanten Effekt und auch die relative Zeitgleichheit zu den anderen Ergebnissen lässt eher klimatische Ursachen vermuten. Dennoch kann ein geringer Einfluss durch damalige Hirten in dieser Zeit nicht ausgeschlossen werden. Auf der sich gen NW öffnenden Chang Tang Ebene waren nomadische Jäger wahrscheinlich seit etwa 30.000 Jahren aktiv, wie zahlreiche Stein- artefakte beweisen (BRANTINGHAM ET AL. 2001, SCHALLER 1998). In Zeiten beispielsweise des mittelholozänen Klimaoptimums könnten in dieser Gegend zunehmend geeignete Bedingungen und somit Voraussetzungen für Jäger und Nomaden geherrscht haben, wie schon SCHALLER (1998) gefolgert hat. Nach diesen sehr kurzen paläoklimatischen und vegetationsgeschichtlichen Veränderungen zeichnet sich zunehmend die klimatische Verbesserung bis zum Mittleren Holozän ab.

Zwischen etwa 11.000 und 10.500 y B.P. wird anhand der pollenanalytischen Befunde am Standort „Himmelsee“ die klimatische Verbesserung bestätigt. Im Westen des TP dagegen wird bereits um 10.000 14C y B.P. (~ 9.900 y B.P.) diese durch den sprunghaften Anstieg von Artemisia aufgrund des Wiedereinsetzens von Monsunnieder- schlägen angezeigt (GASSE ET AL. 1991). Der Vegetationswechsel (Zone Hs 2b zu Hs 3a) ab ~ 8.200 y B.P. (120 cm), spiegelt sich ver- mutlich auch in den sedimentologischen Untersuchungen der Wasserbohrung im östlichen Teil des Nam Co wider. Die sedimentologischen Ergebnisse lassen dort auf eine warme Phase zwischen etwa 8.400 und 6.900 14C y B.P. schließen. Der Kälterückschlag zwischen etwa 8.100 und 7.800 14C y B.P. wurde bereits erläutert; in dieser Zeit werden sinkende Seespiegel rekon- struiert. Zwischen etwa 6.900 und 6.000 14C y B.P. werden erhöhte Wassertiefen angezeigt, die in den folgenden Zeiten wieder abnehmen. Seit 6.900 y B.P. entwickelt sich das Klima bis etwa 2.900 y B.P. von warm-feucht hin zu kalt-trocken (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008).

Die als Klimaindikatoren in pollenanalytischen Arbeiten diskutierten Parameter reagieren dagegen anhand dieser Befunde nicht eindeutig. Während der A/Cy-Index einen Aridi- sierungstrend seit dieser Zeit anzeigen könnte, bleibt der A/C-Index indifferent, zumal Cheno- podiaceen nicht durchgehend präsent sind. Die Eignung dieser Werte als Klimaindikator(en) muss auch hier angezweifelt werden (s. Kap. 4.3.). Cyperaceen sind, wie bereits mehrfach 4. Diskussion 191 beschrieben, nach ihren ökologischen Ansprüchen pollenmorphologisch nicht aufzutrennen und können ebenso anthropo-zoogene Bestände anzeigen, die eine klimaindikative Antwort nichtig machen. Zudem werden Chenopodiaceen auch als Störungszeiger geführt, die in Abhängigkeit von Weideaktivitäten reagieren können, und nicht nur als Gattung der trockenen Kältewüsten und damit nur klimatischen Einflüssen unterliegen.

Die Veränderung der Vegetation am Profil „Himmelsee“ seit etwa 5.600 y B.P. (85 cm), kann nach den hier erzielten pollenanalytischen Befunden nicht eindeutig als klimatisch interpretiert werden. Vielmehr kommen Einflussgrößen, ausgelöst durch den Menschen und sein Weidetier, in Frage, die sich in der Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) äußern. Auf das Problem eines Aridisierungstrends anhand vegetationsgeschichtlicher Veränderungen wurde bereits mehrfach hingewiesen.

Die pollenanalytischen Ergebnisse alleine lassen hier keine Rekonstruktionen hinsichtlich der Seespiegelstände zu. Dazu liegen nur die bereits dargestellten Hinweise aus der Sediment- genese am Profil „Nam Co“ in Kap. 4.2.1.3. vor.

Ähnliche Ergebnisse zum Klima und zu den Seespiegelschwankungen wurden in anderen Arbeiten auf dem TP erzielt (vgl. Kap. 1.8.). Während der Seespiegelanstieg am Sumxi Co in Zeiten zwischen ~ > 7.900 bis ~ 4.700 14C y B.P. vermutlich durch Schmelzwässer ausgelöst wurde, zeigt die Zunahme der Vegetationsdecke verbesserte Sommerniederschläge an. Die sedimentologischen Untersuchungen dort lassen jedoch auf keine direkten monsunalen Effekte schließen (GASSE ET AL. 1991). Am Zhacancaka, W-Tibet, haben sich heute in dem Seebecken mehrere kleine Seen gebildet, die während des frühen Holozäns einen großen See bildeten. In der Zeit zwischen 8.100 und 7.000 y B.P. und 6.000 bis 5.000 y B.P. expandierte dieser See und wurde zum Süßwassersee, bevor er nach 3.800 y B.P. schlagartig schrumpfte (HUANG QI 1980, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987). ZHU LIPING ET AL. (2008, s. auch weiterführende Literatur dort) führen allerdings abweichende Ergebnisse, beispielsweise in S-Tibet, auf die unterschiedlichen klimatischen Regionen zurück. Während die Gegend am Nam Co durch die Westwinde und den Indischen Sommermonsun beeinflusst ist, wird das Klima im südtibetischen Raum weitgehend durch den SW-Sommer- monsun gesteuert.

Betrachtet man die Kurven der BP-Summen des Weit- und Fernfluges, so fallen in beiden PD leichte Zunahmen zum Jüngeren hin auf. Am Profil „Nam Co“ muss jedoch darauf geachtet werden, dass der BP in den Zonen NC 3a und 3b generell in einer vegetationsarmen Land- schaft und bei den geringen Pollensummen überrepräsentiert sein kann. Mit verstärkten Werten von Fremdpollen muss dann gerechnet werden (vgl. COUR ET AL. 1999, FRENZEL 1969, 2004, HERZSCHUH ET AL. 2003). Möglich ist, dass die hohen Werte der BP-Typen bei der Interpretation in WU ZHONGHAI ET AL. (2003, vgl. ZHU DA-GANG ET AL. 2003) diese Tatsache nicht genug berücksichtigt haben und dabei auf das Vorkommen von Mischwäldern aus Koniferen und Laubbäumen am Westufer des Nam Co während des mittelholozänen Klimaoptimums geschlossen worden ist.

Das Profil „Himmelsee“ lässt zunächst Zu- und Abnahmen der BP-Fern- und Weitflugsummen bis zum Zonenübergang bei 10.450 ± 200 14C y B.P. erkennen. Danach ist eine leichte, stetige Zunahme erkennbar, die vor allem im Spätholozän schwankt und einen schwächer werdenden Trend anzeigt. Einzelne PK, die eindeutig Hinweise auf Fernflug geben, wie z.B. Tilia, zeigen sicherlich kein Signal für monsunale Windveränderungen an, sondern erinnern daran, dass einzelne PK sehr weit verfrachtet werden können. Der Anteil von Fremdpollen und auch Fernflug müsste bei einer Verstärkung von Wind- zirkulationen zunehmen (FRENZEL 1994b) bzw. überhaupt erst durch die saisonalen Wind- wechsel auf das TP gelangen (BRÄUNING 2002).

Die pollenanalytischen Ergebnisse dieser beiden Profile lassen sich dann erst wieder in den letzten etwa 3.000 Jahren vergleichen. Beide Profile spiegeln in diesen Abschnitten bereits einen spürbaren menschlichen Einfluss wider, der sich mit zunehmendem Weidedruck durch die mitgeführten Tiere auf den Weidegründen um den Nam Co abzeichnet. Am Profil „Himmel- see“ wird dieser bereits ab etwa 5.600 y B.P. deutlich. Dies wird eindeutig durch die Zunahme 4. Diskussion 192 der synanthropen Taxa (Syn1 mit und ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anomone-Typ) angezeigt, am Standort „Nam Co“ noch stärker als am „Himmelsee“. Die Zusammensetzung und die Anteile der einzelnen Vertreter ähneln einander sehr: So sind dies u.a. vor allem Asteroideae pp, Aster-Typ, Gentiana, Ranunculaceen, aber auch Cichorioideae pp. In beiden Profilen fällt in den obersten, jüngsten Horizonten die starke Zunahme der Cyperaceen auf. Wie bereits diskutiert wurde, können die Pflanzenvertreter unterschiedlicher ökologischer Ansprüche dieser Familie pollenmorphologisch nicht unterschieden werden. Alle Hinweise deuten jedoch auch auf die Ausbreitung der trockenen Kobresia-Matten hin, infolge des rasant zunehmenden Weidedrucks. Trotz der lokalen Entwicklungen einzelner feuchter Bereiche am Profil „Himmel- see“, ist dies infolge der menschlichen Aktivitäten und Parameter zu vermuten.

Auf dem TP sind mehrere neolithische Fundstellen und Kulturen bekannt, wie z.B. die Karou- Kultur im Osten des TP nahe von Qamdo. Die bisher zweitgrößte neolithische Fundstätte Qugong liegt etwa 5 km nördlich von Lhasa und damit etwa 100 km (Luftlinie) vom Nam Co entfernt. Der Nyainqêntanghla Shan trennt jedoch diese Standorte voneinander. Die Qugong- Siedlung hat vermutlich zwischen 1750 B.C. und 1100 B.C. bestanden (s. in ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). In dieser Zeit ist bereits am Nam Co der menschliche Einfluss auf die Vegetation fassbar.

In beiden Profilen ist die Zunahme von Juniperus im Holozän erkennbar; am Profil „Nam Co“ seit mindestens etwa 3.000 Jahren (vorherige Horizonte konnten pollenanalytisch nicht erfasst werden); am Profil „Himmelsee“ seit bereits etwa 8.000 Jahren erkennbar. Es lässt sich, wie bereits erwähnt, nicht nachweisen, ob und ab wann sich die rezent vorkommende Zwerg- wuchsform J. pungii dahinter verbirgt oder hochwüchsige Arten, wie sie an mindestens einer Stelle in den Hanglagen des Nyainqêntanghla Shan heute vorkommen. Trotz eines höheren Weidedrucks seit dem Mittleren Holozän scheint Juniperus damit zurechtzukommen; Wacholder wird wohl weitgehend vom Weidevieh gemieden. Andere Gehölze, die mindestens noch im frühen Holozän stärker präsent waren, wie Hippophaë und Salix, gehen mit zunehmendem anthropo-zoogenem Druck zurück, und verschwinden teilweise gänzlich. Artemisia scheint im frühen bis mittleren Holozän, oder sogar bis weit in das späte Holozän, eine Charaktergattung der umgebenden Vegetation zu sein, die hier in der waldfreien Land- schaft auf alpine Steppen schließen lässt. An beiden Standorten fällt ein enormer Rückgang in den obersten Horizonten auf. Am Profil „Himmelsee“ kann dies etwa ab 2.000 y B.P. (30 cm) beobachtet werden. Da es sonst keine klaren Hinweise auf rein klimatische Ursachen gibt, muss auch bei dieser Veränderung von dem Menschen und seinem Vieh als Verursacher aus- gegangen werden, wie die Zunahmen der synanthropen Taxa anzeigen. Das Vieh scheint Artemisia mit zunehmender Besatzstärke zu verbeißen, so dass diese Arten immer weniger zur Blüte gelangen und durch weideresistente Kräuter bzw. auch von einer Stipa-Steppe ersetzt werden, wie die Zunahmen der synanthropen Taxa (Syn1) und der Poaceen anzeigen. Die geringe Vegetationsbedeckung von etwa 30 % bis 50 % nahe des Profils „Nam Co“, sowie von nur 12 % bis 30 % nahe des Profils „Himmelsee“ (mdl. Mitt. CHR. ROTH), scheint in einer extremen Landschaft wie dieser, mitunter ebenso ein Effekt dieser Einflussgrößen zu sein. Die in weiten Teilen des TP beschriebenen Effekte, beispielsweise der Schrumpfung der Seen, etc., als ein Trend der Aridisierung, teils des Kälterwerdens, mischen sich mit den anthropo- zoogenen Effekten. Inwieweit eine Aridisierung mit dem Zutun des Menschen zusammenhängt, kann nur vermutet werden. Kausale Zusammenhänge sind nicht mehr auszuschließen.

Interessant sind auch die Erkenntnisse und Ergebnisse in ZHU LIPING ET AL. (2008), dass sich anhand von n-Alkanen terrestrische Pflanzen von Pflanzen des Benthos und des Planktons unterscheiden lassen. Während die Benthosarten Hinweise auf die Wassertiefen zu bestimmten Zeiten bzw. auf Seespiegelschwankungen geben können, geben Planktonrekonstruktionen mögliche Hinweise auf Veränderungen der Temperatur und der Eutrophie. Ob Temperatur- zunahmen und damit klimatische Veränderungen anhand der n-Alkane des Planktons auch Zunahmen der Eutrophie (und somit beispielsweise des menschlichen Einflusses) anzeigen könnten, müsste geprüft werden. Beispielsweise nehmen die Alkanketten C15, 17, 19 vornehmlich des Planktons und der photosynthetischen Bakterien, sowie der TOC-Gehalt (total organic carbon) ab ~ 3.000 y B.P. deutlich zu, z.T. mit deutlichen Schwankungen. Ob dies ebenso Hin- weise auf eine zunehmende Trophie und somit auf erhöhte Nährstoffeinträge durch z.B. Bewei- 4. Diskussion 193 dung sind, wird nicht diskutiert. Außerdem wird die Zunahme der Kräutervegetation innerhalb der terrestrischen Pflanzen seit etwa 1.500 y B.P. als Ursache von Degradationsvorgängen aufgrund eines trockener werdenden Klimas gesehen. Ob die Degradation der Vegetation hier aber nicht ebenfalls eine Zunahme des menschlichen Einflusses widerspiegelt, wird nicht erwähnt und diskutiert. ZHU LIPING ET AL. (2008) nehmen an, dass die Gegend des Nam Co sehr schwach menschenbeeinflusst sei und die Seegenese hauptsächlich durch klimatische Effekte unter ungestörten Bedingungen erfolgt ist.

Obwohl Niedermoore am Nam Co auf Schwankungen und Veränderungen des Monsuns empflindlich reagieren (NÖLLING 2006), müssten sich diese bei den pollenanalytischen Befunden auch abzeichnen (vgl. Sedimentuntersuchungen in DAUT ET AL. 2007, SCHUETT ET AL. 2007). Es besteht jedoch die Schwierigkeit, anhand von den pollenanalytischen Ergebissen nur auf paläoklimatische Veränderungen, wie beispielsweise Monsunveränderungen, zu schließen, da sich der menschliche Einfluss auf die Vegetation hier bereits mindestens seit etwa 5.600 Jahren niederschlägt und rein klimatische Rückschlüsse in diesen Zeiten stark gefährdet sind oder sogar zu Fehlschlüssen führen können. Vor allem hinsichtlich eines Trends hin zu arid(er)en Bedingungen, kann dies problematisch werden, wenn man beachtet, dass die Vege- tationsveränderung durch die Weideaktivität der durch die von Menschen geführten Tierherden eine klimatische Aridisierung vortäuschen kann. Die Hinweise in ZHU LIPING ET AL (2008), das Klima entwickelte sich seit etwa 6.900 y B.P. bis etwa 2.900 y B.P. von warm-feucht hin zu kalt- trocken, bzw. seit 1.500 y B.P. treten aridere klimatische Bedingungen ein, fällt in etwa in ähnliche Phasen der hier beschriebenen Einflussnahme des Menschen und seines Viehs. Beide Faktoren beeinflussen den ariden Trend offensichtlich gemeinsam. Eine Trennung der Ursachen kann bisher nicht durchgeführt werden. Die Tatsache, dass der Mensch bereits seit dieser Zeit gravierenden Einfluss hat auf die Ökosysteme am Nam Co, wird bisher nicht diskutiert.

4.2.1.6. Miby

Das PD (Abb. 74, Beilage 3) des Profils „Miby“ (27°58’54’’N, 87°12’35’’E, Nr. 9 in Abb. 1 in Kap. 1.3.), in etwa 4330 m Höhe NN am Nordabfall des Qomolangma gelegen, gibt Einblicke in die Vegetationsgeschichte im östlichen Zentral-Himalaya seit mindestens etwa 11.000 Jahren. Es wurden sechs 14C-Proben datiert. Die ältesten Daten geben Hinweise bis maximal in das Spät- glazial. Leider weisen die Daten eine gestörte Chronostratigraphie auf. Das verwundert nicht, liegt das Gebiet hier doch an der Südgrenze des Dauerfrostgebietes des TP. Daher sind mindestens immer wiederkehrende Vorgänge wie Frieren und Schmelzen zu erwarten, die folg- lich zu Störungen des Profils führen können. Zur Zeit der Probenentnahme (23.10.1989) wurden zwar keine Eiskerne in den Bulten und Strängen bis in 120 cm Tiefe vorgefunden (mdl. Mitt. M. GROß), der Moortyp mit seinen Strang- moorbildungen zeigt jedoch offensichtlich massive Frosterscheinungen an, die wie in FRENZEL (2007b) dargestellt, zu Umlagerungen und Störungen in der Stratigraphie führen können. Die Pollenführung beginnt erst ab ca. 116 cm. Die darunterliegenden pollenfreien bzw. pollenarmen Proben unterscheiden sich auch stratigraphisch (sandiger Torf) von dem hier dargestellten Profil. Das PD wurde in drei Hauptzonen und insgesamt sieben Subzonen unterteilt. An diesem Standort liegen komplizierte, wechselhafte hydrologische Verhältnisse vor. Wegen der Eisbildungen und permanent wechselnder Gefrierprozesse können sich immer wieder Schmelzwasserbäche- und –rinnsale bilden. Mit Umlagerungen, aber auch Verfrachtungen von organischem Material muss deshalb verstärkt gerechnet werden, wie offensichtlich durch die gestörte Chronostratigraphie angezeigt wird. Je nach Strahlungsintensität, Temperatur- und Niederschlagsverhältnissen kommen tageszeitliche Schwankungen, aber auch jahreszeitlich bedingte Unterschiede in Betracht.

4. Diskussion 194

Spätglazial und frühes Holozän (Mi 1a: 115-110 cm, 1b: 110-97 cm und Mi 2a: 97-73 cm, 2b: 73-48 cm) Wie bereits erläutert, datieren die 14C-Proben des Profils bis in das Spätglazial bzw. bis zum Übergang in das frühe Holozän zurück. Die Daten weisen in diesem Bereich eine umgekehrte chronologische Abfolge auf (Kap. 3.2.). Beachtet man dies bei der Interpretation der pollen- analytischen Befunde, so zeigt sich um etwa 11.500 14C y B.P. (11.340 bis 11.690 ± 90 14C y B.P., DA Mi 2a, 2b) eine offene Vegetation aus Apiaceen und Cyperaceen, sowie Thalictrum, Artemisia, Aconitum (-Typ), Asteraceen und Polygonaceen (jeweils verschiedene Typen). In dieser Zeitspanne sind einzelne BP-Typen vorhanden, wie etwa Betula, Quercus (-Gruppe) und Alnus. Farne ergänzen das Vegetationsbild. Ob die PK dieser Gehölze bereits aus der nahen Umgebung stammen oder von den tieferen Tallagen hochgeweht wurden, lässt sich nicht ein- deutig sagen, letzteres ist sehr wahrscheinlich, weswegen diese auch in die Summe der PK des Fern- und Weitfluges gestellt wurden. Dennoch geben diese Hinweise auf ein Heranrücken des Waldlandes mit klimatischer Verbesserung.

Aufgrund der wiedersprüchlichen Angaben zum Ausmaß der letztglazialen Vereisungen im Everest-Gebiet (BURBANK & CHENG KANG JIAN 1991, KUHLE 1987, 1988, ZHENG BENXING 1988, vgl. Kap. 1.8.1.2.) ist es sehr schwierig, die diskutierten Hypothesen auf die Interpretation der pollenanalytischen Ergebnisse anzuwenden. Sicherlich muss von gewaltigen Gletschern in diesem Gebiet während der bzw. den letzte(n) Eiszeit(en) ausgegangen werden. Dennoch zeigt das PD, wie bereits beschrieben, um etwa mindestens 11.600 y B.P. eine baumarme Vegetation an. Die Gehölze wandern verstärkt mindestens seit etwa dieser Zeit langsam ein. Unter Beachtung der gestörten Chronostratigraphie fällt zwischen etwa 11.500 y B.P. bis etwa 10.700 y B.P. (DA Mi 1b, 1a) die Zunahme von Pinus, Picea (-Gruppe), Abies und Juniperus auf. Zeitgleich ist die Vegetation durch Cichorioideae, Apiaceae, Thalictrum, Polygonaceae, Poaceae und etwas Cyperaceae geprägt. Durch die Veränderungen der Anteile einzelner Taxa der offenen Vegetation einerseits und mit der Zunahme der Gehölze anderer- seits, wird eine klimatische Verbesserung hin zu feucht-wärmeren Bedingungen angezeigt, welche die kälte- und trockentoleranteren Arten auch z.B. durch Pflanzen, beispielsweise der Hochstaudenfluren, zunehmend ablösen und ergänzen. Es ist also in dieser Zeit von ver- besserten klimatischen Bedingungen auszugehen, die eine anspruchsvollere Flora zulassen. Inwieweit der Monsun und das Gletscherschmelzen hierbei Einfluss haben, kann nicht differen- ziert werden. Sollten beispielsweise der Rongbuk-Gletscher bzw. Kangshung-Gletscher zu jener Zeit eine weitere Verbreitung gehabt haben, setzt die Wiederbewaldung das Abschmelzen und einen Rückzug dieser Gletscher voraus. Nach SHI Y. & WANG J. (1979) hatte der Rongbuk Gletscher auf der Nordseite des Qomolangma im späten Pleistozän eine vergletscherte Tallänge von 35 km, zum Zeitpunkt der Untersuchung dagegen nur noch 22 km.

Frühes Holozän bis vermutlich mittleres Holozän/Gegenwart (Mi 3a: 48-38 cm, 3b: 38-17 cm, 3c: 17-0 cm) Mit dem Übergang von Zone Mi 2b zu Mi 3a um etwa 8.000 y B.P. wird mindestens ein Hiatus ersichtlich. Nicht nur der abrupte Vegetationswechsel lässt dies vermuten, sondern auch die beiden 14C-Daten in diesem Bereich, die auch hier auf Störungen hinweisen, welche wahr- scheinlich auf Frosteinflüsse zurückzuführen sind. Das Vegetationsbild ändert sich seit dieser Zeit beachtlich. Über die genauen zeitlichen Abläufe sind leider keine Aussagen zu erwarten. Dennoch ist ein Vegetationswechsel ersichtlich, der mindestens um bzw. nach etwa 8.000 y B.P. durch eine Zunahme der Gehölze gekennzeichnet ist. Die Zunahme und Etablierung von Waldbeständen im Allgemeinen um bzw. seit etwa 8.000 Jahren ist auf die klimatische Ver- besserung im frühen Holozän zurückzuführen. Zunächst ist in Zone Mi 3a ein steiler Anstieg der Kurven von Betula, Quercus (-Gruppe), Juniperus, sowie Rhododendron (R. arboreum-Typ) bei gleichzeitigem Kurvenabfall der Cyperaceen, Apiaceen, Polygonaceen (später auch Polygonum bistorta-Typ) erkennbar. Durch den weiteren enormen Anstieg des BP durch die bereits beschriebenen Taxa, kommen in der folgenden Zone (Mi 3b) weitere Taxa hinzu: Abies, Tsuga, Alnus. Während Abies (A. densa), baumartige Rhododendren und Juniperus (Juniperus tibetica) auch heute noch bis in etwa 4.400 m NN Höhe vorkommen, könnte es sich hier bereits um die zunehmende Einwanderung und Etablierung dieser Taxa in der nahen Umgebung handeln. Bereits geringe Pollenprozent- werte lassen bei diesen Taxa auf die tatsächliche Anwesenheit dieser Gehölze schließen (Kap. 4. Diskussion 195

2.8.3.), während Picea, Oleaceae, u.a. Gehölze aus dem Fernflug herrühren. Die hohen Werte von Betula, Quercus und Alnus stammen vermutlich aus den Beständen der mehrere 100 Meter talwärts gelegenen Vorkommen, wie sie auch heute noch anzutreffen sind. Offensichtlich werden die PK durch die starken Talwinde sowie Monsunwinde hinaufgeweht. Die Windmuster in dieser Region sind sehr komplex, spiegeln Extreme wider, die sowohl lokalen als auch über- regionalen Gegebenheiten unterliegen. Diese Gehölztaxa nehmen nochmals in der letzten Zone Mi 3c zu, sowie auch Tsuga (-Gruppe). Die Kräutervegetation in dieser Zeit der Gehölz- einwanderung und -etablierung wird durch Vertreter alpiner Wiesen und Matten präsentiert, durch die Pollentypen Artemisia, Aster- und Saussurea-Typ, Papaver, Gentiana, u.v.a.. Im oberen Teil des PD (Hauptzone 3) wirkt die Chronologie anhand der Abfolgen der Pollentaxa ungestört. Jedoch kann dies nur durch weitere 14C-Datierungen verifiziert werden. Ob es sich in etwa 20 cm Profiltiefe um einen weiteren Hiatus handelt oder um tatsächliche vegetations- geschichtliche Veränderungen, kann nicht geklärt werden. Auffallend ist jedoch der abrupte Abfall von Polygonaceae pp sowie des Polygonum bistorta-Typs. Die Anwendung der summierten Gruppen synanthroper Taxa, wie dies bei den anderen Profilen dieser Untersuchung durchgeführt wurde, muss hier als kritisch und möglicherweise sogar als ungeeignet eingestuft werden. Die Zusammenstellung dieser Taxa fand für die Ökosysteme des TP statt (vgl. Kap. 2.8.5.), die sich hier von der Himalaya-Region unterscheiden. Außerdem geben zahlreiche Vertreter, wie Saussurea, Aster-Typ, Gentiana, u.a., als Bestandteile der natürlichen baumfreien Vegetation keine deutlichen Hinweise auf eine Selektion, bedingt durch die Anwesenheit des Menschen und seines Viehs, wie beispielsweise durch die Bestoßung mit Yak-Tieren. Obwohl der Standort „Miby“ ein seit alters her genutzter Lagerplatz der Tibeter dar- stellt, der als Rastplatz während der Handelsbewegungen u.a. zwischen Tibet und der Himalaya-Region genutzt wird, weisen hier lediglich geringe Zunahmen der in dieser Unter- suchung angewandten synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) auf mögliche, extensive Weide- aktivitäten hin. Archäologische Hinweise in diesem Gebiet fehlen bisher. In Nepal jedoch sind Artefakte seit dem Paläolithikum dokumentiert (CORVINUS 2007). Die nächst-gelegenen Funde in S-Tibet datieren ebenso mindestens aus dem Paläolithikum (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, HUANG WEIWEN 1994, ZHANG D.D. & LI S.H. 2002, ZHANG D.D. ET AL. 2003). Während des Yali-Interstadials, also der klimatischen Trendwende im frühen Holozän hin zum mittelholo- zänen Klimaoptimum, herrschten klimatisch bessere Bedingungen und eben aus dieser Zeit stammen die Hinweise auf menschliche Aktivitäten im alpinen Zwergstrauchgürtel (XU REN ET AL. 1999). Die Wanderbewegungen der Tibeter hin zur Südabdachung des Everest-Gebietes aus Tibet über den Hauptkamm des Himalaya, wurden von OPPITZ (1968) beschrieben. MIEHE (1990) erläutert die Besiedlung dieser Region; diese bezieht sich jedoch allenfalls auf die letzten wenigen 100 bis 1000 Jahre (BYERS 1987, CLARK 1980 und COX 1985 in MIEHE 1990). Auch diese Hinweise bestätigen die vorliegenden Ergebnisse. Der Einfluss des Menschen anhand der synanthropen Taxa zeichnet sich schwach und relativ spät ab.

Vor der Schließung der Tibetisch-Chinesischen Grenze nach der „Kulturrevolution“ wurden zahlreiche Tiere entlang der traditionell genutzen Routen als Lastentiere des Handelsverkehrs zwischen Tibet über Nepal eingesetzt, die entlang der Wegstrecken weideten (SCHWEINFURTH 1983). Einige Taxa, wie z.B. Rumex, Aconitum, Primula, Heracleum (u.a. Umbelliferae), Ranunculus sowie einige Grasarten werden nach SCHWEINFURTH (1983) infolge starker Beweidung und damit konzentrierter Nährstoffanreicherung gefördert. Da diese i.d.R. eine recht gute Wasserversorgung benötigen, treten diese, dem Autor nach, in den trockeneren Bereichen des Himalaya weniger in Erscheinung. Obwohl am Standort „Miby“ eine relativ gute Wasser- versorgung vorliegt, liefern diese und andere Taxa der Syn1-Gruppe im PD nur schwache Hin- weise, dennoch sind diese teilweise von den Lagerplätzen rezent bekannt. Diese Tatsache stützt wiederum die Erkenntnis einer Indifferenz zum Nachweis menschlicher Einflüsse in diesem Gebiet. Teilweise zeigen diese Taxa in den vermutlich menschenunbeeinflussten Zeiten im Spätglazial und frühen Holozän relativ gute Wasserbedingungen bei gleichzeitig niedrigen Temperaturen an (Aconitum, etc.).

Vielmehr stellt sich die Frage, inwieweit Juniperus und Rhododendron (R. arboreum-Typ) als Ersatzgehölze einer genutzten Hochgebirgslandschaft fungieren. Wie BEUG & MIEHE (1998, 4. Diskussion 196

1999) anhand pollenanalytischer Befunde aus dem Langtang-Himal, Nepal, erläutern, stellt sich dort nach Jagdfeuer und Brandrodung etwa frühestens im 17. Jahrhundert eine Sekundärvegetation aus Rhododendron lepidotum und Caragana sukiensis an Stelle der natürlichen Eichenwälder ein, die dann später durch Feuer und/oder Beweidung eine Zunahme der Weideaktivität und Bevölkerung durch u.a. nitrophile Vertreter anzeigen. Die sprunghafte Zunahme von Rhododendron und Juniperus sowie zahlreiche weitere BP-Taxa seit etwa 8.100 y B.P. (8.195 ± 75 14C y B.P.) spiegelt hier eher eine klimatische Verbesserung wider, wie es auch im frühen Holozän in vielen anderen Teilen des TP und angrenzender Gebiete angezeigt wird („Yali-Interstadial“). Inwiefern sich dahinter eine menscheninduzierte Zusammensetzung verbirgt, kann nicht sicher gesagt werden, u.a. weil sich einerseits die synanthropen Taxa hier als recht ungeeignet darstellen, um menschliche Aktivitäten anzuzeigen, aber auch aufgrund der Ungewissheit, des weiteren chronostratigraphischen Verlaufs (Mi 3a, 3b, 3c).

In dem hier untersuchten Gebiet sind die Folgen rezenter Waldbrände erkennbar. Brandspuren an Gehölzen nahe des Moorkomplexes weisen auf Brände vermutlich der letzten Jahre hin und haben nach M. GROß (mdl. Mitt.) natürliche Ursachen. Im Gorkha Himal, Zentral-Nepal, werden von SCHLÜTZ & ZECH (2004) ebenso gestörte 14C- Daten im PD aufgezeigt, die jedoch bei der Interpretation nicht explizit berücksichtigt werden. Die Pollenzonen werden hinsichtlich der klimatischen Veränderungen und später dann mit zunehmendem menschlichem Einfluss interpretiert. Dabei wurden seit ca. 900 y B.P. zunehmend Betula utilis-Wälder durch Wiesen und Matten, sowie durch die Gehölze Juniperus und Rhododendron ersetzt. Als Ursachen dafür stehen ein zunehmender Weidedruck, aber auch Brandrodungen. Bereits um etwa 15.000 y B.P. herrschten in Zentral-Nepal gemäßigte, humide Klimate mit beachtlichen Niederschlagsmengen im Winter und Frühjahr, die eine Ausbildung von Quercus und Pinus roxburghii ermöglichten. Schließlich wurde das Klima wärmer und trockener durch die Abnahme der Niederschläge im Winter und Frühjahr. Das Klima verbesserte sich hinsichtlich Temperatur und Niederschlägen, bis hin zur Ausbildung humider Eichenwälder im Mittleren Holozän (7.800 - 2.750 y B.P.). In Zentral-Nepal des Gorkha Himal bilden Abies spectabilis und Betula utilis mit epiphytischen Lebermoosen die obere Waldgrenze bei 3600 m NN, mit einem Unterwuchs aus Farnen, Asteraceae, u.a.. Nach Brand werden Abies-Bestände durch Juniperus recurva und Rhododendron arboreum mit Daphne als Gebüsch ersetzt. Betula utilis bildet an Schattenhängen die Waldobergrenze, während Juniperus recurva und Rhododendron arboreum heute auf den Sonnenhängen vorgefunden werden. Beide Waldtypen wurden nach Brandrodung durch Weidewirtschaft ersetzt.

Es bleibt bei dem Profil „Miby“ unklar, ob es sich bei der Etablierung von Abies, Juniperus und Rhododendron um eine Sekundärvegetation aufgrund von Brandrodung, wie sie z.B. bei BEUG & MIEHE (1998, 1999) und SCHLÜTZ & ZECH (2004) beschrieben wird, handelt, oder um Ein- wanderungen und Etablierungen beispielsweise nach Gletscherschmelze. Rhododendron arboreum und R. lepidotum können nach BEUG & MIEHE (1998, 1999) zwar leicht unterschieden werden, und somit letzterer als Feuerindikator die Interpretation erheblich erleichtern. Jedoch gibt es bei den vorliegenden pollenanalytischen Ergebnissen bisher keine Hinweise auf R. lepidotum. Und dennoch ist die nahe Umgebung durch niederwüchsige Arten wie Rhododendron setosum beispielsweise auf den Strängen des Moores (mdl. Mitt. B. DICKORÉ) geprägt. R. arboreum ist in den benachbarten Gebieten ebenso anzutreffen und bildet dort gemeinsam mit Juniperus (J. tibetica), baumförmigen Rhododendren, Abies (A. densa) und Betula (B. utilis), an den südostexponierten Hängen zusammen mit Juniperus, die Baum- und Waldgrenze bei etwa 4.400 m NN. Andere Arten von Rhododendron wie R. wallichii, R. anthopogon, u.a. spielen in unmittelbarer Umgebung des Moorkomplexes eine Rolle (s. Kap. 1.15.8.). Aufgrund der großen Vielfalt an Rhododendron-Arten zeichnet sich der künftige Bedarf einer detaillierten pollenmorphologischen Untersuchung und Beschreibung ab.

Die leichte Abnahme der Betula- und Quercus-Bestände in der Zonenmitte von Mi 3c bei gleichzeitigem Anstieg einzelner NBP-Taxa deutet dennoch auf eine leichte Zunahme der menschlichen Aktivitäten hin. Vermutlich ist hierfür eine Zunahme der extensiven Beweidung verantwortlich. Hinweise auf zunehmende Brandrodung sind beispielsweise durch Kohleflitter nicht gegeben. Wie weit die Betula (B. utilis)- und Quercus-Bestände zu jener Zeit vorge- 4. Diskussion 197 drungen sind, bleibt unklar. Ihre Ausbreitung erfolgte mindestens jedoch in den unteren Tal- bereichen, wie auch heute noch ihre Verbreitung dort zeigt. Vermutlich lag ihre Ausdehung in Zeiten des Klimaoptimums höher als heute und rückte näher zum Standort „Miby“ hinauf. Gleichzeitig fallen mit dem beschriebenen leichten Rückgang der Birken- und Eichengehölze höhere Werte von Abies, Tsuga (-Gruppe), Juniperus und Rhododendron (arboreum-Typ) auf (DA Mi 3c), die einerseits Hinweise auf Waldvorkommen an der Wald- und Baumgrenze geben, die heute eben in etwa 4.400 m NN Höhe liegt, andererseits genau diese, ursprünglichen Bestände von Betula utilis- und Quercus-Wäldern in der näheren Umgebung, zumindest partiell, vermutlich ersetzen. Die Lichtholzarten Juniperus und Larix könnten diese Vorstellung bei gleichzeitiger leichter Zunahme der möglichen synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) bestätigen, dass der Mensch, zumindest in Teilen, mitunter auch für eine Veränderung der Arten- zusammensetzung ursprünglicher Waldbestände verantwortlich ist. Für eine präzisere Inter- pretation wären jedoch in diesen PD-Abschnitten weitere 14C-Daten notwendig.

Generell ist es an diesem Standort sehr schwierig, anhand der pollenanalytischen Befunde im PD eine Zuordnung der einzelnen Taxa und Arten sowie deren Verbreitung zu ermöglichen. Wie bereits in Kap. 1.9. und Kap. 1.15.8. beschrieben wurde, bilden die Waldformationen komplexe Verbreitungsmuster in Abhängigkeit der Exposition, Höhe, Windverhältnisse, u.a..

4.2.2. Mittleres bis Spätes Holozän

4.2.2.1. Shih ch’ü

Das Profil „Shih ch’ü“ (33°00’N, 98°03’’E, etwa 4430 m Höhe NN, Nr. 4 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) bildet in dieser Untersuchung den nördlichsten Standort und ist besonders für die Fragestellung wichtig, ob in diesen Breiten, zumindest in den früheren Zeiten des Holozäns, Waldvorkommen anzutreffen waren. Das PD (Abb. 69, Beilage 2) lässt sich in zwei Hauptzonen einteilen, mit zwei Subzonen im mittleren Holozän (Sc 1a, 1b) und drei Subzonen (Sc 2a, 2b, 2c) im jüngeren Holozän der letzten etwa 2.000 Jahre (1.935 ± 75 14C y B.P.).

Mittleres Holozän (Sc 1a: 190-166 cm, 1b: 166-73 cm) Es kann im gesamten PD, also bis etwa ≥ 5.000 y B.P., kein Waldland in der unmittelbaren Umgebung von „Shih ch’ü“ nachgewiesen werden. Der BP zeigt durch die geringen Prozent- werte lediglich Fern- und Weitflug an. Ob der Mensch seit dieser Zeit bereits in früheren Zeiten vorhandene Baumbestände entfernt hat oder ob diese Gegend schon immer waldfrei während des Holozäns war, kann hier für den vorgelagerten Zeitraum, also mindestens vor etwa 5.250 ± 150 14C y B.P., nicht geklärt werden. Es bleibt leider offen, ob der Standort nahe der Wald- verbreitungsgrenze und der oberen Baumgrenze jemals im Holozän bewaldet war, da das Profil nur bis etwa 5.200 y B.P. zurückreicht und während dieser Zeit kein deutliches Waldvorkommen angezeigt wird. Das bei etwa 4430 m NN gelegene Profil befindet sich jedoch im Grenzbereich des potentiellen Baumwachstums, so wie auch die Aufzeichnungen von Herrn Prof. B. Frenzel zeigen. Es konnte Baumwachstum bis > 4500 m im Gelände nachgewiesen werden. Da sich genau in diesem Zeitraum, mindestens vor ~ 5.000 Jahren, in zahlreichen Gebieten des TP der Einfluss des Menschen durch den Waldrückgang bemerkbar macht (s. Kap. 1.12.1.), bleibt eine gewisse Unsicherheit bestehen, ob auch hier der Mensch und sein Verhalten zu dieser Waldfreiheit geführt haben.

Die waldfreie und baumarme Vegetation war also hier seit den letzten 5.200 Jahren schon immer vorhanden, wenngleich sich die Anteile der Taxa und somit die Pflanzengesellschaften der offenen Vegetation verändert haben. Der BP steigt im Übergang von Zone Sc 1a zu 1b leicht an, vor allem durch Juniperus, Betula, Picea und Tsuga (-Gruppen), u.a.. Die Prozent- werte sind jedoch zu gering, um von flächendeckenden Waldbeständen ausgehen zu können. Die Zunahme dieser Taxa könnte einerseits das mittelholozäne Klimaoptimum, hier zwischen ~ 4.000 y B.P. (156 cm) und ~ 3.000 y B.P. (87 cm), widerspiegeln, in dem das Waldwachstum der nächstgelegenen Standorte durch den erhöhten BP-Eintrag über Fern- und Weitflug ange- 4. Diskussion 198 zeigt wird. Diese klimatisch begünstigte Zeit wird auch durch ein schnelles Moorwachstum zwischen den 14C-Daten 4.055 ± 90 y B.P. (146 cm) und 3.965 ± 60 y B.P. (106 cm) angezeigt. Der herantransportierte Pollen anspruchsvoller Gehölze, wie etwa verschiedener Quercus-Arten (Qu.-Typ, Qu. cf. sklerophylle Taxa), bestätigt diesen Befund. Andererseits können die BP- Werte jedoch durch den Fernflug in einer spärlichen Vegetation erhöht sein. Die Artenzahl nimmt zwar insgesamt zu, das zeigt die Zunahme der unterschiedlichen Typen der Pollentaxa, die Pollensummen dagegen sind in diesen Zonen gering. Es ist an diesem Standort sehr schwer, in den Zeiten zwischen etwa 5.200 und ~ 2.000 y B.P. klimatische von menschlichen Einflussgrößen zu unterscheiden. Vermutlich handelt es sich in dieser Gegend um eine natür- liche Waldfreiheit, die die Vorstellung stützt, dass es in Zeiten des mittelholozänen Optimums und auch vor den Zeiten intensiver menschlicher Nutzungsaktivitäten zwar auf dem TP größere Ausdehnungen des Waldlandes gab, diese jedoch gen Norden/Nordwesten zungenförmig ausgelaufen und „ausgefranst“ waren. Der Standort „Shih ch’ü“ läge dann in einer natürlichen, waldfreien Zunge, die in dem Untersuchungszeitraum schon immer durch alpine Steppenelemente charakterisiert war, deren Anteile sich lediglich verändert haben und noch verändern, z.B. durch unterschiedliche Weidenutzungsintensitäten. Die weitgehend waldfreie Vegetation war dann seit ~ 5.200 y B.P. bis etwa 4.500 y B.P. (166 cm) weniger menschenbeeinflusst, und zeigt eine alpine Steppe aus Artemisia, Poaceen, Cyperaceen, Apiaceen (verschiedene Typen), Cichorioideen, Asteroideen (und Aster-Typ), Vertreter mehrerer Ranunculaceae- und Gentiana-Typen sowie Sträuchern aus Rosaceae und der Kältesteppen- und Kältewüstengattung Ephedra. Seit dieser Zeit verändert sich die offene Vegetation. Durch die Zunahme der Cyperaceen, Poaceen, Caryophyllaceen, Chenopodiaceen, bei gleichzeitiger Anwesenheit von Ephedra fragilis (-Typ), wird zunächst der Eindruck bestärkt, das Klima werde trockener und kälter. Die Zunahme von Artemisia, verschiedenen Typen der Apiaceen, Ranunculuaceen, Aster (-Typ) und insgesamt der Typen der Kräutervegetation mag ein Hinweis für den latenten Einfluss des Menschen sein, der sich jedoch in der Summe der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) nicht abzeichnet. Klimatische und synanthrope Ursachen scheinen sich abzuwechseln und sich teils zu widersprechen. Bereits ein geringer anthropo- zoogener Einfluss verändert hier die natürliche Vegetation.

Spätes Holozän (Sc 2a: 73-35 cm, 2b: 35-10 cm, 2c: 10-0 cm) Das junge Holozän ist zunächst in einer Phase des PD zwischen 1.935 ± 75 und 910 ± 70 14C y B.P. durch eine deutliche Zunahme der Cyperaceen und der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) charakterisiert. Der BP als Fern- und Weitflug geht insgesamt wieder etwas zurück, was auf eine Reduzierung des entsprechenden Pollenniederschlags und wahrscheinlich auf eine Reduzierung der nächstgelegenen Waldstandorte hinweist. Da die Pollensummen in dieser Hauptzone recht hohe Werte aufweisen, kann jedoch von repräsentativen Pollenprozentwerten ausgegangen werden. Wie bereits angedeutet, kann insgesamt mit einem stärkeren Einfluss des Menschen und seines Weideviehs seit etwa 2.000 y B.P. gerechnet werden. Die drastische Zunahme des Cyperaceenpollens weist auf eine Ausbreitung der Kobresia-Matten (vermutlich K. pygmaea) hin, als Folge einer Intensivierung der Weideaktivität. Intensive und extensive Phasen wechseln sich ab, das zeigen die antagonistischen Abfolgen von Cyperaceen, und die synanthropen Taxa der Syn1- und Syn2-Gruppe. Auch hier spiegelt sich eine ähnliche Abfolge wie in den bisher dargestellten Ergebnissen der pollenanalytischen Befunde anderer Profile wider: Während extensive Nutzungsphasen zunächst verstärkt durch Vertreter der Syn2- Gruppe (Artemisia, Rosaceae) erkannt werden, prägen verstärkt bei zunehmender Nutzung synanthrope Taxa der Syn1-Gruppe die Vegetation, die bei noch stärkerer Intensität zu- nehmend von Kobresia-Matten ersetzt werden. An diesem Standort wechseln die Vegetations- muster mit sich ändernden Nutzungsintensitäten. Starke Nutzungsintensitäten zeichnen sich bis etwa 910 ± 70 14C y B.P. (Sc 2a) ab. In der nächsten Subzone Sc 2b folgt eine Extensivierung. In jüngster Zeit sind erneut intensive Phasen menschlicher Aktivitäten zu vermuten, die zur Gegenwart hin wieder etwas schwächer werden. Es ist von einer deutlich degradierten Land- schaft bis in die jüngste Zeit auszugehen, die sich zwar nicht in einer Veränderung der Wald- vegetation zeigt, jedoch in der Veränderung der Pflanzengesellschaften des Offenlandes, hin zu an Beweidung angepassten Vegetationsformationen.

4. Diskussion 199

4.2.2.2. Bahsü

Das PD (Abb. 71, Beilage 2) des Profils „Bahsü“ (29°39’N, 96°44’E, ~ 4350 m NN Höhe, Nr. 6 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) lässt sich in zwei Haupt- und insgesamt sieben Subzonen unterteilen. Leider weisen die 14C-Daten chronostratigraphische Störungen auf. Hiaten sind nicht nur pollenanalytisch, sondern auch durch Sedimentationswechsel bzw. geringmächtige, zwischen- gelagerte Sandschichten erkennbar. Leider bestätigt sich die ursprüngliche Annahme nicht, das Profil reiche bis in das Spätglazial zurück. Das Profil deckt maximal den Zeitraum bis in das mittlere Holozän ab.

Mittleres Holozän (Ba 1a: 118-112 cm, 1b: 112-103 cm, 1c: 103-73 cm und 1d: 73-60 cm) Zunächst zeigt sich in der ersten Subzone (Ba 1a) eine Art Bruchwaldvegetation, bestehend aus Salix, Betula, die im Weiteren sich mit Gehölzen, wie Alnus, u.a. mischen. Aber auch trockenere Bereiche spiegeln sich wider, durch z.B. Juniperus außerhalb des Standortes. Vermutlich entspricht dies dem Zeitraum > ~ 4.200 y B.P.. In den folgenden etwa 800 Jahren verändert sich der Charakter der umgebenden Vegetation geringfügig; Betula geht auf Kosten von Salix etwas zurück (Ba 1b). Es scheint, die lokalen Feuchteverhältnisse nehmen etwas ab, wie die Veränderungen der Artenzusammensetzung der Gehölzbestände verraten. Quercus (- Typ) tritt verstärkt in das Bild. Die Kräutertaxa bestätigen diese Vorstellung. Die Cyperaceen, beispielsweise, nehmen mit dem Vegetationswechsel deutlich ab, während Poaceen, Ranunculaceen (verschiedene Typen) u.a. zunehmen. Der Pollen der Cyperaceen rührt ver- mutlich aus den feuchteliebenden Vertretern des Bruchwaldmoores her. Die nächsten beiden Subzonen (Ba 1c, 1d) unterscheiden sich durch eine Veränderung der Feuchteverhältnisse. Sicherlich müssen hierbei die chronostratigraphischen Störungen beachtet werden. Bei 81 cm Profiltiefe tritt das älteste 14C-Datum dieses Profils mit 4.610 ± 165 y B.P. in Erscheinung. In diesem Bereich entsprechen auch die pollenanalytischen Befunde nahezu den älteren Abschnitten an der Profilbasis. Obwohl sich die Vegetationstypen oszillierend ver- ändern, fällt ein leichter, stetiger Anstieg der synanthropen Taxa (Syn1- und Syn2-Gruppe) auf, wobei in der ersten Gruppe der Anstieg vor allem durch die Ranunculaceen ausgelöst wird. Der Standort ist heute durch einen See charakterisiert, aus dessen verlandeten Bereichen das hier untersuchte Profil stammt. Die pollenanalytischen Ergebnisse in diesen Zonen geben keine eindeutigen Hinweise zur Seenentwicklung. Jedoch lassen die makroanalytischen Befunde tatsächliche Wasserbestände vermuten (s. Abb. 42 in Kap. 3.3.), die man sich als kleinere Tümpel zwischen dem Weiden-Birken-Wald vorstellen muss. Wasserpflanzen treten erstmalig in Zone Ba 1d auf. Es ist daher auch Vorsicht geboten, die stetige Zunahme der Syn1-Gruppe mit den Ranunculaceen als Hinweis eines spürbaren menschlichen Einflusses zu deuten. Da dieser Anstieg hauptsächlich durch die Ranunculaceen gegeben ist, kann es sich ebenso um eine Zunahme des Batrachium-Typs als Vertreter des Wasserhahnenfußes handeln, die durch die makroanalytischen Befunde bestätigt werden könnte (Ranunculus Sekt. Batrachium). Das erstmalige Erscheinen der Wasserpflanzen im PD und somit der erste eindeutige Hinweis auf Wasserstände sind um etwa 3.000 y B.P. (2.980 ± 115 14C y B.P.) gegeben. Die Sandschicht in diesem Bereich zeugt von einer Überflutung (vgl. BRÄUNING 2002). Die Kohleflitter im PD sind von der Basis ab in dieser unteren Hauptzone mit den höchsten Stufen vertreten, die mit dem darauffolgenden Hiatus zunächst wieder vollkommen verschwinden. Ähnliches wird durch die Kohleflitter in der Makrorestanalyse festgestellt. Die gleichen Proben hoher Kohleflitteranteile sind durchgehend präsent, mit einer deutlichen Zunahme um etwa 3.400 y B.P. (100 cm Profil- tiefe). Mit dem Wechsel in die nächste Hauptzone verschwinden auch hier drastisch die Kohle- flitter. Makroreste geben recht gut den tatsächlichen Flittereintrag nach Feuer aus der nahen Umgebung wieder (s. Kap. 2.5.) und schließen die Kohleflitterwerte aus den pollenanalytischen Befunden als Folge von Zersetzungsprozessen nahezu aus. Da jedoch zu jener Zeit der menschliche Einfluss hier eher gering gewesen ist, müssen zunächst natürliche Feuer durch Waldbrände angenommen werden. Es sei jedoch daran erinnert, dass bei einem großen Moor wie diesem, das Abbild der terrestrischen Vegetation bei geringen pollenproduzierenden Pflanzen, wie den insektenbestäubten Taxa, nur sehr schwer wiedergegeben wird. Der lokale BP aus der unmittelbaren Umgebung kann auch bereits vorhandene Eingriffe in die umgebende 4. Diskussion 200

Vegetation, welche beispielsweise durch die synanthropen Taxa angezeigt werden, überdecken und ein schwächeres Ausmaß vermuten lassen.

Jüngeres Holozän (Ba 2a: 60-15 cm, 2b: 15-3 cm, 2c: 3-0,5 cm) Wie zuvor erwähnt, sind die Hinweise zur Seenentwicklung nicht eindeutig. Bei etwa 55,5 bis 58,5 cm Profiltiefe liegt ein Hiatus vor, der sich pollenanalytisch, wie auch sedimentologisch, abzeichnet. Die etwa 3 cm dicke Sandschicht bestätigt eine Veränderung stratigraphisch. Mit diesem Hiatus verändert sich die Vegetation gänzlich. Die beiden folgenden 14C-Daten zeigen wieder ungestörte Sequenzen an. Die flächendeckenden Gehölzbestände, vornehmlich aus Salix und Betula, werden drastisch reduziert. Während Birken in den Randbereichen noch stehen, sind Weiden nur noch in sehr geringem Maße vertreten. Gleichzeitig nehmen die Wasserpflanzen, wie Hippuris, Potamogeton, u.a., zu. Auch die parallel steigenden Werte der Ranunculaceen (Ranunculus- Anemone-Typ) deuten auf eine Zunahme von Batrachium hin. Die kleinen Tümpel haben sich zu einem See entwickelt. In der umgebenden Landschaft stehen verstärkt Wacholderbestände, durchsetzt von Eichen (Quercus-Typ, Qu. cf. sklerophylle Taxa), zeitweise etwas Ulmus. Ver- mutlich handelt es sich um niederwüchsige Gehölzpflanzen und Strauchformationen, die sehr stark durch Rosaceen bereichert werden. Betrachtet man die Kräutervegetation, so fällt hier der zunehmende menschliche Einfluss auf (Syn1-Gruppe). Vermutlich werden die Hangpartien ver- stärkt mit den Weidetieren bestoßen, so dass Astern, Gentianaceen, Polygonum (P. bistorta- Typ) und zahlreiche andere Arten einen Selektionsvorteil erfahren. Die Zunahme der Poaceen, sowie das erstmalige Erscheinen der vermutlichen Weidepflanze Stellera chamaejasme (Stellera-/Daphne-Typ) bestätigt dies ebenso. Hinweise auf Nutzpflanzen sind in diesen Zonen gegeben. Auf den terrassierten Feldern der den See umgebenden Hangpartien wird Ackerbau betrieben. Der Cerealia-Typ ist im PD in den durch die synanthropen Taxa angezeigten menschenbeeinflussten Zeiten vertreten, wenn auch nicht als geschlossene Kurve. Die Werte der Brassicaceen könnten in Zone Ba 2a auf Rapsanbau hinweisen. Der sichere Nachweis von Nutzpflanzenanbau seit dieser Zeit kann mit diesen Werten nicht erfolgen, bestenfalls im Zu- sammenhang mit den synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) den Einfluss des Menschen bestärken.

Fagopyrum (Buchweizen) ersetzt zwischen Bahsü und dem Pass vor Pang-t’a (Bamda) zu- nehmend den Gerstenanbau (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Fagopyrum ist als PK explizit nicht bestimmt worden. Ob dieser sich vereinzelt in der Familie der Polygonaceae pp wiederfindet, kann in Erwägung gezogen werden. Nach BEUG (2004) ist der Aufbau der Exine schwer zu erkennen. Fagopyrum ist dennoch auch als Siedlungszeiger kritisch, da Vertreter dieser Gattung auch in der Wildflora vorkommen (BEUG & MIEHE 1989, 1999, KOJI TSUJI & OHMI OHNISHI 2001).

Insgesamt zeigt sich in der Zone Ba 2a, etwa seit 3.000 y B.P. (57 cm), ein deutlicher Einfluss des Menschen und seines Viehs, welcher zuvor so nicht spürbar war. Die Zunahme von Licht- holzarten wie Juniperus und Gebüschformationen aus Quercus, Rosaceen, u.a. zeigen, dass diese Taxa in einer extensiv genutzten Landschaft des potentiellen Waldlandes aufkommen und mit dem zunehmenden Weidedruck auch zurechtkommen können.

Mögliche Hinweise auf die Entwicklung des Sees selbst, könnte der Hiatus liefern. Durch einen oder mehrere Hangrutschungen kann es zu den Störungen gekommen sein (Sandschicht, vgl. BRÄUNING 2002), die z.B. den See überhaupt haben entstehen lassen. Dafür spricht das signifikante und „plötzliche“ Auftreten von Wasserpflanzen, die dann auch weiter zunehmen. Dieser pollenanalytische Befund wird durch die Ergebnisse der Makrorestanalyse bestätigt: Hippuris wird mehrfach ab dieser Tiefe aufsteigend nachgewiesen.

Die auslösenden Faktoren dieser Hanginstabilitäten können wiederum nur vermutet werden. Im Gelände sind eindeutig Frosteinflüsse zu erkennen. Frieren und Tauen im Wechsel lösen Ver- änderungen im Feuchtehaushalt aus, die wiederum Hangrutschungen auslösen können (freie Solifluktion). Ein Mosaik aus Pioniergesellschaften (Salix, Betula) und Picea-Altbeständen, mit anschließendem Rhododendron-Gürtel zeugt davon und lässt die regelmäßig abgegangenen Lawinenbahnen erkennen. Auffällig ist jedoch, dass genau seit diesem Ereignis die synanthro- pen Taxa ebenso deutlich zunehmen, die, wie zuvor bereits erläutert, auf eine Intensivierung 4. Diskussion 201 menschlicher Aktivitäten schließen lassen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind Hang- instabilitäten als Folge menschlicher Eingriffe sehr wahrscheinlich. Fehler bei den Bohrungen als Ursache für die chronostratigraphischen Störungen können nicht nur deshalb ausge- schlossen werden; die Veränderungen im Sediment in dieser Phase, angezeigt durch eine dünne Sandschicht, bestätigen eine Störung im Profil. Vermutlich spielen beide Faktorenkomplexe, also der Mensch und sein Vieh sowie Frost- aktivitäten und Solifluktion hierfür eine Rolle.

Offenbar nimmt im weiteren Verlauf die Weideintensität wieder etwas ab (Ba 2b). Dies wird einerseits durch den leichten Abfall der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) angezeigt, bei gleichzeitiger weiterer Zunahme der vorhandenen Gehölze, wie Juniperus, Betula, Picea (- Gruppe), Larix, Alnus, Rosaceen, u.a. Die deutliche Zunahme der Cyperaceen zeigt hier wieder eine Zunahme der Feuchteverhältnisse an, wie dies auch beispielsweise die Werte von Caltha bestätigen. Inwiefern sich bei der starken Zunahme der Cyperaceen in den intensiveren anthropo-zoogen beeinflussten Zeiten (Ba 1b, 1c) auch Hinweise infolge einer Zunahme durch Ersatzgesellschaften von Kobresia-Matten verbergen, kann nur schwer gesagt werden. Der Wechsel von hohen Werten synanthroper Taxa (Syn1) in Zeiten extensiverer Nutzung mit hohen Cyperaceen-Werten als Folge der begünstigten Kobresia-Matten in Zeiten intensiverer Nutzung ist dennoch vermutlich auch hier erkennbar. Dennoch bleibt die Trennung im Hinblick auf lokale, feuchtigkeitsliebende Vertreter der Cyperaceen (Carex, Kobresia) deutlich erschwert. Die darauffolgende Subzone (Ba 2c) ist wieder durch zunehmende anthropo-zoogene Einflüsse gekennzeichnet. Die Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt der Ökosysteme werden in diesem PD in unterschiedlichem Maße angezeigt. Dass der Mensch in diesen Regionen bereits sehr früh aktiv war, wurde immer wieder erläutert (vgl. Kap. 1.13./1.13.1.). Gerade aus den Tälern der meridionalen Stromfurchen beweisen seit mindestens dem Neolithikum zahlreiche Artefakte und andere archäologische Hinweise die Anwesenheit und die Taten der Menschen (ALDENDERFER & ZHANG YINING 2004, HUANG WEIWEN 1994). Nicht nur die Vegetation wird dadurch bereits vor 1000en von Jahren beeinträchtigt und verändert, sondern, wie am Beispiel von „Bahsü“ gezeigt werden konnte, werden offensichtlich auch die paläoökologischen Folgen, wie Erosionen und Hangrutschungen, deutlich, die dabei entstehen können.

4.2.3. Spätes Holozän

4.2.3.1. Yak

Das PD (Abb. 66, Beilage 1) des Profils „Yak“ (32°22’N, 102°25’E, 3635 m NN Höhe, Nr. 1 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) gliedert sich in zwei Hauptzonen und sieben Subzonen. Die älteren beiden Subzonen (Y 1a, 1b) decken Abschnitte des mittleren Holozäns ab, während die zweite Haupt- zone mit den Subzonen Y 2a, 2b, 2c und 2d das jüngere Holozän widerspiegeln. Leider endet das Profil vor etwa 500 Jahren (555 ± 90 14C y B.P.).

Mittleres Holozän (Y 1a: 220-180 cm, 1b: 180-162 cm) Obwohl der Standort „Yak“ heute im potentiellen Waldland liegt, war der BP-Anteil vor etwa 3.500 y B.P. relativ gering mit etwa 36 %. Dem PD zufolge kann man von einer spürbaren Nutzung der Landschaft durch Mensch und Weidetier vor mehr als > 3.500 Jahren ausgehen. Das erstaunt nicht, wenn man bedenkt, dass diese Gegend eine sehr alt genutzte Landschaft ist. Garzê zeugt als alte Klostersiedlung/-stadt heute noch von alter Kultur und Tradition. Die Vegetationsveränderungen geben anhand der pollenanalytischen Befunde keine Hinweise auf markante Klimaveränderungen. Die 14C-Datierung weist ein gleichmäßiges Wachstum auf, ohne Störungen und Änderungen in der Moorgenese. WU NING (2000) beschreibt die ersten bedeutenden Völkerwanderungen in Sichuan in der Zeit zwischen 3.000 y B.P. und 600 A.D., vor allem um etwa 700 B.C.. Qiang-Nomadenvölker be- wegten sich verstärkt gen Süden aus den Flussbecken des Huang He (Gelber Fluss) in Gansu und Qinghai hin zu den Oberläufen des Minjiang und Yalung Flusses. Seit dieser Zeit ist auch die Nutzung von Metallgegenständen bekannt, die einen zunehmenden Einfluss auf den natür- lichen Haushalt hatte. Eine dritte Wanderwelle kann in Sichuan durch die süd- und ostwärts 4. Diskussion 202 gerichteten Bewegungen der Nomaden entgegen der westwärtigen Einwanderung von Bauern aus dem Sichuan-Becken rekonstruiert werden. Seit mindestens 800 Jahren (1200 - 1900 A.D.) gab es einen regen Pferdehandel aufgrund des hohen Bedarfs an Pferden während der Song Dynastie. Dies fällt in die von WU beschriebene zweite Einwanderungsphase in Sichuan (WU NING 2000). Die z.T. in unmittelbarer Nähe vorhandenen artenreichen Wälder (Flora und Fauna, s. Kap. 1.15.1.) zeigen nicht nur, dass, klimatisch gesehen, heute noch Waldwachstum möglich ist. Davon zeugen auch mit Usneen behangene Abies-Bäume, welche u.a. humide Bedingungen anzeigen (FRENZEL 1994b, 1998, FRENZEL ET AL. 2003, mdl. Mitt. B. FRENZEL). MIEHE ET AL. (1998) beschreiben ebenso einen rezenten Wacholderwald in SW-Exposition östlich von Garzê.

In der untersten Hauptzone des PD fällt seit etwa 3.500 y B.P. bereits der Einfluss des Menschen und der Weideaktivitäten seines Viehs auf. Eine intensive Zeit (Y 1a) wird von einer noch intensiveren Phase (Y 1b) abgelöst. Das zeigt die starke Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) von etwa 30 % auf 50 % bei für Waldländer gleichzeitig relativ niedrigen BP- Summen. Die Wälder zu jener Zeit setzten sich aus Juniperus, Salix, Betula, Picea(-Gruppe), zeitweise Abies, u.a. zusammen. Dennoch wurde bereits in diesen Phasen gerodet, um Weideland zu schaffen, bzw. waldfreie Areale sind die Folgen einer Weide- und Holznutzung. Das Epilobium-Vorkommen, wenn auch mit geringen Prozentwerten, bestätigen die „Rodungs- phase“. Obwohl Epilobium eine Brandzeigerpflanze ist, zeigt dieses Taxon eine generelle Auf- lichtung des Waldes an. Die Hippophaë-Bestände, welche zum Zonenende deutlich zunehmen, stammen mit großer Wahrscheinlichkeit von den aufgeschotterten Bereichen des mäandrieren- den Flüsschens Ka Ch’ü (Gar Qu), der schließlich nach Hongyuan führt, im Tal unterhalb der Profilstelle. Auch heute noch sind Bestände dort anzutreffen (s. Abb. 8A in Kap. 1.15.1.).

Die Kohleflitter sind in den beiden Zonen (Y 1a, 1b) fast ausschließlich mit den höchsten Stufen (Stufen 3 und 4) vertreten, die wiederum Hinweise auf intensive Holznutzungen und/oder Brände geben. Die Hinweise auf menschliche Aktivitäten, der Rückgang des Waldlandes und die Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) sprechen für eine Intensivierung der Nutzung. Die Kohleflitter „korrelieren“ gut mit den Werten des BP, indem sie mit den Gehölzen ebenso zurückgehen. Obwohl durch die hohen Werte der indeterminaten PK und teilweise durch die hohen Stufen der Kohleflitter Hinweise auf starke Zersetzungsprozesse der Proben gegeben sind, besteht der Eindruck, die Kohleflitter spiegelten auch die entsprechenden Ge- hölzbestände wider. Die Zersetzungsprozesse könnten allerdings durch den starken Frostein- fluss begründet sein.

Die Veränderung der Nutzungsintensitäten in diesen Phasen des Profils „Yak“ wird vor allem durch die Veränderung der Vertreter der synanthropen Taxa angezeigt. Taxa der Gruppe Syn2, als Hinweise auf extensive Nutzungsformen, sind in der ersten Zone (Y 1a) stärker vertreten. Mit zunehmender Intensivierung werden diese verstärkt durch die Taxa der Syn1-Gruppe ab- gelöst, die vor allem durch verschiedene Typen der Asteroideae pp, Ranunculaceae pp, Gentianaceae pp beachtlich präsent sind und im Hinblick auf den erwartungsgemäßen geringen Pollenniederschlag (entomophil) erstaunlich hohe Werte aufweisen (max. 50 %). Ephedra gilt eigentlich als Pflanze echter Steppen und Kältewüsten. Hier stellt das Auftreten von Ephedra genau in der intensiven Phase menschlicher Aktiviäten (Y 1b) einen möglichen Indikator einer menscheninduzierten „Versteppung“ dar, die infolge intensiver Weideaktivitäten sogar eine Aridisierung vortäuschen kann. Die anderen beschriebenen Parameter sprechen, wie bereits erläutert, ebenso dafür (vgl. MIEHE ET AL. 2006).

Spätes Holozän (Y 2a: 162-110 cm, 2b: 110-85 cm, 2c: 85-50 cm, 2d: 50-45 cm) Nach einer vermutlich intensiven Landnutzung durch Beweidung bereits im mittleren Holozän (Y 1a, 1b) folgt mit dem Hauptzonenwechsel eine Zeit, die durch weniger intensive Nutzung geprägt ist. Dies zeigen der Rückgang der Syn1-Gruppe und die Zunahme der Syn2-Gruppe sowie die Zunahme des BP. Die Taxa der weniger bevorzugten Weidepflanzen wie Potentilla, Artemisia, Rosacea, etc. nehmen demzufolge ebenso zu.

In den hier abgetrennten Subzonen ist ein Wechsel verschiedener Nutzungsintensitäten zu er- kennen. Der Wald erobert zunehmend seit etwa 2.100 y B.P. die Landschaft zurück. Hinweise auf einen weniger intensiven Weidedruck sind durch die Zunahmen der Syn2-Gruppe gegeben, 4. Diskussion 203 die wiederum die Weidezeiger der Syn1-Gruppe zunehmend ablösen. Es sind Sukzessions- stadien zu erkennen, die sich durch das Ausbreiten von Sträuchern (z.B. Rosaceae pp, Salix) und schließlich von verschiedenen Waldtaxa abzeichnen (Betula, Pinus, Picea-Gruppe, Abies, u.a.). In dieser Zone ist zunächst eine intensive, kurze Phase erkennbar, die zum Zonenende hin abrupt eine weitere Intensivierung anzeigt, nachdem sich das Waldland zwischenzeitlich wieder erholt hatte. Allerdings fallen am Zonenende auch die hohen Werte der indeterminaten PK bei gleichzeitigen geringen Pollensummen auf, so dass bei den Interpretationen in diesem Bereich Vorsicht geboten ist. Mit Übergang zur nächsten Subzone Y 2b ist wieder eine Er- holung erkennbar. Der Wald breitet sich wieder aus; Lichtkeimer wie Juniperus und Tsuga erscheinen genau in den Phasen des Übergangs von einer Landschaft mit reduzierten Gehölz- beständen hin zu einer bewaldeten. Auch diese Zone wird von einer kurzen intensiveren Nutzungsperiode unterbrochen. Ähnliches wiederholt sich in der darauffolgenden Subzone (Y 2c), bevor sich im oberen Teil dieses Profils erneut eine Extensivierung abzeichnet (Y 2d). Dendrochronologisch und -ökologisch zeigen die Untersuchungen an Holzproben in O- und S- Tibet eine spürbare Nutzung des Menschen ebenso an, z.B. durch Schneiteln. Markante Wachstumseinbrüche, welche Insektenkalamitäten und klimatische Einflussgrößen aus- schließen, sind auf dem O-TP erkennbar. Nachgewiesen wurden die Zeiträume ab dem 17. Jahrhundert (BRÄUNING 1994a), verstärkt jedoch seit den 1950/60er Jahren, die auf Ab- holzungen in der unmittelbaren Nachbarschaft durch Zuwachssteigerungen der Jahrringe von bis zu 300 % hinweisen (BRÄUNING 1994a, 1999). Die Wasserpflanzen Triglochin und Potamogeton könnten von wassergefüllten Mulden und kleinen Tümpeln aus der umgebenden Landschaft stammen.

Die Veränderungen des Waldlandes sind eindeutig auf den Einfluss des Menschen und seines Weideviehs zurückzuführen. Leider spiegelt das PD nur die Zeiten seit dem mittleren Holozän (~ 3.660 ± 200 14C y B.P.) bis etwa 500 Jahren vor heute (555 ± 90 14C y B.P.) wider. Die jüngste Zeit hin zur Gegenwart fehlt also. Leider gibt es von der Oberfläche keine Proben, auch nicht aus der unmittelbaren Umgebung. Bis etwa 500 y B.P. hatte sich schließlich der Wald nach einer intensiven Phase der Nutzung wieder erholt. Nach Auskunft seitens der chinesischen Expeditionsteilnehmer (mdl. Mitt.) war bis 1975 der Wald noch weit verbreitet. Der Bedarf an Bauholz im Zuge der Sinisierung war seit jener Zeit enorm. Holz wird heute noch intensiv geschlagen und beispielsweise in der kleinen Waldarbeitersiedlung Mialo (nordwestlich Li hsiän, Li-Hsien, Li Xian) verarbeitet. Umso erstaunlicher ist, dass selbst in deutlich menschenbeeinflussten Zeiten dem PD zufolge sich der Wald hat wechselhaft halten und durchsetzen können - wie das PD bis mindestens etwa 500 y B.P. zeigt. Die Beweidung in dieser Gegend erfolgt heute intensiv – dafür sprechen die Weidezeiger in der heutigen Vegetation, aber auch die Hinweise und Beobachtungen der großen Yakherden in dieser Gegend (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Es scheint, dass ein Wechsel von intensiver und exten- siver Nutzung, sowohl Weide- als auch Holznutzung, stattfindet und stattgefunden hat, und das schon seit mindestens > ~ 3.500 y B.P.. Auffallend ist im Wechselspiel dieser Nutzungsintensi- täten, dass sich im PD meist ähnliche Muster in der Abfolge der Taxa und ihrer Häufigkeiten abzeichnen. Wie bereits beschrieben, folgt mit zunehmender Weideintensität ein Ablösen der Syn2-Taxa durch die Syn1-Taxa, bei gleichzeitiger Reduzierung der Gehölze und des Wald- landes. Im Übergang von intensiven zu extensiven Phasen nehmen dann auch die Cyperaceen zu, vermutlich als Reaktion auf starken Weidedruck. Kobresia-Matten scheinen mindestens im jüngeren Holozän eine Anpassung an zunehmenden Weidedruck zu sein (vgl. Kap. 1.9., z.B. MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008b) – unter stabilen Feuchte- und Temperaturver- hältnissen, wie hier am Standort „Yak“ ausgegangen werden kann. Die hohen Cyperaceen- Werte deuten hier stark darauf hin. Daran anschließend setzen sich wieder kräuterreiche Bestände durch. DAMM (1998) führt in einer Aufstellung der Viehbestandszahlen starke zeitliche und räumliche Unterschiede auf, vor allem seit den 1980er Jahren, die z.T. auch gegenläufig sind (s. Kap. 1.14.). Obwohl diese Angaben nur die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten widerspiegeln können, zeichnen sich hier im Vergleich durch die Veränderungen der Nutzungsintensitäten in den viel weiter zurückreichenden Zeiträumen ebenso starke räumliche und zeitliche Unterschiede ab.

4. Diskussion 204

Das Profil „Yak“ zeigt den menschlichen Einfluss auf die Vegetation durchgehend an, bis an den Beginn des PD bei etwa 3.500 y B.P.. Aufgrund der ungestörten Stratigraphie, lassen auch die 14C-Daten keine klimatischen Einflüsse erkennen, die für die Vegetationsveränderungen verantwortlich wären. Unterschiedliche Nutzungsintensitäten kennzeichnen die Gegend. Wald- länder setzen sich immer wieder in extensiv genutzten Zeiten durch, jedoch werden sie wieder- holt von intensiven Phasen der Weide- und Holznutzung unterbrochen. Klimatische Einflüsse spielen hier für die Veränderungen der Vegetation eine geringe Rolle, dagegen sprechen die Muster und das Aufeinanderfolgen der Taxa im PD. Die unregelmäßigen Abfolgen und die sehr kurzen intensiven Phasen, in denen der Wald drastisch zurückgedrängt wird, befürworten ebenso die Vorstellung verschiedener Nutzungsmuster in Raum und Zeit.

4.2.3.2. Tsongu

Das PD (Abb. 67, Beilage 1) des Profils „Tsongu“ (31°39’N, 100°16’E, 3600 m NN, Nr. 2 in Abb. 1 in Kap. 1.3.) gliedert sich in fünf Teilzonen. Insgesamt spiegelt das PD eine junge Sequenz wider, die in das junge Holozän zu stellen ist und zudem in etwa 80 cm Profiltiefe eine Über- schiebung anzeigt, sowohl pollenanalytisch, chronostratigraphisch als auch sedimentologisch.

Jüngeres Holozän (Ts 1a: 130-100 cm, 1b: 100-80 cm, 1c: 80-37 cm, 1d: 37-10 cm, 1e: 10-0 cm) Das Profil „Tsongu“ befindet sich im heutigen Waldland und zeigt anhand der pollen- analytischen Befunde eine starke Nutzung und Rodungstätigkeit seit mindestens 700 bis 800 y B.P. an, wie das älteste 14C-Datum erkennen lässt (815 ± 120 14C y B.P.). Dass der Mensch und seine Weidetiere im jüngeren Holozän bereits großen Einfluss auf die Ökosysteme und den Naturhaushalt des O-TP haben, wurde bereits ausführlich beschrieben (vgl. Kap. 1.12.1., Kap. 1.13.ff und Kap. 1.14.). Das Profil weist starke Störungen in der Stratigraphie auf, wie die 14C-Daten anzeigen (s. Kap. 3.2.). Eine pollenanalytische Interpretation ist u.a. dadurch sehr erschwert.

Es zeichnen sich zwei zusammenhängende Schichten ab, welche übereinander gelagert sind. Auslöser dafür könnten Hangrutschungen sein. Die heutige Gestaltung der Hänge lässt erken- nen, dass es zu wiederkehrenden Hangrutschungen kam, wie auch die Vertiefungen und die teilweise rückläufigen Gefälle am Hang erkennen lassen, welche die abegangenen Rutschungen hinterlassen haben (FRENZEL 2007b, mdl. Mitt. B. FRENZEL). Die Vertiefungen bilden teilweise kleine Tümpel aus. Wie das Profil zeigt, kam es vermutlich durch diese Hang- rutschungen schließlich zu einer Überschiebung. Nicht nur die Altersdaten, sondern auch die pollenanalytischen und sedimentologischen Ergebnisse des Profils bei etwa 80 cm deuten darauf hin. Die 14C-Altersdaten zeigen außerdem massive Störungen im gesamten Profil an, welche die zusammenhängenden Schichten mit Fremdmaterial verunreinigen.

Der BP ist im gesamten PD mit Werten von etwa 11 % bis maximal 32 % vertreten. Betula, Pinus, Picea(-Gruppe), Abies, Quercus (cf. sklerophylle Taxa) u.a. bilden Waldrelikte aus. Eine zeitliche Zuordnung ist in Anbetracht der gestörten stratigraphischen Situation sehr erschwert. Das Profil „Tsongu“ stammt aus dem verlandeten Teil eines Sees. Hippophaë-Bestände säumen einzelne Bereiche in unterschiedlichen Ausmaßen zu unterschiedlichen Zeiten.

Generell spiegelt das PD sehr stark die lokalen Verhältnisse wider, die in der untersten Sub- zone (Ts 1a) mit hohen Werten von Cyperaceen und Poaceen einhergehen. Hinweise zur Aus- bildung von Kobresia-Matten als Ersatzgesellschaften in Folge des menschlichen Einflusses und seines Viehs können aufgrund des starken lokalen Einflusses der Cyperaceen nicht abge- grenzt werden. Wasserpflanzen wie Triglochin und später zunehmend Potamogeton sind vor- handen, begleitet von Feuchtezeigern wie Caltha und Trollius. Die hohen Werte der Ranunculaceen sowie Ranunculus-/Anemone-Typ können auch die starke Anwesenheit des Wasserhahnenfusses anzeigen. Die Landschaft wird bereits deutlich vom Menschen und seinen Aktivitäten beeinflusst. Die synanthropen Taxa der Syn1-Gruppe spiegeln von Beginn des PD an, um mindestens 700 y B.P., Werte von > 10 % (ohne Ranunculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) wider. Die Summe einschließlich der Ranunculaceae pp, 4. Diskussion 205

Ranunculus-/Anemone-Typ, erreicht Maximalwerte von > 30 %, wobei, wie eben bereits erwähnt, nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese von Pflanzen des Wasserhahnen- fusses herrühren. In der folgenden Subzone (Ts 1b) erhöhen sich die Cyperaceenwerte enorm, während die Pollenkurven der bereits beschriebenen Taxa sich nur geringfügig verändern. Hin- weise auf Ackerbau und Kulturpflanzen könnten durch den Cerealia-Typ gegeben sein. Die Kurve ist zwar nicht geschlossen, dafür lässt Gerstenanbau ohnehin einen geringen Pollen- niederschlag durch die geringe Pollenproduktion erwarten, was auf die kleistogame Be- fruchtungsart zurückzuführen ist. Das Hauptnahrungsmittel sowie die Hauptfrucht im Ackerbau in Tibet und in der Umgebung von Garzê ist die Gerste (Hordeum vulgare). Bei einer zwar ge- ringen, jedoch kontinuierlichen Anwesenheit von Cerealia-Pollen, kann von einem Nachweis ackerbaulicher Nutzung ausgegangen werden. Vermutlich handelt es sich dabei um Gerste. Eine pollenmorphologische Abgrenzung zum Hordeum-Typ konnte wegen der relativ geringen Menge nicht durchgeführt werden. Brassicaceen sind dagegen mit erstaunlich hohen Werten präsent, vor allem in Zone Ts 1b, was evtl. auf naheliegenden Rapsanbau zurückzuführen sein könnte. Dies ist allerdings rein spekulativ. Leider lässt sich Brassica napus L. pollenmorphologisch nicht abtrennen. Raps ist wie alle Brassicaceen entomophil und hat demnach eine geringe Pollenproduktion. Die relativ hohen Werte der Brassicaceen im Profil „Tsongu“ könnten Hinweise auf Rapsanbau geben, welche durch das massive Auftreten durch den Anbau einen erhöhten Pollenniederschlag widerspiegeln könnten. Nach B. FRENZEL (mdl. Mitt.) wird heute auf den in unmittelbarer Nähe des Profils ackerbaulich genutzten, terrassierten Flächen und Seespiegelterrassen auch Raps angebaut (Abb. 10B in Kap. 1.15.2.). Diese etwa 10 m höher gelegene Strandterasse, deren Alter leider unbekannt ist, zeugt auch von einem früheren, höheren Seespiegelstand.

Nach dem Hiatus bei etwa 80 cm kam es also zu einer Überdeckung mit älterem Material, wie die 14C-Daten und auch der Sedimentwechsel, von schwach zersetztem Torf hin zu stark zer- setztem Torf, erkennen lassen. Hangrutschungen können aus unterschiedlichen Ursachen her- aus ausgelöst werden. Solifluktion oder auch anthropogen-zoogene Faktoren kommen in Frage. Frostbeulen sind heute am Standort erkennbar und somit zeichnen sich durch Tauen und Frieren Änderungen des Feuchtehaushaltes ab. Intensive Nutzungen, gepaart mit Abholzungen und Beweidung, fördern die Erosion. Im selben Gebiet sind große Überschwemmungen bereits bekannt (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Die synanthropen Taxa lassen, wie bereits erläutert, einen spürbaren Einfluss des Menschen erkennen. Aufgrund der beschriebenen Störungen können die Intensitäten des menschlichen Einflusses zeitlich nicht abgelesen werden. Die synanthropen Taxa (Syn1-, Syn2-Gruppe) sind zu unterschiedlichen Zeiten mit verschiedenen Anteilen präsent, was bereits in anderen Profilen (z.B. „Yak“) ebenso deutlich wurde. Folglich sind auch hier am Profil „Tsongu“, einem Standort einer intensiv genutzten Landschaft, verschiedene Intensitätsphasen des Menschen und seines Viehs zu unterschiedlichen Zeiten während des jungen Holozäns erkennbar. Beide Faktorenkomplexe, der Mensch und sein Vieh sowie Gefrier- und Auftauprozesse können gemeinsam dafür verantwortlich gemacht werden. Die Vermutung liegt daher nahe, dass auch der See durch ein Aufstauen, ausgelöst durch Hangrutschungen, entstanden ist (s. Kap. 1.15.2.).

Die Kohleflitter nehmen im PD insgesamt ab, sind aber von Beginn an nur in geringen Mengen zu finden, was auch Hinweise auf eine bereits abgeholzte Landschaft geben könnte und auch in diesem recht jungen PD vermutet werden kann. Die höchsten Kohleflitterfunde bei den Makro- resten liegen ebenso in den basalen Bereichen vor und entsprechen den Ergebnissen im PD.

Die Befunde oberhalb des Hiatus und somit des überlagernden Materials zeigen Verlandungs- prozesse an. Die Wasserpflanzen des Sees werden durch Taxa wie Myriophyllum verticillatum(- Typ), darauffolgend dann von Menyanthes abgelöst. Die Cyperaceen gehen deutlich zurück. Durch die Veränderung der Feuchteverhältnisse, von tieferen Seeständen hin zu einer Verlan- dung, angezeigt durch die Veränderung der Wasserpflanzen, bestärkt auch den anfänglichen Verdacht, dass die Ranunculuaceen dem Batrachium-Typ zuzuordnen sind (vgl. Ranunculus Sekt. Batrachium). Die Befunde der Makroreste spiegeln vor allem in dem oberen Schichtpaket verstärkt Funde von Eleocharis und Isolepis (I. setacea) wider, aber auch einzelne Reste von Wasserpflanzen, wie Hippuris, beweisen das lokale Vorkommen. 4. Diskussion 206

Starke Zunahmen einzelner Pollentypen in den Zonen Ts 1d und 1e wie Caryophyllaceae und Apiaceae (Typ 14) spiegeln ebenso lokale Einflüsse wieder. Diese finden sich auch bei den Makroresten in denselben Horizonten wieder. Letzterer schließt den Wassserschierling pollen- morphologisch nicht aus (vgl. BEUG 2004).

Generell wurde die Zonierung der PD durch den visuellen Eindruck in Anlehnung an die Cluster-Analyse durch CONISS (FORTRAN 77 Programm GRIMM 1987, 1992 und fortführende Versionen, s. Kap. 2.8.2.) durchgeführt. Die Zonierung des PD „Tsongu“ weicht von dem Dendrogramm deutlich ab. Lokale Veränderungen in der umgebenden Vegetation beherrschen das PD.

4.3. Die Klimageschichte im Untersuchungsraum

Die pollenanalytischen Untersuchungen geben Einblicke in die Vegetationsgeschichte seit dem Ende des Spätglazials. Der Übergang vom Spätglazial zum frühen Holozän mit wärmeren und feuchteren Klimaten wird in den Profilen im Osten des TP am Standort „Hai ze Shan“ und „Chudra“ sowie „Himmelsee“ am Nam Co durch die Veränderung der Vegetation angezeigt. Das Profil „Miby“ im östlichen Zentral-Himalaya spiegelt leider aufgrund der chronostratigraphischen Störungen keinen klaren Übergang wider. Die klimatische Erwärmung mit dem einhergehenden Abschmelzen der umgebenden Gletscher, die zu jener Zeit sicher ein weit höheres Ausmaß hatten (z.B. Kangshung-Gletscher, Rongbuk-Gletscher, vgl. Kap. 1.8.1.2.), zeichnet sich tendenziell ab. Der Übergang vom Spätglazial zum frühen Holozän setzt im Zentrum des TP durch das Profil „Himmelsee“ zwischen etwa 11.000 und 10.500 y B.P. früher ein als an den weiter östlich gelegenen Standorten der Profile „Hai ze Shan“ (~ 9.000 - 8.500 y B.P.) und „Chudra“ (~ 9.200 - 8.500 y B.P.). Die Unterschiede sind wahrscheinlich in den verschiedenen Einflussbereichen der Monunsysteme zu suchen. Zu beachten ist allerdings auch, dass Immigrationseffekte eine weit wichtigere Rolle spielen können und teilweise auch Klimaveränderungen vortäuschen können (FÆGRI & IVERSEN 1975, vgl. Kap. 1.11.)

Die pollenanalytischen Befunde aus anderen Untersuchungen des TP, die das gesamte Spät- glazial abdecken und auch die Übergänge zur letzten Eiszeit wiedergeben, sind noch rar (vgl. Kap. 1.8.3. und Kap. 1.10.2.). Dennoch werden die Ergebnisse bisher publizierter Arbeiten für diesen Zeitabschnitt weitgehend bestätigt und ergänzt.

Ein kleiner Abschnitt des Profils „Hai ze Shan“ zeigt im Osten des TP das Ende einer Kälte- steppe aus Cyperaceen, Poaceen, Chenopodiaceen, Caryophyllaceen, Euphorbiaceen, Ephedra sowie in hohem Maße aus Artemisia und Thalictrum, u.a. zwischen etwa 9.000 bis 8.500 y B.P. an. Sehr rasch zeichnet sich seit etwa 8.500 y B.P. die frühholozäne Klimaver- besserung mit der Einwanderung der Gehölze ab, zunächst sehr deutlich durch Betula und Picea. Damit werden die Befunde bestätigt, die weiter nordöstlich des Standortes im Becken von Zoigê erhalten wurden. Dort fand die Wiederbewaldung etwas früher statt, etwa um 9.500 y B.P. (DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL ET AL. 1994b, 2003, THELAUS 1992, WANG FUBAO ET AL. 1996, u.a., vgl. Kap. 1.10.2.). Dies mag einerseits an den unterschiedlichen klimatischen Einflussgrößen liegen, etwa durch den stärkeren Einfluss des SO-Asiatischen Monsuns. Andererseits bestätigt dies, wie bereits in Kap. 4.1. erörtert, den Effekt eines oder mehrerer nahe gelegener Waldrefugien („Sichuan“). Das Profil „Hai ze Shan“ dagegen zeigt die etwas spätere, aber sehr rasche Einwanderung der Gehölze aus den „nördlichen meridionalen Stromfurchen“ an. Das Profil „Chudra“ liegt oberhalb der heutigen Waldgrenze. Eine spätglaziale, offene Vegeta- tion gestaltet sich aus Cyperaceen, Poaceen, Chenopodiaceen, Caryophyllaceen, Artemisia, Thalictrum, Ranunculaceen u.a. Kräuter sowie Ephedra. Um etwa 8.500 y B.P. ist dort die früh- holozäne Klimaerwärmung, vor allem durch die Einwanderung von Betula, erkennbar. Die ver- spätete klimatische Verbesserung ist sicher auch durch die Höhenlage zu begünden. Inwieweit Vergletscherungen hier eine Rolle spielen, lässt sich nicht klären. Erst um etwa 6.000 y B.P. werden die klimatischen Verbesserungen infolge höherer Temperaturen und höherer Feuchtig- keit durch die Etablierung von Picea-Beständen angezeigt. Lokale Gegebenheiten (z.B. 4. Diskussion 207

Höhenlage) und Refugiallagen (vgl. Kap. 4.1.) von beispielsweise Picea sind dort für die späte Einwanderung mindestens gemeinsam verantwortlich.

Am Nam Co ist im Vergleich zu den weiter östlich gelegenen Profilstandorten das Ende des Spätglazials bereits viel früher fassbar. Der Übergang vom Spätglazial zum frühen Holozän lässt sich zeitlich leider nicht genau ableiten. Während der Osten des TP verstärkt durch den O- Asiatischen Sommermonsun beeinflusst wird, ist das Zentrum des TP wechselseitig von den verschiedenen Monsunsystemen betroffen. Diese Tatsache scheint für die zeitlichen Unter- schiede ausschlaggebend zu sein. Das Ende des Spätglazials kann anhand der ungestörten Chronostratigraphie auf etwa 11.000 y B.P. angesetzt werden. Damit liegt der Übergangs- bereich Spätglazial/Frühes Holozän erwartungsgemäß auch zeitlich früher im Vergleich zu den Befunden des weiter westlich lokalisierten Sumxi Co (~ 10.000 y B.P.; VAN CAMPO & GASSE 1993, GASSE ET AL. 1992, vgl. auch TANG LINGYU & SHEN CAIMING 1999) und des Bangong Co- Beckens (vor > 9.600 y B.P., VAN CAMPO ET AL. 1996, vgl. auch GASSE ET AL. 1991, s. Kap. 1.10.2.). Die sprunghafte Zunahme von Artemisia im Westen des TP wird mit dem Einsetzen feuchter werdender Bedingungen begründet (VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, vgl. GASSE ET AL. 1991, 1996). Am Nam Co spiegelt sich eine ähnliche vegetationsgeschichtliche Entwicklung durch die plötzliche Zunahme von Artemisia und anderen Taxa alpiner Steppen wider. Ob sich dahinter weitgehend Monsunveränderungen und/oder Hinweise auf Temperatur- zunahmen und folglich von Gletscherschmelzen (z.B. des Nyainqêntanghla Shan) verbergen, lässt sich nicht abschließend klären (s. Kap. 4.2.1.3./4.2.1.4./4.2.1.5.). Die Lokalitäten unter- scheiden sich eben durch ihre Einflussbereiche der verschiedenen Monsunsysteme. Während der Westen vornehmlich durch die Westwinde geprägt ist, wird das Zentrum des TP eben wechselseitig von allen Systemen beeinflusst (vgl. auch ZHU LIPING ET AL. 2008 und Kap. 1.7.). Aber gerade darin liegen die Unterschiede des zeitlichen Beginns der frühholozänen Klima- erwärmung begründet. Die etwas spätere klimatische Verbesserung im Übergang Spät- glazial/Frühes Holozän im Westen des TP war im Vergleich zu den Ergebnissen am Nam Co, Zentral-TP, zu erwarten (vgl. Kap. 1.8.3.). Wie auch die Sedimentanalysen am Zigetang Co (Zentral-TP), nördlich des Nam Co zeigen, werden für die Zeit zwischen etwa 10.600 bis 8.700 cal y B.P. hohe Seespiegelstände rekonstruiert (SHEN HUIYAN ET AL. 2007). Diese, sowie die Ergebnisse anderer Disziplinen bestätigen das Ende des Spätglazials am Nam Co in dieser Zeitspanne (vgl. WU ZHONGHAI ET AL. 2003 und ZHU DA-GANG ET AL. 2003, s. Kap. 1.8.3. und Kap. 1.10.2.). Weitere Untersuchungen am Nam Co reichen bisher nicht so weit zurück (ZHU LIPING ET AL. 2008).

Der Standort „Miby“ gibt Einblicke in die Zeit des Spätglazials im östlichen Zentral-Himalaya. Leider weist dieses Profil markante Störungen der 14C-Daten auf, die in diesem Bereich des PD eine umgekehrte Abfolge erkennen lassen (vgl. Abb. 40 in Kap. 3.2. und Abb. 74, Beilage 3). Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann um etwa 11.500 14C y B.P. (11.340 - 11.690 ± 90 14C y B.P.) eine spätglaziale, offene Vegetation aus Apiaceen, Cyperaceen, Thalictrum, Artemisia, Aconitum, Asteraceen, Polygonaceen abgeleitet werden (vgl. Kap. 4.2.1.6.). Einzelne BP-Typen wie Betula, Quercus, Alnus u.a., sind bereits in dieser Zeit vorhanden und deuten auf Bestände mindestens aus der Umgebung, bis hin zu den Talgründen, hin. Im Vergleich zu den anderen hier untersuchten Standorten des TP ist der Übergang vom Spätglazial zum Holozän weniger abrupt. Die Übergänge zeichnen sich, unter Berücksichtigung der chronostratigraphischen Störungen, eher fließend ab. Die langsame Zunahme der Gehölze signalisiert die zunehmende klimatische Verbesserung. In etwa 50 cm Profiltiefe (14C-Datum 7.990 ± 95 y B.P.) fällt ein Hiatus auf, der durch das folgende, ältere 14C-Datum (40 - 44 cm: 14C-Datum 8.195 ± 75 y B.P.) infolge einer weiteren Störung bestätigt wird. Seit dieser Zeit nimmt der BP durch Betula, Quercus, Alnus, Rhododendron u.a. sehr stark und teils sprunghaft zu. Über die detaillierten Ursachen der klimatischen Begünstigung, die für eine Einwanderung des Waldlandes verantwortlich sind, kann nur spekuliert werden. Sicherlich spielen Gletscherrückzüge in einem glazial geformten und beeinflussten Gebiet wie diesem ebenso eine entscheidende Rolle wie die frühholozäne Klimaerwärmung und -verbesserung, die durch einen Temperaturanstieg und verbesserte Feuchteverhältnisse charakterisiert sind.

4. Diskussion 208

Nach einer anfänglichen Klimaverbesserung im frühen Holozän ist ein abrupter und kurz währender Kälterückschlag bei den Profilen „Hai ze Shan“, „Chudra“ und am Nam Co erkenn- bar. Im Osten des TP zeichnet sich dieser am „Hai ze Shan“ zwischen etwa 7.500 y B.P. und maxi- mal 8.000 y B.P. ab. Die pollenanalytischen Veränderungen deuten durch einen Rückgang der anspruchsvolleren Taxa, beispielsweise des erst eingewanderten Waldlandes (vgl. „Hai ze Shan“, evtl. „Chudra“), darauf hin. Am Standort „Chudra“ sind die Hinweise jedoch nicht ein- deutig. Um etwa 8.000 y B.P. fällt in etwa 125 cm Tiefe eine abrupte Veränderung der Vegeta- tion auf, die sich auch sehr schnell wieder erholt. Dabei steigen besonders die Werte der Cyperaceen sehr stark an, bei gleichzeitiger Abnahme der Gehölze (z.B. Betula, Juniperus, u.a.). An den natürlichen waldfreien Standorten des Nam Co gibt die Vegetationsveränderung durch die Zunahme von Poaceen, Aster(-Typ) sowie des Ranunculus-/Anemone-Typs bei gleichzeitigem Rückgang von z.B. Hippophaë um etwa 7.600 y B.P. (Profil „Nam Co“; ohne Berücksichtigung des Reservoir-Effektes) trocken-kalte Klimate an. Die pollenanalytischen Befunde am Profil „Himmelsee“ stimmen im Vergleich zu der Kurve der 14C-Alters-Tiefen- Verteilungen zeitlich dagegen nicht überein, was vermutlich auf Probleme der 14C-Datierung zurückzuführen ist sowie auf die Problematik der besonderen Gegebenheiten (vgl. Reservoir- Effekt). Sedimentologische Untersuchungen lassen auf diese Ereignisse am Nam Co zwischen etwa 8.100 und 7.800 14C y B.P. schließen (ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008).

Damit liegen mehrere Hinweise auf ein oder mehrere Ereignisse von frühholozänen Kälterück- schlägen auf dem TP vor, die zeitlich mit denen anderer Untersuchungen vergleichbar sind (VAN CAMPO ET AL. 1993, 1996, FONTES ET AL. 1993, 1996, GASSE ET AL. 1991, 1996, HERZSCHUH ET AL. 2006b, JIN ZHANGDONG ET AL. 2007, WINTER 2004, WU YANHONG ET AL. 2006, ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008, s. auch Kap. 1.8.3.). Hinweise auf eine Beeinträchtigung durch Weidetiere, wie sie um etwa 8.500 cal y B.P. (interpoliert) von SCHLÜTZ ET AL. (2007) interpretiert wurden, können nicht bestätigt werden. Die synanthropen Taxa geben keine deutlichen Hinweise auf den Einfluss von Weideaktivitäten. Am Standort „Hai ze Shan“ verändern sich lediglich die Ranunculaceae und der Ranunculus-/Anemone-Typ deutlich in dieser Phase. Dies deutet eher auf veränderte Feuchtebedingungen in der lokalen Vegetation hin (s. Kap. 4.2.1.1.).

Die nachfolgende Klimaverbesserung nach dem eben vielerorts beschriebenen Kälterückschlag im Holozän erfolgte am Nam Co (Profil „Himmelsee“) im Vergleich zur Klimaverbesserung vor dem Kälterückschlag intensiver. Es lässt sich sehr schwer trennen, inwieweit monsunale Ver- änderungen durch zunehmende Niederschläge, verbesserte Feuchteverhältnisse durch Gletscherschmelze am Nyainqêntanghla Shan und/oder bessere Temperaturbedingungen für die holozäne Klimaverbesserung verantwortlich sind. Hinweise auf eine Intensivierung des Sommermonsuns, z.B. durch eine Zunahme des Pollenweit- und Fernflugs, liegen nur bedingt vor. Zwar können solche Angaben Informationen über die Intensität des Sommermonsuns bzw. Monsunveränderungen liefern (vgl. BEUG & MIEHE 1998, BRÄUNING 1999, 2002, COUR ET AL. 1991, FRENZEL 1994b), jedoch können sich dahinter auch lediglich Vorgänge einer Ausbreitung von anspruchsvollen Gehölzen durch klimatische Begünstigungen im (frühen) Holozän verbergen. So geben alle bis mindestens in das Frühe Holozän zurückreichende Profile dieser Untersuchung („Hai ze Shan“, „Shih ch’ü“, „Nam Co“, „Himmelsee“, „Miby“) anhand des Pollenfern- und weitfluges keine überzeugenden Hinweise auf sich ändernde Windmuster beispielsweise durch den Sommermonsun. Vielmehr korrelieren die Kurvenverläufe mit denen des BP und dessen einzelnen Taxa. Wenig pollen- ausschüttende Gehölze (entomophil) oder solche, die in der Vegetation von geringer Anwesen- heit zeugen, spiegeln vielmehr allgemein die verbesserten Klimate wider. Die anspruchsvollen Taxa stammen aus der nahen und fernen Vegetation. Unklar ist, inwiefern dieser Parameter hier für die Anzeige von Veränderungen der Monsuneinflüsse geeignet ist. Am Standort „Hai ze Shan“ im Osten des TP sind bei den Pollensummen des Weit- und Fernfluges durchgehend gleichmäßige Schwankungen erkennbar. Lediglich das Profil „Chudra“ weicht von den beschriebenen Mustern der untersuchten Profilstandorte ab. Die Summen des Fern- und Weit- fluges sinken schlagartig um etwa 6.000 y B.P. (nächstgelegenes 14C-Datum: 6.145 ± 60 y 4. Diskussion 209

B.P.). Ob dabei an diesem Standort oberhalb der heutigen Baum- und Waldgrenze ein Schwächerwerden des Sommermonsuns angezeigt wird, bleibt spekulativ.

Je nach Standort zeichnet sich in den bis dahin zurückreichenden Profilen das mittelholozäne Klimaoptimum ab. Im Osten des TP wird dieses anhand der maximalen Ausdehnung vornehm- lich von Fichtenwäldern und teils weiteren vergesellschafteten Baumtaxa wie Abies, Quercus (auch Qu. sklerophylle Taxa) zwischen etwa 7.000 und 5.000 y B.P. angezeigt („Hai ze Shan“) bzw. ab/um etwa 6.100 y B.P. („Chudra“). Der Standort „Chudra“ oberhalb der heutigen Wald- und Baumgrenze spiegelt sicherlich überhöhte BP-Werte wider, die nicht auf das Vorkommen von geschlossenen Fichtenwäldern in der Umgebung schließen lassen können. Dennoch zeichnet sich ein Heranrücken des Waldlandes in der nahen Umgebung infolge der mittel- holozänen Klimaverbesserung ab (vgl. Kap. 4.2.1.2.). Der nördlichste Standort dieser Untersuchung „Shih ch’ü“, O-TP, zeigt mindestens vor 5.250 (± 150 14C) y B.P. kein Waldwachstum an. Wie bereits erörtert, kann dies natürlich bedingt sein (vgl. Kap. 4.2.2.1.). Die leicht oszillierende Zunahme anspruchsvoller Taxa (z.B. auch Quercus- Arten: Qu.-Typ, Qu. cf. sklerophylle Taxa) zwischen etwa 4.000 (156 cm) und 3.000 y B.P. (87 cm) könnte durch den erhöhten Pollenniederschlag aus weiter entfernt liegenden Beständen herrühren, die in die Zeit der günstigen Bedingungen des Klimaoptimums fallen. Die Moor- genese deutet dort ebenso mit einem schnelleren Wachstum zwischen 4.055 ± 90 y B.P. und 3.965 ± 60 y B.P. auf verbesserte Klimate hin.

Am Nam Co lässt sich durch die Profile „Nam Co“ und „Himmelsee“ eine frühere Optimumsphase im mittleren Holozän als im Osten des TP erkennen. Mit Beginn zwischen etwa 11.000 und 10.500 y B.P. und einem Maximum bis zwischen 8.200 - 7.000 y B.P. werden feucht-warme Klimate angezeigt, die sich in einer sehr schnellen und starken Ausbreitung einer alpinen Steppe widerspiegeln. Einzelne charakteristische Taxa nehmen hier sehr stark zu (z.B. Artemisia). Die früh-/mittelholozäne Klimaverbesserung war am Profil „Nam Co“ nach etwa 7.600 y B.P. (ohne Berücksichtigung des Reservoir-Effektes) deutlich stärker. Die sedimentologischen Untersuchungen lassen auf eine warme Optimumsphase zwischen etwa 8.400 und 6.900 y B.P. schließen, mit kalt-trockenen Ereignissen zwischen 8.100 und 7.800 y B.P. (ZHU LIPING ET AL. 2008).

Im östlichen Zentral-Himalaya stellt sich die Situation anders dar. Seit etwa 8.000 y B.P. wird die frühholozäne Klimaerwärmung angezeigt, mit einer stetigen Zunahme und Einwanderung des Waldlandes. Jedoch bleibt die zeitliche Interpretation aufgrund der für diesen Bereich unzu- reichenden 14C-Daten weitgehend offen. Ein Maximum des BP und einzelner Gehölztaxa ist in etwa 10 cm Profiltiefe ersichtlich. Es könnte sich hier jedoch auch um die Ausbildung von Klimaxgesellschaften unmittelbar an der heutigen Wald- und Baumgrenze handeln, welche sich infolge von Sukzession nach den Gletscherrückzügen entwickelt haben. Inwieweit es sich bei den Gehölzen um Ersatzgesellschaften handelt, die sich durch das extensive Wirtschaften des Menschen und seines Viehs eingestellt haben könnten, bleibt offen (vgl. Kap. 4.2.1.6.).

Die „Kleine Eiszeit“ macht sich in Tibet auch durch Gletschervorstöße bis in das späte 19. Jahrhundert bemerkbar (BRÄUNING 2002, 2006, BRÄUNING & LEHMKUHL 1996, FRENZEL ET AL. 1995, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Nach einer möglichen Anhebung der alpinen Mattenstufe während einer Warmphase im 13. Jahrhundert kommt es zu einer Absenkung der Solifluktionsgrenze, deren Initiierung in O-Tibet auf die Zeit vor 525 ± 85 y B.P. fällt (BRÄUNING 2002, LEHMKUHL 1995).

Klimatische Ereignisse von Wärme- und Kälteperioden im jungen Holozän, die in Europa dem „Mittelalterlichen Klimaoptimum“ oder der „Kleinen Eiszeit“ entsprechen, werden von mehreren Autoren auch auf dem TP beschrieben (vgl. Kap. 1.8.4.). Dendrochronologische Unter- suchungen beschreiben eine Wärmephase zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert (BRÄUNING 2002, vgl. LEHMKUHL 1995). Die „Kleine Eiszeit“ zeichnet sich darauffolgend bis in das späte 19. Jahrhundert ab (BRÄUNING 2002, 2006, BRÄUNING & LEHMKUHL 1996). Obwohl diese Phasen teilweise auch pollenanalytisch beschrieben werden (z.B. LIU KAM-BIU ET AL. 1998), können diese bei den hier untersuchten Profilen, welche diese Zeitabschnitte abdecken, nicht eindeutig nachgewiesen werden. Am Nam Co (Profil „Himmelsee“) fällt bei 15 cm Tiefe ein Rückgang von Ephedra (E. fragilis-T.) und Artemisia auf, welcher auf wärmere Klimate hinweisen könnte. Die 4. Diskussion 210 daran anschließende Zunahme von Ephedra, als potentiellem Indikator von Kältesteppen und -wüsten und folglich möglicher Hinweise auf eine Abkühlung infolge der „Kleinen Eiszeit“, gibt vielmehr einen anthropo-zoogenen Aridisierungstrend an. Die Interpretationsversuche klima- bedingter Ereignisse im jungen Holozän werden durch den zunehmenden menschlichen Einfluss unterschiedlicher Intensitäten überdeckt. Der Rückgang von Artemisia zeugt eher von einer zunehmenden Weideaktivität durch die Tierherden der Tibeter. Die Abnahme der Artemisia-Kurve erfolgt zunächst schleichend, bei starkem Nutzungsdruck jedoch bis hin zum völligen Rückgang. Rezent spielt diese Gattung in der umgebenden Vegetation am Nam Co nur eine untergeordnete Rolle. Ausschlaggebend für die Deutung der zunehmenden Landschafts- nutzung sind die synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe), die im weiteren Verlauf verstärkt auftreten und in jüngster Zeit eben auch sprunghaft zugenommen haben (vgl. auch Profil „Nam Co“). Phasen unterschiedlicher Nutzungsintensitäten sind sehr stark im Osten des TP ausgeprägt (s. Kap. 4.4. und Kap. 4.7.).

Das Profil „Yak“ gibt demnach hinsichtlich einer erwarteten klimatisch bedingten Vegetations- veränderung (z.B. „Kleine Eiszeit“) widersprüchliche Hinweise. Einzelne BP-Taxa nehmen genau während dieser Phase zeitweise bedeutend zu. Wie bereits ausführlich dargestellt wurde, sind diese Vegetationsmuster auf verschiedene Weideintensitäten zurückzuführen. Potentielles Baumwachstum durch Juniperus, Picea, u.a. wird permanent angezeigt. Die wiederholten Abfolgen von Licht- zu Schattholzarten fügen sich in die Nutzungsphasen unter- schiedlicher Weideintensitäten und -muster ein. Zudem endet das Profil „Yak“ um etwa 550 y B.P.. Andere Profile aus dieser Gegend enden leider ebenso vor diesem zeitlichen Bereich, wie beispielsweise am „Hai ze Shan“ (715 ± 80 14C y B.P.) oder ermöglichen wegen der gestörten Chronostratigraphie keine zeitliche Zuordnung bestimmter Abschnitte im PD (z.B. „Tsongu“, vgl. Abb. 67, Beilage 1). Das nördlichste Profil dieser Untersuchung „Shih ch’ü“ (O-TP) gibt ebenso keine klaren Hinweise der diskutierten Klimaperioden im späten Holozän. Der BP nimmt in dem interessierenden zeitlichen Bereich in einer Tiefe von 30 cm zu, liegt jedoch im normalen Schwankungsbereich und stellt vermutlich keine Reaktion auf ein Wärmesignal dar. Sowohl die BP-Kurven, die Zunahmen der Cyperaceen infolge der Ausbreitung von Kobresia-Matten als auch die der an Beweidung angepassten Taxa (Syn1-Gruppe), spiegeln, wie ausführlich dar- gestellt (s. Kap. 4.4. und Kap. 4.7.), eine zunehmende Nutzung der Landschaft durch Mensch und Tier wider.

Auf die Schwierigkeiten der Klimarekonstruktion mittels der Pollenanalyse wurde an mehreren Stellen im Text eingegangen. Dabei sind nicht nur stark lokal wechselnde Windverhältnisse und deren daraus resultierende unterschiedliche Feuchteverteilungen problematisch im Hinblick auf eine Kalibrierung von statistischen Klima- und Wachstumsbeziehungen (BRÄUNING 2002). Das bisherige Fehlen eindeutiger Identifikationsmöglichkeiten bzw. (bisher) nicht für das TP geeigneter Klimaindikatoren in der Pollenflora macht die auf Pollenanalysen beruhenden Klima- rekonstruktionen schwierig. Verhältnisberechnungen von z.B. Artemisia/Chenopodiaceen (A/C), wie sie in W-Tibet (VAN CAMPO & GASSE 1993, VAN CAMPO ET AL. 1996, GASSE ET AL. 1991, 1996) bzw. NW-China (HERZSCHUH ET AL. 2003, 2004) sowie in anderen Regionen des TP (LIU KAM-BIU ET AL., 1998, SHEN CAIMING 2003) und auf dem gesamten TP selbst (HERZSCHUH 2007) angewandt wurden, werden nach dieser Untersuchung, vor allem im östlichen Teil des TP, sowie im östlichen Zentral-Himalaya, für nicht geeignet gehalten, wie in dieser Arbeit gezeigt werden kann. Auch bei den Arbeiten, in denen der bioklimatische Index A/C auf dem W-TP überzeugt, ist dennoch zu bedenken, dass sich die Artenzusammensetzung der Vegetation aus der entsprechenden Gattung bzw. Familie seit dem Spätglazial und während des Holozäns verändert haben kann. Ein Abgleich heutiger Pflanzenarten mit der Pollenflora in den unterschiedlichen vegetationsgeschichtlichen Abschnitten kann auch deshalb sehr problematisch sein. Die Eignung des bioklimatischen Index wurde aufgrund der An- und Abwesenheit bestimmter Pflanzenarten entsprechenden sensitiven Gruppen zugeordnet (s. Kap. 2.8.4.). Die Zuordnung überzeugte nur durch den Ausschluss indifferenter Arten. Arten der Gattung Artemisia können infolge der (Yak-)Beweidung in vielen Teilen, vor allem des O-TP, ehemaliges Waldland ersetzen. Chenopodiaceen können durch einzelne Arten Vertreter 4. Diskussion 211 auf gestörten Flächen infolge von menschlicher Nutzung bilden. Beide Komponenten würden den bioklimatischen Index erheblich verfälschen.

Überprüft man nun die diskutierten „klimaindikativen“ Parameter, dargestellt in Kap. 3.5. (Abb. 43-51), so fällt auf, dass sich zwar Tendenzen, vor allem am Nam Co, ableiten lassen. Die Anwendung führt jedoch in großen Teilen des TP zu unklaren Rückschlüssen. Wie bereits mehrfach kritisiert wurde, ist dies beispielsweise in natürlich bewaldeten Gegenden auch nicht verwunderlich. Spätestens nach dem spürbaren Einsetzen des menschlichen Eingriffs in den Haushalt der Natur des TP können beispielsweise Artemisia-Ersatzgesellschaften in potentiel- lem Waldland zu Fehlschlüssen führen. Chenopodiaceen als Indikatoren von Kältewüsten deuten jedoch in den menschenbeeinflussten Zeiten vielfach auf gestörte Standorte hin, die der Mensch und sein Vieh zu verantworten haben. In der Tat könnten sich demnach falsche klima- tische Rückschlüsse durch diese Parameter ableiten lassen. Am Nam Co lässt sich in den (zumindest nicht spürbaren) menschenunbeeinflussten Zeiten, die klimatisch bedingte Trend- wende am Übergang Spätglazial/Frühes Holozän durch die Parameter A/C und A/Cy scheinbar ableiten. Dennoch ist hier Vorsicht geboten, da die genauen Arten, welche sich hinter den Pollentaxa verbergen, zu jener Zeit nicht bekannt sind, wenngleich rezente Artenlisten und - verbreitungen aus diesem Raum vorliegen (NÖLLING 2006). Außerdem fallen immer wieder Horizonte auf, in denen die Chenopodiaceen gänzlich fehlen und somit keine Verhältniszahlen in diesen Bereichen vorliegen. Interessant ist an den hier untersuchten Profilen des Nam Co, dass sich Seespiegelschwankungen und der stetige Rückgang des Seespiegels während des Holozäns (vgl. SCHUETT ET AL. 2007, Wu ZHONGHAI ET AL. 2003, ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008) in den bioklimatischen Parametern (z.B. C + P) möglicherweise widerspiegeln.

Spezifische Verhältniszahlen, z.B. A/C, variieren vor allem in den untersuchten Proben der alpinen Steppen des TP (HERZSCHUH 2007). Diese große Bandbreite ist m.E. sicherlich u.a. eine Folge anthropogener Veränderungen: Einerseits durch Artemisia-reiche Ersatzgesell- schaften im potentiellen Waldland, bedingt durch die Weideaktivitäten der von den Hirten geführten Weidetiere mindestens im Osten des TP und andererseits durch eine Erhöhung des Anteils der Chenopodiaceen in der Vegetation, bedingt durch die Störung der Vegetations- gesellschaften (vgl. Kap. 2.8.5.). HERZSCHUH (2007) sieht bei der großflächigen Anwendung von Verhältniszahlen aufgrund pollenanalytisch gewonnener Daten zahlreicher Standorte des TP eine Möglichkeit, neue Erkenntnisse für die Interpretationen mittelholozäner Vegetations- veränderungen zu gewinnen. Datensätze legen den Wechsel von Artemisia-dominierten Steppen mit einem A/Cy-Index von > 1 hin zu alpinen Kobresia-dominierten Pflanzengesell- schaften mit einem A/Cy-Index von < 1 nahe. Die zeitlich spätere Veränderung auf dem Zentral- TP im Vergleich zu den Daten des NO-TP wird durch die intensiveren kalt-trockenen Klimate begründet.

Problematisch werden aber auch diese Hilfsmittel der paläoklimatischen Interpretation dann, wenn sich beispielsweise Kobresia-Matten überhaupt erst infolge menschlicher und weide- bedingter Aktivitäten ausbreiten (z.B. KAISER 2004, 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008a, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). M.E. können die Rückschlüsse der bioklimatischen Indikatoren zu gravierenden Fehlinterpretationen führen, zumindest was die Ursachen der Vegetationsveränderungen betrifft. Eine zeitlich spätere Ver- änderung im Zentrum des TP hin zu Kobresia-dominierten Beständen kann sicherlich ebenso eine spätere Wirkung anthropo-zoogener Faktoren sein. Diese hat dann im Osten des TP bereits viel früher und intensiver während des mittleren Holozäns eingesetzt als beispielsweise im Zentrum des TP.

Aneinanderhängende PK als Pollencluster, sog. „clumps“, gelten oftmals als Indikator für kalte, trockene Bedingungen. Aufgrund der dadurch bedingten kurzen Vegetationsperioden kann die Pollenreifung unterbrochen sein (DEMSKE & MISCHKE 2003, HERZSCHUH ET AL. 2006bc, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2007). Die hier vorliegenden Darstellungen der Pollen-Clusterbildungen erweisen sich an den hier untersuchten Profilen als nicht geeignet. Anhand der Darstellungen in Kap. 3.5. (Abb. 43-51) sind keine signifikanten Korrelationen erkennbar, die mit pollenanalytisch ermittel- ten klimatisch ungünstigen Phasen einhergehen.

4. Diskussion 212

Wie in den Kap. 1.8.3./1.8.4. und Kap. 1.10.2./1.10.3. ausführlich dargestellt wurde, fallen große vegetationsgeschichtliche Veränderungen nach dem mittelholozänen Klimaoptimum bzw. ab ~ 6.000/5.000 y B.P. auf, die in den heute potentiell bewaldeten Regionen meist mit einem Rück- gang der Wälder einhergehen. Wie bereits ausgeführt wurde (Kap. 1.12.1.), wird diese Ent- wicklung meist als ein Klimawechsel mit Trend zum kühlen und oftmals trockenen hin gedeutet. Jedoch fallen bei Betrachtung einiger der Interpretationen vor allem die Rückschlüsse auf klimatische Schwankungen auf (z.B. MORILL ET AL. 2006, SHEN HUIYAN ET AL. 2007, WANG FU- BAO & FAN C.Y. 1987, WU YANHONG ET AL. 2006, XU HAI ET AL. 2006, YANG BAO ET AL. 2004, ZHU DA-GANG ET AL. 2003, ZHU LIPING ET AL. 2007, u.a.), die z.T. auch in gleichen Regionen voneinander stark abweichen und somit nicht für klimatische Ursachen sprechen (können). Unterschiedliche klimatische Rückschlüsse in denselben Gebieten schließen auch die unter- schiedlichen Einflussbereiche der verschiedenen Wind- und Monsunsysteme als Erklärung aus. Vielmehr scheint sich eben mindestens ein latenter Einfluss des Menschen und seines Weide- viehs durch Vegetationsveränderungen abzuzeichnen.

Am Zigetang Co, Zentral-TP, wird ein Wechsel von einer Steppe aus Artemisia, Poaceae u.a. hin zu einer wüstenähnlichen Vegetation aus Cyperaceae, Poaceae, Chenopodiaceae u.a. seit etwa 5.000 y B.P. (WINTER 2004), bzw. 4.400 cal y B.P., angezeigt. Die Rekonstruktionen erfolgen nach pollenanalytischen Untersuchungen u.a. durch die Anwendung von Verhältnis- berechnungen von A/Cy sowie Biomrekonstruktionen (HERZSCHUH ET AL. 2006b). Die vegetationsgeschichtlichen Veränderungen dieser und anderer Rekonstruktionen sind nach den hier dargestellten Untersuchungen sicherlich mindestens teilweise durch die paläoöko- logischen Eingriffe des Menschen und sein Weidevieh zu erklären. Die Pollenkarten Chinas zeigen zudem ein bis ca. 6.000 y B.P. antagonistisches Verhalten von Artemisia und Chenopodiaceae. Danach und in den jüngeren Intervallen werden dagegen sehr ähnliche Muster dieser beiden Taxa deutlich (REN GUOYU & BEUG 2002). Dieser Zusammen- hang zeigt m.E. ebenso die ungeeignete großflächige Anwendung von Verhältnisberechnungen wie A/C und A/Cy als bioklimatischen Index. Vielmehr zeugt dies wohl von vegetationsge- schichtlichen und paläoökologischen Veränderungen durch den Menschen und seines Weide- viehs, zumindest auf dem TP.

Der oftmals angewandte Parameter des BP bzw. des Verhältnisses BP/NBP allein reicht keinesfalls aus, um daraus Rückschlüsse auf klimatische Veränderungen zu ziehen (s. Kap. 4.6.). Das Weichen von Wald(land) durch die direkte Holznutzung und die indirekten Einflüsse wie (Wald-)Beweidung machen diesen Parameter als Mittel zur Klimarekonstruktion untauglich. Das konnte mit den hier erzielten Ergebnissen mehrfach gezeigt werden (z.B. „Hai ze Shan“, „Yak“). Die Verhältniszahl BP/NBP gibt zudem keinerlei weiterführende Information, im Ver- gleich zu den BP-Werten an sich. Als Mittel zum Vergleich von Waldbeständen unterschiedli- cher Untersuchungen ist die Verhältniszahl BP/NBP aufgrund der standortspezifischen Pollen- verfrachtung ohnehin nicht geeignet (vgl. Kap. 1.2. und Kap. 2.8.3.).

Im Süden des TP konnte jedoch durch JARVIS (1993) anhand unterschiedlicher Waldtypen, welche pollenanalytisch ermittelt wurden, seit ca. 7.800 y B.P. (14C) ein schwächer werdender (Winter- und Sommer-)Monsun interpretiert werden. Obwohl er insgesamt an Intensität abge- nommen hat, wurde er in der Saisonalität extremer. Dabei überzeugt die Interpretation der pollenanalytischen Befunde. Die Vegetation und besonders die Veränderungen der Waldtypen im Mittleren Holozän im S-TP wurden offenbar durch die klimatischen Größen und Monsun- veränderungen gesteuert.

Eine Klimaverschlechterung nach dem mittelholozänen Optimum wird allerdings auch von nicht- pollenanalytischen Arbeiten bestätigt (vgl. Kap. 1.8.4.). Offen bleibt aber die Frage, wie intensiv diese klimatischen Verschlechterungen erfolgten und ob diese hauptsächlich für die beschrie- benen Vegetationsveränderungen auf dem TP, besonders die der Waldformationen und des Waldrückzuges im Osten des TP, verantwortlich sind.

Betrachtet man die Moorgenesen der hier bearbeiteten Profile (s. Kap. 3.2.), so kann sicherlich angenommen werden, dass die Bildung der Moore als eine Reaktion auf die frühholozäne Klimaverbesserung erfolgte (z.B. „Hai ze Shan“, „Chudra“, „Himmelsee“). Für den Zeitraum nach dem mittelholozänen Klimaoptimum, bzw. ab etwa 6.000 - 5.000 y B.P., als sich die 4. Diskussion 213

Vegetation zwar zeitlich und räumlich regionalspezifisch änderte, können anhand des Moor- wachstums keine eindeutigen klimatischen Einflussgrößen erkannt werden, vielmehr zeichnen sich die anthropo-zoogenen Wirkungen, z.B. durch Erosion, ab (z.B. „Hai ze Shan“, „Tsongu“). Ähnliches ist bezüglich Moorwachstum, Gletschervorstößen, Bildung fossiler Böden sowie See- spiegelschwankungen zu beobachten. Diese Erscheinungen variieren zeitlich und räumlich auf dem TP auch in diesem Zeitabschnitt (FRENZEL 1994ab, 2002b, FRENZEL ET AL. 1995). THELAUS (1992) sieht in den unterschiedlichen Akkumulationsraten verschiedener Bereiche in den Unter- suchungen am Moor von Hongyuan stärkere lokale Veränderungen des Wasserhaushaltes und/oder Einflüsse aufgrund anthropogener Faktoren als regionale Einflussgrößen. Sollte der klimatische Faktor regional für die Veränderungen der Vegetation und Ökologie dieser Land- schaften maßgebend sein, müsste sich das jedoch auch in diesen Erscheinungen wider- spiegeln. Demzufolge sind andere Faktoren als das Klima, wie beispielsweise der Mensch und sein Vieh, für die großflächigen Veränderungen der Vegetation auf dem TP seit dieser Zeit ver- antwortlich.

Beachtet man schließlich auch die heutigen maximalen Baum- und Waldgrenzhöhen mit bis zu > 4700 m NN im Osten und südlichen Zentrum des TP (BRÄUNING 2000, 2004, 2007, FRENZEL 1998, 2000a, MIEHE ET AL. 2003, V. WISSMANN 1960), wird einem auch die Verbreitung von Baum- und Waldbeständen in diesen eigentlich pflanzenfeindlichen Höhen bewusst. Usneen- behangene Koniferen (z.B. Abies) im O-TP zeigen als Indikatoren ausreichende Feuchte- verhältnisse an (FRENZEL 1994b, 1998, FRENZEL ET AL. 2003, mdl. Mitt. B. FRENZEL), obwohl sich eigentlich heute in diesen Bereichen tatsächlich vielfach waldfreie Landschaften präsen- tieren (s. Kap. 1.9.). Baumvorkommen, teils reliktär, weisen in O-Tibet an lebenden Juniperus- Bäumen vielfach ein Alter von über 1000, bis sogar 1500, Jahren auf (BRÄUNING 1994b, FRENZEL ET AL. 1995, mdl. Mitt. A. BRÄUNING). Dies zeigt neben den pollenanalytischen Be- funden ebenso, dass das Baum- und Waldvorkommen in den heute oftmals waldfreien Land- schaften des O-TP auch in früherer Zeit möglich war.

Schon die hohe Vielfalt und Anzahl der Arbeiten zum Klima und Paläoklima des Unter- suchungsgebietes zeigen, wie komplex der Sachverhalt ist - dazu kommen die regionalen Unterschiede im großen Untersuchungsraum. Die unterschiedlichen Interpretationen dieser Zusammenhänge erschweren das Verständnis der klimatischen Zusammenhänge. Welchen Einfluss der Mensch und sein Weidevieh auf die Ökosysteme des TP und letztendlich auf die Vegetation bereits in der Vergangenheit hatte, soll in den folgenden Kapiteln diskutiert werden.

4.4. Der Einfluss des Menschen und seines Weideviehs auf die Ökosysteme des Tibetischen Plateaus

Mit Hilfe der synanthropen Taxa (Syn1-, Syn2-Gruppe, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, S. Kap. 2.8.5.) wird der Einfluss des Menschen auf die Ökosyteme des TP pollenanalytisch erfasst und diskutiert. Damit ist erstmalig ein Versuch mit pollenanalytischer Herangehensweise zum besseren Verständnis einflussnehmender Faktoren auf die genutzten und beweideten Land- schaften durch den Menschen als Hirte und Viehhalter unternommen worden, wenngleich sich die Hinweise durch pollenanalytische Zeigerarten mehren. Diese Taxa stammen aus der natür- lichen Vegetation. Für den Nachweis der vegetationskundlichen Veränderung durch den Menschen und seine Aktivitäten wird jedoch ein „Vergleichszustand“ benötigt. Dieser kann nur durch den Vergleich der Veränderungen in der Abfolge der Pollentaxa im PD erfolgen. Der Ver- gleich zur Abgrenzung und Beurteilung des menschlichen Einflusses muss mit den Formationen erfolgen, die einem möglichst natürlichen Zustand entsprechen, also der „potentiellen natürli- chen Vegetation“ (vgl. FU CONGBIN 2003, TRAUTMANN 1966, TÜXEN 1956).

Unter Beachtung der standörtlichen Gegebenheiten, kann der BP für die Fragestellung nach dem menschlichen Einfluss ebenso wichtige Hinweise liefern. Inwieweit der BP tatsächlich den Wald widerspiegelt, ist sehr stark vom Standort, der Vegetationsform und der Entfernung von Pollenquelle und -falle abhängig (vgl. COUR ET AL. 1999, DAMBACH 2000, FRENZEL 1969, 2004, HERZSCHUH ET AL. 2003, PRENTICE ET AL. 1987, SCHLÜTZ 1999, TARASOV ET AL., s. Kap. 2.8.3.). 4. Diskussion 214

In Gebieten außerhalb des natürlichen (potentiellen) Waldgebietes, bedingt durch die geo- graphische Lage (z.B. Profile am Nam Co) oder Höhenlage (z.B. „Chudra“), bleibt dagegen nur die Anwendung der „synanthropen Taxa“ als Indikatoren menschlicher Aktivitäten im Vergleich zu den pollenanalytischen Veränderungen der Vegetationseinheiten im PD übrig. Allerdings muss die qualitative und quantitative Zusammensetzung dieser Taxa im natürlichen oder zumindest weitgehend „menschen-unbeeinflussten“ Zustand, annährend erkennbar und inter- pretierbar sein.

In Abb. 55 sind die Veränderungen der Anteile der synanthropen Taxa, die in erster Linie den Einfluss des Menschen durch Beweidung anzeigen können (Syn1-Gruppe), anhand der einzel- nen Profile dargestellt.

Jahre Yak Tsongu Hai ze Shih ch‘ü Chudra Bahsü Nam Co Himmelsee Miby v.h. Shan ? ? ~1.000 ? ? ? ~3.000

~5.000 ?

% 40

?

20 40 20 40 20 40 % %

20 40 % 20 40% 20 40 60 ? 20 40 60 % 20 40 % 20 % 20 40 60 %

Abb. 55: Der Einfluss des Menschen auf die Ökosysteme anhand der prozentualen Anteile der „synanthropen Taxa“ (Syn1) der Profile in Raum und Zeit.

Dabei fällt der spürbare Einfluss des Menschen und seines Weideviehs auf die Vegetation seit mindestens 6.000 - 5.000 y B.P. auf. Ab etwa 3.000 y B.P. und 1.000 y B.P. sind in mehreren Profilen erneut starke Zunahmen des menschlichen Einflusses auf die Vegetation erkennbar. Teilweise werden die Eingriffe jedoch nicht als Summe erkennbar, sondern bei der Betrachtung einzelner synanthroper Taxa im PD. Je nach Standort zeichnen sich verschiedene Nutzungs- intensitäten in unterschiedlichen Zeiten ab. Diese sollen jedoch separat in Kap. 4.7. diskutiert werden.

Der latente Einfluss des Menschen auf die Vegetation ist pollenanalytisch zunächst sehr schwer fassbar, da die potentiellen synanthropen Taxa aus der natürlichen Vegetation stammen. Ledig- lich markante Zunahmen dieser Taxa weisen auf den „spürbaren“ Einfluss menschlicher Aktivi- täten hin. Die Zunahmen der synanthropen Taxa der Gruppe Syn1 seit etwa dem mittleren Holozän zeigen in mehreren Profilen (z.B. „Hai ze Shan“, „Bahsü“, „Himmelsee“) den stärker werdenden menschlichen Eingriff und damit vor allem die Intensivierung von Weideaktivitäten, in erster Linie durch die Yakherden, an. Damit erfahren diese Taxa offensichtlich Konkurrenz- 4. Diskussion 215 vorteile gegenüber anderen autochthonen Pflanzen, in dem sie durch Selektion, Tritt u.a. Effekte gefördert werden. Die Artenzusammensetzung in den Pflanzengesellschaften ändert sich. Weiter fällt auf, dass bei einer Intensivierung der Nutzung diese synanthropen Pflanzen- gesellschaften zunehmend durch die weideresistenten Kobresia-Matten ersetzt werden, die vornehmlich durch K. pygmaea gebildet werden (vgl. KAISER 2004, 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Dieser Entwicklungsschritt wird in mehreren Profilen („Yak“, „Hai ze Shan“, „Shih ch’ü“, „Nam Co“, „Himmelsee“) zu unterschiedlichen Zeiten angezeigt. Sicher birgt die Methode der Pollenanalyse das Problem, dass die Ansprache der PK nur auf Gattungs-, Familienebene oder Verwandtschaftsebene erfolgt und nicht oder nur selten eine Artansprache ermöglicht. Dabei besteht die generelle Schwierigkeit, die Pollenvertreter für die entsprechende Fragestellung herauszuarbeiten, da sich hinter den verschiedenen Arten unter- schiedliche Indikationen verbergen können. Dasselbe gilt für die diskutierten klimaindikativen Parameter.

Bei den vorliegenden Untersuchungen hat sich die Anwendung der summierten synanthropen Taxa für das TP als geeignet bewährt. Die Betrachtung im Kontext zur Vegetationsentwicklung vor, während und nach den verschiedenen Nutzungsphasen, gilt jedoch als notwendig, um den spürbaren Einfluss menschlicher Aktivitäten abzusichern. Die bloße Betrachtung einzelner Taxa oder auch Summen (hier: Syn1, Syn2) ist für eine zufriedenstellende Interpretation nicht aus- reichend.

Lediglich das Profil „Miby“ im östlichen Zentral-Himalaya stellt hierbei eine Ausnahme dar. Die Anwendung der hier dargestellen synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) als Mittel zur Detektion menschlicher Aktivitäten ist hier nur bedingt anwendbar. Auch die Ausbreitung der Kobresia- Matten kann hier nicht wie in den beschriebenen Profilen des TP mit zunehmender Weideinten- sität bestätigt werden.

SCHWEINFURTH (1983, s. dort auch weiterführende Lit.) beschreibt für den Himalaya, dass durch Weideaktivitäten und der durch die einhergehende Eutrophie geförderte Taxa, wie Rumex, Aconitum, Primula, Heracleum (u.a. Umbelliferae), Ranunculus sowie einige Grasarten, meist eine recht gute Wasserversorgung benötigen, weswegen sie in den trockeneren Bereichen des Himalaya weniger vorkommen. Der Standort „Miby“ lässt eine relativ gute Wasserversorgung vermuten, die allerdings sehr stark schwanken kann, u.a. auch aufgrund der wechselnden Aggregatzustände (vgl. Kap. 4.2.1.6.). Diese, wie auch die Gruppe der Syn1, sind im PD in den Zeiträumen der letzten ~ 8.000 y B.P. schwach vertreten (Abb. 74, Beilage 3). Die zuvor hohen Werte spiegeln die im Spätglazial und frühen Holozän charakteristische Vegetation wider. Sie zeigen eine waldfreie oder -arme, und zugleich kräuterreiche Vegetation kalter Klimate an. Teilweise sind auch einzelne Taxa aus der rezenten Vegetation von den Lagerplätzen bekannt.

Inwieweit die Beweidung zunächst zur Bildung -oder an extremen Standorten - auch zur Zer- störung von Kobresia-Matten beiträgt, bleibt unklar und kann nur durch mehrjährige Weide- ausschlussversuche untersucht werden. Vorstellbar ist jedoch eine Zerstörung selbst der ange- passten Art K. pygmaea bei einhergehender Trockenheit und somit einer Schwächung dieser weitverbreiteten, bestandsbildenden Art. Mehr an Trockenheit angepasste Steppenelemente hätten dann nach Öffnung der geschlossenen, stark durchwurzelten Flächen Konkurrenzvorteile (s. MIEHE & MIEHE 2000). Die Öffnung der zähen Vegetationsschicht kann durch eine intensive Yakbestoßung gefördert werden.

Schneiteln oder gar Abholzen von Gehölzen, vor allem in intensiv genutzten Gebieten wie im Osten des TP, konnten bereits in diesen frühen Zeiten die Baum- und Gehölzbestände nicht nur gefährden, sondern eben gänzlich vernichten. Im Osten des TP wird dies in dieser Unter- suchung seit etwa 5.000 y B.P. am „Hai ze Shan“ bestätigt. Das Profil „Yak“, etwa 320 km ost- nordöstlich davon, zeigt eine intensive Nutzungsphase bereits vor ~ 3.500 y B.P. an, bei deut- lich degradiertem Waldland. Dass sich Bestände im potentiellen Waldland nach Nachlassen des Nutzungsdrucks wieder regenerieren können, wird dort gleichfalls deutlich (s. Kap. 4.2.3.1.). In jüngeren Phasen zeigen die pollenanalytischen Befunde im Osten des TP mindes- tens in den letzten 1000 Jahren (z.B. „Hai ze Shan“) und am Standort „Yak“ um etwa 2.000 y B.P. (135 cm), 1.500 y B.P. (115 cm), 1.000 y B.P. (85 cm) und 600 y B.P. (55 cm) starke Holz- 4. Diskussion 216 nutzungen des umgebenden Waldlandes an. Dendrochronologische und -ökologische Unter- suchungen bestätigen eine Nutzung der Hölzer z.B. durch Schneiteln in unterschiedlichen Zeiten, seit mindestens 1680, durch extreme Zuwachssteigerungen der Jahrringe (BRÄUNING 1994a).

Die gegenwärtige expositionsabhängige Bewaldung in Teilen O-TP, wie sie bereits V. WISSMANN (1961, vgl. dazu WINKLER 1998, 2000, Kap. 1.12.1.) beschrieben hat, ist sicherlich auch eine Folge menschlicher Nutzungsformen, die vor allem durch Beweidung der bevorzug- ten südexponierten Hänge ausgelöst wurde und wird. Vor allem Juniperus ersetzt ehemalige bewaldete Hänge aus Picea, Abies und Larix. Flächen abgeholzter Bestände werden von der Lichtholzart Juniperus, die zugleich als trocken-tolerant und kälteresistent gilt, besiedelt, vor- ausgesetzt, der Mensch und sein Vieh lassen dies zu. Die hier erzielten Ergebnisse bezeugen diese Vorgänge. Nach der klassischen Abfolge des BP durch seine Einwanderungs- und Etablierungsmuster zeichnen sich mit dem Anstieg von Juniperus u.a. Hinweise ab, die nach den Interpretationen europäischer Befunde als typische Indizien für eine Landnahme interpretiert werden würden (FRENZEL 1994b). Die Zunahmen der Syn1-Gruppe zeigen zunächst eine intensivere Weidenutzung an, die bei fortschreitender Intensität von Kobresia-Matten abgelöst werden. Bei Nachlassen der Nutzung schreitet die Sukzession voran. Zunächst wird dies durch die Zunahme der Werte der Syn2- Gruppe angezeigt. Bei anhaltender Extensivierung erobert das Waldland schließlich zuneh- mend die Landschaft zurück.

WINKLER (1995) bespricht die Gefahren eines anthropogenen Waldrückzuges, die dieser für das globale Klimageschehen mit sich bringt. Großflächige Zerstörungen verändern regionale Klimate und könnten die Oberflächenabstrahlung erhöhen, was eine Instabilisierung der globalen Klimamuster mit sich bringen könnte. Wie eingangs erwähnt, spielt das TP eine bedeutende Rolle für das globale Klimageschehen, vor allem durch seine Funktion und seinen Einfluss auf die Monsun- und andere Windsysteme. Es scheint, dass der Mensch nicht nur bereits seit mehreren 1000 Jahren die Vegetation und die Landschaft beeinflusst hat, sondern ebenso das Klima.

Paläoökologische Veränderungen wie Hangrutschungen (z.B. Überschiebungen in den Profilen), wie sie hier mehrfach belegt sind, können ebenso auf Aktivtitäten des Menschen und seines Viehs deuten. Diese können die Folgen von Degradation und Instabilität ursprünglich bewaldeter Hanglagen sein. Sicherlich scheint hierfür das Zusammenwirken mehrerer Faktoren verantwortlich zu sein. Solifluktion durch Frostdynamik im Wechsel mit Auftauprozessen bei gleichzeitiger Nutzung und Degradation der Hangvegetation sind wohl gemeinsam dafür ver- antwortlich (z.B. „Tsongu“, „Hai ze Shan“, „Bahsü“). Chronostratigraphische Störungen, bei zeitgleicher Zunahme der synanthropen Taxa und teils Rückgänge der Wälder, sowie Sedi- mentwechsel, schließen auch andere Fehlerquellen, z.B. durch die Bohrung selbst, aus. Diese Schichtstörungen sind nicht nur in mehreren Bohrprofilen, sondern auch in aufgegrabenen Profilen beobachtet worden (FRENZEL 2007b).

Hinweise auf Ackerbau liegen vor, sind aber bei der alleinigen Betrachtung des Pollens nicht verlässlich. Wie BEHRE (1981, 1990, 2006; vgl. FÆGRI & IVERSEN 1975) mit dem alleinigen Erscheinen von Getreidepollen vor Rückschlüssen auf den Beginn des Ackerbaus, hier nördlich der Alpen, warnt, muss auch bei der Interpretation auf dem TP vorsichtig umgegangen werden. Im Osten des TP geben die Werte des Cerealia-Pollens mögliche Hinweise auf Getreide- und Ackerbau im späten Holozän. Die Anbaugebiete sind am Standort „Tsongu“ rezent an beiden Hängen zum See bekannt. Es scheint sehr wahrscheinlich, dass die Anbauflächen auf den terrassierten Feldern der Hanglagen am Tsongu-See bereits in früher Zeit genutzt wurden. Rapsanbau könnte durch die extrem hohen Brassicaceen-Werte angezeigt sein. Da es sich um entomophile Pflanzen handelt, könnte von großen Beständen wie beim Nutzpflanzenanbau ausgegangen werden. Aufgrund der gestörten Chronostratigraphie lässt sich jedoch bestenfalls eine zeitliche Vorstellung für die letzten Jahrhunderte geben. Raps wurde danach mindestens in den letzten 100 Jahren angebaut. Am Standort „Bahsü“ können die Cerealia-Werte ggf. Hin- weise auf Getreideanbau ab Zone Ba 1d (73 cm) geben. Jedoch sind die Werte zu gering, um sicher auf den Anbau schließen zu können. Die Pollenkurve ist auch nicht geschlossen, jedoch 4. Diskussion 217 lässt Gerstenanbau ohnehin einen geringen Pollenniederschlag durch die geringe Pollen- ausschüttung infolge von Kleistogamie erwarten. Obwohl der Hordeum-Typ pollen- morphologisch nicht abgegrenzt werden konnte (s. Kap. 3.1.), wäre der Anbau von Gerste in Tibet naheliegend, wie auch andere Untersuchungen (z.B. KAISER ET AL. 2006, MIEHE ET AL. 2006, SCHLÜTZ 1999) zeigen. Der Vergleich mit den synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) als Indikatoren menschlicher Aktivitäten würde jedoch die Annahme von Ackerbau seit dieser Zeit unterstützen, am Standort „Bahsü“ sogar seit 3.000 y B.P. (Ba 1d). Bei den Analysen euro- päischer Profile werden die Werte von Getreidepollen bei der Interpretation stets mit dem Auf- treten sog. Un- und Beikräuter berücksichtigt und abgesichert (vgl. BEHRE 1981, 1990, 2006, FÆGRI & IVERSEN 1975). Vergleichbare Primärzeiger fehlen jedoch auf dem TP weitgehend.

Die pollenanalytischen Ergebnisse von THELAUS (1992), FRENZEL (1994b, FRENZEL ET AL. 1995, DAMBACH unveröffentlicht) bestätigen im Osten des TP den Eingriff des Menschen auf die Vegetation bereits ab frühestens 5.000/6.000 y B.P. bis 4.000 y B.P (vgl. Kap. 1.12.1.). Neueste Interpretationen früher unter anderen Gesichtspunkten veröffentlichter Pollendiagramme revidieren die ursprünglich angenommene späte Einflussnahme des Menschen auf die Vegeta- tion am Nianbaoyeze Shan. Die Spuren menschlicher Aktivitäten scheinen sich auch dort seit mindestens 6.000 y B.P. abzuzeichnen (SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Dies zeigt sich in erster Linie durch die Veränderung des Waldlandes, meist durch einen Rück- gang des BP und zugleich aber durch die Zunahme weidezeigender Taxa. Am Beispiel des Beckens von Zoigê konnte der erstmalige spürbare Eingriff auf die Vegetation, vornehmlich durch den Einfluss der Yakbeweidung durch die tibetischen Hirtennomaden ab mindestens > 5.000 y B.P (FRENZEL 1994b, FRENZEL ET AL. 1995, DAMBACH unveröffentlicht) bzw. ~ 4.000 y B.P. (THELAUS 1992) gezeigt werden. Ab etwa 2.000 y B.P (FRENZEL 1994b, DAMBACH unver- öffentlicht) wurde anhand der Zunahme auf Beweidung hindeutender Taxa eine Intensivierung dieser interpretiert. Dass der Mensch zumindest mitverantwortlich für den Rückgang des Wald- landes und für die Vegetationsveränderung ist, und zwar in erheblichem Maße, zeigt auch die Tatsache, dass genau diese Entwicklungen in demselben Gebiet zeitlich variieren. Dies spricht ebenso gegen die Annahme, die Ursachen rein klimatisch zu deuten. WANG FUBAO ET AL. (1996) und LIU GUANGXIU ET AL. (1994b) deuten die markanten Rückgänge des Waldlandes im Hongyuan County als klimatische Veränderungen durch die Abnahme der Niederschläge. Dabei sprechen genau die unterschiedlichen Zeiten dieser Veränderungen um ~ 4.050 y B.P. („Wasong section“) und um etwa 6.000 y B.P. („No. 2 pit section, WANG FUBAO ET AL. 1996, vgl. LIU GUANGXIU ET AL. 1994b) gegen klimatische Ursachen. Rückgänge beispielsweise der Niederschläge in demselben Gebiet müssten sich auch zeitgleich abzeichnen. Aber genau die Unterschiede in Raum und Zeit, die sich z.T. sehr sprunghaft ändern können, zeigen alleine schon, dass der Mensch und sein Vieh in den Haushalt der Natur bereits zu jener Zeit ein- griffen.

Der faunistische Nachweis anhand von Knochenartefakten wildlebender Tiere um das mittel- holozäne Optimum um etwa 5.000 y B.P. (4.955 ± 100 y B.P.) in der Nähe von Qamdo, O-Tibet, gibt nach HUANG WEIWEN (1994, vgl. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004 s. auch weitere Lit. dort, CPAM 1985, LI XIÄN 1991) nicht nur einen Nachweis für die Besetzung des TP sowie der damaligen Fauna, sondern auch Hinweise auf ein wärmeres und feuchteres Klima. Damit wird das mittelholozäne Klimaoptimum auch in dieser Hinsicht bestätigt. Eine mögliche Veränderung seit dieser Zeit, die sich z.B. auch in der Abnahme bzw. durch das Abwandern bis hin zur völligen Ausrottung einzelner Tierspezies äußern kann, sollte auch in der Hinsicht einer bereits damaligen Störung der Wildfauna durch den Menschen betrachtet werden. In Mitteleuropa wird ein Zusammenhang zwischen der Veränderung der Fauna seit dieser Zeit und den ersten An- wendungen verbesserter Jagdtechniken vermutet (SÖFFNER 1982, mdl. Mitt. B. FRENZEL).

Abb. 56 zeigt die Lage bedeutender neolithischer Fundstellen auf dem TP. Obwohl vielfach die Zugehörigkeiten der verschiedenen Kulturen bisher unzureichend geklärt sind, gibt die Vertei- lung der bisherigen Fundstellen bedeutende Hinweise auf den potentiellen und teils pollen- analytischen Nachweis früher menschlicher Aktivitäten. Die dort dargestellen Fundstellen Xioenda (Nr. 3), Karou (Nr. 4) und am großen Knie des Yarlung Zangbo (Nr. 5) sind hierbei für die Profilstandorte im Osten des TP („Yak“, „Hai ze Shan“) sowie Qugong (Nr. 6), 5 km nördlich von Lhasa, für die Profile am Nam Co von Bedeutung. 4. Diskussion 218

Abb. 56: Neolithische Fundstellen auf dem Tibetischen Plateau. 1: Liuwan; 2: Neolithische Fundstellen „Qinghai“; 3: Xioenda; 4: Karou; 5: Neolithische Fundstellen am großen Knie des Yarlung Zangbo; 6: Qugong; 7: Qinba; 8: Changguogou; 9: Bangga; 10: Dindun; 11: Kyunglung (aus ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004).

Dabei können Zusammenhänge zwischen zunehmenden synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) und einzelnen Kulturen hergestellt werden. Der spürbare menschliche Einfluss auf die Vegeta- tion zeichnet sich am „Hai ze Shan“ ab etwa 5.000 y B.P. ab. Zeitgleich fallen etwa 200 km (Luftlinie) südwestlich davon die Fundstellen der Karou-Kultur auf. Am Nam Co zeichnet sich in dem Profil „Himmelsee“ um etwa 5.200 y B.P. (80 cm) eine kurze Phase mit auffallend hohen Werten der synanthropen Taxa (Syn1) ab. Die Qugong-Kultur, ~ 5 km nördlich von Lhasa, war vermutlich zwischen 1750 B.C. und 1100 B.C. aktiv (ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). Der Einfluss dieser Kultur kann mit den pollenanalytischen Befunden und Veränderungen am Nam Co nicht nachgewiesen werden, jedoch ist der menschliche Einfluss in dieser Zeit bereits spür- bar. Im Zentrum des TP und auch auf der im Nordwesten sich anschließenden Qang-Tang- Ebene war der Mensch jedoch bereits seit dem Paläolithikum aktiv (z.B. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, FRENZEL ET AL. 2001).

Wie in Kap. 1.13./1.13.1. dargestellt, gibt es zahlreiche archäologische Hinweise zu den frühen menschlichen Aktivitäten seit mindestens dem Paläolithikum auf dem TP, welche die pollen- analytischen Ergebnisse hinsichtlich der Einflussnahme des Menschen auf die Ökosysteme des TP in früher Zeit unterstützen (vgl. auch Kap. 4.7.). Aus O-Nepal sind ebenso Fundplätze beispielsweise aus der Rato Khola Area seit mindestens dem Mesolithikum bekannt (CORVINUS 2007). Das untersuchte Profil auf der tibetischen Seite des östlichen Zentral-Himalaya am Standort „Miby“ lässt nach bisherigem Kenntnisstand jedoch keinen deutlichen Einfluss des Menschen in dieser Zeit ablesen.

In den 7000 Jahre alten Eisbohrkernen des zentralen TP fallen die Aërosole, die Ionen wie etwa 3- 2- + + + NO , SO4 , Na , K , NH4 enthalten, vor allem in der Zeit zwischen etwa 6.500 y B.P. und 5.500 y B.P. auf. Staub-, Ionenwerte und Aërosole in den Abschnitten 6.500, 4.700, 3.800 und 3.300 y B.P. können nicht richtig gedeutet werden, u.a. weil sie nicht in direktem Zusammenhang mit den stabilen Isotopen δ18O stehen (THOMPSON ET AL. 2006). Vielleicht zeichnet sich hier ein früher menschlicher Einfluss auf die Ökosysteme im Holozän ab. Aus Europa sind Aërosole als Indikatoren menschlicher Aktivitäten (z.B. SMETTAN 1995) und Korrelationen von Stäuben mit Siedlungszeigern (z.B. KRAMM 1978) bekannt.

4. Diskussion 219

Die vielfach angewandte Biomrekonstruktion als Mittel zur Klimarekonstruktion muss nach diesen Ergebnissen als kritisch angesehen werden. Charakteristische Gattungen und Familien wie Artemisia, Cyperaceae, Poaceae, etc. können sowohl Elemente beispielsweise einer natür- lichen Steppe sein, als auch menschenverursachte „Steppen“ charakterisieren. Die Biom- rekonstruktionen an sich haben sich jedoch bewährt (z.B. YU GE ET AL. 1998, YU G. ET AL. 2000, PRENTICE ET AL. 1996 für Europa). YU GE ET AL. (1998) schließen Proben von stark menschen- beeinflussten Gebieten aus den Biomrekonstruktionen aus, sowie Proben mit hohen Prozentsätzen von Gramineae, hervorgerufen durch ackerbauliche Nutzung. Welche Standorte sind jedoch stark vom Menschen beeinflusst, wenn wir es überhaupt vielfach mit menschen- verursachten Steppen zu tun haben, die vielerorts den Eindruck erwecken, es handelt sich hier- bei um alpine Wiesen und Matten als natürliche Vegetation? Klimamodellierungen würden dann daraus einen Trend der Aridisierung ableiten.

Der spürbare menschliche Einfluss auf die Vegetation ist auf dem TP also seit mindestens etwa 6.000 bis 5.000 y B.P. fassbar. Die Ausmaße sind jedoch regional und zeitlich verschieden. Gleichzeitig kann etwa in diesem Zeitraum eine Klimaverschlechterung nach dem Klima- optimum festgestellt werden. Doch scheint diese Verschlechterung nicht so stark einfluss- nehmend zu sein, wie die Rekonstruktionen zahlreicher pollenanalytischer Arbeiten oftmals annehmen. Dies muss auch hinsichtlich der heute bis in maximal 4700 m NN Höhe auftreten- den Baum- und Waldgrenze berücksichtigt werden. Die pollenanalytischen Ergebnisse in ihren Abfolgen geben keinerlei Hinweise auf klimatische Veränderungen, die derart massiv und alleinig für die Veränderung der Vegetationsformationen auf dem TP seit etwa 6.000 - 5.000 y B.P., vor allem des Waldrückzuges im O-TP, verantwortlich sein können.

4.5. Wald oder Steppe – Klima oder Mensch?

Der Mensch und sein Vieh veränderten also die Vegetation auf dem TP seit mindestens 6.000 bis 5.000 y B.P.. Nach den hier pollenanalytisch gewonnenen Befunden und nach der kritischen Betrachtung der bereits erschienenen vegetationsgeschichtlichen Publikationen gibt es zahlreiche Gründe, die für eine Veränderung der Vegetation und des Waldlandes aufgrund menschlicher Einflüsse sprechen - obwohl YU GE ET AL. (2001) die Vegetation auf dem Plateau als rein natürlich und als durch den Menschen „ungestört“ beschreiben, weshalb sie das TP als idealen Untersuchungs- raum zur Klimarekonstruktion einstufen. Das TP stellt sich jedoch nach den hier dargestellten Befunden in weiten Teilen zumindest seines Ostteiles und Zentrums als Kulturlandschaft i.w.S. dar.

Die Zeiten der Waldveränderungen oszillieren, wie mehrfach dargestellt, in den unter- schiedlichen Untersuchungsgebieten sehr stark (z.B. FRENZEL 1994b, LIU GUANGXIU ET AL. 1994b, MORILL ET AL. 2006, SHEN CAIMING 2003, SHEN HUIYAN ET AL. 2007, THELAUS 1992, WANG FU-BAO & FAN C.Y. 1987, WANG FUBAO ET AL. 1996, WU YANHONG ET AL. 2006, XU HAI ET AL. 2006, YANG BAO ET AL. 2004, ZHU DA-GANG ET AL. 2003, ZHU LIPING ET AL. 2007, u.a., s. Kap. 1.12.1.). Klimatische Ursachen müssten sich aber in zeitgleichen Veränderungen gleicher Regionen abzeichnen. Bei der Beurteilung, inwiefern die Steppenvegetation vor allem im Osten des TP durch den Menschen und seinen Aktivitäten verursacht wurde, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Die Summierung und Betrachtung der synanthropen Taxa, wie sie hier angewandt wurde, bildet dabei eine Möglichkeit, den menschlichen Einfluss zu erfassen. Das Problem besteht darin, dass die synanthropen Taxa Vertreter der dortigen natürlichen Vegetation sind. Durch Selektion erreichen diese gegenüber weideempflindlichen Taxa Konkurrenzvorteile. Die Abschätzung, wie intensiv sich die Eingriffe auf die Ökosysteme abzeichnen, ist schwierig (s. Kap. 4.7.). Die Summe der Syn1 als Zeigergruppe für eine intensivere Nutzung ist aller Wahr- scheinlichkeit nach a) nur im potentiellen Waldland oder b) zu potentiellen Wald- /Baumwachstumszeiten geeignet. Dafür spricht die Tatsache, dass sie Bestandteil der natürli- chen Vegetation und eben der baumlosen bzw. baumarmen Vegetation sind. Die Summen der synanthropen Taxa (Syn1-Gruppe) verändern sich in Abhängigkeit der Nutzungsintensität in 4. Diskussion 220 den verschiedenen untersuchten Regionen, vor allem jedoch seit 6.000 - 5.000 y B.P., seit ~ 3.000 y B.P. und ~ 1.000 y B.P. stark (vgl. Kap. 4.7.). Das Profil „Yak“ im Osten des TP zeigt sogar eine Wiederbewaldung ab etwa 2.500 y B.P. nach einer relativ „waldarmen“ Periode an. Diese Vegetationsentwicklung steht viel mehr im Zusam- menhang mit menschlichen Aktivitäten als mit klimatischen Einflüssen, die in dieser Zeitspanne einen kälter und trockener werdenden Trend vermuten lassen. Die Ursachen dieser Vegetati- onsveränderungen sind also dort stärker bei den Aktivitäten des Menschen zu suchen. Klima- tische Veränderungen können dafür nicht dominant sein.

Der Waldrückzug wurde, wie mehrfach hervorgehoben, bisher meist klimatisch gedeutet, obwohl es keine eindeutigen Klimazeiger in der Pollenflora gibt. Es sind lediglich Verhältnis- berechnungen wie z.B. Artemisia/Chenopodiaceen (A/C) u.a. sowie herkömmliche Interpre- tationsmethoden anhand von ökologischen Gruppen einzelner Taxa angewandt worden (s. Kap. 2.8.4.). JARVIS (1993) konnte jedoch überzeugend durch die pollenanalytischen Ergebnisse eine klima- tische Abfolge unterschiedlicher Waldtypen seit dem Spätglazial bzw. frühen Holozän für SW- Sichuan aufzeigen. Auch andere Untersuchungen im Südwesten Chinas zeigen aufgrund pollenanalytischer Ergebnisse eine mehr oder weniger ähnliche Abfolge charakteristischer Waldsysteme seit dem Spätglazial, die klimatisch gedeutet werden kann. Der menschliche Einfluss auf die Vegetation wird dort erst etwa in den letzten 1000 Jahren deutlich. Kobresien, vor allem K. pygmaea, sind in den trocken-kalten „Steppen“ und Matten verbreitet, lediglich K. schoenoides findet man auf nassen und feuchten Standorten. Wie bereits mehrfach im Text dargestellt, zeigen die verschiedenen Arten dieser Gattung unterschiedliche ökologi- sche Amplituden auf. Die dichten, kurzrasigen Kobresia-Matten bilden jedoch weitgehend Ersatzgesellschaften, die sich u.a. durch mehr oder weniger intensive Beweidung eingestellt haben (vgl. MIEHE & MIEHE 2000, MIEHE ET AL. 2008b, vgl. Kap. 1.9.). Teilweise liegen diese Matten auch zwischen bewaldeten Gebieten, was ebenfalls auf Ersatzgesellschaften hinweist (KAISER 2004). Morphologisch lassen sich jedoch die PK einzelner Arten der Cyperaceen, nicht einmal unter- schiedlicher Gattungen, eindeutig unterscheiden (vgl. BEUG 2004, s. Kap. 2.8.4. und Kap. 3.1.). Nicht nur innerhalb der Gattung Kobresia gibt es extreme ökologische Unterschiede, sondern eben auch bei den zahlreichen Carex-Arten. Vertreter der feuchten Standorte, wie man sie vielfach u.a. an Moorstandorten findet, sind aufgrund ihrer lokalen Stärke und Nähe und ihrer Pollenverbreitungsform in hoher Zahl im Pollenniederschlag repräsentiert. Deswegen werden sie u.a. nicht in die Pollensumme mit eingerechnet. Zwischenzeitlich bestärken pedologische, botanische und geochronologische Ergebnisse immer mehr die Verbreitung der Kobresia- Matten unter Einfluss der Weideaktivitäten von Yaks und anderen Weidetieren (KAISER 2005, KAISER ET AL. 2008, MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Es gilt als sehr kritisch, wenn sogar unmöglich, durch Pollentaxa der Cyperaceen auf klimatische Veränderungen zu schließen, und zwar auch nur auf diese, ohne den menschlichen Einfluss auf die Vegetation zu berücksichtigen, wie vielfach angewandt wird. Es wäre nur dann die Möglich- keit gegeben, beispielsweise Parameter wie den bioklimatischen Index A/C anzuwenden, wenn wie von GASSE ET AL. (1991, 1996), VAN CAMPO & GASSE (1993) und VAN CAMPO ET AL. (1996), die tatsächlichen Arten in der Umgebung des Standortes berücksichtigt werden. Bisher wurde das nur wenig beachtet. Aufgrund des „Ausschlussprinzips“ wurde von den genannten Autorengruppen angenommen, dass die Chenopodiaceen für die Berechnung des A/C-Verhältnisses hauptsächlich von der Wüstenvegetation stammen, während Artemisia die Steppenvegetation widerspiegelt, deren Artenvorkommen auch eindeutig erfasst wurde. Dieser Rückschluss wurde gezogen, weil die Seespiegelschwankungen nicht mit denen des Chenopodiaceen-Pollens korrelieren, der dort als Blütenstaub halophiler Vertreter aus den niedrigen, regressiven Seerandbereichen stammen könnte. Obwohl berücksichtigt wurde, dass die prozentualen Anteile der Chenopodiaceen, heutiger „wüstenbewohnender“ Vertreter mit den Anteilen aus Oberflächenproben des Profils vergleichbar sind, ist dennoch nicht sicher auf die selben Arten im gesamten Holozän und Spätglazial zu schließen. Es kann nur vermutet werden.

4. Diskussion 221

Weitere Indizien, wie z.B. Seespiegelschwankungen, Gletschervorstöße, das Vorkommen fossiler Böden sowie der Beginn und die Entwicklung von Moorwachstum (u.a. FRENZEL 1994ab, 2002b, FRENZEL ET AL. 1995) ergeben kein eindeutiges Bild, was auf starke, einfluss- nehmende Klimaveränderungen in dieser Zeit hinweisen würde. Andere Untersuchungen zu Klimarekonstruktionen beispielsweise im jüngeren Holozän lassen auf Klimaereignisse, wie z.B. „Mittelalterliches Klimaoptimum“ und „Kleine Eiszeit“ in weiten Teilen des TP schließen (BRÄUNING 2002, 2006, BRÄUNING & LEHMKUHL 1996, HELLE ET AL. 2002, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009, YANG BAO ET AL. 2003ab, 2004). Regionale Temperatur- unterschiede zeichnen sich dennoch ab. Die im mittleren und jüngeren Holozän vermehrt auftretenden Gletschervorstöße hängen eher mit zunehmenden Sommermonsunintensitäten zusammen (z.B. BRÄUNING 1998, 2006, BRÄUNING & GRIEßINGER 2006, FENG SONG & HU QI 2005, FRENZEL 2000a, HELLE ET AL. 2002, YANG BAO ET AL. 2003ab). Erklärungsversuche sind dann eher durch zunehmende Sommer- monsunintensitäten bzw. eine zunehmende Saisonalität gegeben als durch einen Klimatrend hin zum Trockener und Kälteren. Die Gletscher werden schließlich durch die Niederschläge des Sommermonsuns gespeist.

Diese Begründungen erklären dann auch, warum sich in SW-Sichuan eine Abfolge unterschied- licher Waldtypen während des Holozäns abzeichnet. Die unterschiedlichen Waldtypen bilden sich durch die Veränderungen des Sommermonsuns und seiner Intensitätsunterschiede aus (JARVIS 1993). Offensichtlich greift dieser Effekt nicht so charakteristisch und weniger extrem in anderen Teilen des TP. Vielmehr wurden offenbar die holozänen Vegetationsveränderungen, vor allem im Osten des TP, vom Menschen ausgelöst. Es scheint aber auch so zu sein, dass in weniger extremen Klimaten, also in Gegenden, in denen Waldwachstum sehr gut möglich ist, der menschliche Einfluss weniger zerstörerisch auf die Vegetation wirkte. Das zeigen die Bei- spiele in Yunnan (z.B. SUN XIANGJUN ET AL. 1987) oder eben auch SW-Sichuan (JARVIS 1993). Standorte in empfindlichen Ökosystemen mit extremen Klimaten oder im Übergangsbereich von Waldland und Steppe, reagieren jedoch deutlich sensibler auf den Einfluss des Menschen. TROLL (1972) legte verschiedene Ursachenkomplexe bzgl. der oberen Waldgrenze in Trocken- gebieten oberhalb des Wolkengürtels zugrunde und ließ von Fall zu Fall offen, ob dabei eher thermische oder hygrische Faktoren bestimmend bzw. limitierend waren. Und gerade die Empfindlichkeit dieses Raumes, nahe an der klimatischen Trockengrenze, scheint selbst bei geringen Störungen aufgrund des schwachen Regenerationspotentials aus- schlaggebend zu sein, um markante Veränderungen in der Vegetation auszulösen (s. Kap. 1.12.1.).

Oft werden die Rückschlüsse aufgrund einzelner Ergebnisse eines Standortes auf das gesamte TP bezogen, so wie in WANG FU-BAO & FAN C.Y. (1987). Dort wurde ein zumindest flecken- haftes Waldvorkommen im Süden des Plateaus sowie an den Nordhängen des Gangdise Gebirges für die Zeit zwischen 7.500 bis 3.000 y BP (Qilongduo Interval) anhand von pollen- analytischen Befunden beschrieben. Heutige, ähnliche Waldvorkommen finden sich nach den Autoren an den Südhängen des Himalaya unterhalb 3800 m NN wieder. Dort herrschen durch- schnittliche Jahrestemperaturen von etwa 5 °C. Diese Temperaturannahme wird auf das gesamte Qinghai-Xizang Plateau während dieser Zeit übertragen, obwohl dieselben Autoren erwähnen, dass es genau in dieser Zeit zu einer Ausbreitung der menschlichen Aktivitäten in die nördlichen Gebiete kam.

Im heutigen Verbreitungsgebiet von Waldland auf dem TP sind die höchsten Wald- und Baum- grenzen zwischen dem südlichen Zentral-TP und O-TP dargestellt (s. Abb. 6 Kap. 1.12.1.). Es gibt auch keinen Zweifel daran, dass die Hochebene des TP natürlich, klimatisch waldfrei ist und vermutlich schon immer war. Die Ergebnisse am Nam Co (Profil „Himmelsee“) zeigen jedoch im frühen Holozän zwar uferbegleitende Gehölze wie beispielsweise Hippophaë und Salix an. Echte Waldbestände hat es dort im Holozän jedoch nie gegeben, wie z.B. von WU ZHONGHAI ET AL. (2003, vgl. ZHU DA-GANG ET AL. 2003) angenommen wurde. Die Situation stellt sich in O-Tibet und W-Sichuan anders dar. Dort war seit dem frühen Holozän der Wald sehr viel stärker verbreitet (z.B. „Hai ze Shan“). Inwieweit das Waldland während des Holozäns nördlich der heutigen Verbreitungsgrenze verbreitet war, lässt sich nicht genau klären. Das Profil „Shih ch’ü“ zeigt zumindest in den letzten ca. 5.200 Jahren (y B.P.) keinen geschlossenen Wald an. 4. Diskussion 222

Für die Zeiträume zuvor, also bis in das Frühe Holozän und Spätglazial zurück, liegen an diesem Standort keine Ergebnisse vor. Es könnte sich bei diesem Standort auch um die Aus- läufer der früheren Waldverbreitungsgrenze handeln, die in dieser Region waldfrei waren oder nach N und NW hin ausgelaufen sind.

Die in dieser Arbeit erzielten pollenanalytischen Ergebnisse zeigen, dass die natürliche Aus- breitung des Waldlandes ohne den Einfluss des Menschen und sein Vieh stärker und weiter von dem heutigen Waldland über die heutige Steppe hinausreichen würde. Dennoch werden zum Trockeneren und Kälteren hin, also auch mit ansteigender Höhe und zunehmenden Breiten- bzw. abnehmenden Längengraden auf dem TP, schnell klimatische Grenzen erreicht. Die Aus- breitung der heutigen Steppe, bis nach O-Tibet und W-Sichuan hinein, ist weitgehend also auch eine Folge des menschlichen Eingriffs in den Haushalt der Natur. Der Mensch hat demnach eine sich bis heute ausbreitende „Versteppung“ zu verantworten.

Klima und Mensch sind für die holozäne Vegetationsentwicklung gemeinsam verantwortlich. Dem Menschen muss bereits für die frühen Zeiten des Holozäns eine weit höhere Verantwor- tung angerechnet werden als bisher angenommen. Die Ökosysteme des TP sind z.T. aufgrund ihrer extremen abiotischen Standortfaktoren empfindlich, so dass bereits extensive Eingriffe des Menschen und seines Weideviehs gravierende Folgen für die Vegetation und Ökologie haben können. Dies zeigen die Ergebnisse aller Profile. Die Befunde des Profils „Hai ze Shan“ zeigen deutlich die Gefahren einer menschenverursachten Ausbreitung der Steppe. Dieses Profil liegt im Übergangsbereich des heutigen Waldlandes zur Steppe. Häufig weisen Baumscheiben enge Jahrringe auf, was auf ein extrem langsames Gehölzwachstum schließen lässt (mdl. Mitt. B. FRENZEL). Für die Regenerationsfähigkeit des Waldes ist dies ein zusätzliches Erschwernis.

4.6. Eignung der BP/NBP-Anteile zur Beurteilung menschlicher Aktivitäten oder klimatischer Veränderungen

Über die Frage, inwieweit der BP als Parameter für offene Landschaften fungieren kann, wurde schon viel diskutiert (vgl. DAMBACH 2000 und Lit. dort, s. Kap. 2.8.3.). Die Eignung des BP als repräsentativem Parameter für Wald ist problematisch. Es scheint, dass die BP-Werte in Trockengebieten vom Waldland und –rand hin zum Offenland (z.B. Steppe) in Relation deutlich abnehmen. Die Gründe für die „Überpräsenz“ in Tundren sowie „Unterpräsenz“ in Steppen bleiben unklar. Es könnte z.B. auch an den höheren Feuchtigkeits- gehalten in den Proben der Tundren liegen, welche u.a. für die Fixierung der Sporomorphe ver- antwortlich sind (FRENZEL 1969, 2004). Bei der Darstellung des BP in Pollendiagrammen handelt es sich um Prozentwerte. Steppenvertreter wie beispielsweise Arten aus den Gattungen Artemisia, Thalictrum und starke Pollenproduzenten wie Cyperaceen sind deshalb überrepräsentiert bzw. sehr stark vertreten. Wichtig ist demnach, wie sich der BP und i.A. die dargestellten Taxa im PD zueinander verhalten, d.h. wie stark sie sich verändern, ab- oder zunehmen. Beispielsweise konnte FRENZEL (1969) anhand des Literaturstudiums BP-Werte in Tundrengebieten N-Sibiriens und N-Amerikas von 5 % bis ca. 55 % ermitteln in etwa 400 - 500 km Entfernung jenseits der polaren Waldgrenze (vgl. auch FÆGRI & IVERSEN 1975).

Es bleibt zu berücksichtigen, dass bereits geringe BP-Prozentwerte einzelner Taxa in bewal- deten Gebieten Mitteleuropas Hinweise auf das tatsächliche Vorkommen geben (z.B. DAMBACH 2000). Nachweise von Makroresten würden die Annahmen, ob Baumtaxa bei geringen Pro- zentwerten anwesend waren, unterstützen. Auf die Problematik, dass der BP in schwachen Vegetationsformationen überrepräsentiert sein kann, wurde bereits mehrfach hingeweisen. Unklar bleibt jedoch, welche Prozentzahlen das Ausmaß der tatsächlichen Vorkommen von Gehölztaxa standortspezifisch widerspiegeln (s. Kap. 2.8.3.). Korrekturfaktoren, welche die höhere Pollenproduktion der windblütigen Bäume ausgleichen sollen, sind jedoch in lichten Wäldern nicht hilfreich, wie Untersuchungen mehrerer Standorte einzelner Landschaften Mittel- europas gezeigt haben. Freistehende Bäume beispielsweise am Waldrand oder in aufge- lockerten Beständen produzieren mehr Pollen und gleichen die scheinbar geringere Arten- präsenz aus (DAMBACH 2000 und Lit. dort). An den hier untersuchten Standorten auf dem TP ist 4. Diskussion 223 es auch in dieser Hinsicht besonders schwierig, den tatsächlichen Waldbestand früherer Zeiten anhand des BP abzuschätzen, da in mehreren Profilen (z.B. „Hai ze Shan“) die Ergebnisse auch in früheren Zeiten für lückige Baum- und Waldbestände sprechen. Hierbei ist allerdings die dortige Reliefabhängigkeit der Vegetation zu beachten. Nahe der dortigen Trockengrenze des Waldlandes ist dieses - heute - auf die steileren Berghänge beschränkt, wogegen die oft breiten Tiefländer durch eine steppenartige Vegetation charakterisiert sind. Dieser Gegensatz ist sicher durch den Menschen und sein Vieh verstärkt worden.

In den pollenanalytischen Arbeiten in S-Tibet nahe Lhasa (MIEHE ET AL. 2006) stellen die Pollenwerte von Juniperus mit etwa 10 % sicherlich tatsächliche Bestände dar. Die Unter- suchungen in Damxung von SCHLÜTZ (2006) belegen eine kurze Wegstrecke der Pollen- verfrachtung, so dass geringe Prozentwerte bereits auf tatsächliche Bestände schließen lassen. Die geringen Werte mit < 2 % bei Betula und 5 % bei Hippophaë in S-Tibet oder etwa in der südlichen Mongolei (MIEHE ET AL. 2007b) Betula-Werte < 4 % werden zusammen mit Pinus jedoch als tatsächliche Waldvorkommen interpretiert. Sogenannte Pollen-„cluster“ („pollen- clumps“) von Betula sollen die lokale Anwesenheit der Birke bestätigen (MIEHE ET AL. 2007b). Bei solchen geringen BP-Werten ist jedoch eine Interpretation hinsichtlich damaliger Wald- bestände als kritisch einzustufen und auch die Funde von Pollen-„cluster“ müssen kein Hinweis für die lokale Anwesenheit der Mutterpflanze sein und können ebenso aus dem Fern- oder Weitflug stammen.

Um so wichtiger ist es, einen direkten Vergleich von Oberflächenproben an dem untersuchten Standort herzustellen, um die rezente Vegetation mit dem tatsächlichen Pollenniederschlag zu vergleichen (s. Kap. 2.2. und Kap. 2.8.3.). Dennoch bleiben die Schwierigkeiten bestehen, da sich die Standortverhältnisse über das Holozän bzw. seit dem Spätglazial massiv änderten. Der relative BP-Niederschlag ändert sich mit den sich ändernden Waldanteilen eines Standortes, welche durch weitere Parameter ebenso angezeigt werden. Das zeigen die Profile im Osten des TP in dieser Arbeit deutlich.

Die Ergebnisse von Oberflächenproben des TP geben den rezenten Pollenniederschlag des BP der heutigen Waldverhältnisse recht gut wieder (SHEN CAIMING 2003, YU GE ET AL. 2001, vgl. YU GE ET AL. 1998, YU G. ET AL. 2000).

Aus den Oberflächenproben eines Transekts in der südlichen Mongolei ergeben sich folgende BP/NBP-Verhältniszahlen: 8,5 zeigen Spektren dichter Wälder an, die sich hauptsächlich aus Pinus, Picea, Betula und Quercus zusammensetzen. Offenes Waldland weist Werte von 4 in der „woodland-grassland“-Zone und 2,5 in der „woodland-steppe“-Zone auf. Unbewaldete Steppenlandschaften spiegeln Durchschnittswerte unter 0,2 wider (LIU H. ET AL. 1999).

Die BP-Werte aus den Oberflächenproben von Seen des TP reichen in bewaldeten Gebieten nicht über 50 %. Die BP/NBP-Verhältniszahlen liegen entsprechend zwischen 0,2 und 0,8. Die BP/NBP-Verhältniszahlen der Oberflächenproben (Abb. 75, Beilage 3) dieser Untersuchung entsprechen den beschriebenen Charakterzahlen weitgehend. Die Werte in den heute weitge- hend unbewaldeten Regionen liegen zwischen < 0,1 und 2,1. Die höheren Werte stammen von den Standorten, in denen in geringer Entfernung mehr oder weniger klare Waldvorkommen sind („Tsongu“ = 0,4; „Shih ch’ü“ = 0,2; „Chudra“ = 0,3; „Bahsü“ = 0,7; „Miby“ = 2,1). Der Standort „Miby“ weist in dieser Untersuchung die höchste BP/NBP-Verhältniszahl auf: er liegt unmittelbar an der heutigen Baumgrenze und weist insgesamt die höchsten BP-Prozentwerte mit ~ 68 % auf. Sehr geringe Werte von BP/NBP sind im waldfreien Zentral-TP am Nam Co zu erwarten, diese liegen weitgehend bei ≤ 0,2 („Nam Co“ = 0,2; Nam Co Oberfläche Nam 2 (mit Androsace alpina-Typ) = < 0,1; Nam Co Oberfläche Nam 2 (ohne Androsace alpina-Typ) = 0,9; Nam Co Oberfläche Nam 4 = < 0,1 = 0,03; „Himmelsee“ = 0,1). Eine Ausnahme bildet die Oberflächenprobe Nam 2, bei welcher der überrepräsentierte Androsace alpina-Typ nicht mitberechnet wurde. Einzelne PK des BP als Fernflug schlagen hier relativ hoch zu Buche.

Eine Abnahme des BP kann aber auch bei lokaler Anwesenheit von Gehölzen eine Ver- ringerung der Gehölzvegetation bedeuten, ob klimatisch oder durch den Menschen, bleibt unklar. Die zunehmende Entfernung der BP-Produzenten oder aber auch eine Abschwächung entscheidender Windmuster, die PK mit sich führen, können ebenso zu einer Abnahme des BP 4. Diskussion 224 führen (BRÄUNING 2002). Der Anteil von Fremdpollen und auch Fernflug, im Falle einer Ver- stärkung von Windzirkulationen, müsste dann zunehmen (FRENZEL 1994b).

In den Abb. 57 bis Abb. 65 sind ausgewählte Graphen der einzelnen Profile dargestellt.

Profil „Yak“ 32°22’ N / 102°25’ E ~ 3635 m NN

Abb. 57: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Yak“. 4. Diskussion 225

Profil „Tsongu“ 31°39’ N / 100°16’ E ~ 3600 m NN

Abb. 58: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Tsongu“. 4. Diskussion 226

Profil „Hai ze Shan“ 31°59’ N / 100°16’ E ~ 4100 m NN

Abb. 59: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Hai ze Shan“. 4. Diskussion 227

Profil „Shih ch’ü“ 33°00’N / 98°03’ E ~ 4430 m NN

Abb. 60: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Shih ch’ü“. 4. Diskussion 228

Profil „Chudra/Chudra-Monolith“ 30°44’ N / 96°50’ E ~ 4600 m NN

Abb. 61: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Chudra/Chudra-Monolith“. 4. Diskussion 229

Profil „Bahsü“ 29°39’ N / 96°44’ E ~ 4350 m NN

Abb. 62: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Bahsü“. 4. Diskussion 230

Profil „Nam Co“ 30°44’40’’ N / 90°58’40’’ E ~ 4780 m NN

Abb. 63: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Nam Co“. 4. Diskussion 231

Profil „Himmelsee“ 30°44’30’’ N / 90°55’30’’ E ~ 4700 m NN

Abb. 64: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Himmelsee“. 4. Diskussion 232

Profil „Miby“ 27°58’54’’ N / 87°12’35’’E ~ 4330 m NN

Abb. 65: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Miby“.

Bei BP-Summen ist zu beachten, ob in denen die Sträucher enthalten sind. Da Sträucher wie Rosaceae pp, z.B. Potentilla-Typ, auch beispielsweise durch Beweidung gefördert werden können (Syn2-Gruppe), würde sich dann bei der Betrachtung des BP, einschließlich der Sträucher, ein falsches Bild abzeichnen. Der Mensch und sein Vieh als potentielle Verursacher von Waldrückzug und –veränderung, tragen in diesem Falle aber möglicherweise sogar zu einer Zunahme der Strauchvegetation, bei gleichzeitiger Abnahme des Waldanteiles, bei. Dieser Effekt wäre bei einer Betrachtung des BP allein nicht zu erkennen (vgl. Abb. 59 „Hai ze Shan“). Der Vergleich mit den Kurven der synanthropen Taxa lässt in vielen Fällen dagegen die Ursachen der Vegetationsveränderungen besser ableiten. So zeichnen sich antagonistische Verläufe in den Profilen „Yak“, „Tsongu“, „Hai ze Shan“, „Shih ch’ü“, „Bahsü“, „Nam Co“, „Himmelsee“ ab. Das Profil „Chudra“ bildet dabei eine Ausnahme als Standort oberhalb der Waldgrenze. Die Kurvenverläufe der einzelnen Parameter am Standort „Miby“ sind vermutlich weitgehend nicht auf den menschlichen Einfluss zurückzuführen.

Der BP allein als Parameter ist demnach nicht sehr gut geeignet, da sowohl klimatische Ver- änderungen des Waldlandes (wie eindrucksvoll von JARVIS 1993 in SW-Sichuan gezeigt wurde), als auch der Mensch durch sein direktes (Abholzen, Schneiteln, etc.) und latent 4. Diskussion 233 indirektes Eingreifen (Beweidung, schleichendes Schneiteln) mit sich änderenden BP-Werten antwortet. Viel wichtiger ist die Artenzusammensetzung. Beispielsweise stellt Juniperus als Licht- und Pionierzeiger einerseits den Beginn der Einwanderung und Etablierung von Wald auf dem TP dar. Andererseits zeigt diese Gattung aber auch Störungen an, die der Mensch durch Rodungen oder durch Beweidung mit seinem Vieh in bestehendem Waldland verursacht hat. Die Änderungen der Prozentwerte in zeitlicher Abfolge im PD bei gleichzeitiger Betrachtung der Veränderungen der NBP-Taxa und Pflanzengesellschaften, sind also für die Beurteilung von Waldveränderungen von größerer Bedeutung.

4.7. Ein Versuch zur Abschätzung der Intensität des menschlichen Einflusses

Die Abgrenzung einzelner Taxa als Indikatoren der Beweidung und Landschaftsnutzung durch Mensch und Tier erlaubt die Erfassung der Vegetationsveränderungen auf dem TP während Phasen verschiedener Nutzungsintensitäten. Zwei Gruppen der synanthropen Taxa wurden in dieser Arbeit gebildet. Die Gruppe der Syn1 gibt die direkten Weidezeiger an, die mehr oder weniger sensitiv auf Beweidungseffekte, hauptsächlich auf die der Yakbeweidung durch die tibetischen Hirtennomaden, reagieren (s. Kap. 2.8.5.). Dabei erfahren sie offensichtlich Konkurrenzvorteile gegenüber anderen Pflanzenarten der autochthonen Vegetation. Die Gruppe der Syn2 kann eine weit extensivere Weidewirkung anzeigen bzw. auch nachlassende Weideintensität, gekennzeichnet durch z.B. Sukzession. Bei der Interpretation dieser Ergeb- nisse müssen die einzelnen Pollentypen betrachtet werden, da sich hinter den Pollentypen unterschiedliche Pflanzenarten verbergen können, die evtl. auch eine indifferente ökologische Reaktion anzeigen. Vor allem bei der weitverbreiteten Familie der Ranunculaceen (Ranuculaceae pp, Ranunculus-/Anemone-Typ) ist dies zu berücksichtigen. Die Summen wurden daher mit und ohne diese Familie bzw. Gattungen der entsprechenden Pollentypen gebildet. Es besteht eben auch das Problem, dass bei der Pollenanalyse eine Ansprache der Pollenkörner i.d.R. auf Gattungs-, Familien oder sogar nur Verwandtschaftsebene erfolgt. Selten lässt sich eine Pflanzenart pollenmorphologisch abgrenzen.

Wie schon in Abb. 55 (Kap. 4.4.) dargestellt, lassen sich verschiedene Nutzungsphasen unter- schiedlicher Intensitäten bei den vegetationsgeschichtlichen Befunden der einzelnen Profile ableiten. Der vegetationsgeschichtlich fassbare Einfluss des Menschen und seines Weideviehs auf die Vegetation des TP ist, wie bereits mehrfach betont, seit mindestens etwa 6.000 - 5.000 y B.P. erkennbar. Eine stärkere Beeinträchtigung der natürlichen Vegetation wird um etwa 3.000 y B.P. festgestellt. Seit etwa 1.000 y B.P. nehmen die Nutzungsformen, allen voran die der Beweidung, nochmals zu. Die letzte Phase wird auch von mehreren Autoren in den pollen- analytischen Arbeiten auf dem TP erkannt (Kap. 1.12.1.).

Im Osten des TP lassen sich die Veränderungen verschiedener Nutzungsphasen gut darstellen. Am Standort „Hai ze Shan“ fällt zunächst die deutliche Zunahme der synanthropen Taxa (Syn1- Gruppe) seit etwa 5.000 y B.P. auf, die sicherlich stärkere Weideaktivitäten durch die geführten Yaktiere der tibetischen Hirten anzeigen. Vor allem Arten der Gentiana-Gruppe nehmen drastisch zu. In dieser Gruppe fallen mehrere Arten auf, die eine unterschiedliche Weidewirkung anzeigen (s. Tab. 7 in Kap. 2.8.5.). Diese Gruppe nimmt dort jedoch in unterschiedlichen Aus- maßen insgesamt, wie auch der Aconitum- und Polygonum bistorta-Typ, zu. Letztere spiegeln den Weideeinfluss sehr gut wider (Priorität 1). Der Wald geht seit dieser Zeit drastisch zurück. Um etwa 3.000 y B.P. ist erneut eine Intensivierung der Landnutzungsformen festzustellen. Mit zunehmender Beweidung der umgebenden Hänge wird die Vegetation in stärkerem Maße degradiert. Durch das Zurückdrängen der Waldvegetation kommt es ebenso zu Instabilitäten der Hangvegetation. Erosionen bzw. mit Nährstoffen angereicherte Hangwässer sind Folgen davon. Damit zeichnet sich im PD auch eine zunehmende Eutrophierung des Sees ab, die sich durch die Veränderung der Arten aus der Gattung Pediastrum widerspiegelt (vgl. Abb. 68, Beilage 1). Die vorwiegend oligotrophe Algenart Pediastrum duplex wird zunehmend von Arten 4. Diskussion 234 abgelöst (z.B. P. boryanum), die in schwach mesosaproben Gewässern vorkommen. Obwohl die Artabgrenzung nicht ganz einfach ist und die Verbreitung dieser Gattung auf dem TP nicht ganz klar ist, lassen sich Parallelen zu den bisher beschriebenen Befunden zum Einfluss des Menschen und den paläoökologischen Folgen erkennen. Dasselbe zeigen auch möglicherweise einzelne Wasserpflanzen, wie z.B. der Myriophyllum spicatum-Typ, welcher mit seiner namen- gebenden Art ebenso bevorzugt in belasteten Gewässern vorkommt (vgl. Kap. 4.2.1.1.). Einhergehend mit dem Rückgang des Waldes nehmen die Kohleflitter ab. Dies ist einerseits durch die Abnahme von entzündbarem Material wie den Gehölzen zu begründen. Gleichzeitig werden auch überständige Pflanzen aus der Kräutervegetation mit zunehmendem Weidedruck reduziert, welche entzündbare Materialien darstellen. Die Abfolge der Wasserpflanzen und Feuchtezeiger zeigt Veränderungen des Wasserhaus- haltes an, die sich als zunehmende Verlandung erweist.

Mit dem stärker werdenden Weide- und Nutzungsdruck werden die Pflanzengesellschaften in der umgebenden Hangvegetation auch unter stabilen Feuchte- und Temperaturbedingungen zunehmend von Kobresia-pygmaea-Matten (Cyperaceen) ersetzt. Obwohl sich die Cyperaceen, wie mehrfach betont, pollenmorphologisch nicht eindeutig trennen lassen (Kobresia pygmaea, K. schoenoides, Carex-Arten, etc., vgl. Kap. 3.1.), unterstützen alle anderen bisher beschriebe- nen Indizien dennoch diesen Befund. Mit zunehmender Intensität des menschlichen Einflusses, verdrängen und ersetzen Kobresia-Matten durch die bessere Anpassung an Viehtritt zuneh- mend die synanthropen Taxa aus der autochthonen Vegetation, wobei der Aster-Typ mit ento- mophilen Pflanzenarten in den intensiven Phasen ebenso deutlich zunimmt. In der Subzone HzS 3d bei 120 cm Profiltiefe (~ 800 y B.P.) fällt der Rückgang der Cyperaceen bei zeitgleichem sprunghaftem Anstieg der Gruppe Syn1 auf. Einerseits kann dies eine Extensivierung signali- sieren, indem die an extensive Beweidung angepassten Taxa bei Nachlassen des intensiven Nutzungsdrucks wieder Konkurrenzvorteile erfahren. Andererseits könnte sich aber auch eine erneute Intensivierung und damit Zerstörung der dichten Kobresia-Matten abzeichnen. Vermut- lich handelt es sich aber um eine Extensivierung, bei bestehender Weidenutzung. Die Zunahme einzelner Gehölztypen von Lichtholzarten, wie Juniperus, aber auch Betula und Salix, bestärkt diese Annahme. Der Anstieg der Pollenkurve der Rosaceae pp wird durch den extrem starken Abfall der Pollenkurve von Artemisia in der Gruppe der Syn2 überdeckt. Die Zunahme der Rosaceen spricht ebenso für eine leichte Extensivierung. Diese Gehölze der Strauchformation können aufgrund ihrer abwehrenden Stacheln einer Beweidung in gewissem Maße standhalten.

Ähnliche Muster der Vegetationsveränderung in Abhängigkeit der sich wechselnden Nutzungs- intensitäten spiegeln sich auch in den anderen Profilen dieser Arbeit wider, ganz besonders am Standort „Yak“. Das verwundert auch nicht, da sich diese beiden Standorte in einer seit alters her relativ intensiv genutzten Landschaft befinden (vgl. dazu Kap. 4.2.3.1. und Kap. 4.2.1.1.). Auch heute liegt diese Region im Hauptverbreitungsgebiet der Yaks (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Die Zusammenhänge einzelner Weidetaxa in den unterschiedlichen Intensi- tätsphasen, lassen sich bisher nur unsicher ableiten. Einerseits werden am Standort „Yak“ bei intensivem Nutzungsdruck relativ geringe Cyperaceen-Werte angezeigt, hinter denen sich sehr wahrscheinlich Kobresia-dominierte Pflanzengesellschaften verbergen. Stark degradiertes Waldland bestärkt diese Annahme. Aber gerade hier fallen Vertreter wie Asteroideae pp, Ranunculaceae pp, verschiedene Typen von Gentiana und Polygonum, sowie Fabaceae, u.a. auf. Mit nachlassender Nutzung, angezeigt durch die (Wieder)Ausbreitung des Waldlandes, nehmen aber die Cyperaceen drastisch zu, was zunächst wiedersprüchlich erscheint. Die Intensitätsphasen unterscheiden sich eindeutig hinsichtlich der Pollentypen, die Suk- zessionsstadien in weniger genutzten Phasen anzeigen. Beispielsweise nehmen die Rosaceen und auch Poaceen immer dann zu, wenn die Cyperaceen z.B. durch Kobresia pygmaea abnehmen. Andererseits steigen die Kurven zahlreicher Taxa aus der synanthropen Gruppe Syn1 immer auch mit denen der Cyperaceen-Werte an, obwohl zunächst angenommen werden konnte, dass diese bei einer Intensivierung zunehmend durch Kobresia pygmaea-Gesell- schaften ersetzt werden („Hai ze Shan“, Abb. 68, Beilage 1). Diese teils gleich-, teils gegen- läufigen Entwicklungen, können nur durch ein Mosaik an unterschiedlich stark weide- beeinflussten Standorten in der Umgebung erklärt werden, die je nach Nutzungsform und 4. Diskussion 235

-intensität unterschiedliche Pflanzengesellschaften ausbilden. Das PD spiegelt dann alle Formen in diesem Landschaftsraum wider (vgl. Abb. 66, Beilage 1).

Auffallend seit etwa 6.000 - 5.000 y B.P. sind plötzliche peaks z.B. von Gentianaceen (Gentiana-Typen), Asteraceen (Aster-Typ, Saussurea-Typ, etc. ), Polygonaceen (u.a. Polygonum bistorta-Typ) u.a. nicht nur bei den pollenanalytischen Befunden am „Hai ze Shan“, sondern auch in dem etwa 300 km ostnordöstlich gelegenen Hongyuan (FRENZEL 1994b, DAMBACH unveröffentlicht) und nordöstlich davon am Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999). Diese extremen, teils sprunghaften Zu- und Abnahmen dieser und anderer Weidezeiger seit dieser Zeit, bei zeitgleichem Rückgang des BP, aber auch Zunahmen von Feuchtezeigern (z.B. Caltha-Typ) zeigen die Initialisierung einer Intensivierung von Beweidung an: Die damals vor- herrschende Vegetation reagierte auf eine Intensivierung durch weideunempfindliche oder sogar –resistente Arten. Der Rückgang von Artemisia (s. eigene Profile) aber auch in Hongyuan (FRENZEL 1994b, DAMBACH unveröffentlicht) und am Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999) antwortete hier ebenso auf die zunehmende Intensität der Beweidung. In den unterschiedlichen Profilen zeichnet sich jedoch vor allem bei sehr hohem Weidedruck ein starker Rückgang dieser vielfältigen Gattung ab. SCHLÜTZ & LEHMKUHL (2009) revidierten jüngst die ursprünglich ange- nommenen Gründe der Vegetationsveränderung aufgrund klimatischer Veränderungen. Nach deren neuesten Interpretationen werden auch im Gebiet des Nianbaoyeze Shan Pflanzen- gesellschaften durch weidetolerante Taxa abgelöst, infolge zunehmender Weideaktivität. Damit wird auch dort der bereits vermutete frühe Einfluss des Menschen bestätigt.

Am Standort „Bahsü“, etwa 350 km südwestlich vom Standort „Hai ze Shan“, bzw. ~ 140 km südlich von „Chudra“, wird der spürbare menschliche Einfluss seit etwa 3.000 Jahren (57 cm) im PD sichtbar (vgl. Abb. 71, Beilage 2). Zunächst signalisiert die Zunahme der Syn1-Gruppe eine Veränderung der Vegetation durch extensive Beweidung. Obwohl der lokale Einfluss durch beispielsweise Lawinenbahnen gemeinsam mit anthropo-zoogenen Faktoren erkennbar ist, lassen sich wiederum die Ursachen besonders hinsichtlich sich ändernder Nutzungsintensitäten nur schwer ableiten. Vermutlich zeichnen sich zunächst nur extensive Nutzungsmuster ab, die unter Berücksichtigung von anderen Ursachen dennoch vor allem in jüngster Zeit von Pflanzen- gesellschaften geprägt sind, die auf intensive Weideaktivitäten hinweisen. Dafür spricht die Zunahme der Cyperaceen, die sich dann in jüngster Zeit mit den Ausbreitungen von Arten des Aster-Typs, der Gentiana-Gruppen u.a. antagonistisch abwechseln. In den jüngsten Horizonten erscheint der Stellera-/Daphne-Typ, hinter welchem sich vermutlich die ausgesprochene Weidezeigerart Stellera chamaejasme (Priorität 1) verbirgt. Letztere erscheint immer wieder auch an anderen Standorten in den spürbar menschenbeeinflussten Zeiten („Yak“, „Tsongu“, „Hai ze Shan“).

Bei starkem Weidedruck zeichnet sich auch im Zentrum des TP ein Rückgang der einst in hohem Maße vorhandenen Artemisia-Arten ab. Artemisia-Steppen werden auch hier zugunsten von Kobresia-Matten, aber auch teils Stipa-Steppen abgelöst. Gebietsweise fallen rezent große Bereiche auf, die eine geringe Vegetationsbedeckung haben (vgl. Kap. 1.9. sowie Kap. 1.15.7.). Heute wird östlich des Nam Co mit Yaks, teilweise aber auch verstärkt mit Schafen beweidet. Letztere werden vor allem zum Westen hin häufiger eingesetzt (ATLAS OF THE TIBETAN PLATEAU 1990). Vermutlich wird der Rückgang von Artemisia durch das Abweiden der Herdentiere verursacht, obwohl es saisonal zu unterschiedlichen Präferenzen aufgrund der bitteren Inhaltsstoffe kommen kann (mdl. Mitt. G. MIEHE).

Am Standort „Chudra“ könnte die starke Zunahme der Artemisia-reichen Pflanzengesell- schaften seit dem mittleren Holozän eine extensive Nutzung oberhalb der heutigen Baum- grenze anzeigen. Hinweise auf intensive Weideaktiviäten liegen nach den synanthropen Taxa der Syn1-Gruppe in dieser Zeit allerdings nicht vor. Lediglich in den letzten etwa 1000 Jahren zeichnet sich vermutlich ein intensiver werdender Einfluss des Menschen und der Nutzung von Weidetieren ab. Artemisia geht deutlich zurück, bei gleichzeitiger Zunahme sowohl der Cyperaceen (z.B. Kobresia pygmaea) als auch beispielsweise von Pedicularis, Cheno- podiaceae, Aconitum-Typ, Gentiana-Gruppe, Fabaceae u.a.. Andere synanthrope Taxa zeigen während des gesamten PD keine eindeutigen Nutzungsmuster (vgl. Abb. 70, Beilage 2). Viel- mehr überdecken sich hier die Vertreter aus der natürlichen autochthonen Kräutervegetation mit 4. Diskussion 236 den synanthropen Taxa oberhalb der Baumgrenze gegenseitig. Lediglich die Zunahmen einzel- ner weniger Taxa, wie beispielsweise der Gentianaceen sowie von Saussurea und Cheno- podiaceen, können evtl. Spuren der Aktivitäten des Menschen seit etwa 6.000 Jahren anzeigen.

Der Einfluss menschlicher Aktivitäten durch die Weidenutzung der geführten Yakherden auf die Vegetation zeichnet sich an den Standorten im Osten des TP offensichtlich weniger gut ab, welche natürlicherweise nicht im Verbreitungsgebiet des Waldlandes liegen. Das zeigen einer- seits die Ergebnisse am Standort „Chudra“, oberhalb der Baumgrenze. Aber auch der Standort „Shih ch’ü“, welcher vermutlich in einem klimatisch natürlich waldfreien Areal nahe des Über- gangsbereiches von Steppe zu Waldland liegt. Die geringen Schwankungen des BP seit mindestens ~ 5.200 Jahren zeigen weder eindeutige klimatische noch menschenverursachte Veränderungen an. Sie spiegeln ohnehin kein Waldland in der nahen Umgebung wider. Ein latenter Einfluss des Menschen könnte sich dort jedoch von Anfang an abzeichnen: Zunächst in einer schwach extensiven Form, wie die Zunahmen von beispielsweise Artemisia signalisieren. Spätestens jedoch in den letzten 2.000 Jahren (1.935 ± 75 14C y B.P.) weitet sich auch dort eine zunehmend anthropo-zoogen geprägte Landschaft aus. Die Vegetation wird auch hier verstärkt von Kobresia-Matten eingenommen, die inselartig einzelne synanthrope Taxa infolge von Konkurrenzvorteilen beherbergen, wie z.B. Arten der Gentiana- und Polygonum bistorta- Gruppe.

Hinweise auf die Nutzungsintensitäten im östlichen Zentral-Himalaya liegen nur bedingt vor. Nach den bisherigen Interpretationsmöglichkeiten ist es dort besonders schwierig, weideanzeigende Taxa herauszuarbeiten. Hierfür wären genauere Untersuchungen notwendig, inwiefern sich Gesellschaften aus Juniperus und Rhododendron (arboreum-Typ) als Ersatzgesellschaften nach menschlichen Aktivitäten, beispielsweise Rodung und Beweidung, ausbilden können (vgl. Kap. 4.2.1.6.). In den letzten Horizonten hin zur Gegenwart, scheint sich auch anhand einzelner synanthroper Taxa eine schleichende, schwach extensive Nutzung der Kräutervegetation abzuzeichnen (z.B. Primula clusiana-Typ, Primulaceae pp, verschiedene Polygonaceae, Gentiana-Gruppe, Pedicularis palustris-, Saussurea-, Aster-Typ).

Die Entwicklung hin zu Kobresia-Matten als Ersatzgesellschaften infolge intensiver werdender menschlicher Aktivitäten durch Beweidung wird also in den meisten der hier untersuchten Profile beobachtet, wenn auch in unterschiedlichen Zeiten seit dem späten mittleren Holozän. Die frühesten Hinweise liegen am Nam Co („Himmelsee“, vgl. auch „Nam Co“) seit etwa 3.400 y B.P. vor. Seit etwa 2.000 y B.P. zeichnen sich Ausbreitungen der Kobresia-Matten an mehreren Profilstandorten im Osten des TP ab: „Shih ch’ü“ (1.935 ± 75 14C y B.P.), „Hai ze Shan“ (~ 1.300 y B.P.), „Yak“ (1.190 ± 105 14C y B.P.) und vermutlich auch am Standort „Bahsü“ in jüngster Zeit. Vor allem im jungen Holozän sind im Wechsel Muster unterschiedlicher Dominanz erkenn- bar, sowohl im Osten als auch im Zentrum des TP. Allerdings muss an die Problematik erinnert werden, die in den Veränderungen des Wasser- und Feuchtehaushaltes an den Standorten „Bahsü“ aber auch am Nam Co liegen kann. So können sich die hohen Cyperaceenwerte einer- seits aufgrund veränderter Feuchtebedingungen (z.B. durch Kobresia schoenoides u.a.) als auch durch zunehmende anthropo-zoogene Ersatzgesellschaften (K. pygmaea u.a., vgl. KAISER ET AL. 2008) erklären. Die frühe Ausbreitung am Nam Co ist sicherlich auf die höhere Anfälligkeit der Ökosysteme im Zentrum des TP im Vergleich zum Osten zurückzuführen. Der Nutzungsdruck durch Mensch und Tier war mit hoher Wahrscheinlichkeit im Osten des TP bereits zu jener Zeit stärker als am Nam Co, Zentral-TP. Die Empfindlichkeit der Ökosysteme in extremeren Klimaten ist deutlich stärker ausgeprägt. Nutzungsintensität und das Maß der Empfindlichkeit müssen also gemeinsam berücksichtigt werden.

Die Schwierigkeiten der bioklimatischen Indizes wurden bereits ausführlich dikutiert. Dennoch geben die Verhältniszahlen von A/C und A/Cy genauso die charakteristische Vegetations- veränderung wieder, die sich eben auch durch den Einfluss des Menschen abzeichnet. Die Ergebnisse in HERZSCHUH (2007) spiegeln diese Entwicklungen wider, indem sich Artemisia-dominierte Gesellschaften (A/Cy: > 1) hin zu alpinen Kobresia-dominierten Gesellschaften (A/Cy: < 1) verändern. Die Oberflächenproben dieser Untersuchung (Abb. 75, Beilage 3) weisen in allen Proben Kobresia-dominierte Gesellschaften auf („Tsongu“ = 0,2; „Shih ch’ü“ = 0,04; „Chudra“ = 0,026; 4. Diskussion 237

„Bahsü“ = 0,023; „Nam Co“ = 0,02; Nam Co Oberfläche Nam 2 (mit Androsace alpina-Typ) = 0,08; Nam Co Oberfläche Nam 2 (ohne Androsace alpina-Typ) = 0,08; „Himmelsee“ = 0,008, „Miby“ = 0,05). Sie spiegeln vor allem im Osten des TP gut die rezenten Kobresia-dominierten Pflanzenbestände wider. Die Übergänge dieser Pflanzengesellschaften im Holozän werden am Nam Co durch die Verhältniszahlen ebenso angezeigt. A/Cy-Werte > 1 liegen im Profil „Nam Co“ nur bis ~ 7.200 y B.P. (270 cm, vgl. gestörte Chronostratigraphie) und am „Himmelsee“ bis maximal ~ 8.200 y B.P. (125 cm) vor (vgl. Abb. 43-51 in den Unterkapiteln von 3.5.). Allerdings sind die Unter- schiede durch die voneinander abweichenden lokalen Einflüsse zu begründen. Pflanzengesell- schaften mit höheren Artemisia-Anteilen werden anhand einer Oberflächenprobe am Nam Co (Nam Co Oberfläche Nam 4 = 8,21) ebenso angezeigt. Dieser Index zeigt einerseits eine gewisse Eignung zur Differenzierung entsprechender Pflanzengesellschaften, andererseits können lokale Effekte, die nicht nur durch den mensch- lichen Einfluss gegeben sind, auch hier zu wenig qualitativen Aussagen beitragen. Es bleibt nach wie vor ungeklärt, welche Arten sich dahinter verbergen. An diesem Standort sind ver- schiedene Arten derselben Gattung zu erwarten. Diese unterscheiden sich jedoch in ihren öko- logischen Ansprüchen. Hohe Cyperaceenwerte können genauso von feuchtigkeitsliebenden Arten herrühren und weniger von den trockenen Kobresia-Matten. Deshalb müssen immer alle Taxa im PD mitberücksichtigt werden.

Die bisher gezogenen Schlussfolgerungen über die auslösenden Faktoren und Ursachen müssten dann eben neu definiert werden. Einerseits haben der Mensch und sein Vieh genau diese Vegetationsveränderungen z.T. oder sogar hauptsächlich zu verantworten und anderer- seits zeichnen sich lokal unterschiedliche ökologische Gegebenheiten, z.B. im Feuchtehaushalt, ab. Die Ableitungen nur klimabedingter Veränderungen allein überzeugen keinesfalls.

Es lassen sich eindeutig charakteristische Muster der Vegetationsveränderungen durch den Einfluss von Mensch und Vieh vor allem seit dem mittleren Holozän erkennen. Im potentiellen Waldland zeichnen sich durch die Aktivitäten des Menschen und die Beweidung durch die geführten Yaktiere deutlich die Zunahmen der synanthropen Taxa aus der Syn1-Gruppe (Tab. 8 in Kap. 2.8.5.) ab. Bei weiterer Intensivierung verändern zunehmend Kobresia-Matten und -Steppen die Landschaft, vor allem im Osten des TP. Bei nachlassendem Nutzungsdruck sind Sukzessionsabfolgen erkennbar. Die Zunahmen der Syn2-Gruppe, wie Rosaceae pp, Potentilla-Typ und Artemisia, und/oder der Pioniergehölze wie Juniperus, Salix u.a. signali- sieren diese Entwicklung. Rasche sekundäre Sukzessionsabfolgen, wie sie hier beobachtet werden können, sind u.a. auf die Eingriffe des Menschen zurückzuführen (vgl. WALTER & BRECKLE 1999).

Wie an mehreren Profilen („Tsongu“, „Hai ze Shan“, „Bahsü“) deutlich wurde, sind Hang- rutschungen nicht nur durch Solifluktion zu begründen, sondern auch auf das Abweiden und Nutzen der Gehölze im Hangbereich zurückzuführen, die Instabilitäten der Hangvegetation auslösen. Beide Faktorenkomplexe, also der Mensch und sein Vieh sowie Veränderungen des Wasserhaushaltes durch Frostdynamik scheinen gemeinsam für diese Vorgänge verantwortlich zu sein. Durch zunehmende Monsunintensitäten, z.B. durch eine stärkere Saisonalität, wie sie teilweise seit dem Mittleren Holozän beobachtet werden kann, bilden sich auch höhere Sedimentations- raten aufgrund von verstärkten Erosionsvorgängen aus (vgl. BURBANK ET AL. 1993).

Durch die Ausbreitung von Grünland i.w.S., Waldrückgang, Desertifikation in N-China, etc. gibt WU NING (2000) auch günstige Voraussetzungen für die Wanderbewegungen bereits im Neo- lithikum, vor allem der nomadischen Völker, zu bedenken. Vor allem im Hinblick auf die Vegetationsveränderungen seit 6.000 - 5.000 y B.P., bei denen erste, spürbare Einflüsse des Menschen nachgewiesen werden (z.B. Öffnung des Waldes, etc.), bringt die Entstehung neuer Weidegründe im potentiellen Waldland des TP, das eben zu jener Zeit ein weit größeres Ausmaß hatte, geradezu neue Einwanderungswellen und damit intensivere Eingriffe durch den Menschen mit sich. Die Klimaverbesserungen im frühen Holozän bzw. mittelholozänen Optimum, in denen sich z.B. einst natürliche Kältewüsten zu Steppen entwickelt haben (Zentral- und W-TP), begünstigen ebenso das Leben auf dem TP.

4. Diskussion 238

Die von WU NING (2000) beschriebenen drei markanten Wanderbewegungen in Sichuan passen sehr gut zu den pollenanalytischen Ergebnissen in W-Sichuan und O-Tibet. Dabei zeichnet sich die erste Phase zwischen etwa 3.000 y B.P. und 600 A.D. ab, vor allem ab etwa 770 B.C. durch die Südwärtsbewegung der Qiang-Stämme, zusammen mit der Entstehung der Qin-Dynastie (221 B.C.-207 B.C.) und Han-Dynastie (206 B.C.-220 A.D.). Die zweite Wander- bewegung in Sichuan fällt mit dem Fall der Tuba-Dynastie, sowie mit den Bewegungen der Qiang- Stämme und der Tang-Dynastie zusammen. Teilweise kommt es zur Durchmischung aller Völkergruppen. Neue Immigranten und die zunehmende Erschließung weiterer Land- schaften durch verdrängte Gruppen bedeutet aber auch einen höheren Bedarf an Siedlungs- raum, Holz, Tieren, Weideland, Ackerflächen u.a.. Diese Intensivierungen zu unterschiedlichen Zeiten gehen mit entsprechenden Folgen auf die Vegetation einher, wie hier gezeigt werden kann. Andere archäologische Hinweise, wie die Karou-Kultur seit etwa 5.000 Jahren (vgl. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004, CPAM 1985, HUANG WEIWEN 1994, s. Kap. 1.13.) passen ebenso zu den vegetationsgeschichtlichen Veränderungen im Osten des TP (z.B. „Hai ze Shan“). Über den Zusammenhang der Hinweise auf jüngere neolithische Kulturen (z.B. Qugong-Kultur, s. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004) und die Zunahmen der synanthropen Taxa am Nam Co kann zu jener Zeit nur spekuliert werden.

Mit Hilfe der synanthropen Taxa lässt sich der spürbare menschliche Einfluss auf die Öko- systeme des TP seit etwa 6.000 - 5.000 Jahren klar erfassen. Es zeichnen sich gebietsspezi- fische Muster in den unterschiedlichen Phasen der Nutzungsintensität ab. So können weitere markante Intensitätsphasen menschlicher Aktivitäten um ~ 3.000 y B.P. und ~ 1.000 y B.P. abgeleitet werden. Unterschiedliche Weideintensitäten lassen sich bisher nicht eindeutig pollenanalytisch durch Weidezeiger abgrenzen. Nur durch die Abfolge der Vegetationsveränderungen und einzelner Vegetationsstadien (z.B. Sukzession, Lichtung, etc.) unter Berücksichtigung aller Pollentypen, u.a. potentieller Weidezeiger, scheint eine Abgrenzung unterschiedlicher Intensitätsphasen möglich zu sein. Die Weidezeiger sind zwar in unterschiedlichen Prioritäten eingeteilt (Tab. 7 in Kap. 2.8.5.), diese lassen sich jedoch nicht immer mit einem speziellen Pollentyp identifizieren. Vielmehr leiten sich bisher nur Tendenzen daraus ab. Weitere detaillierte Untersuchungen wären notwendig, um einen direkten Zusammenhang zwischen einzelnen Weidezeigerarten und unterschiedlichen Weidenutzungen und deren Intensitäten nachweisen zu können. Der Vergleich von rezent vorkommenden Arten mit den fossilen Pollentypen und den Typen aus dem Pollenniederschlag der Oberflächenproben wäre ein Ansatz für weitere Fragestellungen. Dabei wären in den einzelnen Regionen des TP spezifische Taxa und Verhaltensmuster zu berücksichtigen. 5. Zusammenfassung 239

5. Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit untersucht anhand von pollenanalytischen Befunden aus neun Profilen des Tibetischen Plateaus (TP) die Klima- und Vegetationsgeschichte, Paläoökologie, sowie den menschlichen Einfluss seit dem Ende des Spätglazials und während des Holozäns.

Klimatische Veränderungen zeichnen sich zurückgehend bis in das Spätglazial in den Pollen- diagrammen (PD) ab. Das Ende des Spätglazials und/oder das frühe Holozän ist durch die Profile „Hai ze Shan“, „Chudra/Chudra-Monolith“ im Osten des TP, sowie „Himmelsee“ am Nam Co im Zentrum des TP und schließlich durch „Miby“ im östlichen Zentral-Himalaya fassbar.

Am Ostufer des Nam Co („Himmelsee“: 30°44’30’’ N / 90°55’30’’ E, 4780 m NN) ist die spät- glaziale Vegetation um etwa ~ 11.500 y B.P. (Basisalter 14C: 11.850 ± 390) durch Cichorioideae, Brassicaceae, Artemisia, Asteroideae, Chenopodiaceae, Ranunculaceae, Poaceae, Cyperaceae, Ephedra, u.a. Taxa einer offenen Kältesteppenvegetation charakteri- siert. Einzelne Gehölztypen wie Juniperus, Salix und Hippophaë ergänzen bereits das Vege- tationsbild. Ähnliche Vertreter einer lockeren Kältesteppenvegetation sind im Osten des TP unmittelbar vor und während des Übergangs zum Frühholozän erkennbar („Hai ze Shan“: 31°59’ N / 99°05’30’’ E, „Chudra“: 30°44’ N / 96°50’ E).

Dieser Übergang zeichnet sich jedoch in den unterschiedlichen Regionen zeitlich verschieden ab. So fällt dieser im Zentrum des TP deutlich früher auf, zwischen etwa 11.000 und 10.500 y B.P., im Osten dagegen erwartungsgemäß etwas später, ~ 9.000 y B.P. („Hai ze Shan“) bzw. 9.200 y B.P. („Chudra“) bis 8.500 y B.P.. Die zeitlichen Differenzen sind sicher durch die unter- schiedlichen Einflussbereiche der Monsunsysteme zu begründen. Während der Osten stärker durch den SO-Asiatischen Sommermonsun beeinflusst wird, ist die Gegend am Nam Co vor allem durch die Westwinde und den Indischen Sommermonsun geprägt. Der Sommermonsun bringt die feucht-warmen Luftmassen, die sich regional unterschiedlich intensiv auswirken. Die Vegetation ändert sich im Frühen Holozän am Nam Co hin zu einer Steppe mit zunehmend alpinen Steppenelementen. Dabei kommt es zu einer rasanten Zunahme vor allem von Artemisia, sowie von anderen Taxa.

Ein Standort östlich des Qomolangma-Gebietes („Miby“: 27°58’54’’ N / 87°12’35’’ E) gibt Hinweise zur spätglazialen Vegetation für den östlichen Zentral-Himalaya trotz der gestörten Chronostratigraphie. Am Ende des Spätglazials ist eine offene Vegetation aus Apiaceae, Cyperaceae, Thalictrum, Artemisia, Aconitum, Asteraceae, Polygonaceae, u.a. erkennbar. Die frühholozäne Klimaverbesserung verläuft in diesem Gebiet eher fließend im Vergleich zu den anderen Regionen des TP ab. Inwieweit die Veränderung der Vegetation dort hin zu an- spruchsvollen Taxa und Baumbeständen durch Gletscherrückzüge und -schmelze und/oder durch warm-feuchte Luftmassen zu begründen ist, lässt sich nicht eindeutig klären und trennen.

Im Osten des TP ist bereits in der Übergangsphase in W-Sichuan („Hai ze Shan“) um 9.000 - 8.500 y B.P. die Einwanderung verschiedener Baumtaxa erkennbar. Die Einwanderung von Betula und Picea erfolgt sehr rasch und intensiv. Der Vergleich von Art und Weise der pollen- analytischen Einwanderungs- und Waldetablierungsmuster mit anderen Befunden, etwa aus Hongyuan nordöstlich davon (DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b), sowie am Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999) und von weiteren Profilen dieser Untersuchung („Chudra“), erlaubt die Vermutung möglicher Refugialräume, welche für die Einwanderung der Baumtaxa verantwortlich waren. Durch dendroökologische Ergebnisse und pflanzengeographische Analy- sen werden die pollenanalytischen Befunde gefestigt (FRENZEL ET AL. 2003). Die Einwanderung der Baumtaxa und besonders die der Koniferen fand im Osten des TP vermutlich aus dem Bereich der „nördlichen meridionalen Stromfurchen“, nordöstlich davon jedoch aus dem Refugialraum „Sichuan“ statt (Kap. 4.1.). Es ist zu berücksichtigen, dass die Einwanderung der Baumtaxa nicht nur auf klimatischen Veränderungen beruht, sondern vielmehr komplexe Zu- sammenhänge dafür verantwortlich sind, z.B. durch Konkurrenz, Wanderbarrieren u.v.m..

Der plötzliche BP-Rückgang am Profil „Hai ze Shan“ zwischen ~ 7.500 und 8.000 y B.P., bzw. die Veränderung der Vegetation am Profil „Chudra“, vermutlich um etwa 8.000 y B.P. im Osten des TP, sowie am Nam Co um etwa 7.600 y B.P. (ohne Berücksichtigung des Reservoir- 5. Zusammenfassung 240

Effektes) entspricht offensichtlich einem klimatischen Rückschlag, der sich jedoch rasch wieder erholt. Das zeigt die schnelle Zunahme diverser BP-Typen und anderer anspruchsvoller Taxa. Andere Arbeiten zeigen um diese Periode ähnliche Veränderungen (vgl. Kap. 1.8.3.).

Die darauffolgende Klimaverbesserung erreicht schließlich das mittelholozäne Klimaoptimum, welches regional zeitlich variiert. Die Profile im Osten spiegeln dies durch eine maximale Aus- dehnung von Wäldern wider, die vornehmlich durch Arten von Picea aber auch teilweise durch andere Gehölze wie Juniperus, Betula, Abies, Quercus (z.B. Qu. sklerophylle Taxa) u.a. charakterisiert sind. Die klimatische Optimumsphase kann hier zwischen etwa 7.000 und 5.000 y B.P. gestellt werden („Hai ze Shan“, „Chudra“: ~ 6.100 y B.P.). Das Zentrum des TP zeigt an- hand zweier hier untersuchter Profile am Nam Co diese Phase zwischen etwa 8.200 und 7.000 y B.P. an.

Wärme- und Kälteperioden im Jungholozän, welche in Europa dem „Mittelalterlichen Klima- optimum“ (~ 13.-14. Jahrhundert) oder der „Kleinen Eiszeit“ (~ 15.-19. Jahrhundert) mit mehreren kürzeren Phasen niedriger Temperaturen entsprechen, wurden auch auf dem TP von mehreren Autoren beschrieben (Kap. 1.8.4.). Veränderungen von Gletscheraktivitäten und dendroklimatologische Befunde deuten darauf hin. Nur wenige Hinweise liegen anhand von pollenanalytischen Untersuchungen für diese klimatischen Ereignisse auf dem TP vor (Kap. 1.8.4.). In der vorliegenden Untersuchung liegen in den Profilen, welche zeitlich diese Phasen widerspiegeln könnten, keine eindeutigen Hinweise für diese Ereignisse vor. Vielmehr deuten die Vegetationsveränderungen dieser Zeiträume auf anthropogene Eingriffe hin. Zunahmen von beispielsweise Ephedra (E. fragilis-Typ) deuten im Vergleich zu den anderen Taxa im PD einen Aridisierungstrend an, der vielmehr durch stärkere Weide- und Nutzungsintensitäten ausgelöst wurde (Kap. 4.3.).

Mit der vorliegenden Arbeit kann gezeigt werden, dass der Mensch und sein Weidevieh in un- terschiedlichen Intensitäten und zu unterschiedlichen Zeiten die natürliche Vegetation seit mindestens ca. 6.000 - 5.000 Jahren beeinflusst und beeinträchtigt haben. Sowohl klimatische Veränderungen in den unterschiedlichen Regionen, als auch der Mensch und sein Verhalten auf dem TP, sind demnach gemeinsam für die vegetationsgeschichtlichen und paläo- ökologischen Veränderungen seit dieser Zeit verantwortlich. Die unterschiedlichen regional- charakteristischen Ergebnisse zeugen doch von nicht einheitlichen Ursachen, sondern bestär- ken vielmehr den Verdacht, dass der Einfluss des Menschen und seines Weideviehs zeitlich und räumlich verschiedentlich greift. Es muss von signifikanten Wechselwirkungen zwischen Klima und Mensch ausgegangen werden, die massiv auf die empfindlichen Ökosysteme des TP eingewirkt haben, und das seit viel längerer Zeit, als bisher vielfach angenommen wurde. Das betrifft vor allem Bereiche, die natürlicherweise bereits hinsichtlich des Waldwachstums an ihre Grenzen stoßen, vor allem in den Übergangsbereichen heutiger und früherer Wälder und Steppen. Je extremer die Klimate Standorte prägen, desto zerstörerischer scheinen auch schon geringfügige menschliche Aktivitäten zu wirken.

Obwohl aus bestimmten Regionen (z.B. JARVIS 1993 für SW-Sichuan) ein langsam schwächer werdendes Monsunverhalten seit dem Mittleren bis Späten Holozän durch die Vegetations- veränderung trocken-toleranter Arten (sklerophylle Taxa) überzeugt, können in der vorliegenden Arbeit Veränderungen des Waldlandes und der Vegetation nicht mit Sicherheit rein klimatisch gedeutet werden. Aufgrund zahlreicher paläoklimatischer Arbeiten, die eingangs diskutiert wer- den, ist anzunehmen, dass seit frühestens dem Mittleren Holozän zwar ein kühler Trend, bzw. saisonaler werdendes Klima, vor allem hinsichtlich des Sommermonsuns, erkennbar ist (z.B. OVERPECK ET AL. 1996). MORILL ET AL. (2006) beispielsweise lassen schwächere Monsun- intensitäten seit dem holozänen Klimaoptimum erkennen, die nicht auf Veränderungen der Vegetation basieren. Hinweise für einen trocken-kühler werdenden Trend sollen jedoch vor allem pollenanalytische Arbeiten anzeigen (Kap. 1.8.4., 1.12.1.). In Arbeiten, welche nicht auf pollenanalytischen Ergebnissen beruhen, werden oftmals oszillierende Klimate nach dem holo- zänen Klimaoptimum interpretiert (MORILL ET AL. 2006, SHEN HUIYAN ET AL. 2007, WU YANHONG ET AL. 2006, XU HAI ET AL. 2006, YANG BAO ET AL. 2004, ZHU DA-GANG ET AL. 2003, ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008, u.a.).

5. Zusammenfassung 241

Mit dieser Arbeit wird der Verdacht eines viel früher einsetzenden Einflusses des Menschen erhärtet und zwar mit Hilfe von Pollentypen als synanthrope Taxa (Syn1- bzw. Syn2-Gruppe), hinter denen sich aufgrund der Geländebefunde der drei Tibetexpeditionen (1989, 1992, 1996) vor allem weidetolerante Arten verbergen (vgl. auch ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL 2002a, 2006b, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, 2005).

Die Ergebnisse der synanthropen Taxa (Syn1, Syn2) als Summe im Kontext mit den Abfolgen aller Taxa im PD sollen helfen, den Einfluss des Menschen und seines Weideviehs in prä- historischen Zeiten auf die Vegetation und die Ökosysteme des TP zeitlich und räumlich fassbar zu machen. Damit sollen im Versuch Interpretationshilfen angewendet werden, pollenanalyti- sche Ergebnisse im Hinblick auf weideanzeigende Taxa zu überprüfen, welche einen spürbaren Konkurrenzvorteil erfahren und sich in unterschiedlichem Maße quantitativ ausbreiten oder sich mindestens in ihrer Zusammensetzung verändern. Die Gruppe der synanthropen Taxa Syn1 als mögliche Bestandteile von Ersatzgesellschaften und direkte Weidezeiger zeigt also zum einen den Einfluss des Menschen an, besonders durch die Anpassung an Beweidungseffekte wie Fraß, Tritt und Selektion, zum anderen geben aber auch genau diese Taxa eine potentielle Aridisierung an oder täuschen diese sogar vor, woraus sich die derzeit herrschende kontroverse Diskussion über Ursache und Wirkung zwangsläufig ergeben muss. Die Gruppe der Syn2 (Artemisia, Rosaceen) kann eine weit extensivere Weidewirkung anzeigen oder auch nach- lassende Nutzung in der Sukzession. Aride Gebiete, wie das westliche und zentrale TP, aber auch der Osten mit seinen klimatischen Extremen, weisen zum Nordwesten hin eine geringe Regenerationsfähigkeit potentieller Wald- und Baumbestände auf. Solche Areale sind durch Desertifikation und Aridisierung auf dem TP besonders gefährdet und drohen z.B. im Osten zu „versteppen“, wie durch die vorliegende Arbeit an den untersuchten Profilen gezeigt werden konnte.

Es zeichnen sich hier mindestens drei Intensitätsphasen ab, welche der Mensch und sein Weidevieh zu verantworten haben. Die Zunahmen der Summen synanthroper Taxa (Syn1) lassen generell seit mindestens 6.000 - 5.000 y B.P. einen spürbaren Einfluss des Menschen in den Haushalt der Natur des TP erkennen. Eine Intensivierung der traditionellen Weidewirtschaft wird seit etwa 3.000 y B.P. und nochmals seit etwa 1.000 y B.P. auf dem TP vermutet. Dabei weisen die einzelnen Phasen regional unterschiedlich fließende Übergänge auf. Die letzte Phase der letzten Jahrhunderte, als sich die Nutzung in den empfindlichen Ökosystemen, vor allem aber auch in den letzten Jahrzehnten beispielsweise im Zuge der Sinisierung, nochmals drastisch verstärkt hat, wird von zahlreichen pollenanalytischen Arbeiten mindestens als anthropo-zoogen beeinflusst beschrieben.

Verschiedene Nutzungsintensiäten in den menschenbeeinflussten Zeiten zeichnen sich beson- ders im Osten des TP ab („Yak“, „Hai ze Shan“, „Tsongu“). Arten der Gentiana-Gruppe, Aconitum-Typ und andere Taxa der Ranunculaceen, aber auch Asteraceen (Aster-, Saussurea- Typ), Polygonaceen (vor allem Polygonum bistorta-Typ) u.v.m. nehmen seit dieser Zeit drastisch zu und verändern dabei je nach Intensität ihre Dominanz. Die unterschiedlichen Prioritäten geben Aufschluss über die weideanzeigende Wirkung. Zeitgleich verändert sich im Osten des TP der Wald, vielfach mit einem Rückzug des Waldes verkoppelt. Dieser Rückgang ist dort zunächst ab mindestens 5.000 y B.P. erkennbar. Andererseits sind auch Re- generationsphasen in Zeiten extensiver Weideaktivitäten zu erkennen (vgl. „Yak“). Nachlassen- der Nutzungs- und Weidedruck erlauben Sukzessionsstadien, welche sich durch sekundäre Ersatzgesellschaften ankündigen und oftmals mit Pionierzeigern und Lichtkeimern wie Juniperus, Salix, Betula, u.a. sowie dornengeschützten Sträuchern (z.B. Rosaceen) einher- gehen. Am Beispiel „Hai ze Shan“ im Osten des TP zeugt die Veränderung der Artenzusammen- setzung der Pediastren von einer zunehmenden Eutrophierung des Gewässers. Anhand weiterer Indizien deutet dies auf den zunehmenden Nährstoffeintrag durch Hangwässer hin, z.B. aus dem Dung der Weidetiere umgebender Hänge.

Die Erfassung der Kohleflitter während der Pollenanalysen liefert ebenso wichtige Hinweise für menschliche Aktivitäten. Eine Unterscheidung der Kohleflitter nach ihrem Ursprung, also ob aus menschenverursachten Feuern oder aus natürlichen Bränden, z.B. durch Gewitter, ist jedoch nicht möglich. Nur das Gesamtbild im Vergleich zu den pollenanalyltischen Befunden gibt einen 5. Zusammenfassung 242 möglichen Aufschluss über deren Ursachen. Zum einen kann eine stetige Abnahme der Kohle- flitter mit zunehmendem Rückgang des Waldes erkannt werden. Dies ist möglicherweise durch den Rückgang von entzündbarem Material (Holz), natürlicherweise wie anthropogen, zu begründen. Andererseits lässt sich eine abnehmende Entzündbarkeit von überständiger Bio- masse auf den Weidegründen bei zeitgleicher Intensivierung der Weideaktivität erkennen („Hai ze Shan“). Das Erscheinen von Brand- und Pionierzeigern (z.B. Epilobium), gemeinsam mit Kohleflittern, deutet auf Phasen geringer Waldausdehnung und intensiver Weide- und Nutzungsaktivität durch Mensch und Tier („Yak“).

Während der unterschiedlichen Nutzungsintensitäten, teilweise in denselben Pollenzonen eines PD, kristallisieren sich typische Vegetationsmuster heraus, die sich je nach Veränderung der (Weide-)Intensität charakteristisch abzeichnen. Nachdem erste, extensive Vegetationsveränderungen vornehmlich infolge von Beweidung durch die Zunahme weidetoleranter Taxa (Syn1) fassbar werden, folgen bei weiterer Inten- sivierung Zunahmen der Cyperaceen, die mit einer Ausbreitung der Kobresia pygmaea-Matten einhergeht. Obwohl sich Kobresia pygmaea als eine auf dem TP weitverbreitete Charakterart pollenmorphologisch von anderen Cyperaceen nicht abgrenzen lässt, erlaubt der Vergleich anderer vergesellschafteter Taxa die Vermutung, dass sich diese infolge zunehmender Weide- nutzung ausbreitet. Die Ausbreitung der Kobresia-Rasen auf dem TP infolge menschlicher Akti- vitäten wurde bereits erkannt (MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Eine Zunahme der Kobresia-Gesellschaften kann in den einzelnen Regionen dieser Arbeit seit frühestens 3.400 y B.P. am Nam Co, Zentral-TP, festgestellt werden. Im Osten des TP dagegen entstehen solche Vegetationsmuster verstärkt um 2.000 y B.P. („Yak“, „Bahsü“, „Shih ch’ü“: 33°00’ N / 98°03’ E), am Standort „Hai ze Shan“ etwas später um etwa 1.200 y B.P.. Klimatisch extremere Standorte sind dagegen weit früher betroffen, als Standorte, die hinsichtlich der Feuchte- und Temperaturbedingungen stabiler sind. Das Maß der Empfindlichkeit gegenüber menschlichen Eingriffen variiert also und hängt stark von den jeweiligen Standortfaktoren ab. Verschiedene Vegetationsmuster innerhalb einer Landschaft sind die Folgen, teils mit gra- vierenden Auswirkungen.

Es ist also großflächig eine Zerstörung der natürlichen Vegetation durch Überweidung, Ent- waldungen und Übernutzung erkennbar, die sich mindestens durch eine Veränderung in der Vegetation zeigt und in Extremfällen bis zur Aridisierung oder sogar Desertifikation führt. Ähnliche Vorgänge sind auch aus vielen anderen Teilen der Erde bekannt und stehen wohl in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Menschen und seinen Aktivitäten (FRENZEL 2004, 2008, PACHUR & ALTMANN 2006). Eine genaue Quantifizierung der Einflussgrößen kann in der vorliegenden Arbeit nicht erfolgen, wenngleich sich Tendenzen herauskristallisieren, die sich räumlich und zeitlich unterscheiden. Deshalb besteht die absolute Notwendigkeit, künftig konkrete Beziehungen von Klima und Vegetation des TP auch pollenanalytisch herzustellen.

Nach bisherigem Stand überzeugen die vielfach angewandten Methoden der Klimarekon- struktion, z.B. Verhältnisberechnungen von A/C (Artemisia/Chenopodiaceae), BP/NBP (Baum- pollen/Nichtbaumpollen), etc., nicht, zumindest nicht für das gesamte TP, wie diese Arbeit hier zeigt. Biomrekonstruktionen anhand pollenanalytischer Ergebnisse als Mittel für Klimarekon- struktionen zu nutzen, sind nach den Analysen in diesem Untersuchungsraum als problema- tisch einzustufen und können zu Fehlschlüssen führen. Dies gilt vor allem in menschen- beeinflussten Landschaften und Zeiten, wenngleich die Biomrekonstruktion an sich als bewährt gilt (PRENTICE ET AL. 1996, YU G. ET AL. 2000, YU GE ET AL. 1998).

Niederschlagsrekonstruktionen setzen eine rein klimatische Antwort der Vegetation voraus und gehen von einer rein zonalen Vegetationsform aus, wie vielfach von den Autoren der klimatisch begründeten Studien auch angegeben wird. Das TP wird hinsichtlich dieser Annahme von zahl- reichen Autoren auch für besonders geeignet gehalten, um rein klimatische Untersuchungen aufgrund vegetationsgeschichtlicher Ergebnisse, hauptsächlich durch Pollenanalysen, durch- zuführen. Dies muss jedoch für die Zeiten, als der Mensch bereits seit mehreren tausend Jahren Einfluss in den Naturhaushalt hat, mindestens latent, teils aber auch massiv, aufgrund der hier vorliegenden Ergebnisse, in Frage gestellt werden. Hochaufgelöste 5. Zusammenfassung 243

Pollenauszählungen von im Idealfall jährlich geschichteten Sedimenten und beispielsweise Eisbohrkernen im direkten Vergleich mit tatsächlichen Klimadaten (z.B. gemessene Klimadaten, dendrochronologische proxy) könnten diesen Problemen entgegenwirken. Klima und Mensch – diese Faktorenkomplexe scheinen eng miteinander gekoppelt zu sein. Dies wird auch in FU CONGBIN (2003) dargestellt und Paralellen zu einer Schwächung des Sommermonsuns und Verstärkung des Wintermonsuns gezogen.

Der Eindruck verstärkt sich, dass auch die postulierten klimatischen Veränderungen selbst mindestens während und seit spätestens dem holozänen Klimaoptimum um etwa 6.000 bis 5.000 y B.P. bereits wesentlich der Mensch zu verantworten hat. Es wäre also notwendig, über die Ursachen klimatischer Veränderungen bereits während des Holozäns mehr zu erfahren, um eine klare Vorstellung über Ursachen und Wirkungen zu erhalten. Die jüngste globale Klimaerwärmung steht unmittelbar und unwiederstreitbar im Zusammenhang mit dem Menschen und seinen Aktivitäten, vor allem durch den veränderten Kohlenstoffhaushalt durch erhöhte CO2-Emissionen und vieler anderer, zu wenig bedachter, klimarelevanter Gase und Stoffe.

Zahlreiche archäologische Hinweise bezeugen die frühe Anwesenheit des Menschen auf dem TP seit mindestens dem Paläolithikum (vgl. Kap. 1.13., z.B. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). Diese interdisziplinären Erkenntnisse geben Hinweise auf den Einfluss des Menschen und seiner Weidetiere, vor allem der Yaks. Die kontrovers geführte Diskussion über die Ursachen der Wald- und Vegetationsveränderung seit mindestens etwa 6.000 bis 5.000 y B.P. spiegelt auch die Unsicherheit, sowie die mangelnden geeigneten Parameter der Ursachenforschung wider. Die Schwierigkeit, einen Nachweis über prähistorische Eingriffe in den Haushalt der Natur durch den Menschen und seines Weideviehs in der traditionellen Lebensform der Transhumanz zu führen, ist durch das Fehlen bzw. durch extrem regionalspezifische Ausbreitungsräume von primären Siedlungszeigern wie Nutzpflanzen, aber auch siedlungs- und ackerbautypischer Begleitkräuter, auf dem TP gegeben. Potentielle sekundäre Weideindikatoren stammen aus der autochthonen Vegetation.

Einige Profile weisen stellenweise stratigraphische Störungen auf, wie u.a. durch die Vielzahl der 14C-Daten dieser Arbeit veranschaulicht wird. Solche Störungen können unterschiedliche Ursachen haben (Hangrutsch durch Solifluktion, menschenverursachte Störungen, Um- lagerungen durch Seespiegelschwankungen, Hartwassereffekt, Frosteinflüsse, etc.). Hang- rutsch kann durch die Beweidung der von den Nomaden mitgeführten Yak-Herden u.a. Weide- tiere überhaupt erst ausgelöst werden, vor allem wenn der Weidedruck durch eine Inten- sivierung der Tierhaltung zunimmt. Instabilitäten an Hängen durch z.B. Entwaldung, sowie suk- zessiver Gehölzabbau und massive Zerstörung der Vegetationsdecke durch den Menschen sind zu vermuten. Diese anthropogenen Faktoren spiegeln vermutlich die Ergebnisse aus den Profilen „Tsongu“ (31°39’ N / 100°16° E), „Hai ze Shan“ und „Bahsü“ (29°39’ N / 96°44’ E) wider. Permanente, saisonale oder sogar nur tageszeitlich immer wiederkehrende Frostein- flüsse können Umlagerungen in den Profilen verursachen. Die Störungen der Stratigraphie in dem Profil „Miby“ (27°58’54’’ N / 87°12’35’’ N) können mit Sicherheit darauf zurückgeführt wer- den. Die Ergebnisse zeigen anhand der Profile „Tsongu“, „Hai ze Shan“ und „Bahsü“, dass vermutlich beide Faktorenkomplexe, welche für Hangrutschungen verantwortlich sein können, also der Mensch mit seinem Weidevieh gemeinsam mit der im Untersuchungsraum be- stehenden Frostproblematik (saisonal oder auch tageszeitlich) gegenseitig in Wechselwirkung treten können. D.h. aber auch, dass der anthropo-zoogene Einfluss auch in dieser Hinsicht maßgebliche ökologische Veränderungen verursacht hat. Es ist daher in frostbeeinflussten Gebieten, so wie auf dem TP, bei der Interpretation pollenanalytischer Ergebnisse darauf zu achten, möglichst viel über die Stratigraphie der Profile zu erfahren und von großzügigen Interpolationen anhand einzelner oder sehr wenigen 14C-Daten abzusehen, wie die genannten Profile beweisen und schon SOLOW (2003) kritisiert. Interpolationen können dann zu Fehl- schlüssen führen.

Es scheint auf dem TP als ein Raum der Extreme besonders wichtig zu sein, pollenanalytische Ergebnisse interdisziplinär abzusichern und interpretativ zu ergänzen. Die Methode der Palynologie alleine stößt in gewisser Weise dabei an ihre Grenzen. Die Unterscheidung maß- geblicher Faktoren, die auf die Ökosysteme wirken, wie Klima und/oder Mensch und sein 5. Zusammenfassung 244

Weidevieh, ist im Hinblick auf die PK-Ansprache in den meisten Fällen auf Gattungs-, Familien- und Verwandtschaftsebene und selten auf Artebene möglich und damit schwierig abzugrenzen. Wechselnde Winde, die sich lokal stark unterscheiden können, beeinflussen das Pollenflug- verhalten. Klima- und Vegetationsrekonstruktionen und –modellierungen basieren vielfach auf Daten der heutigen Vegetation und aktuellen Klimabedingungen (vgl. Kap. 1.8.4.). YU GE ET AL. (2001) gehen von keinem Einfluss des Menschen auf die Vegetation aus und halten deshalb das TP als geeigneten Raum für Klimamodellierungen und -rekonstruktionen. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeiten lassen jedoch an der Eignung solcher Rekonstruktionen zweifeln bzw. mahnen die methodischen Grenzen an.

Selbst in diesen empfindlichen Arealen haben Eingriffe, auch kleineren Ausmaßes, Aus- wirkungen auf das Waldland und die Vegetation. Dabei hat der Mensch einschneidende (paläo)ökologische, (paläo-)klimatische und vegetationsgeschichtliche bzw. botanische Ver- änderungen zu verantworten. 6. Summary 245

6. Summary

This study deals with questions of paleoclimatology, vegetation history, paleoecology and the human impact since late glacial times and during the Holocene. It is based on pollen analyses of nine profiles from the Tibetan Plateau (TP).

Climatic changes are indicated since late glacial times. The end of the Late Glacial and/or the early Holocene is indicated in the profiles “Hai ze Shan”, “Chudra/Chudra-Monolith” in the east of the TP, as well as the “Himmelsee” profile at the Nam Co in the centre of the TP, and also by the “Miby” profile taken in the eastern part of the Central Himalaya.

On the eastern shore of the Nam Co ("Himmelsee": 30°44’30’’ N / 90°55’30’’ E, 4780 m a.s.l.) the vegetation in late glacial times approximately 11,500 years BP (basis: 14C-age: 11,850 ± 390) is characterized by Cichorioideae, Brassicaceae, Artemisia, Asteroideae, Chenopodiaceae, Ranunculaceae, Poaceae, Cyperaceae, Ephedra and other taxa of an open, cold-steppe-like vegetation. Single types of such as Juniperus, Salix and Hippophaë complete the vegetation at that time. Similar taxa show an open cold-steppe vegetation in the eastern part of the TP immediately before and during the transition to the early Holocene ("Hai ze Shan": 31°59’ N / 99°05’30’’ E, "Chudra": 30°44’ N / 96°50’ E).

However, this transition appears in different regions at different times. In the centre of the TP, this happens considerably earlier, between approximately 11,000 and 10,500 years BP. In the east, though, the transition took place later, approximately 9,000 years BP (“Hai ze Shan”) and 9,200 years BP (“Chudra”) respectively, as expected. The chronological differences can surely be explained by the different effects of the monsoon systems. While the east is more strongly influenced by the Southeast Asian summer monsoon, the region at the Nam Co is alternately affected by the Westerlies and the Indian summer monsoon. The summer monsoon provides humid and warm air masses, with effects of different intensities to the affected regions. The vegetation at Nam Co changes during the early Holocene to a steppe with increasing alpine elements of steppes. An abrupt increase especially of Artemisia, but also of other taxa, can be detected.

One site to the east of Qomolangma („Miby“: 27°58’54’’ N / 87°12’35’’ E) provides detailed information about the late glacial vegetation of the eastern Central Himalaya, although the chronostratigraphy shows deviations. At the end of the Late Glacial, an open vegetation of Apiaceae, Cyperaceae, Thalictrum, Artemisia, Aconitum, Asteraceae, Polygonaceae and others is in evidence. In this area, the climatic improvement of early holocene times proceeded more smoothly than in other regions of the TP. How far the change of vegetation to more ambitious taxa and woods was caused by glacial retreats and meltings, and/or by warm-humid air masses can not clearly be stated.

At the transition period around 9,000 - 8,500 years BP, the immigration of different species is suggested in W-Sichuan (“Hai ze Shan”), in the eastern part of the TP. The immigration of Betula and Picea was quite rapid and intensive. A comparison of the pollen-analytical patterns of immigration and forest establishments with other studies, e.g. those northeast at Hongyuan (DAMBACH unpublished, FRENZEL 1994b), at the Nianbaoyeze Shan (SCHLÜTZ 1999) but also of further profiles of this study (“Chudra”), suggest the existence of potential refuge areas which were responsible for the immigration of tree taxa. Dendroecological results and plant geographical analyses provide support for the pollen-analytical results (FRENZEL ET AL. 2003). The “northern deep river gorges” refuge areas in the east of the TP and also northeast of it in “Sichuan”, however, were most likely responsible for the immigration of tree taxa, especially of the (chapter 4.1.). The immigration of the tree taxa is not only a result of climatic changes. A complex of conditions, such as competition, effects of migration barriers and others evidently are more likely responsible.

The sudden decrease of arboral pollen in the E-TP at the site of „Hai ze Shan“ between approximately 7,500 and 8,000 years BP, respectively, as well as the change in vegetation at “Chudra”, perhaps around 8,000 years BP, but also at the Nam Co about 7,600 years BP (irrespective of the reservoir effect) apparently happened due to a climatic deterioration. 6. Summary 246

However, this reaction ends quite rapidly. This is shown by the rapid increase of diverse arboral pollen types and other sophisticated taxa. Other studies suggest similar changes in this period (cf. chapter 1.8.3.).

The subsequent climatic improvement finally reaches the middle Holocene Climatic Optimum, which varies in time and location. This is reflected by the profiles from the east with a maximum woodland increase, especially of species of Picea, also by Juniperus, Betula, Abies, Quercus (e.g. Qu. sclerophyllous taxa) and others as well. The climatic optimum phase in this study can be dated between approximately 7,000 and 5,000 years BP („Hai ze Shan“, „Chudra“: approximately 6,100 years BP). In the center of the TP, the analyses of two profiles from the Nam Co site reflect this phase between about 8,200 and 7,000 years BP.

Warm and cold periods during the younger Holocene, which in Europe are known as the Medieval Warm Period (approximately 13th-14th century), or the Little Ice Age (LIA: approximately 15th-19th century) respectively, with several short phases of low temperatures, are also suggested by several authors (chapter 1.8.4.). Changes in glacier activities and dendroclimatological data suggest those periods. Only few details have been provided on the basis of pollen-analytical data from the TP. In this study, the analyzed profiles which could provide information for those periods, however, don’t indicate those events. Moreover, changes in vegetation during these periods seem to be the result of human activities. Increasing values of Ephedra (E. fragilis-Typ), for example, even while considering other taxa in the pollen analyses, are probably due to increased pastoral and other human land-use activities and suggest a trend to aridity (chapter 4.3.).

The present study shows that humans, most of all their livestock, have changed the natural vegetation at different intensities at different times since at least 6,000 - 5,000 years BP. Climatic changes in different regions as along with human impact are jointly responsible for changes in vegetation history and paleoecology on the TP since that time. The divergent regional results indicate non-consistent causes. Thus, the suspicion will be confirmed, that human impact and that of his animals had acted on a regional quite different way. Significant interdependencies between climate and man had affected the sensitive ecosystems on the TP, probably since a longer time than is already accepted. This holds most of all for regions, which are situated on the climatic forest-boundary. The more sites are influenced by strong climates, the more destructive are human activities there.

During the Middle and Late Holocene in certain regions (e.g. JARVIS 1993 for SW-Sichuan), slower and weaker monsoonal activities appear to account for vegetation changes toward dry- tolerant species (sclerophyllous taxa). However, in this study, changes in forests and vegetation do not point solely to climatic changes. In regard to the numerous paleoclimatic studies which were discussed earlier in this paper, a cool trend and a more seasonal climate have been acknowledged (e.g. OVERPECK ET AL. 1996). MORILL ET AL. (2006), for example, show weak monsoon intensities since the Holocene Climatic Optimum, which are not deduced from pollen analyses (chapter 1.8.4., 1.12.1.). Studies not based on pollen-analytical data, often suggest oscillating climates since the Holocene Climatic Optimum (MORILL ET AL. 2006, SHEN HUIYAN ET AL. 2007, WU YANHONG ET AL. 2006, XU HAI ET AL. 2006, YANG BAO ET AL. 2004, ZHU DA-GANG ET AL. 2003, ZHU LIPING ET AL. 2007, 2008).

In this study, the probable cause of an early human impact due to special pollen types of the synanthropic taxa (Syn1-, Syn2-group) is provided. The synanthropic taxa reflect species potentially adapted to pastoral activities (cf. also ADAMCZYK 2004, 2007, FRENZEL 2002a, 2006b, FRENZEL & ADAMCZYK 2004, 2005).

The presence of the synanthropic taxa (Syn1, Syn2) together in the context of the progression of all the taxa found in the pollen diagrams should help to document the impact of humans and their livestock on vegetation and ecosystems in different regions and at different times since pre-historical times. Consequently, an attempt should be made to use pollen-analytical tools to search for pastoral taxa which exhibit a competitive advantage over other taxa thereby establishing the different dimensions of their dominance or changes in composition. The group of synanthropic taxa Syn1 as potential components of man-made plant communities and direct indicators of pasture show human impact on the one hand, especially in regard to feeding, 6. Summary 247 herding, and selection by livestock; on the other hand, these taxa show a slight trend toward aridity. The current controversial discussion about causes and effects is of great interest. The group of Syn2 (Artemisia, Rosaceae) could show a more extensive effect of pasture or an effect of decreasing land use due to succession. Arid regions like W- and Central-TP, but also the east with its climatic extremes, show a lower potential of regeneration of forest and tree communities than the northwest. Such areas in the W- and Central-TP are vulnerable to desertification and aridity and are especially affected in the east by steppe formation, as can be shown.

At least three phases of intensive effects can be detected for which human influences and those of his livestock are responsible. Increases of the totals of synanthropic taxa (Syn1) could show effects of human impact to the ecosystems on the TP, at least since 6,000 - 5,000 years BP. An increasing intensity of traditional pastoral activity on the TP can be identified since approximately 3,000 years BP and again since around 1,000 years BP. Individual phases in different regions do show various floating transitions. Many pollen-analytical studies recognize the last phase of the past couple of centuries as a period being anthropo-zoogenely influenced. In the last decades, due to the increasing influence by the Chinese, the impact to sensitive ecosystems again got drastically stronger.

Different intensities of land use in times of human impact can be detected, especially in the E- TP ("Yak", "Hai ze Shan", "Tsongu"). Species of the Gentiana-group, Aconitum-type and other taxa of the Ranunculaceae, but also of Asteraceae (Aster-, Saussurea-type), Polygonaceae (especially Polygonum bistorta-type) and others increase drastically since that time, and change their dominance within the plant communities. Different types show the potential effects of pasture development. At the same time, in the east of the TP, forests are retreating. Decreasing forests are suggested since at least 5,000 years BP. On the other hand, there are phases of regeneration in times of extensive pasture use (cf. “Yak”). Less pressure of land use and pasture allow for phases of succession, which are characterized by secondary replacement plant communities. Primary indicators such as Juniperus, Salix, Betula as well as other with protective thorns (e.g. Rosaceae) are often found. At the site of "Hai ze Shan“ on the E-TP, changes in the composition of species of Pediastrum show an increasing eutrophication of the water, e.g. as a result of the livestock dung on the surrounding slopes.

By recording the coal particles in pollen samples, information on human impact could be found. Unfortunately, the differentiation whether these were from human-made or natural fires, e.g. caused by lightning, is not possible. The general view of the pollen-analytical results provides potential explanations as to the causes. On the one side, the constant decrease in coal particles coincides with the forest decrease. This is may be seen as a result of the decrease of flammable material () - natural as well as man-made. On the other side, a decrease of flammability of biomass on the pastures due to intensive grazing is also recognized (“Hai ze Shan”). Indicators of fire and pioneer plant communities (e.g. Epilobium) together with coal particles suggest phases of less forest expansion, intensive pastoral activity and land use (“Yak”).

In accordance with the different phases of human’s pastoral activities, there are characteristic patterns of vegetation to be found in the pollen analyses, and this, in part, even in the same zones of the pollen diagrams. The first changes in vegetation as a result of grazing are shown by an increase of pastorally adapted taxa (Syn1). With increasing grazing pressure, high values for the Cyperaceae follow. This is probably due to the extension of Kobresia pygmaea mats. Although Kobresia pygmaea is a popular index species on the TP, it can not be separated pollen-morphologically from other species of the Cyperaceae. Yet, only the contrast with other taxa allows for the assumption of their extension due to pastoral activity. The extension of the Kobresia sods due to human activities has already been described (MIEHE ET AL. 2008ab, SCHLÜTZ ET AL. 2007, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). An increase of the Kobresia plant communities in different regions of this study is found as early as approximately 3,400 years BP at the Nam Co in the central TP. In the eastern TP, however, comparable patterns in vegetation are located around 2,000 years BP ("Yak", "Bahsü", "Shih 6. Summary 248 ch’ü": 33°00’ N / 98°03’ E), and at the site "Hai ze Shan" somewhat later, about 1,200 years BP. Sites exposed to extreme climatic conditions, however, are affected earlier in contrast to sites which are more stable in terms of moisture and temperature conditions. The degree of sensitivity in reaction to human impact varies according to relative location factors. As a result, different patterns of vegetation can often be observed.

Evidently, in vast regions the natural vegetation has been destroyed due to overgrazing, deforestation and intensive land use. This is recognized at least by changes in vegetation. In extreme cases, aridity or even desertification can follow. Similar processes are known in other regions of the earth. This has been associated with human activities (FRENZEL 2004, 2008, PACHUR & ALTMANN 2006). It is not possible to quantify these factors in the present study, although there are observable trends, which differ in location and time. Hence, there is a necessity to establish concrete relations between climate and vegetation on the TP through pollen analyses.

The current methods to apply climatic reconstructions through pollen analyses, such as ratios of A/C (Artemisia/Chenopodiaceae), AP/NAP (arboral pollen/non-arboral pollen), etc. are not convincing, at least not for the entire TP, as could be shown in this paper. Biome reconstructions based on pollen-analytical results as a method for climatic reconstructions are problematic and can lead to false conclusions. This is especially true in landscapes and time periods influenced by humans, although biome reconstructions are often used (PRENTICE ET AL. 1996, YU G. ET AL. 2000, YU GE ET AL. 1998).

Reconstructions of precipitation are based on vegetation formed by climatic effects as a zonal type, as is stressed so often in many of the climatic studies. Many authors stress the TP’s aptitude for climate reconstruction on the basis of pollen analysis. This has to be questioned in light of the present results, especially for the times of human impact. To solve these problems, high-resolution pollen-analytical results of - in best case annually laminated - sediments, e.g. ice cores, can be used in conjunction with real climatic proxies (e.g. measured climatic data, dendrochronological proxy). Climate and human beings - those two complex factors - appear in a close context. This is also demonstrated in FU CONGBIN (2003) who has drawn analogies to a weak summer monsoon and a strengthened winter monsoon.

The idea gets reinforced that human activities are even responsible for climatic changes perhaps during but at least since the Holocene Climatic Optimum about 6,000 to 5,000 years BP. More knowledge about the causes of climatic changes even during holocene times would be necessary to get a clearer view of cause and effect. Without doubt, recent global climatic warming is caused by human activities, especially by the increasing emissions of carbon dioxide and other, often lesser known, climatically relevant gases and pollutants.

Many archaeological artifacts prove human presence on the TP since at least paleolithic times (cf. chapter 1.13., e.g. ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004). These interdisciplinary facts provide information about the impact of humans and their livestock, especially the yaks. The controversial discussion about the causes of forest retreat and changes of vegetation since at least 6,000 to 5,000 years BP also reflects the uncertainty as well as the lack of appropriate parameters of research. The difficulties of evidence for prehistoric impacts on the ecosystems by humans and livestock in the traditional life of transhumance is compounded by the lack of settlement indicators, which are even specific in individual regions. Potential secondary indicators of grazing are given by the indigenous vegetation.

Some of the profiles show partly stratigraphical disturbances. This is indicated by this study’s multitude of 14C-data. Such disturbances can have different causes (land slide by solifluction, human-caused disturbances, restratifications due to fluctuations of water level, reservoir effects, effects of freezing, etc.). Grazing by domesticated yaks and other livestock of the nomadic shepherds can cause land slides in general, especially if the grazing pressure is increasing due to intensive animal husbandry. Instabilities of the slopes by deforestation as well as by a gradual removing of shrubs and , destruction of vegetation and turfs by humans is presumed. The results of the profiles "Tsongu" (31°39’ N / 100°16° E), "Hai ze Shan" and "Bahsü" (29°39’ N / 96°44’ E) assume the effect of anthropogenic factors. Permanent, seasonal 6. Summary 249 or even daily recurring forces due to freezing can cause restratifications in the profiles. The disturbances of the stratigraphy in the profile “Miby” (27°58’54’’ N / 87°12’35’’ N) can surely be explained by these processes. The results at "Tsongu", "Hai ze Shan" and "Bahsü" show the possible problems of both complex factors responsible for land slides. So humans together with livestock combined with problems of freezing (seasonal and daily changes) are interdependent. This means that, also from this point of view, anthropo-zoogenic impact can cause essential ecological changes. In areas influenced by freezing, such as on the TP, much information about the stratigraphy of profiles is necessary to interpret pollen-analytical results correctly. It is advised to only interpolate single or very few 14C-data, as SOLOW (2003) has already critiqued. Otherwise this can lead to false conclusions.

It might be important on the TP, as a region of extremes, that pollenanalytical results should be interdisciplinarily supported and completed by additional interpretation. Palynology as a method therefore is limited in certain regards. It is generally difficult to differentiate among all factors influencing the ecosystems, such as climate and/or humans and their livestock, and it is also difficult to morphologically identify the pollen grains in terms of botanical genera, family and affinity. A differentiation is rarely possible for single species. Locally or regionally changing patterns of wind affect the behavior of pollen flight. Reconstructions and modeling of climate and vegetation are often based on today’s vegetation and climate data (cf. chapter 1.8.4.). YU GE ET AL. (2001) do not suggest an effect on the vegetation by humans and consider the TP as an appropriate area for climate modeling and reconstruction. This study’s results question the appropriateness of such reconstructions and emphasize the methodological limits.

In these sensitive regions, even small-scale influences do affect forests and vegetation. Thereby, humans have to take the responsibility for drastic changes in (paleo)ecology, (paleo)climatology and also in vegetation (history).

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7. Literatur 250

7. Literatur

Die chinesischen Namen werden, soweit bekannt, mit Vor- und Nachnamen geschrieben, dabei gilt die chinesische übliche Reihenfolge. Dem Nachnamen folgt der Vorname. Auch wenn die chinesischen Autorennamen in der Originalpublikation zuerst mit Vornamen beginnen, wird in der vorliegenden Arbeit die oben beschriebene Schreibweise angewandt, um eine einheitliche Auflistung zu gewähren und die Suche nach Autorennamen zu erleichtern.

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8. Anhang 8.1. Abkürzungen

BP Baumpollen B.P. before present, unkalibriert cal BC kalibrierte Kalenderjahre vor Christi Geburt (Before Christ) cal AD kalibrierte Kalenderjahre nach Christi Geburt (Anno Domini) cal y B.P. calibrated years before present (kalibrierte 14C-Jahre vor heute) cf. confer DA Diagrammabschnitt im Pollendiagramm ELA equilibrium line altitude ESC Eurasian Snow Cover Indet. Indeterminate Kap. Kapitel Kl. Klasse Lit. Literatur LGM Last Glacial Maximum mdl. Mitt. mündliche Mitteilung MLD Maximum latewood density (Maximale Spätholzdichte) N Nord NBP Nichtbaumpollen NPP Non-Pollen-Palynomorphe O Ost Ord. Ordnung PD Pollendiagramm PK Pollenkorn, Pollenkörner PMT Pollenmittelteil vesiculater PK pp pro parte S Süd s.l. sensu lato sp. Species SM Sporomorphe Syn1 Synanthrope Taxa der Gruppe 1 Syn2 Synanthrope Taxa der Gruppe 2 SPG Sporopollenin-Gehalt TP Tibetisches Plateau v.h. unkalibrierte 14C-Jahre vor heute VR Volksrepublik W West y B.P. years before present (14C-Jahre vor heute) 8. Anhang 274

8.2. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Übersichtskarte der Verteilung der Profile im Untersuchungsraum. Profile: 1 = Yak, 2 = Tsongu, 3 = Hai ze Shan, 4 = Shih ch’ü, 5 = Chudra/Chudra-Monolith, 6 = Bahsü, 7 = Nam Co, 8 = Himmelsee, 9 = Miby.

Abb. 2: Verbreitung zahlreicher Seen auf dem TP (nach ZHENG MIANPING 1997, verändert).

Abb. 3: Verbreitung ausgewählter Koniferenarten (Picea, Tsuga, Abies, Larix, Pinus) in SO-Tibet, W-Sichuan und N-Yunnan (aus FRENZEL ET AL. 2003).

Abb. 4: Fortgeschrittene Sukzessionsstadien und Wiederbewaldung durch Juniperus bei Rückgang des Nutzungsdrucks bei 101°32’E, 32°37’N, S/SO-Exposition (Bild: B. Frenzel).

Abb. 5: Vermutete Waldausdehnung entlang der Expeditionsrouten in Zeiten um das Klimaoptimum im Mittleren Holozän (Schraffur) und heutige Waldverbreitung auf dem TP (aus FRENZEL 1998).

Abb. 6: Angaben der oberen Wald- und Baumgrenze auf dem TP nach den Aufzeichnungen von B. FRENZEL während der Expeditionen 1989, 1992, 1996 (aus FRENZEL 1998, verändert).

Abb. 7: Felszeichnungen auf der Halbinsel im Osten des Nam Co (Bild: B. Frenzel).

Abb. 8: A: Mäandrierende Flusslandschaft unterhalb der Höhen mit der Profilstelle „Yak“. Der Fluss wird an den aufgeschotterten Bereichen von Hippophaë-Beständen begleitet. B: Die vermoorten Talsenken mit der Profilstelle „Yak“. Die Landschaft wird intensiv mit Yaks beweidet (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 9: A: Alte, artenreiche Waldbestände aus Picea, Abies, Rhododendron, u.v.a. bei Li-Hsien. Hintergrund: waldfreie Hänge in S-Exposition. B: Waldinseln aus Picea, Abies u.a. mit artenreichem Unterwuchs, wie Rhododendron, Spiraea, Salix u.a. in ~ 3.900 m Höhe, etwa 25 km NW vom Profil „Yak“ entfernt (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 10: A: Das Verlandungsmoor „Tsongu“; es liegt unterhalb der heutigen Waldgrenze. B: Blick auf den See von „Tsongu“. Links davon fallen die bestellten Feldterrassen auf (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 11: A: Blick auf den in den See hineinwachsenden Schwingrasen. Das Profil „Hai ze Shan“ stammt aus diesem Verlandungsmoor. Im Hintergrund sind die steppenartigen Hänge mit einzelnen Gehölzen erkennbar. B: Alpine Weiden nach Verbiss oberhalb der Profilstelle „Hai ze Shan“ (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 12: A: Artenreicher Waldunterwuchs aus Rhododendron, Sorbus u.a. mit Blick auf den Maningango. B: See von Maningango mit Blick auf den mit Picea, Juniperus u.a. bewaldeten Gegenhang. Diese alten Baumbestände sind nur etwa 20 km von „Hai ze Shan“ entfernt, getrennt durch einen Höhenrücken (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 13: A: Kloster bei „Hsieh-wu-ssu“ nahe der Grenze zu Sichuan im Steilhang. Es sind vereinzelte Bäume und Gebüsch erkennbar. B: Einige Kilometer östlich des Klosters „Hsieh-wu-ssu“: Freie Solifluktion an den Hängen. Am gegenüberliegenden Hang fallen Zwergsträucher und die Waldgrenze in ~ 4800 m Höhe auf, die sich vermutlich natürlich gestaltet (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 14: A: Die Gegend um „Shih ch’ü“ ist durch absolute Waldfreiheit gekennzeichnet (hier: südlich des Ortes „Hsia-cha-ssu“. B: Die ersten solitären Gehölze südöstlich von „Shih ch’ü“ bei etwa 32°15’N, 98°47’E (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 15: A: Tundrabultmoor westlich des Profils „Chudra“. Die Gegend ist stark von Frost beeinflusst. Pedicularis sp. ist hier weit verbreitet. B: Moorbulte unmittelbar neben der Grabungsstelle. Die Gegend zeigt Beweidungsspuren und Frostaktivitäten an (Bilder: B. Frenzel).

8. Anhang 275

Abb. 16: A: Aconitum sp. nach Beweidung nahe der Profilstelle Chudra“. Die Selektion durch Viehverbiss ist deutlich erkennbar. B: Waldreste auf den Hanglagen des zum Lancang Jiang führenden Tals, wenige Kilometer östlich des Moores „Chudra“. Im Tal selbst ist terrassierter Ackerbau erkennbar (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 17: A: See von „Bahsü“ mit Blick auf die verlandeten Bereiche. B: Bahsü-See mit Blick nach Osten. In den Hanglagen im Hintergrund in etwa 2 km Entfernung sind lichte Nadelwaldbestände erkennbar (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 18: A: Waldformationen im Hintergrund des Janwu-Sees. Altbestände aus Koniferen wechseln sich dort mit Pionierbeständen (Betula, Salix u.a.) ab. Die Wald- und Baumgrenze liegt etwa in 4200 - 4300 m Höhe. B: Gerstenanbau in der Gegend von Kang-ku etwa 10 km nördlich der Profilstelle „Bahsü“ entfernt (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 19: A: Karge Vegetationsfelder und Schotterfluren nahe des Profilstandortes „Nam Co“ mit Blick nach Süden. B: Natürlicher Aufschluss eines Prallhanges an einem Bach in der Nähe des Nam Co: Profil „Nam Co“ (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 20: A: Die vermoorte „Lagune“ der Profilstelle „Himmelsee“. Leichte Frosterscheinungen sind erkennbar. B: Spärliche Vegetationsfelder wechseln sich mit Schotterflächen ab. Auf den kargen Flächen selbst finden sich Spuren von Beweidung. Rechts: Profilstelle „Himmelsee“. Im Hintergrund erstreckt sich der Nyainqêntanghla Shan (Bilder: B. Frenzel).

Abb. 21: A: Der große Moorkomplex des Profils „Miby“ mit den Bulten, Schlenken und teils wassergefüllten Strängen (Bild: B. Dickoré). B: Qomolangma-Gebiet nahe der Profilstelle „Miby“. Die steilen Hänge sind teilweise bewaldet (Bild: M. Groß).

Abb. 22: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Yak".

Abb. 23: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Tsongu".

Abb. 24: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Hai ze Shan".

Abb. 25: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Shih ch’ü".

Abb. 26: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Chudra" und „Chudra-Monolith“.

Abb. 27: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Bahsü".

Abb. 28: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Nam Co".

Abb. 29: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Himmelsee".

Abb. 30: Stratigraphie und Eigenschaften des Profils „Miby".

Abb. 31: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Yak“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 32: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Tsongu“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 33: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Hai ze Shan“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 34: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Shih ch’ü“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 35: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Chudra“ mit „Chudra-Monolith“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 36: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Bahsü“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 37: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Nam Co (Seekreide)“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 38: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Nam Co (Pflanzenreste)“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 39: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Himmelsee“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 40: 14C-Alter-Tiefen-Verteilungen Profil „Miby“. A: Unkalibriert, B: Kalibriert.

Abb. 41: Makroreste des Profils „Tsongu“. Kohleflitter (K): 0 = sehr wenig, 1 = wenig, 2 = mittel, 3 = viel, 4 = sehr viel. 8. Anhang 276

Abb. 42: Makroreste des Profils „Bahsü“. Kohleflitter (K): 0 = sehr wenig, 1 = wenig, 2 = mittel, 3 = viel, 4 = sehr viel.

Abb. 43: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Yak“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

Abb. 44: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Tsongu“.

Abb. 45: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Hai ze Shan“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

Abb. 46: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Shih ch’ü“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae; keine PK-Cluster.

Abb. 47: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Chudra und Chudra-Monolith“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

Abb. 48: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Bahsü“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

Abb. 49: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Nam Co“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae; keine PK-Cluster.

Abb. 50: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Himmelsee“. A/C: Schraffur = kein Vorkommen von Chenopodiaceae.

Abb. 51: Ein Versuch klimaindikativer Parameter - Profil „Miby“. A/C-Parameter nicht möglich durch die Abwesenheit von Chenopodiaceae; keine PK-Cluster.

Abb. 52: Pflanzengeographische Regionen auf dem östlichen TP (weiß) und mögliche letzteiszeitliche Waldrefugien mit den hier untersuchten Profilen (rot), „Hung Yüan“ und „Edelweiß“ (blau; DAMBACH unveröffentlicht, FRENZEL 1994b) sowie Nianbaoyeze Shan (blau; SCHLÜTZ 1999, SCHLÜTZ & LEHMKUHL 2009). Die Zahlen zeigen die beobachtete Höhenlagen der rezenten oberen Waldgrenze in m über NN an; die Punkte (schwarz) die weiteren Bohrungen der Expeditionen 1989, 1992 und 1996 (aus FRENZEL ET AL. 2003, verändert).

Abb. 53: Vereinfachte Vegetationsaufnahmen an drei Standorten nahe der Profilstelle „Nam Co“.

Abb. 54: Vereinfachte Vegetationsaufnahmen an drei Standorten nahe der Profilstelle „Himmelsee“.

Abb. 55: Der Einfluss des Menschen auf die Ökosysteme anhand der prozentualen Anteile der „synanthropen Taxa“ (Syn1) der Profile in Raum und Zeit.

Abb. 56: Neolithische Fundstellen auf dem Tibetischen Plateau. 1: Liuwan; 2: Neolithische Fundstellen „Qinghai“; 3: Xioenda; 4: Karou; 5: Neolithische Fundstellen am großen Knie des Yarlung Zangbo; 6: Qugong; 7: Qinba; 8: Changguogou; 9: Bangga; 10: Dindun; 11: Kyunglung (aus ALDENDERFER & ZHANG YINONG 2004).

Abb. 57: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Yak“.

Abb. 58: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Tsongu“.

Abb. 59: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Hai ze Shan“.

Abb. 60: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Shih ch’ü“.

8. Anhang 277

Abb. 61: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Chudra/Chudra-Monolith“.

Abb. 62: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Bahsü“.

Abb. 63: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Nam Co“.

Abb. 64: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Himmelsee“.

Abb. 65: Die Grafik zeigt Verhältnisänderungen von BP/NBP, BP mit und ohne Sträucher, NBP, Sträucher im Vergleich zu den Summenkurven der synanthropen Taxa aus den Gruppen Syn1 und Syn2 in %: Das Profil „Miby“.

Beilage 1

Abb. 66: Pollendiagramm des Profils „Yak“.

Abb. 67: Pollendiagramm des Profils „Tsongu“.

Abb. 68: Pollendiagramm des Profils „Hai ze Shan“.

Beilage 2

Abb. 69: Pollendiagramm des Profils „Shih ch’ü“.

Abb. 70: Pollendiagramm des Profils “Chudra / Chudra-Monolith”.

Abb. 71: Pollendiagramm des Profils „Bahsü“.

Beilage 3

Abb. 72: Pollendiagramm des Profils “Nam Co”.

Abb. 73: Pollendiagramm des Profils „Himmelsee“.

Abb. 74: Pollendiagramm des Profils „Miby“.

Abb. 75: Pollendiagramm der Oberflächenproben.

8.3. Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Unterschiedliche Schreibweisen der Lokalitäten, Flüsse, Seen, Ortschaften und Städte.

Tab. 2: Geographische Lage und Mächtigkeit der Profile.

Tab. 3: Kartengrundlage und Exposition der Profile.

Tab. 4: Oberflächenproben am Nam Co.

Tab. 5: Häufigkeitsverteilung (%) der Aufbereitungsmethoden der Profilproben vor der Acetolyse.

Tab. 6: Aufstellung der einzelnen Profilabschnitte für die 14C-Proben.

Tab. 7: Liste der Weidezeiger Tibets, sowie anthropogen begünstigter Pflanzen (aus FRENZEL & ADAMCZYK 2004).

Tab. 8: Liste der Weidezeiger Tibets, sowie anthropogen begünstigter Taxa im Pollendiagramm.

8. Anhang 278

8.4. Botanische Gärten und Einrichtungen zur Beschaffung von Vergleichsmaterial

Arboretum Freiburg-Günterstal, Städtisches Forstamt Freiburg, Dipl.-Ing. H. Nimsch, D-79100 Freiburg, Deutschland

Botanische Gärten der Universität Hohenheim, D-70593 Stuttgart, Deutschland

Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, Freie Universität Berlin, Dr. Th. Raus, Dr. C. Beurton, D-14191 Berlin, Deutschland

Forstbotanischer Garten, Dipl.-Forsting. (FH) G. Uibrig, Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften, Technische Universität Dresden, D-01735 Tharandt, Deutschland

Institut für Botanik, AG Palynologie und Archäobotanik, A. Univ. Prof. Dr. K. Oeggl, A-6020 Innsbruck, Österreich

Kurpark Badenweiler Thermen und Touristik GmbH, D-79410 Badenweiler, Deutschland

Longwood Gardens, Department of Horticulture, Kennett Square, PA 9348-050, U.S.A.

UFR de Biologie, Univ. Joseph Fourier, 38041 Grenoble, Cedex 9, Frankreich

8. Anhang 279

Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Arbeit von mir selbst verfasst wurde. Es wurden nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt. Wörtlich oder inhaltlich übernommene Stellen wurden als solche gekennzeichnet. Die Arbeit ist noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt worden.

Hohenheim, den 18.11.2009

Sonja Adamczyk